Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken

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Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Digitalisierung von Schule und Aufbau von
   Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und
         (unterschätzte) Eigendynamiken
Kolloquiumsreihe „Wunsch und Wirklichkeit deutscher Bildungspolitik –
             Steuerung auf dem Prüfstand“, 01.06.2021

     Sigrid Hartong, Professorin für Soziologie, insb. Transformation von Governance in Bildung und Gesellschaft
                                                                            Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
                                                                                             hartongs@hsu-hh.de
                                                                                               hsu-hh.de/sozgov
                                                                                        www.unblackthebox.org
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Hartong 2018
https://www.researchgate.n
et/publication/304540054_L

                             Digital Education Governance
earning_Analytics_in_MOO
Cs_Can_Data_Improve_Stu
dents_Retention_and_Learni
ng/figures?lo=1

                                    als globaler Trend

                                                                         https://www.cpsiltd.com/xdstudio/
                                    https://www.marketsandmarkets.com/
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Deutschland seit 2000

2000

       Umstellung auf „datenbasierte“ Bildungssteuerung /
       evidenzorientierte Bildungsforschung

       Ausbau von Dateninfrastrukturen (z.B. Schulverwaltungs-
       systeme, Testdateninfrastrukturen,…)

       Digitale Agenda ab ca. 2012

       Zunehmende Verknüpfung Daten
       in Steuerung und Daten in Schulpraxis (z.B Learning
       Analytics, LMS, Dateninteroperabilitätsförderung,…)

       Pandemie als neuer Schub/ „scaling up“ durch BMBF und
       diverse Reformnetzwerke (#einfachmalmachen“), auch zur
       weiteren Förderung datenintensiver Technologien (z.B. KI)

2020
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Was Datafizierung/Digitalisierung in Deutschland aber auch
kennzeichnet (im negativen wie positiven Sinne)
à Die Sorge vor unintendierten Folgen…
• Starke Skepsis gegenüber high-stakes data
• Starke Betonung Datenschutz und Freiheit vor Überwachung
• Hohes Autonomieverständnis der Lehrkräfte: Daten als
  „Unterstützung“ neben professioneller Einschätzung
  à „das pädagogische Primat“
• Skepsis gegenüber Big EdTech,
  schwieriger(er) Marktzugang (als anderswo)
• Föderalismus als „Bremsstruktur“
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
These

Mit dem Einlassen auf die Grundnarrative von Datafizierung
      (z.B. Daten machen Steuerung fairer, effizienter,
   transparenter,…) werden auch bei besten Intentionen
      wirkmächtige Eigendynamiken in Gang gesetzt,
            die ein kontinuierliches Aufblähen von
            Dateninfrastrukturen nach sich ziehen.
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Die sukzessive Aufblähung von
Dateninfrastrukturen

              Dilemma der kontinuierlichen
                   Optimierungslogik

       Dilemma der                 Dilemma der kontinuierlichen
    Datenmanagement-                 Verschiebung von Macht
           logik                             und Geld
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Beispiel: Nutzung von
 Sozialindizes für die
   Schulsteuerung
(Hartong/Breiter 2021)

            Makles/Schneider 2018: 14/15
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Die sukzessive Aufblähung von
Dateninfrastrukturen

              Dilemma der kontinuierlichen
                   Optimierungslogik

       Dilemma der                 Dilemma der kontinuierlichen
    Datenmanagement-                 Verschiebung von Macht
           logik                             und Geld
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Beispiel: Die Aufblähung des
Forschungsdatenmanagements in
      der Bildungsforschung
Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken
Die sukzessive Aufblähung von
Dateninfrastrukturen

              Dilemma der kontinuierlichen
                   Optimierungslogik

       Dilemma der                 Dilemma der kontinuierlichen
    Datenmanagement-                 Verschiebung von Macht
           logik                             und Geld
Zahlreiche Beispiele mehr…

    •   Wandel der Kompetenztests in Deutschland
    •   Datensysteme der Bundesländer
    •   Lernmanagementsysteme der Schulen
    •   Expansionsdynamik von Learning Analytics
    •   …
Die sukzessive Aufblähung von
Dateninfrastrukturen

              Dilemma der kontinuierlichen
                   Optimierungslogik                              Expansion
                                                                  Zentralisierung
                                                                  Verdichtung
                                                                  Standardisierung
       Dilemma der                 Dilemma der kontinuierlichen
    Datenmanagement-                 Verschiebung von Macht
           logik                             und Geld
                                                                  Benennungsmacht
Was tun? Raus aus dem Narrativ?
  Plädoyer für ein „Bremsen der Datafizierung mit Zielvision“

1. Datenpolitische Bildung, politische Technikfolgenabschätzung; Data Infrastructure
   Literacy (Gray et al. 2018) (braucht kein Informatikstudium)
2. 1. erfordert ZEIT und RAUM
3. (Wieder-) Erzeugen und Bewahren „unbeobachteter Räume“, von
   Datenwidersprüchen und Beobachtungsdifferenz (Rürup 2018)
4. Heterogenität bei der Besetzung politischer Gremien, Regulierung von EdTech und
   Lobbyismus, ggf. Verbot risikoreicher Datenmodelle (Audit)

                          Daten bewusst (nicht) produzieren/nutzen/verbinden,…
Warum wir „atmen“ und uns eigentlich
auch ein wenig Zeit lassen können
hartongs@hsu-hh.de
Literatur

• Baslev, Jasper (2020): Evidence of a potential: The political arguments for digitizing education
  1983-2015. https://forskning.ruc.dk/en/publications/evidence-of-a-potential-the-political-
  arguments-for-digitizing-ed
• Hartong, Sigrid & Breiter, Andreas (2021): Between Fairness Optimization and ‘Inequalities of
  Dataveillance’ – the Emerge and Transformation of Social Indices in German School Monitoring
  and Management. In: Grek, Sotiria; Maroy, Christian & Verger, Antoni (Hrsg.) World Yearbook of
  Education 2021, Routledge: 76-93.
• Hartong, Sigrid; Machold, Claudia & Stošić, Patricia (2020): Zur (unterschätzten) Eigendynamik von
  Forschungsdateninfrastrukturen. In: Erziehungswissenschaft, 61(31), 51-59.
• Makles, Anna & Schneider, Kerstin (2018): Neues Schulranking als Grundlage der Mittelzuweisung in
  der Stadt Bremen. Bericht des WIB - Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung.
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