Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020 - Endbericht

Die Seite wird erstellt Niklas-Daniel Janßen
 
WEITER LESEN
Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020 - Endbericht
Endbericht

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas
in Baden-Württemberg bis 2020
Auftraggeber                          Ministerium für Umwelt, Klima und Energie-
                                      wirtschaft Baden-Württemberg

                                      Postfach 103439
                                      70029 Stuttgart

Auftragnehmer                         Leipziger Institut für Energie GmbH
                                      Lessingstraße 2
                                      04109 Leipzig

                                      Telefon      03 41 / 22 47 62 - 0
                                      Telefax      03 41 / 22 47 62 - 10

                                      E-Mail       mail@ie-leipzig.com
                                      Internet     www.ie-leipzig.com

Ansprechpartner                       Matthias Reichmuth

Datum                                 30.04.2012

Geschäftsführung                  Sitz und Gerichtsstand       Handelsregister
Werner Bohnenschäfer-Bleidiesel   Leipzig                      Amtsgericht Leipzig HRB 23778
Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

1       EINLEITUNG ............................................................................................................. 1
2       STROMPREISENTWICKLUNG BIS 2020 ................................................................ 2
      2.1 Strommarktpreise im Großhandel ..................................................................... 2
           2.1.1 Analyse der Preisentwicklung bis April 2012 .......................................... 2
           2.1.2 Analyse der Terminmärkte bis April 2012 ............................................... 3
           2.1.3 Perspektive für die Preise bis 2020 ........................................................ 4
      2.2 Entwicklung der Netznutzungsentgelte ............................................................. 6
           2.2.1 Stromnetzbetreiber in Baden-Württemberg ............................................ 6
           2.2.2 Analyse vorhandener Daten zu Netznutzungsentgelten......................... 7
           2.2.3 Kosten der Netzausbaumaßnahmen bis 2020........................................ 9
           2.2.4 Endenergieverbrauch Strom 2020 ........................................................ 12
           2.2.5 Zusammenfassung: Entwicklung der NNE für Haushaltskunden ......... 14
           2.2.6 Entwicklung der NNE für Gewerbe und Industrie ................................. 16
      2.3 Steuern, Abgaben und Umlagen ..................................................................... 17
           2.3.1 EEG-Umlage ......................................................................................... 17
           2.3.2 Stromsteuer ........................................................................................... 22
           2.3.3 Konzessionsabgabe .............................................................................. 23
           2.3.4 KWK-Aufschlag ..................................................................................... 23
           2.3.5 Sonderumlage zur Netzentgeltbefreiung von Großkunden .................. 24
           2.3.6 Mehrwertsteuer ..................................................................................... 24
      2.4 Sonstige Preiseffekte ...................................................................................... 24
           2.4.1 Speichertechnologien............................................................................ 25
           2.4.2 Regelenergie ......................................................................................... 26
           2.4.3 Laststeuerung ....................................................................................... 26
      2.5 Zusammenfassender Ausblick ........................................................................ 27
           2.5.1 Preisentwicklung für Haushaltskunden ................................................. 27
           2.5.2 Preisentwicklung für Gewerbekunden .................................................. 27
           2.5.3 Preisentwicklung für Industriekunden ................................................... 28
           2.5.4 Preisentwicklung im Vergleich .............................................................. 29
3       ERDGASPREISENTWICKLUNG BIS 2020............................................................ 31
      3.1 Erdgaspreise im Großhandel .......................................................................... 31
           3.1.1 Analyse der Preisentwicklung bis April 2012 ........................................ 31
           3.1.2 Analyse der Terminmärkte bis April 2012 ............................................. 33
           3.1.3 Perspektive für die Preise bis 2020 ...................................................... 34
           3.1.4 IE-Prognose der Großhandelspreise für Erdgas 2012 bis 2020 ........... 35
      3.2 Erdgaspreise für Endverbraucher ................................................................... 36
           3.2.1 Bisherige Entwicklung der Verbraucherpreise für Haushalte ............... 36
           3.2.2 IE-Prognose zur Entwicklung der Verbraucherpreise für
                 Haushalte .............................................................................................. 37
           3.2.3 Bisherige Entwicklung der Verbraucherpreise für die Industrie ............ 38
           3.2.4 IE-Prognose zur Entwicklung der Verbraucherpreise für die
                 Industrie................................................................................................. 39
      3.3 Effekte der Energiewende und weitere Einflussfaktoren ................................ 40
      3.4 Zusammenfassender Ausblick ........................................................................ 42
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ........................................................................................... 43
TABELLENVERZEICHNIS ................................................................................................ 44
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ......................................................................................... 45
LITERATUR- UND REFERENZVERZEICHNIS................................................................ 47

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                                            I
Einleitung

1     EINLEITUNG

Für die Vorbereitung des integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes für das Land
Baden-Württemberg stellt die zukünftige Entwicklung der Energiepreise eine wichtige
Rahmenbedingung dar. Vor diesem Hintergrund hat das Ministerium für Umwelt, Klima
und Energiewirtschaft Baden-Württemberg die Leipziger Institut für Energie GmbH (IE
Leipzig) beauftragt, eine Prognose der Strom- und Gaspreise für den Zeitraum bis 2020
vorzulegen.

Dabei war es nicht möglich, eine Primärdatenerhebung durchzuführen, es wurde daher
eine Analyse vorhandener Dokumente durchgeführt, deren Aussagen dann – soweit
möglich – in Preissignale umgerechnet wurden. Dabei stützt sich das IE Leipzig insbe-
sondere auf die im November 2011 bereits vorgelegte Analyse der Strom- und Gaspreise
in Baden-Württemberg [IE 2011a].

Die nachfolgend dargestellten Hintergrundinformationen gliedern sich daher in jeweils ein
Kapitel zur Analyse der Komponenten des Strompreises sowie seiner Prognose für un-
terschiedliche Verbraucher sowie ein Kapitel zur Prognose der Preisentwicklung auf dem
Erdgasmarkt.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                   1
Strompreisentwicklung bis 2020

2       STROMPREISENTWICKLUNG BIS 2020

2.1     Strommarktpreise im Großhandel

2.1.1    Analyse der Preisentwicklung bis April 2012
Die Entwicklung der Spotmarktpreise zeigte im Jahresverlauf 2011 keinen einheitlichen
Trend. In Abbildung 1 deutlich zu erkennen sind die wöchentlichen Minima an Sonntagen
aufgrund der geringeren Nachfrage. In den letzten Wochen des Jahres lagen die Spot-
marktpreise im Mittel etwas unterhalb der Wochenmittelwerte am Jahresanfang. Die un-
einheitliche Preisentwicklung setzte sich im ersten Quartal 2012 fort: Während der Kälte-
periode Anfang Februar kam es für rund 10 Tage zu Ausschlägen nach oben, zum Quar-
talsende lag das Preisniveau jedoch noch etwas niedriger als am Jahresanfang (vgl. Ab-
bildung 2).

Abbildung 1      Preisentwicklung 2011 am EPEX Spot-Markt [EPEX 2012]
Die graue Kurve bezeichnet die Grundlast- (base load) die orange Kurve die Spitzenlastpreise (peak load).

Abbildung 2      Preisentwicklung im 1. Quartal 2012 am EPEX Spot-Markt [EPEX 2012]
Die graue Kurve bezeichnet die Grundlast- (base load) die orange Kurve die Spitzenlastpreise (peak load).

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                   2
Strompreisentwicklung bis 2020

2.1.2    Analyse der Terminmärkte bis April 2012
Zur Einschätzung zukünftiger Preise sind jedoch die Terminmärkte von besonderem Inte-
resse, da diese bereits die Erwartungen der Händler an zukünftige Preissignale vorweg-
nehmen. In Abbildung 3 bis Abbildung 5 sind die Abrechnungspreise der Jahres-Futures
für die Jahre 2013 bis 2018 dargestellt.

