ENDLICH WIEDER KINO! 2. JULI BIS 16. AUGUST 2020 - Österreichisches Filmmuseum

 
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ENDLICH WIEDER KINO! 2. JULI BIS 16. AUGUST 2020 - Österreichisches Filmmuseum
2. JULI BIS 16. AUGUST 2020

                   ENDLICH WIEDER KINO!
                   Höhepunkte des Films aus der Sammlung des
                   Österreichischen Filmmuseums

                  www.filmmuseum.at

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      Willkommen im
      Österreichischen Filmmuseum
      Das Österreichische Filmmuseum widmet sich seit 1964 der Samm-
      lung, Bewahrung, Erforschung und Vermittlung des Mediums Film in
      all seinen Aspekten. Das beinhaltet ganz zentral die Ausstellung und
      Vermittlung von Film – als Kunstform, Kulturtechnik und Zeitdokument
      – in unserem Kinosaal, dem »Unsichtbaren Kino« in der Albertina.
          Wir zeigen Werke aus der Geschichte des Films grundsätzlich im
      jeweiligen Originalformat und in den weltweit bestmöglich erhalte-
      nen Filmkopien (35mm bzw. 16mm). Werke, die ursprünglich auf
      Video bzw. digital hergestellt oder präsentiert wurden, werden digi-
      tal projiziert. In seltenen Fällen präsentieren wir auf Film hergestellte
      Werke digital: Dies geschieht jeweils aus kuratorischen oder konser-
      vatorischen Gründen und wird speziell ausgewiesen.
          Filme werden bei uns grundsätzlich in ihrer originalen Sprachfas-
      sung gezeigt und gegebenenfalls untertitelt. Für unsere internationa-
      len Gäste weisen wir Vorführungen in englischer Sprache bzw. Unter-
      titelfassung gesondert aus.

      INHALT
      Allgemeine Informationen 2
      COVID-19 Maßnahmen FAQ 3
      Endlich wieder Kino! Höhepunkte des Films
      aus der Sammlung des Österreichischen Filmmuseums 5
      Spielplan. Alle Filme von 2. Juli bis 16. August 2020 28
      Impressum 29
      Innerhalb eines Themas sind die Filme in der Reihenfolge
      ihrer Programmierung geordnet.

      ABKÜRZUNGEN
      R Regie B Drehbuch K Kamera S Schnitt M Musik D Darsteller UT Untertitel
      • Veranstaltungen mit Gästen oder Einführungen
      ★ English language or subtitles
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    ALLGEMEINE INFORMATIONEN
    SPIELORT/VEREINSSITZ
    1010 Wien, Augustinerstraße 1
    TICKETS
    Kassaöffnungszeiten: geöffnet nur an Spieltagen ab 18 Uhr. Ab 30 Minuten vor Beginn
    werden nur mehr Karten für die unmittelbar bevorstehende Vorführung verkauft.
    Einzelkarte für Mitglieder sowie Kinder und Jugendliche bis 18: 6 Euro
    Ermäßigung für Studierende mit Mitgliedschaft: 5 Euro
    Zehnerblock (für Mitglieder): 45 Euro
    Einzelkarte inklusive Gastmitgliedschaft: 10,50 Euro
    Jahresmitgliedschaft: 13,50 Euro Partnermitgliedschaft: 23 Euro
    Informationen zur Fördernden Mitgliedschaft auch auf unserer Website www.filmmuseum.at
    RESERVIERUNGEN
    T +43/1/533 70 54 oder www.filmmuseum.at. Reservierte Karten
    müssen spätestens 30 Minuten vor Beginn der jeweiligen Vorstellung abgeholt werden.
    BÜRO/BIBLIOTHEK
    1010 Wien, Hanuschgasse 3, Stiege 2, 1. Stock
    Bibliothek und Videosichtungsplatz für Studienzwecke:
    aktuelle Informationen entnehmen Sie bitte der Website www.filmmuseum.at
    Büro: Mo bis Do 10–18 Uhr, Fr 10–13 Uhr, T 01/533 70 54, E-Mail office@filmmuseum.at
    SAMMLUNGEN
    1190 Wien, Heiligenstädter Straße 175 (Hof), T 01/533 70 54 -232

    FÖRDERNDE MITGLIEDSCHAFT

    Unsere Fördernden Mitglieder tragen dazu bei, dass das Österreichische Filmmuseum auch
    in Zukunft zu den weltweit führenden Cinémathèquen zählt und die Qualität seiner Arbeit
    beibehalten kann. Als Freund*innen des Filmmuseums erhalten Sie u. a. Einladungen
    zu speziellen Veranstaltungen, Freikarten an bestimmten Tagen und 20 Prozent Ermäßigung
    beim Erwerb von Publikationen, DVDs und anderen Produkten des Hauses.
    Fördernde Mitgliedschaft: ab 60 Euro (Beitrag pro Kalenderjahr)
    Fördernde Partnermitgliedschaft: ab 100 Euro (Beitrag pro Kalenderjahr)
    Ihre Vorteile als Freund*in des Filmmuseums finden sie unter:
    filmmuseum.at/partnerschaften/freund*innen_des_filmmuseums
    BITTE UNTERSTÜTZTEN SIE UNS!
    Wenn auch Sie Förderndes Mitglied werden möchten, können Sie die Mitgliedschaft einfach
    und direkt an der Kassa des Filmmuseums (Augustinerstraße 1, 1010 Wien) lösen oder online
    beantragen. Sie erhalten in Folge ein E-Mail mit unseren Kontodaten und weiteren Informationen.
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    COVID-19 MASSNAHMEN

   Häufig gestellte Fragen
    Stand: 8. Juni 2020. Änderungen seit Drucklegung des Programmhefts werden
    online bekanntgegeben: www.filmmuseum.at/besuch/covid-19_massnahmen_faq

    WELCHE MASSNAHMEN TRIFFT DAS FILMMUSEUM,
    UM EINEN SICHEREN BESUCH ZU ERMÖGLICHEN?
    Um Ihre Sicherheit zu gewährleisten, bündeln wir einige Maßnahmen:
      → Reduzierte Personenanzahl in allen Publikumsbereichen
      → Erhöhte Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen
      → Schutzvorrichtung an der Kassa
      → Handdesinfektionsmittel im Eingangsbereich
      → Durchgängige Abstandshinweise
      → Unterweisung aller Mitarbeiter*innen in Sachen Hygiene-
        und Abstandsregeln

    WIE KOMME ICH ZU MEINEN EINTRITTSKARTEN?
    Ab Mitte Juni können Tickets über unsere Homepage sowie per Tele-
    fon reserviert werden. Der Verkauf erfolgt ab 1. Juli unter Einhaltung
    aller Abstandsregeln an der Kassa in unserem Foyer.

    IST EIN ONLINE-KAUF MÖGLICH?
    Leider ist derzeit noch kein Vorverkauf über unsere Website möglich.
    Wir arbeiten an einer Lösung. Bis dahin ersuchen wir Sie, Ihre Tickets
    wie gewohnt zu reservieren (s.o.).

    GILT DIE MITGLIEDSCHAFT AUCH FÜR DAS SOMMERKINO?
    Ja, Ihre Mitgliedschaft gilt selbstverständlich auch für unser Sommer-
    kino. Sie erhalten als Mitglied Tickets zum reduzierten Preis von
    6 Euro (5 für Studierende).

    KÖNNEN NEUE MITGLIEDSCHAFTEN ABGESCHLOSSEN WERDEN?
    Sollten Sie noch nicht Mitglied im Österreichischen Filmmuseum sein,
    können Sie Ihre Mitgliedschaft (13,50 Euro regulär, 23 Euro für die
    Partnermitgliedschaft) jederzeit an unserer Abendkassa lösen oder
    über unsere Website beantragen.

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    WIRD ES FÜR FÖRDERNDE MITGLIEDER SPEZIELLE ANGEBOTE GEBEN?
    Für unsere Fördernden Mitglieder (freie Spende ab 60 Euro bzw.
    ab 100 Euro für die Fördernde Partnermitgliedschaft) planen wir
    eigene Screenings im Herbst. Nähere Informationen erhalten Sie
    zeitnah in einem persönlichen Schreiben.

    VERFÜGT DAS UNSICHTBARE KINO ÜBER EINE KLIMAANLAGE?
    Unsichtbar und lautlos wird unsere im Juni neu installierte Klima-
    anlage für ein angenehmes Ambiente sorgen. Um einen sicheren
    Betrieb unserer Raumlüftungsanlage zu gewährleisten, orientieren
    wir uns streng an den behördlichen Empfehlungen.

