Energiemomente entdecken - Solarboot

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Energiemomente entdecken - Solarboot
Magazin des Bundesamts für Energie BFE
                              Nummer 4 | Juli 2017

                                      Energiemomente
                                      entdecken

                                                                       Titel

    Solarboot                   Reportage                     Erfahrung
Sonnenenergie neu mit        Talsperrenaufsicht           BFE-Direktor Benoît
Wasserstoff kombiniert      im Tessin begleitet          Revaz zieht erste Bilanz
Energiemomente entdecken - Solarboot
INHALTSVERZEICHNIS

02          BFE-Direktor Benoît Revaz
            über aktuelle Energiethemen               04             Wie funktioniert die
                                                                     Talsperrenaufsicht?                06                  Langjährige Forschung
                                                                                                                            mit Sonnenenergie

08          Solarboot neu mit
            Wasserstoff unterwegs                     10             Mikrobielle Brennstoffzelle
                                                                     erforschen                         11                  Watt-d’Or-Update:
                                                                                                                            Designergy in der Romandie

12          Energiestrategie
            des Flughafens Genf                       13             Brüssels Energiepolitik
                                                                     aus Schweizer Sicht                14                  Energieberatung
                                                                                                                            für KMU lanciert

15          Effizientere Beleuchtung
            planen                                    16             Aufgeschnappt
                                                                     im Energiebereich                  18                  Energieeffizienz im Fokus
                                                                                                                            der nächsten Ausgabe

Impressum
ENERGEIA, das Magazin des Bundesamts für Energie BFE,                            Rückmeldungen und Anregungen: energeia@bfe.admin.ch,
erscheint 6-mal jährlich in deutscher und französischer Ausgabe.                 Tel. 058 462 56 11, Fax 058 463 25 00
Deutsch: 10’000 Exemplare | Französisch: 6000 Exemplare
                                                                                 Gratis-Abonnement und Adressänderungen: Bundesamt für Energie,
Copyright Bundesamt für Energie. Alle Rechte vorbehalten.                        Mühlestrasse 4, 3003 Bern oder abo@bfe.admin.ch
Gesamtverantwortung: Marianne Zünd (zum)                                         Nachdruck: Artikel können mit Quellenangabe verwendet werden.
                                                                                 Bitte Belegexemplar senden.
Chefredaktion: Angela Brunner (bra), Stellvertreterin Sabine Hirsbrunner (his)
Redaktionelle Beiträge: Angela Brunner (bra), Stefan Dörig,
Sabine Hirsbrunner (his), Fabien Lüthi (luf), Benedikt Vogel (bv),
Selina Zehnder (zes)                                                                                                                  PERFOR MANCE

Layout: BFE / Stämpfli AG                                                                                                                    neutral
                                                                                                                                          Drucksache
                                                                                                             No. 01-17-390440 – www.myclimate.org
Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1, 3001 Bern, www.staempfli.com                                            © myclimate – The Climate Protection Partnership
Energiemomente entdecken - Solarboot
CHALLENGE ACCEPTED
«Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur
leidenschaftlich neugierig», schrieb Albert Einstein. Diese
Einstellung teile ich. Als Geschäftsführer von EnergieSchweiz
suche ich nach neuen Ideen, die uns bezüglich Energieeffizienz
und erneuerbarer Energien weiterbringen. Ich bin überzeugt,
dass jeder von uns die Energiezukunft aktiv mitgestalten kann
und soll. Wie? Das darf jeder für sich selbst herausfinden. Wir
von EnergieSchweiz machen keine Vorschriften, sondern
setzen auf Information, Ausbildung, Projektförderung und
Qualitätssicherung. So können wir schnell und flexibel auf
Marktbedürfnisse reagieren und gesetzliche Ziele mit komple­
mentären Massnahmen unterstützen.

Ich freue mich, dass wir mit dem vielfältigen Programm von
EnergieSchweiz zusammen mit unseren Partnern etwas
bewegen können, z.B. unterstützen wir auch dieses Jahr
partnerschaftliche Aktionen wie die Energy Challenge.
Letztere fordert die Bevölkerung spielerisch dazu heraus, sich
mit dem Thema Energie auseinanderzusetzen, und gibt Tipps,
wie wir im Alltag auf Energieeffizienz und erneuerbare            Quelle: BFE

Energien setzen können. Kürzlich durften wir PEIK lancieren:
Die neue Plattform unterstützt KMU darin, ihre Energiekosten
zu senken (siehe Seite 14).                                              «Ich bin überzeugt, dass jeder von uns die
                                                                     Energie­zukunft aktiv mitgestalten soll und kann.
Nun brenne ich darauf, neue Partnerschaften zu knüpfen,              Wie? Das darf jeder für sich selbst herausfinden.»
Bewährtes weiterzuentwickeln und innovative Projekte zu            Patrick Kutschera, Geschäftsführer von EnergieSchweiz
beflügeln, vielleicht sogar gemeinsam mit Ihnen? Unser
Engagement: unsere Zukunft – dies bleibt für die kommenden
Jahre unser Motto.

In der aktuellen Ausgabe finden Sie mehr Informationen zu
unseren Projekten. Zudem nehmen wir Sie mit auf eine
Entdeckungsreise: Erleben Sie, wie die Talsperrenaufsicht
des BFE arbeitet, entdecken Sie schwimmende Solarmodule,
und schippern Sie für einen Moment mit erneuerbaren Energien
übers Meer. Ich hoffe, damit konnte ich Ihre Neugier wecken.

Patrick Kutschera, Geschäftsführer von EnergieSchweiz

PS: Schauen Sie sich jetzt mein Video an unter
www.energeiaplus.com/category/energeia.

                                                                  Energieprojekte einreichen
                                                                  Wir suchen überraschende, innovative und zukunftsweisende
                                                                  Bestleistungen im Energiebereich. Vorschläge für den Schwei­
                                                                  zer Energiepreis können bis Ende Juli 2017 eingereicht werden.
                                                                  Mehr Informationen inklusive Bewerbungsformular gibt es un­
                                                                  ter www.wattdor.ch. (bra)

                                                                                                           ENERGEIA Nr. 4/2017 | 1
Energiemomente entdecken - Solarboot
«TRUMPF FÜR ENTWICKLUNG»
Im Interview zieht Direktor Benoît Revaz Bilanz über seine ersten Monate beim Bundesamt für Energie
(BFE) und erklärt, welche Dossiers besonders wichtig sind. Ausserdem verrät er, wo er selbst Energie tankt.

