ELAN Wird es wieder, Landeskirche Schaumburg-Lippe
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AUSGABE 2 | 2021 SOMMER ELAN Evangelisch-Lutherische Ansichten und Nachrichten Magazin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe Wird es wieder, wie es nie war? Schloss Baum S. 16-20
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser! Was werden die beiden auf dem Titelbild gleich tun? Johanna und Janett – Begegnung auf dem Bückeburger Markt. Werden sie sich in die Arme fallen und fest drücken? Halt! Darf man das? Ohne Maske? Distanzlos? Was werden sie sich trauen? Und wie ist es bei Ihnen? Sind Sie der Entbehrungen und der Beschränkungen auch überdrüssig? Haben Sie sich schon Ihre Strategie zurechtgelegt für die Augenblicke und Situationen, in denen sich Ihnen neue Gelegenheiten bieten? Die Begegnung mit Enkelkindern oder Freund:innen – eine Einladung zur Gartenparty – der Chef beordert Sie zurück aus dem Homeoffice ins Großraumbüro – im Postkas- ten liegt der Prospekt für die nächste Theatersai- son – der Kumpel schenkt Ihnen eine Karte für das Spiel Hannover 96 gegen Hansa Rostock am 31. Juli – und vieles andere mehr an Gelegenheiten und Möglichkeiten wird uns allen begegnen. Wird es dann wieder so, wie wir es gewohnt waren? Oder »Wird es wieder so, wie es nie war?« So haben wir diese ELAN Ausgabe betitelt. Menschen haben uns erzählt, wie sie die vergangenen 16 Monate erlebt haben, was sich in ihrer Sicht auf die Dinge für sie selbst verändert hat und was sie davon in die »neue Zeit« herüberretten möchten. Die Zeit unter dem Vorzeichen der Pandemie war herausfordernd und wird folgenreich sein. Wer soll das bezahlen? Wie verändert sich gottesdienstli- ches Leben? Welche Konsequenzen ziehen wir als einzelne und als Gesellschaft? Besonders freuen wir uns darüber, dass sich Anna- © ejaugsburg auf Pixabay Nicole Heinrich, die neue Präses der EKD Synode Zeit für ein Interview mit uns genommen hat. Dankbar und berührend, aber auch traurig und wehmütig blicken stellvertretend für unzählige Besucher:innen einige der Gäste zurück auf eine wunderbare Zeit, die sie in der Jugend- und Frei- zeitstätte Schloss Baum verbracht haben. Leider ist der Betrieb dieses Ortes der Begegnung, der Einkehr, des Spiels, der Kultur, des Feierns, des gemeinschaftlichen Glaubenslebens und der Gastfreundschaft im Frühjahr eingestellt worden. Und schließlich ein Blick nach vorne mit Infos über geplante Veranstaltungen, zu denen Sie herzlich kd eingeladen sind. Außerdem berichten wir über die ade Tagung unserer Landessynode Anfang Juni, bei der weitreichende und wegweisende Beschlüsse zur Weiterentwicklung des kirchlichen Lebens in unser Landeskirche gefasst wurden. uh Verleben Sie einen erholsamen und erfrischenden Sommer. Und kommen Sie unbeschadet und ge- eb sund durch diese Zeiten. Bleiben Sie behütet und bewahrt unter Gottes Segen. Ihr Ulrich Hinz cm ELAN Redaktion: Ulrich Hinz (uh), Karin Droste (kd), Eike Büchner (eb), Beate Ney-Janßen (ade) & Christiane Meyer (cm) LKSL.de 2
Andacht Liebe ELAN Leser:innen, Moin und Hallo, zu Beginn eine kleine Ge- schichte … ein Fischer sitzt am Strand und blickt auf das Meer. Er hat gerade seinen Andacht Fang zum Markt gebracht. Da fragt ihn ein Tourist, warum er nicht einen Kredit aufnehme. Dann könne er einen Motor kaufen und das Doppelte fangen. Das brächte ihm Geld für einen Kutter und einen zweiten Mann ein. Zweimal täglich auf Fang hieße das Vierfache verdienen – warum er eigentlich herumtrödele. Auch ein dritter Kutter wäre dann sicher möglich. So könnten die Fanggebiete vor maximal heißes Thema werden. Denn Inhalt der Küste viel besser ausgenutzt werden. gerade rücken viele glücksverheißende Als weiteres Upgrade dann ein Stand auf Dinge neu in den Focus wie Urlaub, Got- 3 Andacht dem Markt und Angestellte. Dann später 4 Im Gespräch tesdienste, Konzerte, Grillen, Familie / ein Fischrestaurant, eine Konservenfabrik. Freunde besuchen. Alles supertoll und 6 Umfrage Dem Touristen leuchteten die Augen, als 7 Es tut mir leid, aber Ihr Name steht doch hängt über all dem immer noch das er so sprach. Da schaute der Fischer ihn pandemische Damoklesschwert. Unser nicht auf meiner Liste direkt an und fragte: »Und dann?« Darauf 8 Krisengewinner Glück ist und bleibt immer bedroht, nicht der Tourist: »Dann brauchen Sie gar nichts nur durch Coronavarianten, auch durch all 9 Wer zahlt die Corona Zeche? mehr zu tun. Dann können Sie den ganzen 10 Das geht nicht mehr weg die anderen Nöte dieser Welt wie Kriege, Tag sitzen und glücklich auf Ihr Meer hi- Hunger, Flucht, Krankheiten und die vielen 12 Punkrock, bestuhlt!? nausblicken!« Der Fischer: »Aber das tue 14 Herzliche Grüße: Ihre Seelennöte und Ängste. ich doch jetzt schon«. Die Frage ist also: Was muss / kann man Urlaubsseelsorger:innen Liebe Leserinnen, hier hat einer sein Glück 16 Jugend- und Freizeitstätte Schloss tun für sein Glück? Jesus Christus hat sei- gefunden. Er hat es so sehr gefunden, nen Jüngern zu dieser Frage etwas sehr Baum wurde geschlossen dass er sich aus seinem Glückszustand ... sehr schön war die Zeit! Wichtiges gesagt. In seinen Abschiedsre- nicht mehr herauslocken lässt. Vielleicht den in Johannes 16,33b spricht er ihnen 21 Landessynode Juni 2021 kennen Sie ja auch jemanden, der definitiv 24 Aus der Landeskirche zu: »In der Welt habt ihr Angst; aber seid da angekommen ist, wo er immer hinwoll- getrost, ich habe die Welt überwunden«. 26 Termine und Veranstaltungen te. Und mal ganz direkt gefragt: Gibt es 28 Freud und Leid Mit anderen Worten: Christus hat diese in Ihrem Kopf auch die Vorstellung einer Welt mit ihrer Angst und ihrem Unglück idealen Lebenssituation, die maximales ganz durchschritten und am Kreuz und Glück und Zufriedenheit verheißt? in seiner Auferstehung überwunden. Er Was den Fischer betrifft, wäre noch die ist uns vorausgegangen ins Reich Gottes Frage interessant, ob er tatsächlich den hinein. Er dreht sich nun nicht mehr wie Rest seines Lebens zufrieden geblieben wir mit dieser Welt im Kreis. Er sitzt zur ist. Das Leben lehrt uns ja, dass unser Rechten seines Vaters und kann uns da- irdisches Glück etwas sehr Liquides sein rum einen festen Halt außerhalb dieser kann. Es fließt uns immer wieder leicht Welt geben. Dieser Halt besteht aus seiner aus den Händen. Und so sind die meisten liebevollen Lehre, dem Evangelium und Menschen immer wieder mal neu auf der dem Wirken des Heiligen Geistes in dieser Suche nach ihrem Glück. Welt. Der macht uns fähig zu lieben und Dazu ein Zitat von John Lennon, dem viel Freude zu empfinden, auch wenn das EL AN zu früh verstorbenen Mastermind der Leben schwierig ist. Der schenkt uns Frie- Magazin der Evangelisch-Lutherischen Beatles. Er hat in einem Interview gesagt: den ins Herz, macht uns fähig zur Geduld Landeskirche Schaumburg-Lippe »Als ich 5 Jahre alt war, hat meine Mutter und zur Freundlichkeit und Güte. Und -Landeskirchenamt- Pressestelle mir immer gesagt, dass das Glück der Er gibt uns die Kraft zur Bescheidenheit Bahnhofstraße 6 | 31675 Bückeburg Schlüssel zum Leben ist. Als ich zur Schule und Selbstbeherrschung (Galaterbrief Internet: www.LKSL.de ging, fragten sie mich dort, was ich wer- 5,22-23). All das hilft, besonders in diesen E-Mail: pressestelle@lksl.de den will, wenn ich groß bin. Ich schrieb schwierigen Zeiten dabei, ein glückliches ›glücklich‹. Sie sagten mir, dass ich die Leben zu führen. In der Jahreslosung 2014 Verantwortlich: Ulrich Hinz (uh) Aufgabe nicht verstanden habe, aber ich hieß es: »Gott nah zu sein ist mein Glück« Layout / Design: Karin Droste (kd) sagte ihnen, dass sie das Leben nicht ver- (Psalm 73,28). Unser Lebensglück hat also & Eike Büchner (eb) standen haben.