    WIE SIEHT DER VERÄNDERTE SITZPLAN AUS?
    Um Ihnen einen bedenkenlosen Besuch zu ermöglichen, werden
    Sitze zwischen den Besucher*innen vorläufig frei bleiben.

    BLEIBT ES BEI DER FREIEN PLATZWAHL?
    Ja, die freie Platzwahl bleibt aufrecht. Einzelne Sitzplätze werden, um
    den empfohlenen Mindestabstand garantieren zu können, als ge-
    sperrt markiert. Wir bitten Sie ausschließlich auf solchen Stühlen
    Platz zu nehmen, die entsprechend gekennzeichnet sind.

    MUSS ICH EINEN MUND-NASEN-SCHUTZ
    BEIM BESUCH DES FILMMUSEUMS TRAGEN?
    Nach aktuellem Stand (8. Juni 2020) ist das Tragen eines Mund-
    Nasen-Schutzes nicht zwingend vorgeschrieben. Aber wir freuen
    uns, wenn Sie aufeinander achtgeben.

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    2. JULI BIS 16. AUGUST 2020

    Endlich wieder Kino!
    Höhepunkte des Films aus der Sammlung
    des Österreichischen Filmmuseums

                                                                              Alyonka (1961,
                                                                              Boris Barnet)

    Innerhalb weniger Tage nach Einführung der Social-Distancing-
    Maßnahmen geschah etwas Bemerkenswertes: Massenhaft und in
    Windeseile erfanden sich kommerzielle wie gemeinnützige Filmver-
    leiher, Kinos und Festivals als Streaming-Anbieter neu. Dass dieser
    Übergang so schnell und reibungslos gelang, verdeutlicht wie sehr
    die durch die Pandemie hervorgerufene »Krise des Kinos« nur der
    traurige Höhepunkt eines länger anhaltenden und umfassendereren
    Trends ist. Seit Jahren leeren sich die Kinosäle zugunsten anderer For-
    men des Filmschauens, und gilt das »Heimkino« als »bequemere«
    (und dadurch angeblich »bessere«) Art, Filme zu konsumieren. Mit
    dem Coronavirus wurde diese Einstellung – zumindest auf Zeit – zur
    einzig möglichen und zulässigen.
       Spätestens jetzt sollte jedes Filmmuseum erkannt haben, dass un-
    sere eigentliche Daseinsberechtigung nicht allein im Sammeln, Be-

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    wahren und Präsentieren von Filmen liegt, sondern vielmehr im Erhalt
    und der Pflege einer Idee von Öffentlichkeit im Sinne des lateinischen
    publicum. Denn das Publikum ist mehr als bloß eine Masse anonymer
    Konsument*innen: Es sind Menschen, die sich an einem besonderen
    Ort zusammenfinden, wo das Aufeinandertreffen von kollektiver
    Neugier und Kunstwerken ein gemeinschaftliches Erleben ermög-
    licht. Filmmuseen tragen – wie andere nicht-kommerzielle, auf das
    Gemeinwohl ausgerichtete und öffentlich geförderte Einrichtungen
    – dazu bei, in einer zunehmend von Privatisierung und Kommerziali-
    sierung geprägten Welt die Idee und Erfahrung eines »öffentlichen
    Raums« zu erhalten.
       Soviel zur Theorie. Aber man muss diese Haltung auch praktizieren:
    »In Wirklichkeit genügt es nicht zu wollen, man muss wollen wollen«,
    um mit Jean-Paul Sartre zu sprechen. Wenn Sie so wollen, zeigt sich
    hierin der Unterschied, ob man im Halbschlaf auf der Couch »Klicken
    Sie hier für den nächsten Film« drückt, oder sich aufrafft, um gemein-
    sam mit anderen Menschen einen Film auf der Kinoleinwand zu sehen.
       Und wenn Sie dieses Programm in Händen halten, sind Sie offen-
    bar gewillt zu wollen! Wir haben daher ein besonderes Filmpro-
    gramm zusammengestellt, um im neu klimatisierten »Unsichtbaren
    Kino« und unter Einhaltung der notwendigen Sicherheitsmaßnah-
    men endlich wieder »Kino« erleben zu können. Während wir sonst für
    unsere Retrospektiven auf Filmkopien aus aller Welt zurückgreifen,
    erlaubt Ihnen unser Sommerprogramm einen Blick in unser eigenes
    Archiv (mit Ausnahme eines Grußes aus dem Londoner BFI). In der
    Auswahl sehen Sie einige der besterhaltenen und schönsten Vorführ-
    kopien aus unserer Sammlung: von kanonischen Klassikern des Spiel-
    und Dokumentarfilms bis zur Avantgarde, wo wir den unlängst ver-
    storbenen Bruce Baillie mit einem Double Feature würdigen.
       Manche der gezeigten Filme sind Restaurierungen des Filmmu-
    seums (wie die Premiere von James Bennings Grand Opera); andere
    konnten mit Hilfe unserer Fördernden Mitglieder und Filmpat*innen
    erworben werden. Wenn Sie unsere Arbeit – gerade in auch wirt-
    schaftlich schwierigen Zeiten – dahingehend unterstützen wollen,
    freuen wir uns auf ein Gespräch! In jedem Fall aber wünschen wir
    Ihnen einen schönen Sommer im Österreichischen Filmmuseum,
    bevor wir Ihnen im Herbst Highlights der durch die Schließung aus-
    gefallenen Programme der letzten Saison präsentieren. (Jurij Meden/
    Michael Loebenstein)

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    Belle de jour (Schöne des Tages)
    R: Luis Buñuel B: Luis Buñuel, Jean-Claude Carrière nach dem Roman von Joseph
    Kessel K: Sacha Vierny S: Louisette Hautecoeur D: Catherine Deneuve, Jean Sorel,
    Michel Piccoli. FRA/ITA, 1967, 35mm, Farbe, 99 min. Französisch mit dt. UT
    Die bürgerliche Frau, wandelnd voll Verlangen und schaudernder                     DONNERSTAG
    Neugierde im perversen, komischen, furchtbaren Garten der Lüste.                   2.7. / 20.00
    Der Schlüssel, der ihr Zugang zum sexuellen Labyrinth verschafft, ist              In Kooperation
    die Tatsache, dass sie ihre Außenwelt in jene zwei Teile separiert, in             mit der
                                                                                       Spanischen
    die ihre Innenwelt zerbrochen ist: Am Tag ist sie Hure, in der Nacht lie-          Botschaft in Wien
    bende Gattin. Was ihn an Filmen bewege, so Luis Buñuel, sei die Mög-
    lichkeit, ein Fenster zum Wunderbaren zu öffnen. In Belle de jour er-
    weitert sich sein subversives Verfahren auf die Keuschheit und die
    sarkastische Abkürzung, mit denen er distanziert Abgründe schildert.
    Entwaffnend, schwerelos, vieldeutig das Ineinanderspiel von Traum
    und Realität, das den Grenzziehern die Arbeit erschwert. Denunziert
    Buñuel oder huldigt er? Ein Fallenwerk in Pastell. Das System der Ver-
    bote und Sehnsüchte, ausgemalt von seinem besessensten Kritiker
    und freiesten Chronisten. (H.T.)

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    Gentlemen Prefer Blondes
    R: Howard Hawks B: Charles Lederer nach dem Theaterstück von Anita Loos &
    Joseph Fields K: Harry J. Wild M: Lionel Newman S: Hugh S. Fowler
    D: Jane Russell, Marilyn Monroe, Charles Coburn, Marcel Dalio, Tommy Noonan.
    USA, 1953, 35mm, Farbe, 91 min. Englisch ★
    François Truffaut, 1954: »Das ist alles andere als zynische und liebens-                 FREITAG
    würdige Unterhaltung: es ist ein böses, intelligentes, unerbittliches                    3.7. / 20.00
    Werk.« Howard Hawks bietet dem Kinovoyeur ein herzerwärmendes                            Restaurierte
    Wunschtraumerlebnis: zwei in Bein und Busen inkarnierte Sexsym-                          Fassung
    bole, zusammengespannt in einem Musikmärchen in den knallbun-
    ten Farben von Technicolor. Jane Russell (»the hawksian woman«) als
    netzbestrumpfter John Wayne, Marilyn Monroe (»the anti-hawksian
    woman«) als wogender, liebreizend-dummer Walter Brennan. Aber
    die nymphomane Brünette, umschwirrt von zwanzig Bizeps rollen-
    den Athleten im Slip, liebt Muskeln, die frigide Blonde ist über den
    Umweg debiler Millionäre nur auf Diamanten fixiert. Der Song »Dia-
    monds Are a Girl’s Best Friend« und die Sentenz »A rich man is like a
    beautiful girl« entlarven Hawks’ Komödie, die vergnüglich vom mon-
    strösen, verblödeten Homo sapiens erzählt. (H.T.)
    Herzlichen Dank an die Virgil Widrich Film- und Multimediaproduktion, die im Rahmen
    des Projekts »Filmpatenschaft« den Erwerb dieses Films für die Sammlung des Filmmu-
    seums finanziert hat.

