Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern

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Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern
Gerhard Hüfner

Die Zukunft der
wohnortnahen Schule in Bayern

Gefährdete Haupt- und Mittelschulen
                                                                      521

                                              396

                         247

     91

  2009                  2015                  2020                    2030

Drei Prognosen und drei Szenarien für die Schülerzahlen
und Schulstandorte in den 25 kreisfreien Städten und 71 Landkreisen
Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern
Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern
Die Zukunft der
wohnortnahen Schule in Bayern

            Dr. Gerhard Hüfner
             München März 2011
Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V.
Bavariaring 37
80336 München
Tel. 089 72100-0
Fax 089 721001-90
bllv@bllv.de
www.bllv.de
Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern
Warum wir wohnortnahe Schulen brauchen                                                                                                                                                                                        ...............................................................................................................................................................................................................................................................                                                          6

1.                           Der Stand des wohnortnahen Schulangebots in Bayern                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    9
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ..........................................................................................................................................................................................................

1.1                          Demografische Entwicklung der Geburten ......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................11
1.2                          Wanderung und Alterstruktur der Bevölkerung ..................................................................................................................................................................................................................................................................................................11
1.3                          Übertrittsquoten in Gymnasien, Real- und Hauptschulen ......................................................................................................................................................................................................................................................13
1.4                          Verteilung der Schüler auf die Schularten in krsfr. Städten und Landkreisen ................................................................................................................................................................15

2.                           Drei Prognosen: Die demografische Entwicklung der Schülerzahlen                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 .................................................................................................................................   17
2.1                          Schülerprognose 2013 / 2015 ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................17
2.2                          Schülerprognose 2018 / 2020 .......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................19
2.3                          Schülerprognose 2028 / 2030 ......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................19

3.                           Drei Szenarien: Schülerzahlen für wohnortnahe Schulen 2015, 2020 2030                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ................................................................................................   21
3.1                          Szenario 1: Dreigliedrigkeit – Fortschreibung Haupt-/Mittelschule ..........................................................................................................................................................................................................21
3.2                          Szenario 2: Zweigliedrigkeit – wohnortnahe Schule plus Gymnasium ..............................................................................................................................................................................................27
3.3                          Szenario 3: Eingliedrigkeit – gemeinsame Schule ....................................................................................................................................................................................................................................................................................33

4.                           Auswirkungen der Szenarien auf die Schulstandorte                                                                                                                                                                                                                                            .................................................................................................................................................................................................................... 37
4.1                          Szenario 1: Fortschreibung der Haupt-/Mittelschulen ...................................................................................................................................................................................................................................................................39
4.2                          Szenario 2: wohnortnahe Schule plus Gymnasium .................................................................................................................................................................................................................................................................................43
4.3                          Szenario 3: gemeinsame Schule ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................45
4.4                          Standorte und Schulstruktur – die Szenarien 2015, 2020, 2030 ..................................................................................................................................................................................................................47

Anlagen                        ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... 50
Anlage 1: Grundlagen der Schülerprognosen ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................50
Anlage 2: Detailanalyse, dargestellt am Beispiel Landkreis Landshut .....................................................................................................................................................................................................................................53
Anlage 3: Schulen unter der Schülermindestzahl: alle krsfr. Städte und Landkreise ........................................................................................................................................................................58
Die Zukunft der wohnortnahen Schule in Bayern
WARUM WIR WOHNORTNAHE SCHULEN BRAUCHEN

Ist Wohnortnähe ein Qualitätsmerkmal eines effektiven Schulsystems? Der BLLV ist der Überzeugung ja, denn wohnortnahe
Schulen stellen für Kinder, Eltern, Familien und für die Kommunen ein Stück Lebensqualität dar. Ist es nicht trostlos, wenn mor-
gens die Jugend eines Ortes in Bussen zehn, fünfzehn Kilometer und noch weiter transportiert werden muss? Ist es nicht ein
volkswirtschaftlicher und pädagogischer Unsinn, wenn Kinder und Jugendliche im Jahr bis zu acht 40-Stundenwochen in Schul-
bussen vergeuden? Ist ein Flächenstaat wie Bayern nicht arm dran, wenn er die regionale Infrastruktur vernachlässigt und immer
weiter zentralisiert – sterben nun auch noch die Schulen?

Ein wohnortnahes Schulnetz ist möglich

Die Gefahr ist groß: Viele Gemeinden in Bayern überaltern. Wer aufmerksam durch manche Orte fährt, sieht, dass immer mehr
Häuser leer stehen. Immer weniger Geschäfte und mittlere Unternehmen bleiben in den ländlichen Regionen. Es fehlt an jungen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihrer Region verbunden sind, weil die Eltern längst in die nächste Stadt gezogen sind,
wo es ein Gymnasium oder eine Realschule gibt. Bayern geht einen Irrweg, wenn es diese Problematik aus der Landespolitik
ausblendet. Das Schulsterben ist weniger demografisch bedingt als hausgemacht. Andere Flächenstaaten machen es uns längst
vor: Es gibt als Alternativen wohnortnahe Regionalschulen oder auch Gemeinschaftsschulen, die attraktiv sind und mit Erfolg
arbeiten. Fast alle Bundesländer (z. B. Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Sachsen) haben
diesen Weg eingeschlagen und machen positive Erfahrungen mit einem zweigliedrigen Schulsystem. Sie alle sind Flächenstaa-
ten und haben ein dichtes Netz an wohnortnahen Schulen. Hohe Akzeptanz bei Eltern, zufriedene Kommunen und ein effizienter
Einsatz von Steuergeldern im Interesse besserer Bildung sind die Folge.

Noch ist es möglich, einen neuen pragmatischen Kurs in der bayerischen Schulpolitik einzuschlagen. Aber die Zeit läuft. Es gibt
begründete Zweifel daran, dass die Aufwertung der Hauptschule durch die zurzeit laufenden Reformen, durch Namenswechsel
und Schulverbünde gelingt. Auf diese Weise können die bestehenden Schulen auf Dauer nicht erhalten werden. Manchmal hat
man den Eindruck, diese Reformen sind aus der Zeit gefallen und versuchen ein Strukturmodell gegen alle aktuellen Erfahrungen
durchzusetzen. Extreme demografische Entwicklungen in einigen Kreisen, lange Fahrtwege zu den verschiedenen Bildungsan-
geboten in einem Schulverbund, die oft behauptete, aber nicht erreichte Gleichwertigkeit der mittleren Abschlüsse der Haupt-/
Mittelschule, Realschule und Wirtschaftschule, daraus resultierend die Unterlegenheit der Schüler in der Konkurrenz um qualifi-
zierte Ausbildungsplätze und mangelnde Aufstiegschancen zu höheren Abschlüssen geben wenig Hoffnung auf eine nachhaltige
Stabilisierung der Haupt-/Mittelschule als dritte Schulart im bayerischen Bildungssystem.

