Dorfgrün gestalten Mehr Grün. Mehr Leben - Ratgeber dorfgerechte Grüngestaltung für Oberfranken - Walkersbrunn

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Mehr Grün. Mehr Leben.

Dorfgrün
gestalten

                          Ratgeber dorfgerechte Grüngestaltung für Oberfranken
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Gemeinsam für Sie
                                      und mit Ihnen

    Amt für Ländliche Entwicklung
                     Oberfranken

                                                     Amt für Ernährung,
                                    Landwirtschaft und Forsten Kitzingen
                                                    Abteilung Gartenbau

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Inhaltsverzeichnis

Dorfgrün gestalten – mehr Qualität und Lebensraum .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                                 4
Dorfgrün – Teil der Geschichte .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                8
Grüne Freiräume im Dorf – ihre Bedeutung und Funktionen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 12
Der Ortsrand – Auftakt und Abschluss . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 14
Der Straßenraum – die grünen Linien im Dorf .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18
Blühflächen im und um das Dorf – bunte Lebensräume für alle .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
Himmelwärts in Grün – Fassadenbegrünung .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 26
Gärten, Vorgärten, Hofräume – die grünen Paradiese im Dorf .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 32
Öffentliche Plätze und Erholungsräume – besondere Orte für alle .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 42
Der Friedhof – lebendiger Ort des Gedenkens .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 46
Gehölze im Dorf – wertvolles grünes Erbe .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 52
Grün mobil – flexible Lebendigkeit .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 60
Wege im und um das Dorf .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 66
Wilde Ecken – unscheinbare Schatzkammern . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 68
Zäune, Mauern und Beläge – Material macht Qualität . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 70
Gutes Grün braucht gute Pflege . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 74
Anhang, Impressum .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 78

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Dorfgrün ist
    Lebensqualität

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Dorfgrün gestalten –
mehr qualität und Lebensraum
Oberfranken ist vielfältig. Jeder Landstrich ist von unterschiedlichen topografischen,   die sich mit der Gestaltung der Dörfer
klimatischen und kulturhistorischen Besonderheiten geprägt, die nicht nur die Land-      beschäftigen. Sie veranschaulicht, wie
schaften, sondern auch das Grün in den Dörfern und Siedlungen beeinflussen.              sich trotz des allzeit und allerorten
                                                                                         verfügbaren Angebotes eine Kultur
Das Dorfgrün spricht eine ganz indi-        Bezüge und die lokalen Bedingungen           der Grüngestaltung erhalten und ent-
viduelle Sprache, die sich aus den lo-      machen so manche Begrünungsformen            wickeln kann, die sich aus den dörfli-
kalen Gegebenheiten entwickelt hat.         nur an bestimmten Orten möglich.             chen Besonderheiten speist. Denn das
Obstkulturen, Land- und Waldwirt-                                                        macht das Dorfgrün weniger beliebig
                                            Die Broschüre DorfGrün Gestalten
schaft oder intensiver Gartenbau ha-                                                     und weniger unverbindlich, sondern
                                            soll daher gute Beispiele unterschied-
ben die Landschaft und die Ortsbilder                                                    vielmehr zum lebendigen Schatz der
                                            licher Begrünungsmöglichkeiten zei-
und damit auch das Grün im Dorf mit                                                      Dörfer, der eine unverwechselbare
                                            gen, soll Leitfaden und Inspiration für
ganz unterschiedlichen Eigenheiten                                                       Sprache spricht.
                                            Kommunen, Berater, Vereine, Initiati-
geprägt. Denn die engen regionalen
                                            ven, einzelne Bürger und alle die sein,

Dorfgrün bringt Leben und Farbe ...         ... es macht das Dorf unverwechselbar ...    ... und steckt voller Traditionen.

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Grün verwandelt
    Dorfbilder verändern sich. So sind
    gesellschaftliche und wirtschaftliche
    Entwicklungen und vor allem der
    Strukturwandel in der Landwirtschaft
    am Gesicht der Dörfer ablesbar. Die
    Grüngestaltung übernimmt heute zu-
    nehmend eine tragende Rolle dabei,
    das Ortsbild zu gestalten. Straßen und
    Plätze haben nicht mehr nur rein funk-
    tionale Aufgaben zu erfüllen, sondern
    werden zu Freiräumen, die das Bild des
    Dorfes neu prägen.
    Im Vergleich mit früheren Ansichten
    wird deutlich, wie sich das Dorfgrün
    verändert hat und wie kleinere und
    größere Grünmaßnahmen dazu beitra-
    gen, dass ein Ort lebendiger und damit
    auch als Wohnort attraktiver wird.

    Grün statt Asphalt schafft ein belebtes und
    freundliches Umfeld und gibt den Gebäuden
    einen passenden Rahmen.

    Wenn der Müllsammelplatz zum grünen
    Schmuckstück wird, gewinnt das gesamte
    Ortsbild.

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Zur Gebäudesanierung kommt die passende
Dorfbegrünung. Das gibt dem Straßenzug
sein ortstypisches Bild.

Mit dem Aufbrechen der Asphaltflächen
entstanden ganz neue Raumwirkungen.
Es reichen schon kleine Begrünungs-
maßnahmen, um solche Plätze zu beleben.

Mit mehr Raum für Grün werden Straßen-
räume gleich viel attraktiver.

Die Ortsdurchfahrt ist schmäler und grüner
geworden. Das gibt dem Straßenraum neue
Proportionen, in denen das Grün besser
wahrgenommen wird.

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Dorfgrün – Teil der Geschichte
    In fast jedem Ort gibt es besondere grüne Eigenheiten, die sich im Laufe der Jahrhun-   war meist im vorderen Bereich der
    derte entwickelt haben. Sie sind die Schätze, die Geschichten erzählen und Dorfgrün     Dreiseithöfe angelegt. Nach hinten
    unverwechselbar machen.                                                                 zum Ortsrand hin schloss der Hofraum
                                                                                            mit der Scheune ab, damit ergab sich
    Tanzlinden, Kräuteranbau, Obst- und         Das Grün der Dörfer hat sich in frü-        ein sogenannter „Scheunengürtel“ als
    Gemüsekulturen – viele lokale grüne         herer Zeit nicht an Trends orientiert,      Abschluss der Dorfbebauung. Diese
    Besonderheiten sind eng mit der Ge-         sondern aus der geografischen Lage,         Scheunenränder waren traditionell
    schichte und der Landschaft der Dörfer      der Siedlungsgeschichte und den Nut-        von Gras- oder Baumgärten umgür-
    verwoben und haben dort ihre Spuren         zungsformen der Umgebung entwi-             tet. Ende des 18. Jahrhunderts wurden
    hinterlassen. So erzählen zum Beispiel      ckelt. Deshalb hat es im Fichtelgebirge     daraus Obstgärten, die das Dorf vie-
    die Kirschbäume rund um Forchheim           oder im Frankenwald auch ein anderes        lerorts bis heute umkränzen und den
    von der großen Tradition des Obstan-        Gesicht als in den Dörfern der Fränki-      Übergang zur Landschaft bilden.
    baus in der Fränkischen Schweiz und         schen Schweiz.
    im Kräuterdorf Nagel sind Wildkräuter                                                   Im Dorf selbst war für das Grün oft
                                                Die Dörfer reihen ihre Häuser giebel-       nur an der Fassade der Häuser oder im
    ein bewahrter und geschützter Schatz
                                                ständig zu geschlossenen Fronten an         Vorgarten Platz. Deshalb zeigen his-
    der Landschaft, der sogar zum Marken-
                                                der Straße entlang. Der Bauerngarten        torische Bilder kaum bunt und grün
    zeichen des Ortes wurde.