    Suspiria
    R: Dario Argento B: Dario Argento, Daria Nicolodi K: Luciano Tovoli M: Dario
    Argento, Goblin, Philip Glass S: Franco Fraticelli D: Jessica Harper, Stefania Casini,
    Udo Kier, Alida Valli, Joan Bennett. Italien, 1977, 35mm, Farbe, 98 min. Englisch ★
    Es war einmal ein amerikanisches Mädchen, das eine deutsche Ballett-                     SAMSTAG
    schule besuchte, nicht ahnend, dass dort das Unheimliche auf sie war-                    4.7. / 20.00
    tete. Suspiria ist einer der schönsten Filme von Dario Argento, dem                      In Kooperation
    überragenden König eines irrationalen cinéma pur, das nur seiner ei-                     mit dem
                                                                                             SLASH
    genen Logik von Angst und Spannungskitzel folgt. Suspiria, in hölli-                     Filmfestival
    schem Three-Strip-Technicolor zur Welt gebracht, ist ein strahlendes
    Nachtschattenmärchen und die denkbar dunkelste Antwort auf Alice
    in Wonderland, Walt Disneys Snow White und den Wizard of Oz.
    Erfasst vom unwiderstehlichen Sog einer Mise en scène, die sich an
    Kinderlogik, Kamerataumel und Schockschnittekstase berauscht,
    stolpert Argentos Alice im Wundenland der unvermeidlichen Kon-
    frontation mit der wicked witch of the Schwarzwald entgegen. (C.H.)

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    Destination Moon
    R: Irving Pichel B: James O’Hanlon, Rip Van Ronkel, Robert A. Heinlein nach der
    Kurzgeschichte von Heinlein K: Lionel Lindon S: Duke Goldstone M: Leith Stevens
    D: John Archer, Warner Anderson, Tom Powers, Dick Wesson, Erin O’Brien-Moore.
    USA, 1950, 35mm, Farbe, 92 min. Englisch ★
    Destination Moon ist die Imagination des ersten bemannten Mond-                   SONNTAG
    flugs, umgesetzt als farbenprächtig-unterhaltsames, dabei relativ                  5.7. / 20.00
    nüchtern gestaltetes Abenteuer. Erstmals wurde im Science-Fiction-                 • Einführung
    Kino ganz das Bemühen um Authentizität des Geschilderten in den                   von Christian
                                                                                      Köberl, Professor
    Vordergrund gestellt, wobei die Prinzipien der Raumfahrt im Film                  am Institut für
    selbst noch durch einen Cartoon mit Woody Woodpecker näherge-                     Impaktforschung
    bracht wurden. Heute hingegen faszinieren die obsoleten Aspekte                   und Planetare
                                                                                      Geologie der
    dieses Werks ebenso sehr wie seine visionäre Seite, weitergeführt in              Universität Wien
    Kubricks 2001. Destination Moon ist das Pionierwerk der Space                     und General-
    Opera, inklusive des politischen Anspruchs: Die von US-Privatiers                 direktor a.D. des
                                                                                      Naturhistori-
    finanzierte Mondreise dient letztlich der Vormacht des Westens. Ge-
                                                                                      schen Museum
    zeigt wird eine rare, schöne Technicolor-Kopie, die den Ausflug ins                Wien
    Weltall noch verführerischer schillern lässt. (C.H.)
    Besonderer Dank an das BFI, das uns die im April wegen COVID nicht mehr zur
    Aufführung gekommene Technicolor-Kopie ausnahmsweise noch zeigen lässt,
    obwohl der dortige Verleihbetrieb bis aus Weiteres eingestellt wurde.

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    Chelovek s kino-apparatom (Der Mann mit der Kamera)
    Ein Film von Dziga Vertov in Zusammenarbeit mit Elizaveta Svilova
    K: Michail Kaufman. SU, 1929, 35mm, sw, ca. 74 min (22 B/sek)
    Eine futuristische Liebeserklärung an den Rhythmus der Stadt, des                     DONNERSTAG
    Lebens, des Films. Kein Film hat jemals in ähnlich rauschhafter Begei-                9.7. / 20.00
    sterung das eigene Medium gefeiert wie Der Mann mit der Kamera.                       Restaurierte
    Vertov filmt den Kameramann beim schwindelerregenden Versuch,                          Fassung
    das Chaos des Lebens einzufangen, den Schneidetisch, das Labor,                       Am Klavier:
                                                                                          Elaine
    den Kinosaal, das Publikum beim Betrachten des Films, kurzum das                      Loebenstein
    gesamte Bezugsfeld Welt – Filmschöpfung – Rezeption. (H.T.) Durch
    spätere Kopierungen gingen ein Sechstel des Bildinhalts wie auch die
    originale Akt-Struktur verloren. In Amsterdam überlebte eine zeitge-
    nössische Kinokopie, die 2010 gemeinsam mit dem Filmmuseum res-
    tauriert wurde, wodurch Der Mann mit der Kamera sein vollständiges
    Bild und den ursprünglichen Aufbau zurück erhielt.

    Professione: reporter / The Passenger
    R: Michelangelo Antonioni B: Michelangelo Antonioni, Mark Peploe, Peter Wollen
    K: Luciano Tovoli S: Michelangelo Antonioni, Franco Arcalli M: Ivan Vandor
    D: Jack Nicholson, Maria Schneider, Jenny Runacre, Ian Hendry, Steven Berkoff.
    ITA/FRA/ESP, 1975, 35mm, Farbe, 125 min. Englisch ★
    Persönlichkeitstausch: Ein Journalist, auf dem Weg zu Widerstands-                    FREITAG
    kämpfern in der afrikanischen Wüste steckengeblieben, eignet sich                     10.7. / 20.00
    die Identität eines Toten an. Von da an ist er sein eigener Doppelgän-                Restaurierte
    ger und trägt schwer an dieser Last. Die Reise führt ihn auf gewunde-                 Fassung
    nen Bahnen durch Europa, gewunden wie die Gaudi-Schnörkel, vor
    denen er in Spanien eine Architekturstudentin kennenlernt, die ihn
    bis zum fatalen Ende begleiten wird, als er die Lust am Sehen, am
    Leben endgültig verloren hat. Professione: reporter gibt sich den An-
    schein eines Thrillers, um von der Macht der Erinnerungen und der
    Bilder zu erzählen. Einen Extrempunkt bildet das bestürzende Doku-
    ment einer Hinrichtung, das, als Film-im-Film enttarnt, gerade noch
    gebannt wird. Der Gegenpol: eine utopische Fahrt durch die Baumal-
    lee, wo sich die Kamera mit Maria Schneider im Rausch der Bewe-
    gung verliert. Zwischen diesen Antipoden von Fakten und Fiktion,
    Leben und Tod liegt ein Mäander namens The Passenger. Antonionis
    Höhepunkt. (C.H.)

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    Beau travail
    R: Claire Denis B: Claire Denis, Jean-Pol Fargeau, frei nach Motiven aus Billy Budd
    sowie zwei Gedichten von Herman Melville K: Agnès Godard S: Nelly Quettier
    M: Eran Tzur D: Denis Lavant, Michel Subor, Grégoire Colin, Richard Courcet,
    Nicolas Duvauchelle. Frankreich, 1999, 35mm, Farbe, 92 min. Französisch mit dt. UT
    Eine Geschichte aus der Fremdenlegion, frei inspiriert von Melvilles SAMSTAG
    Billy Budd, unterlegt mit Passagen aus Brittens gleichnamiger Oper, 11.7. / 20.00
    choreografiert von Bernardo Montet (der einen Soldaten spielt), aber
    auch von der virtuosen Kamerafrau Agnès Godard. »Eine einfache Ge-
    schichte«, sagt der Mann, der sie rückblickend erzählt, und dem man
    nicht trauen kann: ein ehemaliger Sergeant, der in Marseilles seine Er-
    innerungen niederschreibt. Vom teils absurden Alltag in der Legion
    (einheimische Frauen beobachten die Soldaten bei ihren Verrichtun-
    gen und ihrem Drill unter gleißender Sonne und lachen unergründ-
    lich). Und von seiner Hassliebe zu einem nahezu perfekten Legionär,
    die schließlich zu seiner Entlassung führte. Ein rätselhaftes, hermeti-
    sches und berauschendes Bildgedicht, in dem zwischen kleinen und
    großen Ereignissen nicht unterschieden wird: Sie gehören zum Fluss
    der Farben, Formen, Körper, der sich am Ende in einem ekstatischen,
    spastischen Tanz entlädt. Ein Meisterstück im schillernden Œuvre von
    Claire Denis. (C.H.)