Abbildung 3     German Baseload Year Futures für 2013(grau) und 2014 (rot) vom 25.04.2011
                bis 24.04.2012 [EEX 2012a]

Abbildung 4     German Baseload Year Futures für 2015 (grau) und 2016 (rot) vom 25.04.2011
                bis 24.04.2012 [EEX 2012a]

Abbildung 5     German Baseload Year Futures für 2017 (grau) und 2018 (rot) vom 25.04.2011
                bis 24.04.2012 [EEX 2012a]

Während im Vergleich der Future-Preise für die Jahre 2014 bis 2018 im gesamten abge-
bildeten Zeitraum stets für das Jahr, das in der ferneren Zukunft liegt, höhere Preise auf-

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                     3
Strompreisentwicklung bis 2020

getreten sind, kann dies für den Vergleich der Jahre 2013 und 2014 nicht eindeutig fest-
gestellt werden. Hierzu wird in Abbildung 6 die Entwicklung der letzten drei Monate ver-
größert dargestellt.

Abbildung 6     German Baseload Year Futures für 2013 (grau) und 2014 (rot) vom 25.01.2012
                bis 24.04.2012 [EEX 2012a]

Wie aus der Quartalsgrafik (Abbildung 6) deutlich erkennbar wird, sank der Future-Preis
für 2014 im Laufe des Februar 2012 unter denjenigen der Futures für 2013. Im März wur-
den dann für das Jahr 2014 niedrigere Preise als für 2013 erwartet; im April lagen die
Preise für 2014 dann wieder oberhalb der Preise für 2013.

Auch die zukünftigen Großhandelspreise für die Jahre 2015 bis 2018 folgen insgesamt
einem deutlich fallenden Trend. So lagen die Preise der Grundlaststromverträge für das
Jahr 2017 am 30.03.2012 mit 54,27 €/MWh nicht nur um 14,5% niedriger als ein Jahr zu-
vor (63,50 €/MWh), sondern auch um 6,8% niedriger als am 01.03.2011, d. h. vor dem
Tsunami-Ereignis und dem Unglück in Fukushima (Japan), das in Deutschland zur Ände-
rung der Energiepolitik führte.

Die Preisentwicklung lässt sich nicht eindeutig auf einzelne Ursachen zurückführen. Eine
mögliche Erklärung ist der Ausbau der erneuerbaren Energien, der rascher als erwartet
erfolgt und damit im Preisbildungsverfahren nach dem Merit-Order-Prinzip preisdämpfend
wirkt. Zwar wurde eingewandt, dass die Betrachtung des Merit-Order-Prinzips zu statisch
sei und eine dynamische Kraftwerksanpassung nicht berücksichtige [ewi 2008] / [Mennel
2012], jedoch deuten die aktuell eher niedrigen Strompreise darauf hin, dass die Einspei-
sung großer Mengen von EEG-Strom einen anhaltenden Druck auf die Strompreise aus-
übt. Dies hat bereits zur Investitionszurückhaltung im konventionellen Bereich (z. B. Erd-
gaskraftwerke) geführt, weil Mindesterlöse aus dem Stromverkauf nur noch schwer kalku-
lierbar sind. Weiterhin könnte eine Entkopplung der Erdgaspreise von den Erdölpreisen
dazu geführt haben, dass für die Zukunft derzeit niedrigere Börsenstrompreise als in den
Vorjahren erwartet werden – dazu mehr in Kapitel 3.

2.1.3    Perspektive für die Preise bis 2020
Das Gutachten von enervis für den VKU [enervis 2011], das bereits in [IE 2011a] analy-
siert wurde, geht bis 2020 von steigenden Spotmarktpreisen (Grundlast) aus. Dahinter
stehen Annahmen zu Brennstoff- und CO2-Preisen sowie Einschätzungen zum Verhältnis

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                    4
Strompreisentwicklung bis 2020

zwischen den Kraftwerkskapazitäten (Angebot) und der Nachfrage. Die Ergebnisse liegen
allerdings bereits für 2015 mit 63 bis 68 €/MWh deutlich höher als die Preise der aktuel-
len (Stand April 2012) Jahresfutures für 2015 von knapp 52 €/MWh. Ein Anstieg auf 75
bis 82 €/MWh wird für 2020 von [enervis 2011] vorausgesagt, wobei die aktuelle Ge-
schwindigkeit des Preisanstiegs bis 2018 eher dem Szenario ohne Verringerung der
Kernkraftwerkskapazitäten entspricht.

Auch die Energieszenarien für das Bundeswirtschaftsministerium [Prognos/ewi/GWS
2011] gehen bis 2020 von steigenden Spotmarktpreisen aus, allerdings auf niedrigem Ni-
veau beginnend und mit moderaten inflationsbereinigten Annahmen zu den internationa-
len Energiemärkten. Der Sprung von 2015 auf 2020 von 50 auf 60 €/GWh bedeutet je-
doch einen jährlichen Anstieg um 2 €/GWh in diesem Zeitraum.

Mit Stand 24.04.2012 lag der Preisunterschied zwischen den Futures von 2015 und 2018
jedoch bei nur 3,62 €/MWh, was einem mittleren jährlichen Anstieg von 1,21 €/MWh ent-
spricht. Setzt sich die Steigerung in dieser Geschwindigkeit fort, dann ist im Jahr 2020 mit
einem Grundlast-Strompreis von etwas über 57,- €/MWh zu rechnen. Sofern die Tendenz
zur Preissenkung auf den Terminmärkten anhält, würde der Grundlast-Strompreis 2020
noch niedriger ausfallen.

Für die weiteren Berechnungen wird im Trend von den Future-Preisen bis 2018 sowie
von einer jährlichen Steigerung um 1,21 €/MWh bis 2020 ausgegangen, so dass für das
Jahr 2020 ein Großhandelsstrompreis von 57,31 €/MWh erwartet wird.

Um im unteren bzw. oberen Szenario eine Bandbreite abzubilden, wird davon ausgegan-
gen, dass sich der tatsächliche Preis zwischen 2014 und 2018 schrittweise um bis zu 10
% oberhalb bzw. unterhalb dieses Preiskorridors entwickelt, der Trend der Jahre 2015 bis
2018 wird dann jeweils bis 2020 fortgeschrieben. Damit ergibt sich für das Jahr 2020 im
unteren Szenario ein Großhandelsstrompreis von 49,52 €/MWh und im oberen Szenario
von 65,08 €/MWh (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1       Zukünftige Entwicklung der EEX-Strompreise (Grundlast) bis 2020 [€/MWh]

  Szenario         2013       2014       2015       2016       2017         2018    2019    2020

niedriger
                   50,79      49,95       49,22      49,36      49,41       49,40   49,46   49,52
Strompreis

Trend              50,79      50,97       51,27      52,51      53,71       54,89   56,10   57,30

hoher
                   50,79      51,99       53,32      55,66      58,01       60,38   62,73   65,08
Strompreis

Quellen: Trend bis 2018 (Fettdruck): Handelsergebnisse vom 24.04.2012 [EEX
            2012a], übrige Daten: Berechnungen des IE Leipzig

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                           5
Strompreisentwicklung bis 2020

2.2     Entwicklung der Netznutzungsentgelte

In diesem Kapitel soll die Entwicklung der Netznutzungsentgelte (NNE) Baden-
Württembergs (BW), die sich aus den Netzkostenbestandteilen nach StromNEV (kalkula-
torische Abschreibungen der Investitionen sowie Betriebskosten) etwaiger Ausbaumaß-
nahmen bestimmen lassen, dargestellt werden. Durch die Bildung des Quotienten aus
der Summe der jährlich anfallenden Kosten (kalkulatorische Abschreibungen und Be-
triebskosten) und dem prognostizierten Endenergieverbrauch für Strom im Jahr 2020 für
Baden-Württemberg wird im Ergebnis der durchschnittliche Anstieg der Netznutzungs-
entgelte aller Spannungsebenen ermittelt.

Hierfür wurden zunächst Behörden zu möglichen Daten für den zukünftigen Stromnetz-
ausbau und deren Investitionen befragt. Im Gespräch mit der Landesregulierungsbehör-
de hat sich ergeben, dass hierzu keine Daten vorliegen bzw. erhoben werden. Eine An-
frage bei der Bundesnetzagentur führte ebenfalls nicht zum Erfolg.

Bundesweite Studien zum Ausbaubedarf für die Höchstspannungsebene liegen aus den
Dena-Netzstudien I [Dena 2005] und II [Dena 2010] vor. Für die Verteilnetzebene wurde
der Ausbaubedarf durch den BDEW in einer Studie mit Hilfe von Modellnetzregionen be-
stimmt [BDEW 2011]. Der bundesweite Ausbau der Stromnetze auf der Verteilnetzebene
wird derzeit in der Dena-Verteilnetzstudie genauer untersucht und voraussichtlich erst
Ende 2012 veröffentlicht.