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gestaltete Straßenzüge, im Gegensatz            -bach, wie zum Beispiel in Heidelheim          zum Beispiel Eggolsheim im Landkreis
zu heute, wo sie für mehr gestalteri-           im Landkreis Wunsiedel. Diese inner-           Forchheim.
sche Qualität im Dorf sorgen sollen.            dörflichen Freiräume sind heute der
                                                                                               Auch Schlösser und Adelssitze haben
Gärten entstanden dort, wo Platz dafür          wertvolle grüne Dorfmittelpunkt mit
                                                                                               ihre Spuren in der grünen Geschich-
war, Bäume markierten und beschatte-            hoher Aufenthaltsqualität, wo sich die
                                                                                               te der Dörfer hinterlassen. Barock-
ten wichtige Plätze, und die Dorfflora          Dorfgemeinschaft unter großen Bäu-
                                                                                               gärten, Landschaftsgärten, Kloster-
am Wegrand wurde teilweise in der               men trifft.
                                                                                               gärten und Bürgerparks zeugen von
Küche verarbeitet und spielte in der
                                                Die Obstgärten waren dagegen die               historischer Gartenkunst und man-
Volksmedizin eine Rolle.
                                                Abrundung des Dorfes mit maxima-               cherorts ziehen sich Bau- und Grün-
Besondere Raumverhältnisse haben                ler Nutzungsmöglichkeit. Die Bäume             strukturen mit Platzgestaltungen,
aber auch besondere Grünstrukturen              lieferten das Obst, die Wiese war Wei-         Zufahrten, Alleen oder mächtigen Alt-
geschaffen. Die Dörfer, die auf den             de oder Grünland. Hier entstand ein            bäumen bis ins Ortsbild hinein.
Hochflächen des Frankenwaldes und               Genpool an Obstsorten, die perfekt
                                                                                               Wo die Schlossparks und -gärten
des Fichtelgebirges als Rodungsinseln           an die lokalen Standortverhältnisse
                                                                                               öffentlich zugänglich sind, bieten sie
entstanden sind, sind bis heute als             angepasst waren und sind, und die
                                                                                               wertvollen Erholungsraum für den Ort
Rundanger-, Quellhufen- oder Waldhu-            zu den wertvollsten Schätzen frän-
                                                                                               und nicht selten sind sie ein überregi-
fendörfer erkennbar. Dort gruppieren            kischer Kulturlandschaften gehören.
                                                                                               onal bedeutsamer touristischer Anzie-
sich die Häuser um den baumgesäum-              Manche Dörfer sind noch heute von
                                                                                               hungspunkt.
ten Dorfanger, oft mit Dorfteich oder           einem Obstbaumgürtel umgeben, wie

Tanzlinden haben eine einzigartige Tradition,   Typisch oberfränkisch: Der Ortsrand geht mit   Auch Schlösser und Schlossparks haben
die in Oberfranken lebendig gehalten wird.      Gärten und Obstwiesen in die Landschaft        Einfluss auf die Grünstrukturen in den
                                                über.                                          Dörfern genommen.

                                                                                                                                         9
Dorfgrün gestalten Mehr Grün. Mehr Leben - Ratgeber dorfgerechte Grüngestaltung für Oberfranken - Walkersbrunn
Historische Fotos und Luftbilder zei-         Nutzbarkeit. Um dabei der Beliebigkeit
                                                      gen, wie sich die Grünstrukturen im           des überall verfügbaren Angebotes zu
                                                      und um das Dorf herum entwickelt              entgehen, hilft es, die pflanzlichen Be-
                                                      haben. Dies offenbart oft so manchen          sonderheiten im Dorf zu erkunden, die
                                                      Verlust, aber vielmehr noch öffnet es         sich aus der Nutzung, der Geschichte,
                                                      einen anderen Blick auf die Räume und         aus Traditionen, Bräuchen und den Be-
                                                      auf die Funktionen im Dorf. Mit dem           dingungen der Landschaft entwickelt
                                                      Strukturwandel und gesellschaftlichen         haben. Sie können Leitgedanken oder
                                                      und wirtschaftlichen Veränderungen            Inspirationen sein, nicht selten liefern
                                                      in den Dörfern hat sich auch die Rolle        solche historische Vorbilder gute Ide-
                                                      des Grüns verändert und es erfüllt heu-       en und Begründungen für neue Grün-
                                                      te nicht nur funktionale, sondern wich-       maßnahmen im Ort. In jedem Fall gilt
                                                      tige gestalterische Aufgaben. Damit           es, sie individuell ins Heute zu überset-
                                                      rücken bei der Auswahl der Pflanzen           zen und so den Charakter der Grünge-
                                                      andere Kriterien in den Vordergrund           staltung dorfgerecht und zeitgemäß
                                                      als die bestmögliche Eignung oder             zu entwickeln.
Die freigelegten Reste der ehemaligen Burg-
                                                                                             anlage bewahren die Spuren der Geschichte
                                                                                             in Tüschnitz, Landkreis Kronach. Wo einst ein
                                                                                             Wasserschloss stand, ist heute eine wichtige
                                                                                             Grünfläche für den Ort entstanden.

Der Dorfanger in Steinbach an der Haide im   Wie ein Gürtel liegen Streuobstwiesen rund      Altes Kräuterwissen bleibt in Oberfranken
Landkreis Kronach ist schon seit über 200    um oberfränkische Dörfer. Doch wo neue          lebendig und wird in mehreren Kräuter-
Jahren ein Gemeinschaftsgarten, an dem       Siedlungsflächen entstehen, verschwinden        gärten und Schulungszentren gezeigt und
jede Familie im Dorf einen Anteil hat.       diese traditionellen Strukturen oft gänzlich.   weitergegeben.

                                                                                                                                             11
Grüne Freiräume im Dorf –
     ihre Bedeutung und Funktionen
     Das Bild der Dörfer und ihrer Freiräume war lange Zeit von landwirtschaftlichen Funk-   Doch die größte Herausforderung
     tionen geprägt. Doch heute sind Dörfer viel mehr. Sie sind Wohnorte, Erholungsorte,     dürfte wohl darin liegen, daraus eine
     oft auch Standorte für Unternehmen. Die dörflichen Freiräume müssen also andere         dorfgerechte Grüngestaltung abzu-
     Aufgaben erfüllen.                                                                      leiten, die sich an den Anforderungen
                                                                                             einer modernen Dorfgesellschaft ori-
     Freiräume erzählen viel von der Ge-         schen Funktionen, Erholungsräume,           entiert.
     schichte und den Traditionen eines          Orte der Kommunikation und Begeg-
     Dorfes. Aber die Bleiche ist längst kein    nung, sie tragen zur Ästhetik des Dor-      Spiel- und Sportplätze, zugängliche
     Ort mehr für die große Wäsche und           fes bei und sie bieten die Chance, das      Bach- und Flussufer, Verzahnung mit
     auch der Dorfanger hat als Viehweide        Bild des Dorfes zeitgemäß zu gestalten.     der umgebenden Landschaft, zentrale
     ausgedient. Vielmehr übernehmen die                                                     Treffpunkte, landwirtschaftlicher Ver-
                                                 Bei der Entwicklung der grünen Frei-        kehr im Ort und – nicht zu vergessen –
     Freiräume im und um das Dorf herum
                                                 flächen ist der Blick auf die historische   Parkplätze, die sich in das Ortsbild ein-
     Aufgaben, die maßgeblich zur Wohn-
                                                 Nutzung hilfreich, um ihre Bedeutung        fügen, das sind die Forderungen, die
     qualität im Ort beitragen. Sie sind
                                                 für das städtebauliche Raumkonzept          Freiflächen in einem Dorf mit Wohn-
     Lebensräume mit wichtigen ökologi-
                                                 zu bewahren.                                und Freizeitwert erfüllen müssen.

12
Freiräume im Dorf können prägend für das      Grüne Räume und Flächen gliedern
ganze Leben sein.                             das Dorf, sie betonen Besonderes, be-
                                              gleiten Wertvolles, verdecken manch-
                                              mal auch Unschönes und sie bieten
                                              Aufenthaltsqualität – kurz: Sie machen
                                              ein Dorf lebendig. Damit nicht genug.
                                              In der Grüngestaltung offenbart sich
                                              die Wertschätzung der ästhetischen
                                              und ökologischen Funktionen des
                                              Dorfgrüns. Sie zeigt die Bereitschaft
                                              der Dorfgemeinschaft, sich eine gute
Gärten und Grünräume bergen den Arten-        Gestaltung wertvoller Flächen zu leis-
reichtum und die lokalen Besonderheiten der   ten und sie zu pflegen. Dies erzählt
Region.                                       gleichzeitig viel davon, wie sich das
                                              Leben im Dorf anfühlt, wie die Ge-
                                              meinschaft funktioniert und welchen
                                              Stellenwert sie dem gemeinsamen
                                              Bemühen um das Ortsbild beimisst.