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    Apocalypse Now Redux
    R: Francis Ford Coppola B: Francis Ford Coppola, John Milius, Michael Herr nach
    Heart of Darkness von Joseph Conrad K: Vittorio Storaro S: Lisa Fruchtman, Gerald
    B. Greenberg, Walter Murch M: Francis & Carmine Coppola D: Marlon Brando,
    Martin Sheen, Robert Duvall. USA, 1979/2001, 35mm, Farbe, 202 min. Englisch ★
    Vietnam als Drogenoper. Eine psychedelische Phantasmagorie als SONNTAG
    Reise ins »Herz der Finsternis«. Martin Sheen durchquert das Kriegs- 12.7. / 20.00
    gebiet, hin zum Privatimperium des megalomanen Colonel Kurtz
    (massiv: Marlon Brando). Die Abfolge oft wahnhaft surrealer Ein-
    drücke ist der ideale Rahmen für Coppolas Talent, das weniger im
    Erzählen als im Beschwören von Atmosphäre und im Entwurf packen-
    der Bilderserien liegt (wie beim Hubschrauberangriff zu Wagners
    »Walkürenritt«). Ein monumentaler, widersprüchlicher, visionärer
    Film. Und ein »Unvollendeter“, daran ändert auch Coppolas 2001
    nachgereichte Redux-Variante nichts. Die 50 zusätzlichen Minuten
    sind dennoch voller bestechender Zusätze: Am längsten ist die
    Sequenz auf einer umnebelten französischen Plantage, die den kolo-
    nialen Kontext überdeutlich macht, ohne den halluzinatorischen
    Gesamtcharakter des Films zu mindern. (C.H.)

    In memoriam Bruce Baillie ★
    Mass for the Dakota Sioux Bruce Baillie. USA, 1964, 16mm, sw, 20 min
    Quixote Bruce Baillie. USA, 1965–68, 16mm, Farbe und sw, 43 min
    Bruce Baillie, am 10. April dieses Jahres verstorben, war der Pionier               DONNERSTAG
    des »Western American Experimental Film« und die Schlüsselfigur                      16.7. / 20.00
    des wegweisenden Avantgarde-Aufbruchs in der San Francisco Bay                      Eine gemein-
    Area in den Sixties. In memoriam zeigen wir zwei der Hauptwerke                     same Präsen-
                                                                                        tation des
    dieses Underground-Poeten: Mass for the Dakota Sioux ist ein Bild-                  Österreichischen
    Ton-Gedicht als Requiem für eine vom »zivilisierten« Amerika vernich-               Filmmuseums
    tete Ureinwohnerkultur (als Außenseiter identifiziert sich Baillie na-               und sixpackfilm
    türlich mit den Sioux und orchestriert die gregorianischen Choräle
    auf der Tonspur wie eine Anklage an die Welt der weißen Eroberer).
    Quixote ist einer der Kulminationspunkte seines Werks: eine einjäh-
    rige Reise quer durch das Land des Fortschritts und der Eroberung.
    Mit atemberaubenden Montagen, Überblendungen und Mehrfach-
    belichtungen gerät der Film zum dichten Porträt der »seelischen wie
    physischen Landschaft der USA« (Baillie) in der Vietnam-Ära. (C.H.)

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  DEUTSCHE KINEMATHEK

                        Cluny Brown
                        R: Ernst Lubitsch B: Samuel Hoffenstein, Elizabeth Reinhardt K: Joseph LaShelle
                        S: Dorothy Spencer M: Cyril Mockridge D: Charles Boyer, Jennifer Jones, Peter
                        Lawford, Helen Walker, C. Aubrey Smith. USA, 1946, 35mm, sw, 100 min. Englisch ★
                        1939, Europa vor dem Sturm: eine Situation, die Jean Renoir mit La FREITAG
                        Règle du jeu ins Gedächtnis des Kinos geschrieben hat. Es gibt jedoch 17.7. / 20.00
                        ein zweites, zutiefst bewegendes Meisterwerk zu diesem Thema:
                        Cluny Brown. Die letzte (und vielleicht klügste, zugleich aber auch
                        unbekannteste) von Ernst Lubitschs großen Komödien zeigt die er-
                        starrte britische Klassengesellschaft im Sommer kurz vor Kriegs-
                        beginn: Alles und jeder gehört an seinen »angestammten« Platz!
                        Darin sind sich die Adeligen mit ihren Dienstboten einig. Und die
                        Politik hat hier überhaupt keinen Platz! Dementsprechend halten
                        Lord und Lady Carmel Adolf Hitler für einen Mann, der ein Buch über
                        das Leben in der Natur geschrieben hat – My Camp. Der tschechische
                        Flüchtling Adam Belinski und die fantasiebegabte Klempnerin Cluny
                        Brown treten an, die Verstopfung dieses Milieus aufzubrechen: mit
                        Frechheit und Freiheit und einer großen Liebe. (A.H.)
                        Das Filmmuseum dankt herzlich dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs-
                        und Technologiefonds (WWTF), der den Erwerb dieses Films für die Sammlung
                        ermöglicht hat.

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    Looney Tunes: Animations-Anarchie ★

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    FILME VON CHUCK JONES
    What’s Opera, Doc? USA, 1957, 16mm, Farbe, 7 min. Englisch
    Duck Dodgers in the 24 1/2th Century USA, 1953, 16mm, Farbe, 7 min. Englisch
    Bully for Bugs USA, 1953, 16mm, Farbe, 7 min. Englisch
    Duck Amuck USA, 1953, 16mm, Farbe, 7 min. Englisch
    Whoa, Be-Gone! USA, 1958, 16mm, Farbe, 6 min
    One Froggy Evening USA, 1955, 16mm, Farbe, 7 min. Englisch
    Rabbit of Seville USA, 1950, 16mm, Farbe, 7 min. Englisch
    FILME VON TEX AVERY
    Red Hot Riding Hood USA, 1943, 35mm, Farbe, 7 min. Englisch mit dt. UT
    Dumb Hounded USA, 1943, 35mm, Farbe, 8 min. Englisch mit dt. UT
    Screwball Squirrel USA, 1944, 35mm, Farbe, 8 min. Englisch mit dt. UT
    Swing Shift Cinderella USA, 1945, 35mm, Farbe, 8 min. Englisch mit dt. UT
    The Cat That Hated People USA, 1948, 35mm, Farbe, 7 min. Englisch mit dt. UT
    King-Size Canary USA, 1947, 35mm, Farbe, 8 min. Englisch mit dt. UT
    Der wahre Höhepunkt des Hollywood-Kinos bleiben die kurzen SAMSTAG
    Animationsfilme der Looney-Tunes-Serie: Die Erzählkunst der Traum- 18.7. / 20.00
    fabrik wird darin enzyklopädisch verdichtet und parodistisch entfes-
    selt. Zu sehen in diesem Lachmuskel-Zersetzungs-Programm sind
    Miniatur-Triumphzüge zweier Großmeister: Chuck Jones, dem Film-
    museum durch Kodirektor Peter Konlechner lange freundschaftlich
    verbunden, schuf die unvergesslichsten Gag-Kaskaden um Bugs
    Bunny, Daffy Duck und den Roadrunner. Tex Avery wechselte zum
    Konkurrenzstudio MGM, wo er die Animations-Subversion sogar
    noch steigern konnte – etwa mit der Erfindung von Screwy Squirrel,
    einem täuschend niedlichen Eichhörnchen, das den reinen Wahnsinn
    herbeiführt. (C.H.)