Da Daten zum Ausbau der Stromnetze und deren Investitionen nur bundesweit vorliegen
und nicht explizit für Baden-Württemberg erhältlich waren, wurden zur Abschätzung der
Entwicklung der NNE zunächst größere Stromnetzbetreiber identifiziert, um durch geziel-
te Anfragen bei diesen zukünftige Investitionsaufwendungen für den Netzausbau zu er-
halten (siehe hierzu Unterkapitel 2.2.1, Tabelle 2).

Unter Verwendung möglicher Angaben der Netzbetreiber Baden-Württembergs und aktu-
eller Aussagen der Bundesnetzagentur [WIWO 2011] zum Thema des anstehenden
Netzausbaus und deren notwendigen Investitionen wurden drei mögliche Szenarien zur
Höhe des durchschnittlichen Anstiegs der NNE für BW erstellt. Im unteren Szenario wur-
de von einem Investitionsaufwand von ca. 2,2 Mrd. Euro, im Trendszenario von ca. 4,0
Mrd. Euro für BW und im oberen Szenario von einer bundesweiten Wälzungsregelung
der NNE bis 2020 und 40 Mrd. Euro ausgegangen.

2.2.1    Stromnetzbetreiber in Baden-Württemberg
Auf     der    Seite    des     Versorgerportals        Baden-Württembergs    (abrufbar    unter
http://www.versorger-bw.de/ ) können die Netzentgelte der Stromnetzbetreiber, die unter
die Zuständigkeit der Landesregulierungsbehörde (LRegB) fallen, eingesehen werden.
Derzeit befinden sich insgesamt 122 Stromnetzbetreiber im Zuständigkeitsbereich der
LRegB. An die Netze dieser Unternehmen sind jeweils weniger als 100.000 Kunden an-
geschlossen      und    ihre   Stromnetze      befinden     sich vollständig innerhalb    Baden-
Württembergs. Sind mindestens 100.000 Kunden an das Stromnetz angeschlossen bzw.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                          6
Strompreisentwicklung bis 2020

gehen die Netze über die Landesgrenze hinaus, fallen diese Unternehmen in den Zu-
ständigkeitsbereich der Bundesnetzagentur (BNetzA).

Bei der Analyse zu den Stromnetzbetreibern in Baden-Württemberg wurden einige größe-
re Unternehmen identifiziert, die unter die Zuständigkeit der BNetzA fallen (siehe Tabelle
2). Für die vier flächenmäßig großen Netzbetreiber wurde versucht, die zukünftigen In-
vestitionsaufwendungen zu erfragen.

Tabelle 2       Netzebenen ausgewählter Stromnetzbetreiber Baden-Württembergs

Netzebenen         Transnet BW               EnBW                    Syna    Netzgesell-
                                            Regional                         schaft Ost-
                                                                            württemberg
1. HöS                     x

2. HöS/HoS                 x

3. HS                                            x                     x

4. HS/MS                                         x                     x         x

5. MS                                            x                     x         x

6. MS/NS                                         x                     x         x

7. NS                                            x                     x         x

Derzeit stehen die Antworten zu den Investitionsaufwendungen der Unternehmen
Transnet BW, EnBW Regional, Syna und der Netzgesellschaft Ost-Württemberg noch
aus. Nach Rücksprache mit der EnBW Regional AG wird dort derzeit überprüft, inwieweit
Daten zur Verfügung gestellt werden können. Bei den anderen Unternehmen stehen
Antworten, ob und wann Angaben zu zukünftigen Investitionen gemacht werden können,
ebenfalls noch aus.

2.2.2    Analyse vorhandener Daten zu Netznutzungsentgelten
Im Bericht über den Strom- und Gasmarkt in Baden-Württemberg [IE 2011a] wurde ein
bundesweiter Vergleich der durchschnittlich zu zahlenden Netznutzungsentgelte (NNE)
vorgenommen. Ein Haushaltskunde in Baden-Württemberg bezahlte laut Verivox Ende
2011 5,25 ct/kWh und damit 0,37 ct/kWh weniger als im deutschen Durchschnitt bzw.
28 % (2,0 ct/kWh Differenz) weniger als die höchsten Netzentgelte (Sachsen-Anhalt),
siehe hierzu Abbildung 7.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                    7
Strompreisentwicklung bis 2020

 [ct/kWh]
   8,0                                                                                                        6,89   7,14   7,24
                                                                                                6,30   6,68
   7,0                                                                            5,98   6,03
                          5,25   5,25   5,33   5,42   5,47   5,51   5,56   5,62
   6,0             5,12
   5,0      4,49
   4,0
   3,0
   2,0
   1,0
   0,0

Abbildung 7          Übersicht der Netznutzungsentgelte für Haushaltskunden nach Bundeslän-
                     dern
                     Quelle: [Verivox 2011], Stand: November 2011
                     Haushaltskunden mit einem Stromverbrauch von 4.000 kWh pro Jahr.

Die Bundesnetzagentur veröffentlichte Ende November 2011 im Monitoringbericht für drei
Verbrauchergruppen die bundesweite Entwicklung der NNE [BNetzA 2011a] für den Zeit-
raum seit 2006 (siehe Abbildung 8). Demnach sind die durchschnittlichen NNE für Haus-
haltskunden um 1,55 ct/kWh gesunken. Für Gewerbekunden sind diese um 1,48 ct/kWh
und für Industriekunden um 0,19 ct/kWh gesunken. Im Vergleich von 2010 zu 2011 sind
diese bei Haushaltskunden und Industriekunden nur leicht gesunken bzw. bei Gewerbe-
kunden gleichgeblieben. Der Vergleich mit den vom IE erhobenen NNE [IE 2011a] zeigt,
dass zum Ende des Jahres 2011 die NNE für Haushaltskunden sogar weiter leicht ge-
sunken sind. Dennoch muss festgehalten werden, dass die Senkung der NNE den ge-
stiegenen Strompreisen nur teilweise entgegenwirkte, da die anderen Preisbestandteile
eine Erhöhung der Strompreise zur Folge hatten.

Zusätzlich zu der bereits dargestellten Entwicklung der NNE, wird an dieser Stelle die
Einschätzung der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur zukünftigen Entwicklung der NNE
miteinbezogen. Demnach könnten die Netznutzungsentgelte im Durchschnitt maximal um
1,0 bis 1,5 ct/kWh für den Endkunden steigen [WIWO 2011]. In welchem Zeitraum die
Erhöhung der NNE stattfinden soll, wurde durch die BNetzA nicht angegeben. Laut
BNetzA werden die NNE aufgrund der eingeleiteten Energiewende der Bundesregierung
ansteigen, da die Netzbetreiber den Netzausbau für die Energiewende dem Endkunden
in Rechnung stellen werden.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                                          8
Strompreisentwicklung bis 2020

Abbildung 8     Entwicklung der durchschnittlichen mengengewichteten Netznutzungs-
                entgelte
                Quelle: [BNetzA 2011a], Stand: 25.11.2011
                Haushaltskunden: Haushalte mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh/Jahr, Versorgung in
                Niederspannung
                Gewerbekunden: Jahresverbrauch von 50 MWh/Jahr, Jahreshöchstlast von 50 kW und Jah-
                resbenutzungsdauer von 1.000 Stunden, Versorgung in Niederspannung (0,4 kV) (Sofern bei
                Gewerbekunden keine Leistungsmessung erfolgt, war der Wert auf der Basis einer Beliefe-
                rung ohne Leistungsmessung anzugeben.)
                Industriekunden: Jahresverbrauch von 24 GWh/Jahr, Jahreshöchstlast von 4.000 kW und Jah-
                resbenutzungsdauer von 6.000 Stunden, Versorgung in Mittelspannung (10 oder 20 kV)

2.2.3    Kosten der Netzausbaumaßnahmen bis 2020
Im Kurzgutachten zur Wirkung des Stromnetzausbaus auf die Netznutzungsentgelte in
Sachsen-Anhalt [IE 2011b] wurde aufgezeigt, welchen Einfluss der Stromnetzausbau auf
die Höhe der Netznutzungsentgelte hat. Hierbei wurde untersucht, wie hoch die Netznut-
zungsentgelte im Durchschnitt ansteigen könnten, wenn entsprechende Netzausbau-
maßnahmen in Zukunft vorgenommen werden.