Pragmatismus statt Ideologie

Die Einführung der Mittelschule stößt auf erhebliche Umsetzungsprobleme. Die Übertrittsquoten an Gymnasien und Realschulen
steigen weiter und die Schließungen von wohnortnahen Haupt- bzw. Mittelschulen sind trotz der Schulverbünde nicht aufzuhal-
ten. Der BLLV hat deshalb bereits vor vier Jahren sein Konzept der Regionalen Schulentwicklung (RSE) vorgelegt. Damit werden
durch die Integration bisher streng getrennter Bildungsgänge regional passgenaue Lösungen und attraktive wohnortnahe Schu-
len ermöglicht. Verheerend ist die Weigerung des Kultusministeriums, Modellversuche für eine wohnortnahe Schule jenseits der
starren Trennung der Schularten zuzulassen. Denn nur praktische Beispiele könnten Lösungsmöglichkeiten eröffnen. Während
Schulversuche und Schulmodelle zu vielfältigen Themen genehmigt werden, verweigert das Kultusministerium gegen den Willen
der örtlichen Eltern, Lehrer und Kommunalpolitiker solche zukunftsfähigen Lösungen mit wenig überzeugenden Schlagworten.
Wir brauchen aber Pragmatismus und Bürgernähe statt Ideologie und Zentralismus.
Die Zweifel daran, dass mit der Mittelschule und dem Festhalten an einem Schulsystem, das die Schüler nach der Grundschule
auf drei Schularten verteilt, der Rückgang der Schülerzahlen an der dritten und am wenigsten begehrten Schulart gestoppt
werden kann, sind der Grund, dass die Abteilung Schul- und Bildungspolitik (ASB) im BLLV voriges Jahr diese Untersuchung
angeregt hat. Sie folgt der nüchternen Logik: Je mehr Schularten, auf die Schüler nach der Grundschule verteilt werden, desto
weniger Schüler bleiben für die einzelne Schulart und am wenigsten für jene Schulart, die am wenigsten geschätzt wird. Die
wohnortnahe Schulversorgung, soweit sie die Hauptschule bisher noch gewährleisten konnte, ist damit akut in Gefahr.

Zukunftsszenarien

Unter dem Blickwinkel des Erhalts des wohnortnahen Schulangebots in der Sekundarstufe I werden die Wirkungen auf die be-
stehenden Haupt-/Mittelschulen in drei Szenarien beleuchtet:

•   Szenario 1: Fortschreibung des dreigliedrigen Schulsystems
•   Szenario 2: Zusammenführung von Haupt-/Mittelschule, Realschule und Wirtschaftsschule zu einer wohnortnahen Schule
    neben dem Gymnasium und
•   Szenario 3: eine gemeinsame Schule für alle Schüler vor Ort.

Die Auswirkungen werden zu drei Prognosezeitpunkten berechnet:

•   2015 auf der Basis der Einschulungen in die Grundschule 2009
•   2020 auf der Basis der Geburten 2008 und
•   2030 auf der Basis der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung 2028 für die Altersgruppe der Zehnjährigen.

Die Berechnungen erfolgen auf Grundlage der amtlichen Daten des Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung, das für die
25 kreisfreien Städte und 71 Landkreise in Bayern eine Reihe von Sonderauswertungen zur Verfügung stellte. Damit lassen sich
auch die Einzelschulen in den Kreisen anhand der Zahl der Hauptschüler insgesamt (Jahrgangsstufe 5 bis 9/10) in der amtlichen
Oktoberstatistik des Schuljahres 2009 identifizieren.

Regionale Infos

Neben dieser Zusammenfassung der Ergebnisse für die sieben bayerischen Bezirke liegen dem BLLV Modellrechnungen für alle
Landkreise und kreisfreien Städte vor, die wir interessierten Politikern, Schulleitern und Eltern gerne übermitteln. Die Mitarbeiter
des BLLV stehen zur Verfügung, wenn eine detaillierte Diskussion nötig ist.

Wir danken unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter, Dr. Gerd Hüfner, für die herausragende Arbeit und dem Landesamt für Sta-
tistik für die Bereitstellung der entsprechenden Statistiken und Prognosen. Die Abteilung Schul- und Bildungspolitik des BLLV
wird dieses Projekt der Sicherung der wohnortnahen Schulversorgung weiter vorantreiben.

Klaus Wenzel                                      Dr. Fritz Schäffer
BLLV-Präsident                                    Leiter der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im BLLV
Grafik1: Entwicklung der Zahl der Hauptschulen in Bayern seit 1990
    Hauptschulen in Bayern 1990 bis 2010

         1800
                  1694
         1700               1647
                                     1629      1613
                                                         1594
         1600                                                       1533

         1500
                                                                               1394
         1400
                                                                                            1288
         1300

         1200                                                                                           1147
                                                                                                                   1109
                                                                                                                              1075
         1100                                                                                                                              1063

         1000

          900

                1990/91   2000/01   2001/02   2002/03   2003/04   2004/05    2005/06     2006/07    2007/08     2008/09      2009/10     2010/11

                                                                                                     Quelle: KM: Schule und Bildung in Bayern, 2010;
                                                                  Antwort des KM 12.7.2010 auf die Anfrage von MdL Zacharias im Bayerischen Landtag

8
1.            Der Stand des wohnortnahen Schulangebots in Bayern

Die sog. „Bildungsexpansion“ zwischen 1970 und 1980 brachte die Schullandschaft in Bayern in Bewegung: Es wurden damals
472 Hauptschulen (minus 21 %) geschlossen, 48 Gymnasien (plus 14 %) und 35 Realschule (plus 12 %) neu gegründet. Danach
blieben die Übertrittsquoten und Schulverhältnisse in Bayern relativ stabil. Die Zahl der Hauptschulen nahm ab 1980 bis 2000
nur um 6 % ab, die Zahl der Gymnasien und Realschulen nahm nur geringfügig zu. Mit der flächendeckenden Einführung der
sechsstufigen Realschule im Jahr 2000 und dem Landtagsbeschluss im Jahr 2004, alle Teilhauptschulen zu schließen, änderten
sich die Verhältnisse in kürzester Zeit radikal. 584 Hauptschulen (minus 35 %) mussten innerhalb von zehn Jahren schließen,
darunter 97 voll ausgebaute Hauptschulen mit den Jahrgangsstufen 5 bis 9. Gleichzeitig entstanden 28 neue Realschulen und
13 neue Gymnasien.

Der im Schuljahr 2010/2011 begonnene Zusammenschluss von Hauptschulen im Rahmen von Schulverbünden zu Mittelschulen
stellt die Vorstufe der Zentralisierung der Haupt-/Mittelschulen in Schulzentren vergleichbar den Realschulen und Gymnasien
dar. Diese politische Weichenstellung wird in den nächsten drei Jahren zu zahlreichen weiteren Schulschließungen und damit
zum Ende der wohnortnahen Schule im Sekundarbereich I führen, falls keine alternativen Schulentwicklungskonzepte umgesetzt
werden, wie dies in anderen Bundesländern bereits erfolgreich erfolgt.

Hauptschulen waren bislang – im Gegensatz zu Realschulen und Gymnasien – wohnortnahe Schulen. Die Bedeutung wohnort-
naher Schulen liegt darin, dass sie in den Gemeinden verankert sind und bei der ländlichen Bevölkerung relativ hohe Akzeptanz
genießen. Wohnortnahe Schulen spielen für die örtliche Wirtschaft, die örtlichen Vereine, den örtlichen Einzelhandel und für
die Attraktivität von Gemeinden für junge Familien eine zentrale Rolle. Die wohnortnahen Schulen werden durch das derzeitige
Schulsterben aber massiv gefährdet. Regionale Ungleichheiten und Entwicklungsprobleme ländlicher Regionen werden durch
das Fehlen eines wohnortnahen schulischen Angebotes weiter beschleunigt.

Ist diese Entwicklung unausweichlich? Ist sie der Preis für ein differenziertes Schulwesen? Diese Fragen werden in vorliegender
Untersuchung anhand konkreter regionaler Daten für alle Landkreise Bayerns dargestellt. Grundlage sind die Statistiken des
Bayerischen Landesamtes und des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.

Ursache der bevorstehenden Schulschließungen ist ein starker Rückgang der Schülerzahlen an Haupt- und Mittelschulen, der
übrigens in wenigen Jahren auch die Realschulen erreichen wird. Dieser Rückgang erlaubt es nicht mehr, entsprechende Un-
terrichtsangebote regional vorzuhalten, ohne dass die Frage der Schulstruktur und des effizienten Ressourceneinsatzes gestellt
werden muss. Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, sich damit auseinanderzusetzen, wie die weitere Entwicklung
der Schülerzahlen im Haupt-/Mittelschulbereich aussehen wird.

