Einfluss der Klimaveränderung auf die Wasserkraftnutzung in Deutschland
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
WASSERWIRTSCHAFT Ulrich Wolf-Schumann und Ulrich Dumont Einfluss der Klimaveränderung auf die Wasserkraftnutzung in Deutschland Im Teilprojekt „Klima und Wasserkraft“ des BMU-Projektes „Wasserkraftpotenzial in Deutsch- land“ sowie in der Studie für das Umweltbundesamt „Effiziente Maßnahmen und Kriterien zur Verbesserung des ökologischen Zustands an Wasserkraftanlagen“ wurde die Entwicklung der Energiegewinnung aus Wasserkraft durch die zu erwartenden Klimaveränderungen untersucht. Im Vordergrund stand die Fragestellung, ob die Energieausbeute aus der Wasser- kraft zu- oder abnimmt und inwieweit die Energieerzeugung an deutschen Gewässern in Zukunft verlässlich, planbar und ausfallsicher sein wird. Untersucht wurden v. a. Laufwasser- kraftwerke in den südlichen Bundesländern. 1 Klimamodelle Wetterdienst hat Berechnungen mit den rend sich die Verhältnisse im Winter je nach vier Downscaling-Verfahren REMO, CLM, Modell und Region unterschiedlich ent Globale Klimamodelle berechnen großräu- WETTREG und STAR vorgenommen [3]. wickeln. Im Zeitraum 2071 bis 2100 werden mige Änderungen unter Voraussetzung Das Ergebnis zeigt insgesamt einen die Niederschläge im Sommer deutlicher verschiedener Emissionsszenarien, die deutlichen Trend der Niederschlags- und abnehmen. In den Wintermonaten sind zu- nach der Einteilung des SRES 2000 (Special Temperaturänderungen in Deutschland sätzliche Niederschläge zu erwarten, wobei Report on Emissions Scenarios) des IPCC in den nächsten 90 Jahren (Bild 2). Dabei die Schwankungsbreite der einzelnen Mo- (Intergovernmental Panel on Climate ist die Temperaturänderung im Vergleich delle von 10 % bis über 70 % reicht. Change) unterschieden werden. Die im der Verfahren fast einheitlich, während Folgenden getroffenen Aussagen beruhen die Änderung in der Niederschlagsmenge auf dem Emissionsszenario A1B, das mit (Bild 3) stark variiert. 2 Stand der Forschung zu einem rapiden Wirtschaftswachstum, Die Änderung der Niederschläge fällt in Wasserkraft und Klimawandel einem Wachstum der Bevölkerung bis Mit- der ersten Periode (2021 bis 2050) gering te des 21. Jahrhunderts, einer raschen Ein- aus. Im Sommer ist von einer leichten Ab- Einige Untersuchungen der Klimafolgen- führung effizienter Technologien und nahme der Niederschläge auszugehen, wäh- forschung in Deutschland haben sich ent- einem ausgewogenen Verhältnis aller Ener- gieträger rechnet [1]. Das deutsche globale Klimamodell ECHAM5 wurde am Max- Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg entwickelt. Bild 1 stellt damit berechnete Klimaprojektionen von 1901 bis 2100 dar und zeigt eindeutig er- heblich ansteigende Temperaturen jedoch eher indifferente Entwicklungen der Nie- derschläge bis 2100. Auch andere Global modelle oder weitere Treibhausgasszena rien zeigen die Temperaturänderungen un- strittig und die Niederschlagsentwick lungen mit breiten Ergebniskorridoren an. Ebenso wie im globalen Maßstab gibt es für Regionen eine Reihe von Klimaprojekti- onsmodellen (Downscaling-Verfahren). Sie gehen alle von den Ergebnissen globaler Kli- mamodelle aus, verwenden aber unterschied liche Ansätze, um die Auswirkungen eines veränderten Weltklimas in einem bestimm- Bild 1: Klimaprojektion 1901 bis 2100 des MPI Globalmodells ECHAM5, ten Gebiet zu beschreiben. Der Deutsche Emissionsszenario A1B [2] 28 WASSERWIRTSCHAFT 9 | 2010