Um das Vorgehen für Sachsen-Anhalt auf Baden-Württemberg zu übertragen, wurde zu-
nächst nach Angaben zu zukünftigen Investitionen für den Netzausbau der in Tabelle 2
aufgeführten Netzbetreiber in den jeweiligen Geschäftsberichten gesucht. Diese Analyse
führte zu keiner Datengrundlage für eine weiterführende Berechnung. Zudem wurden ge-
zielte Anfragen an die Stromnetzbetreiber aus Tabelle 2 gerichtet, deren Ergebnisse aber
bislang noch nicht vorliegen.

Um dennoch eine Tendenz der Entwicklung der NNE Baden-Württembergs bis 2020 auf-
zuzeigen, wurden die Ergebnisse zu möglichen Investitionen für Deutschland [IE 2011b]
auf Baden-Württemberg übertragen. Dazu wurde angenommen, dass der Anteil der In-
vestitionen in das Leitungsnetz etwa dem Anteil des Bundeslandes an der Fläche
Deutschlands entspricht, d. h. ca. 10 %. Auf diesem Weg ergaben sich die in Tabelle 3
dargestellten Investitionsaufwendungen für BW. Somit stellen diese Werte lediglich eine
grobe Orientierung dar, Aussagen aller Stromnetzbetreiber würden erheblich genauere
Angaben ermöglichen. Die dargestellten Angaben stellen die kalkulatorischen Rahmen-
bedingungen für das untere Szenario bis 2020 dar.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                  9
Strompreisentwicklung bis 2020

Tabelle 3        Investitionen der Netzausbaumaßnahmen 2012 bis 2020 im unteren Szenario

                                 Deutschland                          Baden-Württemberg
Netzebene
                                    3)                                          3)
                   [km] o. [MVA]             [Mrd. Euro]        [km] o. [MVA]            [Mrd. Euro]
          1)
1. HöS               4.360 km                  10,746               437 km                    1,076
                            2)                          2)                2                          2
2. HöS/HS            k.A.        MVA             k.A.              k.A.       MVA             k.A.
3. HS                  350 km                    0,070                35 km                   0,007
4. HS/MS             7.000 MVA                   0,340              700 MVA                   0,034
5. MS               55.000 km                    3,550            5.508 km                    0,355
6. MS/NS            19.000 MVA                   1,400            1.900 MVA                   0,140
7. NS             140.000 km                     6,200           14.020 km                    0,621
                  199.710 km                                     19.999 km
Summe                                          22,306                                         2,234
                   26.000 MVA                                     2.600 MVA
1) Für Deutschland enthalten die Investitionen den erwarteten Aufwand für den Anschluss von Offshore-Wind-
   parks. (nach derzeitigem Kenntnisstand [IE 2011b] ergibt sich der Netzausbaubedarf für Deutschland aus
   3.600 km Dena II plus 760 km Dena I)
2) In Investitionen zur Netzebene 1. HöS enthalten.
3) Dargestellt ist der Zuwachs der Leitungslängen und der Transformatorenleistung im Vergleich zum Ist-
   Stand auf Grundlage der Gegenüberstellung der Fläche von Deutschland und Baden-Württemberg
   Die Angaben für Deutschland der 3. bis 7. Netzebene wurden [BDEW 2011] gemäß Energiekonzept 2010
   der Bundesregierung entnommen. In den Berechnungen wurden Mittelwerte (5. MS: 3,55 bzw. 9,10 Mrd. €
   und 7. NS: 6,20 bzw. 10,60 Mrd. €) verwendet.
Quellen: [Dena 2005], [Dena 2010], [BDEW 2011], Berechnungen des IE Leipzig

Im Trend-Szenario wurde anstelle der 22,3 Mrd. Euro die von der BNetzA genannte ma-
ximale Gesamtsumme von 40 Mrd. Euro eingesetzt [WIWO 2011]. Damit werden auch für
Baden-Württemberg alle Investitionssummen annähernd verdoppelt. Dies gilt für alle An-
gaben der Tabelle 3, da keine nach Netzebenen gegliederten Informationen vorliegen, d.
h. auf Baden-Württemberg entfallen Netzinvestitionkosten von ca. 4 Mio. Euro.

Für das obere Szenario wurde davon ausgegangen, dass eine Gesamtsumme von
40 Mrd. Euro bundesweit umgelegt wird, so dass nicht mehr die Leitungslänge (bzw. die
Hilfsgröße der Landesfläche) den Anteil der Kosten bestimmt, die auf das Bundesland
entfallen, sondern der Anteil am Energieverbrauch. Dieser lag im Jahr 2009 (dem letzten
Jahr, für das die Energiebilanzen auf Landes- und Bundesebene vorliegen) bei 14,4 %.
Damit entfallen auf Baden-Württemberg Netzinvestitionskosten von ca. 5,8 Mio. Euro.

Kalkulatorische Abschreibungen nach § 6 StromNEV
Nach § 6 StromNEV können die zur Gewährleistung eines langfristigen und zuverlässi-
gen Netzbetriebes zu erwartenden Wertminderungen für die Ermittlung der anfallenden
Netzkosten in Ansatz gebracht werden. Es handelt sich hierbei um kalkulatorische Ab-
schreibungen, die mit Hilfe der Annuitätenmethode durch die Bildung eines Annuitäten-
darlehens vereinfacht berechnet werden.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                    10
Strompreisentwicklung bis 2020

Kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 StromNEV
Bei der Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen fließen sowohl die Zinsen (Ei-
genkapitalzinssatz für Neuanlagen 9,05 % [BNetzA 2011b] und Fremdkapitalzinsen 4 %)
als auch die technische Abschreibungsdauer ein. Der Eigenkapitalanteil beträgt 40 % und
der Fremdkapitalanteil 60 %. Somit ergibt sich ein kalkulatorischer Mischzinssatz von
6,0 %.
Die Abschreibungsdauer ist in Anlage 1 zur StromNEV nach Anlagengruppen angege-
ben. Für Leitungsnetze (Freileitung 110-380 kV) sind 40 bis 50 Jahre und für Stationsein-
richtungen und Hilfsanlagen inklusive Trafo und Schalter 35 bis 45 Jahre angegeben
[StrNEV 2011]. Für die Berechnung der Abschreibungen der Projektkosten aller Netz-
ebenen und Umspannebenen wird hier unter Berücksichtigung dieser Festlegungen mit
jeweils 40 Jahren Abschreibungsdauer gerechnet.

Betriebskosten der Netzausbaumaßnahmen
Die Betriebskosten für den Netzausbau werden mit Hilfe eines Kennwertes bestimmt, da
die Zuordnung der Betriebskosten der einzelnen Netzbestandteile mit erheblichem Auf-
wand verbunden ist. In der Studie [Dena 2007] wurden speziell für die Netzbetreiber
Sachsen-Anhalts solche Kennwerte bei den Netzbetreibern abgefragt. Der Betriebskos-
tenaufwand wird je nach Netzbetreiber mit 1,5 % bis 2 % der Investitionssumme angege-
ben. In [IE 2011b] wird auf diesen Ansatz zurückgegriffen, um die Betriebskosten bis
2020 zu bestimmen. Für Baden-Württemberg wird ebenfalls mit 2 % der Investitions-
summe für den Betriebskostenaufwand gerechnet.

Weitere Kostenbestandteile
In der aktuellen öffentlichen und politischen Diskussion ist der schnelle Netzausbau der
Übertragungs- und Verteilnetze gefordert. Als Hemmnis des zügigen Netzausbaus ist u.a.
die mangelnde Akzeptanz der betroffenen Kommunen zu sehen [FAZ 2011] [BNetzA
2011c].

Abhilfe könnte hier eine Kompensationszahlung schaffen, die Gemeinden mit Hilfe der
Entschädigungszahlungen vom Widerstand gegen den Bau neuer Höchstspannungslei-
tungen in ihrem Gebiet abbringen soll. Dafür sollen die Netzbetreiber für jeden Kilometer
einer 380-kV-Höchstspannungsleitung 40.000 Euro an die jeweilige Kommune zahlen.