                                                Dorfgrün ist Aus-
Die grünen Erholungsräume sind maßgeblich
                                                druck individueller
für die Lebensqualität der gesamten Dorf-        Kulturgeschichte
gemeinschaft.
                                              Dorfgrün ist also mehr als die Gär-
                                              ten am Ortsrand oder die Linde in
                                              der Dorfmitte. Es ist Ausdruck der
                                              individuellen Kulturgeschichte und es
                                              macht ein Dorf in seiner Vielfalt nicht
                                              nur bunter, sondern als Wohnort noch
                                              attraktiver. Die Gestaltungswerkzeu-
                                              ge dafür sind zahlreich. Doch ob mit
Dorfgrün ist auch Kulturgeschichte mit        Gehölzen und Pflanzbeeten im öffent-
enormer kommunikativer Kraft.                 lichen Raum, ob mit der Gestaltung
                                              von privaten Hofräumen, Gärten und
                                              Vorgärten oder in der Überleitung des
                                              Ortsrandes zur Landschaft – ein Strick-
                                              muster dafür gibt es nicht. Welches
                                              Instrument in welcher lokalen Aus-
                                              formung das passende ist, das ist die
                                              spannende Aufgabe.

                                                                                        13
Der OrtsRand – Auftakt und Abschluss
     Der Ortsrand ist der räumliche Abschluss des Dorfes, gleichzeitig auch Eingang und   landschaftsgeschichte und sie tragen
     Willkommenstor. Er verzahnt das Dorf mit der umgebenden Landschaft und er ist der    zur Verbreitung regionaler Produkte
     Punkt, an dem das erste Bild der Ortschaft bewusst wahrgenommen wird.                bei. Unschlagbar sind sie als ökologisch
                                                                                          wertvolle Naturräume, denn sie bieten
     Damit dieses Bild ein freundliches ist,   thematische Verbindung zwischen            über 5000 Tier- und Pflanzenarten
     verdienen die Ortsränder eine sorg-       Dorf und Landschaft eingehen.              Lebensraum.
     fältige Gestaltung mit grünen Be-
     gleitern. So entstehen weiche und                                                    Blühwiesen am Ortsrand sind wichti-
                                               Die Verbindung zur Landschaft              ge Bausteine für die Artenvielfalt, die
     fließende Verzahnungen zwischen
     Bebauung und Landschaft. Ideal ist        Wo Obstwiesen oder sogar Obstgürtel        Dorf und Landschaft verbinden und
     eine Überleitung von den Ortsrän-         rund um das Dorf zum Bild der ober-        bestehende Biotopstrukturen in der
     dern in die Umgebung, die sich an den     fränkischen Kulturlandschaft gehören,      Umgebung vernetzen. Denn sie sind
     landschaftstypischen Strukturen wie       sind sie wertvolle Strukturen am Orts-     Nahrung, Nistplatz und Unterschlupf
     Obstbaumfeldern, Wiesen und Hecken        rand mit gleich mehrfachem Nutzen.         für unzählige heimische Tierarten.
     orientiert. Dafür gibt es verschiedene    Sie runden den Siedlungsbereich har-       Wichtig ist dabei, auf neu angesäten
     Gestaltungsmöglichkeiten, die je nach     monisch ab, fördern mit lokalen Obst-      Flächen gebietsheimisches Saatgut zu
     den lokalen Bedingungen eine enge         sorten die Vielfalt fränkischer Kultur-    verwenden.

14
Baumtore                                         Der Ortseingang
Baumtore bestehen aus großen Gehölzen,           Ein grüner und blühender Ortseingang
die links und rechts der Fahrbahn stehen und     sorgt für ein freundliches und bewuss-
den Straßenraum verengen. Sie markieren          tes Ankommen im Dorf. Und nicht
den Dorfeingang und sind die optische            nur dafür. Gerade an vielbefahrenen
Aufforderung an den Verkehr, die Geschwin-       Ortsdurchfahrten soll ja auch deutlich
digkeit zu drosseln.
                                                 werden, dass ab hier andere Geschwin-
                                                 digkeiten für den Verkehr gelten. Mar-
                                                 kante Grünstrukturen wie Baumtore
                                                 und -reihen unterstützen diese Wahr-
                                                 nehmung. Auch sind Bäume gerade
Baumreihen
                                                 dort, wo bauliche Strukturen am Orts-
Baumreihen lassen die Landschaft förmlich        rand den Dorfeingang aufweichen,
in das Dorf hineinfließen und verbinden den      eine gute Maßnahme, den Auftakt
Ortseingang mit der Umgebung als grünes          deutlich zu markieren.
Band.
                                                 Baumreihen entlang der Ortsstraße
                                                 schaffen einen harmonischen Über-
                                                 gang zur Landschaft, beleben das Ge-
                                                 samtbild und bieten eine großartige
                                                 Gelegenheit, charakteristische oder
                                                 lokal wichtige Baumarten im Dorf- und
Blühflächen                                      Landschaftsbild zu verankern. Dies
                                                 nicht nur an der Hauptstraße, sondern
Ein Anblick, der Mensch und Biene froh
macht. Blühstreifen am Dorfeingang sind
                                                 auch an Nebenstraßen, Rad- oder Wan-
das Gegenprogramm zu unbelebten                  derwegen. Blühend, fruchtend und
Straßenrändern und ein großer Gewinn             herbstfärbend sind sie unverwechsel-
für die Insektenvielfalt. Nicht nur die Imker    bare Begleiter, die den Dorfeingang
werden es danken.                                beleben.
                                                 Die Begrünung am Ortseingang kann
                                                 aber noch viel mehr. Denn sie ist tat-
                                                 sächlich der erste Eindruck, die be-
                                                 rühmte „Visitenkarte“, die das Dorf
Streuobstwiesen
                                                 nach außen zur Schau stellt. Wenn
Viele oberfränkische Dörfer waren und sind       Baumreihen, Blühstreifen und Pflanz-
von Streuobstgürteln umgeben. Sie gliedern       beete von außen bis in das Ortsinne-
die Ortsränder und verzahnen sie sanft mit       re hineinleiten, signalisieren sie ein
der Landschaft. Als Hort der Vielfalt sind sie   lebendiges, sympathisches Dorf, das
unverzichtbar.                                   Lebensräume für Menschen, Tiere und
                                                 Pflanzen gleichermaßen wertschätzt.

                                                                                          15
Typisch Oberfranken: Obstwiesen               gürtel, der Übergang in die Landschaft
                                                                                                   war fließend. Heute lösen sich diese
                                                     Der Obstbau hat seit Jahrhunderten            Strukturen mehr und mehr auf, den-
                                                     Tradition in Oberfranken, besonders           noch sind diese Verzahnungen von in-
                                                     in den Landkreisen Bamberg und                nen nach außen wichtige ökologische
                                                     Forchheim spielt er bis heute eine wirt-      Elemente für das Zusammenspiel von
                                                     schaftliche Rolle. Lange Zeit sicherte        Dorf und Landschaft. Denn Streuobst-
                                                     der Obstbau die Versorgung der Men-           wiesen sind Horte der Artenvielfalt,
                                                     schen, im 18. Jahrhundert schrieb so-         von und mit ihr leben Insekten, Vögel
                                                     gar eine Verordnung vor, dass jeder           und Säugetiere und sie bergen einen
                                                     Haushalt mindestens zwei Obstbäume            enormen Pflanzenreichtum. Nicht zu-
                                                     zu pflanzen und zu bewirtschaften             letzt erhalten sie den Genpool regio-
                                                     habe. Ungenutzte Gemeindeflächen              naler Obstsorten. Deshalb ist es umso
                                                     mussten mit Obstgehölzen bestückt             wichtiger, die Streuobstwiesen als Ab-
                                                     werden. So schlossen sich rund um die         rundung des Ortes und als fließenden
                                                     Dörfer Oberfrankens einst Obstwiesen,         Übergang zur Landschaft zu erhalten.
                                                     Obstäcker und -haine zu einem Grün-
Ortsränder sind wichtige Puffer zwischen
                                                                                           der Bebauung und der Landschaft und sie
                                                                                           vernetzen das Innen und Außen des Dorfes.
                                                                                           Typisch oberfränkische Ortsränder sind von
                                                                                           einem Riegel aus Scheunen umschlossen.
                                                                                           Baumwiesen leiten in die Landschaft über.

Artenreiche Blühstreifen sind für Insekten   Die Obstbaumblüte ist für Insekten eine der   Streuobstwiesen haben Mehrfachnutzen:
überlebensnotwendig. Außerdem sind sie       ersten und wichtigen Nahrungsquellen im       Sie liefern Obst und Heu, sind von höchstem
Bindeglieder zur Vernetzung von Biotopen.    Frühjahr.                                     ökologischen Nutzen und einfach wunder-
                                                                                           schön.

                                                                                                                                         17
Der Straßenraum
      ist die Visitenkarte
     des Ortes. Das fordert
     Schmuckstücke statt
          Begleitgrün.