Das statistische Landesamt liefert uns folgende Zahlen: Gab es im Schuljahr 2000/01 noch 323.000 Hauptschüler, so wurden
im Schuljahr 2010/11 nur mehr 220.000 Hauptschüler registriert (minus 32 %). Die amtliche Prognose sagt für das Schuljahr
2015/16 noch 172.000 (minus 47 % von 2000/01), für das Jahr 2020/21 154.000 (minus 52 % von 2000/01) und für das
Schuljahr 2030/31 151.000 Hauptschüler voraus1. Bislang lag die amtliche Prognose allerdings immer signifikant höher als die
tatsächlichen Zahlen, so dass damit zu rechnen ist, dass die Schülerzahl deutlich niedriger sein wird als bislang prognostiziert.

Folgende Faktoren sind für den Rückgang der Schülerzahlen an den Hauptschulen in der Vergangenheit und der Zukunft
ausschlaggebend:

•       die demografische Entwicklung
•       Wanderung und Alterstruktur
•       steigende Übertrittsquoten an Realschulen und Gymnasien

1
    Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (KM): Schüler- und Absolventenprognose 2010, München 2010, Tab 5, S. 23   9
Grafik 2: Geburten in Bayern 1960 bis 2009 und Geburtenprognose von 2010 bis 2028

     200.000

     180.000

     160.000                                                                  IST–Stand         Prognose

     140.000

     120.000

     100.000

      80.000

      60.000

      40.000

      20.000

           0

               1960   1965   1970   1975   1980   1985   1990   1995   2000      2005      2010       2015       2020      2025

                                                                                 Quelle: KM: Schule und Bildung in Bayern 2009, S. 19

10
1.1        Demografische Entwicklung der Geburten

Nach einem Maximum von 184.000 Neugeborenen im Jahr 1964 ging die Zahl der Geburten infolge des sog. Pillenknicks bis
zum Jahr 1978 auf 106.000 Kindern zurück. Die Fruchtbarkeitsrate sank auf 1,35 Kinder pro Frau und blieb bis heute konstant
auf diesem Niveau. In den Jahren 1985 bis 1990 stieg mit den Eltern der letzten „starken Jahrgänge“ der 60er Jahre die Zahl
der Geburten auf 136.000. Seit 1993 sinkt die Geburtenzahl stetig und erreichte 2009 ein neues Minimum von 103.000 Neu-
geborenen.

Die Geburtenzahl wirkt sich mit zehn Jahren Verzögerung auf die Zahl der Grundschüler aus, die nach der 4. Jahrgangsstufe auf
die drei nachfolgenden Schularten zu verteilen sind. Im Jahr 2007 waren dies knapp 130.000 Grundschüler, 2010 waren es nur
mehr 123.000 Grundschüler und bis 2015 ist ein Rückgang auf nur mehr 103.000 Schüler zu erwarten. Danach werden sich die
Geburten pro Jahr bis 2030 auf diesem Niveau stabilisieren.2 Der Schülerrückgang im Sekundarbereich I hat demnach bereits
begonnen, der große Rückgang steht in den nächsten Jahren aber erst noch bevor.

1.2        Wanderung und Alterstruktur der Bevölkerung

Für die Zahl der Schüler in einem Kreis ist neben der Geburtenrate der Wanderungssaldo von Bedeutung. In Bayern sind im Jahr
2009 rund 9.000 Personen mehr zugewandert als fortgezogen. Allerdings ist für diese positive Bilanz ausschließlich der Bezirk
Oberbayern ausschlaggebend. Geringen Zuwachs verzeichneten noch Mittelfranken und Schwaben. In Ober- und Unterfranken
überwogen die Abwanderungen deutlich.3 Von allen 71 bayerischen Landkreisen weisen in ihrer Summe nur die oberbayerischen
eine positive Wanderungsbilanz aus. In den Landkreisen der anderen sechs Regierungsbezirke dominierten die Fortzüge.4

Vermehrte Fortzüge junger Personen aus strukturschwachen Gebieten führten dort zu einer verstärkten Überalterung der Bevöl-
kerung und trugen zu einem negativen Saldo bei. Die höchsten Rückgänge an Kindern und Jugendlichen weist die regionalisierte
Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes für 2028 für die östlichen Landkreise entlang der Grenze zu Tschechien
und die nördlichen Landkreise an der Grenze zu Thüringen auf.5

Im Jahr 2009 kam es in Bayern zu einem Rückgang der gesamten Bevölkerung um 9.600 Personen (< 1 Promille). Der Rückgang
der Kinder und damit der Schüler durch Abwanderung und der Rückgang der Geburtenzahl in den verschiedenen Regionen
werden sich in den nächsten Jahren sehr unterschiedlich darstellen. Außer in Oberbayern wird es zu einem weiteren Rückgang
der Kinder und damit der Schülerzahlen kommen. Dies wird sich besonders auf kleine Schulstandorte auswirken, unabhängig
davon, ob sie Teil eines Schulverbunds oder selbstständig sind. Insbesondere kleine Grundschulen, Haupt- und Mittelschulen
(in Schulverbünden) und auch zunehmend Realschulen werden von dieser Entwicklung tangiert werden.

2
  ebd.
3
  Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (LfStaD): Bevölkerungsstand und -bewegung in Bayern 2009
4
  Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (LfStaD): Wanderung in Bayern 2009, S. 4                                        11
5
  LfStaD: Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern bis 2028, Sonderauswertung nach Altersgruppen, München 2009
Grafik 3: Übertrittsquoten in Bayern 2000/01 bis 2009/10
     Übertrittsquoten aus den Jgst. 4 und 5 in Gymnasien und Realschulen*, Verbleib in Jgst. 6 der Hauptschulen** Bayern 2000-2009

     45%
                42,2%
                            41,1%                                                                                                               40,8%
                                       40,6%
                                                   40,0%                                                                         39,7%
                                                                                                                38,6%
     40%                                                                                          37,8%
                                                                    36,7%         36,7%

                                                                                                   34,0%
     35%                                                           36,5%                                          33,0%
                                                                                  35,9%
               34,4%       34,2%        34,6%                                                                                     31,0%
                                                    34,0%
                                                                                                                                                 29,8%
     30%

                                                                                                                                                 29,4%
                                                                                                                                 29,3%
                                                                                                  28,2%          28,4%
                                                                                  27,4%
     25%                                                          26,8%
                                                    26,0%
                           24,7%        24,8%
               23,4%

     20%

              2000/01     2001/02     2002/03     2003/04         2004/05       2005/06        2006/07         2007/08         2008/09        2009/10

                                                                                                       Gymnasium          Realschule         Hauptschule

                                                                                     * Realschul-Quote bis 2003/04 inkl. Übergänge in 4-jährige Realschule
                                                     ** In den Jgst. 6 und 7 verlassen nochmals 3,9 % eines Jahrgangs die Hauptschule zur Wirtschaftsschule

12
1.3           Übertrittsquoten in Gymnasien, Real- und Hauptschulen

Von Mitte der 60er Jahre bis Mitte der 80er nahm die Übertrittsquote in das Gymnasium aus den Jahrgangsstufen 4 und 5 von
18,3 % auf 33,1 % deutlich zu. Ab 1987 stagnierte die Zunahme und die Quote bewegte sich bis 2003 stetig zwischen 34 % und
36 %. Seit 2003 ist wieder ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Er erreichte im Jahr 2009 40,8 % eines Jahrgangs. Aktuelle
Entwicklungen deuten darauf hin, dass diese Zahlen noch steigen werden.

