ECO - STAY CURIOUS Greenabler

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ECO - STAY CURIOUS Greenabler
ECO
             DA S MAGA ZIN DE S DÜRR-KONZERNS 2023

  STAY CURIOUS
Greenabler       Nächste Station: Ausland            Verstecktes Juwel
  Seite 12               Seite 24                         Seite 38
ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Inhalt

                        INHALT

S TAY C U R I O U S                                     Klima, Fakten und
                                                            Emotionen
Kleine Kinder haben viele F     ­ ragen.        Worüber sprechen Dürr-­Vorstandschef
                                                      Dr. Jochen Weyrauch und
Alles, was neu und unbekannt ist,               ­Jungunternehmerin Hannah Helmke?
                                                                  Seite 4
weckt ihre Neugier. ­Diesen Ent­
deckerdrang sollten wir nicht                   Ein Kompass für den Konzern
                                              Wie kommt man gemeinsam zu einem Leit-

­verlieren. Indem wir beobachten,                bild für das gesamte Unternehmen?
                                                                  Seite 8

 staunen, hinter­fragen und aus­­
 probieren, wechseln wir die Pers­
 pektive, betreten Neuland, gelangen
 zu spannenden Erkenntnissen
 und steigern unsere K    ­ reativität.        24
                                               Nächste Station:
 Im Dürr-­Konzern gibt es viel Raum            Ausland

   für Neugier. Sie ist ­unser Antrieb
                                                             Greenabler
 für Innovation und Fortschritt und              Wie funktioniert eine Lackieranlage
                                                        mit null Emissionen?
 prägt unser unternehmerisches                                    Seite 12

 ­Denken und Handeln. Wir sind der                           Trendsetter

  ­Meinung: Wer seine Neugier b    ­ ehält,            Welche Autofarben sind in
                                                          ­Zukunft ­angesagt?

   bleibt nicht stehen.                                           Seite 18

                                               Im Rahmen der Nachhaltigkeit
                                                  Nach welchen grünen Grund­sätzen ­
                                                  finanziert sich der Dürr-Konzern?
                                                                  Seite 22

2                                                          ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
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Inhalt

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  Verstecktes Juwel

      Nächste Station: Ausland                        Elektrisierende Kontakte
            Wie erleben Trainees                    Welche Rolle spielt die Dürr-Tochter
        ihren Aufenthalt in Übersee?                ­Teamtechnik bei der Energiewende?
                      Seite 24                                    Seite 32

            Tanz der Farben                               Verstecktes Juwel
      Wie bringt man 125 Jahre Dürr-­              Welcher Hidden Champion erobert vom
        Geschichte auf die Bühne?                    Schwarzwald aus den Weltmarkt?        Na so was!
                      Seite 28                                    Seite 38                 Warum findet man bei einem Ma-
                                                                                           schinen- und Anlagenbauer einen
                                                                                           vierbeinigen Mitarbeiter und kilo-
       Punktlandung ist Pflicht                         Tschüss Zettelchaos!               weise Walnüsse? Die Antwort auf
Warum kommt es beim Bau von ­Lackierereien           Was tun, wenn in der Schreinerei      diese und weitere kuriose Fragen
    auf gutes Projekt­management an?                       der ­Überblick fehlt?           finden Sie in unserem Magazin.
                      Seite 30                                   Seite 43

                                                    Goldrausch im Holzhausbau

                                         28
                                 Tanz der Farben
                                                         Wie entwickelt sich die
                                                       Baubranche in Nordamerika
                                                        trotz Fachkräftemangel?
                                                                 Seite 44

                                                            Kurz berichtet
                                                                 Seite 48

                                                         Unternehmensprofil
                                                           und Impressum
                                                                  Seite 51

                                                                                           ECO-MAGA ZIN IM WEB
                                                                                           Die Web-Version finden Sie hier:
                                                                                           www.durr-group.com/de/duerrmore/
                                                                                           stay-curious

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                             3
ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Unterwegs mit Dr. Jochen Weyrauch

      Klima,
    Fakten und
    Emotionen
                     DR. JOCHEN WE YR AUCH TRIFFT HANNAH HELMKE

          Der Kampf gegen den Klimawandel ist die größte
             ­Menschheitsaufgabe unserer Zeit. Um ­dieser
            ­Heraus­forderung zu begegnen, brauchen Unter­
        nehmen neue, manchmal ausgefallene Ideen. ­Deshalb
         trifft ­Dürr-­Vorstandschef Dr. Jochen Weyrauch die
          ­Unter­nehmerin Hannah Helmke. Gemeinsam mit
        ihrem Team bei right° hat die 34-jährige G  ­ ründerin
           ein Berechnungs­modell entwickelt, das Konzerne
              ­anspornen soll, ihren CO₂-Ausstoß zu senken.
         Ein Dialog über die Macht von Zahlen und Gefühlen.

                 AUFGE ZEICHNE T VON: HEIMO FISCHER — FOTOS: SA SCH A FEUSTER

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ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Unterwegs mit Dr. Jochen Weyrauch
ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Unterwegs mit Dr. Jochen Weyrauch

                                             Jochen Weyrauch Schön, dass Sie heute hier           H Das Unternehmen habe ich mit Sebastian
                                             sind und wir uns austauschen. Ich will mehr          Müller gegründet, der zugleich mein Lebens­
                                             über Ihr Unter­nehmen right° wissen. Sie bieten      partner ist. Wir teilen die Idee, unser Leben frei
                                             eine Software an, die Unternehmen unmiss­            zu gestalten. Ein eigenes Unternehmen sehen
                                             verständlich zeigt, wie stark sie das Klima          wir als höchste Stufe der Freiheit. Sebastian hat
                                             beeinflussen. Das ist ein wichtiges Thema. Es        während der Gründungsphase erst mal weiter als
                                             brennt nicht nur uns, sondern auch unseren           Jurist gearbeitet. Als wir den Eindruck hatten,
                                             Aktionären und Kunden unter den Nägeln. Wie          das Unternehmen gibt uns genug Sicherheit, hat
DAS MACHT RIGHT°                             ist die Geschäftsidee entstanden?                    er die Kanzlei verlassen und ist voll eingestiegen.
                                             Hannah Helmke Ich hatte mich schon vor               W Ist es unter diesen Bedingungen nicht schwer,
Kern des Geschäfts der Firma right° ist
                                             mehr als zehn Jahren gefragt, wie sich ein           Berufliches und Privates zu trennen?
ein Modell, das errechnet, wie stark
ein Unter­nehmen das Klima beeinflusst.
                                             besseres Verständnis für die Folgen des Klima­       H Am Anfang war das nicht einfach. Wir haben
Mit einer ein­fachen Grad­­zahl beant­       wandels in die Unternehmenswelt tragen lässt.        in Frankfurt in einem Industrieloft gewohnt
wortet es die Frage, wie sehr sich die       Da bin ich auf ein Papier der Großbank HSBC          und gearbeitet. Manchmal fanden dort Firmen-­
Erde erwärmen würde, wenn die ganze          gestoßen. Es erklärte, warum es auch ­finanziell     events mit 60 Personen statt. Unseren offenen
Welt die gleiche Klima-­Performance
                                             gefährlich ist, weiter fossile Brennstoffe zu ver­   Schlafbereich haben wir solange zugestellt.
hätte wie dieses Unternehmen. Mess­latte
für gutes oder schlechtes Abschneiden
                                             feuern. Ich war begeistert. Endlich brachte          Als Gäste und Catering weg waren, haben wir
ist das im Pariser Abkommen fest­            jemand das Thema für die Kapitalmärkte ver­          gemerkt, wie schwierig es ist, im Kopf wieder im
gelegte T­ emperaturziel. Es besagt, dass    ständlich auf den Punkt. Daraus entstand die         Privatleben anzukommen. Mittlerweile können
der menschengemachte Temperatur­             Idee, ein wissenschaftlich robustes Rechen­          wir besser damit umgehen.
anstieg gegenüber dem vorindustriellen
                                             modell zu entwickeln, mit dem Unternehmen            W Der Klimawandel gilt als größtes Prob­
Niveau auf höchstens 1,5 Grad begrenzt
werden soll. Liegt die Klimawirkung
                                             ihre Exposition gegenüber Klimarisiken jeder­        lem unserer Zeit. Viele Menschen fühlen sich
eines Unter­nehmens deutlich darüber,        zeit messen können. Bei meinen damaligen             ohnmächtig. Sie hingegen gehen aktiv auf die
gilt es als nicht zukunftsfähig.             Arbeit­gebern ist es mir nicht gelungen, das Vor­    Unternehmen zu. Was genau bieten Sie an?
                                             haben umzusetzen. Ich war aber so getrieben          H Wir zeigen Firmen, um wie viel Grad sich
Das Modell basiert auf den aktuellen
                                             von dieser Idee, dass ich nicht anders konnte, als   die Erde erwärmen würde, wenn die ganze Welt
Erkenntnissen der Klimawissenschaft.
Bestandteil ist ein Klimamodell, das
                                             ein eigenes Unter­nehmen zu gründen.                 genauso handeln würde wie sie selbst. Wenn
auch der Weltklimarat IPCC verwendet.        W Wie ist die Gründung abgelaufen? Sie haben         wir einem Geschäftsführer sagen, dass sein
Die grundlegende Methodik hat ein            das Unternehmen mit einem Partner aufgebaut.         Unternehmen das im Pariser Abkommen ver­
Begutachtungs­verfahren durchlaufen,         Gab es da eine Arbeitsteilung?                       einbarte Temperaturziel nicht erreicht, dann
um die wissenschaftliche Qualität zu
prüfen. Kunden können eine Basis­
version der Software kostenlos nutzen.
Für eine umfassendere Analyse müssen
sie eine Lizenz kaufen.