WASSERWIRTSCHAFT weder explizit mit der Wasserkraft befasst oder liefern Aussagen zu der Entwicklung der Abflüsse. 2.1 GLOWA Danube Im Projekt GLOWA Danube (Globaler Wandel des Wasserkreislaufes, gefördert durch BMBF, StMWFK, LMU München und MWK Baden-Württemberg) wurden Einflüsse des Klimawandels auf die Wasser- ressourcen der Oberen Donau untersucht. Mit dem ausgewählten Klimaszenario wurden für die nahe Zukunft bis 2035 moderate Erzeugungsrückgänge von knapp 2 % ermittelt, für den Folgezeit- raum bis 2060 ergaben sich Mindererzeu- gungen von ca. 10 %. [9] 2.2 WASKlim Das Projekt „Entwicklung eines übertrag- baren Konzeptes zur Bestimmung der An- passungsfähigkeit sensibler Sektoren an Bild 2: Vergleich der Ergebnisse von 4 regionalen Klimamodellen für Deutschland: den Klimawandel am Beispiel der Wasser- Sommerniederschläge für die nahe (obere Reihe) und ferne Zukunft (untere Reihe) wirtschaft“ (WASKlim) hat im Auftrag [nach 3] des Umweltbundesamtes (UBA) Anpas- sungsstrategien der Wasserwirtschaft an Pfalz sowie des DWD untersucht bereits Aussagen zum künftigen Wasserdargebot den Klimawandel erarbeitet. Bzgl. der seit 1998 Klimaänderung und Wasser- wurden indifferenter. Die wenigen getrof- Wasserkraftnutzung wurden für die nahe wirtschaft. In den ersten Jahren lieferte fenen Aussagen zur Wasserkraft nennen Zukunft indifferente Aussagen erarbeitet, das Projekt vergleichsweise eindeutig ori- für den Alpenraum einen Rückgang der für die ferne Zukunft wurde hingegen ein entierte Aussagen zu Hoch- und Niedrig- Energieerzeugung um 7 % [4]. deutlicher Rückgang ermittelt, z. B. für die wasser, wodurch u. a. Bemessungswerte Iller ein MQ-Rückgang von 16 %. für die Extrema angehoben wurden. In 2.4 KLIWAS den letzten Jahren hat sich das Spektrum Das vom BMVBS beauftragte Forschungs- 2.3 KLIWA der verwendeten Szenarien, Globalmodel- programm KLIWAS soll die Folgen des Das Projekt KLIWA der Länder Baden- le, Regionalisierungen sowie Wasserhaus- Klimawandels auf Wasserstraßen und die Württemberg, Bayern und Rheinland- haltsmodelle mehrfach erweitert und die Schifffahrt ermitteln. Ergebnisse zum Ab- flussregime der Bundeswasserstraßen, die auch für die Beurteilung der künftigen Energieerzeugung aus Wasserkraft wert- voll sind, sollen 2010 zunächst für das Rhein-Einzugsgebiet und anschließend für das Elbe-Einzugsgebiet geliefert werden. Das Projekt befasst sich intensiv mit Un- sicherheiten in Bezug auf den Klimawandel und bezieht die vorhandenen Modelle für die globalen und regionalen Klimaände- rungen umfassend ein. Auch wenn die Was- serkraft selbst als Fragestellung unberück- sichtigt bleibt, sind die Aussagen zur Was- serführung im Rhein und allen Nebenge- wässern für die Wasserkraft wertvoll und werden nutzbare Ausgangsdaten liefern. 2.5 Aussagen der vorliegenden Untersuchungen Die durch den Klimawandel zu erwarten- de Entwicklung der Wasserkraftnutzung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Bild 3: Vergleich der Ergebnisse für Deutschland von 4 regionalen Klimamodellen: Win- ■ In der nahen Zukunft sind die Erwar- terniederschläge für die nahe (obere Reihe) und ferne (untere Reihe) Zukunft [nach 3] tungen nicht einheitlich, in der zweiten WASSERWIRTSCHAFT 9 | 2010 29