Die Übertrittsquote in die bis 2000 4-jährige Realschule folgte dem gleichen Muster. Nach einer kontinuierlichen Steigerung in
den 70er Jahren schwankte sie ab Mitte der 80er Jahre bis 2000 zwischen 21 % und 23 % eines Jahrgangs. Mit der flächen-
deckende Einführung der 6-stufigen Realschule stiegen die Übertritte aus der Grundschule und Hauptschule in die Realschule
rapide. Im Schuljahr 2009/10 erreichten sie bereits 29,4 % mit steigender Tendenz. Entgegen der amtlichen Bekundungen bei
der Einführung der R6 ging die Zunahme der Realschüler nicht zu Lasten der Gymnasien, sondern zu Lasten der Hauptschulen
und damit der wohnortnahen Schulversorgung.

Entsprechend rückläufig war die Übertrittsquote in die Hauptschule: Sie fiel von 42,2 % im Jahr 2000 auf nur noch 29,4 % im
Jahr 2009 mit weiter deutlich abnehmender Tendenz. Die Hauptschule lag damit im Jahr 2009 bei den Übertritten erstmals auch
hinter den Übertritten in die Realschulen zurück. Die Tendenz steigender Übertrittsquoten an Realschulen und Gymnasien wurde
auch zum Schuljahr 2010/11 nach der Umwandlung von zwei Drittel der Hauptschulen in Mittelschulen nicht gestoppt. Im Ge-
genteil: Zum Schuljahresbeginn meldet das Kultusministerium bereits eine weitere Zunahme von 3.000 Schülern an den Gymna-
sien und von 4.400 Schülern an den Realschulen. Haupt- bzw. die neuen Mittelschulen hingegen verloren 10.500 Schüler.6

Steigende Anforderungen an die Qualifikationen im Beschäftigungssystem und in der beruflichen Bildung schränken die Mög-
lichkeiten beruflicher Ausbildung von Hauptschülern immer mehr ein. Der mittlere Schulabschluss und dabei besonders der Re-
alschulabschluss wird Voraussetzung für immer mehr Ausbildungsberufe und für besser dotierte Arbeitsplätze. Diese Wandlung
des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hat inzwischen auch die ländlichen Regionen erreicht und beeinflusst im Gegensatz zu
früher auch dort die meisten Eltern bei der Schullaufbahnentscheidung für ihr Kind. Verstärkt wird diese Entwicklung durch einen
generellen Imageverlust der Hauptschule und der Stigmatisierung der verbleibenden Schülerklientel.

Die flächendeckende Einführung der 6-stufigen Realschulen und die Einführung des 8-jährigen Gymnasiums haben zu einer
deutlichen Steigerung der Schülerzahlen in Realschulen und Gymnasien geführt. Mit den zahlreichen Schulschließungen und
der Ausdünnung des Standortnetzes wurde der bisherige Vorteil der Hauptschule, die größere Wohnortnähe in ländlichen Regi-
onen, im Wettbewerb um die Schüler empfindlich geschwächt. Die Lockerung der Übertrittsbedingungen in die Angebotsschu-
len (Elternentscheidung bei zweimal Note 4 im Probeunterricht) und die Gestaltung der Jahrgangsstufe 5 als sog. Gelenkklasse,
werden die Übertrittsquoten in die Hauptschulen weiter reduzieren und nicht stabilisieren.

6
    KM: Wichtige Neuerungen zum Schuljahr 2010/2011, S. 60 f.                                                                      13
Tab. 1: Schüler nach Schularten im Vergleich kreisfreie Städte und Landkreise in BY 2009/10

            Schüler                Bayern                           25 krsfr. Städte                              71 Landkreise

     Gesamt (Jgst. 5 - 10)          767.055   100 %                241.160       100 %                        525.895           100 %

     davon: Haupt-/Mittelschulen   230.880    30,1 %                53.024      22,0 %                        177.856          33,8 %

           Gymnasien                276.118   36,0 %               111.005 46,0 %                             165.113          31,4 %

           Realschulen             235.609    30,7 %                60.686       25,2 %                       174.923          33,3 %

           Wirtschaftsschulen        24.448    3,2 %                16.445        6,8 %                          8.003          1,5 %

                                                 Quelle: LfStaD: Eckdaten der amtlichen Schulstatistik im Herbst 2009; eigene Berechnungen

14
1.4       Verteilung der Schüler auf die Schularten in krsfr. Städten und Landkreisen

In den 25 kreisfreien Städten und 71 Landkreisen in Bayern gestalten sich die Übertrittszahlen sehr unterschiedlich: Überdurch-
schnittliche Übertrittsquoten an Gymnasien finden sich in Universitätsstädten und in Zentren mit prosperierender Industrie und
wichtigen Verwaltungsstandorten. Dies strahlt auch auf die angrenzenden Landkreise aus. Unterdurchschnittliche Übertritts-
quoten an Gymnasien bzw. überdurchschnittliche Übertrittsquoten in die Hauptschule finden sich in kreisfreien Städten mit
massiven wirtschaftlichen Problemen und in zentrumsfernen Landkreisen.

Der Stadt-Land-Unterschied wird beim Vergleich der Verteilung der Schüler auf die Schularten in kreisfreien Städten und in den
Landkreisen besonders deutlich (s. Tabelle 1).
Bayernweit besuchten 2009 30 % der Schüler Hauptschulen, 31 % Realschulen, 36 % Gymnasien und 3 % Wirtschaftsschulen.
Unter den Stadtschülern hingegen befanden sich nur 22 % Hauptschüler und nur 25 % Realschüler, aber 46 % Gymnasiasten
und 7 % Wirtschaftschüler. In den kreisfreien Städten gab es demnach mehr als doppelt so viele Gymnasiasten als Haupt-
schüler. Auch Realschulen wurden nicht annähernd so häufig besucht wie Gymnasien. In den Landkreisen hingegen lautete die
Verteilung 34 % Hauptschüler, 33 % Realschüler, 31 % Gymnasiasten, 2 % Wirtschaftsschüler. Dort waren die Hauptschüler
noch knapp die stärkste Gruppe vor den Realschülern und Gymnasiasten. Die Wirtschaftsschüler bildeten in den Landkreisen
eine kleine Minderheit.

                                                                                                                                  15
Tab. 2: Nach Jahrgangsstufe 4 der Grundschule zu verteilende Schüler 2013

                          Schüler in Jgst. 4 2007   Einschulungen 2009                Prozentuale Veränderung
                                                    Schüler in Jgst. 4 2013

     Oberbayern                 42.783                        38.272                                -10,5 %

     Niederbayern               13.022                        10.836                               -16,8 %

     Oberpfalz                  11.851                        9.308                                -21,5 %

     Oberfranken                11.118                        8.821                                -20,7 %

     Mittelfranken              17.238                        14.143                               -18,0 %

     Unterfranken               13.958                        11.004                               -21,2 %

     Schwaben                   19.729                        16.464                               -16,5 %

     Bayern                    129.699                        108.848                               -16,1 %

                                                         Quelle: LfStaD: Sonderauswertung Einschulungen 2009; eigene Berechnungen

16
2.            Drei Prognosen: Die demografische Entwicklung der Schülerzahlen

Gute Prognosen benötigen eine solide Datenbasis. Die notwendigen Annahmen über die zukünftigen Entwicklungen müssen
transparent gemacht werden. Im Folgenden werden drei Prognosen für die bestehenden Haupt- bzw. Mittelschulen vorgestellt:

•     Die kurzfristige Prognose beruht auf den Einschulungen 2009. Große Veränderung innerhalb der vier Jahre bis zum Übergang
       in die weiterführenden Schulen müssen dabei nicht angenommen werden.

•     Die mittelfristige Prognose beruht auf den Geburten 2008. Diese Schüler wechseln zehn Jahre später in die weiterführenden
      Schulen. Durch Zu- und Abwanderung in den Kreisen und Städten können sich diese Zahlen in beschränktem Umfang verändern.