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    Russkiy kovcheg (Russian Ark)
    R: Aleksandr Sokurov B: Aleksandr Sokurov, Anatoli Nikiforov K: Tilman Büttner
    S: Stefan Ciupek, Sergey Ivanov, Betina Kuntzsch M: Sergei Yevtushenko
    D: Sergey Dreyden, Mariya Kuznetsova, Leonid Mozgovoy.
    RU/DE/CAN/FIN, 2002, 35mm, Farbe, 99 min. Russisch mit dt. und frz. UT
    Reise durch die St. Petersburger Eremitage – und drei Jahrhunderte SONNTAG
    russischer Geschichte – in einer ungeschnittenen HD-Einstellung, aus 19.7. / 20.00
    dem subjektiven Blickwinkel eines unbekannten Erzählers (mit Regis-
    seur Aleksandr Sokurovs Stimme), begleitet von einem sarkastischen
    europäischen Adeligen. Mit jedem Raum des Winterpalasts wird eine
    andere Epoche betreten, werden historische und erfundene Figuren
    beobachtet und belauscht – bis zum gigantischen Spektakel des letz-
    ten Zaren-Balls. Die technische Innovation des Films (und die quasi-
    sportliche Leistung von Kameramann Tilman Büttner, der sich ohne
    Atempause spontan durch Choreografien mit hunderten Statisten
    bewegte) stand beim Erscheinen im Vordergrund, aber bei Russian
    Ark ist sie nur Mittel zum künstlerischen Zweck: Hinter der rauschhaf-
    ten Sogwirkung der durchgehenden Bewegung offenbart sich eine
    teils schwermütige, teils ironische Meditation über Russlands Erbe,
    das Verhältnis zu Resteuropa – und vor allem über das Wesen der
    Zeit. (C.H.)

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    Wanda
    R, B: Barbara Loden K, S: Nicholas T. Proferes D: Barbara Loden, Michael Higgins,
    Jerome Thier, Marian Thier, Anthony Rotell. USA, 1970, 35mm, Farbe, 102 min.
    Englisch ★
    Wanda, erster, einziger Film Barbara Lodens, die vor ihrem frühen DONNERSTAG
    Tod ein Frauenschicksal ausdenkt, niederschreibt, inszeniert und mit 23.7. / 20.00
    eigenem Leib darstellt: die Geschichte einer white trash woman aus
    dem Kohlenpott Pennsylvanias, die in eine Scheidung einwilligt und
    zur Gefährtin eines Bankräubers wird, um danach wieder zurückzufal-
    len in ihre eigene einsame Bahn. Ein verstörend leiser und trauriger
    Film über wechselnde Szenerien on the road und den gleichförmigen
    Mangel an Glück. (H.T.) Ulrich Behrens: »Wanda weint nicht, sie grämt
    sich nicht, sie lacht nicht. Sie geht einfach weiter, wo der Weg sie eben
    hinführt … Als Wanda am Schluss nach dem gescheiterten Banküber-
    fall umherirrt und in einer Spelunke landet, in der einige Männer und
    Frauen saufen, sitzt sie an deren Tisch, das Gesicht fast versteinert.
    Die um sie herum interessieren sie nicht. Wanda ist angelangt,
    irgendwo, so wie sie von irgendwo weggegangen ist.«

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    Alyonka
    R: Boris Barnet B: Sergei Antonov K: Igor Chernykh S: L. Galkova M: Kirill
    Molchanov D: Natalya Ovodova, Irina Zarubina, Vasiliy Shushkin, Nikolay
    Bogolyubov, Erast Garin. SU, 1961, 35mm, Farbe, 87 min. Russisch mit engl. UT ★
    Die Titelheldin von Boris Barnets vorletztem Film Alyonka ist ein neun- FREITAG
    jähriges Mädchen – inmitten der Lastwagenkonvois mit Siedlerpio- 24.7. / 20.00
    nier*innen, die sich 1955 unter dem schönsten Sovcolor-Himmel von
    der Stadt ins »jungfräuliche Land« der kasachischen Steppe be-
    geben. Barnet, stets unberechenbar, konstruiert das liebevolle Road-
    movie entlang einer experimentierfreudigen Serie von Rückblenden,
    in denen Alyonka und ihre teils recht exzentrische Reisegesellschaft
    einander ihre (offenen) Geschichten erzählen. Barnet kleidet sie in
    eine gleichermaßen offene Form, spielt mit Zeit und Erzählung: Aus
    den tragikomischen Episoden entsteht dabei im Gegensatz zu ande-
    ren Sowjetfilmen kein heroisierendes Bild der Pioniere, sondern,
    ganz Barnet, ein zutiefst menschliches. Und weil Alyonkas Bericht von
    ihren mathematischen Missverständnissen mit dem Lehrer der lustig-
    ste ist, bekommt sie zum Schluss auch ein Eis. (C.H.)

    The King of Comedy
    R: Martin Scorsese B: Paul Zimmerman K: Fred Schuler M: Ray Charles,
    Frank Sinatra, The Pretenders, Van Morrison u.a. S: Thelma Schoonmaker
    D: Robert De Niro, Jerry Lewis, Diahnne Abbott, Sandra Bernhard, Joe Strummer,
    Martin Scorsese. USA, 1983, 35mm, Farbe, 109 min. Englisch ★
    Rupert Pupkin, unüberbietbar nervtötender Niemand mit dem feis-                    SAMSTAG
    ten Charme der Raspel und dem Witz des Fleischwolfs, hat sich in den               25.7. / 20.00
    Kopf gesetzt, »King of Comedy« zu werden. Nichts vermag sein frene-                Herzlichen Dank
    tisch ins Galoppieren geratenes Mittelmaß zu bremsen. Da sein Gott                 an Leopold
                                                                                       Wabro, der im
    (Jerry Lewis in der Rolle eines vom Beiwerk des Erfolgs mürrisch ge-               Rahmen des
    wordenen Talkmasters der Nation) sein Ansinnen, eine mediale Start-                Projekts »Film-
    chance zu erhalten, nicht erhört, kidnappt Pupkin kurzweg sein Idol.               patenschaft« den
                                                                                       Erwerb dieses
    Der Weg zum Erfolg übers Trampolin der Sensation ist geebnet. Um                   Films für die
    alles noch neurotischer und dichter zu machen, geizt Scorsese nicht                Sammlung des
    mit Sympathie für seinen von Furien gehetzten Helden: Dies wäre just               Filmmuseums
                                                                                       finanziert hat.
    die Art, wie auch er sein Filmdebüt gemacht habe, ohne Geld, immer-
    fort abgewiesen. Ein Grabgesang auf die US-Kultur des Gipfelsturms
    und eine Vernichtungshommage an deren hechelnde Medienstars –
    ein Scorsese-Rennwagen, der mit Vollgas zugleich vor- und rückwärts
    rast. (H.T.)

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    Lagaan
    R: Ashutosh Gowariker B: Ashutosh Gowariker, Kumar Dave, Sanjay Dayma
    nach einer Vorlage von Gowariker K: Anil Mehta S: Ballu Saluja M: A.R. Rahman
    D: Aamir Khan, Gracy Singh, Rachel Shelley, Paul Blackthorne.
    Indien, 2001, 35mm, Farbe, 224 min. Mehrere Sprachen mit dt. und frz. UT
    Indien, 1893. Ein armes Dorf kann den »Lagaan«, die Landsteuer, nicht                SONNTAG
    bezahlen: Ein stürmischer Dorfbewohner provoziert einen engli-                       26.7. / 20.00
    schen Offizier, ein Cricket-Match wird vereinbart. Gewinnen die spiel-               Herzlichen Dank
    unkundigen Inder, wird die Steuer erlassen, gewinnen die hochnäsi-                   an Martin Ure,
                                                                                         der im Rahmen
    gen Engländer, steht der dreifache Tribut ins Haus. Ashutosh Gowari-                 des Projekts
    ker organisiert diese Herausforderung als mitreißend kurzweiliges                    »Filmpatenschaft«
    Vier-Stunden-Epos. Für den Bollywood-Film leistete Lagaan damit                      den Erwerb die-
                                                                                         ses Films für die
    das, was Ang Lees Crouching Tiger, Hidden Dragon kurz zuvor fürs                     Sammlung des
    Martial-Arts-Genre zuwege brachte: den Reiz einer exotischen Film-                   Filmmuseums
    gattung für ein großes westliches Publikum aufzubereiten, ohne                       finanziert hat.
    jemals Ausverkauf zu betreiben. Das größte Glück unter den vielen
    Freuden von Lagaan sind folglich nicht seine sympathische Under-
    dog-Story, die lustvoll antiquierte Polemik gegen den Kolonialismus
    und die Aura seiner Bollywood-Stars, sondern sechs üppige, prächtig
    choreografierte und komponierte Gesangs- und Tanzeinlagen. (C.H.)