                    HANNAH HELMKE
              Die 1988 geborene Unter­
         nehmerin studierte Psychologie
            und Inter­­national Business.
           Vor der Gründung von right°
       ­arbeitete sie für einen IT-Dienst­
     leister und die Deutsche Post/DHL.

           DR. JOCHEN WEYRAUCH
     Der Wirtschaftsingenieur hat viele
       Jahre in der Automobilwirtschaft
      sowie anderen Industriebranchen
         gearbeitet und war als Private-
      Equity-­­Berater und Investor tätig.
    Seit 2017 sitzt Weyrauch im Vor­stand
     der Dürr AG, den er seit 2022 führt.

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Unterwegs mit Dr. Jochen Weyrauch

packen wir ihn bei seinem Ehrgeiz. Vielleicht
reagiert er wütend oder ärgerlich. Diese Emo­
tionen sind wichtig. Wir nutzen sie als Tür­
öffner, um in einen sachlichen Austausch zu
kommen und ein Umdenken herbeizuführen.
                                                                     „Ich bin selbst
W Wir im Dürr-Konzern kaufen seit 2022
in Deutschland nur noch Grünstrom, ab die­
                                                                      oft wütend –
sem Jahr wird das weltweit der Fall sein. Wir
bauen auch die Photovoltaik aus und werden
                                                                      weil so viele
bald nur noch elektrische Dienstwagen fahren.
Mit Ihrem Rechenmodell könnte unser Unter­
                                                                      Dinge so viel
nehmen also zu jedem Zeitpunkt sehen, was
welche Maßnahme im Hinblick auf die Verein­
                                                                      besser laufen
barkeit mit dem globalen 1,5-Grad-Ziel bringt?
H Genau das. Und je nach Branche verstehen
                                                                      könnten.“
manche Entscheidungsträger erst dann, dass
sie ihr Geschäftsmodell anpassen müssen, um
die Zukunft ihres Unternehmens nicht aufs
Spiel zu setzen.
W Sie verfolgen mit Ihrer Geschäftsidee einen                                                  Unternehmerin
sachlichen Ansatz, betonen aber auch die Ge­fühle                                         Hannah Helmke beim
als Motor menschlichen Handelns. Was denken                                              Gespräch in Frankfurt.
Sie über Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die
emotional und zum Teil radikal agieren?
H Es steht mir nicht zu, das zu bewerten. Die
Menschen, die in Lützerath und anderswo blo­
ckieren und protestieren, fühlen sich hilflos und    W Ich denke, die Entwicklung zum nach­                 Risiken eingegangen. Mitte der 2000er-Jahre
versuchen, mit ihrer Wut umzugehen. Das ver­         haltigen Unternehmen wird diese Zeit p   ­ rägen.      habe ich als Manager das von mir damals
stehe ich, denn ich bin selbst oft wütend – weil     Schließlich hat Dürr mit seinen Produkten              geführte Unternehmen zusammen mit wei­
so viele Dinge so viel besser laufen könnten. Ich    wirkungsvolle Hebel. Lackieranlagen stehen           teren Investoren gekauft, es einige Jahre geleitet
habe mich aber entschieden, meine Wut in kon­        für fast die Hälfte des in einer Automobil­          und weiterentwickelt. Anschließend war ich
struktive Energie umzuwandeln, um ein System         fabrik entstehenden ­Treibhausgases. Heute           als selbstständiger Berater und Investor in der
zu verbessern, das ich verbesserungs­würdig finde.   ist es technisch möglich, diese Emissionen auf       Private-­Equity-Branche tätig.
W Da gebe ich Ihnen weitgehend Recht. Zwar           null runter­zufahren, beispielsweise indem man       H Sie haben vorhin angedeutet, dass Sie viel
muss selbst ein berechtigter Protest Grenzen         Anlagen von Gas auf grünen Strom umstellt.           über die Folgen des Klimawandels nachden­
haben. Aber ich denke auch, dass oft erst Emo­       Gerade bauen wir in Ungarn die erste klima­          ken. Sehen Sie das Thema auch als intellektuelle
tionen die Dinge in Bewegung bringen und den         neutrale Lackiererei. Natürlich entscheiden          ­Herausforderung?
Weg für Sachargumente ebnen. Und wenn ich            letztlich die Kunden, ob sie sich eine saubere        W Auf jeden Fall! Ich liebe es zu lernen. Sehr
Sie richtig verstanden habe, wollen Sie auf diese    Anlage leisten wollen.                                gern auch von jungen Leuten aus unserem
Weise unser Wirtschaftssystem von innen her­         H Sollen also die Kunden die Richtschnur              Unternehmen. In den Gesprächen geht es oft
aus verändern.                                       Ihres Handelns bestimmen oder wollen Sie das          zur Sache. Das finde ich gut. Als intellektuelle
H Genau, es hat keinen Zweck, gegen das System       selbst machen?                                        ­Herausforderung sehe ich in dem Zusammen­
zu kämpfen, sondern man muss lernen, mit ihm         W Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den CO₂-­            hang auch den Einsatz von digitalen Werk­
zu arbeiten. Auch deshalb versuche ich zu ver­       Ausstoß unserer Lieferkette und die Emis­              zeugen. Durch sie erhalten wir Hinweise, wie
stehen, wie Unternehmen und Manager ticken.          sionen, die durch die Nutzung unserer Produkte         wir unseren Treibhausgasausstoß weiter ver­
Dazu passt meine Frage an Sie: Wie be­einflusst      ent­stehen, bis 2030 um mindestens 15 Prozent          mindern können. Wie wichtig das ist, beweist
der Klimawandel Ihr persönliches Verhalten?          zu senken. Möglicherweise müssen wir dafür             Ihr Geschäftsmodell – zu dem ich übrigens noch
W Ich gebe zu, dass ich privat nicht immer total     Aufträge ablehnen, wenn die gewünschten An­­           eine Frage habe: Wo wollen Sie in fünf Jahren
nachhaltig unterwegs bin. Ich esse Fleisch und       lagen moderne Umweltstandards nicht erfüllen.          stehen? Haben Sie eine Vision?
bin leidenschaftlicher Pilot. Aber das Thema         H Wollten Sie auch mal ein eigenes Unterneh­           H Klar. Wir wollen der Standard sein, mit dem
arbeitet seit Längerem in mir, als Privat­person     men gründen?                                           man die Klimawirkung eines Unternehmens
und als Vorstandsvorsitzender.                       W Ja, aber in anderer Form als Sie. Nach dem           misst, steuert und kommuniziert. Außerdem
H Wir sind bezüglich Klima im Jetzt-oder-Nie-        Abitur habe ich eine Zeit lang überlegt, in Paris      haben Sebastian und ich die Vision, dass wir
Moment. In ihrer Position können Sie also viel       ein Motorradgeschäft zu eröffnen. Von der              in fünf Jahren durch und mit right° unsere
bewirken. Für was soll Ihre Zeit als Konzernchef     Idee habe ich mich aber schnell verabschiedet.         persönliche Freiheit und Unabhängigkeit voll
einmal stehen?                                       Danach bin ich zumindest unternehmerische              ausleben können.