• Die langfristige Prognose beruht auf der regionalisierten Bevölkerungsprognose des Landesamtes für Statistik und Datenverar-
      beitung. Sie schreibt bisherige Wanderungseffekte in den Kreisen und Städten fort und nimmt eine konstante Geburtenrate an.
      Diese 20-Jahres-Prognose birgt die größte Unsicherheit, kann aber doch eine Orientierung für zukünftige Entwicklungen geben.

Weitere Einflussfaktoren auf die Zukunft der bestehenden wohnortnahen Haupt-/Mittelschulen, wie die Veränderung des Über-
trittsverhaltens oder denkbare Veränderungen im Schulsystem, werden in Kapitel 3 behandelt.

Die folgenden Analysen und Prognosen der Schülerzahlen an den Haupt- und Mittelschulen stützen sich nicht ausschließlich
auf die Übertrittsquoten nach der Grundschule, sondern auf die Anteile der Haupt- bzw. Mittelschüler zwei Jahre später in Jahr-
gangsstufe 7. In Jahrgangsstufe 5 wechseln nochmals Schüler in die Realschulen und Gymnasien und nach Jahrgangsstufe
6 in Wirtschaftsschulen. Die Jahrgangsstufen 7 und 8 sind in den Hauptschulen beim Durchgang einer Schülerkohorte am
schwächsten besetzt7 (ausführlich dazu Anlage 1). Die Bestandsquote in Jahrgangsstufe 7 hat deshalb unter dem Gesichtspunkt
des Erhalts der wohnortnahen Schule eine besondere Relevanz. Wird an einer Schule in Jahrgangsstufe 7 nicht mehr die Schü-
lermindestzahl für eine Klassenbildung erreicht, ist dies in aller Regel auch in Jahrgangsstufe 8 der Fall und die Schule insgesamt
muss als in ihrem Bestand gefährdet eingeschätzt werden.
Die folgenden Analysen haben deshalb immer zwei Messzeitpunkte: den Zeitpunkt der Verteilung des Jahrgangs nach der
Grundschule und zwei Jahre später, wenn diese Schüler die Jahrgangsstufe 7 erreicht haben. Grundlage und Bezugspunkt der
Prognosen bilden die Grundschüler, die 2007 auf die weiterführenden Schularten verteilt wurden und der Anteil, der 2009 die
Jahrgangsstufe 7 der Hauptschule besuchte (Bestandsquote).
Die regionalisierten Daten des Statistischen Landesamtes zu den Einschulungen 2009, den Geburten 2008 sowie die Bevölke-
rungsprognose bis 2028 erlauben ziemlich genaue Prognosen die nächsten fünf, zehn und zwanzig Jahre.

2.1           Schülerprognose 2013 / 2015

Der kurzfristigen Prognose liegen die Einschulungszahlen im Schuljahr 2009/10 in den Grundschulen zugrunde. Abgesehen von
minimalen Zu- und Abgängen durch Klassenwiederholungen, Zu- oder Abwanderung treten diese Schüler am Ende des Schul-
jahres 2012/13 auf die weiterführenden Schularten über und erreichen im Schuljahr 2015/16 die Jahrgangsstufe 7. Der Tabelle 2
kann für alle sieben Regierungsbezirke die Zahl der Schüler entnommen werden, die 2013 nach der Jahrgangsstufe 4 die Schule
wechseln. Als Bezugsgröße sind die Übertrittszahlen aus dem Jahr 2007 angeführt.
In Bayern besuchten im Jahr 2007 insgesamt 129.699 Schüler die 4. Jahrgangsstufe. Im Jahr 2013 werden es noch 108.848
Schüler sein, d. h. 16,1 % weniger. Im Bezirk Oberbayern ist die Veränderung mit einem Rückgang von 10,5 % am niedrigsten,
in der Oberpfalz mit 21,5 % und in Unterfranken mit 21,2 % am höchsten.
Es gibt in Bayern nur drei Städte, in denen eine Erhöhung der Schülerzahl 2013 im Vergleich zu 2007 zu erwarten ist: Stadt
Erlangen (plus 1,5 %), Landshauptstadt München (plus 5,3 %) und Stadt Rosenheim (plus 6,0 %). Mehr als 30 % Schülerrück-
gang sind in drei Kreisen zu erwarten: Stadt Schwabach (minus 30,8 %), Landkreis Coburg (minus 32,9 %) und Landkreis Tir-
schenreuth (minus 34,1 %). In drei weiteren kreisfreien Städten und in 30 Landkreisen liegt der demografische Schülerrückgang
zwischen 20 % und 30 %.

7
    KM (Hrsg.): Schüler- und Absolventenprognose, München 2010, S. 23 ff.                                                             17
Tab. 3: Nach Jahrgangsstufe 4 der Grundschule zu verteilende Schüler 2018

                          Schüler in Jgst. 4 2007                Geburten 2008 -                    Prozentuale Veränderung
                                                               Schüler in Jgst. 4 2018

     Oberbayern                 42.783                                 38.370                                -10,3 %

     Niederbayern               13.022                                  9.313                                -28,5 %

     Oberpfalz                  11.851                                  8.354                                -29,5 %

     Oberfranken                11.118                                  7.832                                -29,6 %

     Mittelfranken              17.238                                 13.614                                 -21,0 %

     Unterfranken               13.958                                  9.842                                -29,5 %

     Schwaben                   19.729                                14.586                                  -26,1 %

     Bayern                    129.699                               101.910                                  -21,4 %

                                                                                    Quelle: LfStaD: Bevölkerung nach Altersgruppen 31.12.2008;

     Tab. 4: Nach Jahrgangsstufe 4 der Grundschule zu verteilende Schüler 2028

                         Schüler in Jgst. 4 2007              Prognose Zehnjährige                    Prozentuale Veränderung
                                                                  2028 - Jgst. 4

     Oberbayern                42.783                                 39.040                                   -8,7 %

     Niederbayern              13.022                                   9.705                                 -25,5 %

     Oberpfalz                 11.851                                   8.496                                 -28,3 %

     Oberfranken                11.118                                  7.548                                 -32,1 %

     Mittelfranken             17.238                                 13.748                                  -20,2 %

     Unterfranken              13.958                                   9.869                                 -29,3 %

     Schwaben                  19.729                                 15.294                                  -22,5 %

     Bayern                   129.699                                103.654                                  -20,1 %

                              Quelle: LfStaD: Sonderauswertung regionalisierte Bevölkerungsprognose 2028 für Altergruppen; eigene Berechnungen

18
2.2         Schülerprognose 2018 / 2020

Die mittelfristige Zehnjahresprognose basiert auf den Geburtenzahlen 2008.8 Diese Kinder werden 2014/15 eingeschult und am
Ende des Schuljahres 2017/18 nach der Grundschule auf die weiterführenden Schularten verteilt.

2018 werden in Bayern aus den Grundschulen nur mehr 101.910 Schüler in die weiterführenden Schulen zu verteilen sein (minus
21,4 %)(s. Tab. 3). Der Bezirk Oberbayern hat auch bis 2018 den geringsten Schülerrückgang (minus 10,3 %), die Operpfalz,
Ober- und Unterfranken den stärksten (29,5 % bzw. 29,6 %).