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    Dead Birds
    Ein Film von Robert Gardner. USA, 1963, 35mm, Farbe, 83 min. Englisch ★
    Dead Birds oder Film als dreieinige Macht: als Kunstwerk, als Ge- DONNERSTAG
    schichtsschreibung, als Instrument der Ethnologie. Robert Gardner 30.7. / 20.00
    richtet die Kamera auf Menschen, die nie zuvor eine gesehen haben.
    Erstmals und auch schon zuletzt vor dem Kameraauge: die mit Pfeil,
    Bogen und Wurfspeer ausgetragene rituelle Schlacht, mit der die
    Bauernkrieger der Dani, Bergpapuas im Hochtal von Baliem, ihren
    endlosen Konflikt von Fehde und Rache im Gleichgewicht zu halten
    suchen. Diese Welt ist heute geschwunden, als wären seit den frühen
    sechziger Jahren in Neuguinea Jahrhunderte verstrichen. Zu den
    meistbewunderten ethnologischen Filmen zählend, erkundet Dead
    Birds nicht nur eine besondere Form von Leben, sondern die tief in
    ihm gründende Dimension von Angst, Trauer und Tod. (H.T.)

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    L’Enfant sauvage (Der Wolfsjunge)
    R: François Truffaut B: François Truffaut, Jean Gruault nach Mémoire et rapport
    sur Victor l’Aveyron von Dr. Jean Itard K: Néstor Almendros S: Agnès Guillemot
    M: Antonio Vivaldi D: Jean-Pierre Cargol, François Truffaut, Françoise Seigner,
    Jean Dasté, Claude Miller, Annie Miller. Frankreich, 1970, 35mm, sw, 84 min.
    Französisch mit engl. UT ★
    Ende des 18. Jahrhunderts sorgte der »Wilde von Aveyron« für Auf -                     FREITAG
    sehen: In einem französischen Wald entdeckte man einen nackten                         31.7. / 20.00
    Jungen, der völlig verwildert lebte und keinen menschlichen Kontakt                    Das Filmmuseum
    kannte. Der Arzt und »Taubstummenlehrer« Jean Itard nahm den der                       dankt herzlich
                                                                                           der Dor Film, die
    Sprache nicht mächtigen Jungen bei sich auf, um ihn zu »zivilisieren«.                 im Rahmen des
    Seine berühmte Studie über das Experiment lieferte die Basis für                       Projekts »Film-
    einen der persönlichsten Filme von François Truffaut, der selbst in die                patenschaft« den
                                                                                           Erwerb dieses
    Rolle des Doktors schlüpfte (und das Ergebnis seinem darstelleri-                      Films für die
    schen Alter Ego, Jean-Pierre Léaud, widmete). Truffauts beste Filme                    Sammlung des
    haben stets einen dunklen Kern: Hier ist zwar der Tonfall warm,                        Filmmuseums fi-
                                                                                           nanziert hat.
    gewitzt und auf beiläufig-elegante Weise nostalgisch (superbe
    Schwarzweißfotografie, Irisblenden, Vivaldi-Musik), doch dahinter
    betont Truffaut die Schattenseiten der inspirierenden éducation:
    Der Preis des Fortschritts ist letztlich der Verlust des ekstatischen
    Naturzustands. (C.H.)

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    Umberto D.
    R: Vittorio De Sica B: Vittorio De Sica (ungenannt), Cesare Zavattini K: G.R. Aldo
    S: Eraldo Da Roma M: Alessandro Cicognini D: Carlo Battisti, Maria Pia Casilio,
    Lina Gennari, lIeana Simova. Italien, 1952, 35mm, sw, 88 min. Italienisch mit dt. UT
    Der Höhepunkt in der Zusammenarbeit von Vittorio De Sica und Ce- SAMSTAG
    sare Zavattini, einem der bedeutendsten Autoren, Propheten und 1.8. / 20.00
    Theoretiker des Neorealismus. Umberto D. ist eines der Meisterwerke
    des italienischen Films und ein revolutionäres Werk der Filmkunst
    überhaupt. Knapp neunzig Minuten aus dem Leben eines pensionier-
    ten römischen Beamten, dem nichts passiert. Und aus dem Leben sei-
    nes Hundes, Flike. Die Einsamkeit des Umberto D., der jeden Kontakt
    zur Umwelt verloren hat, scheint sich wie von selbst zu erzählen, und
    die Zeit des Films gleicht sich den realen Vorgängen an. Die exakt be-
    obachtete Realität erfährt in diesem bewegenden Film eine poeti-
    sche Transfiguration. (H.T.) André Bazin: »Ich zögere nicht zu behaup-
    ten, dass das Kino uns selten zuvor so klar vor Augen geführt hat, was
    es bedeutet, ein Mensch zu sein. (Übrigens auch, was es heißt, ein
    Hund zu sein.)«

    High Noon
    R: Fred Zinnemann B: Carl Foreman nach The Tin Star von John W. Cunningham
    K: Floyd Crosby S: Elmo Williams M: Dimitri Tiomkin D: Gary Cooper, Grace Kelly,
    Thomas Mitchell, Lloyd Bridges, Katy Jurado. USA, 1952, 35mm, sw, 84 min.
    Englisch ★
    Wenn Marshal Will Kane um 10 Uhr 40 auf seiner Flucht oder Hoch- SONNTAG
    zeitsreise innehält, um in die Stadt zurückzukehren, weiß er nicht, 2.8. / 20.00
    dass um 12 Uhr mittags die Masken und Konventionen gefallen sein
    werden und er alleine inmitten leerer Straßen im Sonnenlicht stehen
    wird. High Noon hat den Mückenschwarm seiner Etikettierungen
    (»Aufrüstungswestern« oder vielleicht doch »Anti-McCarthy-Pamph-
    let«) prächtig überlebt. A man’s character is his destiny. Zinnemanns
    einziger Western ist eine großartige Erprobung dieses Satzes. Wie
    ein nicht mehr junger, müder Mann versucht, sich treu zu bleiben. Wie
    Real- und Filmzeit annähernd zusammenlaufen. Wie Gesichter, Schie-
    nen, Uhren, Augenpaare, ein schwingendes Pendel und eine Rauch-
    wolke am Horizont im Montagestrom immer schneller auf jenen Au-
    genblick der Stille und Entscheidung zuwirbeln, in dem die Kamera
    per Kran emporschwebt, um Gary Cooper auf lautloser, leergefegter
    Straße zu zeigen. (H.T.)

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    Touki Bouki (Die Reise der Hyäne)
    R, B: Djibril Diop Mambéty K: Georges Bracher S: Siro Asteni D: Magaye Niang,
    Myriam Niang, Al Demba, Dieynaba Dieng. Senegal, 1973, 35mm, Farbe, 90 min.
    Wolof mit dt. und frz. UT
    Djibril Diop Mambétys erster Langfilm, eines der größten Werke des                    DONNERSTAG
    afrikanischen Kinos und eines seiner experimentierfreudigsten: Mory,                 6.8. / 20.00
    ein junger Hirte, hat die Rinder in den Schlachthof gebracht und fährt               Herzlichen Dank
    auf seinem hörnergeschmückten Motorrad durch Dakar. Als er die                       an Franz Seilern,
                                                                                         der im Rahmen
    Studentin Anna kennen lernt, beschließen die beiden, nach Paris,                     des Projekts
    zum »kleinen Engel des Paradieses«, aufzubrechen: Um sich die Über-                  »Filmpaten-
    fahrt leisten zu können, versuchen sie sich als Kleinkriminelle. Ein mit-            schaft« den
                                                                                         Erwerb dieses
    reißender, vielschichtiger, aus allen Nähten platzender Entwurf zur                  Films für die
    Faszination des »Schwarzen Kontinents« für die Versprechungen der                    Sammlung des
    westlichen Welt. Das schlägt sich auch im wirbelnden Stil des Auto-                  Filmmuseums
                                                                                         finanziert hat.
    didakten Mambéty nieder: Touki Bouki kombiniert Noir und Nouvelle
    Vague, Komödie und Sozialkritik und ist ein Gegenpol zum Ausver-
    kauf im zeitgleichen Blaxploitation-Kino: Die Bilanz mag bitter sein,
    die Inszenierung aber sagt: anything goes. (C.H.)