« So beschreibt Lennon mit bestimmt etwas mit der Nähe Gottes zu wenigen Worten die Glückssuche seiner tun. Und das Erleben dieser, seiner Nähe Titelbild: 2021 © (eb) Nachkriegsgeneration und eigentlich auch wünsche ich uns allen immer wieder neu Mitarbeit: Beate Ney-Janßen (ade) aller weiteren Generationen bis heute. – besonders in dieser schwierigen Zeit. & Christiane Meyer (cm) Besonders in diesem Sommer wird ja die Herzliche Grüße, Ralf Schneckener Suche nach dem persönlichen Glück ein (Diakon im Landesjugendpfarramt) 3
Im Gespräch mit Anna-Nicole Heinrich – seit Mai 2021 neue Präses der EKD-Synode Vom 6. bis 8. Mai 2021 fand die digitale Tagung der 128 EKD-Synodalen der 13. Synode in Hannover statt. Zugleich tagten die Vollkonferenz der UEK und die Generalsynode der VELKD. Die neu gewählten und berufenen Synodalen wurden offiziell in ihr Amt eingeführt. Unsere Landeskirche wird vertreten durch Synodenpräsidentin Daniela Röhler und Pastor Ulrich Hinz. Am 3. Sitzungstag wurde das Präsidium der EKD Synode neu gewählt. Die 25-jährige Philosophie-Studentin Anna- Nicole Heinrich aus der bayerischen Landeskirche ist an die Spitze der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. Sie tritt damit die Nachfolge der bisherigen Präses Irmgard Schwaetzer an. Die 79 Jahre alte ehemalige Bundesministerin hatte die Synode fast acht Jahre lang geleitet. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutsch- land (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wertete das Ergebnis als »historisch«. Es sei ein »ganz starkes Zeichen für unsere Kirche« und zeige die Bedeutung, die junge Menschen für die Gestaltung der Zukunft hätten. © Peter Bongard Liebe Frau Heinrich, Sie sind ja in die Gemein- schaft der Christen und Christinnen nicht durch eine »klassische Tür« eingetreten? Wie fanden Sie hinein? Meine Eltern kommen aus Thüringen, Kirche spielte für sie keine Rolle, so dass ich auch nicht als Baby getauft wurde. In dem kleinen Ort Nittenau in der Oberpfalz, in dem ich aufgewachsen bin und Was macht eine Präses der EKD-Synode denn in dem fast alle zur katholischen Kirche gehörten, zwischen den Synodentagungen und neben den war ich damit aber eine echte Ausnahme. vielen Interviewanfragen? Das zeigte sich sehr deutlich bei der Anmeldung Zu meinen Aufgaben als Präses gehört mehr als zur Schule. Als meine Eltern sagten, ich wäre die Leitung der Tagungen. Gemeinsam mit dem nicht getauft, müsste also in den Ethikunterricht, Präsidium und dem Synodenteam im Kirchenamt erklärte die Sekretärin, dass es so etwas bei ihnen bereiten wir die Tagungen thematisch vor und nicht gäbe. Ich sollte mir eine Woche den katho- treffen uns dafür regelmäßig. Außerdem bin ich lischen und eine Woche den evangelischen Religi- Teil des Rates der EKD, der monatlich zusammen- onsunterricht anschauen und mich dann entschei- kommt. Dann gibt es Veranstaltungen, zu denen den. Weil es in der ganzen Schule gerade mal etwa ich eingeladen werde und Gespräche, die ich führe. zehn Protestant:innen gab, hatte der evangelische Und dann habe ich ja auch noch mein Studium, Religionsunterricht eine besondere Organisation meinen Job an der Uni und nicht zuletzt meinen und Gestaltung. Es gab kein richtiges Klassenzim- Mann, meinen Freundeskreis und meine Hobbies. mer, der Unterricht fand im Nachmittagsbetreu- ungsraum statt. Dort saßen wir im Kreis auf dem Wie kann die Kirche Ihrer Meinung nach junge Boden. Unterricht auf dem Spieleteppich – das Menschen zwischen 20 und 35 erreichen? überzeugt eine Sechsjährige. Dazu kam, dass ich Wir müssen unseren Glauben mehr nach außen mich mit den anderen gut verstanden habe. So bin tragen. Mir gibt mein Glaube viel – aber ich tue ich da reingewachsen. Nach einigen Jahren habe mich auch öfter schwer, das auch nach außen zu ich mich dann taufen lassen. kommunizieren. Da brauchen wir mehr Selbst- 4
© Peter Bongard »Wir müssen unseren Glauben mehr nach außen tragen. Mir gibt mein Glaube viel – aber ich tue mich auch öfter schwer, das auch nach außen zu kommunizieren. Da brauchen wir mehr Selbstbewusstsein.« bewusstsein. Ich finde unsere Botschaft für alle Wir müssen uns als Christ:innen aus der christli- spannend. Sicher ist es schwer, diese Altersgruppe chen Botschaft heraus in der Gesellschaft positi- zu erreichen – das liegt aber nicht an unserer Bot- onieren, engagieren und christliche Werte leben. schaft, sondern an der Lebenssituation von Men- Da müssen wir bei vielen Themen ganz laut sein schen zwischen 16 und 30 Jahren, wo ganz viel im und mit NGOs zusammenarbeiten. Das machen Umbruch ist. Daher ist es wichtig, dass wir diese wir schon bei der Seenotrettung, müssten es aber Situation gut begleiten und auf die jungen Men- auch bei Themen wie dem Klimawandel stärker schen zugehen. Wir müssen mit ihnen sprechen tun. Das hat für mich viel mit meinem Glauben zu und auf ihre Bedürfnisse eingehen. tun: Ich kann nicht nur Nächstenliebe predigen, ich muss sie auch leben. Wie haben Sie Kirche während der Corona-Pande- mie erlebt und wahrgenommen? Es gibt manche Was für eine Vision von Kirche tragen Sie in sich? Kritiker, die meinen, die Kirche hätte Chancen Ich wünsche mir eine Kirche, die allen Menschen vertan und zu spät reagiert. Wie und wodurch hat eine Heimat gibt. Die rausgeht aus der Bubble und Kirche nach Ihrer Einschätzung und Beobachtung mit Menschen spricht, die sie sonst nicht im Blick auch Hilfreiches und Positives beigesteuert? hat. Die sich einmischt und mutig Stellung bezieht. Die Kirche war sehr mutig und hat vieles Neues Wir müssen auch mal etwas riskieren. Wir wissen, probiert. Gerade auch im digitalen Raum. Es wur- dass wir kleiner werden und sparen müssen. Aber den Räume geschaffen für Leute, die bisher kein genauso wichtig ist es, Freiräume zu schaffen und konkretes Angebot von Kirche erhalten haben. etwas