Auf Kreisniveau findet sich der stärkste Schülerrückgang wiederum im Landkreis Tirschenreuth (minus 42,7 %). 42 der 71 bay-
erischen Landkreise müssen bis 2018 mit einem Rückgang von mehr als 30 % der Schüler rechnen, darunter alle Landkreise
Unterfrankens mit Ausnahme des Landkreises Würzburg (minus 26 %). Keine der kreisfreien Städte befindet sich in dieser Kate-
gorie, auch nicht jene in östlicher oder nördlicher Randlage wie Amberg (minus 20,9 %), Weiden (minus 27,4 %) oder Hof (minus
28,6 %). In drei Städten nimmt die Zahl der zu verteilenden Schüler 2018 zu: Nürnberg (plus 1,6 %), Rosenheim (plus 5,4 %) und
München. Die Landeshauptstadt erlebte in den vergangenen Jahren einen Babyboom: 2007 verließen 9.437 die Grundschule,
2018 werden es voraussichtlich 12.564 sein (plus 33,1 %).

Diese Zahlen dokumentieren den absehbaren Bevölkerungsverlust in den ländlichen Regionen zugunsten der urbanen Zentren.
Einhalt ist dem nur durch einen Landesentwicklungsplan zu gebieten, der die notwendigen Ressourcen für den Ausbau der
wirtschaftlichen und schulischen Infrastruktur in den ländlichen Regionen bereitstellt. Für die schulische Entwicklung muss fest-
gehalten werden, dass dieser deutliche Schülerrückgang in den nächsten sieben Jahren nicht nur die Haupt- und Mittelschulen
trifft, sondern ebenso die Realschulen tangieren wird. Das Gymnasium wird aller Voraussicht nach aufgrund der gestiegenen
Bildungsaspirationen der Eltern und der Liberalisierung des Übertritts die Zahlen halten können.

2.3         Schülerprognose 2028 / 2030

Das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung legt jährlich eine regionalisierte Bevölkerungsprognose vor, die 20 Jahre in
die Zukunft reicht. Auf der Basis der Bevölkerungsdaten von 2008 wurde der Stand der Bevölkerung in den bayerischen Kreisen
im Jahr 2028 errechnet. In einer Sonderauswertung stellte das Landesamt eine nach Altersgruppen differenzierte Prognose zur
Verfügung, der sich die Zahl der Zehnjährigen in den Städten und Landkreisen 2028 entnehmen lässt.9
Nach dieser Prognose stabilisiert sich die Schülerzahl nach 2018. In Bayern sind im Jahr 2028 103.654 Schüler nach der
Grundschule zu verteilen, 26.045 weniger als 2007 (minus 20,1 %), aber 1.744 Schüler mehr als 2018 (s. Tab. 4). Nach den vor-
liegenden Daten profitieren bis 2028 die drei kreisfreien Städte München, Ingolstadt, Rosenheim und der Landkreis München. In
sechs bayerischen Bezirken nehmen die Schülerzahlen zwischen 2018 und 2028 wieder leicht zu, in Schwaben sogar um 3,6 %,
nur in Oberfranken gehen sie um weitere 2,5 % zurück.

Mit Schülerrückgängen von über 40 %, im Vergleich zu 2007, müssen die Landkreise Tirschenreuth (minus 43,5 %), Wunsiedel
(minus 42,0 %) und Hof (minus 41,6 %) rechnen. In 26 Kreisen liegen die Rückgänge bei über 30 %, darunter auch zwei kreisfreie
Städte: Passau (minus 30,0 %) und Hof (minus 34,8 %). In Oberbayern ist Garmisch-Partenkirchen der einzige Landkreis mit
einem Rückgang über 30 %, während in Schwaben kein Kreis in diese Kategorie fällt.

8
  Um jahrgangsbedingte Schwankungen in den Städten und Landkreisen auszugleichen, wurde nicht die Zahl der Geburten 2008, sondern ein Drittel der Neuge-
borenen bis Zweijährigen zum Stichtag 31.12. 2008 zugrunde gelegt. Diese Zahl wurde um 5 % reduziert, für jene Schüler, die nicht eine Grundschule, sondern
Förder-, Waldorfschulen oder Gesamtschulen besuchen und später nicht auf die weiterführenden Schulen verteilt werden.
9
  LfStaD: Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern bis 2028, München 2009. Sonderauswertung nach Altersgruppen. Die Prognose nimmt eine
konstant bleibende Geburtenrate an und berücksichtigt sowohl die Binnenwanderung innerhalb Bayerns als auch die Außenwanderung zu und von anderen Bun-          19
desländern oder Staaten. Die Zahl der Zehnjährigen 2028 wurden wie bei der Prognose 2018 um die Förder-, Waldorf- oder Gesamtschüler, also um 5 %, reduziert.
20
3.          Drei Szenarien: Schülerzahlen für wohnortnahe Schulen 2015, 2020, 2030

Die oben dargestellte Entwicklung der Schülerzahlen stellt die Ausgangslage dar für drei Szenarien möglicher zukünftiger Schul-
strukturen in Bayern:

*     Szenario 1: Das dreigliedrige Schulsystem wird unverändert fortgeführt
*     Szenario 2: Neben dem Gymnasium gibt es nur noch eine Schulform (Zweigliedrigkeit)
*     Szenario 3: Die Schüler werden bis zur 10. Jahrgangsstufe in einer Schule unterrichtet (Eingliedrigkeit)

Neben den denkbaren Alternativen der Schulstruktur bleibt als wesentlicher Unsicherheitsfaktor die Entwicklung der Über-
trittsquoten in die Haupt-/Mittelschulen. Gerechnet wurden für alle drei Übertrittszeitpunkte drei Varianten. Aus Platzgründen
wird hier nur die jeweils mittlere Variante dargestellt: Im Szenario 1 für die kurzfristige Prognose eine Abnahme der bisherigen
Übertrittsquote im jeweiligen Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt um 5 Prozent, für die mittelfristige Prognose um 10 Prozent
und für die langfristige Prognose um 15 Prozent. Für Szenario 2 wird ein weiterer Zuwachs der Übertritte in das Gymnasium
angenommen. Die Übertritte in die wohnortnahe Schule reduzieren sich um 2,5 Prozent, 5 Prozent und 7,5 Prozent zu den drei
Prognosezeitpunkten. In einem eingliedrigen Schulsystem gibt es keine Übertritte und Übertrittsquoten.

3.1         Szenario 1: Dreigliedrigkeit - Fortschreibung Haupt-/Mittelschule

Die zukünftige Entwicklung der Haupt- bzw. Mittelschulen ist neben der demografischen Entwicklung vor allem abhängig von
der Entwicklung der Übertritts- bzw. Bestandsquoten in den Kreisen. Die Berechnungen zukünftiger Schülerzahlen beruhen auf
Annahmen, bei der unterschiedliche Faktoren, die sich auf die Schülerströme auswirken, berücksichtigt werden müssen. Diese
vorgelegten Zahlen haben hohe Plausibilität. Dennoch handelt es sich um Prognosen und nicht um feste Fakten.10

10
  In der Gesamtauswertung werden für jeden Prognosezeitpunkt drei Varianten vorgestellt, um Interessierten vor Ort mit genauer Kenntnis der lokalen Entwicklun-
gen des Schulwahlverhaltens und des öffentlichen und privaten Schulangebots die Möglichkeit zu alternativen Berechnungen zu geben. In dieser Broschüre ist pro
                                                                                                                                                                  21
Prognosezeitpunkt eine Beschränkung auf eine mittlere Variante erforderlich. Sie liegt den weiteren Berechnungen der Schülerzahlen in den einzelnen Schulen und
der Bestimmung ihres Fortbestandes bzw. ihrer Zügigkeit zugrunde.
Tab. 5: Entwicklung der Schülerzahlen an den Haupt-/Mittelschulen im dreigliedrigen System bis zum Jahr
     2015 bei einer Veränderung der Schülerquote um 5 %

     Schüler in der Jahrgangsstufe 7 der Haupt-/Mittelschule

                                   2009                              2015                          Differenz 2009/2015

     Oberbayern                  12.795                              9.532                               -25,5 %

     Niederbayern                  4.774                             3.431                               -28,1 %

     Oberpfalz                     4.184                             2.821                               -32,6 %

     Oberfranken                   3.476                             2.317                               -33,3 %

     Mittelfranken                 5.730                             3.994                               -30,3 %

     Unterfranken                  4.702                             3.157                               -32,9 %

     Schwaben                      7.113                             5.113                               -28,1 %

     Bayern                      42.774                            30.455                                -28,8 %

                                      Quellen: LfStaD: Sonderauswertung: Schüler 2009 in HS Jgst. 7; Einschulungen 2009; eigene Berechnungen

22
Haupt-/Mittelschüler 2015

Gemäß der kurzfristigen Prognose können 2013 bayernweit 108.848 Schüler auf die weiterführenden Schularten verteilt wer-
den. Sie erreichen 2015 die Jahrgangsstufe 7. Die Verteilungsquoten sind abhängig von der Attraktivität der jeweiligen Schulart
und ändern sich im Zeitverlauf.