18
Der StraSSenraum –
die grünen Linien im Dorf
                                                                                    Grün macht das Straßenbild lebendiger.
Die Dorfstraße ist heute weniger Kommunikationsraum als vielmehr Verkehrsfläche.
Ihre gestalterische Funktion für das Dorf ist daher umso größer. Dabei offenbaren
Straßenräume, Dorfplätze und Dorfanger den Stellenwert des Grüns im Ort und be-
stimmen die Aufenthaltsqualität der dörflichen Freiräume.
Dorfstraßen sind die Leitlinien im Ort,     Was das Gesamtbild schließlich rund
die die Struktur des Dorfes nachzeich-      macht, ist das Zusammenspiel, der
nen. In ihrem Verlauf und ihrer Di-         „grüne Faden“, der sich durch die
mension prägen sie das Ortsbild und         Dorfstraßen zieht. Denn zum Stra-
eröffnen mit all ihren Aufweitungen,        ßenraum gehören Haupt- und Ne-
Verengungen und Kurven laufend              benstraßen, kleine Gassen, Plätze,
neue Perspektiven.                          Fassaden und Vorgärten gleicherma-
                                            ßen. Dieser Faden ist das Konzept,
Gestalterisch muss der Straßenraum
                                            das den Bezug zur Landschaft oder zu    Zeitzeugen in Grün erzählen Dorfgeschichte.
die große Aufgabe erfüllen, dem Ort
                                            lokalen pflanzlichen Besonderheiten
ein ihm passendes Gesicht zu geben.
                                            aufnimmt. In Oberfranken sind das
Doch auch Dorfstraßen sind heute zu-
                                            neben Streuobstwiesen oft auch be-
nächst Verkehrsraum und Parkfläche,
                                            sondere Gehölze wie Walnussbäume,
sie müssen den Ort also in vielerlei Hin-
                                            Linden, Spalierbirnen oder auch be-
sicht erschließen. Sie bieten damit aber
                                            stimmte Kräuter, Wein oder Rosen. Sie
auch die Chance, prägende Grünstruk-
                                            erzählen Kulturlandschaftsgeschichte
turen zu etablieren, die ihre Funktion
                                            und mit der entsprechenden Sorten-
begleiten und gleichzeitig ein echter
                                            wahl, die mit den Verhältnissen im
Gewinn für das Ortsbild sind. Denn
                                            Straßenraum zurechtkommt, wird das
eine von Grün belebte Ortsdurchfahrt
                                            Ortsbild unverwechselbar.
spiegelt eine ganz andere Stimmung
im Dorf wider als eine Straße, deren
Bepflanzungen eher Verlegenheitslö-
sungen sind.                                                                        Großzügige Pflanzflächen zaubern attraktive
                                                                                    und lebendige Bilder ins Dorf.

                                                                                                                                  19
Viele Gestaltungsmöglichkeiten             Pflanzbeete
     Für die Gestaltung der dörflichen Stra-    Pflanzbeete sind die gestalterische
     ßenräume steht eine reiche Auswahl an      Kür, sie sind die Schmuckstücke, die
     Möglichkeiten zur Verfügung:               den Straßenraum erst so richtig
                                                freundlich machen. Deshalb brauchen
     Bäume und Baumreihen                       sie handfeste und fachlich qualifizierte
                                                Konzepte, die Attraktivität, Langlebig-
     Große Gehölze gliedern den Straßen-        keit und ein handhabbares Maß an
     raum und die Parkflächen, sie sorgen       Pflege sichern.
     für vertikale Strukturen und setzen
     Blick- und Orientierungspunkte. Als        Je mehr Platz die Beete bekommen,
     Zugabe schaffen sie jahreszeitlich         desto besser, das steigert die gesamte
     wechselnde Bilder, wenn sie blühen,        Wirkung der Pflanzung auf das Dorf-
     fruchten oder die Laubfarbe wechseln.      bild. Noch besser wird es, wenn sich
                                                eine Handschrift im Pflanzkonzept
     Einzelbäume oder Baumgruppen set-          durchzieht. Das kann ein Farbthema
     zen grüne Ausrufezeichen in den Stra-      sein, vielleicht taucht auch eine cha-     Ein stattlicher Baum ist prägend für den
     ßenraum. Baumreihen zeichnen den           rakteristische Pflanze des Ortes immer     gesamten Straßenraum und macht ihn
     Verlauf der Dorfstraße nach und bre-       wieder auf oder die Pflanzung wird mit     unverwechselbar.
     chen den unbelebten Charakter der          Wildstauden zum Insektenmagneten.
     Bebauung auf.

     Unterpflanzungen                           Vorgärten
     Eine Unterpflanzung der Gehölze, z.B.      Vorgärten bieten als halböffentliche
     mit Stauden, setzt zusätzliche Akzente     Bereiche großes Potential. Sie sind das
     und hält parkende Autos zumindest          Gesicht zur Straße, die grünen Extras
     einigermaßen auf Abstand. Nebenbei         im Straßenraum, die mit einer dorf-
     entstehen noch schöne Blütenaspekte,       typischen Gestaltung viel zum Wesen
     die den Straßenraum auf der unteren        des Ortsbildes beitragen.
     Blickebene beleben.
                                                Die Wirkung der Vorgärten ist deshalb
              Unser Tipp:                       nicht zu unterschätzen, denn das
                                                Engagement der Anlieger bei der
     Bei der Auswahl der passenden Ge-          Gestaltung kann für das Straßenbild
     hölzart sind zunächst die Standort-        entscheidend sein.
     verhältnisse als auch die Proportion im
                                                Eine gute, dorfgerechte Gartenkultur
     Straßenraum ausschlaggebend. Eine
                                                kann daher gut gelingen, wenn Ge-
     vielbefahrene Ortsdurchfahrt muss
                                                meinden oder Vereine bestimmte             Baumreihen zeichnen grüne Strukturen
     zuverlässig das Lichtraumprofil für
                                                Pflanzen oder Kulturformen fördern,        in den Ort und schaffen Plätze mit hoher
     große Fahrzeuge freihalten, deshalb sind
                                                Beratungen anbieten und Anreize            Aufenthaltsqualität.
     hier meist Gehölze mit kompakten Kro-
                                                schaffen, den Vorgarten nicht zur
     nen die Favoriten.
                                                Kieswüste zu machen.

20
Manchmal sind es die einfachen Dinge, die   Staudenpflanzungen sind langlebig und        Pflanzstreifen schaffen einen weichen
besondere Plätze schaffen. Der Sitzplatz    relativ pflegeleicht. Zudem bieten sie für   Übergang zwischen Privatflächen und
vor dem bunten Zaun macht das Ortsbild      jeden Standort die passenden Gestaltungs-    Straßenraum.
sympathisch.                                möglichkeiten.

Zwischen privat und öffentlich wird der     Grenzenlose Vorgärten mit Außenwirkung       Pflanzbeete müssen nicht immer sein: Auch
Übergang mit Pflanzflächen fließend.        beleben das Straßenbild.                     wilde Kräuter bereichern die dörfliche Flora.

                                                                                                                                         21
Unschlagbar im Straßenraum:
                                                                                                        Stauden
                                                                                                        Pflanzflächen im Straßenraum müssen
                                                                                                        einiges aushalten. Hitze, Trockenheit
                                                                                                        und Schatten genauso wie Streusalz,
                                                                                                        Hunde und Fahrspuren. Zum Glück
                                                                                                        erlaubt die große Welt der Stauden für
                                                                                                        fast jeden Standort eine Auswahl an
                                                                                                        mehrjährigen Pflanzen, die davon un-
                                                                                                        beeindruckt zauberhafte Blütenbilder
                                                                                                        in das Dorf malen. Mit einem eigenen
                                                                                                        dorftypischen Thema bekommen die
                                                                                                        Pflanzflächen einen engen Bezug zum
                                                                                                        Ort. Wo zum Beispiel der Kräuteranbau
                                                                                                        eine Rolle spielt, können Duft-, Heil-
                                                                                                        und Würzkräuter ein Leitgedanke für
                                                                                                        die Pflanzkonzeption sein, mit der die
                                                                                                        Besonderheit der Kulturlandschaft im
                                                                                                        Dorf sichtbar ist.