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                                         7
ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Ein Kompass
       FÜR DEN
     KONZERN
     Was macht den Dürr-Konzern aus? Welche Werte und welchen Auftrag
     haben wir? Antworten auf diese Fragen können einem Unter­nehmen
     nicht übergestülpt werden. Sie müssen aus der Organisation selbst
     kommen und von der Belegschaft mitgetragen werden. Deshalb wurde
     im Dürr-Konzern unter umfassender Beteiligung der Mitarbeiterinnen
     und Mitarbeiter ein gemeinsames Leitbild entwickelt.
     T E X T: S T E P H A N K Ö H N L E I N — F O T O S : S A S C H A F E U S T E R

8                                                                                     ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Ein Kompass für den Konzern

                                                                                                MACIEJ STAJEWSKI,
                                                                                                GESCHÄFTSFÜHRER HOMAG POLSK A

                                             „Durch meinen Beitrag konnte
                                         ich einen kleinen ‚persönlichen Stein‘
                                            in das Fundament des gesamten
                                                 Unternehmens legen.“

„Ich verstehe das
 gemein­schaftlich ent-
 wickelte Leitbild als
 Teil einer modernen
 Unternehmenskultur,
 in der die Einbindung
 der Beschäftigten, ihre
 individuelle Entfaltung
 und eine gemeinsame
 Wertebasis im Mittel-
 punkt stehen.“
   DR. JOCHEN WEYRAUCH,
   CEO DÜRR AG

                                            Wenn Kommunikationschef Andreas Schaller           Prioritäten Orientierung geben. „So einen Pro­
                                            auf den Prozess der vergangenen Monate             zess vollzieht man nicht einfach im kleinen
                                            zurückblickt, staunt er noch immer über das        Kreis von oben nach unten“, betont Projektlei­
                                            große Engagement, mit dem sich viele Kolle­        ter Schaller. Deshalb habe man sich dazu ent­
                                            ginnen und Kollegen in das Projekt eingebracht     schlossen, mit Hans-Wilhelm Eckert und Jut­
                                            haben. Den Stein ins Rollen brachte der Vor­       ta-Anna Schroer externe Expertise ins Boot zu
                                            standsvorsitzende Dr. Jochen Weyrauch, der         holen.
                                            bei seinem Amtsantritt Anfang 2022 die Ausar­
                                            beitung eines Leitbilds für den Konzern anregte.   Kernaufgabe des Beraterduos war es, in die
                                            Mitte des Jahres nahm das Projekt dann richtig     Organisation hineinzuhorchen und mit den Mit­
                                            Fahrt auf, als die gesamte Belegschaft eingela­    arbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch
                                            den wurde, sich an der Entwicklung der gemein­     zu kommen. Interviews wurden geplant, Work­
                                            samen Leitplanken zu beteiligen.                   shops angesetzt – in Präsenz an den Standorten
                                                                                               in Bietigheim, Schopfloch und Darmstadt sowie
                                            Das erklärte Ziel: eine realistische und glaub­    virtuell im Ausland. Die Liste mit Fragen, die
                                            würdige Definition von Vision, Mission, Wer­       Schroer und Eckert den Teilnehmerinnen und
            Woher kommen wir?               ten und Zweck (Purpose) des Unternehmens.          Teilnehmern stellten, war lang. Welche Höhe­
           Mithilfe eines Zeitstrahls       Diese vier Aspekte sollen in Zukunft eine ver­     punkte, Tiefpunkte und Wendepunkte gab es
           ­beschäftigten sich die
                                            lässliche Konstante für Kunden und Beleg­          in der Geschichte des Dürr-Konzerns? Was
            Workshop-Teilnehmenden
            mit wichtigen Ereig­nissen
                                            schaft darstellen, eine emotionale Bindung         hat das Unternehmen zu dem gemacht, was es
            der Unternehmens­               zum Unternehmen schaffen und beim Tref­            ist? Warum kommen Kunden, Fachkräfte und
            geschichte.                     fen von Entscheidungen und dem Setzen von          Investoren zu uns? Rund 80 Mitarbeiterinnen

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                          9
ECO - STAY CURIOUS Greenabler
Ein Kompass für den Konzern

           „Die Entwicklung unseres
             neuen Leitbilds soll kein
      ein­maliger Impuls bleiben, son-
          dern auch langfristig allen
       eine Orien­tierungshilfe dafür
        bieten, ­welche Kultur wir im
        Dürr-Konzern leben wollen.“
                     SANDRA SEISS,
                     2. BETRIEBSRATSVORSITZENDE
                     DÜRR SYSTEMS AG

                                                                                     „Die Teilnahme an dem Projekt
                                                                                  hat mich zum Nachdenken gebracht:
                                                                                   darüber, was ich im Unternehmen
                                                                                 bereits erlebt habe, wo die Stärken des
Jutta-Anna Schroer                                                              Konzerns liegen und wie wir gemeinsam
      Systemische Organisationsentwicklung                                         unsere Zukunft gestalten können.“
      und Managementberatung                                                                                YURONG K ANG,
                                                                                                            LEITERIN ADMINISTRATION
                                                                                                            & PERSONAL SCHENCK SHANGHAI
  Gemeinsam mit dem Kommunikations­
  berater Dr. Hans-Wilhelm Eckert be­glei­
 tete Jutta-Anna Schroer als externe
 Expertin die Entwicklung des Leitbilds im      und Mitarbeiter mit unterschiedlicher Her­            das Gefühl gehabt, dass da kein Hochglanz­
 Dürr-Konzern. Im ersten Gespräch mit           kunft, Funktion und Betriebszugehörigkeit             prospekt entstehen solle, sondern man es mit
 Andreas Schaller habe sie gleich gespürt,      sowie unterschiedlichem Alter lieferten auf           dem Herausarbeiten des Unternehmenskerns
 dass man mit dem Projekt eine nachhal­         diese Weise ersten Input für das zu erstellende       wirklich ernst meine. „Der partizipative Ansatz
 tige Wirkung anstrebe, so die studierte        Leitbild.                                             stand bei diesem Projekt von Beginn an klar im
 ­Psychologin und Soziologin. Schroer arbei­                                                          Vordergrund.“
  tet seit 1999 als Beraterin für Organisa­     In einer Analysephase wurden die Workshop-
  tions- und Personalentwicklung, Trainerin     und Interviewergebnisse dann verdichtet. Auf          In den kommenden Monaten steht der Roll-
  und Coach. Seit 2009 ist sie selbstständig.   dieser Grundlage entstanden erste Formu­              out des Leitbilds im Konzern an. Damit ist
  An der Ludwig-Maximilians-Universität         lie­rungsvorschläge, die nach einer Abstim­           der Prozess jedoch noch nicht abgeschlossen.
  München, der Albert-Ludwigs-Univer­           mungsschleife mit dem Management Board in             ­„Kulturentwicklung ist keine Kurzstrecke, son­
  sität Freiburg und der European Business      ­physischen und virtuellen Feedback-Foren mit          dern ein Marathon“, weiß Schroer. Dazu gehört,
  School in Oestrich-Winkel hat Schroer          der gesamten Belegschaft diskutiert w  ­ urden.       dass man im Dialog immer wieder prüft, wo man
  zudem Themen wie Systemische Organisa­         „Das Echo war sehr positiv. Die Kolleginnen           steht und ob das Leitbild tatsächlich gelebt wird.
  tionsberatung oder Konfliktmanagement          und Kollegen fanden es gut, dass ihre Meinung         Doch der Aufwand lohnt sich, wie Schroer mit
  gelehrt. „Das Werden und Wandeln von           gefragt war und sie mitgestalten konnten“,            Verweis auf wissenschaftliche Studien erklärt:
  Menschen zu unterstützen, Teams in ihrer       sagt Schaller. Schroer ergänzt: „Mit der Frage,       Purpose-orientierte Unternehmen sind dem­
  Entwicklung zu begleiten und Organisa­         was den Dürr-­Konzern ausmacht und welche             nach innovativer als andere, gewinnen leichter
  tionen vitalisierende Impulse zu geben, ist    Art von Kulturentwicklung das Unternehmen             Fachkräfte und zeigen sich in Krisen deutlich
  mir ein zentrales Anliegen“, sagt sie.         braucht, um für die Zukunft gut gerüstet zu sein,     widerstandsfähiger.
                                                 haben wir bei vielen offene Türen eingerannt.“

                                                Seit über 20 Jahren begleitet Schroer Unterneh­                    Wie sieht das Leitbild des
                                                                                                                   ­Dürr-­Konzern aus? Das Ergebnis
                                                men bei der Organisationsentwicklung und im
                                                                                                                    der Teamarbeit finden Sie hier:
                                                Change-Management. „Ich frage mich bei mei­                         www.durr-group.com/de/
                                                nen Projekten immer, ob sie nach­­haltig konzi­                     duerrmore/stay-curious/
                                                piert sind“, sagt Schroer. Bei Dürr habe sie sofort                 ein-kompass-fuer-den-konzern

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STAY CURIOUS

Welcher
Dürr-­
Mitarbeiter

                                                                                      hat vier
                                                                                       Beine?
                              Schwarzes Fell, grüne Augen und weiße Schnurrhaare – bereits seit 2015 verstärkt
                              ­Kater Eddie Murph das Team von Dürr Brasil in São Paulo. Der Vierbeiner hat e
                                                                                                           ­ inen
                                    ­eigenen F
                                             ­ irmenausweis und ist dank Mitarbeiterzeitung und Social Media auch
                            ­international gut vernetzt. Seine Bewerbung damals: eher unkonventionell. Regelmäßig
                                über den Campus streunen reichte aus, um die Herzen der Mitarbeiterinnen und
                               Mitarbeiter zu erobern. Sein Job: kein Pfotenschlecken. Zwischen Sonnenbad und
                                            Schmuseeinheiten bleibt kaum noch Zeit für andere Aufgaben.

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                   11
Greenabler

Wir können
schon heute
Lackieranlagen
bauen, die komplett
mit elektrischer
Energie und ohne
fossile Brennstoffe
arbeiten.