auszuprobieren. Ich wünsche mir, dass wir Natürlich hat nicht alles geklappt, aber es war gut, das mehr ermöglichen und dass mehr Menschen dass es probiert wurde. Nach der Krise müssen ausprobieren wollen. Und das völlig ergebnisoffen. wir gut prüfen, welche Sachen wir bewahren und Aus Fehlern, die wir dabei machen, können wir nur welche wir vielleicht gar nicht wieder anfangen lernen. wollen. Auch sollte man sichtbar machen, dass Kirche und ihre Mitarbeitenden in den stillen Gibt es einen biblischen Text / Vers, der Ihnen Momenten da waren, Trost gespendet haben und besonders am Herzen liegt und etwas über Ihr Menschen ganz individuell begleitet haben. Diese Gottesbild / ihr Kirchenbild / ihre Glaubensüber- Zeit bringt uns dazu unseren Blick noch stärker als zeugung aussagt? bisher einen Schwerpunkt auf Trauerprozesse und Ja, das Vaterunser, wie es im Matthäus-Evangelium Seelsorge zu legen. Wir werden nun genau hinse- steht. Ich verbinde damit meine ersten Erfahrun- hen: Was hat der Lockdown, was hat die lange Dis- gen aus dem Religionsunterricht. Es gibt mir die tanz mit den einzelnen Menschen und mit uns als Sicherheit, zu wissen, wofür ich stehe. Und es Gesellschaft gemacht? Das ist ein riesiges Thema, bietet immer wieder einen Anreiz, sich gemeinsam das unsere Aufmerksamkeit fordert. über christliche Fragen auszutauschen. In welcher Weise sollte sich die Kirche zu gesell- Liebe Frau Heinrich! Vielen Dank Ihnen für dieses schaftlichen und politischen Themen äußern? Interview. Wir wünschen Ihnen für ihre neue Wo sollte sich die Kirche unter Umständen aktiv Aufgabe Gottes bestärkenden Segen und seinen einmischen? inspirierenden Geist. 5
Das Leben nach Corona Drei Fragen Umfrage 1. Was ist das erste, das du nach Corona wieder machen wirst? Merle Kuehn, Levesen Was ist das erste, das du nach Corona wieder machen wirst? 2. Was nimmst du mit aus In den Urlaub fahren. dieser Corona-Zeit? Was nimmst du mit aus dieser Corona-Zeit? 3. Wirst du etwas Ich habe gelernt, selbstständiger zu sein und sein lassen? meinen Tag zu strukturieren. Wirst du etwas sein lassen? Ich nehme mir vor, nicht mehr ganz so oft am Handy oder iPad zu sein. Peter Knipping, Nordsehl ... wenn Corona vorbei ist, werde ich mit meiner Frau draußen eine Tour machen. Dann nehmen wir uns Zeit, setzen uns auf eine Bank und halten Rückschau auf die Coronazeit. ... mich hat erschreckt, wie uneinig die deutsche Politik in der Krise agiert. ... die Pandemie war für mich auch eine Zeit der Entschleunigung. Das will ich mir bewahren. Bärbel Erhardt, Lindhorst ... wenn die Außengastronomie wieder ohne Einschränkungen geöffnet ist, ohne Tests und ohne Maske, werde ich mich mitten in Stadthagen auf den Marktplatz setzen und einen Cappuccino trinken. Darauf freue ich mich. ... mir ist bewusst geworden, wie abhängig wir sind von Ärzten und Wissenschaftlern, die die Impfstoffe entwickeln. Und ich bin froh und dankbar, dass es solche Impfungen gibt. ... ich möchte mein altes Leben genauso wieder haben, wie es war. Ylvie Busche, Seggebruch ... ich freue mich total darauf, wenn ich irgendwann nicht mehr immer auf genug Abstand und Maskenpflicht achten muss. ... in der Pandemie habe ich viel mehr mit meiner Familie gemacht und da ist mir meine Familie noch wichtiger geworden. ... das möchte ich beibehalten und auch nach der Pandemie mehr mit meiner Familie unternehmen. Solvej Bushühl, Steinhude ... ich werde einen Flug buchen, um »nach Hause« zu fliegen, nach Irland! ... Online Shoppen ... zu realisieren, dass die Freiheit, die wir alle genießen nicht selbstverständlich ist. Zum Schutz aller Menschen. Egal ob geschwächt, erkrankt oder in der Pflege! 6
Es tut mir leid, aber Ihr Name steht nicht auf meiner Liste Sie möchten an der Trauerfeier für Frau Petersen teilnehmen? ... Wie heißen Sie? ... Gisela Müller? ... Es tut mir leid, aber Ihr Name steht nicht auf meiner Liste. Die Trauer- feier findet im engsten Familienkreis statt. So hat es doch auch in der Traueranzeige gestanden. Sie waren eine gute Freundin der Verstorbe- nen? ... Das mag ja sein, aber ich kann trotz- dem keine Ausnahme machen. Wie gesagt, ich halte mich streng an die © Bela Bergemann Liste, und da finde ich Sie nicht. Was meinen Sie? ... bei Wind und Wetter. Wir mussten uns kurz halten, zunächst durften wir Der Rückzug ins Private, Sie haben ein Recht darauf, Abschied noch singen, draußen natürlich ohne nehmen zu können? ... der ja schon länger zu Orgel, dafür mit Trompete oder Ak- Trauerfeiern sind öffentliche Veran- kordeon. Bald durften wir auch wie- beobachten ist, hat durch staltungen? ... der in die Kirche, aber immer noch die Pandemie noch einmal Ich kann Ihnen die Teilnahme gar mit nur wenigen Teilnehmern, und einen Schub bekommen nicht verwehren? ... dann durften wir nicht mehr singen, wir lauschten dem Orgelspiel und erkultur ist nicht mehr so wie vor Nun seien Sie doch vernünftig und mussten einen Mund-Nasen-Schutz Corona. Der Rückzug ins Private, der respektieren Sie den Wunsch der tragen. Wir waren um Abstand be- ja schon länger zu beobachten ist, Angehörigen. Die wollen im kleinsten müht und vermieden jegliche Berüh- hat durch die Pandemie noch einmal Kreis Abschied nehmen, ganz persön- rung. Kondoliert wurde mit Mimik einen Schub bekommen. Nein, ich lich. Ob ich das für richtig halte? ... und Gestik. Nach der Trauerfeier finde es auch nicht gut. Ja, natürlich Ich weiß nicht. Das habe ich auch gingen wir auseinander. Keine lan- hat die Kirche einen Öffentlichkeits- gar nicht zu entscheiden. Die Kinder gen Gespräche, keine Kaffeetafel. auftrag. Ja, sicher, das gilt auch für von Frau Petersen wollen das so, und Wie bitte? ... das Trauern. Aber was soll ich denn daran halte ich mich. Warum? ... Nein, das hat mir auch nicht gefal- machen? ... Weil ich es als meine Aufgabe an- len. Trotzdem hatten diese Trauer- Sie haben gut reden: Einfach ma- sehe, die Familie in ihrer Trauer zu feiern eine ganz besonders dichte chen. Nein, noch einmal, Sie können unterstützen und ihr auf dem Weg Atmosphäre. Als ob die unheimliche nicht kommen. Wer das entscheidet? der Trauer Trost und Halt zu ge- Corona-Bedrohung einen deutlich ... ben. Und es war der ausdrückliche sensibler für Tod und Sterben und Wunsch der Kinder, dass wir die für das Abschiednehmen gemacht Na, ich, nein, die Familie. Trauerfeier ganz genauso gestalten hat. Was? ... Frau Müller? ... wie schon bei ihrem Vater. Ja, ich Frau Müller? ... Ja, Corona ist schon lange vorbei. weiß, damals hatten wir noch Co- Zurück zur Normalität? ... Aufgelegt! Na toll, wo kommen wir rona. Da war alles anders. Anfangs Das denke ich nicht. Die Pandemie denn hin, wenn jeder macht, was er durften wir noch nicht einmal in die hat uns verändert, nachhaltig. In will? ... Kirche gehen. Da standen wir mit den engsten Angehörigen am Grab, vielerlei Hinsicht. Auch unsere Trau- Pastor Norbert Siemens, Glücksburg 7