                                                                                                        In jedem Fall ist eine sorgfältige Zu-
                                                                                                        sammenstellung der Stauden erfor-
                                                                                                        derlich, die auf die Standortverhältnis-
                                                                                                        se und die Umgebung abgestimmt ist,
                                                                                                        und die vom Frühjahr bis zum Herbst
                                                                                                        immer wieder neue Blütenhöhepunkte
                                                                                                        setzt. Das sichert auch einen planbaren
                                                                                                        Pflegeaufwand, denn weder Bauhof
                                                                                                        noch Anlieger dürfen damit überfor-
                                                                                                        dert werden.
                                                                                                        Bewährte Kombinationen bieten Stauden-
                                                                                                        mischungen, wie sie von der Bayerischen
                                                                                                        Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau
                                                                                                        in Veitshöchheim (LWG) entwickelt wurden.
                                                                                                        Zum bekannten „Silbersommer“ haben sich
                                                                                                        noch weitere Mischungen für sonnige, halb-
     Stauden liefern zu jeder Jahreszeit attraktive   Hier wächst nichts, gibt‘s nicht. Mit der rich-   schattige und schattige Standorte aus Stau-
     Bilder. Außerdem sind sie wertvolle Lebens-      tigen Staude am passenden Standort lassen         den, Gräsern und Zwiebelblumen gesellt, mit
     räume für Insekten und Kleintiere.               sich qualitätvolle Lebensräume gestalten.         unterschiedlichen Schwerpunkten in Farb-
                                                                                                        konzept, Struktur oder Höhe. Im Anhang sind
                                                                                                        Links zu den Listen der LWG aufgeführt.

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Stauden für sonnige Standorte

                                      Eine Pflanzung lebt von der Dynamik.
                                      Und die entsteht durch schöne Farb-
                                      kombinationen und verschiedene
                                      Höhen der Stauden. Neben Rosen und
                                      Lavendel fügen sich viele altbekannte
                                      Stauden in das dörfliche Umfeld ein.
                                      Von links nach rechts: Perlkörbchen
                                      (Anaphalis triplinervis), Aster (Aster novae-
                                      angliae), Sonnenhut (Rudbeckia fulgida),
                                      Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea),
                                      Knautie (Knautia macedonica), Lein (Linum
                                      perenne).

Stauden für halbschattige Standorte
                                      Vor Mauern, Hauswänden, Hecken
                                      oder Gehölzen herrschen andere Licht-
                                      verhältnisse als im vollsonnigen Be-
                                      reich. Trotzdem ist das Blütenangebot
                                      vom Frühjahr bis zum Herbst attraktiv.
                                      Von links nach rechts: Herbstanemone
                                      (Anemone japonica), Christrose / Lenzrose
                                      (Helleborus x orientalis), Purpurglöckchen
                                      (Heuchera micrantha), Pfingstrose (Paeonia
                                      x lactiflora ‚White Wings‘), Kerzenknöterich
                                      (Bistorta amplexicaulis), Kaukasus-Storch-
                                      schnabel (Geranium renardii).

Stauden für schattige Standorte
                                      Schattige Beete sind etwas für Spezi-
                                      alisten unter den Stauden. Das Farb-
                                      angebot der Blüten ist zwar begrenzt,
                                      es dominieren aber helle, strahlende
                                      Töne mit starker Leuchtkraft und es
                                      punkten vor allem die Blattstrukturen.
                                      Von links nach rechts: Funkie (Hosta-Hybriden),
                                      Frühlings-Anemone (Anemone blanda),
                                      Kaukasus-Vergissmeinnicht (Brunnera macro-
                                      phylla), Akelei (Aquilegia vulgaris), Elfenblume
                                      (Epimedium ‚Frohnleiten‘), Waldglockenblume
                                      (Campanula latifolia var. macrantha).

                                                                                         23
Blühflächen im und um das Dorf –
     bunte Lebensräume für alle
     Sie bringen sirrende, summende und fröhlich bunte Lebensräume in das Dorf, sind ein   Damit sind sie eine echte Alternative
     Gewinn für die Artenvielfalt und das Gegenmittel zum Einheitsgrün. Denn Blühflä-      zu Rasenflächen, noch dazu fordern
     chen wechseln laufend ihr Kleid, es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Außerdem    sie im Vergleich nur einen Bruchteil an
     schaffen sie einen charmant fließenden Übergang zwischen Ort und Landschaft.          Aufwand.

     Für Bienen, Schmetterlinge und viele       extensive Maßnahmen. Was noch dazu         Die Saatgutmischungen dafür sind ar-
     andere Insekten und Tierarten sind ar-     kommt: Sie signalisieren gleichzeitig      tenreich und können je nach Standort-
     tenreiche Blühflächen oder auch Blüh-      schon im Umfeld des Dorfes, dass die       voraussetzungen im Dorf angepasst
     streifen eine wahre Festwiese. Weil sie    Vielfalt von Flora und Fauna einen         werden. Damit die heimische Insek-
     vom Frühjahr bis zum Herbst außer-         hohen Stellenwert im Ort genießt.          tenwelt bestmöglich davon profitiert,
     dem laufend neue Blütenbilder zeigen,                                                 ist regionales Saatgut die beste Wahl.
                                                Eine charmante Lösung sind Blüh-           Denn dieses enthält Pflanzenarten aus
     sind sie auch optisch eine willkomme-
                                                streifen mit insektenfreundlichen          der jeweiligen Gegend, mit denen die
     ne Bereicherung des Ortsbildes.
                                                Mischungen. Sie bringen eine bunte         Insekten auch etwas anfangen kön-
     Für die Förderung der Insektenwelt sind    Leichtigkeit, ökologische Vielfalt und     nen, und die mit den Standortverhält-
     solche Blütenstreifen einfache, pflege-    dorfgerechte Pflanzen in das Ortsbild.     nissen gut zurechtkommen.

24
Regionale Saatgutmischungen sind auf
                                                                                    die Standortverhältnisse der Gegend abge-
                                                                                    stimmt. In der mehrjährigen Blühfläche am
                                                                                    Ortsrand werden jährlich andere Pflanzen
                                                                                    die Oberhand gewinnen.

                                                                                    Gerade mehrjährige Mischungen ma-
                                                                                    chen es spannend, denn laufend be-
                                                                                    stimmen andere Blüten das Bild.
                                                                                    Die mehrjährigen Saatgutmischungen
                                                                                    verändern aber nicht nur von Monat
                                                                                    zu Monat, sondern auch jährlich ihr
                                                                                    Gesicht. Manche Blüten, die das Bild
                                                                                    im ersten Jahr bestimmt haben, ver-
                                                                                    schwinden ganz, dafür übernehmen
                                                                                    andere das Regiment. Diese Dynamik
                                                                                    gehört zum natürlichen Prozess und
                                                                                    fördert die Vielfalt. Doch ganz gleich,
                                                                                    ob größere Wiesenflächen angesät,
                                                                                    schmale Streifen zum „impfen“ be-
                                                                                    nachbarter Flächen eingebracht wer-
                                                                                    den, oder Blühinseln im Dorf entste-
Die Verbindung zwischen öffentlichem und   Blüten statt Rasen: Die Blühmischungen
                                                                                    hen – jede Fläche zählt und verbindet
privatem Raum wird mit Blühstreifen zum    geben dem Straßenraum ein überaus
Lebensraum für Insekten.                   freundliches Ansehen.
                                                                                    sich zu einem Netz an wertvollen Le-
                                                                                    bensräumen.

                                                                                                                                25
Fassadengrün
      wirkt temperatur-
     ausgleichend, bindet
      CO 2 und erhöht die
      Luftfeuchtigkeit.

26
Himmelwärts in Grün –
Fassadenbegrünung
                                                                                      Kletterrosen sind eine charmante Begrüßung.
Wo in den Dörfern wenig Freiraum für Begrünungen bleibt, erobern pflanzliche Klet-
terkünstler luftige Höhen. Das bringt Farbe und Lebendigkeit in Straßen und Gassen.
Schmale Gassen, Häuserfronten, die         Fachwerk- oder Schieferfassaden mit
direkt an den Straßenraum anschließen      kleinteiligen Details ist aber weniger
und nur wenige Freiflächen vor dem         oft mehr. Sie vertragen, wenn über-
Haus machen es in vielen fränkischen       haupt, eine deutlich zurückhaltendere
Dörfern nicht gerade einfach, beleben-     Begrünung, die ihren Besonderheiten
des Grün in den Ort zu bringen. Des-       keine Konkurrenz macht.
halb sind Fassadenbegrünungen eine
                                           Klassiker wie Rosen und Clematis sind
gute Lösung. Sie beanspruchen nur
                                           die häufigen und auch in raueren
wenig Pflanzfläche, zaubern aber ma-
                                           Lagen passenden Begleiter. Sie entfal-
ximale Schmuckwirkung in den Raum.
                                           ten eine enorme Wirkung auf den ge-
Selbst größte Kletterkünstler kommen                                                  Weinreben unterstreichen den Charakter
                                           samten Straßenraum, besonders dann,
mit kleinsten Öffnungen im Belag aus.                                                 der Fassade.
                                           wenn sie gleich mehrere Fassaden in
Dafür brauchen sie lediglich genügend
                                           der Straße zieren.
Substrat in der Tiefe und ein Rankge-
rüst, das ihren Klettereigenschaften       Spalierobst hat Tradition in vielen
entspricht.                                oberfränkischen Dörfern, dafür gibt es
                                           unterschiedliche Erziehungsformen,
Fassadenbegrünungen setzen Akzente
                                           die grafische Muster an die Fassade
im Straßenraum, sie betonen die Glie-
                                           zeichnen.
derung der Hausfront oder beleben
weniger attraktive Wände. Schlichte        Noch dazu belebt eine grüne Fassade
Fronten oder funktionale Nebenge-          sogar mehr als nur das Ortsbild. Vögel
bäude werden durch ein grünes oder         nisten gerne im dichten Grün und fin-
buntes Kleid oft zu richtigen Schmuck-     den dort viele Insekten, die auf ihrem
stücken. Für aufwändig gestaltete          Speisezettel stehen.
                                                                                      Auch Klettergerüste sind Teil der Fassaden-
                                                                                      gestaltung.