Greenabler.
12             ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
Greenabler

Mit neuen Technologien ebnet Dürr den Weg zur klima­
neutralen Lackierung von Autos. Das Unternehmen setzt
dabei auf den intelligenten Einsatz von Energie und die
Elektrifizierung der Anlage.
T E X T: H E I M O F I S C H E R — F O T O S : D Ü R R

Die Farbe macht das Auto zwar nicht schnel­              Wieland ist Senior Manager im Forschungs-
ler oder wendiger. Trotzdem wird niemand                 und Entwicklungsteam. Seit 1991 arbeitet er bei
bestreiten, dass der Lack die Schönheit eines            Dürr. Genauso lange befasst er sich bereits mit
Fahrzeugs unterstreicht. Deshalb verwenden               dem Thema Energieeffizienz. „Das ist nach wie
Hersteller viel Mühe auf diesen Produktions­             vor einer der wichtigsten Innovations­treiber“,
abschnitt. Die Karosserie wird gereinigt, sie            so der Entwicklungsingenieur. Ins­besondere
kommt in ein Tauchbad, dann wird sie mehr­               angesichts der hohen Energiepreise haben die
mals lackiert, zwischendurch getrocknet. Kein            Automobilhersteller großes Interesse daran,
Wunder, dass mehr als 40 Prozent der in einem            ihre Betriebskosten unter Kontrolle zu halten.
Automobilwerk benötigten Energie auf die
Lackiererei entfallen. Das bedeutet aber auch:           Aktuell ebenfalls im Fokus: die Elektrifizierung

                                                                                                            19 %
Mit den richtigen Technologien kann Dürr als             aller Prozessschritte beim Lackieren. Dadurch      BIS ZU
Lackier­anlagenbauer einen großen Beitrag                erhalten Kunden die Möglichkeit, vom fossilen
zur Senkung des Treibhausgasausstoßes in der             Energieträger Gas unabhängig zu ­werden und
Automobil­industrie leisten.                             durch den Einsatz von Ökostrom ihre Anlage
                                                         klimafreundlich zu betreiben. „Viele Autoher­
Das Unternehmen entwickelt seit Jahren gezielt           steller haben sich eine CO₂-neutrale Produk­
Technologien, mit denen seine Kunden mög­                tion zum Ziel gesetzt“, so Wieland. „Wir unter­    Energieeinsparung
lichst nachhaltig produzieren können. Dietmar            stützen sie dabei mit den richtigen Lösungen.“     konnte Dürr in einem
                                                                                                            ­Kundenprojekt durch die
                                                                                                             Optimierung der Wärme-
                                                                                                             und Kälte­versorgung in
                                                                                                             der Lackieranlage erzielen.

                                                                                                            40 %
                                                                                                            weniger CO₂
                                                                                                            produziert die gesamte
                                                                                                            Lackiererei, wenn der elek­
                                                                                                            trische Trockner von Dürr mit
                                                                                                            Ökostrom betrieben wird.
Im Trockner EcoInCure strömt die heiße Luft ins Innere der Karosserie und sorgt so für eine optimale
Wärmeübertragung auf schwer zugängliche Teile.

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                      13
Greenabler

                :
     Das intelligente Energienetzwerk
     für die Lackieranlage
     Mit einem individuell optimierten Wärme-Kälte-Verbundsystem kann Dürr den
     Gesamtenergieverbrauch in der Lackiererei deutlich senken. Das innovative
     ­System Eco
             EcoQPower ermöglicht es Anlagenbetreibern, effizient zu elektrifizieren
     und damit vom fossilen Energieträger Gas unabhängig zu werden.

                    1. Klimabedingungen
                    Wie ist das standortspezifische
                    Klima? Außenbedingungen wie
                    Temperatur und Luftfeuchtigkeit
                    beeinflussen den Wärme- und
                    ­Kältebedarf in der Lackiererei.

                    2. Produktionseckdaten
                    Im nächsten Schritt werden unter
                    anderem Produktionskapazität
                    und -prozesse, die Fahrzeugtypen
                    und das Layout der Lackieranlage
                    berücksichtigt.

                    3. Wärme- und Kältebedarf
                     Mithilfe einer ­selbst ­entwickelten
                     Software ermittelt Dürr den
                     Bedarf an Wärme und Kälte in
                     Form eines sogenannten
                    ­Quellen-Senken-­Profils.

                    4. Optimale Temperaturniveaus
                                                                    Eco
                                                                    EcoQPower     basiert auf
                    Um die unterschiedlichen Prozess­               einer umfassenden Analyse
                    anforderungen der ­einzelnen                    des ­individuellen Wärme-
                    ­Anlagenkomponenten zu bedienen,                und Kältebedarfs einer
                     werden verschiedene Wärme- und                 Lackiererei. Es vernetzt alle
                     Kälteniveaus ­bereitgestellt.                  Komponenten so intelligent
                                                                    miteinander, dass nahezu
                                                                    keine Energie mehr unge-
                    5. Hardwarekomponenten                          nutzt bleibt.
                    Je nach Bedarf werden Warm- und
                    Kaltwassertanks, Kühltürme und
                    Wärmepumpen in die Lackiererei
                    integriert.

                    + Ökostrom
                    Durch den Einsatz von grünem
                    Strom können Autohersteller ihre
                    Lackiererei klimaneutral betreiben.

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Greenabler

Für einen deutschen Kunden baut Dürr gerade       Ein aus Keramikteilchen bestehendes Wärme­
die erste komplett elektrifizierte Lackier­       bett speichert während der Verbrennung große
anlage, die mit Ökostrom emissionsfrei betrie­    Mengen an Energie. Sobald ein elektrischer
ben werden kann. Von der Lackierkabine über       Erhitzer die Betriebstemperatur auf 900 Grad
die Applikationstechnik bis hin zu digitalen      erhöht hat, verläuft die Verbrennung der Schad­
Anwendungen: Überall setzt der Kunde auf          stoffe weitestgehend autotherm, also aus eige­
die neusten Innovationen des Maschinen- und       ner Kraft. „Dann muss kaum mehr Wärme von
Anlagenbauers. Selbst Karosserietrockner und      außen zugeführt werden“, erklärt Wieland. Die
Abluftreinigungssysteme werden nicht mit Gas,     Strommenge für den Start der Anlage lässt sich
sondern mit Strom beheizt.                        leicht mit erneuerbaren Energien decken.

Intelligente Lacktrocknung
Allein durch den Einsatz des elektrisch betrie­
benen Trockners EcoInCure lässt sich bei Ver­
wendung von Ökostrom der CO₂-Ausstoß der
gesamten Lackiererei um 40 Prozent senken.
Und das ist nicht der einzige Vorteil der neuen
                                                                 Wie entsteht Ökostrom?
Trocknergeneration. „Mittels Strömungssimu­                      Der Umstieg auf regenerative Energien spielt eine zentrale Rolle bei
lationen konnten wir beo­bachteten, dass die                     der Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase. Anders als bei fossilen
Karosserie schneller trocknet, wenn sie von                      Brennstoffen wie Kohle, Öl oder Erdgas entsteht bei der Erzeugung von
innen nach außen erwärmt wird“, berichtet                        Ökostrom weniger bis überhaupt kein CO₂. Die wichtigsten erneuerbaren
Wieland. Damit die heiße Luft für das Aus­                       Energiequellen im Überblick:
härten des Lacks gezielt durch die Öffnung
für die Windschutzscheibe strömen kann,
bewe­gen sich die Karosserien quer durch den                     Windkraft                              Sonnenenergie
Trocknertunnel. Das führt zu einer optimalen                     Windkraftanlagen nutzen den Auf-       Photovoltaikmodule auf dem Dach
Wärme­übertragung auf schwer zugängliche                         trieb, den der Wind beim Vorbei­       oder auf Freiflächen wandeln mit-
Teile. Besonders bei E-Autos ist das hilfreich.                  strömen an den Rotorblättern           hilfe von Halbleitern wie Silizium
Denn die strombetriebenen Fahrzeuge sind                         erzeugt. Er sorgt dafür, dass sich     das Sonnen­licht in elektrische
wegen der großen Batterie unterhalb des Tür­                     das Windrad dreht. Ein Generator       Energie um. Auch Wärme zum
einstiegs verstärkt. Diese sogenannten Schwel­                   wandelt die Kraft aus dieser Dreh-     Heizen oder zur Warmwasser­
ler trocknen im EcoInCure deutlich besser.                       bewegung in Strom um.                  bereitung kann durch die Sonnen­
                                                                                                        einstrahlung gewonnen werden.
Verbrennen ohne Flamme                                           Wasserkraft
Beim Trocknen der Karosserien entsteht                           In Wasserkraftwerken überträgt         Biomasse
Ab­luft, die Schadstoffe in Form von Lösemit­                    das fließende Wasser seine Bewe-       In Biogasanlagen sorgen spezielle
teln enthält. Um Menschen und Umwelt zu                          gungsenergie zunächst auf eine         Bakterien dafür, dass aus ­Pflanzen,
schützen, muss die Abluft gereinigt werden,                      Turbine und dann auf einen Gene-       Bioabfällen, Holz oder Gülle
bevor sie ins Freie gelangt. Eine bewährte                       rator, der sie in Strom umwandelt.     Gase entstehen. Verbrennt man
Methode ist das Verbrennen – effektiv, aber                      Mithilfe von Pumpspeicherkraft-        diese, lässt sich Strom ­erzeugen.
nicht optimal, wenn man seine Anlage beson­                      werken kann Wasserkraft auch als       ­Biomasse ist das Multitalent
ders umweltschonend betreiben möchte. Denn                       Energiespeicher genutzt werden.         unter den erneuerbaren Energien:
der Verbrennungsprozess kostet viel Energie,                                                             Sowohl Strom, Wärme als auch
meistens wird Gas dafür genutzt. Zudem ent­                      Erdwärme                                Treibstoffe können daraus gewon-
stehen durch die offene Flamme unerwünschte                      Die sehr hohen Temperaturen im          nen werden.
Nebenprodukte wie Stickoxide. Das geht aber                      Erdinneren erwärmen die oberen
auch anders. Dürr hat mit der Abluftreini­                       Erd­schichten und unterirdischen
gungsanlage Oxi.X RV eine elektrische und                        Wasserreservoirs. Mit Hilfe von Boh-
flammenlose Alternative im Portfolio.                            rungen wird diese Energie erschlos-
                                                                 sen und zur Strom- und insbeson-
                                                                 dere Wärmeerzeugung genutzt.