Krisengewinner D ie Hoffnung wächst. Die dritte Welle der Pandemie ebbt ab. Und mit etwas Glück und viel Diszip- die Universität und vermissten Ihre Freunde. Nein – das wünsche ich nicht noch mal – auch wenn solche konsumieren, immer mehr verbrau- chen, immer schneller leben: das kann nicht gut gehen. Unser Lan- lin werden wir auch die vierte Welle Epidemien immer mal wieder vor- desbischof Dr. Manzke und Pastor im Herbst / Winter meistern können. kommen werden. Gräber haben in ihrem Papier diesen Zeit zurückzuschauen, Bilanz zu zie- Lebensstil »riskant und überheblich« hen nach 1½ Jahren Pandemie. genannt. Und genau das ist er. Rück- Da muss ich mich als »Krisenge- kehr zur Normalität ist Rückkehr zur winner« outen und gestehen, dass Risikogesellschaft und zur Überheb- diese Zeit mir viele Vorteile ge- lichkeit. bracht hat. Die Ruhe – statt »Kehrt um und glaubt an das des auch nachts dröhnenden Evangelium.« Das ist für mich Verkehrs um unser Haus ver- die Botschaft des Glaubens. misse ich schon jetzt. Die von Die Pandemie ist nicht Got- uns betreuten Enkelkinder tes Strafe, sondern von Men- beglückten uns jeden Morgen schen gemacht und Folge mit ihrer Fröhlichkeit und unseres Lebensstil. Gott will Lebenslust – in der Zeit der uns nicht strafen, sondern Trauer um unseren verstorbe- dass wir umkehren. Was dazu nen Sohn konnte uns gar nichts nötig ist, wissen wir alle: weni- Besseres geschehen. Natürlich ger CO2 produzieren, weniger habe ich Kontakte zu Freunden Autofahren, weniger Fliegen, vermisst. Aber auch viele tiefer Plastik vermeiden, Urlaube redu- gehende Gespräche erlebt. Got- zieren, mehr auf Abstand achten, in Ansteckungszeiten Mundschutz muss ich mich als tragen, große Versammlungen mei- »Krisengewinner« Doch auch wenn darüber kaum den und... und... und. Die Liste ist outen und gestehen, berichtet wird: Die Zahl der Gewin- lang. Wir wissen das. Aber tun wir dass diese Zeit mir viele ner ist sehr groß, vermutlich höher es auch? Vorteile gebracht hat als die der Verlierer. Und ich finde es nach wie vor beschämend, dass Rückkehr zur Normalität ist die Politik keinen »Solidaritätsfond« Rückkehr zur Risikogesellschaft tesdienste im Fernsehen geschaut hingekriegt, sondern (offenbar billi- und zur Überheblichkeit und viele gute Ideen erlebt – auch in unseren Kirchengemeinden. Und Fordern ist wohlfeil. Machen ist Die Zahl der Gewinner ist das Geld stapelt sich auf dem Konto. nötig. In den Kirchengemeinden Die Pension kommt pünktlich; große sehr groß, vermutlich höher als die der Verlierer sollten wir damit anfangen. Haben Unternehmungen oder Anschaffun- wir in den Kirchengemeinden und in gen blieben aus. Ich habe gewonnen unserer Landeskirche Arbeitsgrup- – zumal ich nicht erkrankte und nun gend) in Kauf genommen hat, dass pen, die alle unsere Arbeitsberei- schon zweimal geimpft bin. die Reichen immer reicher wurden che darauf durchleuchten, was wir Wünsche ich mir also noch so eine und die Armen immer ärmer. So ändern können und wollen? Und Pandemie? Gott bewahre: Nein! war das immer bei Epidemien – aber warum nicht? Zu schlimm waren die Folgen für sollten wir nicht klüger geworden sein? Stattdessen wirtschaften wir Es ist an der Zeit umzukehren, andere. Zu viele Menschen sind an damit wir nicht umkommen. Denn Corona gestorben oder durch die mit Schulden, die die heutigen Kin- der zahlen müssen. Gott will nicht den Tod des Sünders, intensivmedizinische Behandlung sondern das er umkehre! für ihr Leben gekennzeichnet. Zu Nun beginnt langsam wieder das, viele haben ihre Arbeit verloren, ihr was man die »Normalität« nennt Reiner Rinne, Geschäft schließen müssen. Viel zu – die aber in Wahrheit nicht nor- Superintendent i. R. viele Kinder und Jugendliche konn- mal, sondern ein völliger Irrsinn ist: ten nicht in die KITA, die Schule oder immer mehr arbeiten, immer mehr 8
Wer zahlt die Corona Zeche? Die Frage bewegt die Gemüter. Wer soll die hohen Kosten der Corona Pandemie aufbringen? D ie Reichen, die Armen, alle irgendwie? Der Staat durch höhere Steuern oder Stellenabbau und Kürzungen bei den Sozialleis- tungen? Zunächst einmal gilt es, die tatsächliche Höhe der Kosten zu erfassen. Das ist aber gar nicht ein- fach, denn nur z.T. bilden sie sich in höheren Schulden ab, die beim Staat anfallen. Gravierend für die Zukunft sind auch Einnahmeausfälle in vielen Unternehmen, die die Kapitaldecke aufgefressen haben. Andere haben aber auch floriert und beträchtliche Gewinne gemacht. Viele Privat- personen haben ihre Sparanlagen erhöhen können, während sich bei anderen die Armut wieder verfestigt hat. Alles hängt davon ab, dass die Wirtschaft hochfahren kann und Arbeitsplätze wieder stabil werden. Dafür braucht es möglicherweise noch weitere Konjunkturhilfen. Prof. Dr. Gerhard Wegner leitete von 2004-2019 das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD Aber natürlich ist klar, dass Corona viel zusätzliches Geld gekostet hat. An ihm sollte nicht gerüttelt wer- Es war nötig, um massive Einbrüche Es war der Sozialstaat, den! Und es waren insbesondere in wirtschaftlichen und sozialen der uns durch die Krise die großen Leistungen der Pflege- Bereichen zu vermeiden. Deswegen getragen hat. An ihm sollte kräfte, denen die Rettung vieler sind auch neue Schulden entstan- nicht gerüttelt werden! Menschenleben zu verdanken ist. den. Normalerweise würde man nun Ihnen müssen deswegen auch fi- sagen: sofort schnell zurückzahlen! und dann können Schulden auch nanziell Anerkennungen durch hö- Schulden sind nicht gut. Aber da belastend sein. Es war die insgesamt here Löhne zukommen. Es braucht überrascht uns der Ökonom, Dr. vergleichsweise geringe deutsche einen einheitlichen Flächentarif- Andreas Mayert vom Sozialwissen- Schuldenquote, die das Aufbringen vertrag! schaftlichen Institut der EKD. Schul- von Geldern in der Krise erheblich erleichterte. Wir sollten uns jetzt nicht in De- den jetzt zurückzuzahlen wäre für batten über die Abrechnung der Deutschland falsch, denn deutsche Dennoch werden jetzt wieder Ein- Corona Kosten verrennen. Der Blick Staatsanleihen werden z.Z. negativ schnitte in Staatsleistungen disku- muss nun wieder nach vorne gehen: verzinst, d. h. dass die Kreditgeber tiert. Ein jetzt erfolgender Sozial- Was ist nötig, um eine wirklich sogar noch dafür zuzahlen, dass sie abbau wäre aber ungerecht, weil nachhaltige Wirtschaft und Ge- Deutschland Geld leihen können. er diejenigen, die am meisten unter sellschaft zu gestalten, die den zu Den Abbau der Schulden jetzt zum Corona gelitten haben, noch zusätz- erwartenden ökologischen Katast- Staatsziel zu erklären hätte also eine lich bestrafen würde. Das könnte rophen begegnen kann? Das ist die falsche Wirkung. Panische Reaktio- die Spaltung der Gesellschaft, um alles entscheidende Frage. Corona nen sind also sicherlich nicht ange- deren Vermeidung man sich ja in der war nur ein Vorgeschmack. bracht. Das ändert allerdings nichts Krise bemühte, erst richtig lostreten. daran, dass sich irgendwann die Es war der Sozialstaat, der uns durch Prof. Dr. Gerhard Wegner, Situation auch wieder ändern kann, die Krise getragen hat. Vorsitzender des Nds. Bundes für Freie Erwachsenenbildung Publizist, Pastor i.R. 9