                                                                                                                                    27
Birnenspaliere gehören zu den traditionellen
                                                                                                Fassadenbegrünungen in Oberfranken.

     Wilder Wein malt idyllische Bilder – ganz     Federleicht wirkt die Rose an der Fassade,   Das leuchtende Grün nimmt der dunklen
     ohne Aufstiegshilfe. Doch er braucht immer    ganz besonders, weil die Farbe auf die       Schieferfassade die Schwere und verbindet
     wieder Zähmung, sonst erobert er Ritzen und   Eingangstür abgestimmt ist.                  sie mit der Umgebung.
     Regenrinnen. Ein regelmäßiger Rückschnitt
     ist unerlässlich.

28
Clematis, wie die Waldreben genannt
                                                                                          werden, gibt es in einer riesigen Sorten-
                                                                                          vielfalt. Einfache Blütenformen fügen sich
                                                                                          besonders gut in die dörflichen Szenerien
                                                                                          und gelten auch in Gegenden mit rauerem
                                                                                          Klima als relativ robust.

Von Efeu begrüßt: Solange der immergrüne   Der Wilde Wein bricht die scharfe Kante des    Wo es schattig bleibt, übernehmen Kletter-
Selbstkletterer im Zaum gehalten wird,     Gebäudes und verbindet die Materialien der     hortensien die blumige Flankierung der
eignet er sich auch als Eingangsrahmen.    Fassade. Allerdings darf er sich nicht unter   Fassade.
                                           die Schiefervertäfelung ausbreiten.

                                                                                                                                       29
Hopfen ist eine mehrjährige Staude, die
                                                                                                    sich im Winter zurückzieht und im Frühjahr
                                                                                                    wieder austreibt. Dann erobern die Triebe
                                                                                                    schnell wieder luftige Höhen. Dafür brauchen
                                                                                                    sie meist nur eine einfache Drahtkonstruktion
                                                                                                    als Rankhilfe.

                                                                                                               Unser Tipp:
                                                                                                    Kletterpflanzen, die an Gerüsten oder
                                                                                                    Drahtseilen emporwachsen, kommen
                                                                                                    mit der Fassade nicht in Berührung und
                                                                                                    hinterlassen deshalb auch keinerlei
                                                                                                    Rückstände an der Wand. Sie klettern
                                                                                                    ausschließlich am Gerüst entlang und
                                                                                                    können bei Bedarf mitsamt der Kon-
                                                                                                    struktion einfach wieder entfernt werden.

     Klettergerüste sind ein zusätzliches Fassaden-   Mit dem entsprechenden Klettergerüst lassen   Pfeifenwinden wachsen säulenartig nach
     element. Umso wichtiger ist es, sie sorgfältig   sich Rosen und andere Kletterer so formen,    oben und eignen sich bestens zum Betonen
     in der Materialwahl und der Proportion           wie es dem Anlass entspricht.                 einzelner Elemente. Schattenverträglich sind
     darauf abzustimmen.                                                                            sie auch noch.

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Ideal für die Fassadenbegrünung:           Echter Wein           Sonne           Ranker, je nach Erzie-
Schlinger oder Ranker                      Vitis vinifera                        hungsform bis 10 m
                                                                                 hoch
Die meisten Kletterpflanzen brauchen
ein Gerüst, das sie in luftige Höhen
begleitet. Deshalb muss es dem Klet-
terverhalten der Pflanze entsprechen.
Schlinger wie Hopfen oder Geißblatt        Hopfen                Sonne bis       Einjähriger Schlinger,
winden sich mit ihren Trieben um das       Humulus lupulus       Halbschatten    extrem schnellwüchsig,
                                                                                 bis zu 12 m hoch
Klettergerüst herum. Das gelingt ih-
nen am besten an Konstruktionen, die
senkrecht an der Fassade verlaufen.
Ranker wie Weinreben oder Clema-
tis bilden dagegen extra Ranktriebe        Spalierbirne          Sonne           Braucht Rankhilfe und
aus, die sie korkenzieherartig um das                                            sorgfältige Erziehungs-
                                                                                 form, geeignete Sorten
Gerüst wickeln. Deshalb brauchen sie
                                                                                 wählen
zusätzliche Querverbindungen in der
Kletterhilfe. Die schätzen übrigens
auch Kletterrosen, die als Spreizklimmer
ihre Triebe gerne im Gerüst einhaken.      Clematis, Italie-     Halbschatten    Ranker, bis 5 m hoch,
                                           nische Waldrebe                       weniger krankheits-
                                           Clematis viticella                    anfällig als großblumige
                                                                                 Clematis
Wichtig: Die Klettergerüste brauchen
10 bis 15 cm Abstand von der Fassade
und müssen so stabil dimensioniert
                                           Geißblatt,            Sonne bis       Schlinger, je nach Art
sein, dass sie das Gewicht der Pflan-
                                           Jelängerjelieber      Halbschatten    und Sorte 3 bis 6 m
ze tragen können. Insgesamt prägen         Lonicera                              hoch, attraktive, duften-
Holzkonstruktionen und aufwändige                                                de Blüten
Metallgerüste das Fassadenbild stär-
ker, Konstruktionen aus Stahlseil blei-
ben dagegen etwas unauffälliger.
                                           Kletterrose           Sonne           Spreizklimmer, braucht
Selbstklimmer wie Efeu oder Wilder         Rosa spec.,                           stabiles Gerüst, große
Wein kommen dagegen ganz ohne              z.B. ‚Sympathie‘,                     Vielfalt an Farben und
Hilfe nach oben, denn sie halten sich      ‚Santana‘ und viele                   Blütenformen, bis 3 m
mit Haftwurzeln oder -scheiben fest.       andere Sorten                         hoch, Rambler-Rosen
                                                                                 bis 10 m
Doch Vorsicht: Sie überziehen zwar in
kürzester Zeit große Flächen, machen       Wilder Wein           Sonne bis       Selbstklimmer, 10 bis
aber auch vor Regenrinnen, Dachfirs-       Parthenocissus        Halbschatten/   15 m hoch, orange- bis
ten und Fensteröffnungen nicht Halt.       quinquefolia oder     Schatten        scharlachrote Herbst-
Deshalb eignen sie sich nur für wirklich   P. tricuspidata                       färbung
intakte Mauern oder Wände, wo sie
sich auch gut zügeln lassen.

                                                                                                             31
Gärten
      machen glücklich.
     Und das Dorf schön.

32
Gärten, Vorgärten, Hofräume –
die grünen Paradiese im Dorf
Gärten geben dem Dorf ein Gesicht, ganz gleich ob im Ortskern, am Rand oder in den      Wenn sie dabei die Materialien und
Siedlungsräumen. Sie sind bunte Hotspots, sowohl für das gesamte Dorfbild als auch      gartenkulturellen Schätze ihrer Region
für die ökologische Vielfalt im Ort.                                                    bergen, dann sichern sie das grüne
                                                                                        Erbe des Dorfes, das den Bedürfnissen
Doch Gärten im Dorf sind heute zuneh-     Doch bleiben damit dorftypische Ma-           heutiger Gartenbesitzer gerecht wird.
mend Erholungsraum. Nicht überall         terialien, pflanzliche Besonderheiten
behalten die Nutzgartenstrukturen am      und nicht zuletzt kostbares Gärtner-          Schließlich ist das Leben im Dorf meist
Ortsrand ihre Selbstverständlichkeit,     wissen auf der Strecke. Die Gärten im         mit dem Wunsch nach Individualität,
denn auch im ländlichen Raum orien-       Dorf aber sind die Schatzkammern,             gesunder Ernährung und einem grü-
tieren sich die Gärten ganz stark am      mehr noch, sie sind die grünen Salons,        nen Umfeld verbunden. Wo, wenn
Zauberwort „pflegeleicht“. Das macht      in denen regionale Gartenkultur aus-          nicht im eigenen Garten könnte das
es zwar einfach, die Gestaltung der       getauscht und weitergetragen wird.            Angebot dafür besser sein? Mit Blick
Hausgärten dem landauf landab verfüg-     Deshalb dürfen und sollen sie auch            auf die Besonderheiten der Umge-
baren und – ja – auch austauschbaren      den Stempel ihrer Zeit und ihrer Gärt-        bung wird daraus ein Gewinn für das
Angebot von der Stange anzupassen.        ner tragen.                                   gesamte Dorfbild.