Wie haben Sie Ihre ersten Monate               deutlich erhöhen. Verschiedene Leucht­       zugleich mutig neue Technologien nutzen
als BFE-Direktor erlebt?                       turmprojekte kann man auch vor Ort be­       werden. Neue Trends wie die Digi­     ta­
Als sehr spannend und lehrreich. Ich           sichtigen. Etwa den Genfer Elektrobus        lisierung, die dezentrale Stromproduk­
konnte mich mit zahlreichen Experten,          TOSA, das Zukunftslabor Nest der Empa        tion und der Eigenverbrauch bringen
Poli­
    tikern und Bürgern über aktuelle           in Dübendorf oder ein saniertes Mehr­        enorme Chancen für unser Land und
Energie­themen austauschen. Es waren           familienhaus in Zürich, das dank Solar­      ­eröffnen neue Handlungsfelder für die
zum Teil emotionale, aber inspirierende        fassade mehr Energie produziert, als es       Energie­branche. Diese Potenziale gilt
Diskussionen. Trotz unterschiedlichen          verbraucht. Es gibt zahlreiche Praxisbei­     es zu identifizieren und auszuschöpfen.
Perspektiven ist uns eines gemeinsam:          spiele, die zeigen, dass eine nachhaltige     Erste Akteure experimentieren mit
Für alle hat eine sichere Energieversor­       Energiezukunft machbar ist.                   ­neuen Geschäftsmodellen, z.B. um Solar­
gung Priorität.                                                                               energie von einem Mehr­   familienhaus
                                               Was kann die Energiebranche                    gemeinschaftlich zu nutzen oder zu
 Das Stimmvolk sagte Nein zur                  dazu beitragen?                                speichern. Gemeinsam mit Start-ups
                                                                                              ­
 Atomausstiegsinitiative und Ja                Die Schweiz hat das Glück, über einen       tüfteln sie an weiteren zukunfts­    wei­
 zum Energiegesetz. Wie zufrieden              wirtschaftlich diversifizierten Sektor zu   senden ­   Lösungen. Dabei zeigen sie
 sind Sie mit diesem Ausgang?                  verfügen. Im Energiebereich reicht das      Eigeninitiative, ohne zwingend um
                                                                                           ­
 Ich bin froh, dass Energiethemen nicht        Spektrum von weltweit tätigen Markt­        ­Subventionen zu ersuchen.
 ausschliesslich für Spezialisten reserviert   führern bis zu unabhängigen Installateu­
 sind. Gerade die Bevölkerung und das          ren von Heiz- und Lüftungssystemen.
 Parlament denken intensiv über unsere         Diese Diversifizierung ist ein Trumpf,          «Wir brauchen innovative und
Energiezukunft nach und können sie             wenn es nötig wird, Infrastrukturen              nachhaltige Marktmodelle.»
­aktiv mitgestalten. Das revidierte Energie­   ­weiterzuentwickeln bzw. anzupassen und          Benoît Revaz, BFE-Direktor
 gesetz wird per 1. Januar 2018 in              dabei neue, dezentrale Energiequellen zu
Kraft ­gesetzt. Dies gibt uns die Basis für     integrieren. Indem die Akteure ihr An­
weitere ­
­          Arbeiten zum Umbau des               gebot für Konsumenten ausweiten, er­       Wie profitieren Konsumenten
Energie­systems. Ein Prozess, der noch          schaffen sie Chancen.                      davon?
Jahre bzw. Jahrzehnte dauern wird.                                                         Für eine sichere Energieversorgung brau­
                                               Was ist dabei wichtig?                      chen wir eine Kombination von konven­
                                               Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es    tionellen, zentralen Anlagen und neuen,
   «Es ist möglich, das Wirtschafts­           gewinnbringender ist, nach Kompromis­       kleinen, dezentralen Anlagen sowie ein
   wachstum vom Energieverbrauch               sen zu suchen, als auf ideologischen        aktives Verbrauchermanagement. Die
            zu entkoppeln.»                    Standpunkten zu beharren. Wichtig ist es,   Nachfrageseite müssen wir bei Mass­
     Benoît Revaz, BFE-Direktor                auf Energieeffizienz und erneuerbare        nahmen im Blick behalten und den Eigen­
                                               Energien zu setzen und dabei Energie­       verbrauch erleichtern. Wir Schweizer ge­
                                               infrastrukturen der Schweiz zu berück­      ben heute jährlich über 25 Milliarden
Wo lässt sich der Wandel des                   sichtigen wie die Grosswasserkraftwerke,    Franken für Energie aus, davon mehr als
Energiesystems bereits heute                   die wir von unseren Grosseltern geerbt      15 Milliarden für fossile Energien und
erleben?                                       haben. Ich bin im Wallis aufgewachsen, wo   rund 9 Milliarden Franken für Strom.
Seit einigen Jahren stellen wir fest, dass     Wasserkraft als Symbol für das Schweizer    Wir brauchen innovative und nachhaltige
es die zunehmende Energieeffizienz er­         Unternehmertum allgegenwärtig war.          Marktmodelle, die sich nicht damit be­
laubt, das Wirtschaftswachstum vom                                                         gnügen, Mehrkosten auf den Endkunden
Energieverbrauch zu entkoppeln. Berück­        Wie stellen Sie sich die Energie­           abzuwälzen, sondern Investitionsanreize
sichtigt man gewisse Pilotprojekte, die        zukunft vor?                                schaffen, um schliesslich weniger Ener­
das Bundesamt für Energie unterstützt,         Ich bin zuversichtlich, dass wir auf der    gie zu brauchen und mehr in der Schweiz
lässt sich das ausschöpfbare Potenzial         bisherigen Infrastruktur aufbauen und       zu produzieren.

2 | ENERGEIA Nr. 4/2017
Energiemomente entdecken - Solarboot
Benoît Revaz
                                                                                             Seit Oktober 2016 leitet der 45-Jährige
                                                                                             das BFE. Der Unterwalliser studierte
                                                                                             Rechtswissenschaften an der Uni­
                                                                                             versität Freiburg und bildete sich in
                                                                                             Kommunikation und Management
                                                                                             weiter. Er arbeitete als Strategieberater
                                                                                             für Energiefragen bei E-CUBE Strategy
                                                                                             Consultants (2014–2016). Erfahrungen
                                                                                             in der Privatwirtschaft sammelte er
                                                                                             u.a. in der Generaldirektion von
                                                                                             Alpiq (2009–2013), EOS Holding
                                                                                             (2004–2008) und EEF (1999–2004).

                                                                                                            Quelle: Thomas Hodel

Wie kommen Sie mit dem Tempo                 und die Anpassung der Wasserzinsrege­         Künftig soll nicht nur jeder seinen
der Verwaltung zurecht?                      lung nach 2019. Und die Strategie Strom­      Stromanbieter wählen können,
Sehr gut. Ich führe ein exzellentes Team,    netze wird ebenfalls im Parlament disku­      sondern auch seinen Energie­
das sich täglich mit einer ganzen Palette    tiert. Gleichzeitig prüfen wir unsere         verbrauch senken. Wie sparen Sie?
wichtiger Energiethemen beschäftigt und      Aufgaben und Prozesse, um effizienter zu      Für gewöhnlich nutze ich öffentliche Ver­
verschiedene Geschäfte begleitet – von       werden und die Sparvorgaben des Parla­        kehrsmittel, teilweise in Kombination mit
der Standortsuche für ein geologisches       ments zu erfüllen.                            kurzen Autofahrten. Als BFE-Direktor
Tiefenlager bis zur Einmalvergütung für                                                    fördere ich zudem mobiles Arbeiten, da­
Solaranlagen. Wichtige Fragen zu antizi­                                                   mit unnötige Fahrten vermieden werden
pieren und politische Entscheide des Bun­     «Ich bin überzeugt, dass wir Energie         können. Ich bin überzeugt, dass wir Ener­
desrates und des Parlaments mitzutragen,       sparen können, ohne auf unseren             gie sparen können, ohne auf unseren Kom­
ist für uns zentral. Auch wenn ich von          Komfort verzichten zu müssen.»             fort verzichten zu müssen.
Natur aus nicht der geduldigste Mensch             Benoît Revaz, BFE-Direktor
bin, ist mir eine kompromissfähige                                                         Wo tanken Sie Energie für Ihre
­Lösung lieber als ein Schnellschuss.                                                      Arbeit?
                                             Wie steht es um die volle                     Bei meiner Familie, insbesondere beim
Wo liegen die Schwerpunkte?                  Strommarktöffnung?                            Kochen und in der Natur bei unseren
In den verschiedenen Dossiers ist es wich­   Sie bleibt ein Ziel. Die volle Strommark­t­   wöchentlichen Spaziergängen zu Fuss
tig, drei Dimensionen zu berücksichtigen:    öffnung ist an ein Stromabkommen mit          oder im Winter auf Skiern. Im Sommer
den Beitrag für eine nachhaltige Energie­    der EU gebunden. Bis Ende Jahr erarbei­       unternehme ich gerne Ausflüge ins Wal­
zukunft, sei es durch die Erhöhung der       ten wir für den Bundesrat einen Bericht       lis und ins Greyerzerland, wo ich woh­
Produktion oder der Energie­effizienz, die   zur Standortbestimmung. Zu bedenken           ne. Auch der Austausch mit meinen Be­
Kosten und schliesslich die Belastung die­   ist, dass selbst nach einer baldigen Zusage   rufskollegen gibt mir Energie, wenn ich
ser Kosten. Wir arbeiten daran, das revi­    für ein Stromabkommen die darauf fol­         sehe, mit wie viel Herzblut sie bei der
dierte Energiegesetz per 1. Januar 2018 in   genden politischen Prozesse etwas Zeit        Sache sind.
Kraft treten zu lassen. Weitere wichtige     beanspruchen werden, bis diese Strom­
Themen sind Marktmodelle nach 2020           marktöffnung in Kraft treten kann.            Interview: Angela Brunner

                                                                                                                 ENERGEIA Nr. 4/2017 | 3
Energiemomente entdecken - Solarboot
INSPEKTION EINER STAUANLAGE
Wie kontrolliert das Bundesamt für Energie Stauanlagen unter
Bundesaufsicht? Wir haben Rocco Panduri, Fachspezialist Aufsicht
Talsperren, bei einer Kontrolle der Staumauer in Luzzone TI begleitet.