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    Rust Never Sleeps
    Ein Film von Neil Young. K: Richard Pearce u.a.
    USA, 1979, 35mm, Farbe, 105 min. Englisch ★
    Unter dem ironischen Regie-Pseudonym Bernard Shakey hat Rockstar FREITAG
    Neil Young eine Handvoll eigenwilliger wie außergewöhnlicher Musik- 7.8. / 20.00
    filme inszeniert. Der bekannteste darunter ist Rust Never Sleeps, der
    (wie das gleichnamige Album) einen Höhepunkt seines Schaffens
    markiert und zu den essenziellen Konzertfilmen zählt. Dokumentiert
    wird dabei ein Live-Set von seiner 1978er-Tournee, wo sich die Auftritte
    in ein akustisches Solo-Set (mit häufiger Benutzung des Bühnen-Was-
    sertrogs zum Mundharmonika-Waschen) und in eine elektrische Dar-
    bietung mit seiner traditionellen Begleitband Crazy Horse teilten. Der
    Fokus liegt ganz auf der Bühne, begeisterte Reaktionen gibt es nur
    von den (als Star Wars-Zwergen verkleideten!) Roadies, während
    Young vom inspirierten Folk-Balladen-Alleingang ins gruppendyna-
    mische, abwechselnd schmurgelnde und ins hymnische Rock-Hoch-
    amt wechselt: über die Punk-Einlage in »Sedan Selivery« und die ma-
    jestätische Interpretation von »Cortez the Killer« zur epischen Ekstase
    von »Like a Hurricane«. Rock and roll is here to stay, punktum. (C.H.)

    Opening Night
    R, B: John Cassavetes K: John Cassavetes, Al Ruban S: Tom Cornwell
    M: Bo Harwood D: Gena Rowlands, John Cassavetes, Ben Gazzara, Joan Blondell,
    Fred Draper. USA, 1977, 35mm, Farbe, 144 min. Englisch ★
    Myrtle Gordon soll in einem Theaterstück eine Frau spielen, die so              SAMSTAG
    ziemlich dieselben Ängste hat wie sie selbst. Sie verliert sich in diesem       8.8. / 20.00
    Spiegellabyrinth von Leben und Kunst – eine Erscheinung, eine junge             Herzlichen Dank
    Bewunderin, deren Unfalltod sie sah, verfolgt Myrtle auf diesem Weg.            an Michael
                                                                                    Ostrowski, der
    Einer der rasendsten, aber auch missverstandensten Cassavetes-                  im Rahmen des
    Filme: Opening Night ist weniger das atonale Hohelied aufs Method               Projekts »Film-
    Acting in Gestalt eines Edel-Home-Movie, zu dem man ihn gern stili-             patenschaft« den
                                                                                    Erwerb dieses
    siert (den Umstand übersehend, dass Cassavetes »The Method« für                 Films für die
    fehlgeleitet hielt), sondern eher der Versuch, Abstand zu finden                 Sammlung des
    von einer Arbeitsweise, deren Grenzen spätestens mit The Killing of a           Filmmuseums
                                                                                    finanziert hat.
    Chinese Bookie ausgelotet waren. So erzählt Opening Night von den
    Gefahren, die mit der Verwechslung von Spiel und Leben, Arbeit und
    Selbst einhergehen. Schneller als man meint, wird Kunst zur self-fulfil-
    ling prophecy. Eine Art Exorzismus zum Zweck der Selbstvergewisse-
    rung. (O.M.)

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    Koroshi no rakuin (Branded to Kill)
    R: Suzuki Seijun B: Guryū Hachirō K: Nagatsuka Kazue S: Suzuki Akira, Tanji
    Mutsuo M: Yamamoto Naozumi D: Shishido Jō, Ogawa Mariko, Mari Annu,
    Nanbara Kōji, Tamagawa Isao. Japan, 1967, 35mm, sw, 91 min. Japanisch mit dt. UT
    Gorō ist Auftragsmörder, ein erstklassiger. In der »offiziellen« Rang- SONNTAG
    liste der japanischen Unterwelt wird er als Killer Nummer Drei ge- 9.8. / 20.00
    führt. Natürlich wäre Gorō gern die Nummer Eins, aber da er nicht
    weiß, wer die beiden höher Eingeschätzten sind, kann er sich darum
    auch nicht kümmern. Der Zufall kommt ihm zu Hilfe: Killer Nummer
    Zwei lässt sich im Rahmen eines Personenschutzauftrags erledigen.
    Killer Nummer Eins offenbart sich ihm später als sein Verfolger: Nach
    einem misslungenen Mordanschlag – im entscheidenden Augenblick
    ließ sich ein Schmetterling auf Gorōs Präzisionsgewehr nieder! – hat
    er ihn am Hals, denn Strafe muss sein, fand Boss Yabuhara. Nach
    Branded to Kill überlegt man sich reiflich, wen man künftig noch als
    Ikonoklasten bezeichnen will – dieses Meisterwerk ist die Messlatte,
    an ihr scheitert fast jeder. Hier wird das Kino als solches ganz und gar
    dekonstruiert, hier bleibt nichts, wie es war, hier heißt es Tabula rasa,
    und nach mir die Sintflut. Panta rhei. (O.M.)

    Grand Opera. An Historical Romance
    Ein Film von James Benning. MIT: Sadie Benning, Hollis Frampton, George
    Landow, Yvonne Rainer, Michael Snow. USA, 1979, DCP, Farbe, 84 min. Englisch ★
    Grand Opera ist einer der Filme, die sich jeder Kategorisierung ent-                DONNERSTAG
    ziehen, so bunt ist seine Mischung aus Ideen. Unter die statischen                  13.8. / 20.00
    Landschafts- und Stadtaufnahmen, für die Benning zu diesem Zeit-                    Restaurierte
    punkt schon bekannt ist (diesmal befinden wir uns in Oklahoma),                      Fassung
    mischt er alle möglichen Experimente mit etablierten Formen und                     Eine gemein-
                                                                                        same Präsen-
    kurze Hommagen an vier Ikonen der Avantgarde: Hollis Frampton,                      tation des
    George Landow, Michael Snow und Yvonne Rainer. Benning be-                          Filmmuseums
    schreibt die Produktion als »Sampling« ohne Drehbuch, als ein Spiel                 und der Viennale
    mit dem Material. Doch was Grand Opera trotz aller Hybridität aus-
    zeichnet und von seinen Vorgängern unterscheidet, ist die Ausein-
    andersetzung mit Geschichte – sowohl mit der eigenen Biografie wie
    mit der Entwicklung des Kinos. Für Benning ist es, wie er sagt, ein
    erster Versuch »to write my own kind of history«. (B.P.)
    Uraufführung der Restaurierung, die heuer vom Österreichischen Filmmuseum in
    Zusammenarbeit mit James Benning fertiggestellt wurde.

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    Grand Opera. An Historical Romance

    Klassenverhältnisse
    R, B, S: Jean-Marie Straub und Danièle Huillet nach Der Verschollene von
    Franz Kafka K: William Lubtchansky, Caroline Champetier, Christophe Pollock
    D: Christian Heinisch, Mario Adorf, Laura Betti, Harun Farocki, Thom Andersen.
    BRD/FRA, 1984, 35mm, sw, 126 min. Deutsch
    Der junge Karl ist wegen der Affäre mit einem Dienstmädchen aus FREITAG
    Deutschland weggeschickt worden. Sein Onkel in Amerika nimmt ihn 14.8. / 20.00
    zunächst bei sich auf, verstößt ihn aber, nachdem er sich ihm wider-
    setzt. Auf dem Weg nach San Francisco findet Karl eine Anstellung als
    Liftboy, wird aber wegen eines Regelverstoßes entlassen und muss
    fliehen. Schließlich bewirbt er sich auf ein Plakat hin bei den Schau-
    stellern des »Naturtheaters von Oklahoma«. Einer der seltenen Fälle,
    bei denen sich das strenge Regieduo Straub/Huillet einem berühmten
    Stoff zugewendet hat: In schönen, nüchternen Schwarz-Weiß-Bildern
    antworten sie auf Kafkas exakte Beobachtung gesellschaftlicher Be-
    dingungen; sie verzichten völlig auf ein filmisches Nachäffen der alp-
    traumhaften Qualität seiner Texte und erschließen damit einen ganz
    neuen Kino-Zugang zum Autor. Ein großer, kristallklarer Film. (C.H.)