Für 2015 werden in der ausführlichen Gesamtauswertung drei Varianten vorgestellt:

•    Das Übertrittsverhalten ändert sich nicht. Die Haupt-/Mittelschulquoten entsprechen denen des Jahres 2009,
     für Bayern insgesamt: 33,0 %.
•    Das Übertrittsverhalten ändert sich leicht. Die Haupt-/Mittelschulquote sinkt um 5 % auf 28 %
•    Das Übertrittsverhalten ändert sich stark. Die Haupt-/Mittelschulquote sinkt um 10 % auf 23 %

Der Übersichtlichkeit halber wird in dieser Zusammenfassung nur die Variante mit einer leichten Veränderung des Übertritts-
verhaltens wiedergegeben. Diese Variante mit 5 % weniger Haupt-/Mittelschüler pro Jahrgang im Jahr 2015 scheint ange-
sichts der gegenwärtigen Tendenzen für die Mehrzahl der Kreise und Bezirke am Wahrscheinlichsten. Die Übertrittsquote in die
Hauptschule aus den Jahrgangsstufen 4 und 5, die in den Jahren 2008 bis 2010 verteilt wurden, ist bereits bis zum Schuljahr
2010/2011 um weitere 3,2 % zurückgegangen. Den Berechnungen liegt die jeweils spezifische, um 5 % reduzierte Verteilungs-
quote der Bezirke, Städte und Landkreise im Jahr 2009 zugrunde.

In Bayern insgesamt werden 2013 wegen des demografischen Rückgangs nur noch 108.848 Schüler zu verteilen sein, 16,1 %
weniger als 2007. Erreichen dann nicht mehr 33,0 % die Jahrgangsstufe 7 der Haupt- bzw. Mittelschulen, sondern wegen ver-
mehrter Übertritte in Realschulen und Gymnasien nur mehr 28,0 %, so wird die Jahrgangsstufe 7 nicht mehr von 42.774 Haupt-
schülern besucht sondern nur mehr von 30.455. Das sind 2015 28,8 % weniger Schüler als 2009 (s. Tab. 5).

Die demografische Entwicklung und die Reduktion der jeweiligen Bestandsquoten in Jahrgangsstufe 7 um 5 % führen im Jahr
2015 in allen Kreisen und Bezirken zu einem deutlichen Rückgang der Schülerzahlen in der Jahrgangsstufe 7 der Haupt-/Mittel-
schule im Vergleich zur Schülerzahl 2009. Nur in der Stadt Rosenheim bleibt der Rückgang mit minus 7,4 % einstellig, in weiteren
10 Kreisen liegt er zwischen 10 % und 20 %. In den Landkreisen Tirschenreuth, Coburg und Fürth sowie in der Stadt Schwabach
liegt der Rückgang bereits bei über 40 %.

                                                                                                                                   23
Tab. 6: Entwicklung der Schülerzahlen an den Haupt-/Mittelschulen im dreigliedrigen System bis zum Jahr
     2020 bei einer Veränderung der Schülerquote um 10 %

     Schüler in der Jahrgangsstufe 7 der Haupt-/Mittelschule

                                   2009                                2020                         Differenz 2009/2020

     Oberbayern                  12.795                                7.638                              -40,3 %

     Niederbayern                  4.774                              2.483                               -48,0 %

     Oberpfalz                     4.184                               2.114                              -49,5 %

     Oberfranken                   3.476                              1.665                                -52,1 %

     Mittelfranken                 5.730                               3.164                               -44,8 %

     Unterfranken                  4.702                               2.331                               -50,4 %

     Schwaben                      7.113                              3.800                                -46,6 %

     Bayern                       42.774                             23.418                                -45,3 %

                                            Quellen: LfStaD: Sonderauswertung: Schüler 2009 in HS Jgst. 7; Geburten 2008; eigene Berechnungen

     Tab. 7: Entwicklung der Schülerzahlen an den Haupt-/Mittelschulen im dreigliedrigen System
     bis zum Jahr 2030 bei einer Veränderung der Schülerquote um 15 %

     Schüler in der Jahrgangsstufe 7 der Haupt-/Mittelschule

                                   2009                                2030                         Differenz 2009/2030

     Oberbayern                   12.795                              5.820                               -54,5 %

     Niederbayern                  4.774                               2.102                              -56,0 %

     Oberpfalz                     4.184                               1.725                              -58,8 %

     Oberfranken                   3.476                              1.228                               -64,7 %

     Mittelfranken                 5.730                              2.508                               -56,2 %

     Unterfranken                  4.702                              1.844                               -60,8 %

     Schwaben                      7.113                              3.220                               -54,7 %

     Bayern                       42.774                            18.636                                -56,4 %

                                   Quellen: LfStaD: Sonderauswertung: Schüler 2009 in HS Jgst. 7; Bevölkerungsprognose 2028; eigene Berechnungen

24
Haupt-/Mittelschüler 2020

Die mittelfristige 10-Jahresprognose auf der Basis der Geburtenzahlen 2008 ermöglicht Aussagen über die Schülerzahlen an
Haupt- und Mittelschulen in der Jahrgangsstufe 7 für das Jahr 2020 auf Kreis- und Bezirksniveau. Es wurden auch für 2020
wieder prinzipiell drei Varianten berechnet: eine Reduzierung der Haupt-/Mittelschulquote von 2009 um 5 %, um 10 % und um
15 %. Diese drei Varianten werden in der Gesamtauswertung dieser Untersuchung ausführlich behandelt. Hier wird nur die 10 %
Variante kurz dargestellt. Sie erscheint am realistischsten, da in den vergangenen Jahren der Rückgang der Übertrittsquote an
die Hauptschule pro Jahr höher als 1 % lag und ein Stopp der Übertrittsdynamik auch durch die Einrichtung von Mittelschulen
und Schulverbünden nicht erkennbar ist.

Für Bayern insgesamt bedeutet diese Variante (demografischer Rückgang um 21,4 %, Rückgang der Übertrittsquote in die
Hauptschule von 33 % auf 23 %) einen Rückgang der Zahl der Haupt-/Mittelschüler im Vergleich zum Bestand im Jahr 2009 um
45,3 %. Nur mehr 23.418 Schüler werden die Jahrgangsstufe 7 einer Haupt-/Mittelschule besuchen (s. Tab. 6).