                                                                                                                                 Quelle: BFE

Auf einer Stauanlage hat man keine           Regelmässige Inspektionen                     des Grundablasses bewegt werden kön­
­ öhenangst, dachte ich – zumindest bis
H                                            Heute ist Panduri vor Ort, um eine Prü­       nen. «Die Betreiberin einer Staumauer
ich Mitte Mai bei strahlendem Wetter         fung des Grundablasses durch die Betrei­      muss periodisch den Ablass und deren
zuoberst auf der Krone der Bogenstau­        berin zu überwachen und eine visuelle         Schützen prüfen», sagt Panduri.
mauer des Lago di Luzzone stand und ins      Inspektion durchzuführen (siehe Kasten).
Bleniotal TI hinunterblickte. 225 Meter      Der Grundablass hat etwa die gleiche          In der Schützenkammer
ragt die Stauanlage in die Höhe und ver­     Funktion wie der Abfluss bei einem            Um die Funktionsfähigkeit der Schützen
fügt über eine Kronenlänge von 510 Me­       ­Lavabo. Im Notfall muss die Betreiberin      genauer zu überprüfen, steigt Panduri nun
tern und ein Stauvolumen von 108 Millio­      einer Stauanlage in der Lage sein, den       mit den beiden Betriebsingenieuren über
nen Kubikmetern.                              Pegel des Stausees abzusenken. Im
                                              ­                                            eine Eisentreppe weiter in die Tiefe hin­
                                              Grundablass hat es dafür insgesamt zwei      ab. 40 Meter weiter unten, direkt über
                                              sogenannte Schützen, die den Wasser­         dem Grundablass, befindet sich der
 «Diese Staumauer ist die dritthöchste        abfluss regulieren, und zwar eine für den    Schützenraum. Von hier aus ist es mög­
     der Schweiz und steht unter              Betrieb und eine für Revisionsarbeiten.      lich, in den Stollen des Grundablasses zu
           Bundesaufsicht.»                                                                gelangen und zu überprüfen, ob die
     Rocco Panduri, Fachspezialist           Abstieg zum Grundablass                       Schützen dicht sind oder nicht.
     Talsperrenaufsicht beim BFE             Zusammen mit dem Betriebsleiter der
                                             Staumauer, zwei Talsperrenwärtern, und        Ein Telefon an der Wand klingelt. Nach
                                             zwei Betriebsingenieuren der Betreiberin      einem kurzen Gespräch zwischen den
«Diese Staumauer ist die dritthöchste der    Officine Idroelettriche di Blenio SA          Ingenieuren und dem Betriebsleiter im
                                                                                           ­
Schweiz und steht unter Bundesaufsicht»,     (OFIBLE) fahren wir mit dem Lift in den       Kontrollraum oben geht es los. Zuerst
erklärt Rocco Panduri. Er ist Bauingenieur   Kontrollraum des Grundablasses hinun­         wird ein Blick in den Grundablassstollen
und als Fachspezialist Aufsicht Talsperren   ter. Er ist ausgestattet mit einem Telefon,   geworfen: Die Betriebsschütze, die den
des Bundesamts für Energie (BFE) unter       zwei Messanzeigen, die die Position der       Grundablass verschliesst, ist dicht. Nun
anderem für die Aufsicht über 23 Stauan­     Schützen aufzeigen, sowie die hydrauli­       fängt ein ausgeklügeltes, reguliertes Ab­
lagen im Tessin verantwortlich.              sche Pumpe, mit der die beiden Schützen       senken und Heben der Revisions- und Be­

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triebsschützen an, mit dem deren Beweg­        an, die Sedimente in den hinteren Teil des   was die Messdaten verfälschen würde.
lichkeit geprüft wird. Die Schützen lassen     Sees zu verlagern.                           Ein Talsperrenwärter führt uns und die
sich auch mechanisch problemlos senken.                                                     beiden Bauingenieure flink durch die
                                               Visuelle Kontrollen                          spärlich beleuchteten Galerien, über
Ein bekanntes Problem                          Nach der Prüfung des Grundablasses           Treppen und Leitern ins Innere der Stau­
Zur Kontrolle des Grundablasses gehöre         folgt die Inspektion der Staumauer durch     mauer zu den betroffenen Messgeräten.
ebenfalls das Ablassen von Wasser, so          Panduri. «Eine umfassende Sicherheits­
Panduri. Wie viele andere Stauanlagen          überprüfung führt die Betreiberin jeweils    Wenig Nachbesserung nötig
hat auch Luzzone Probleme mit Sedimen­         alle fünf Jahre durch», erklärt der Fach­    Am Ende des Tages zieht Panduri ein po­
ten, die sich im vorderen Teil des Stausees    spezialist. Heute steht besonders die vi­    sitives Fazit: «Die visuelle Kontrolle ist
ansammeln. Der Schlack, der durch die          suelle Überprüfung jener Punkte auf dem      gut verlaufen, und mir ist nichts Suspek­
Verbindung von Wasser und den Sedi­            Plan, die bei der letzten grossen Sicher­    tes aufgefallen. Auch die Kontrolle des
menten entsteht, kann die Turbinen und         heitsüberprüfung für Diskussionen ge­        Grundablasses hat funktioniert.» Der ein­
die Ablässe verstopfen. Dies ist auch hier                                                  zige Makel sei der Schlack im Grund­
der Fall. Ein fast 30 Zentimeter hoher                                                      ablass gewesen. «Doch diesen Punkt habe
Schlackbrocken bremst den Abfluss des               «Eine umfassende Sicherheits­           ich mir notiert, und wir werden dies bei
Wasser aus dem Stausee, wie Panduri und            überprüfung wird alle fünf Jahre         der nächsten Kontrolle nochmals genauer
die Bauingenieure feststellen.                             durchgeführt.»                   anschauen. Der Punkt wird von der Be­
                                                    Rocco Panduri, Fachspezialist           treiberin ebenfalls in den Jahresbericht
«Dieses Problem ist mir und der Betrei­             Talsperrenaufsicht beim BFE             aufgenommen.» Spätestens in einem Jahr
berin dieser Anlage bereits bekannt», er­                                                   wird Panduri wieder in Luzzone auf der
klärt Panduri. Ein akutes Sicherheitspro­                                                   Staumauer stehen, denn dann findet die
blem stellt es aber nicht dar. «Mit mehr       sorgt haben. Diese betrafen insbesondere     periodische Fünfjahreskontrolle statt –
Wasserdruck wäre es möglich, diesen Ab­        die verschiedenen Messgeräte, die in der     leider ohne mich. (zes)
lass heute zu reinigen», meint Panduri.        Staumauer verbaut sind und allfällige Be­
Die Betreiberin plant aber, den Ablass bei     wegungen der Mauer dokumentieren.
Regenwetter zu spülen, damit der Schlack       Durch die Feuchtigkeit und das Sicker­          Aufsichtskontrollen durch das BFE
verdünnt wird und durch den Abfluss kei­       wasser in der Mauer besteht zum Beispiel        200 grosse Stauanlagen stehen in
ne Umweltschäden entstehen. Zudem ar­          die Gefahr der Verkalkung von Messge­           der Schweiz unter Bundesaufsicht.
beitet sie bereits seit einigen Jahren dar­    räten in einem Lotschacht (siehe Bild),         Gemäss der Stauanlagenverordnung
                                                                                               werden sowohl Talsperren als auch
                                                                                               Wehre und Staudämme als Stauan­
                                                                                               lagen definiert. Als Aufsichtsbehörde
                                                                                               kontrolliert das BFE die Berichte der
                                                                                               Betreiberin zu regelmässigen Kontrol-
                                                                                               len, Messungen und Prüfungen.
                                                                                               Die Verantwortung für die Sicherheit
                                                                                               liegt jedoch bei der Betreiberin selbst.
                                                                                               Die Aufsichtsbehörde inspiziert
                                                                                               die Stauanlagen periodisch, mindes-
                                                                                               tens alle drei Jahre. Bei Staumauern
                                                                                               mit einer Höhe von mindestens
                                                                                               40 Metern oder mit sehr grossem
                                                                                               Stauvolumen findet zudem alle fünf
                                                                                               Jahre eine umfassende Sicherheits­
                                                                                               prüfung statt, die von unabhängigen
                                                                                               Geologen und Bau­ingenieuren
 Rocco Panduri (vorne) inspiziert einen Schacht. Das darin enthaltene Lot dient dazu,          durchgeführt wird. Das BFE ist auch
 die Bewegungen der Staumauer zu dokumentieren.  Quelle: BFE BFE)
                                                      (Quelle:
                                                                                               hier vor Ort präsent. (zes)

                                                                                                                 ENERGEIA Nr. 4/2017 | 5
Energiemomente entdecken - Solarboot
SCHWIMMENDER SOLARPARK
Solaranlagen haben bereits unsere Dächer und Fassaden erobert. Auch auf der grünen Wiese stehen
Anlagen, die sich in die Landschaft integrieren. Schon bald sollen Solarmodule auf einem Stausee
schwimmen. Romande Energie plant einen Solarpark auf dem Lac des Toules in der Nähe des Grossen
St. Bernhard im Wallis.