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                              15
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                                                                                es nicht alle benötigen“, so der 59-Jährige. Bei
                                                                                der Heiß­wasserversorgung einer L   ­ ackiererei
                                                                                orientiert man sich beispielsweise an dem
                                                                                besonders hohen Wärmebedarf der Zwischen­
                                                                                trockner. Dieser liegt bei rund 80 °C. Mit dem
                                                                                hoch­temperierten Wasser werden dann aber
                                                                                auch Lüftungsanlagen versorgt, die die Raum­
                                                                                luft auf lediglich 21 °C erwärmen müssen.

                                                                                Warum also nicht jeden Prozessschritt nur mit
                                                                                der Energiemenge und dem Temperaturniveau
                                                                                versorgen, das tatsächlich benötigt wird? Mit
 EXTREM EFFIZIENT:                                                              EcoQPower ist genau das möglich. Kälte und
 Ist die Abluft­reinigungs­                                                     Wärme werden dezentral in der Lackiererei
 anlage Oxi.X RV einmal auf
                                                                                elektrisch erzeugt. Außerdem verhindert das
­Betriebstemperatur, läuft
                                                                                intelligente System, dass Energie verloren geht.
 sie energetisch gesehen
 von selbst.                                                                    Zum Beispiel wird bei der kathodischen Tauch­
                                                                                lackierung Lack mithilfe von elektrischem
                               Grünes Nervensystem für                          Strom aufgetragen. Dabei entsteht Wärme, die
                               die Lackieranlage                                bislang ungenutzt blieb. EcoQPower nutzt diese
                               Als Systemanbieter nimmt Dürr auf dem Weg        und weitere Abwärmequellen und versorgt mit
                               zur nachhaltigen Lackiererei nicht nur ein­      der zurückgewonnenen Energie andere Berei­
                               zelne Prozesse und Produkte, sondern auch        che der Lackiererei.
                               die Anlage als Ganzes in den Blick. Jüngs­
                               tes ­Ergebnis und ein Meilenstein in Sachen      Bevor die Fachleute von Dürr eine neue Lackier­
                               Energie­effizienz: EcoQPower, ein individuell    anlage mit EcoQPower ausrüsten, müssen sie
                               für jede Lackiererei optimiertes Wärme-­Kälte-   die klimatischen Bedingungen des Standorts
                               Verbundsystem.                                   untersuchen. Schließlich ist es in den ­Tropen
                                                                                heißer und feuchter als in Skandinavien. Die
                               In Automobilwerken wird Energie bislang          dafür notwendigen Zahlen liefern Wetter­
                               zentral und oft nach dem Gießkannenprin­         stationen. Außerdem fließen Daten wie Pro­
                               zip bereitgestellt. „Das führt dazu, dass die    duktionsmenge und Fahrzeugtyp in die Rech­
                               meisten Prozessschritte mit dem gleichen         nung ein. Aus diesem Gesamtbild lässt sich
                                                                                ablesen, wie die Energieströme für einen mög­
                                                                                lichst e­ ffizienten Betrieb vernetzt werden müs­

                              „Viele Auto­
                                                                                sen. Auf dieser Basis werden Wärmepumpen,
                                                                                Warm- und Kaltwassertanks sowie Kühltürme
                                                                                installiert. Sie werden durch eine intelligente

                               hersteller                                       Software vernetzt – fertig ist das grüne Nerven­
                                                                                system der Lackiererei.

                               ­haben sich eine                                 Mit EcoQPower ist es Dürr gelungen, den

                                CO₂-neutrale                                      Energie­verbrauch einer Lackiererei um bis zu
                                                                                  19 % zu senken. Dadurch lassen sich die Mehr­

                                Produktion zum
                                                                                kosten für die teurere Energiequelle Strom
                                                                                ­größtenteils kompensieren. „Auch an Stand­

                                Ziel gesetzt.“
                                                                                 orten, die klimatisch ideal für den Betrieb einer
                                                                                 ­Lackiererei sind, können wir Energieeinspa­
                                                                                  rungen im zweistelligen Bereich erzielen“, fasst
                               DIETMAR WIELAND,                                   Wieland das Potenzial des innovativen Systems
                               SENIOR MANAGER IM F&E-TEAM VON DÜRR                zusammen.

16                                                                                            ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
Greenabler

        Alles auf grün
        Mit energie- und emissionsoptimierten Anlagen ermöglicht der Dürr-Konzern
        seinen Kunden nachhaltige Fertigungsprozesse – und konzentriert sich dabei auf

                                                                                              −12 %
        Branchen, die mit ihren klima­freundlichen Produkten die Transformation hin zu
        einer CO₂-freien Gesellschaft vorantreiben. Gleichzeitig verbessert das Unter­
        nehmen auch die eigene Klimabilanz.

                                      Nachhaltig bauen und wohnen                             Geringere Energieintensität
                                      Die Konzerntochter HOMAG baut                           Die Energieintensität des ­operativen
                                      das Geschäft mit Produktions­anlagen                    Geschäfts hat sich 2022 stark ver­
                                      für klima­freundliche Holzhäuser weiter                 bessert. Im Vergleich zum ­Vorjahr
                                      aus. ( Erfahren Sie mehr auf S. 44.)                    mussten 12 ­Prozent weniger ­Energie
                                      Auch bei der eigenen Stand­ort­                         eingesetzt werden, um eine M ­ illion
                                      entwicklung setzt man auf den nach­                     Euro Umsatz zu erzielen. Der
                                      haltigen Baustoff Holz.                                 Energie­verbrauch des Konzerns
                                                                                              stieg nur um 7 Prozent, obwohl der
                                                                                              Umsatz um 22 Prozent zunahm.

                          Nachhaltige ­Standortinvestitionen
                          2022 wurden Fabrik- und Büro­gebäude in Deutschland, China und
                          Spanien mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet. Vielerorts gingen
                          Lade­stationen für elektrische Firmen­autos in Betrieb. Die zum
                          ­Dürr-Konzern gehörenden Unter­nehmen in Deutschland, Indien,
                           Kanada, Mexiko, Brasilien und den USA beziehen seit 2022 nur
                           noch grünen Strom. Alle weiteren Standorte ziehen 2023 nach.
                           Der Konzernverbrauch von Öl- und Gas sank 2022 um 5 Prozent.

                                                       70 %
                                                         Klimaziele: Entwicklung
                                                         auf gutem Weg
                                                         2022 sanken die dem Unter-
                                                         nehmen direkt zurechenbaren
                                                         Treibhausgasemissionen um             Technologie für die
         Auf Elektromobilität                            43 ­Prozent. Verglichen mit 2019     ­Energiewende
        ­eingestellt                                     betrug der Rückgang 51 Prozent.      Der zum Dürr-Konzern gehörende
        Der Dürr-Konzern entwickelt spe­                 Damit übertraf der Dürr-Konzern      Automatisierungsspezialist Team-
        zielle Technologien für den Bau von              die angestrebten 40 Prozent und      technik erhielt 2022 den bisher größ-
        E-Autos. Beispiele sind Prüfstände               hat bereits jetzt den Großteil der   ten Auftrag über ­Produktionsanlagen
        für Elektromotoren und Fertigungs-               bis 2030 angestrebten Reduktion      für Solarmodule. ( Erfahren Sie
        technik für Batteriezellen.                      von 70 Prozent erreicht.             mehr auf S. 32.)