Die Ausgleichszahlungen können vom Übertragungsnetzbetreiber in die Netzkostenbe-
rechnung nach der StromNEV einbezogen werden. Der Gesetzgeber sieht vor, die Aus-
gleichszahlungen in den § 5 („Aufwandsgleiche Kostenpositionen“) in einem neuen Ab-
satz einzuarbeiten und somit einen gesetzlich fixierten Rahmen zu schaffen [BT 2011].
Am 08.07.2011 wurde das Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzaus-
baus Elektrizitätsnetze (NABEG), in dessen Regelungen die Ausgleichzahlungen an
Kommunen verankert sind, beschlossen [BR 2011].

Im Trendszenario sowie im oberen Szenario wurde der Fall berücksichtigt, dass eine
Kompensationszahlung für Höchstspannungsleitungen mit einer Gesamtlänge von
250 km in Baden-Württemberg anfällt. Dies würde einer Ausgleichszahlung von ca.
10 Mio. Euro an die betroffenen Kommunen und weiteren ca. 0,7 Mio. Euro/a (Abschrei-

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                   11
Strompreisentwicklung bis 2020

bungssumme) entsprechen. Diese Zahlung hätte damit lediglich Auswirkungen im Promil-
lebereich auf die Höhe der NNE, wurde aber bei der Berechnung berücksichtigt.

Unter Berücksichtigung aller aus Tabelle 3 dargestellten Investitionskostenannahmen im
unteren Szenario belaufen sich im Jahr 2020 und Folgejahre die jährlichen Aufwendun-
gen in Baden-Württemberg auf 193 Mio. Euro (Tabelle 4). Im Trendszenario belaufen
sich diese auf eine Höhe von ca. 347 Mio. Euro, im oberen auf 499 Mio. Euro. Da nur für
das untere Szenario die Daten nach Ebenen gegliedert vorlagen, wurden die Zahlen für
die beiden anderen Szenarien für alle Ebenen im gleichen Verhältnis heraufgesetzt.

Tabelle 4        Kalkulatorische Abschreibungen und Betriebskosten pro Jahr nach Tätigung
                 aller Investitionen im Jahr 2020 für drei Szenarien

                                                 Baden-Württemberg
                   Kalk.                             Summe           Summe           Summe
                                  Betriebs-                           Trend-          oberes
Netzebene        Abschrei-                           unteres
                                   kosten                            Szenario        Szenario
                  bungen                             Szenario
                 [Mio. Euro/a]   [Mio. Euro/a]      [Mio. Euro/a]   [Mio. Euro/a]   [Mio. Euro/a]

1. HöS                  72               22                93               167          240
                           1)               1)                1)
2. HöS/HS           k.A.             k.A.              k.A.                 0,00         0,00

3. HS                 0,47             0,14              0,61               1,09         1,57

4. HS/MS                   2           0,68              2,68               5,29         7,61

5. MS                   24                  7              31                55            79
6. MS/NS                   9                3              12                22            31
7. NS                   41               12                53                96          139
            2)
Summe                 149                45              194                347          499

Quelle: Berechnungen des IE Leipzig auf der Grundlage von [Dena 2005], [Dena 2010] und [BDEW 2011]]
1) In Investitionen zur Netzebene 1. HöS enthalten.
2) Aufgrund von Rundungen kann die Summe von der Summe der Einzelwerte abweichen.

2.2.4    Endenergieverbrauch Strom 2020
Eine wesentliche Einflussgröße auf die Ergebnisse hat die Bezugsgröße Stromverbrauch
im Jahr 2020, da auf diese Bezugseinheit die ermittelten Investitionen verteilt werden
müssen. Hierbei wird von nachfolgend beschriebenen Entwicklungen ausgegangen.

Für Deutschland existieren zahlreiche Studien zur Entwicklung des Energieverbrauchs
unter jeweils sehr spezifischen Entwicklungsannahmen. Für das untere Szenario wird auf
die Energieszenarien für das Energiekonzept der Bundesregierung [Prognos/ewi/GWS
2011] Bezug genommen und für das Trendszenario an den bisherigen Entwicklungspfad
angeknüpft (Abbildung 9). Demnach müsste der Stromverbrauch von 2008 bundesweit
um 9,6 % bis 2020 gesenkt werden, um die Angaben aus dem Szenario „Ausstieg“ mit
473,9 TWh zu erreichen.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                             12
Strompreisentwicklung bis 2020

   TWh
   600
                                                                 524,2

   500

                                                                                                     473,9
   400

   300

   200
                 Ist-Entwicklung 1)

   100           Energieszenario 2011 2)
                 Trend

      0
          1990             1995            2000        2005              2010         2015           2020

Abbildung 9        Entwicklung und Szenario zum Endenergieverbrauch von Strom in Deutsch-
                   land
            Zusammenstellung des IE Leipzig, Trendlinie unter Berücksichtigung der Entwicklung 2001 bis 2009
                   1) Ist-Entwicklung gemäß BMWI (Energiedaten, Stand 11.08.2011)
                   2) Angabe 2020 zum Stromverbrauch entspricht mit 473,9 TWh dem Referenzszenario
                      „Ausstieg“ der „Energieszenarien 2011“ [Prognos/ewi/GWS 2011].

Für Baden-Württemberg ist analog zu Deutschland eine Annahme für den Endenergie-
verbrauch Strom im Jahr 2020 zu treffen. Hierzu sind keine Angaben veröffentlicht. Das
Energiekonzept 2020 für Baden-Württemberg enthält keine Aussagen zum zukünftigen
Endenergieverbrauch für Strom [WM BW 2009]. Statistische Werte zum Stromverbrauch
liegen bis zum Jahr 2009 vor. Für den Endenergieverbrauch Strom für 2020 wird im Refe-
renzszenario davon ausgegangen, dass sich dieser analog zum Referenzszenario für
Deutschland [Prognos/ewi/GWS 2011] entwickeln wird (2008 bis 2020: -9,6%, 2009 Wirt-
schaftskrise). Daraus leitet sich für 2020 ein Stromverbrauch von 66,2 TWh ab (siehe
hierzu Abbildung 10). Da der Anteil Baden-Württembergs am bundesweiten Stromver-
brauch 2009 mit 14,4 % höher lag als 2008, bedeutet dies von 2009 bis 2020 einen stär-
keren Rückgang als im Bundesdurchschnitt, da 2020 wie 2008 wieder von einem Anteil
Baden-Württembergs von 14,0 % am bundesweiten Stromabsatz ausgegangen wird.

Folgt der Stromverbrauch bis 2020 dagegen dem Trend der Jahre 2001 bis 2009, so be-
trägt er 80,0 TWh. Dies entspricht einer Steigerung des Stromverbrauchs gegenüber
2008 um 9,3 %.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                      13
Strompreisentwicklung bis 2020

   TWh
    90
                                                                                                      80,0
    80                                                           73,2

    70

    60                                                                                                66,1

    50

    40

    30

    20
                 Ist-Entwicklung 1)
    10           Ref erenzszenario 2)
                 Trend
      0
          1990             1995         2000           2005             2010          2015           2020

Abbildung 10 Entwicklung und Szenario zum Endenergieverbrauch von Strom in Baden-
             Württemberg
            Zusammenstellung des IE Leipzig, Trendlinie unter Berücksichtigung der Entwicklung 2001 bis 2009
                   1) Ist-Entwicklung gemäß Statistischem Landesamt Baden-Württemberg (Struktur und Ent-
                      wicklung des Endenergieverbrauchs in Baden-Württemberg seit 1965 nach Energieträ-
                      gern Stand 18.April 2011) [StaLa BW 2011]
                   2) Referenzszenario analog zum Referenzszenario auf Bundesebene (Stromverbrauch von
                      2008 bis 2020: -9,6 %)

Um den Stromabsatz 2020 für die nichtprivilegierten Endverbraucher möglichst realistisch
abzubilden, wurden für die Szenarien jeweils Abschläge für die privilegierte – von der
Zahlung der NNE befreite – Industrie, angenommen. Damit finden sowohl der Leitfaden
zur Genehmigung von individuellen und Befreiungen von Netzentgelten [BNetzA 2011d]
als auch der § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV [StrNEV 2011] Berücksichtigung.

Dieser Anteil wird im unteren Szenario mit 15 % (ca. 12 TWh) und im Trend- bzw. im obe-
ren Szenario mit 25 % (ca. 16,5 TWh) angenommen, um eine mögliche Spannweite der
Inanspruchnahme abzubilden. Damit ergeben sich im unteren Szenario (mehr Ver-
brauch, geringere Umlage) ca. 68,0 TWh und im Trendszenario sowie im oberen Sze-
nario (weniger Verbrauch / Zahler) 49,6 TWh als Endenergieverbrauch Strom für 2020.