Die Photovoltaik breitet sich auf verschie­    Photovoltaik-Modulen in einer Anlage in     «Wir hatten Organisationen wie Pro
denen Flächen unseres Landes aus. Die          der Nähe des Sees getestet. «Am Ufer die­   ­Natura und den WWF vor dem Start des
Suche nach neuen Standorten für die in­       ses Bergsees, der auf 1800 Metern über        Pilotprojekts getroffen. Sie zeigten sich
ländische Stromproduktion hat das West­       Meer liegt, erzielten wir um 50 Prozent       offen gegenüber dem Projekt, das war ein
schweizer Energieunternehmen Romande          bessere Ergebnisse als in einem vergleich­    Vorteil», sagt Guillaume Fuchs.
Energie auf die Idee gebracht, eine Solar­    baren Park im Flachland», erklärt der
anlage auf einem See zu bauen. Als Test­      ­Projektleiter. Das sei unter anderem auf    Eine neuartige Plattform
standort wurde ein Stausee in den Walliser     die dünnere Luftschicht in der Höhe und     Nun muss die schwimmende Struktur
Alpen gewählt. «Wir interessierten uns in      den dadurch höheren UV-Index zurück­        gebaut werden – eine grosse Herausfor­
unserem Pilotprojekt für den Lac des           zuführen. Die Akzeptanz für das Projekt     derung. Sie ist der einzige Teil des Pro­
Toules, da sich dieser gut für schwim­                                                     jekts, der ganz neu entwickelt werden
mende Plattformen mit Solarmodulen                                                         musste, während die verwendeten So­
eignet. Wenn der Pegel sinkt, können die        «Diese schwimmende Solaranlage             larmodule bereits auf dem Markt erhält­
Module flach auf dem Seegrund auflie­              mitten in den Alpen ist eine            lich sind. Nach dem Aufbau werden die
gen», erklärt Guillaume Fuchs, Projekt­                  Weltpremiere.»                    Plattformen zwei Jahre lang getestet.
leiter bei Romande Energie. Ausserdem             Guillaume Fuchs, Projektleiter           Die Projektverantwortlichen wollen
sei der See nach Süden ausgerichtet.                  bei Romande Energie                  während zweier Winter – der kritischs­
                                                                                           ten Zeit für die Module – Daten sam­
Praxistest                                                                                 meln. «Im Winter wird das Material am
Bevor mit dem Bau einer schwimmenden          sei gut. Der Beweis: Bei der Auflage des     stärksten beansprucht. Dann ist auch die
Version des Solarparks begonnen wird,         Pilotprojekts war nur eine Einsprache er­    Wartung am schwierigsten. Wir müssen
haben die Spezialisten von Romande            hoben worden, und diese wurde inzwi­         die technische Machbarkeit des Projekts
Energie seit 2013 verschiedene Arten von      schen bereits wieder zurückgezogen.          bestätigen», erklärt Guillaume Fuchs.

                                                                                           Fotomontage des Demonstrations­projekts
                                                                                           (Quelle: Romande Energie)

6 | ENERGEIA Nr. 4/2017
Energiemomente entdecken - Solarboot
Mit dem Pilot­projekt kann ebenfalls ge­
testet werden, ob der Bau eines solchen
Parks finanziell tragfähig ist. Was die
Wetterbedingungen im Winter anbe­
langt, so sollte Schneefall für die Mo­
dule wegen der Rückstrahlung auf dem          NACHGEFRAGT BEI DER GESELLSCHAFT MONT-SOLEIL:
Schnee kein Problem sein (Albedo-­            «KRAFTWERK AN DER SPITZE»
Effekt). Die Rückseite der Module wird
genügend Energie erzeugen, um den
Schnee auf der Vorderseite zum Schmelzen      Das Sonnenkraftwerk Mont-Soleil feiert      joch oder am Matterhorn zum Beispiel.
zu bringen.                                   dieses Jahr das 25-Jahr-Jubiläum – ein      Im Rahmen von Solar Impulse arbeiteten
                                              wichtiger Anlass für diese Pionieranlage.   wir mit Bertrand Piccard und André
Weltpremiere                                  Der ideale Zeitpunkt für ein Gespräch       Borschberg zusammen. Das ist Teil
Der schwimmende Park des Pilot­               mit Jakob Vollenweider, dem Geschäfts-      unseres Pioniergeistes. Wir versuchen,
projekts wird auf einer Fläche von            führer der Gesellschaft Mont-Soleil.        unser Kraftwerk an der Spitze zu halten
2240 Quadratmetern mit zweiseitigen                                                       und in neuen Projekten mitzuwirken.
Modulen 750’000 kWh Strom erzeugen,           Herr Vollenweider, weshalb ist
dies entspricht dem Jahresverbrauch von       das Sonnenkraftwerk Mont-Soleil             Welche Herausforderungen
208 Haushalten. «Diese schwimmende            seit 25 Jahren so erfolgreich?              kommen in den nächsten Jahren
Solaranlage mitten in den Alpen ist eine      Ich glaube, es liegt vor allem an der       noch auf Sie zu?
Weltpremiere. Ein Projekt, das Romande        Nachhaltigkeit, im wirtschaftlichen,        Wir sind überzeugt, dass wir mit
Energie am Herzen liegt», sagt Guillaume      ökologischen und sozialen Bereich. Und      Mont-Soleil geografisch ideal positioniert
Fuchs.                                        es liegt daran, dass wir, die Initiatoren   sind. Mit dem Projekt Swiss Energypark
                                              dieser Solaranlage – die das Kraftwerk      machen wir das Verteilnetz der Société
Potenzial in alpiner Umgebung                 damals mit Bundesrat und Energieminis-      des Forces Electriques de la Goule zu
Die Integration von Photovoltaikanlagen       ter Adolf Ogi einweihten –, immer noch      einem Smart Grid, und das für eine
in Gebäude wird in einem dicht besiedel­      hier sind, um dieses 25-Jahr-Jubiläum zu    Bevölkerung von rund 12’000 Einwoh-
ten Land wie der Schweiz als prioritär        begehen. Das ist ein Beweis für die         nern. Der Mont-Soleil ist wirklich im
und wichtig betrachtet, sagt Stefan Ober­     Nachhaltigkeit.                             Zentrum dieses Netzes, in dem wir alle
holzer, Leiter des Forschungsprogramms                                                    Komponenten mit einer fluktuierenden
Photovoltaik beim BFE. «Doch es wird          Konnte das Kraftwerk seinen                 Stromproduktion aus Photovoltaik und
interessant sein, zu sehen, was eine solche   Pionierstatus im Laufe der Jahre            Windkraft, aber auch mit der Wasser-
schwimmende Anlage leisten kann und           bewahren?                                   kraftproduktion berücksichtigen. Hier
wie nachhaltig sie insgesamt ist. Wir haben   Wir haben die Anlage nach dem Bau           können wir Tests durchführen und den
Beispiele von schwimmenden Solaranlagen       nicht einfach nur funktionieren lassen.     Besucherinnen und Besuchern zeigen, wie
in anderen Weltregionen. Aber mit diesem      Sondern immer versucht, etwas Neues         es funktioniert. Und das in der Realität
Projekt erhalten wir einen Eindruck vom       zu machen. So entstand der «Esprit          und nicht nur auf einem Bildschirm. Ich
Anwendungspotenzial in der Schweiz,           Mont-Soleil», der Entwicklungsgeist der     glaube, es ist wichtig, dass die Schweize-
insbesondere in alpiner Umgebung.»            Gesellschaft Mont-Soleil. Wir wollten       rinnen und Schweizer sich der Herausfor-
                                              immer neue Impulse für Forschung und        derungen der Zukunft bewusst werden.
Wenn die Ergebnisse des Pilotprojekts         Entwicklung geben. Wir haben beispiels-
den Erwartungen entsprechen, ist ein Voll­    weise die Entwicklung des Solarkatama-
ausbau auf einer Fläche von 35 Prozent        rans Mobicat auf dem Bielersee              PS: Das ganze Interview mit Jakob
des Lac des Toules vorgesehen. Dieses         unterstützt. Oder der Solaranlage auf       Vollenweider inklusive Wettbewerb, bei
Solarkraftwerk könnte Strom für über          dem Stade de Suisse in Bern, die mit        dem Sie einen Besuch des Sonnen-
6400 Haushalte produzieren (23 Millio­        dem Schweizer Solarpreis und mit dem        kraftwerks Mont-Soleil (Wert
nen kWh). Der erste Winter und sein           Europäischen Solarpreis 2005 ausge-         CHF 250.–) gewinnen können, finden
Wetter werden für Romande Energie             zeichnet wurde. Wir haben Projekte in       Sie auf unserem Blog www.energeiaplus.
­bereits gute Indikatoren liefern. (luf)      grosser Höhe initiiert, auf dem Jungfrau-   com/category/energeia.