Das geht nicht mehr weg Neue gottesdienstliche Formate und spirituelle Praktiken Foto: © uh In den letzten Monaten entstanden Zoom-Gottesdienste Und weiter? unzählige neue gottesdienstliche Die Pfarrerinnen Ruth Nakatenus Versuch einer Prognose Formate. Sie waren zunächst viel- und Esther Philipps aus der Frie- Irgendwann wird diese Pandemie leicht »Notlösungen«, haben sich densgemeinde Pforzheim (Badische zu Ende sein. Christian Drosten aber längst als etwas entpuppt, das Landeskirche) feiern seit April 2020 wird wieder mehr Zeit zum Gitarre zeigt, wie Gottesdienst, Spiritualität, regelmäßig Gottesdienste via Zoom, spielen haben. Wir werden wieder Glaubenteilen gegenwärtig gedacht die sich an der einfachen, klassi- ohne Masken Zug fahren können, werden können – auch ohne die schen Sonntagmorgen-Gottesdienst- werden reisen, in Chören singen, Zwänge einer Pandemie. Eine kleine Form orientieren. Für die Gebete Restaurants, Konzerte und analoge Auswahl dieser neuen Formate wer- und manchmal auch die Predigt Gottesdienste besuchen ohne an- den vorgestellt und dann ein kühner nutzen sie die Chatfunktion, was derthalb Meter Abstand zu allen Ausblick auf die Zukunft von Predigt den Gottesdienst interaktiver macht anderen. Aber eins ist klar: es wird und Verkündigung gewagt. als viele analoge Gottesdienste. Am nicht wie zuvor. Auch nicht in unse- Gemeindebrief mit Anleitungen Ende eines jeden Gottesdienstes hal- ren Gottesdiensten, Andachten und für Andachten zuhause ten alle eine Schnur so vor den Bild- spirituellen Praktiken. Pfarrerin Birgit Molin aus Thüringen schirm, dass sich die Zoom-Fenster Denn viele fragen sich jetzt schon: (EKM) gestaltete eine Extraausgabe miteinander verbinden. Werde ich je wieder wie im Bus des Gemeindebriefs für die Kar- und Aus Berlin und Zürich kommt das in einer Kirche sitzen wollen und Osterwoche 2020. Für jeden Tag gab regelmäßige Zoom-Gottesdienst- das beten, was die vorne betet? es darin eine kleine Liturgie samt Format »Brot & Liebe«. Dort werden Jetzt, wo ich bei einem Zoomgot- Bibeltext und Hinweisen auf Rituale Geschichten zu einem Thema erzählt tesdienst den anderen ins Gesicht aus der Tradition, aber auch etwa und dann gemeinsam Abendmahl sehen konnte und meine Bitte in den einem Rezept für Osterbrot. gefeiert. Chat schreiben? Jetzt, wo ich mich Ähnlich haben viele Gemeinden und Weitere Formate selber umsah nach den Spuren des teilweise auch ganze Landeskirchen Wer Lust auf mehr Ideen hat, Heiligen Geistes in der Welt? Wo ich Weihnachtsliturgien zur Verfügung google einmal die Netzgemeinde von einer Kanzel auf ein Labyrinth gestellt. da_zwischen, suche auf Twitter nach aus Laub schaute? Will ich je wieder Eine Vorlage für all das war das #twomplet und bei Instagram nach eine nach Schrank schmeckende Konzept »Gottesdienst Zeitgleich« #gospelnachkaramo. Und kaufe die Hostie essen - wo ich das Brot fürs des Michaelisklosters: www.micha- Michaeliskloster-Zeitschrift »Für Abendmahl zusammen mit anderen eliskloster.de den Gottesdienst« auf www.micha- vor dem Bildschirm in meiner Küche eliskloster.de. In den Ausgaben 91 gebacken habe? Werde ich wieder (November 2020) und 92 (Mai 2021) zurück ins Gemeindehaus wollen, wo gibt es zahlreiche Praxisbeispiele es draußen im Stadtteil unter freiem samt Reflexionen dazu. 10
Himmel so lebendig war und so ganz und mit ihren Hörer*innen. winkendem Verkündigungsengel andere Menschen vorbei kamen? Manche von uns werden weniger und der live gelesenen Weihnachts- Es ist zu früh, um wissen zu können, senden und mehr Sprach- und Aus- geschichte aus Lautsprechern … wie es im Detail weitergehen wird. drucksräume für andere ermögli- Im Netz: Youtube, Facebook, Insta- Aber für mein Hauptarbeitsgebiet chen. gram, der eigene Whatsapp-Status: Predigt und Verkündigung wage ich Das vereinzelte tragische Prediger* all das werden weiter Orte einer doch ein paar kühne Thesen: innen-Genie am Schreibtisch wird je- Evangeliumsverkündigung sein, die Kürzer & echter denfalls wohl ein seltenes exotisches gegenwärtig und kontextuell ist. Tier werden. Zum Glück. Ich freu mich drauf. Es wird nicht die eine Form geben, sondern viele verschiedene, die ein- An mehr & anderen Orten ander ergänzen. Die Orte der Verkündigung werden Birgit Mattausch ist Predigten in klassisch analogen got- sich verschieben – auf vielen Ebe- Pastorin und Referentin am tesdienstlichen Kontexten werden nen: Michaeliskloster Hildesheim, kürzer und persönlicher werden, Innerhalb des Kirchenraums: wer dem Gottesdienstinstitut der zeugnishafter als bisher in der groß- wird noch auf eine Kanzel wollen, Landeskirche Hannovers. kirchlichen Landschaft – das werden wenn er*sie Menschen ins Gesicht Prediger*innen z.B. auf Insta und schauen konnte? Wird die Altarstufe in Zoomgottesdiensten wie Brot the place-to-be? Sitzend womöglich? & Liebe gelernt haben. Vielleicht Außerhalb: der öffentliche Raum ist werden sie bereichert durch Musik endgültig als Ort der Verkündigung und Performance-Elemente – eben entdeckt worden: Predigten zum aus: MusikundKirche 3/2021 durch das, was digital nicht so ein- Mitnehmen, Kreidebotschaften, www.musikundkirche.de fach möglich ist. Getaptes, ein durch die Stadt fahren- Wir danken für die freundliche Länger & plaudernder des Auto mit aus dem Schiebedach Genehmigung zum Abdruck! Theologische Vorträge und Lehr- predigten werden andere Formen und Formate finden: Podcasts und Videos on demand. Von einzelnen oder mehreren, die miteinander Anselm Grün gsmöglichkeiten vorb. über ein Thema reden. Das reflab Meine Musik-Rituale und Worthaus machen es schon lange vor. Man wird sie hören wäh- – Irrtum, Preisänderung und Lieferun rend man spült oder läuft, nicht mehr in kalten Kirchen auf unbeque- men Bänken. Kollaborativer & ermöglichender € = geb. Euro-Preis in Deutschland Die Entstehungsprozesse von Pre- © Julia Martin, Abtei Münsterschwarzach digten und anderen Verkündigungs- formaten werden kollaborativer sein. Die digitale Welt, mit der nun fast alle endlich Erfahrungen ge- sammelt haben, ist ja nicht einfach ein technisches Tool, sondern ein Anselm Grün - Meine Musik-Rituale Mindset: Social Media sind da für Wie Musik uns verwandelt den Austausch, sie kennen keine