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                     17
Trendsetter

TREND
SETTER
Die passende Farbe unterstreicht den Charakter eines
Autos wie kein anderes Merkmal. Designer Mark Gutjahr
vom Lackspezialisten BASF erspürt mit seinem Team
Jahre im Voraus die Lacktrends der Fahrzeugindustrie.

T E X T: H E I M O F I S C H E R — B I L D M AT E R I A L : B A S F

                                                                       L A M B E N T E A RT H
                                                                      Oft sind nicht nur die neuen
                                                                      Farbtöne außergewöhnlich,
                                                                      ­sondern auch deren Namen.

18                                                                    ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
Trendsetter

                             Die Rohstoffe von Mark Gutjahr liegen auf dem
                             Arbeitstisch des Ateliers. Darunter ein paar
                             Kiesel­steine, bunte Papiere und eine leere italie­
                             nische Tomatenbüchse. Abfall? Keineswegs! Für
                             den Designer sind diese Gegenstände Zeugen
                             des Zeitgeists. Gutjahr und das globale Design­
                             team der BASF erforschen, welche Autolacke sich
                             die Kundschaft von morgen wünschen wird.

                             Denn der Lack auf den Autos soll noch Jahre
                             nach dem Kauf modern und nicht altbacken aus­
                             sehen. „Deshalb kommt es darauf an, langfristige
                             Trends zu erkennen und nicht jeder kurzlebigen
                             Mode hinterherzurennen“, sagt der 49-Jährige.
                             In einer alten Villa am Rande des Werksgeländes
                             in Münster gehen die Farben­-Fachleute dieser
                             Aufgabe nach. Stehen die Farbtöne der Zukunft
                             einmal fest, müssen im Labor die passenden
                             Rezepturen für einen applikationsfähigen Lack
                             entwickelt werden. Drei bis fünf Jahre dauert
                             dieser Prozess.

                             Gutjahr stellt fest, wie sehr die Bedeutung von
                             Farben in der Autobranche steigt. Grund ist, dass
                             strengere Sicherheitsvorschriften die Gestal­
                             tungsmöglichkeiten der Hersteller zunehmend
                             einschränken. Durch das Design können sich
                             Autos so immer weniger vom Wettbewerb ab­
                             setzen. Damit steigt die Bedeutung des Lacks als
                             Unterscheidungsmerkmal. Die von einem Her­
                             steller angebotenen Farbtöne sollten möglichst
                             nur bei ihm zu haben sein.

                             Bunte Vielfalt
                             Auf der Suche nach den angesagten Farben
                             spielen gesellschaftliche Trends eine Rolle –
                             zum Beispiel Digitalisierung, Nachhaltigkeit
I D L I N G Y E L LO W
                             und Individualität. Generell sieht Gutjahr der­
Das dezente Gelb mit einem
                             zeit eine Tendenz zu Vielfalt und Farbe. „Es soll
Schuss Elfenbein sieht das
BASF-Designteam vor allem    bunt sein, ohne zu schreien“, sagt der Designer.
in Europa hoch im Kurs.      Immer mehr unaufdringliche Töne sind ange­
                             sagt, die auch ins Pastellfarbene gehen dürfen.

                             Um Trends sichtbar zu machen, ­präsentieren die
                             BASF-Fachleute jedes Jahr Schlüsselfarbtöne für
                             die großen Weltregionen. Für Europa erarbei­
                             teten sie 2022 ein dezentes Gelb, in das sich ein
                             Schuss Elfenbein mischt. Für Südamerika gab
                             es einen kupferbeigen Farbton, der vor allem
                             den dort verbreiteten kleinen Autos strahlen­
                             den Glanz verleiht.

                             Beim Entwickeln neuer Farbtöne arbeitet BASF
                             nicht nur mit Autoherstellern zusammen, son­
                             dern muss auch auf die Lackiertechnik schauen,
                             die von Firmen wie Dürr kommt. Denn Farben

                                                                             19
Trendsetter

 entfalten nur dann ihre volle Schönheit, wenn
 sie technisch richtig aufgetragen werden. Das
 gilt besonders für spezielle Effekte, die sich zum
 Beispiel mit einer zusätzlichen Schicht einge­
 färbten Klarlacks erzielen lassen. „Dadurch
 bekommt die Farbe des Autos eine besondere
 Tiefe“, sagt Gutjahr.

 Dürr sorgt dafür, dass die Lackierstraßen der
 Autofabriken auf solche Trends eingestellt sind.
 Das gilt auch für Lacke mit eingemischten Pig­
 menten, an denen sich das Licht auf besondere
 Weise bricht. Sie veredeln die gängigen Grau-,
 Schwarz- oder Weißtöne. Diese ­sogenannten
 ­achromatischen Farben werden gern für Flotten­
  fahrzeuge bestellt, weil sie den Wiederverkauf
  erleichtern.

„Es soll bunt
 sein, ohne zu
 schreien.“
                                                        C O SY VA LU E S
 M A R K G U TJ A H R , D E S I G N E R B E I B A S F   Die Mischung aus Kupfer und
                                                        Beige könnte schon bald auf
                                                        den Straßen zu sehen sein –
                                                        vor allem in Südamerika.
 Blau wie der saubere Himmel
 Gutjahr betont, dass es verschiedene Trend­
 farben gibt, die sich nicht nur regional unter­
 scheiden. Sie hängen auch von der Art des Fahr­
 zeugs und ­seinem Antrieb ab. Weltweit böten
 zahlreiche Hersteller neue E-Autos himmel­blau
 lackiert an, sagt Gutjahr. „Für Fahrzeuge mit
 Verbrennungsmotor wäre das undenkbar gewe­
 sen.“ Bei ­E -Autos hingegen wirke der Farbton
 klar und sauber.

 Mittlerweile präsentieren Hersteller ihre
 strombetriebenen Autos auch in bunten Farb­
 tönen, verpassen ihnen aber gern ein schwar­
 zes Dach. Warum? Die im Bodenraum liegende
 Batterie macht E-Autos oft höher, was manche
 als unelegant empfinden. Durch das schwarze
 Dach wirken sie flacher. Für die Autobauer
 bedeutet diese Zweitonlackierung einen erheb­
 lichen Mehraufwand – es sei denn, sie nutzen
 den von Dürr entwickelten EcoPaintJet. Das                                               D OX X I N G B LU E
                                                                                          Helle Blautöne passen nicht
 innovative Applikationssystem sorgt für einen
                                                                                          zu Fahrzeugen mit Ver-
 trenn­scharfen Farbauftrag. Zeitaufwendiges
                                                                                          brennungsmotor. E-Autos
 ­Ab­kleben von Flächen, die nicht lackiert werden                                        hingegen lassen die Farbe
  sollen, wird überflüssig und der Prozess dadurch                                        klar und sauber wirken.
  schneller und umweltschonender.

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Warum
findet
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        Walnüsse
im Dürr-­
Konzern?
                      In fein gemahlenem Zustand eignen sich Walnussschalen hervorragend als Poliermittel. Dank der
                    enthalten Ölrückstände entstehen spiegelglatte Oberflächen. Bei Dürr kommt das Naturprodukt in der
                      maschinellen Fertigung zum Einsatz – fürs Polieren sogenannter Glockenteller. Das sind s­ pezielle
                      Scheiben aus Titan, die ganz vorn auf dem Lackierroboter sitzen und durch schnelle Rotation e
                                                                                                                  ­ inen
                         homogenen Sprühstrahl erzeugen. Unebenheiten im Glockenteller hätten ein unregelmäßiges
                      ­Lackbild zur Folge. Damit alles glattläuft, sorgen in Bietigheim pro Jahr deshalb rund 100 Kilogramm
                                         Walnussschalengranulat für einwandfreie Polierergebnisse.

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                             21
Im Rahmen der Nachhaltigkeit

                                        NACHHALTIGE UNTERNEHMENSFINANZIERUNG
                                                   IM DÜRR-KONZERN
IM RAHMEN

HALTIGKEIT
                                                                                  SUSTAINABILITY-LINKED
                                  GREEN FINANCING
DER NACH­                                                                               FINANCING

                                Finanzierungen, bei denen                           Finanzierungen, bei denen
                                  die Mittel ausschließlich                          die Konditionen von der
                                  für nachhaltige Projekte                        ­Nachhaltigkeitsperformance
                                ­verwendet werden dürfen                          des Unternehmens abhängen

                                Welche Projekte gelten als                                    An welche
                                nachhaltig und wie wird der                         ­Nachhaltigkeitskennzahlen
                                 grüne Verwendungszweck                                 ist die Finanzierung
                                      nachgewiesen?                                          ­gekoppelt?

                                                              FESTGELEGT IM

                                             SUSTAINABLE FINANCE FRAMEWORK

                                            Das Sustainable ­Finance Framework verknüpft Nach­haltigkeits- und
                                            Finanzierungs­strategie und wurde deshalb ­abteilungsübergreifend
                                            ent­wickelt. Das interdisziplinäre Team v. l. n. r.: Hanjo Hermann, Daniel
                                            Mayer, Simon Engelhard, Marie-Claire Schmid und ­Christian Aue.