                                                                                                             ENERGEIA Nr. 4/2017 | 7
Energiemomente entdecken - Solarboot
PIONIERBOOT UNTERWEGS
Das Solar-Wasserstoff-Boot «Race for Water» ist die nächsten fünf Jahre unterwegs, um auf die
­Verschmutzung der Meere durch Plastik aufmerksam zu machen. Der Katamaran wird auf seiner Reise
 ausschliesslich von erneuerbarer Energie aus Sonne, Wasser und Wind angetrieben.

Die Ausmasse des Katamarans «Race for          gewandelt und kann nun ebenfalls direkt           engagieren dürfen», sagt Alexandre Clos­
Water» sind beeindruckend: 35 Meter lang,      die Motoren antreiben oder die Lithium-­          set, Präsident der Swiss Hydrogen SA.
23 Meter breit, 500 Quadratmeter Solar­        Ionen-Batterien aufladen. «Die Sauber­            «Wir möchten zeigen, dass es bereits
panels – 38’000 Photovoltaikzellen –, die      keit der Ozeane liegt uns am Herzen, und          heute mit dem Wasserstoffantrieb eine
seine Oberfläche bedecken. Seit April ist er   wir sind stolz darauf, dass wir uns mit           saubere Alternative zu den herkömmli­
auf den Weltmeeren unterwegs mit dem           unserem Know-how für ‹Race for Water›             chen Bootsmotoren gibt, die auch auf an­
Ziel, in den nächsten fünf Jahren die Um­
weltprobleme der Meere wissenschaftlich
zu erforschen und die nachhaltigen Ener­
gietechnologien an Bord zu testen. Er führt
eine neuartige Wasserstoffproduktions-
und -speichereinheit mit sich, die es dem
Katamaran erlaubt, sich komplett autonom
mit der benötigten Energie zu versorgen.                            Solarenergie                                               Überschüssige E
                                                                    Photovoltaik-Module                                        Wasserstoffhers
Wasserstoffspeicher an Bord
Die Basis der Energieversorgung des Kata­
marans ist die 500 Quadratmeter grosse
Photovoltaikanlage mit einer Leistung von
93 Kilowatt. Mit der Sonnenenergie wird
einerseits der Motor des Katamarans an­
getrieben, andererseits werden die vier
Lithium-­Ionen-Batterien aufgeladen, damit       Energiespeicherung
das Schiff auch nachts navigieren kann.          Lithium-Batterien

Wenn sich das Schiff in einem Hafen be­
findet und daher viel weniger Energie ver­
braucht, kommt die neuartige Wasserstoff­
produktionseinheit zum Zug, die die Firma
Swiss Hydrogen SA eigens für den Kata­
maran entwickelt hat (siehe Grafik). Dazu
wird Meerwasser entsalzt, gereinigt und
anschliessend mittels Elektrolyse in seine
Bestandteile Wasserstoff und Sauer­   stoff                       Schiffsantrieb
                                                                  Elektromotoren
aufgespaltet. Der so erzeugte Wasserstoff
wird bei 350 bar Druck in 25 Hochdruck­                                                                                    +

gaszylindern gespeichert.

Grössere Unabhängigkeit
Wenn die Energie zu einem späteren Zeit­
punkt benötigt wird, wird der Wasserstoff                                                                               Stromerzeugung
in den zwei Brennstoffzellen à 30 Kilo­                                                                                 Brennstoffzellen
                                                Quelle: Swiss Hydrogen, Race for Water Odyssey
watt Leistung wieder in Elektrizität um­

8 | ENERGEIA Nr. 4/2017
deren Schiffen Anwendung finden kann»,      Speicherzylinder sind sogar rund zehn          Möglichkeit, das Zusammenspiel der ein­
       so Closset weiter.                          Mal leichter als ein Batteriespeicher mit      zelnen Prozesse, das heisst der Produktion
                                                   vergleichbarer Kapazität.                      des Wasserstoffs, der Speicherung und
       Platzsparend und leicht                                                                    der Umwandlung in Strom, sowie die
       Der Einbau des Brennstoffzellenantriebs     Flugdrachen zieht mit                          Leistungsfähigkeit des gesamten Systems
       war jedoch alles andere als einfach. «Auf   Die 25 vollen Gastanks entsprechen rund        unter reellen Bedingungen zu testen.
       dem knappen Raum des Katamarans war         2800 Kilowattstunden Elektrizität, was
       es zentral, den Antrieb möglichst platz­    etwa der vierfachen Menge dessen ent­          Show-Effekt erhofft
       sparend und leicht zu konzipieren», er­     spricht, was die Lithium-Ionen-Batterien       Auf seiner fünfjährigen Reise über die
       klärt Closset. Mit 50 Kilogramm wiegt er    an Bord speichern können. Mit der Ener­        Weltmeere präsentiert sich der Katamaran
       nun nur etwa einen Drittel eines ähnli­     gie aus dem Wasserstoff kann der Kata­         zu verschiedenen Gelegenheiten der
       chen herkömmlichen Modells. Und die         maran sechs Tage mit einer durchschnitt­       ­Öffentlichkeit. Im Mai und Juni dockte er
                                                   lichen Geschwindigkeit von fünf Knoten          während des Segelwettbewerbs America’s
                                                   unterwegs sein und somit jene Tage besser       Cup auf den Bermudas an. Im Juli und
                                                   überbrücken, an denen die Sonne wenig           ­August 2020 wird er während der Olympi­
                                                   oder gar nicht scheint. An Bord befindet         schen Spiele Tokio besuchen und anschlies­
                                                   sich zudem ein Flugdrachen mit einer             send im Oktober 2020 in Dubai anlegen,
                                                   Fläche von 40 Quadratmetern, der bei             wo zu dieser Zeit die Weltausstellung
                                                   guten Bedingungen den Antrieb des                ­gastiert. «Der Katamaran kann damit eine
Energie                                            ­Katamarans entlasten kann.                       schöne Plattform bieten, um die Innova­
stellung                                                                                             tionskraft der Schweiz zu zeigen», ist Yas­
                                                                                                     mine Calisesi überzeugt. Zudem könne er
                                                   «Die Integration der Brennstoffzellen-            ein Schaufenster sein für die saubere
                                                        technik in Schiffe stellt eine               Energie­technologie, die ihn antreibt. (his)
           Entsalzung                                  grosse Herausforderung dar.»
           Meerwasser wird zu Süsswasser,          Yasmine Calisesi, Fachspezialistin, BFE
           dann gereinigt (deionisiert)                                                               Von «Planet Solar» zu
                                                                                                      «Race for Water»
                                                   Unterstützung durch das BFE                        Der Katamaran «Race for Water» war
                                                   Das Bundesamt für Energie unterstützt das          bereits unter dem Namen «Planet
              Wasserstoffgewinnung
                                                   Projekt im Rahmen seines Pilot- und De­            Solar» bekannt. Skipper Raphaël
              (Elektrolyse)
                                                   monstrationsprogramms mit 411’000 Fran­            Domjan und seine Crew umrundeten
                                                   ken. «Es gibt heute einige wenige, vor al­         zwischen 2010 und 2012 mit «Planet
                                                   lem kleinere Schiffe, die mit Strom aus            Solar» erstmals ausschliesslich mit
                                                   Brennstoffzellen betrieben werden», er­            Solarenergie die Welt. Ihre Reise führte
             Wasserstoffverdichtung                klärt Yasmine Calisesi, Fachspezialistin           von Monaco über den Atlantik, durch
                                                   Cleantech beim Bundesamt für Energie.              den Panamakanal, über den Pazifik,
                                                   Da Elektroantriebe auf Schiffen aber eine          den Indischen Ozean, den Golf von
                                                   breite Anwendung finden, ist die Ankopp­           Aden, durch den Kanal von Suez und
           Speicherung des gasförmigen             lung an eine Brennstoffzelle sinnvoll. So­         schliesslich zurück nach Monaco, wo
           Wasserstoffs unter hohem Druck          wohl die EU wie auch die IEA führen                der Katamaran 584 Tage nach dem
                                                   Programme, die zum Ziel haben, solche              Start wieder eintraf. 2015 kaufte die
                                                   Antriebe auch in grösseren Schiffen zum            dem Lausanner Marco Simeoni
                                                   Einsatz zu bringen.                                gehörende Stiftung Race for Water den
                                                                                                      Katamaran, baute ihn für seine
                                                   «Die Integration der Brennstoffzellentech­         Odyssee 2017–2021 um und taufte ihn
                                                   nik in Schiffe stellt jedoch eine grosse He­       schliesslich auf den Namen «Race for
                                                   rausforderung dar», erklärt Calisesi wei­          Water». Am 9. April ist der Katamaran
                                                   ter. Dank «Race for Water» habe man die            in Lorient (F) in See gestochen.