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    Valhalla Rising
    R: Nicolas Winding Refn B: Nicolas Winding Refn, Roy Jacobsen K: Morten Søborg
    S: Matthew Newman M: Peter Kyed, Peterpeter D: Mads Mikkelsen, Maarten
    Stevenson, Gordon Brown, Andrew Flanagan, Gary Lewis. DK/GB, 2009, 35mm,
    Farbe, 93 min. Englisch ★
    Einen »Science-Fiction Film im Geiste« hat Regisseur Nicolas Widning SAMSTAG
    Refn Valhalla Rising genannt: Die Geschichte habe er in die Wikinger- 15.8. / 20.00
    zeit gelegt, um einen Mythos zu gestalten, der die üblichen Schwer-
    punkte des Genres (Technologie und Zukunftsvorhersagen) völlig
    umgeht. Stattdessen ein elementares Spektakel als halluzinatorische
    Reise durch archaische Landschaften voller Nebel und Wasser, Feuer
    und Schlamm, Erde und Blut. Mittendrin: ein wortloser, einäugiger
    Krieger (stoisch und imposant: Mads Mikkelsen), der vom Gladiator
    zum Teilnehmer eines Kreuzzugs wird. Doch statt des gelobten Lands
    entdecken die »christlichen Wikinger« in Übersee das Herz der Fin-
    sternis. Eine spirituelle Suche, fern an Tarkowskij erinnernd in der vir-
    tuosen visuellen Umsetzung, untermalt von Spacerock-Schüben,
    postokolonial-subversiv und psychedelisch umgedeutet: als visionä-
    rer, langsam treibender Avantgarde-Trip mit heftigen Metzel-Kontra-
    punkten. Einer der Schlüsselfilme des neuen Millenniums. (C.H.)

    The Red Shoes
    R, B: Michael Powell & Emeric Pressburger nach dem Märchen von Hans Christian
    Andersen K: Jack Cardiff S: Reginald Mills M: Brian Easdale D: Anton Walbrook
    (i.e. Adolf Wohlbrück), Moira Shearer, Marius Goring, Ludmilla Tchérina.
    GB, 1948, 35mm, Farbe, 133 min. Englisch ★
    »I’m against naturalism, on the whole«, formuliert Michael Powell sein SONNTAG
    Glaubensbekenntnis und inszeniert ein Melodram gegen Kleinkräme- 16.8. / 20.00
    rei, Dezenz und schnöde Wahrscheinlichkeit mit der Verführungspa-
    lette von Technicolor und der Inbrunst des Kinos. Bild der Bilder von
    Monte Carlo: Aprikosenhimmel über grünseidig dunstigem Meer im
    Augenlid eines Bogenfensters, eine restlose Künstlichkeit. Ein Melo-
    dram, das Hollywood erblassen lässt, gekrönt von der großen, surre-
    alen Ballettsequenz, die das romantische Thema Kunst-Liebe-Tod
    noch prächtiger stilisiert – in der Ekstase aus taumelndem Aquama-
    rin, Sepia, Safran und Scharlach. Unaufhörlich wechseln Formen,
    Backgrounds, Bewegungen, die Kamera fällt in den Wirbel ein, be-
    ginnt zu pirouettieren, bis Sehnsucht und Fatum in einem vergäng-
    lichen, dem Vergehen entrissenen Augenblick eins werden. (H.T.)

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       © GABRIELA BRANDENSTEIN

                                 Wir trauern um

                                 Gertie Fröhlich (1930–2020)
                                 Die Künstlerin schuf das unverwechselbare Wahrzeichen des
                                 Österreichischen Filmmuseums, das Logo mit dem Zyphius.
                                 Zudem kreierte sie von 1964 bis 1984 über 100 Plakate für unsere
                                 Retrospektiven, die in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland
                                 bestaunt und ausgezeichnet wurden.

                                                                                                       27
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    Spielplan
    Alle Filme von 2. Juli bis 16. August 2020
    Jeweils 20.00 Uhr

      DO 2.7. Belle de jour (Schöne des Tages) 1967, Luis Buñuel (S. 7)
              Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder
       FR 3.7. Gentlemen Prefer Blondes 1953, Howard Hawks ★ (S. 8)
       SA 4.7. Suspiria 1977, Dario Argento ★ (S. 8)
       SO 5.7. Destination Moon 1950, Irving Pichel ★ (S. 9) • Einführung von Christian Köberl
      DO 9.7. Chelovek s kino-apparatom (Der Mann mit der Kamera)
               1929, Dziga Vertov (S. 10) • Am Klavier: Elaine Loebenstein
      FR 10.7. Professione: reporter / The Passenger 1975, Michelangelo Antonioni ★ (S. 10)
      SA 11.7. Beau travail 1999, Claire Denis (S. 11)
      SO 12.7. Apocalypse Now Redux 1979/2001, Francis Ford Coppola ★ (S. 12)
      DO 16.7. In memoriam Bruce Baillie
               Mass for the Dakota Sioux 1964 / Quixote 1965–68 ★ (S. 12)
      FR 17.7. Cluny Brown 1946, Ernst Lubitsch ★ (S. 13)
      SA 18.7. Looney Tunes. Filme von Chuck Jones und Tex Avery 1943–58 ★ (S. 14)
      SO 19.7. Russkiy kovcheg (Russian Ark) 2002, Aleksandr Sokurov (S. 15)
     DO 23.7. Wanda 1970, Barbara Loden ★ (S. 16)
      FR 24.7. Alyonka 1961, Boris Barnet ★ (S. 17)
      SA 25.7. The King of Comedy 1983, Martin Scorsese ★ (S. 17)
      SO 26.7. Lagaan 2001, Ashutosh Gowariker (S. 18)
     DO 30.7. Dead Birds 1963, Robert Gardner ★ (S. 19)
      FR 31.7. L’Enfant sauvage (Der Wolfsjunge) 1970, François Truffaut ★ (S. 20)
       SA 1.8. Umberto D. 1952, Vittorio De Sica (S. 21)
       SO 2.8. High Noon 1952, Fred Zinnemann ★ (S. 21)
      DO 6.8. Touki Bouki (Die Reise der Hyäne) 1973, Djibril Diop Mambéty (S. 22)
       FR 7.8. Rust Never Sleeps 1979, Neil Young ★ (S. 23)
       SA 8.8. Opening Night 1977, John Cassavetes ★ (S. 23)
       SO 9.8. Koroshi no rakuin (Branded to Kill) 1967, Suzuki Seijun (S. 24)
      DO 13.8. Grand Opera. An Historical Romance 1979, James Benning ★ (S. 24)
      FR 14.8. Klassenverhältnisse 1984, Danièle Huillet, Jean-Marie Straub (S. 25)
      SA 15.8. Valhalla Rising 2009, Nicolas Winding Refn ★ (S. 26)
      SO 16.8. The Red Shoes 1948, Michael Powell & Emeric Pressburger ★ (S. 26)

    JULI/AUGUST 2020 Spielplan                                                                   28
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              FÖRDERER
              Das Filmmuseum wird gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien und das Bundesministerium für
              Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Weitere Finanzierungspartner sind der Fachverband der Film-
              und Musikindustrie der WKO, die Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden (VdFS), die Verwertungs-
              gesellschaft für Audiovisuelle Medien (VAM) sowie die Freunde des Filmmuseums (Fördernde Mitglieder).

              VERANSTALTUNGSPARTNER

              MEDIENPARTNER

                                Das Filmmuseum ist Partner der Initiative »Hunger auf Kunst und Kultur«, die die Zu-
                                gänglichkeit von Kunst und Kultur für alle Menschen ermöglichen will. Inhaber*innen
                                eines im Rahmen dieser Initiative vergebenen Kulturpasses erhalten Freikarten für die
                                Vorstellungen des Filmmuseums. Veranstaltungen, deren Erlöse dieser Aktion zugute
                                kommen, sind mit »1 Euro Solidarbeitrag für Aktion Kulturpass« gekennzeichnet.
                                Unterstützt von

              TEXTE VON Alexander Horwath, Christoph Huber, Olaf Möller, Barbara Pichler, Harry Tomicek
              IMPRESSUM Medieninhaber: Österreichisches Filmmuseum. Für den Inhalt verantwortlich:
              Christoph Huber, Ivana Miloš; alle: 1010 Wien, Augustinerstraße 1. Corporate Design, Grafik
              und Produktion: Gabi Adébisi-Schuster. Druck: Medienfabrik Graz. Fotos: Soweit nicht anders
              ausgewiesen stammen die Bilder aus der Fotosammlung Österreichisches Filmmuseum.
              Titelbild: Professione: reporter/The Passenger (1975, Michelangelo Antonioni)

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