Ein- bahnstrassenkommunikation (auch 158 Seiten, gebunden • Ein Buch für unsere krisenhafte Zeit: aufbauend, kritisch, heilend, tröstend, ISBN 978-3-7618-2600-3 • 19,95 € wenn es immer noch landeskirch- stärkend, seelsorgerlich, politisch aufmunternd, spirituell nährend, liche Social-Media-Accounts gibt, Der Autor: lebensnah Anselm Grün ist Benediktinermönch, spi- die meinen, Losung plus Stockfoto ritueller Begleiter und Autor vieler Bücher • Neue Hör-Perspektiven auf bekannte und niemals auf Fragen antworten mit einer weltweiten Auflage von über 20 Millionen Exemplaren. Musikstücke und deren existenzielle sei ein hilfreiches Konzept). Social Anselm Grüns Leidenschaft für die Musik Veränderungskraft und seine spirituelle und therapeutische Media sind auf Resonanz ausgelegt, Kraft finden in diesem Buch auf faszinie- • Nie eng religiös, sondern hilfreich und auf liken, herzen, kommentieren, rende Weise zusammen. bereichernd vernetzen. Prediger*innen werden unter diesem Eindruck mehr im Aus- Bärenreiter w w w.baerenreiter.com tausch sein als früher: miteinander 11
Punkrock, bestuhlt!? E ine zerzauste Meise flattert auf den Balkon, lässt sich 20 Zentimeter neben Timos Kopf nieder und pickt die letzten Krümel aus dem Meisenknödel vom Winter. Alle schauen hoch, alle lächeln. Und alle sehen ähnlich zerzaust aus wie dieser Vogel. Vergangene Nacht haben sie in Hannes Geburtstag hineingefei- ert. Tolle Party! Da sind sich alle einig. In einem Zimmer gab es eine Cocktailbar, in der Küche einen Falafel-Stand. Weinverkostung, Kneipen-Quiz, Kiosk und Karaoke- Show haben sie auf die anderen Räume verteilt. Hannes, der öffent- liche Auftritte hasst wie die Pest, hat mit seiner Freundin Linn im Duett gesungen. »Bolle reiste jüngst zu Tiefes Luftholen ringsum. Das ist Immerhin: Sie konnten sich zu viert Pfingsten…« In Erinnerung daran ein Szenario, von dem alle hoffen, amüsieren. »Eine krasse Privilegie- stimmt die verkaterte WG mit Elan dass es nicht kommt. »Es würde das rung«, sagt Hannes. In der WG leben ein weiteres Mal das Geburtstags- Studieren nachhaltig verändern«, zu dürfen. Nicht einsam zu sein. lied an: »Heute kann es regnen, sagt Daniel. Sich leibhaftig in die Au- Führt dieses andere Szenario dazu, stürmen oder schneien …« gen sehen, in den Pausen bei Kaffee dass WGs aussterben? Uni-Städte und Kippe miteinander reden. Das verwaisen? Ja, solch eine außergewöhnliche macht doch ein Studium erst aus. Party hätten sie nicht gefeiert, wenn Eine WG auch schließlich auch ein Erst recht bei ihnen, die sie alle Stu- großer Infektionsherd. Vier Men- Corona nicht wäre. Hätten sich nicht dienfächer im sozialen Bereich ge- so ins Zeug legen müssen, sondern schen, die jeweils mindestens einen wählt haben. Werden Abiturienten Job haben. In Behinderten- oder hätten Hannes unter den Arm ge- in Zukunft in ihren Kinderzimmern nommen und wären mit ihm um Wohnungslosenhilfe, Jugendzen- bleiben? Nicht mehr aufbrechen, trum, im Baumarkt. Die jeweils die Häuser gezogen. In Hildesheim, sich freischwimmen vom Elternhaus, wo Hannes, Timo, Daniel und Tobi Partner:innen haben. Da kommen die Welt entdecken? Wo bleibt dann viele wechselnde Menschen zusam- studieren und sich eine Wohnung die Dynamik, die gerade diese Le- teilen. Die Pandemie hat also durch- men. Auf 110 Quadratmetern. benszeit ausmacht? aus auch ihre guten Seiten. Ande- »Bislang hatten wir Glück«, erzäh- rerseits … len sie. Niemand hat sich infiziert. In Chorgesang allein im Zimmer Wird es wieder so, wie es nie war? Quarantäne ist der eine oder andere Daniel erinnert sich nur zu gut an aber geraten. Daniel zu Weihnach- Das ist unsere Frage an die WG. den Chor-Kurs, den er belegt hatte. ten. Es gibt dieses Foto. Er allein an Oder: Was glaubt, hofft oder be- Da stand er dann in seinem Zimmer einem Tischchen, das die anderen fürchtet ihr, wie es werden wird? vorm PC und hat zwar im Chor, aber ihm möglichst festlich geschmückt Timo erzählt von der Kommilitonin, eben doch für sich allein gesungen. haben. Ein tapferes Grinsen im Ge- deren Dozent:innen schon ange- Nicht prickelnd. Auch wenn seine sicht. Aber auch die hängenden deutet haben, auch in Zukunft ihre Mitbewohner jedes Mal an der Tür Schultern sprechen Bände. Seminare online geben zu wollen. gelauscht und sich köstlich amüsiert Weil das so einfach sei. haben. 12
Timo hat seine Eltern Weihnachten & Drublic« im November. Sich aus- schultern müssen. Das verlorene nur beim Grillen im Garten gesehen. toben, laute Musik hören, das ge- Jahr, das ihnen an der Rente fehlen Und Hannes hat mit seiner Mutter meinsame Erlebnis. »Vor einem wird. Gar nicht einfach, jung zu sein einen Spaziergang samt Bescherung Punkrock-Konzert einen Identitäts- in diesen Zeiten. über Hildesheims Friedhof gemacht. nachweis abliefern zu müssen, ist Allzu sehr wollen sie den Kopf aber Schön auf Abstand. Ein Fest der Her- aber ganz schön heftig«, sagt Han- nicht hängen lassen. Wie gesagt: Sie ausforderungen. Das ihnen allen im nes. Er hat noch das einzige Konzert haben sich. Sie haben Arbeit. Fami- Gedächtnis bleibt. aus 2020 im Hinterkopf, zu dem er lie. Den Wert von Freundschaften mit Linn gehen konnte. Bestuhlt! haben sie noch mehr schätzen ge- Biergartenbesuch Sitzen wollten sie eigentlich erst lernt. Und das Glück an den kleinen wird zum Erlebnis dann, wenn sie mit AOK-Shopper Dingen des Lebens. Das nächste unterwegs sind. Weihnachtsfest wieder im Wohn- Angesichts solcher Erlebnisse wür- digen sie jede wiedergewonnene »Punks not dead« steht auf einer zimmer mit der Familie feiern zu kleine Freiheit umso mehr. Wie neu- Fußmatte vor der Haustür. Durch können zum Beispiel. Die große Lust lich den ersten Besuch im Biergar- solche Beschränkungen womöglich aufs Reisen habe er gar nicht mehr, ten. »Wir waren alle so aufgeregt!«, doch? sagt Weltenbummler Timo, der kurz sagt Tobi. Der Regen, der beim Bier vor Corona noch für Monate nach auf sie herunter pladderte? »Scheiß Nicht einfach, jung zu Panama flog. Viel wichtiger sei es egal!« sein in diesen Zeiten ihm jetzt, Freunde wieder treffen zu können. So verschieben sich die Große Hoffnungen setzen sie auf Sorge macht ihnen auch die Aus- Prioritäten. die ersten Konzerte, die jetzt für sicht auf die ferne Zukunft. Die den Herbst angekündigt sind. »Punk Staatsschulden, die sie eines Tages (ade) 13