                                                                                                                         ENERGEIA Nr. 4/2017 | 9
BAKTERIEN ERZEUGEN STROM
Ein innovatives Forschungsprojekt untersucht, wie sich Strom aus biogenen Abfällen erzeugen lässt –
in einer mikrobiellen Brennstoffzelle. Das Bundesamt für Energie unterstützt die Forschungsarbeiten,
um das Potenzial für diese Art von erneuerbarer Energiegewinnung besser einschätzen zu können.

Rote, blaue, schwarze und weisse Kabel              und Biomasse, was das Wachstum der                            Strom produzieren», sagt Fischer. Weitere
und Röhrchen ragen aus den zwölf                    Bakterien fördert. Denn diese fressen die                     Resultate erwartet er bis im Herbst 2017.
Bio-Brennstoffzellen, die im Labor der              organischen Bestandteile im Abwasser
HES-SO Wallis in Serie geschaltet sind.             und reinigen es auf diese Weise. Beim                         Potenzial berechnet
Diese besitzen Behälter mit urinhaltigem            Stoffwechsel setzen sie neben CO2 auch                        Noch lässt sich mit dieser Versuchsanlage
Abwasser. Für das blosse Auge unsicht­              Elektronen frei. Diese wandern von der                        nur wenig Energie gewinnen. Doch Fischer
bar sind die Bakterien darin.                       Anode zur gegenüberliegenden Kathode,                         rechnet vor: «In der Schweiz könnten wir
                                                    wo sie mit Sauerstoff reagieren. Als Neben­                   pro Person und Tag rund 0,2 Kilowattstun­
Mikroben arbeiten lassen                            produkt entsteht Wasser.                                      den erreichen. Somit liegt das Potenzial bei
«Wir verwenden die Bakterien im Abwas­                                                                            etwa 500 bis 700 Gigawattstunden im
ser für die Stromproduktion», erklärt Pro­                                                                        Jahr.» Der Stromverbrauch heutiger Klär­
fessor Fabian Fischer von der HES-SO                      «Wir verwenden die Bakterien im                         anlagen liesse sich somit um 70 Prozent
Wallis. Wenn er seinem Gegenüber erst­                   Abwasser für die Stromproduktion.»                       reduzieren und gleichzeitig Strom produ­
mals von seinem Forschungsprojekt er­                        Fabian Fischer, Professor,                           zieren, ist der Forscher überzeugt.
zählt, rümpft es schon mal die Nase oder                           HES-SO Wallis
zieht die Augenbraue hoch.                                                                                        Weitere Tests geplant
                                                                                                                  Daher will er mit seinem Team und mit
Doch dann gewinnt die Neugier Ober­                 Im kleinen Massstab                                           Industriepartnern weiter erforschen, wie
hand. Wie lässt sich aus Urin, Abwasser             Diese chemische Reaktion lässt sich im La­                    sich die Bio-Brennstoffzellen optimal
von Haushalten, Grünabfällen oder Le­               bor für die Stromerzeugung nutzen. «Mit                       kombinieren und für eine Stromproduk­
bensmittelresten Strom gewinnen? Ab­                einem unserer Bio-Brennstoffzellen-­Stapel                    tion im grösseren Stil nutzen lassen (siehe
wasser enthält Phosphate, Ammoniak                  konnten wir bereits bis zu 1,2 Milliwatt                      Kasten). (bra)

                                             e-

                                                                         Bio-Brennstoff­zelle mit                    Forschungsprojekt
                                                                         Bakte­rien im Abwasser
                                                                                                                     Das Bundesamt für Energie unterstützt
                           e-                                  e-        (Quelle: HES-SO Wallis)
                                                                                                                     das Forschungsprojekt mit mikrobiellen
                                                                                                                     Brennstoffzellen. «Es ist ein innovativer
 Kohlendioxid + Wasser                                                  Wasser                                       Ansatz, um ungenutztes Potenzial für
 (CO2 + H2O)                                                            (H2O)                                        die erneuerbare Stromproduktion zu
                                e-                        e-
                                                                                                                     erschliessen», sagt Sandra Hermle,
                                                                                                                     Fachspezialistin Energieforschung beim
                                                                                                                     BFE. «Heute befindet sich die Techno-
                                                  H+
                                                                                                                     logie noch im Forschungsstadium.»
                                                                                                                     Künftig könnten Bio-Brennstoffzellen
                                                                                                Sauerstoff (O2)

                                                                       Sauerstoff                                    aber nicht nur für Kläranlagen, sondern
      Formaldehydn                                                     (O2)                                          auch für Mehrfamilienhäuser und
      (CH2O)n
                                                                                                                     Stadtquartiere interessant sein.

                                     Negativ geladenes              Positiv geladenes
           Bakterien        e-       Elektron                  H+   Wasserstoffproton

10 | ENERGEIA Nr. 4/2017
STROM AUS GEBÄUDEN
Die gebäudeintegrierte Photo­
voltaik wird vermehrt am Markt
erprobt. Ein innovatives Beispiel
sind die Dachelemente der
­Bündner Firma Designergy.

Immer häufiger übernehmen PV-Module
die Funktion von Baumaterialien, sie er­
setzen also die äusserste Schicht der Fas­
sade oder die Dachziegel. In diesem Fall
werden Solaranlagen als integrale Teile
der Gebäudehülle verstanden. Diesen An­
satz verfolgt auch Daniel Lepori, der
Gründer des Start-ups Designergy SA.
Der 38-jährige Tessiner gründete 2011 die
Designergy SA. Die Firma entwickelt und
produziert Dachelemente, die Wärme
dämmen, gegen Wasser abdichten und
Solarstrom produzieren. Diese dreifache
Funktion gab den Elementen den Namen
«Triactive Core Roof» (TCR).

Das Jungunternehmen wurde in den letz­
ten Jahren mehrfach für seine innovative
Technologie ausgezeichnet (z.B. Watt
d’Or). Die Firma aus San Vittore GR
zählt unterdessen neun Mitarbeitende und     Daniel Lepori, CEO von Designergy SA (Quelle: Andrea Badrutt, Chur)
hat verschiedene Referenzprojekte reali­
siert, die das Potenzial der TCR-Dachele­
mente demonstrieren. Auf einer Fabrik­       lediglich 5 bis 8 Prozent. Die Kostenparität    lisieren, vom Einfamilienhaus bis zum
halle in San Vittore wurde mit den           ist also zum Greifen nah», sagt Lepori. Mit     grossen Industriedach. Die Designergy-­
Elementen eine 720 Quadratmeter grosse       dem Genfer Projekt möchte Designergy            Lösung ist laut Lepori für Neubauten so­
Fläche mit einer Leistung von über           nach dem Tessin und der Deutschschweiz          wie für Gebäudeerneuerungen geeignet.
90 Kilowatt (kW) bestückt. Bis im            auch in der Romandie verstärkt Fuss fas­        Hier wartet ein riesiges Potenzial, wie er
­kommenden Jahr entsteht in Genf auf          sen. Das Bündner Unternehmen weiss um          betont: «1,5 Millionen Gebäude in der
 einer zweistöckigen Wohnüberbauung           die Wichtigkeit einer aktiven Zusammen­        Schweiz müssten zur Verbesserung der
 in zwei Schritten eine Anlage mit rund      arbeit mit der lokalen bzw. regionalen          Wärmedämmung saniert werden.»
100 kW Leistung. Dieses Projekt wurde        Bauindustrie, um die Bekanntheit des neu­
vom BFE im Rahmen seines Pilot- und          artigen Systems und die Akzeptanz dafür         Statt selber schlüsselfertige Projekte zu
Demonstrationsprogramms unterstützt.         zu erhöhen. Im Rahmen des Genfer Pro­           rea­lisieren, will Designergy seine Dach­
                                             jektes wird ein Konzept erarbeitet, das         elemente künftig vermehrt im Business-­
Romandie erobern                             ­aufzeigt, wie die Diffusion der TCR-Tech­      to-Business-Geschäft an Profis der
«Durch das ganzheitliche Engineering und      nologie insbesondere bei Westschweizer         Bau- und Solarbranche wie Installateure,
die optimierte Einbindung der tragenden       Planern unterstützt werden kann.               Architekten oder Bauunternehmer
Struktur verursacht unser Dach gegenüber                                                     ­liefern, einschliesslich der zugehörigen
einem konventionellen, nicht mit PV-­ Im Laufe des Jahres will die Firma zu­                 Beratungs- und Unterstützungsleistun­
Modulen bestückten Dach Mehrkosten von dem mit Partnern rund zehn Projekte rea­              gen. (bv)