2.2.5      Zusammenfassung: Entwicklung der NNE für Haushaltskunden
Im Gegensatz zu Bundesländern, in denen der Stromverbrauch niedriger ist, werden die
reinen Netzausbauinvestitionen unter den oben beschriebenen Annahmen und derzeiti-
gen Regelungen zur Kostenwälzung der NNE einen überschaubaren Einfluss auf die zu-
künftig zu zahlenden Strompreise haben. Wird die Summe aller Abschreibungen und Be-
triebskosten von insgesamt 347 Mio. Euro pro Jahr im Jahr 2020 auf den prognostizierten
Stromverbrauch von 49,61 TWh im Trendszenario verteilt, so beträgt die für den Haus-
haltskunden zu tragende Mehrbelastung 0,70 ct/kWh Strom bzw. 24,50 Euro pro Jahr
(bei einem Stromverbrauch von 3.500 kWh im Jahr), Tabelle 5. Im unteren Szenario be-
trägt diese 0,28 ct/kWh.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                      14
Strompreisentwicklung bis 2020

Falls die Netznutzungsentgelte zukünftig bundesweit einheitlich umgelegt würden, hätte
Baden-Württemberg noch mit einer Mehrbelastung zu rechnen, da in anderen Bundes-
ländern ein höherer spezifischer Investitionsbedarf pro abgesetzter MWh Strom erwartet
wird [IE 2011b]. Im oberen Szenario ergibt sich daher eine Mehrbelastung von ca. 1,01
ct/kWh für den Endkunden. Diese Größenordnung entspricht auch den Schätzungen der
Bundesnetzagentur, die bundesweit von einer Zusatzbelastung von maximal 1 bis 1,5
ct/kWh ausgeht [WIWO 2011].

Tabelle 5       Durchschnittlicher Anstieg der Netznutzungsentgelte in Baden-Württemberg
                im Jahr 2020 für zwei Szenarien in Abhängigkeit vom Stromverbrauch

                                                               Baden-Württemberg            Deutschland

SUMME aller Abschreibungen und Be-
                                                                     193           347             3.465
triebskosten 2020 [Mio. Euro/a]

Endenergieverbrauch Strom 2020 [GWh]                              68.000       49.600           353.000
                                                        1)
Anstieg der Netznutzungsentgelte [ct/kWh]                         0,28          0,70            1,01
                                2)
Mehrkosten je Haushalt               [Euro/a]                     9,80         24,50            35,35

Quelle: Berechnungen des IE Leipzig
1) Mittlerer Anstieg unter Einbeziehung aller Netzebenen und Verbraucher.
2) Mehrkosten bei einem Stromverbrauch von 3.500 kWh im Jahr.

Bis zum Jahr 2020 könnten die durchschnittlichen NNE für den Endkunden somit um
5,4 % bis 19,2 % im Vergleich zu 2011 ansteigen (vgl. Abbildung 11) – jeweils unter dem
Vorbehalt der Genehmigung durch die Landesregulierungsbehörde bzw. BNetzA. Da die
Reihenfolge der angenommenen Investitionen derzeit nicht bekannt ist, wird für den Zeit-
raum von 2012 bis 2019 vereinfachend davon ausgegangen, dass die Steigerung der
Netznutzungsentgelte über den gesamten Zeitraum linear gleichmäßig verläuft.

   NNE [ct/kWh]
     7,0
                                                                                         6,26
                                                                   5,95
     6,0                                    5,53
                    5,25                                           0,70                  1,01
                                            0,28
     5,0

     4,0

     3,0
                                            5,25                   5,25                  5,25
     2,0

     1,0

     0,0
                Ende 2011            unteres Sz. 2020        Trend Sz.2020       oberes Sz. 2020
                           NNE ohne Ausbau                   ausbaubedingter Anstieg NNE

Abbildung 11 Entwicklung der durchschnittlichen NNE in Baden-Württemberg bis 2020
                Zusammenstellung des IE. Angenommen wurden zusätzliche Investitionen sowie die Beibe-
                haltung der Ende 2011 zu zahlenden durchschnittlichen NNE in Baden-Württemberg.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                  15
Strompreisentwicklung bis 2020

2.2.6      Entwicklung der NNE für Gewerbe und Industrie
Um Aussagen zur Entwicklung der zu zahlenden NNE für nicht privilegierte Gewerbe-
und Industriekunden zu machen, wurde die gleiche Entwicklungstendenz wie bei den
NNE für Haushaltskunden angenommen, d. h. je nach Szenario eine Steigerung um
5,4 % bis 19,2 % im Vergleich zu 2011.
Als Ausgangswerte der durchschnittlichen NNE für Gewerbe- und Industriekunden dienen
die von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Angaben von 4,89 ct/kWh für Gewerbe-
kunden und 1,46 ct/kWh für Industriekunden (Stand April 2011) in Deutschland (vgl. Ab-
bildung 8) [BNetzA 2011a]. Auf der Grundlage einer gleichen prozentualen Steigerung
wie bei den Haushaltskunden in Baden-Württemberg wurden die NNE der beiden ge-
werblichen Verbrauchergruppen für die entsprechenden Szenarien bestimmt (siehe hier-
zu Abbildung 12 und Abbildung 13).
Für Gewerbekunden könnten die Netzentgelte demnach zwischen 0,27 ct/kWh und
0,94 ct/kWh ansteigen, für Industriekunden zwischen ca. 0,08 ct/kWh und 0,28 ct/kWh.
Wie bisher werden somit die Haushaltskunden im Vergleich je verbrauchter kWh stärker
belastet als Industrie- und Gewerbekunden.

   NNE [ct/kWh]
     7,0
                                                                                    5,83
     6,0                                                        5,54
                                          5,16
                   4,89                                         0,65                0,94
     5,0                                  0,27

     4,0

     3,0
                                          4,89                  4,89                4,89
     2,0

     1,0

     0,0
                Ende 2011         unteres Sz. 2020        Trend Sz.2020       oberes Sz. 2020
                          NNE ohne Ausbau                ausbaubedingter Anstieg NNE

Abbildung 12 Entwicklung der durchschnittlichen NNE für Gewerbekunden in Baden-
             Württemberg bis 2020
                Zusammenstellung des IE. Angenommen wurden zusätzliche Investitionen sowie die Beibe-
                haltung der Ende 2011 zu zahlenden durchschnittlichen NNE für Gewerbekunden in Deutsch-
                land.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                 16
Strompreisentwicklung bis 2020

   NNE [ct/kWh]
      2,0
                                                                                        1,74
      1,8                                                         1,65
                                           1,54
      1,6            1,46                                         0,19                  0,28
                                            0,08
      1,4
      1,2
      1,0
      0,8
                                           1,46                   1,46                  1,46
      0,6
      0,4
      0,2
      0,0
                 Ende 2011          unteres Sz. 2020       Trend Sz. 2020        oberes Sz. 2020
                            NNE ohne Ausbau                ausbaubedingter Anstieg NNE

Abbildung 13 Entwicklung der durchschnittlichen NNE für Industriekunden in Baden-
             Württemberg bis 2020
                  Zusammenstellung des IE. Angenommen wurden zusätzliche Investitionen sowie die Beibe-
                  haltung der Ende 2011 zu zahlenden durchschnittlichen NNE für Industriekunden in Deutsch-
                  land.

2.3       Steuern, Abgaben und Umlagen

Wie bereits in [IE 2011a] dargestellt, stellten im Jahr 2011 die staatlich veranlassten
Strompreisbestandteile über 45 % des mittleren Haushaltsstrompreises bzw. mehr als
38 % des Industriestrompreises dar. Nachfolgend wird die mögliche Entwicklung dieser
Preiskomponenten bis zum Jahr 2020 diskutiert.