WASSERWIRTSCHAFT Als mögliche Auswirkungen des Klima- wandels wurden angenommen: ■ Änderung der Winter- bzw. Sommerab- flüsse; ■ Zunahme der Extrema (Hochwasser, Niedrigwasser); ■ Verschiebungen im Jahresgang. A ls beispielhafte Standorte wurden aus gewählt: ■ Standort 1: WKA am Hochrhein zwi- schen Bodensee und Basel mit nival- glazialem Abflussregime und einem Einzugsgebiet von 36 000 km2. Der Ausbaudurchfluss von 1 460 m3/s ist ca. 40 % größer als MQ, die Ausbaufall- höhe beträgt 11,20 m. Mit einer Aus- bauleistung von 120 MW gehört die Laufwasserkraftanlage zu den größten in Deutschland. ■ Standort 2: WKA am Lech im Donau- gebiet mit nivalem Abflussregime. Das Einzugsgebiet umfasst 4 100 km2, der Bild 4: Hydrologische Flussregime in Deutschland (nach [7]) Ausbaudurchfluss beträgt 180 m3/s bei einem MQ von 118 m3/s, die Ausbau- Hälfte des 21. Jh. wird ein Rückgang der für 2036 bis 2060 um 9 bis 15 % im Ver- fallhöhe 8,10 m und die Ausbauleistung Energiegewinnung mit Wasserkraftan- gleich zum Referenzzeitraum (1971 bis 11,2 MW. lagen erwartet. Zusätzliche Probleme 2000) ausgegangen [6]. ■ Standort 3: Als typisch für Gewässer werden bei steigenden Temperaturen wie Neckar, Mosel etc. mit pluvialem trockenere Sommer und extreme Hoch- bzw. pluvio-nivalem Regime wurden wasserereignisse darstellen. 3 Szenarienrechnungen 2 Standorte am Main gewählt. ■ In glazialen Abflussregimen wird der an Beispielanlagen ■ Standort 3a: Fiktive WKA am unteren Niedrigwasserabf luss in der ersten Main. Das Einzugsgebiet beträgt Hälfte des 21. Jh. ansteigen und einen Im Rahmen der Forschungsprojekte [8] 25 000 km2, der Ausbaudurchf luss positiven Effekt bewirken. Danach wird bzw. [13] und [12] waren u. a. die Auswir- 200 m3/s, die Ausbaufallhöhe 5,90 m die Gletscherspende wieder abnehmen, kungen des Klimawandels auf die Wasser und die Ausbauleistung 8,8 MW. da sich die schmelzfähige Oberfläche kraftanlagen in Deutschland zu unter ■ Standort 3b: Fiktive WKA am Main im der Gletscher mit der Zeit immer weiter suchen. Dazu wurden die Änderungen in Bereich Schweinfurt. Das Einzugsgebiet verringert [5]. Ende dieses Jh. werden der Energiegewinnung an Wasserkraft beträgt 12 700 km2, der Ausbaudurch- die glazialen Abflussregime verschwun- anlagen mit unterschiedlichem Stand fluss 120 m3/s, die Ausbaufallhöhe 4,20 m den sein und alle betroffenen Gewässer ortcharakter für verschiedene, vom Kli- und die Ausbauleistung 3,7 MW. einen nivo-pluvialen Charakter haben. mawandel geprägte Abf lussszenarien Berechnet wurden 50-jährige Energieer- Einflüsse des glazialen Schmelzwassers b erechnet. Diese Berechnungen sind zeugungszeitreihen auf Basis historischer sind im Rhein und einigen Donau- nicht als Prognosen zu verstehen. Viel- Abflussganglinien. Die Variationen wur- Zuflüssen bemerkbar. mehr sollte untersucht werden, wie die den mit trockeneren und feuchteren Halb- Bild 4 zeigt die Jahresverläufe der Abfluss- Beispielanlagen auf mögliche Ände- jahren berechnet und die Vergrößerung regime anhand der Pardé-Koffeffizienten, rungen des Klimas und des Abflussregi- der Extrema wurde wie oben beschrieben die die mittleren Monatsabflüsse mit dem mes reagieren. modifiziert. Die komplexeren Ände- mittleren Jahresabfluss vergleichen. ■ Für den Rhein werden relativ einheit- lich milde, niederschlagsreiche Winter mit einer Zunahme der Abflüsse er- wartet. Die Erwartungen für den Som- mer sind weniger sicher. Sie gehen oft von einer Zunahme der Trockenperio- den aus. Aussagen für das ganze Jahr und den Mittelwasserabfluss sind in- different. ■ An der Donau wird im Zeitraum 2011 bis 2035 von einem Rückgang der Ener- Bild 5: Berechnete Energieerzeugung einer Beispielanlage für den Zeitraum 1961-2003 gieproduktion zwischen 1 und 4 % und (Tageswerte und Jahresmittel) [8] 30 WASSERWIRTSCHAFT 9 | 2010