 22                                                                             ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
Im Rahmen der Nachhaltigkeit

Um nachhaltige Finanzierungsinstrumente schneller auf
den Weg bringen zu können, hat der Dürr-Konzern
die Grundlagen dafür in einem Rahmenwerk festgelegt.
­Treasury-Chef Christian Aue und Hanjo Hermann, L  ­ eiter
 Corporate Sustainability, beantworten die wichtigsten

                                                                                                                                       72
 ­Fragen rund um das neue Sustainable Finance Framework.

T E X T: H E I M O F I S C H E R — F O T O : S A S C H A F E U S T E R
                                                                                                                                                            PUNKTE
                                                                                                                                        erhielt der Dürr-Konzern beim
                                                                                                                                        Nachhaltigkeitsrating von EcoVadis,
Warum hat sich der Dürr-Konzern ein                                      nach Anlagemöglichkeiten in nachhaltigen                       an das Finanzierungsinstrumente des
Rahmen­werk für grüne Finanzierungen                                     Geschäftsbereichen. Die Nachfrage steigt aber                  Unternehmens mit einem Gesamt­
gegeben?                                                                 nicht nur bei privaten und institutionellen An­­               volumen von

                                                                                                                                       1,4
Aue Wir wollen die Grundsätze unserer nach­                              legern, sondern auch bei den Geschäfts­banken.
haltigen Unternehmensfinanzierung für den                                Sie legen zunehmend Wert auf ein Kredit­
Kapitalmarkt nachvollziehbar machen. Dazu                                portfolio mit möglichst niedrigen Klima- und
zählt zum Beispiel die Frage, an welchen                                 Umwelt­risiken.
­Nachhaltigkeitszielen wir uns messen lassen                             A Dass wir transparent machen, in welche nach­                                         MRD. €
 wollen, wenn wir Schuldscheine oder Anleihen                            haltigen Projekte unsere Finanzmittel fließen,
                                                                                                                                        gekoppelt sind. Je besser das Rating
 mit Nachhaltigkeitskomponente ausgeben.                                 kommt am Kapitalmarkt gut an. Wir erwarten                     ausfällt, desto niedriger sind die
 Hermann Mit dem Sustainable Finance Frame­                              eine erhöhte Nachfrage bei zukünftigen Finan­                  Finanzierungskosten. Der Dürr-­
 work treiben wir auch die ­Transformation im                            zierungen, was sich positiv auf die Konditionen                Konzern hat beim E ­ coVadis-Rating den
 eigenen Unternehmen voran. Denn die in dem                              auswirken dürfte.                                              Gold-Status erreicht und zählt damit
                                                                                                                                        zu den besten 5 % aller bewerteten
 Rahmenwerk festgelegten Grundsätze ermög­
                                                                                                                                        Unternehmen.
 lichen es uns, das Geld dort einzusetzen, wo                            Ein Sustainable Finance Framework haben
 wir nachhaltiger werden wollen. Beispiele                               sich schon andere Unternehmen gegeben.
 hierfür sind Maßnahmen zur Steigerung der                               Was ist das Besondere an dem Rahmenwerk
 Energie­effizienz und der Ausbau unserer Eigen­                         des Dürr-Konzerns?
 stromerzeugung.                                                         H Wir berücksichtigen als eines der ersten         nik für den Bau klimafreundlicher Holzhäuser
                                                                         Unternehmen die neuen Regeln der seit 2022         und Beschichtungsanlagen für die Produktion
Wie kann ein Schuldschein nachhaltig sein?                               geltenden EU -Taxonomie-Verordnung. Sie            von Batterien, wie sie z. B. E-Autos benötigen.
A Wir treffen mit den Schuldscheinkäufern                                stellt, vereinfacht gesprochen, ein europa­        Wir werden jährlich berichten, wie wir die
eine zusätzliche Vereinbarung: Wir koppeln                               weit geltendes Klassifizierungssystem dar, das     Erlöse aus grünen Finanzierungen verwenden.
die Zinsen unserer Finanzierung an bestimmte                             ­Kriterien für ökologisch nachhaltige Geschäfts­   Auch das sieht unser neues Rahmenwerk vor.
Nachhaltigkeitsziele, beispielsweise die Sen­                             aktivitäten vorgibt. Auf diese Weise können
kung unseres CO2-Ausstoßes. Wenn wir die Ziele                            Außenstehende erkennen, wie nachhaltig ein         Der Dürr-Konzern will mit seinen Produk-
erreichen, zahlen wir weniger Zinsen. Das freut                           Unternehmen arbeitet. Die damit verbundene         ten den Kunden dabei helfen, ihren CO₂-­
nicht nur uns und die Umwelt. Unsere Inves­                               Berichtspflicht bedeutet zwar erheblich mehr       Fußabdruck zu verringern. Wie hoch ist die
toren sehen, dass wir beim Thema Nachhaltig­                              Aufwand. Wir sehen das aber als Chance, weil       Nachfrage nach besonders nachhaltigen
keit – einem wesentlichen Bestandteil unse­                               wir zeigen können, wie viel wir beim Thema        ­Lösungen?
rer Strategie – auf dem richtigen Weg sind, was                           Nachhaltigkeit schon in die Wege geleitet haben    H Lange Zeit stand bei den meisten Kunden die
­wiederum positiv für den Konzern ist. Verfeh­                            und was wir noch planen.                           kurzfristige Rendite einer Investition im Vor­
 len wir unsere Nachhaltigkeitsziele, müssen wir                                                                             dergrund. Seit zwei Jahren bemerken wir ein
 mehr Zinsen zahlen. Dann werden die Investo­                            Wohin fließen die Erlöse aus grünen Finan-          Umdenken. Mittlerweile wollen immer mehr
 ren sozusagen dafür entschädigt, dass wir ein                           zierungen?                                          Kunden wissen, wie nachhaltig eine Technologie
 mit ihnen vereinbartes Ziel nicht einhalten.                            A Unser Sustainable Finance Framework sieht         ist und wie sie sich über den gesamten Lebens­
                                                                         vor, dass diese Erlöse nur in Projekte fließen      zyklus hinweg im Hinblick auf den CO2-Ausstoß
Warum sind grüne Finanzierungsinstru-                                    dürfen, die der ­Taxonomie-Verordnung ent­          verhält. Das gilt besonders für große Automobil­
mente für Unternehmen wie den Dürr-Kon-                                  sprechen. Das können Photovoltaikanlagen auf        hersteller, die von ihren Lieferanten mittlerweile
zern so wichtig?                                                         den Dächern unserer Gebäude sein, aber auch         nachhaltiges Handeln deutlich einfordern.
H Der Markt für grüne Geldanlagen wächst seit                            die Entwicklung nachhaltiger Produkte für
Jahren deutlich. Investoren suchen ­verstärkt                            unsere Kunden. Beispiele sind Maschinentech­       Vielen Dank für das Gespräch.

ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                                                           23
Nächste Station: Ausland

   Nächste
   Station:                                                                                  M
                                                                                                 exiko nac

                                                                                                              h
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                                                                                                              D e u ts c hl
                                                                                                             an
                                                                                                         d

                                Ausland
                                Melanie Will ging von Bietigheim
                                für vier Monate nach Südafrika,
                                Ysaac Pérez kam aus Mexiko in die
                                Dürr-Zentrale nach Deutschland.
                                Auf den Auslandsstationen ihres
                                Trainee-Programms sammelten
                                beide wertvolle Erfahrungen weit
                                über den Beruf hinaus.
                ach Süd
           dn
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utschlan

                                T E X T: S T E P H A N K Ö H N L E I N
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                                F O T O S : M A R I E S C H M I D T, Y S A A C P É R E Z ( P R I VAT )
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           Von

     24                                                                  ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns
ü d a f r i ka
                        hS                                                                                                                                Nächste Station: Ausland
                   ac

        n
u ts c h l a n d
                                              Vier Jahreszeiten an einem Tag hat Melanie Will                  oft richtig kalt geworden. Von Juni bis Sep­
    De

                                              im südafrikanischen Winter erlebt, wie sie mit                   tember 2022 war die 29-Jährige im Zuge ihres
           n

                   Vo                         einem Augenzwinkern erzählt. Morgens sei es                      Trainee-Programms bei Dürr in Port Elizabeth,
                                              frühlingshaft frisch gewesen, am Mittag som­                     was rund 750 Kilometer östlich von Kapstadt
                                              merlich warm, am Nachmittag habe es abge­                        am Indischen Ozean liegt.
                                              kühlt und nach Sonnenuntergang sei es dann
                                                                                                               Mit knapp 100 Mitarbeitenden ist der von Pal­
                                                                                                               men flankierte Standort deutlich kleiner als das
                                                                                                               Headquarter in Bietigheim. Doch es ist eine der
                                              Das Meer vor der Tür: In Port Elizabeth lagen                    ältesten Auslandsniederlassungen von Dürr.
                                              nur wenige Gehminuten zwischen                                   „Deshalb bestehen enge und langjährige Bezie­
                                              Melanie Wills Wohnung und dem Strand.                            hungen zur lokalen Automobilindustrie“, so die
                                                                                                               Ingenieurin.