Gärten verbinden Menschen.                Vorgärten sind das Bindeglied ins Dorfgrün.   Die Artenvielfalt gewinnt durch die Gärten.

                                                                                                                                      33
Doch was prägt die Gartenkultur einer        offenbaren sogar noch die typischen
     Region, eines Dorfes? Auch hier ist der      Materialien der Landschaft.
     Blick in die Kulturlandschaft, in die His-
                                                  Gärten im Dorf bedeuten aber nicht
     torie oder auch in das örtliche Brauch-
                                                  nur bauerngartenähnliche Strukturen.
     tum hilfreich. Nicht selten finden sich
                                                  Moderne Gartengestaltungen mit einer
     hier Ankerpunkte, die es wert sind, dar-
                                                  schlichten und klaren Formensprache
     aus dorftypische pflanzliche Besonder-
                                                  fügen sich genauso und zeitgemäß in
     heiten abzuleiten. Besondere Gehölze
                                                  das Dorfbild ein, wenn Material- und
     in der Flur? Traditioneller Heilkräuter-
                                                  Pflanzenauswahl die Sprache der lo-
     anbau auf den Feldern? Ein Botaniker
                                                  kalen Gartenkultur sprechen. Ganz all-
     in der Dorfgeschichte? Daran lässt sich
                                                  gemein gewinnen die Gärten im Dorf
     anknüpfen, besonders, wenn Kommu-
                                                  schon damit: Weniger (giftige) Thuja,
     nen oder Vereine sich des Themas an-
                                                  dafür mehr (lecker essbare) Wildge-
     nehmen und gezielt fördern.
                                                  hölze, weniger Bambus, dafür mehr
     Dazu kommt die Verbindung mit der            Stauden und Sommerblumen und we-
     regionalen Baukultur. Ortstypische,          niger der doch nicht so pflegeleichten
                                                                                                    Gute Pflanzkonzepte, schlichte, wertige
     wertige Gestaltungselemente in gu-           Rasenflächen und dafür mehr blüten-
                                                                                                    Baumaterialien und Gartenräume, die zum
     ter handwerklicher Qualität machen           reiche, insektenfreundliche Wiesen-
                                                                                                    Rückzug einladen – da bleibt jeder gerne im
     Hof und Garten unverwechselbar und           mischungen.                                       Grünen sitzen.

     Eine große Vielfalt an Stauden im Garten     Von wegen Bauerngarten. Auch der ländliche        Strikte Trennung von Nutz- und Ziergarten
     sorgt für dauerhafte Blütenbilder vom        Garten hat einen Anspruch auf moderne             war gestern. Heute ist das Gemüse Teil der
     Frühling bis in den Herbst.                  Gartenkultur, die sich mit einer qualitätvollen   Gestaltung. Das garantiert außerdem einen
                                                  Gestaltung in die Umgebung einfügt.               kurzen Weg zum Grill.

34
Wasser ist auch im Garten ein großes
                                                                                           Thema, Teiche und Wasserläufe sind
                                                                                           beliebte Gestaltungselemente. Doch
                                                                                           gerade im niederschlagsarmen Fran-
                                                                                           ken ist die Regenwassernutzung von
                                                                                           enormer Bedeutung, um den Garten
                                                                                           umweltgerecht, ressourcenschonend
                                                                                           und wirtschaftlich bestellen zu kön-
                                                                                           nen. Brunnen, Zisternen oder Ver-
                                                                                           sickerungsmulden sind da eine gute
                                                                                           Lösung. Wo das nicht möglich ist,
                                                                                           bleibt zumindest die gute alte Regen-
                                                                                           tonne als Wasserspeicher, um Trocken-
                                                                                           perioden überbrücken zu können.

Gartenteiche sind Biotope, die Lebensraum    Wasser im Garten ist nicht nur zum Gießen     Wasser ist kostbar, erst recht in regenarmen
für Tiere und Pflanzen bieten und damit      wichtig. Sogar mit einem Mini-Teich entste-   Gebieten. Wassersammler spielen deshalb
den Speisezettel vieler Vögel und Insekten   hen wertvolle Lebensräume für Pflanzen und    wichtige Rollen – auch gestalterisch.
bereichern.                                  Tiere.

                                                                                                                                          35
Nutzgärten
     Wo sich größere Nutzgartenstrukturen
     an den Ortsrändern auflösen, ver-
     schwindet auch Wissen und Erfahrung.
     Doch das zunehmende Interesse an
     gesunder Ernährung und lokalen
     Gemüsesorten macht den Hausgarten
     zu einem idealen Botschafter für die
     Selbstversorgung. Zwar stehen Gemü-
     se- und Obstgärten bei neuen Bauvor-
     haben im Siedlungsbereich nicht im-
     mer oben auf der Wunschliste für die
     Gartennutzung. Doch vielerorts tragen
     Gartenbauvereine und lokale Initiati-
     ven viel dazu bei, dem Nutzgarten wie-
     der zu einem guten Image zu verhelfen
                                                   Die dörflichen Nutzgärten sind Schatzkam-      Nutzbeete sind nicht nur funktional. Sie
     und ihn als wertvollen Pluspunkt für          mern der Vielfalt. Hier haben sich Gemüse-     können auch strukturgebende Aufgaben
     das Leben im Dorf zu begreifen.               und Obstsorten erhalten, die perfekt an die    erfüllen und die Gestaltung des Gartens auf
                                                   lokalen Standortverhältnisse angepasst sind.   besondere Weise prägen.

     Die traditionellen Pflanzen aus dem Bauern-   Nutzgärten sind Grünstrukturen für den Ort.    In vielen Dörfer schließen Nutzgärten den
     garten gehören zum Nutzgarten dazu. Denn      Wo sie sich auflösen, können dennoch wert-     Siedlungsbereich ab und leiten fließend in
     sie übernehmen auch ökologische Funktionen    volle Blühflächen entstehen.                   die Landschaft über.
     als Pollen- und Nektarspender für Insekten.

36
Mehr Blüten, mehr Insekten. Je unterschied-    Ein Gartenteich ist ein Biotop, das Lebens-     Küchen- und Wildkräuter sind für Mensch
licher die Lebensräume im Garten sind, desto   raum für Tiere und Pflanzen bietet. Vögel und   und Tier gleichermaßen wertvoll. Insekten
besser für Biene, Hummel und Co.               Insekten können sich hier nach Herzenslust      wissen ein paar wilde Ecken im Garten sehr
                                               bedienen.                                       zu schätzen.

Insektenfreundliche Gärten
Gärten sind Lebensräume und je viel-
fältiger sie sind, desto größer ist die
Artenvielfalt. Heimische Insekten und
Kleintiere finden in einem reich struk-
turierten Garten mit standorttypischen
Pflanzen genau die Nahrung und Nist-
plätze, die sie brauchen. Eine möglichst
große Vielfalt an Stauden, Sommer-
blumen, Zwiebelblumen, Obst- und
Wildgehölzen mit unterschiedlichen
Blütezeiten sichert nämlich das Ange-
bot an Pollen und Nektar vom zeitigen
Frühjahr bis in den Herbst. Ganz wich-
tig: Nur ungefüllte Blütenformen sind
für Insekten nutzbar. Gefüllte Blüten
                                               Besser ungefüllt, dann ist der kostbare         Bunt und vielfältig und ein möglichst
haben keine Staubblätter und damit             Blüteninhalt auch für Insekten nutzbar.         pausenloses Blütenangebot, solche Gärten
auch keine Pollen im Angebot. Und in                                                           fördern die Artenvielfalt.
den dichten Blütenblättern kommen
Insekten kaum an den Nektar heran.