WASSERWIRTSCHAFT rungen im Jahresgang nutzen publizierte den Winter sowohl Minderungen als tretende Hochwasser sind, wurden pau- Szenarien der Klima-Projekte GLOWA- auch Steigerungen. schal um 25 % erhöht. Bei einer 50- Danube [9] und KLIWAS [10] . Eine de- Niederschlagsänderungen bewirken jährigen Reihe werden somit 100 Hoch- taillierte Beschreibung enthält [12]. gleichgerichtete Abflussänderungen. Für wasserereignisse erhöht. Bild 5 zeigt die Ganglinie der Ener- die Variationsrechnungen wurde ange- ■ Wie 1., wobei die Abflussreihe aber so gieerzeugung des Referenzlaufs 1961 nommen, dass sich Änderungen des weit reduziert wurde, dass sich ein unver- bis 2003 mit Tageswerten und Jah Niederschlagsdargebots im Winter voll- änderter Mittelwasserabfluss ergibt. Dies resmittel. Die jährlichen Werte schwank- ständig und im Sommer etwa hälftig als ist eine pessimistische Annahme, denn ten zwischen 2 200 und 4 100 GWh/a. Abflussänderungen auswirken. bei größeren Hochwässern werden sich B esonders ertragreiche Jahre waren Die Änderungen der Energieerzeugung geringere Verdunstungen und somit grö- 1978, 1981 und 1987. Hier traten weder sind geringer als die Abflussänderungen. ßere Abflusshöhen ergeben. besonders große Abf lüsse, noch nen- Die größere Relevanz hat das Winterhalb- ■ Alle Abflüsse geringer als MQ werden nenswerte Niedrigwasserabf lüsse auf. jahr. Hier zeigt sich, dass die Reduktion bis maximal zum langjährigen Niedrig- Sowohl Winter- als auch Sommer bei Abflussminderungen deutlicher aus- wasserabfluss reduziert. Hierdurch ver- halbjahr entsprachen in etwa dem lang fällt als die Mehrerzeugungen bei Abfluss- ringert sich das Abflussvolumen und die jährigen MQ. zuwächsen. Die Anlagen verhalten sich Niedrigwasserzeiten verlängern sich. recht unterschiedlich. Bei den Anlagen am ■ Kombination von 1. und 3. 3.1 Veränderung Main zeigen sich geringere Auswirkungen, Eine Zunahme der Hochwasser bedeutet Halbjahresniederschläge die Anlage am Lech reagiert deutlicher Energieeinbußen, die allerdings erst dann Bei geänderten Temperaturentwicklun- (Tabelle 1). besonders ausgeprägt sind, wenn die zu- gen können signifikante Änderungen sätzliche Abflusshöhe der Hochwasser- für das Winter- und Sommerhalbjahr er- 3.2 Ausgeprägtere Abflussextrema wellen in anderen Perioden fehlt. wartet werden. V. a. die hydrologischen Zur Ermittlung der Empfindlichkeit der Niedrigwasserperioden mit verringer- Prozesse Schnee und Verdunstung ha- Beispielanlagen gegenüber Änderungen ten Abflüssen reduzieren bei allen Anla- ben in den Halbjahren unterschiedliche im Hoch- und Niedrigwasserbereich gen den Ertrag. Relevanz. Die in den Bildern 1 und 2 dar- wurden folgende Szenarien pragmatisch Die Anlagen am Hochrhein und am gestellten Szenarien für die nahe und untersucht: Lech zeigen nur geringe Abhängigkeiten ferne Zukunft zeigen für den