                                                                                                               Gewohnt hat Will zusammen mit einem ande­
                                                                                                               ren Dürr-Trainee in einer Wohnung mit Meer­
                                                                                                               blick. „Ich habe sogar einmal von unserem
                                                                                                               Fenster aus Delfine gesehen“, sagt sie. Gear­
                                                                                                               beitet hat sie im internen Projektmanagement        Perfekt zum Abschalten:
                                                                                                               im Bereich Fördertechnik. „Ich habe zum Bei­        ein Strandspaziergang
                                                                                                                                                                   nach Feierabend.
                                                                                                               spiel Bestellungen an Lieferanten aufgegeben
                                                                                                               und interne Zeitpläne aufgestellt, um zu wis­
                                                                                                               sen, wann wir bestimmte Teile fertigen und
                                                                                                               zusammensetzen können und wie wir bei mög­
                                                                                                               lichen Lieferverzögerungen reagieren können.
                                                                                                               Dadurch war ich viel im Austausch mit den
                                                                                                               lokalen Kolleginnen und Kollegen, den Liefe­
                                                                                                               ranten und den Kunden“, erklärt sie.

„Es hat mich sehr                                                            iko
                                                                                 n   a c h D e ut
                                                                                                    sc
                                                                       ex

 beeindruckt, dass
                                                                                                     hl
                                                                     Von M

                                                                                                         and

                                                                                                                                         diesem Bereich möchte er nach Ende seines

 sich der CFO Zeit
                                                                                                                                         Trainee-Programms arbeiten. Auch in Bietig­
                                                                                                                                         heim unterstützte er Controlling und Corporate

 für mich nahm.
                                                                                                                                         Accounting. Er trug unter anderem Informa­
                                                                                                                                         tionen und Zahlen zusammen, analysierte diese

 ­Diese Haltung ist
                                                                          Mit einer Mischung aus Neugier und Nervosi­                    und bereitete sie für die Berichterstattung auf.
                                                                          tät kam Ysaac Pérez im Mai 2022 nach Bietig­                   Am meisten lernte er durch die gemeinsamen

  für mich ein Vorbild,
                                                                          heim. Denn für den 26-jährigen Mexikaner war                   Diskussionen und die tägliche Arbeit mit den
                                                                          es der erste Aufenthalt in Europa überhaupt.                   zuständigen Kolleginnen und Kollegen.

  wenn ich einmal
                                                                          „Ich wusste, dass etwas Spannendes auf mich
                                                                          zukommt, aber auch eine Menge Herausforde­                     Der Finanzbereich sei eine eher abstrakte Ebene

  selbst Führungs-
                                                                          rungen“, sagt er. Ein wenig Bauchschmerzen                     des Geschäfts. Je mehr Leute man treffe und je
                                                                          bereiteten ihm die kulturellen Unterschiede                    mehr Einblicke man bekomme, desto vollstän­

  verantwortung
                                                                          zwischen Deutschland und seinem Heimatland,                    diger werde das Bild des großen Ganzen, zu dem
                                                                          doch diese Sorge verflüchtigte sich schnell.                   man gehöre. Das schließe auch den Kontakt zur

  habe.“
                                                                                                                                         Führungsebene ein – nicht nur beruflich. „Ich
                                                                          Nach seinem Bachelorstudium der Finanz­                        war einmal mit Finanzvorstand Dietmar Hein­
                                                                          wissenschaften begann Pérez als Trainee bei                    rich essen und einmal zum Grillen eingeladen“,
 YSAAC PÉREZ,                                                             Dürr in Querétaro, einer Stadt in Zentralme­                   sagt Pérez. „Es hat mich sehr beeindruckt, dass
 TRAINEE BEI DÜRR                                                         xiko mit rund 850.000 Einwohnern. Dort war                     sich der CFO Zeit für mich nahm. Diese Haltung
                                                                          er hauptsächlich im Controlling eingesetzt.                    ist für mich ein Vorbild, wenn ich einmal selbst
                                                                          „Das ist meine große Leidenschaft“, sagt er. In                Führungsverantwortung habe.“

 ECO Das Magazin des Dürr-Konzerns                                                                                                                                                    25
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                                                                                                      u ts c h l a n d
                                                                                                 De

                                                                                        h
                                                                                    Mexiko nac
                                                                                                                         Während seiner Zeit in Deutschland wohnte

                                                                                        on
                                                                                                                         Ysaac Pérez in Stuttgart. Auf dem Weg zur
                      d nach S
               la n
                                                                                                 V
                                 ü                                                                                       S-Bahn nach Bietigheim kaufte er sich jeden
          ch
                                                                                                                         Morgen in einer Bäckerei einen M    ­ ilchkaffee
                                 da
  ts

                                     fr ik
Von Deu

                                                                                                                         und ein Buttercroissant. „Ich habe die Butter­
                                      a

                                                                                                                         croissants geliebt. Die gibt es so nicht in
                                                                                                                         Mexiko“, schwärmt er. Auch Stuttgart habe
                                                                                                                         ihm gefallen, mit seiner Architektur, den Bier­
                                                                                                                         gärten und dem belebten Schlossplatz im Zen­
          Die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen
          in Südafrika haben es Melanie Will angetan.
                                                           „Die Leute waren                                              trum: „Der Zeitpunkt für den Aufenthalt war
                                                                                                                         ­perfekt. Ich habe von Mai bis August den gesam­
          „Die Leute waren unglaublich interessiert, an
          mir als Person, an meinem beruflichen Wer­
                                                            unglaublich inter-                                            ten S
                                                                                                                              ­ ommer mitgenommen“, sagt er. An den
                                                                                                                          Wochenenden sei er viel gereist, nach München
          degang, aber auch daran, was ich in meiner
          Freizeit mache“, sagt sie. Nachdem sie erzählt
                                                            essiert, an mir als                                           oder ­Berlin, aber auch nach Tschechien, Öster­
                                                                                                                          reich und in die Schweiz.
          hatte, dass sie gerne jogge, wurde ihr sofort
          eine Laufgruppe vermittelt. Ohnehin seien
                                                            Person, an meinem                                            Auch wenn er Kontakte in Deutschland knüpfte
          die Menschen dort enorm laufbegeistert. Fast
          jedes Wochenende gebe es einen Wettkampf,
                                                            beruflichen Werde­                                           und sich wohlfühlte – seine Freunde und Fami­
                                                                                                                         lie hätten ihm manchmal etwas gefehlt, ebenso
          wobei auch das Miteinander nach dem Laufen
          eine große Rolle spiele. In diesen geselligen
                                                            gang, aber auch                                              das mexikanische Essen mit seinen vielen
                                                                                                                         Gewürzen. Wobei er sich hier für die Currywurst
          Runden lernte sie viel über Land, Leute und
          lokale Weine. Die eindrücklichsten Erinnerun­
                                                            ­daran, was ich                                              durchaus begeistern konnte, wie er lächelnd
                                                                                                                         erzählt.
          gen haben jedoch ihre Ausflüge in die südafri­
          kanischen Nationalparks hinterlassen. „Land­
                                                             in meiner Freizeit
          schaft und Tierwelt dort sind atemberaubend“,
          berichtet Will begeistert.
                                                             ­mache.“
                                                            MELANIE WILL,
          Gewöhnungsbedürftig war für sie, dass wegen
                                                            TRAINEE BEI DÜRR
          der knappen Energie immer wieder der Strom
          abgestellt wurde, manchmal mehrfach am Tag.
          Dann musste sie über Nacht sicherstellen, dass
          das Handy aufgeladen wurde, damit morgens
          der Wecker funktionierte. Zähneputzen beim
          Licht der Smartphone-Taschenlampe. Mor­
          genkaffee? Fehlanzeige! „Und abends haben
          wir dann bei Kerzenschein ein Essen vom Lie­
          ferdienst gegessen“, erinnert sich Will. Auch
          bei der Arbeit gab es nicht immer genug Strom
          in allen Gebäuden. „Aber die Menschen dort
          reagieren flexibel und arrangieren sich“, sagt
          sie. Diese Gelassenheit habe sie mitgenommen –
          und die Erkenntnis, dass bestimmte Dinge nicht
          selbstverständlich sind. Den Kontakt nach Süd­
          afrika hält Will weiterhin. Neben den entstan­
          denen Freundschaften ist für sie vor allem die
          noch ausstehende Wanderung durch die Dra­
          kensberge ein Grund zurückzukehren.

                                                                    Bei der Arbeit stand Melanie Will in ständigem ­Austausch
                                                                    mit den Kolleginnen und Kollegen und ­behielt Zeitpläne und
                                                                    Materiallieferungen im Blick.

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