                                                                                                                   ENERGEIA Nr. 4/2017 | 11
EINE REIHE VON MASSNAHMEN
POINT DE VUE D’EXPERT Die Ener­              des Energiesparprogramms WATTelse          Energiebedarf des Flughafens zu decken.
giepolitik des Flughafens Genf beruht auf    verschiedene Anreize zur Reduktion des     Bis 2025 soll die gesamte Produktion von
der Anwendung der NegaWatt-Grundsätze,       Energieverbrauchs eingeführt.              Wärme- und Kühlenergie unabhängig von
die sich ihrerseits auf drei strategische                                               fossilen Energieträgern erfolgen und die
Grundpfeiler stützen: Energiesuffizienz,     Der gesamte Elektrizitätsverbrauch         Produktion von Solarenergie auf dem
Energieeffizienz und Nutzung erneuerba­      des Flughafengeländes entspricht dem       Flughafengelände von derzeit 1 GWh pro
rer Energien.                                Stromkonsum von 16’800 Haushalten,         Jahr auf gegen 4 GWh pro Jahr ausgewei­
                                             der Wärmeverbrauch demjenigen von          tet werden. Schon heute stammt die auf
Um die Kontrolle der Energiekosten zu        2250 Haushalten. Für alle Neubauten und    dem ganzen Genfer Flughafenareal ver­
optimieren und die Sparziele zu erreichen,   Renovationen hat der Flughafen Genf        brauchte elektrische Energie gänzlich aus
hat der Flughafen Genf ein ganzes Netz       strikte Energiesparvorgaben festgelegt.    erneuerbaren Quellen.
von Strom- und Wärmezählern installiert.     Er beteiligt sich zudem an bundesweiten
Dank Fernablesung können sich die Ver­       und kantonalen Energiesparprogrammen.      Der Flughafen Genf besitzt seit einigen
antwortlichen damit jederzeit ein genaues                                               Jahren eine Kohlenstoff-Zertifizierung.
Bild von den verschiedenen Verbrauchs­       Zur Umsetzung und Weiterentwicklung        Diese unterstützt die unternommenen
quellen machen. Eine digitale Plattform      der Energiestrategie des Genfer Flugha­    Anstrengungen zur Verminderung der
ermöglicht zudem den Echtzeit-­    Zugriff   fens wird das Projekt GeniLac® entschei­   Treibhausgasemissionen, die durch den
auf sämtliche Informationen über jeden                                                  Flughafenbetrieb entstehen. Der Genfer
Stromverbrauch.                                                                         Flughafen hat sich dazu verpflichtet, die
                                             «Der Flughafen Genf verfolgt eine starke   von den Gebäuden erzeugten CO2-Emis­
Die Energiepolitik des Flughafens Genf         und entschlossene Energiepolitik.»       sionen bis 2030 um 5000 Tonnen zu redu­
macht an den Grenzen des Betriebs nicht        André Schneider, Generaldirektor,        zieren. Dies alles ist Ausdruck einer
halt: Im Rahmen seines Engagements                      Flughafen Genf                  ­starken und entschlossenen Energiepolitik,
rund um den ökologischen Fussabdruck                                                     die es ermöglicht hat, in den vergangenen
ist der Flughafenbetreiber seit Längerem                                                 zehn Jahren kumulierte Energieeinsparun­
bestrebt, eine gemeinsame Strategie zur      dend beitragen. Dabei geht es um die Zu­    gen von über 70 GWh zu erzielen.
Verminderung des Gesamtenergiever­           führung von Wasser aus dem Genfersee
brauchs auf dem ganzen Flughafengelän­       zu Heiz- und Kühlungszwecken. Das Pro­     André Schneider, Generaldirektor Flug-
de zu definieren. So wurden im Rahmen        jekt ist unabdingbar, um den zukünftigen   hafen Genf

 Flughafen Genf (Quelle: Frank Mentha)

12 | ENERGEIA Nr. 4/2017
BALDIGER
ENTSCHEID

                                                                                                                        Quelle: Stefan Dörig

POINT DE VUE D’EXPERT Im No­                 arbeit ausgerichtet. Die Stromversorgung     den Abschluss eines Stromabkommens
vember 2017 wird in Europa ein beson­        der Schweiz ist damit sicherer und günsti­   über Jahrzehnte verhindern und damit
deres Jubiläum begangen: Seit zehn Jah­      ger geworden. Unser Netz ist Teil eines      auch die regionale Zusammenarbeit ge­
ren verhandeln die Schweiz und die EU        regionalen Verbundes, und unsere Kraft­      fährden könnten.
über ein Stromabkommen. In unzähli­          werke handeln grenzüberschreitend mit
gen Gesprächen haben die Verhand­            Strom. Damit leisten sie auch einen wich­
lungspartner über die Einbindung der         tigen Beitrag für die Versorgungssicher­        «Der Schlüssel für eine sichere
Schweiz in den europäischen Strom­           heit unserer Nachbarländer. Andererseits      und günstige Stromversorgung liegt
binnenmarkt diskutiert und durften dabei     sind die Kraftwerke in Deutschland oder           in der Zusammenarbeit mit
zusehen, wie dieser – allen Unkenrufen       Frankreich für die Versorgungssicherheit              unseren Nachbarn.»
zum Trotz – stetig weiterentwickelt wur­     der Schweiz ebenso relevant wie unsere              Stefan Dörig, Energierat
de. Acht Jahre nach dem Beschluss des        inländischen Kraftwerke. Alle sind sie
dritten EU-Energiebinnenmarktpakets          Bestandteil eines einzigen zusammen­
wurde im Frühjahr 2017 mit dem Netz­         hängenden Systems, das es gemeinsam zu       Die Schweiz wird also entscheiden müs­
kodex zur Regelenergie der letzte legis­     betreiben gilt. So gibt es keinen unabhän­   sen, ob sie eine effiziente, wirtschaftliche
lative Baustein gelegt.                      gigen Schweizer Strommarkt, und auch         und sichere Einbindung in den EU-Strom­
                                             die Versorgungssicherheit ist keine rein     binnenmarkt will oder einen teuren
                                             nationale Angelegenheit. Der Schlüssel       Allein­gang mit unbestimmten Folgen für
    «Seit zehn Jahren verhandeln             für eine sichere und günstige Stromver­      die Versorgungssicherheit. Die Weichen
   die Schweiz und die EU über ein           sorgung liegt in der Zusammenarbeit mit      werden in den kommenden Jahren ge­
          Stromabkommen.»                    unseren Nachbarn.                            stellt. Ein 20-Jahr-Jubiläum der Strom­
        Stefan Dörig, Energierat                                                          verhandlungen wird es kaum geben.
                                             Dies gilt es bei den aktuellen Debatten
                                             um die vollständige Marktöffnung und         Stefan Dörig, Energierat, Mission der
Die Umsetzung wird vorerst ohne die          das Marktdesign nach 2020 zu beachten.       Schweiz bei der EU, Brüssel
Schweiz stattfinden. Dies ist bedauerlich,   Abenteuerliche Ideen wie ein fixer, von
denn die Strominfrastruktur, die wir in      der Politik verordneter Eigenversorgungs­    PS: Die vierjährige Amtszeit von Stefan
den vergangenen 50 bis 60 Jahren aufge­      grad oder Abgaben auf Importstrom lö­        Dörig endet im Juli 2017. Auf ihn folgt
baut haben, war von Anfang an auf die        sen unsere Probleme nicht. Im Gegenteil:     Simon Steinlin, bisher Leiter Bundesrats-
internationale Vernetzung und Zusammen­      Damit werden Strukturen geschaffen, die      und Parlamentsgeschäfte im BFE.

                                                                                                              ENERGEIA Nr. 4/2017 | 13
KMU AM ZUG
Für die Steigerung der Energieeffizienz gibt es für Grossverbraucher verschiedene schweizweite Anreize
und Angebote. Jetzt werden auch die kleinen und mittleren Unternehmen bei ihren Bestrebungen,
Energie zu sparen, unterstützt.