2.3.1       EEG-Umlage
Wesentliche Einflussfaktoren auf die Höhe der EEG-Umlage sind:

      •     die Ausbaugeschwindigkeit der EEG-Energieträger und deren Stromerzeugung

      •     die Entwicklung der Börsenstrompreise (Grundlast-Future an der EEX, vgl. Kap.
            2.1),

      •     die Entwicklung der Marktwertfaktoren für die verschiedenen regenerativen
            Stromkategorien (Spitzenlaststrom erzielt höhere Preise),

      •     die Wirtschafts- und Stromabsatzentwicklung,

      •     das Ausmaß der Nutzung der Marktprämie zur Stromvermarktung,

      •     der Umfang der Privilegierung von Letztverbrauchern mit verminderter Zahlung
            der EEG-Umlage und

      •     die Liquiditätsreserve der ÜNB für das EEG-Konto [Reichmuth 2012].

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                                     17
Strompreisentwicklung bis 2020

Im gleichen Vortrag beim 27. PV-Symposium von Bad-Staffelstein wird am Beispiel der
EEG-Umlage des Jahres 2012 dargestellt, wie sich Veränderungen dieser Einflussfakto-
ren deutlich bei der Höhe der EEG-Umlage bemerkbar machen. So läge die EEG-Umlage
um 0,1 ct/kWh niedriger, wenn die privilegierten Letztverbraucher mit 0,5 ct/kWh statt mit
0,05 ct/kWh an den EEG-Kosten beteiligt würden. Die Erhöhung des Börsenstrompreises
um 0,5 ct/kWh würde zu einer um 0,12 ct/kWh niedrigeren EEG-Umlage führen, der Weg-
fall des Zubaujahrgangs 2012 bei der Photovoltaik zu einer Entlastung um 0,15 ct/kwh.
Eine Ausschöpfung der vollen Liquiditätsreserve von 10 % hätte dagegen 2012 zu einer
um 0,23 ct/kWh höheren Umlage geführt [Reichmuth 2012].

Zur zukünftigen Entwicklung der EEG-Umlage schreibt das Bundesumweltministerium:
„Zur mittel- und langfristigen Entwicklung der EEG-Kosten liegen sehr unterschiedliche
Abschätzungen vor. Dies überrascht nicht, da die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat,
dass exakte Prognosen künftiger EEG-Kosten selbst bei größter wissenschaftlicher Sorg-
falt außerordentlich unsicherheitsbehaftet sind. Dies gilt […] bereits bei den jährlichen Be-
rechnungen der ÜNB und erst recht für mittel- und langfristige Betrachtungen.“ [BMU
2012a].

Bereits für das Jahr 2013 haben die ÜNB eine Bandbreite zur möglichen EEG-Umlage
veröffentlicht, die sich zwischen 3,76 ct/kWh und 4,74 ct/kWh bewegt [ÜNB 2011a]. Somit
liegt die maximal absehbare Umlage bereits für 2013 um 26 % über der minimal abseh-
baren, obwohl nicht einmal die volle Bandbreite der möglichen Szenarien veröffentlicht
wurde: Für die Einspeise- und Vergütungsprognose der Untergrenze wurde nicht das un-
tere Szenario, sondern das Trend-Szenario des IE Leipzig angesetzt. Trotz dieser Un-
wägbarkeiten liegen auch einige Quellen vor, die eine solche mittelfristige Prognose ver-
sucht haben.

Eine fundierte Analyse zum Thema bietet hierzu [TUB 2011]. Nach den dort getroffenen
Annahmen ergibt sich für das Jahr 2020 eine EEG-Umlage von ca. 5,6 ct/kWh. Dabei
wurde allerdings für das Jahr 2020 von Großhandelsstrompreisen von 61,76 €/MWh aus-
gegangen. Wie in Kapitel 2.1 gezeigt wurde, deuten die aktuellen Entwicklungen der
Großhandelspreise eher auf niedrigere Preise hin. Weiterhin wurde von den 2010 ver-
wendeten Profilfaktoren ausgegangen.

Die im Auftrag der ÜNB seit 2011 neu ermittelten Marktwertfaktoren für die Stromeinspei-
sung aus fluktuierenden Energieträgern zeigen allerdings insbesondere bei der Solar-
energie eine stärkere Angleichung an den mittleren Marktwert, d. h. der Erlös aus dem
Verkauf von PV-Strom liegt nicht mehr nennenswert über dem Großhandelspreis [EB
2011]. Je stärker der Ausbau der Photovoltaik erfolgt, desto mehr sinken die Strompreise
in den sonnenreichen Mittagsstunden. Bei übergroßem Angebot an Solarenergie zur Mit-
tagszeit ergibt sich ein Marktwertfaktor von weniger als eins, d. h. die Erlöse liegen nied-
riger als im Mittel aller Stunden. Dieser Effekt lässt sich bereits aktuell an der Strombörse
an sonnenreichen Tagen beobachten.

Damit sinkt der erwartete Vermarktungserlös für den EEG-Strom gegenüber den Annah-
men von [TUB 2011] aufgrund von zwei Einflussen, dem mittleren Großhandelspreis und
den Marktwertfaktoren. Die Differenzkosten und die EEG-Umlage werden daher tenden-
ziell bis 2020 noch höher ausfallen als bei [TUB 2011] vermutet.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                       18
Strompreisentwicklung bis 2020

Dies wird auch durch eigene unveröffentlichte Berechnungen des IE Leipzig gestützt. Die
entsprechenden Annahmen, von denen die Berechnungen ausgehen, werden nachfol-
gend nach Einflussfaktoren gegliedert dargestellt.

Ausbaugeschwindigkeit der EEG-Energieträger:

Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde bis 2016 zuletzt im Rahmen von [IE
2011c] prognostiziert. Davon abweichend sind bislang ein beschleunigter Ausbau bei
Wind- und Solarenergie im letzten Quartal 2011 sowie ein durch die letzte EEG-Novelle
vom März 2012 zu erwartender gebremster Ausbau der Solarenergie ab Mitte 2012 zu
erwarten. Die spezifischen Einspeisevergütungen der zukünftig noch zu installierenden
PV-Anlagen liegen dadurch zugleich niedriger als es nach dem EEG 2012 bisher zu er-
warten war. Da der Anspruch auf Vergütungen für alle Anlagen, die seit dem Inkrafttreten
des ersten EEG im Jahr 2000 jeweils mindestens 20 Jahre fortbesteht, werden die Aus-
zahlungen an die Betreiber von EEG-Anlagen in jedem Fall bis 2020 weiter ansteigen.
Dies gilt auch unbeschadet der Tatsache, dass ältere Windenergieanlagen schrittweise
von der höheren Anfangsvergütung in die niedrigere Endvergütung wechseln und die in
§ 6 Abs. 2 des EEG 2004 definierte Vergütungsdauer von größeren Wasserkraftanlagen
ausnahmsweise auf 15 Jahre befristet war. Der Zubau durch Anlagen aller EEG-
Energieträger (außer bei Deponiegas und ggf. Grubengas) wird in jedem Fall zu einem
Anwachsen der Vergütungssummen führen. Ausgehend von rund 18 Mrd. Euro im Jahr
2012 werden diese in den Folgejahren um jeweils 1 bis 1,5 Mrd. Euro pro Jahr ansteigen.
An diesem Anstieg ist die Offshore-Windenergie mit rund 60 % beteiligt.

Entwicklung der Börsenstrompreise:

Die Entwicklung der Börsenstrompreise wurde bereits in Kapitel 2.1 dargestellt.

Entwicklung der Marktwertfaktoren:

Die Marktwertfaktoren werden von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) seit 2011
nach einem dynamischen Modell errechnet, das im Rahmen von [EB 2011] entwickelt
wurde. Dabei hängen die Marktwertfaktoren insbesondere von den erwarteten Mengen
des eingespeisten und über die Börse vermarkteten EEG-Stroms ab, da dieser sich direkt
auf die Preisbildung auswirkt. In [IE 2011c] wird die Entwicklung der Marktwertfaktoren für
alle erneuerbaren Energieträger dargestellt. Abweichungen von mehr als einem Prozent
vom Marktpreis werden danach lediglich für Solarenergie und Windenergie erwartet. Für
die Solarenergie verringern sich danach die Marktwertfaktoren von 2012 bis 2016 von
1,046 auf 0,985, für die Windenergie onshore sinken sie von 0,905 (2012) auf 0,865
(2016) und für Offshore-Windenergie vermindern sie sich von 1,020 (2012) auf 0,944
(2016). Da die Gesamtmengen der eingespeisten fluktuierenden Energieträger voraus-
sichtlich nach 2016 weiter ansteigen werden, werden auch die Marktwertfaktoren weiter
sinken. Dies liegt daran, dass die niedrigsten Preise jeweils dann erreicht werden, wenn
durch eine starke Einspeisung aus fluktuierenden Energiequellen ein Überangebot an der
Strombörse entsteht. Zu diesen niedrigen Preisen müssen die erneuerbaren Energien
dann abgesetzt werden.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                     19
Strompreisentwicklung bis 2020

Die Absenkung der Marktwertfaktoren wirkt sich somit direkt auf den erwarteten Erlös aus
dem börslichen Verkauf des erzeugten EEG-Stroms aus. Durch den sinkenden Erlös
steigen die Differenzkosten tendenziell an und tragen zum Anstieg der EEG-Umlage bei.

Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Börsenstrompreise wird diese Entwicklung
bei der überschlägigen Abschätzung der erzielbaren Erlöse berücksichtigt, indem der
mittlere erwartete Erlös für alle vermarkteten EEG-Energieträger, der in der ÜNB-
Einschätzung der EEG-Umlage von 2013 bei 96,3 % des angesetzten Phelix-Future-
Preises lag, schrittweise auf bis zu 94,5 % abgesenkt wird.

Wirtschafts- und Stromabsatzentwicklung:

Für Entwicklung der Wirtschaft und des Stromabsatzes können bis 2016 die Annahmen
der Prognos AG übernommen werden, welche in der Letztverbrauchsprognose für die
ÜNB dokumentiert sind [Prognos 2011]. Danach geht der Strom-Letztverbrauch in
Deutschland jährlich – überwiegend bedingt durch steigende Energieeffizienz – um rund
1,5 % zurück. Der privilegierte Letztverbrauch steigt dagegen von 2012 auf 2013 um ca.
10 % an. Dies ist auf § 40 ff. des seit 2012 geltenden EEG zurückzuführen. Durch diese
Regelungen wurde der Kreis der Unternehmen bzw. Abnahmestellen ausgeweitet, für de-
ren Strombezug die EEG-Umlage auf 0,05 ct/kWh, auf 1 % bzw. auf 10 % der EEG-
Umlage begrenzt wird.

Für die weitere Betrachtung wurden drei Varianten betrachtet: Der Trend beruht bis 2016
auf den Daten aus [Prognos 2011] und schreibt den Rückgang bis 2020 fort, der einer
prozentualen Fortschreibung des bundesweiten Rückgangs von 2015 auf 2016 ent-
spricht. In der zweiten Variante wurden die Daten des Szenarios „Low“ aus [Prognos
2011] in gleicher Weise fortgeschrieben. In der dritten Variante wurde bis 2016 das Sze-
nario „High“ von [Prognos 2011] genutzt und von da an ein unveränderter Stromver-
brauch gegenüber 2016 bei gleich bleibenden Anteilen privilegierter und nicht-
privilegierter Verbraucher unterstellt. Ohne Rückgang des Stromverbrauchs können die
EEG-Differenzkosten auf einen größeren Stromabsatz gewälzt werden, so dass die EEG-
Umlage im Fall des konstanten Stromverbrauchs niedriger ausfällt als bei der Fortsetzung
des abwärts gerichteten Trends.

Nutzung der Marktprämie:

Die Nutzung der Marktprämie führt dazu, dass nicht die Netzbetreiber sondern Dritte an
die Anlagenbetreiber Vergütungen zahlen und den Strom an der Börse vermarkten. Die
Differenzkosten werden anhand der monatlichen mittleren EEX-Preise ermittelt und dann
ebenfalls von den ÜNB im EEG-Wälzungsmechanismus auf die Verbraucher umgelegt.
Insoweit wirkt sich die Nutzung der Marktprämie als Option nicht weiter auf die EEG-
Umlage aus. Ein Unterschied besteht in der Zahlung der Managementprämie, welche zu-
sätzlich ausgezahlt werden muss, um die Kosten des Handels abzudecken. Für fluktuie-
rende Energieträger ist die Managementprämie höher als für regelbare Energieträger.
Rund 90 % der installierten Leistung, welche zur Inanspruchnahme der Marktprämie aus
dem regulären EEG-Tarif abgemeldet wurde, entfällt auf Windenergie. Damit wird die
Marktprämie in diesem Sektor inzwischen von einer breiten Mehrheit aller Anlagen ge-

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                  20
Strompreisentwicklung bis 2020

nutzt, d. h. stärker als in [IE 2011c] eingeschätzt. Für Onshore-Windenergie beträgt diese
Managementprämie im Jahr 2012 1,2 ct/kWh. Die aktuellen Veröffentlichungen der Über-
tragungsnetzbetreiber [ÜNB 2012] zeigen, dass im Bereich der Onshore-Windenergie die
Marktprämie im April und Mai 2012 bereits von rund zwei Dritteln aller Windenergieanla-
gen genutzt wird, während in der Prognose [IE 2011c] von nur einem Sechstel aller Anla-
gen ausgegangen wurde. Damit wurde ein Anstieg vorweggenommen, der wesentlich
langsamer prognostiziert war. Für die Jahre 2012 und 2013 ergeben sich durch die zu-
sätzlich anfallenden Managementprämien Mehrkosten in der Größenordnung von mehr
als 200.000 Euro. Die entsprechende Erhöhung der Differenzkosten belastet die EEG-
Umlage anfänglich mit rund 0,07 ct/kWh. Für die Folgejahre vermindert sich diese Diffe-
renz jedoch wieder, teils wegen der verminderten Prognoseabweichung, teils wegen der
zurückgehenden Managementprämie. Für das Jahr 2020 wurde der Effekt nicht geson-
dert quantifiziert.

Umfang der Privilegierung von Letztverbrauchern:

Die Privilegierung bestimmter Letztverbraucher wurde durch das EEG 2012 ausgeweitet.
Eine Prognose zum Umfang des Stromverbrauchs privilegierter und nicht-privilegierter
Letztverbraucher liefert [Prognos 2011]. Für die weitere Betrachtung bis 2020 wurden
vereinbarungsgemäß keine weiteren Änderungen der Rahmenbedingungen angenom-
men.

Die EEG-Umlage stellt somit einen Preisbestandteil für Haushalt, Gewerbe und Industrie
dar, sofern der Anteil der vom Unternehmen zu tragenden Stromkosten unter 14 % der
Bruttowertschöpfung liegt oder weniger als 1 GWh pro Jahr verbraucht wird (§ 41 Abs. 1
EEG). Dies betrifft weiterhin auch die Mehrzahl der Industrieunternehmen. Für privilegier-
te Letztverbraucher im Sinne der §§ 40 bis 44 EEG kann die EEG-Umlage dagegen auf
bis zu 0,05 ct/kWh abgesenkt werden.

Liquiditätsreserve der ÜNB für das EEG-Konto:

Die Liquiditätsreserve, welche die Übertragungsnetzbetreiber bei der Berechnung auf die
Umlage aufschlagen darf, kann zwischen 0 % und 10 % der ermittelten Deckungslücke
(Summe aller Ausgaben minus Summe aller Einnahmen) betragen. Sie soll verhindern,
dass das EEG-Konto in einzelnen Monaten des Jahres (z. B. im Spätsommer, wenn über
einige Monate hinweg weniger Energie verkauft, aber mehr Photovoltaik eingespeist wur-
de) eine starke Unterdeckung aufweist. Im Laufe eines Jahres sollte – bei ansonsten zu-
treffenden Prognosen – das gesamte für die Liquiditätsreserve eingezahlte Geld wieder
zur Verfügung stehen. Somit ergibt sich ein positiver Kontostand des EEG-Kontos zum
30.09. des jeweiligen Jahres, der bei der Berechnung der EEG-Umlage für das Folgejahr
berücksichtigt wird. Insofern handelt es sich (abgesehen von der unterjährigen Verzin-
sung) um einen Durchlaufposten. In den Modellrechnungen wurde angenommen, dass
die Liquiditätsreserve jährlich bei 3 % liegt, diese aber über die Kontostandsverrechnung
im Folgejahr wieder ausgezahlt wird. Sofern die Liquiditätsreserve höher als 3 % ange-
setzt wird, ergeben sich Vorzieheffekte, indem die Umlage in dem betreffenden Jahr hö-
her ausfällt, während sie in den Folgejahren entsprechend entlastet wird.

Entwicklung der Preise für Strom und Erdgas in Baden-Württemberg bis 2020                    21
Sie können auch lesen