Sommer ■ A lle Abflüsse, die größer als das im (Tabelle 2). Die Anlagen am Main reagie- eher Niederschlagsminderungen und für Durchschnitt zweimal jährlich auf ren sowohl auf Niedrigwasser als auch auf Tab. 1��: Szenarien �������������� mit veränderten Halbjahresniederschlägen ������������ ���������������������������������������������������� und der daraus berechneten Änderung ��������� des mittleren Abflusses DMQ und mittleren langjährigen Energieerzeugung DW der Wasserkraftanlagen Main-Oberlauf Main-Oberlauf Hochrhein Lech Main-Mündung 2*Kaplan 1*Francis Variation Niederschlag DMQ DW DMQ DW DMQ DW DMQ DW DMQ DW Sommer Niederschlag -10 % -2,9 % -1,5 %* -3,0 % -2,4 %* -1,7 % -1,5 %* -1,6 % -1,7 %* -1,6 % -2,2 %* Winter Niederschlag -10 % -5,0 % -3,4 %** -5,2 % -5,0 %** -6,0 % -1,1 %* -6,1 % -1,3 %* -6,1 % -2,0 %* Winter Niederschlag +10 % 5,0 % 2,7 % 5,2 % 4,5 % 6,0 % 0,7 % 6,2 % 0,8 % 6,2 % 1,3 % * Mindererzeugung zwischen 0,5 % und 2,5 % Legende ** Mindererzeugung größer 2,5 % Tab. 2��: Szenarien �������������� mit veränderten ����������������������������������������������� Extrema und der daraus berechneten Änderung ������������� des mittleren Abflusses DMQ und mittleren langjährigen Energieerzeugung DW der Wasserkraftanlagen Main-Oberlauf Main-Oberlauf Hochrhein Lech Main-Mündung Variation Extrema 2*Kaplan 1*Francis DMQ DW DMQ DW DMQ DW DMQ DW DMQ DW 1) Hochwasser (> HQ0,5) +25 % 0,8 % -0,2 % 1,2 % -0,2 % 4,5 % -0,6 %* 2,9 % -0,4 % 2,9 % -0,4 % 2) Hochwasser (> HQ0,5) +25 %, MQ konst. 0,0 % -0,8 %* 0,0 % -1,3 %* 0,0 % -2,2 %* 0,0 % -3,8 %** 0,0 % -5,5 %** 3) niedrige Abflüsse (< MQ) reduziert -0,5 % -0,7 %* -0,4 % -0,7 %* -2,2 % -3,8 %** -2,4 % -4,7 %** -2,4 % -4,5 %** 4) Kombination 1) und 3) 0,3 % -0,8 %* 0,8 % -0,9 %* 2,3 % -4,4 %** 0,5 % -5,1 %** 0,5 % -4,9 %** * Mindererzeugung zwischen 0,5 % und 2,5 % Legende ** Mindererzeugung größer 2,5 % WASSERWIRTSCHAFT 9 | 2010 31
WASSERWIRTSCHAFT Hochwasserzunahmen wesentlich emp- 4.1 Beeinflussung der Abflüsse Wasserkraftanlagen durch neue Laufräder findlicher. Die jeweiligen wasserbaulichen und des hydrologischen Regimes etc. erhebliche Verbesserungen erzielen. Gegebenheiten, die Maschinenausstat- Veränderungen des Abflussregimes lassen Die Erhöhung des Ausbaugrades führt tung und vor allem das hydrologische Re- sich durch eine veränderte Wasserspeiche- zwangsläufig zur Verlängerung der Zeiten, gime bestimmen den Einzelfall. rung zumindest teilweise ausgleichen. in denen die Standorte im Teillastbetrieb Speicherkraftwerke steigern die Wertig- gefahren werden. Daher ist nicht nur der 3.3 Veränderungen im Abflussregime keit der EE, indem bedarfsorientiert Strom maximale Wirkungsgrad, sondern ein Weniger Schneefall im Winter und eine erzeugt werden kann. Sie lassen sich ökono- möglichst optimaler Verlauf der Wir- frühere Schneeschmelze im Frühjahr wer- misch insbesondere bei großen Fallhöhen kungsgradkurve bei unterschiedlicher Be- den zu einer Vorverlagerung der Abflüsse realisieren. Damit wird jedoch der Einfluss aufschlagung von Bedeutung. Um dies zu im Jahr führen. Exemplarisch hierfür dieser Maßnahmen auf die Gesamterzeu- erreichen, müssen entsprechende Turbi- wurde ein aus dem GLOWA-Projekt über- gung der deutschen Wasserkraftwerke be- nentypen eingesetzt oder ein optimierter nommenes Szenario für den Hochrhein grenzt sein, denn