                                                                                                                                            37
Vorgärten
     Ob klein oder groß, ob handtuchschmal
     am Straßenrand oder großer Auftakt
     zum Haus – Vorgärten sind ein unver-
     zichtbarer Teil des Ortsbildes. Jeder
     einzelne trägt dazu bei, das Dorf ein
     bisschen grüner und blühender zu
     machen und jeder einzelne gibt ein
     wenig von seinen Besitzern preis. Denn
     eine sorgfältige Pflanzenauswahl und
     die Verwendung wertiger Materialien
     zeugt auch von hoher Wertschätzung
     und Verbundenheit für das eigene
     Dorf. Der Vorgarten wird damit zu
     einem grünen Geschenk an den Ort,
     das für Lebendigkeit sorgt. Kies und
     grober Schotter erreichen so eine an-
     sprechende Wirkung nie.

     Vorgärten sind mehr als nur Garnitur. Sie ver-   Je offener der Vorgarten in den Straßenraum   Ein fast fließender Übergang macht den
     binden privaten und öffentlichen Raum und        ragt, desto größer ist die Wirkung auf das    Vorgarten zum Teil des Dorfgrüns, besonders
     sind die grüne Klammer für das Straßenbild.      gesamte Ortsbild.                             mit einem durchgehenden Farbkonzept.

38
Hofräume
Neue Nutzungsformen von landwirt-
schaftlichen Anwesen bieten die Chan-
ce, auch den Hofraum zu überdenken.
Traditionelle Bauweisen und Materi-
alien sind meist gute Vorbilder dafür,
die Gestaltung modern zu übersetzen
und weiterzuführen. Eine Gliederung,
die den Rhythmus und die Struktur
der Gebäude aufnimmt, schafft har-
monische und einladende Flächen.
Wenn dann noch versiegelte Bereiche
aufgebrochen werden, entstehen ganz
neue Qualitäten der Hofräume, die den
Wohnwert und das Dorfbild gleicher-
maßen aufwerten.
                                                Pflanzbeete und ein Hofbaum – schon werden       So wenig Versiegelung wie möglich, dann
                                                große, offene Flächen zu angenehmen              gewinnen Hofräume auch schon mit wenig
                                                Räumen.                                          Grünstruktur.

Manchmal braucht es nicht viel, um die          Qualitätvolle Materialien und unterschiedliche   Die wenigen Pflanzflächen und die vertikalen
Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Ein Sitzplatz   Höhenstaffelungen bringen Dynamik in das         Strukturen mit Kletterpflanzen genügen
im Grünen ist fast schon ein Garant dafür.      Gesamtbild.                                      schon, um den Hofraum zu beleben.

                                                                                                                                                39
Kräutergärten und Pfarrgärten                anderen Dörfern betreiben Obst- und
                                                  Gartenbauvereine öffentliche Kräuter-
     In Oberfranken wird die Tradition der        und Lehrgärten. Diese Kräutervielfalt
     Kräutergärten sorgfältig gepflegt. Im        ist vielerorts ein Ansatz für eine indivi-
     „Kräuterdorf“ Nagel hat sich ein gan-        duelle Gartenkultur.
     zer Ort dem Thema verschrieben, dort
     gibt es sogar ein Schulungzentrum für        Auch Pfarrgärten gelten als Schatz-
     Kräuterkundige. In Teuschnitz hat es         kammern der Gartenkultur. Sie waren
     sich die Arnika-Akademie zur Aufga-          zunächst die Lebensgrundlage für den
     be gemacht, jahrhundertealtes Wissen         Pfarrhaushalt. Weil sich viele Pfarrer
     über Kräuter zu sammeln und weiter-          und Pastoren einst intensiv mit Bota-
     zugeben. Mehr noch: Der wertvolle            nik, Pflanzenzüchtung und Veredelung
     Wissensschatz verknüpft sich dort mit        beschäftigt haben und sowohl Wissen
     aktuellen wissenschaftlichen Erkennt-        als auch Pflanzenmaterial mit ihren
     nissen, um ihn auch für Naturmedizin,        Kollegen tauschten, sind in so man-
     Kosmetik und Kulinarik zu nutzen.            chem Pfarrgarten neue Apfel-, Birnen-
                                                  oder Rosensorten entstanden, die von
     In Himmelkron, Langenstadt, Neudros-         dort aus in die Gärten der Umgebung
                                                                                                Pfarrgärten waren einst Experimentierraum
     senfeld, Mannsgereuth, Höchstädt,                                                          für Neuzüchtungen. In Trunstadt im Land-
                                                  gelangten.                                    kreis Bamberg ist der Pfarrgarten heute noch
     Weißenstadt, Schmölz und einigen
                                                                                                erhalten.

     Der Kräutergarten in Teuschnitz, Landkreis   In Neudrossenfeld im Landkreis Kulmbach       Der Kräutergarten Langenstadt im Landkreis
     Kronach, verknüpft den Anbau und die         orientiert sich die Gestaltung des Kräuter-   Kulmbach präsentiert siebzig Pflanzen der
     Wissenvermittlung über Kräuter mit moder-    gartens an der klassischen Beetaufteilung     Klostergärten.
     ner Landschaftsarchitektur.                  der Klostergärten.

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Bürgerengagement macht so manches           Vereinsgärten oder Gemeinschaftsgärten   Wo Ideenreichtum und die Kreativität
Dorfgrün möglich, wenn alle mit anpacken.   bieten auch Erfahrungsaustausch und      sprießen, profitiert das gesamte Dorfgrün.
                                            Begegnungsräume.

Gemeinschaftsgärten
Ein Stück besonderer Gartenkultur hat
sich Steinbach an der Haide im Land-
kreis Kronach bewahrt. Dort hat fast
jede Familie einen Anteil am großen
Gemeinschaftsgarten mitten im Ort –
und das schon seit Jahrhunderten. Das
macht aus dem Dorf einen blühenden
Bauerngarten, in dem alles wachsen
darf, was den Steinbachern gefällt
und schmeckt. Dieses großflächige
Dorfgrün belebt das gesamte Ortsbild.
Mehr noch: Das gemeinschaftliche
Gärtnern ist fest im Dorfleben veran-
kert und hat einen großen Anteil an
der Lebensqualität für Jung und Alt in
dem kleinen Dorf. Leerstehende Häu-
ser kennt man in Steinbach nicht, das
Dorfgrün scheint einen erheblichen
Anteil daran zu haben.

                                                                                                                                  41
Öffentliche Plätze und Erholungsräume –
     Besondere Orte für alle
     Dorfplätze sind wichtige Orte für die Dorfgemeinschaft. Einst waren sie das Kommu-      Damit die öffentlichen Plätze auch tat-
     nikationszentrum mit vielen Funktionen. Heute spielt der Dorfplatz als Freiraum, als    sächlich genutzte Räume sind, müs-
     Treffpunkt und als Ort für Veranstaltungen und Feste eine wichtige räumliche, gestal-   sen sie einige Grundvoraussetzungen
     terische und nach wie vor soziale Rolle.                                                erfüllen. Funktionale Festplätze, an
                                                                                             denen die Kirchweih und all die wich-
     Nicht nur der zentrale Dorfplatz macht      viel dazu beitragen, dass sich Jung und     tigen Feierlichkeiten im Dorf stattfin-
     die Qualität der öffentlichen Räume         Alt gerne dort aufhalten und Leben im       den, brauchen Platz. Trotzdem verdie-
     aus, oft sind es die kleinen Plätze, die    Dorf sichtbar machen.                       nen sie eine gute Gestaltung, die große
     sich aus der baulichen Struktur oder                                                    gliedernde Gehölze nicht als Hinder-
                                                 Vielerorts sind mit Unterstützung
     aus Gewohnheiten heraus zum Treff-                                                      nis, sondern als Bereicherung für die
                                                 der Dorferneuerung und der Städte-
     punkt für bestimmte Nutzergruppen                                                       Umgebung auch außerhalb der Feste
                                                 bauförderung neue Dorfplätze und
     entwickelt haben. Senioren, Familien                                                    versteht. Der Charme des dörflichen
                                                 Erholungsräume entstanden. Bei die-
     mit Kindern, Jugendliche – sie alle be-                                                 Lebens lässt sich aber oft am besten an
                                                 sen Verfahren entwickeln die Bürger
     vorzugen unterschiedliche Orte. Ein                                                     den vielen kleineren öffentlichen Plät-
                                                 gemeinsam Ideen und Konzepte und
     Dorf, das Freiräume in guter gestalte-                                                  zen genießen. Das können der Spiel-
                                                 bringen sich in die Umsetzung ein.
     rischer Qualität anbietet, kann damit
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