Selbst in der Stadt München werden dann trotz der Zunahme der Geburtenzahlen 16 % weniger Haupt-/Mittelschüler zu regis-
trieren sein. In Niederbayern, Oberpfalz, Ober- und Unterfranken liegt der Rückgang bei rund 50 %. In 54 Landkreisen ist mit
weniger als der Hälfte der Schüler zu rechnen. In den kreisfreien Städten fällt der Schülerrückgang geringer aus, mit Ausnahme
von Weiden wo der Rückgang mit 49,7 % fast so stark ist. Bei dieser Variante erleidet der Landkreis München die größten Ein-
bußen: Bei einem relativ geringem demografischen Rückgang von nur 8 %, aber einer weiteren Minderung der Übertrittsquote
von derzeit 18 % auf dann nur noch 8 %, geht die Zahl der Hauptschüler in der Jahrgangsstufe 7 von 580 im Jahr 2009 auf 237
Schüler im Jahr 2020 zurück (minus 59,1 %).

Haupt-/ Mittelschüler 2030

Nach der regionalisierten Bevölkerungsprognose 2028 des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung nimmt die Zahl der
10-Jährigen im Vergleich zu den Geburten 2008 wieder leicht zu. Der demografische Rückgang beträgt dann 20,1 % im Ver-
gleich zu 2007. Es ist aber davon auszugehen, dass die Nachfrage der Wirtschaft nach höheren Qualifikationen weiter zunimmt.
Möglichst hohe Schulabschlüsse und damit vermehrte Übertritte in Realschule und Gymnasien sind wichtige Voraussetzung für
die Möglichkeit einer eigenständigen Lebensgestaltung. Von den Varianten eines Rückgangs der Übertritte um 10 % oder 15 %
oder 20 % der Quoten von 2009 scheint bei anhaltend steigender Nachfrage nach höheren Abschlüssen auch hier die mittlere
Variante am Wahrscheinlichsten.

Besuchen 2030 bayernweit nicht mehr 33 % die Haupt-/Mittelschulen, sondern nur mehr 18 %, dann sind nicht mehr 42.774
Hauptschüler in der 7. Jahrgangsstufe wie 2009 zu registrieren, sondern nur noch 18.636 (minus 56,4 %)(s. Tab. 7). In allen Be-
zirken sinkt die Schülerzahl an den Haupt-/Mittelschulen auf weniger als die Hälfte der Schüler von 2009. 43 Kreise verzeichnen
dabei einen Rückgang um über 60 %, darunter auch die kreisfreien Städte Passau, Weiden, Bamberg und Bayreuth.

Resümee:
Der Schülerrückgang und die Veränderungen des Übertritts wirken sich regional sehr unterschiedlich aus. Bereits bis zum Jahr
2015 ist mit weiteren zahlreichen Schulschließungen vor allem im ländlichen Raum zu rechnen. Spätestens in zehn Jahren stellt
sich die Existenzfrage der Schulart, wenn in drei Viertel der bayerischen Landkreise weniger als die Hälfte der derzeitigen Schü-
ler die Mittelschulen besuchen. Im Jahr 2030 ist die Haupt-/Mittelschule als wohnortnahes Schulangebot in den größten Teilen
Bayerns nicht mehr existent.

                                                                                                                                    25
Tab. 8: Übertrittsquoten 2007 und die Verteilung der Schüler auf Gymnasium und andere Schularten
     (Bestandsquoten) 2009

                             Zahl der Grundschüler                      Anteil Gymnasiasten                    Anteil wohnortnahe Schule*
                               Jgst. 4 2006/07                           Jgst. 5 2007/08                            Jgst. 5 2007/08

     Oberbayern                        42.783                                    41,3 %                                           58,7 %

     Niederbayern                      13.022                                    31,0 %                                           69,0 %

     Oberpfalz                          11.851                                   32,7 %                                           67,3 %

     Oberfranken                        11.118                                   37,4 %                                           62,6 %

     Mittelfranken                     17.238                                   39,2 %                                            60,8 %

     Unterfranken                      13.958                                   35,2 %                                            64,8 %

     Schwaben                           19.729                                  33,3 %                                            66,7 %

     Bayern                           129.699                                    37,1 %                                           62,9 %

                             * Schüler der Realschule, Haupt-/Mittelschule und der Wirtschaftsschule (bisher Übertritt nach Jgst. 6) zusammengefasst

26
3.2            Szenario 2: Zweigliedrigkeit – wohnortnahe Schule plus Gymnasium

Als Alternative zur Fortschreibung des dreigliedrigen Schulsystems wurde das Szenario eines zweigliedrigen Schulsystems
entwickelt. Neben den Gymnasien existieren dabei Haupt- bzw. Mittelschulen, Realschulen und Wirtschaftsschulen in zusam-
mengefasster Form. Die Zusammenführung dieser Schularten im Rahmen eines zweigliedrigen Schulsystems wurde in vielen
Bundesländern bereits umgesetzt. Diese Schulart trägt in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Namen: Regionalschule
in Schleswig-Holstein, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, Oberschule in Niedersachsen, Bremen und Brandenburg, Erwei-
terte Realschule im Saarland, Realschule plus in Rheinland-Pfalz, Sekundarschule in Sachsen-Anhalt, Mittelschule in Sachsen,
Regelschule in Thüringen, Stadtteilschule in Hamburg. Ohne sich auf eine dieser Bezeichnungen festzulegen, wird im Folgenden
dieses Konzept als wohnortnahe Schule bezeichnet, da sie in kleineren wohnortnahen Einheiten organisiert werden kann.

Tabelle 8 zeigt die Übertrittsquoten aus den Grundschulen in die Gymnasien am Ende des Schuljahres 2006/07.11 37,1 % der bay-
erischen Schüler befanden sich im Jahr darauf in Gymnasien. 62,9 % besuchten Real- oder Hauptschulen und sind das Potential
einer wohnortnahen Schule in einem zweigliedrigen Schulsystem. Im Folgenden wird mit den derart bestimmten Quoten für die
wohnortnahe Schule in einem zweigliedrigen Schulsystem gerechnet, auch wenn sie bis Jahrgangsstufe 7 durch die vorzeitigen
Abgänger insbesondere aus Jahrgangsstufe 6 der Gymnasien noch etwas zunimmt.

20 Kreise, häufig in kreisfreien Industrie- oder Verwaltungsstädten und ihren benachbarten Landkreisen, dem sog. Speckgürtel,
verzeichneten Übertritte in Gymnasien von mehr als 40 %. Die Städte Bayreuth und Erlangen liegen bei über 50 %. Die Spitzen-
werte finden sich im Landkreis Starnberg und im Landkreis München mit 55,6 % bzw. 56,5 %, während die Landeshauptstadt
selbst mit 49,4 % etwas darunter liegt. Zehn Landkreise und die Städte Kempten und Schweinfurt liegen bei den Übertritten
in die Gymnasien unter 30 %. Der niedrigste Wert wird mit 25,7 % im Landkreis Freyung-Grafenau erreicht. Komplementär zur
Gymnasiumsquote ergibt sich das Schülerpotential für eine wohnortnahe Schule in einem zweigliedrigen Schulsystem.

Je nach bisheriger Quote der Übertritte in Real- und Wirtschaftsschulen nehmen die Schüler einer wohnortnahen Schule in
unterschiedlichem Ausmaß zu. Für ganz Bayern beträgt die Quote der Real- und Wirtschaftsschulen 29,9 %. In Oberbayern und
Mittelfranken liegen diese Quoten im Durchschnitt unter 30 %. Hohe Quoten für die Real- und Wirtschaftsschulen sind vor allem
in Landkreisen anzutreffen und schwerpunktmäßig in jenen mit niedrigeren Übertrittsquoten in die Gymnasien. Die höchsten
Quoten für die Real- und Wirtschaftsschulen haben die Landkreise Straubing-Bogen (38,0 %), Neustadt a. d. Waldnaab (39,3
%) und Bayreuth (39,4 %). Entsprechend würde die wohnortnahe Schule in einem zweigliedrigen System in diesen Landkreisen
mehr profitieren als in anderen Kreisen.

11
     ISB: Bildungsberichterstattung 2009, München 2010, S. 79 ff.                                                               27
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