Auf die energieintensivsten 800’00 klei­                                                  Wollen die Unternehmen danach auch
nen und mittleren Unternehmen (KMU)1                     IDENTIFIZIEREN                   den dritten Schritt tun, das heisst die
in der Schweiz entfällt ungefähr ein Drit­                                                Massnahmen umsetzen, können sie von
tel des gesamten Energieverbrauchs im                                                     der Begleitung durch PEIK-Berater profi­
Sektor Industrie und Dienstleistungen.                                                    tieren. Beispielsweise für die Beantra­
Häufig fehlt es diesen Unternehmen an                                                     gung von Förderbeiträgen. «Auch wenn
finanziellen und personellen Ressourcen,                                                  die Berater die Unternehmen bei der Um­
um die Energieeffizienz ihrer Anlagen                                                     setzung begleiten, braucht es Überzeu­
analysieren zu lassen.                                                                    gungsarbeit, damit sie optimal gelingt»,
                                                                                          betont Marc Cavigelli.
Um den Energieverbrauch und die Ener­
                                                         ANALYSIEREN
giekosten der KMU zu senken, hat                                                          Finanzielle Unterstützung
EnergieSchweiz die Plattform PEIK                                                         Unternehmen, die von der PEIK-Bera­
­eingerichtet. Die Grossunternehmen unter­                                                tung profitieren, können Fördermittel des
 liegen in vielen Kantonen dem Gross­                                                     Bundes in Anspruch nehmen. «Das Unter­
 verbraucherartikel. Zudem können sie von                                                 nehmen erhält 50 Prozent der Kosten,
 der Befreiung der CO2-Abgabe profitieren                                                 aber höchstens 1500 Franken.» Vorerst ist
 und/oder erhalten unter bestimmten                                                       eine Programmdauer bis 2019 geplant,
 Voraus­setzungen die Rückerstattung des                                                  mit der Möglichkeit einer Verlängerung
 Netzzuschlags. Für kleine und mittlere                                                   um weitere drei Jahre. Das Ziel ist es,
 Unternehmen existieren zwar Energie­                      UMSETZEN                       1200 Energieberatungen pro Jahr durch­
beratungsangebote, sie stehen aber nicht                                                  zuführen. (luf)
in der ganzen Schweiz zur Verfügung und
 entsprechen nicht immer den Bedürf­
 nissen von KMU. «Die Plattform PEIK                                                      1
                                                                                            KMU mit einem jährlichen Stromverbrauch
schliesst diese Lücke. Die KMU sind                                                       von 100 bis 500 Megawattstunden (MWh), ei-
wichtige Akteure im Bereich der Energie­                                                  nem jähr­lichen Wärmeverbrauch von 500 bis
einsparung. Daher haben wir nach einem                                                    5000 MWh und einem jährlichen Treibstoffver-
                                                                                          brauch von über 10’000 Litern (jährliche Energie­
 Weg gesucht, wie wir sie bei der Verbesse­                                               kosten zwischen 20’000 und 300’000 Franken).
 rung ihrer Energieeffi­zienz unterstützen                 EINSPAREN
 können», erklärt Marc Cavigelli, Projekt­
 verantwortlicher beim BFE.
                                                                CH F
                                                                + kWh
                                                                                              Drei Kontaktstellen in der Schweiz
Mehrere Etappen                                                                               Um möglichst viele KMU in der ganzen
Das Verfahren erfolgt in drei Etappen:                                                        Schweiz zu erreichen, wurden in den
«Zuerst werden die Bedürfnisse des                                                            drei wichtigsten Sprachregionen Büros
Unternehmens ermittelt; das geschieht
­                                                                                             mandatiert. Diese stellen den Kontakt
online oder per Telefon und liefert uns die   Schritt eine Analyse durch akkreditierte        zwischen den Unternehmen und den
Grundlage, um ein geeignetes Beratungs-       PEIK-Berater beantragen (siehe Kasten).         über 100 akkreditierten Beratenden in
oder Förderprodukt zu empfehlen», erläu­      Die Energieberatung wird direkt im Unter­       den Regionen her. «So ist man nahe
tert der Fachspezialist. Entschliesst sich    nehmen gemacht und zeigt die kosten­            bei den Unternehmen und ihren
das Unternehmen, seine Energieeffizienz       wirksamen Massnahmen und Empfehlun­             Bedürfnissen», erklärt Marc Cavigelli,
zu verbessern, kann es in einem zweiten       gen für das weitere Vorgehen auf.               Projektverantwortlicher beim BFE.

14 | ENERGEIA Nr. 4/2017
MEHR LICHT, WENIGER STROM
Die Zentralbibliothek Zürich (ZB) hat im vergangenen Jahr die Beleuchtung im Publikumstrakt auf LED
umgestellt und gleichzeitig Bewegungs- und Tageslichtsensoren eingebaut. EnergieSchweiz unterstützte
das Effizienzprojekt mit einem Beitrag an die Lichtplanungskosten.

Vor 100 Jahren öffnete die Zentralbiblio­    die Bibliothek um rund sieben Megawatt­      30 Mal 50 Prozent Strom gespart
thek in Zürich ihre Pforten. Vergleichs­     stunden im Monat senken können, das          Wer seine Beleuchtung erneuert, sollte
weise jung, nämlich 24 Jahre alt, war die    bedeute rund zehn Prozent tiefere K
                                                                               ­ osten.   nicht nur einen Elektroinstallateur,
Beleuchtung des 6000 Quadratmeter            Die neue Beleuchtung verbraucht gegen­       sondern auch einen professionellen
gros­sen Katalog- und Lesesaals im Publi­    über der alten nur die Hälfte des Stroms     Lichtplaner beiziehen. Damit ist
kumstrakt, als sie im Sommer 2016 er­        (siehe Kasten). Auch bezüglich War­          gewährleistet, dass die verwendete
setzt wurde. «Die alten Rasterleuchten       tungsaufwand erwartet Rebsamen eine          Lichttechnik auf dem aktuellsten
waren am Ende ihrer Lebensdauer, zer­        Einsparung: «Die neuen Leuchten sollten      Stand und von hoher Qualität ist.
brachen teilweise beim Leuchtmittelaus­      fünf bis zehn Mal länger halten als die      EnergieSchweiz und die Schweizer
tausch und genügten den Ansprüchen der       alten.»                                      Licht Gesellschaft haben in den
Nutzenden nicht mehr», erklärt Emil                                                       vergangenen zwei Jahren 30 Beleuch-
Rebsamen, Leiter Gebäudemanagement           Gewinnbringende Zusammenarbeit               tungsprojekte in öffentlichen Gebäu-
der Zentralbibliothek. Ziel war es, eine     EnergieSchweiz beteiligte sich mit           den und Firmenliegenschaften bei der
neue Beleuchtung zu installieren, die bei    3200 Franken oder rund einem Drittel         Durchführung solcher Lichtplanungen
gleich bleibender Helligkeit und Farb­       an den Kosten für die Lichtplanung der       unterstützt. Dank der neuen Beleuch-
wiedergabe weniger Energie verbraucht,       Zentralbibliothek. «Ziel war es, die Zu­     tung verbrauchen die 30 Gebäude
weniger Wartungsaufwand verursacht,
­                                            sammenarbeit zwischen Lichtplanern           jährlich insgesamt 1,32 Millionen
bessere Lichtqualität sicherstellt und dem   und Elektroinstallateuren zu fördern»,       Kilowatt weniger Strom (minus
neuesten Stand der Technik entspricht.       erklärt Markus Bleuer, BFE-Fachspezia­       56 Prozent gegenüber vorher). In
Um die komplexen Ansprüche an die Be­         list für Beleuchtung. «Aus unserer Sicht    einzelnen Gebäuden wurden nur die
leuchtung erfüllen zu können, arbeitete       leisten sie im Rahmen ihrer Beratung        Leuchten ersetzt, in anderen Gebäu-
die Zentralbibliothek mit einem professio­    einen wichtigen Beitrag zur höheren         den bauten die Installateure zusätzlich
nellen Lichtplaner zusammen. «Er hat         ­Akzeptanz von energieeffizienten Leucht­    eine Tageslichtsteuerung oder
uns wertvolle Tipps gegeben – dank ihm        mitteln.» (his)                             Anwesenheitssensoren ein.
haben wir eine technisch einwandfreie
Lösung erhalten», erklärt Rebsamen.

Weniger Strom dank Sensoren
Neben der LED-Beleuchtung wurden
gleichzeitig Tageslicht- und Bewegungs­
sensoren eingebaut. Allerdings können
die Bewegungssensoren nicht voll einge­
setzt werden. «Ständiges Ein- und Aus­
schalten des Lichts stört die Nutzerinnen
und Nutzer in der Konzentration», erklärt
Rebsamen. Die Bewegungssensoren sind
darum nur ausserhalb der Öffnungszeiten
in Betrieb, wenn beispielsweise die Putz­
equipen Dienst tun. Mit den Resultaten
der Sanierung ist Rebsamen zufrieden.
«Die Rückmeldungen der Nutzenden
sind grundsätzlich positiv», sagt Rebsa­
men. Den Gesamtstromverbrauch habe

                                                                                                          ENERGEIA Nr. 4/2017 | 15

                                              Quelle: Zentralbibliothek Zürich
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