lic h e Gr ü ß e Her z rg er :in n e n r la ub s s e elso Ihre U Zurzeit bin ich auf der – eine Woche Insel Spiek vor Pfingste eroog u n d A n d a ch n . G ottesdien Herzliche Grüße: Ihre te n f in d e n ste ruht das kir stat t, a ns o Urlaubsseelsorger:innen chliche Lebe n ste n gen kommen n. Se erste Tourist it einigen Ta- Die Inselgem en auf die I nsel. einde ist vor Saison. U rla bereitet auf uberpastorin d werden bis in nen und -past ie den Herbst oren Alte Inselk hier sein. Ab Aren d de irche kann n er die Vries is t O den, da sie icht genutz Pa stor, Pr st friese, zu klein ist. t wer- ior des Klo Loccum u ster s K irch e k ö n n U nd in der n d war bis e n sta t t 2 Ne ue n sein er Pen zu Personen an 8 0 h ö chste sionierun g wesend sein n 60 Geis tliche r Viz eprä Z a hl d e r G . Darum wir L an deskir sident im ot tesdienst d die chen amt werden müss e deutlich e In sein er Han n over. en und Vera rhöht Freiz eit ü er ver tretu ber nimmt draußen verl nstaltungen n gsweise egt werden. nach Urlauber se die an den Stra Am besten g elsorge au nd … leich f Spiekero og . 14
eit im v ie le d ie schönste Z fü r noch U rlaub ist in d ie s e m S o mm e r dürf t e f te n Jahr. Das E r w a r t ungen d ür me h r g e lt e n . D ie re it u n g o ß s e in . V o r b e en d g r mic h: e n t s p re c h e it b e d e u te t f ü r la u b s z n in der a uf d ie U r aterial zum A uslege M che für rechtzeitig che bestellen, die Kir at Pa sto r Kir geöffneten orbereiten und vor a llem die mein de h n eere n Sein e Ge in S c h gv k tu e ll Kanjah n r die Öf fnun em e in d e a Friedrich tein hude der K irc h e n g e- a r d o r f am S c h in H o m e pa g e m ir d e r Blick für B u n d M o r t k üm m e r t e r si e m D a t e n z ud htig is t : kirch- Meer. halten . Wic U rlauber*innen. A lso d e n So m mer mo n Ferien gä ste. o n ö g li c h ub e r u n d dürfnisse v e s o sic ht ba r w ie m es- u m U r la li c h e A n g e bot e n G ot t u n d a u ch die geplant rtungen machen – ubserwa s te im B li ck auf U rla ich auf Sehn- dien it will n . U n d dam c h t n a c h L e b e n , vorbereite nsu a c h te n : S e h ng . s ü c h t e n g , n a ch A nerkennu ll u nach Erfü C uxhaven h at sechs M g u n g sv e r b o onate Behe t m it O n li n rber- u n d Po d ca s e g o t tes d ie t s ü b e r b rü n ste n A usbau der ck t u n d m it U rlauberkap dem ist bis W eih elle begonne na chten nic n. Sie a u ch a ls Ba ht n ut zba r, uste lle ein e a be r Spendenakq A t tra k tio n uise für den . D ie Herausforde Ausbau bleib rung . Solang t eine dienste und e f inden G ot tägliche A n tes- und E r wa ch gebote für sene im Du K in der Plätze) und hner K ursa Maike Selm d e r Du h n e r a l (6 0 ay Plätze) sta G rundschule mit Sit z im r is t Pa storin tt. Eine spa (20 S e e b a d Cu fü r a ll e im nnende U mst Ihre vor ra xhaven . S omme r 2 0 ellung n gige Aufg is t die Ur abe dor t und M itarb 21 . K u r pas lauber seels eiterteam f to re n orge. B egeg n u n g re uen sich au mit U rlaube f die von A ngesic rn endlich w ht zu A nge ieder sicht! 15
Jugend- und Freizeitstätte Schloss Baum wurde geschlossen ... sehr schön war die Zeit! Jugend- und Freizeitstätte Schloss Baum wurde geschlossen ... sehr schön war die Zeit! Zum 31. März 2021 wurde der Betrieb der Freizeit- Zum Team, dass sich zusammen mit Klaus Bratherig- und Tagungsstätte Schloss Baum des Evangelischen Harms um Gastfreundlichkeit, Sauberkeit, Problem- Jugendwerkes e.V. eingestellt. Seit 1988 wurde diese lösungen, das ein oder andere Wehwehchen, die weit über die Grenzen Schaumburgs hinaus bekannte Verpflegung und vieles mehr kümmerte, gehörten im Einrichtung von Heimleiter Klaus Bratherig-Harms Laufe der zurückliegenden Jahrzehnte im Reinigungs- geleitet. In den vergangenen 33 Jahren waren Kinder- Team Christel, Hannchen, Marion, Waltraud, Silke, gartengruppen, Konfirmandenkurse, Gemeindegrup- Jasmin, Mareen, Rosi, Silke, Anja und André und in der pen, Schulklassen, Familien, Musiker:innen, Schüler- Küchen-Crew Annegret, Heike und Anette. vertretungen, Naturkundler:innen, Hochzeits- und Stellvertretend für viele erinnern sich ehemalige Gäste Geburtstagsgesellschaften, Teamerkurse, Theatergrup- aus unterschiedlichen Bezügen an ihre Aufenthalte auf pen, Jagdgesellschaften, Tanzfreudige, Landfrauen, Schloss Baum. Zusammen mit ihnen danken wir Klaus Leitungsgremien und Gruppen aus Kirchengemeinden Bratherig-Harms und seinem Team sehr herzlich für und anderen unterschiedlichen Zusammenhängen dort die wunderbare und unvergessliche Zeit! zu Gast. Ein Ort wunderbarer Freizeiterfahrungen Wenn ich an das Jahr 2010 zurückdenke – an das der wunderschönen Umgebung, an der Zeit für erste Jahr meiner Mitarbeit in der Landeskirche Gespräche und das Beisammensein, an der Zeit Schaumburg-Lippe – dann erinnere ich mich an für Begegnungen. Das liegt aber natürlich auch viele Besuche in den Kirchengemeinden und bei besond ers an den Mitarb eiterin nen und Mit- Bürger innen und Bürger n in Schaum burg. Bei arbeitern und an dem unvergleichlic hen Klaus Funktionsträgern, aber auch bei Frauen und Män- Bratherig-Harms. Er hat auf den Schultern sei- nern, die unsere Region wesentlich mitgestalten. ner Vorgänger im Amt diesen Ort entscheidend Und dann steht mir erneut vor Augen, wie viele geprägt. Und das wird bleiben. Person en mir, wenn wir auf die Landes kirche Corona hat ein Übriges getan, dass der Verein Ev. Schaumburg-Lippe zu sprechen kamen, davon in Jugendwerk nun mit seinem Vorstand beschlossen glühenden Farben erzählten, wie wichtig in ihrer hat, den Tagungsbetrieb in Schloss Baum enden zu Kinder- und Jugendzeit Aufenthalte in Schloss lassen. Das ist ein Einschnitt auch für unsere Lan- Baum gewesen sind. deskirche. Das macht auch mich sehr wehmütig. Schloss Baum verbinden viele Schaumburgerinnen Die Fürstliche Hofkammer wird nun gewiss Über- und Schaumburger mit ersten Erfahrungen, in legungen anstellen, ob und wie dieser wunderbare einer Gruppe unterwegs zu sein. Erste Übernach- Ort weiter genutzt werden soll und kann. Er bleibt tungen, das erste Mal von zu Hause weg, Gemein- vielen Schaumburgerinnen und Schaumburger und schaftserfahrungen in Sport und Spiel in herrlicher Menschen aus allen Teilen des Landes als ein Ort Atmosphäre und Umgebung. in Erinnerung an wunderbare Freizeiterfahrungen, an Konzerte am Sonntagabend und an eine gast- So ist Schloss Baum über viele Jahrzehnte hinweg freundliche und fröhliche Kirche. nicht nur für Schaumburgerinnen und Schaum- burger ein Ort, mit dem sie sehr positive und Dr. Karl-Hinrich Manzke, stärkende Erfahrungen verbinden. Das liegt an Landesbischof 16