nur ein Teil der Wasser- Staffelbetrieb mit mehreren Maschinen- und den Lech angesetzt [9]. Für beide An- kraftressourcen verfügt über das notwen- sätzen vorgesehen werden. lagen ergibt sich ein Abflusszuwachs und dige Gefälle und die erforderlichen Eingriffe Bei kleinen Wasserkraftanlagen besteht eine um ca. 2,5 % größere Energieerzeu- in die Landschaft sind meist sehr groß. ein Verbesserungspotenzial um 10 bis 15 % gung (Tabelle 3). v. a. durch den Einsatz automatischer Steue- In den deutschen Mittelgebirgen sind 4.2 Veränderung der rungen und Rechenreinigungsmaschinen. die Aussagen der Klimamodellierungen Kraftwerksauslegung Im gleichen Sinn wirken Verbesserungen im uneinheitlicher. Daher wurden aus einer Eine Erhöhung des Ausbaugrades stei- Anlagenmanagement: automatische Wehre, Kette von Szenarien, die die BfG für den gert die Energieausbeute aus Wasser- Einlauf- und Spülschütze vermindern hän- Main publiziert hat, zwei ausgeprägte kraftanlagen. Wird dieser weitere Aus- dische Arbeit und Stillstandszeiten. Jahresgänge ausgewählt. Das Szenario bau an bestehenden Standorten vorge- „BfG REMO“ beinhaltet eine außerge- nommen, passen sich Wasserkraftan 4.4 Erhalt der Wertigkeit der wöhnliche Abflusszunahme in Höhe von lagen auch an ungünstig veränderte erzeugten Energie durch Planbarkeit 24 % [10]. Die Beispielanlage am Main er- Abflussregime an. Voraussetzung ist je- Der Zufluss – nicht die Nachfrage – be- zeugt damit allerdings nur geringfügig doch, dass die Anlagen nach ihrer Erwei- stimmt die Energieerzeugung. Deshalb mehr Energie. terung auch im Teillastbereich mit hohem sind Kenntnis und Planbarkeit des hydro- Das Szenario „BfG STAR“ enthält ein Wirkungsgrad arbeiten. logischen Systems unerlässlich. Der mitt- um ca. 10 % geringeres MQ [10]. Es erge- Mindererzeugungen durch geringere lere Jahresgang ist standortbezogen be- ben sich Energieeinbußen in ähnlicher Abflüsse oder ein ungünstigeres Abfluss- kannt, im Tagesbereich lassen sich gute Größenordnung. verhalten können durch Erhöhung der Voraussagen machen. Niedrigwasserab- Fallhöhe kompensiert werden. In der Re- flüsse kündigen sich allmählich an. Auch gel stehen dem jedoch enge topogra- Hochwasserabflüsse sind vorhersehbar, 4 Anpassungsmöglichkeiten phische, bauliche, technische und ökolo- insbesondere wenn für Flussgebiete ko der Wasserkraftanlagen gische Grenzen entgegen. operativ Mess-, Vorhersage- und Warnsys- teme weiter ausgebaut werden. Mit ihnen Die Deutsche Anpassungsstrategie an den 4.3 Verbesserung der maschinellen können die Netzintegration des erzeugten Klimawandel (DAS) unterscheidet Aus- Ausrüstung, Automatisierung und Stroms und die Substitution von konven- wirkungen der Klimaänderungen auf die Optimierung betrieblicher Abläufe tioneller Erzeugung verbessert werden. erneuerbaren Energien hinsichtlich Er- Die Energieausbeute aus Wasserkraftanla- trag und Sicherheit der Anlagen [11]. Im gen kann durch Verbesserung der Maschi- 4.5 Verringerung der Betriebsrisiken Folgenden werden fünf grundsätzliche nenwirkungsgrade erhöht werden. Auch bei und Sicherung von Wasserkraftanlagen Maßnahmen hinsichtlich der Energieer- hoch entwickelten Maschinenwirkungs Wasserkraftanlagen unterliegen stand- zeugung vorgestellt. graden lassen sich insbesondere bei großen ortbedingt in aller Regel großen Hoch- Tab. 3��: Szenarien �������������� mit verändertem ������������������������������������������������� Abflussregime und daraus berechneten Änderung ������������� des mittleren Abflusses DMQ und mittleren langjährigen Energieerzeugung DW der Wasserkraftanlagen Main-Oberlauf Main-Oberlauf Hochrhein Lech Main-Mündung Variation nach GLOWA bzw. KLIWA 2*Kaplan 1*Francis DMQ DW DMQ DW DMQ DW DMQ DW DMQ DW GLOWA Vorverlagerung 1,2 % 2,6 % 1,2 % 2,6 % – – – – – – BfG REMO – – – – 24,3 % 3,2 % 24,4 % 6,4 % 24,4 % 6,3 % BfG STAR – – – – -10,1 % -8,6 %** -9,7 % -7,5 %** -9,7 % -12,2 %** * Mindererzeugung zwischen 0,5 % und 2,5 % Legende ** Mindererzeugung größer 2,5 % 32 WASSERWIRTSCHAFT 9 | 2010
WASSERWIRTSCHAFT wasserrisiken und sind daher auf diese mein für die nähere Zukunft mit einer Autoren geeignet vorbereitet. Klimaänderungen Mindererzeugung aus Wasserkraft um Dipl.-Ing. Ulrich Wolf-Schumann werden absehbar zu höheren Sicherheits- 1 bis 4 %, für die fernere Zukunft von bis Hydrotec Ingenieurgesellschaft für anforderungen führen. Eventuell nötige zu 15 % gerechnet. Wasser und Umwelt mbH Bachstraße 62-64 Nachrüstungen gefährden u. U. die Wirt- Exemplarische Simulationsrechnungen 52066 Aachen schaftlichkeit. für ausgewählte Wasserkraftanlagen am u.wolf-schumann@hydrotec.de Es wird empfohlen neben dem bau- Hochrhein, Lech und Main zeigen, dass lichen Hochwasserschutz auch die Verhal- deren Ertrag sehr sensitiv auf Schwan- Dipl.-Ing. Ulrich Dumont tensvorsorge zu fördern. Der Betrieb der kungen des Wasserdargebots reagiert. Je Ingenieurbüro Floecksmühle Anlagen und der Wehre sollte umsichtig nach Szenario ergeben sich Verände- Bachstraße 62-64, 52066 Aachen und vorausschauend erfolgen. Auch kön- rungen der Energieerzeugung von +9 % ib@floecksmuehle.com nen Synergien erschlossen werden, indem bis -9 %. andere Planungen, z. B. für den Talsper- Um mögliche Mindererzeugungen der Literatur renbetrieb oder die Errichtung von Reten- Wasserkraft zu kompensieren oder ge- [1] Pachauri, R. K.; Reisinger, A. (Hrsg.): Climate tionsmaßnahmen, koordiniert werden. ring zu halten, empfiehlt es sich, die vor- Change 2007. Synthesis Report. (IPCC Fourth handenen Möglichkeiten zur Optimie- Assessment Report (AR4). Genf, 2007. [2] Rudolf, B.; Becker, P.; Heinrich, H.: Klimasze rung der Anlagen zu nutzen. Zur Steige- narien für Schifffahrt und Wasserstraßen. Vor- 5 Zusammenfassung rung der Wertigkeit der erneuerbaren trag im Rahmen der 1. KLIWAS-Statuskon Energie Wasserkraft wird empfohlen, ferenz am 18. und 19. März 2009, Bonn. Das Klima hat wie dargestellt einen erheb- die im Vergleich zu anderen erneuer- [3] DWD: www.dwd.de (April 2010). lichen Einfluss auf die Energieerzeugung baren Energien bessere Vorhersagbarkeit [4] LUBW, BLfU, LUWG, DWD (Hrsg.): 3. KLIWA- und die Ertragssituation der Wasserkraft. weiter aufzuwerten und kontinuierlich Symposium am 25./26.10.2006 in Stuttgart. Auf der Basis der bisher vorliegenden Be- betriebene Vorhersagemodelle weiter zu Fachvorträge. Klimaveränderung und Konse- quenzen für die Wasserwirtschaft. In: KLIWA- rechnungen wird in Deutschland allge- entwickeln. Berichte (2006), Heft 10 (www.kliwa.de). [5] Kuhn, M.; Olefs, M: StartClim2007.E. Auswirkung von Klimaänderungen auf das Abflussverhalten Ulrich Wolf-Schumann and Ulrich Dumont von vergletscherten Einzugsgebieten im Hin- blick auf Speicherkraftwerke. Wien: IMGI, 2007 The Influence of Climate Change on the Use of Hydro Power in Germany (www.austroclim.at/fileadmin/user_upload/ reports/StCl07E.pdf; Stand: 10.03.2010) Climate Change has a high influence on the energy production and the earning of [6] Koch, F.; Reiter, A.; Bach, H.: Teilprojekt Hydrolo- gie/Fernerkundung. Auswirkungen des Klima- hydro power plants. On basis of the existing evaluations there will be a minor production wandels auf die Energiegewinnung aus Wasser- of hydro power in Germany. In the near future the production will decrease about 1 to kraft und auf die Talsperrenbewirtschaftung. In: 4 % and in the further future about 15 %. Computer simulations for selected water- LMU (Hrsg.): Global Change Atlas, Einzugsge- power plants at the rivers Rhine, Lech and Main demonstrate that their earning biet Obere Donau. München: LMU, 2010. responses sensitively to variabilities of water supply. According to the circumstances [7] Belz, J. W. u. a. (Hrsg.): Das Abflussregime des the variability balances from +9 % to -9 %. To counterbalance possible minor productions Rheins und seiner Nebenflüsse im 20. Jahrhun- of hydro power it is recommended to use the existent potential to optimize the plants dert. Analyse, Veränderungen, Trends. In: Schrif- tenreihe der KHR. Koblenz: Lelystad, 2007. and to improve operation and maintenance. [8] BMU (Hrsg.): Potenzialermittlung für den Aus- bau der Wasserkraftnutzung in Deutschland als Grundlage für die Entwicklung einer ge- eigneten Ausbaustrategie. (Veröffentlichung Ульрих Вольф-Шуманн и Ульрих Дюмо in Vorbereitung). [9] Maurer, W.: Global Change Atlas, Einzugsge- Влияние изменений климата на использование biet Obere Donau. München: LMU, 2006. [10] K rahe, P. et al.: Wirkungsabschätzung von гидроэнергии в Германии Unsicherheiten der Klimamodellierung in A bflussprojektionen. Auswertung eines В отдельном подпроекте „Климат и гидроэнергия“ проекта Министерства Multimodell-Ensembles für das Rheingebiet. экологии, защиты природы и обеспечения безопасности ядерных реакторов In: Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 53 (BMU) под названием „Гидроэнергетический потенциал в Германии“, а также в (2009), Heft 5, S. 316-331. исследовании „Эффективные меры и критерии по улучшению экологического [11] BMU (Hrsg.): Deutsche Anpassungsstrategie состояния гидроэлектростанций“, проведенном для федерального Ведомства an den Klimawandel. Beschluss des Bundes- по экологии, осуществлялось изучение развития производства гидроэлектроэнергии kabinetts am 17. Dezember 2008. [12] UBA (Hrsg.): Effiziente Maßnahmen und Krite- в аспекте связи с ожидаемыми изменениями климата. На переднем плане была rien zur Verbesserung des ökologischen Zu- постановка вопроса, увеличится ли или уменьшится выработка гидроэлектроэнергии, stands an Wasserkraftanlagen. FKZ 3708 97 200 и насколько надежной, планируемой и безаварийной будет получение энергии (Veröffentlichung in Vorbereitung). с использованием водных ресурсов в Германии в будущем. Исследовались, [13] Anderer, P.; Dumont, U.; Heimerl, S.; Ruprecht, A. прежде всего, гидроэлектростанции на незарегулированном стоке в южных und Wolf-Schumann, U.: Das Wasserkraft федеральных землях. potenzial in Deutschland. In: WasserWirt- schaft 100 (2010), Heft 9, S. 12. WASSERWIRTSCHAFT 9 | 2010 33
Sie können auch lesen