Wenn alte Steine erzählen könnten Liebe altes, spätbarockes, ehrwürdiges Jagd- schloss Baum, was könntest du uns für Geschich- ten erzähle n, Geschi chten, die du in und um deine Mauern erlebt hast. Seit etwa 1760 stehst du im Schaumburger Wald, Grafen, Fürstinnen, Jagdgesellschaften, Menschen jeglicher Couleur, Reiche, Arme, Alte, Junge sind bei dir ein- und ausgegangen. Auch ich war ein Teil dieser Geschichte von 1978 bis 1987. Was könntest du mir aus dieser Zeit erzählen? Woran erinnerst du dich mit Freude, aber auch mit Grausen? Erzähl mir doch von den vielen Silvesterfreizeiten mit übervollem Haus. Kannst du dich an den zugefrorenen See erinnern, der bis lange nach Mitternacht von fröhlichen, lachend en, jauchzenden Jugend lichen bei Ker- zen- und Fackelschein belegt war? Siehst du die Lagerfeuer, an denen Jungen und Mädchen sitzen, singen und sich Geschichten erzählen. Könntest du mir von dem Pfingsttreffen erzählen, das bei- nahe buchstäblich ins Wasser fiel. Siehst du noch den LKW mit 5 Tonnen Kies, die ins Zelt gekarrt Neuer Schlossherr, der deine alten Mauern wurden, damit sich dort dann die Jugendlichen neu erstrahlen ließ und anregendes, schönes, treffen konnten. kreatives Leben in dein Gemäu er einhau chte. Oder sind dir noch die angeregten Gesprä che Ja, liebes Jagdschloss Baum. Was könnten deine im Ohr, Gespräche über Erzählungen der Bibel, Steine erzählen? Und was erzählen die damaligen den Glauben, das Leben mit Gott und das Leben Jugendlichen heute? Vielleicht erinner t sich der überhaupt. Und dann die Diskussionen bei Mit- eine und die andere im Laufe des Lebens daran – arbeiterseminaren. Gruppenarbeit oder offene ja damals in Baum. Fast hätte ich gesagt, bleib so Jugendarbeit, missionarisch, biblisch orientiert wie du bist, altes Gemäuer. Wahrscheinlich bleibst oder einfach so. du so, doch das Leben in um deine Mauern verän- Oder dann die Samstagabende nach dem Volley- dert sich, aber die Geschichten und Erinnerungen ballturnier. Musikgruppen im Geweihsaal oder bleiben. einfach nur chillen und abhäng en. Manchmal Claus Jesch, Jugendreferent in hattest du sicherlich Sorge, ob deine Decke hält, Landesjugendpfarramt 1978-1987, jetzt wenn im Saal oben Jugendliche tanzten und fei- im Ruhestand. Davor Dozent und Referent erten. Unten im Speisesaal dann aber die Lampen im Haus Birkach das Bildungszentrum der gewaltig in Schwingung gerieten. Vieles könntest Landeskirche Württemberg. Arbeitsbereiche du noch erzählen, auch über die Zeit nach 1987. Prädikantenpfarramt und ökumenische Was haben die Veränderungen mit dir gemacht? Arbeitsstelle Kirchen Raum Pädagogik Ein ehemaliger Teamer erinnert sich Mit Schloss Baum verbinde ich in erster Linie Konfirmandenfreizeiten, die ich im Zuge meiner Betreuertätigkeiten in der Kirchengemeinde Lindhor st an diesem fantastischen Ort durchführen durfte. Besonders in Erinnerung sind mir hierbei die Empfänge der Gruppen durch den Hausherren Klaus Bratherig-Harms beim jeweils ersten Abendessen mit den klassischen Spaghetti Bolognese im Schloss geblieben. Niemand sonst konnte in einer derart rasanten temporeichen und eloquenten Ansprache die Konfis beleh- ren, wie sie sich auf dem Gelände zu verhalten haben und mit welche n Konsequenzen bei Nicht-Einhaltung zu rechnen ist. Aber Schloss Baum war nicht nur der Ort der Konfirmandenfreizeite n. Immer mal wieder zog es mich auch privat dorthin. Meist nur, um mit Klaus ein Eis am Teich zu essen oder bei einem kühlen Getränk ein wenig über Aktuelles oder die gemeinsam erlebten, teilweise verrückten Geschichten und Personen zu plaudern bzw. zu lachen. Schloss Baum ist und bleibt für mich ein besonderer Ort mit sehr vielen positiven Erinnerungen. Vielen Dank an alle Beteiligten, die diese Erlebnis se ermöglicht haben. Michael Geisler (Berufsschullehrer in Braunschweig), jahrzehntelang Teamer in der Jugend- und Konfirmandenarbeit 17
Zum Abschied vom Jagdschloss Baum und Herrn Bratherig-Harms Wir, die pädagogischen Mitarbeiterinnen der Kin- Es war nicht nur Klaus, der uns diese Tage ver- dertagesstätte St. Martin aus Hannover-Anderten, süßte, auch die Küchen damen zauber ten die denken sehr gerne an unsere alljährlichen Vor- leckersten Speisen und bereiteten uns morgens schulfahrten zurück. Seit 17 Jahren haben wir das und abends reichhaltige Buffets zu. Ein extra Dank Jagdschloss Baum »unsicher« gemacht. von »Frau Königin« für das Zubereiten ihrer lecke- Für die Kinder waren es unvergessliche Tage und ren Tütensuppen! Jedes Jahr aufs Neue nahmen Momente, oft für einige der erste Urlaub ohne wir uns vor, nicht zu viel zu schlemmen – doch Eltern. Für uns Betreuerinnen war es immer eine dieser Vorsatz wurde von Fahrt zu Fahrt immer willkommene Auszeit vom Arbeitsalltag. wieder gebrochen. Tagsüber waren wir stets für alle Kinder da und haben ihnen spannende Abenteuer geboten. Dazu gehörten Lagerfeuer, Schatzsuche, Nachtwande- rungen, Walderkundungen und ein Kinoabend. Sobald alle Kinder aber müde und glücklich in ihren Träumen schlummerten, begann für uns Betreuerinnen unsere »Freizeit«. Wir hatten uns viel zu erzählen, haben uns Mottos zum Verkleiden ausgedacht, Spiele gespielt und uns vor das Haus in den Mondschein gesetzt. Ja diese Nächte waren immer recht kurz! Ach, war das schön ... Dabei hat Klaus Bratherig-Harms uns stets mit Köstlichkeiten versorgt und sich um unser Seelen- heil gekümmert. Ach ja, Klaus – unser allerbester Herbergsvater! Nein, der Beste aller Besten! Er hatte stets ein Lächeln auf dem Gesicht, oder es gab liebe Worte zu uns und den Kindern. Klaus ist immer hilfs- bereit, freundlich und hat sein Herz am rechten Fleck. Herzlichen Dank lieber Klaus, für die Warnungen vor den Steinbeißern, wenn jemand zu lange auf einem Stein verweilte, oder auch den Hinweis, dass Lachen verboten ist. Irgendwann war der Bust- Zur Info: Hierbei handelt es sich um Insiderwis- ransfe r vom Bückeb urger Bahnh of so teuer sen, welches wahrscheinlich nur Klaus verstehen geword en, dass wir keinen Bus mehr buchen wird ... konnten. Dann sorgten Mitarbeitende der Meinser Ebenso erweiterte er unseren Wissenshorizont mit Kirchen gemeinde mit Bulli und Privatwagen dafür, seinen naturkundlichen und geschichtlichen Hin- dass die Kinder heil zum Jagdschloss und wieder tergrundinformationen rund um das Jagdschloss zurück zum Bahnhof gebracht wurden. Baum. Wir behalten Klaus, seine Frau und die »Küchen- Der beste und allen am meisten im Gedächtnis feen« in guter Erinnerung und wünschen ihnen gebliebene Aufenthalt war, als Klaus uns verges- immer die Sonne im Herzen . Sämtlic he Kolle- sen hatte abzusagen, weil die Bundeswehr eine ginnen , die an diesen Freizeiten teilgenommen Tagung im Jagdschloss hatte. Daraufhin bekamen haben, werden diese schmerzlich vermissen. wir für unsere komplette Reisegruppe einen All Wir sind alle sehr traurig darüber, dass das Jagd- Inklusive Ausflug in einen Freizeitpark, auf Staats- schloss Baum nun nicht mehr als Freizeitstätte kosten, mit eigenem Bus und Chauffeur. Zusätzlich genutzt werden kann. haben wir bei dieser Vorschulfahrt auch gelernt, Regina Doil (Erzieherin u. stellv. Leiterin), dass man den Wald fegen kann, damit die Schuhe Sabine Fehlhaber (Erzieherin), Tina Winter sauber bleiben. (Erzieherin), Agnes Bialowas (Sozialassistentin), Yvonne Wolf (Sozialassistentin) 18
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