Gleichstellung in der Freizeit

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Gleichstellung in der Freizeit
Klasse in Rolle (VD) spielt «Hobbys» | ZÉLIE SCHALLER

Gleichstellung in der Freizeit
Hobbys sind nach wie vor von stereotypen Geschlechter-               einer fiktiven Familie auf die sechs Quadrate geschrieben ha-
rollen geprägt. Dies gilt insbesondere für den Sport.                ben. Danach bilden die Schülerinnen und Schüler Dreier- oder
Eine Primarschulklasse diskutierte dieses Thema im Deutsch-          Vierergruppen und versammeln sich um ein Spielbrett. Darauf
unterricht. Eine Reportage aus Rolle im Kanton Waadt.                sind verschiedene Aktivitäten aufgeführt, z.B. Motorrad fahren,
                                                                     reiten, Bücher lesen oder kochen.
«Seid ihr auf lustige oder überraschende Sätze gestossen?»,
fragt Celia Araya ihre Schülerinnen und Schüler. «Mein Vater         Reihum wird gewürfelt. Die Kinder bewegen ihre Spielfigur ent-
tanzt Ballett», antwortet Leo. «Und warum ist dieser Satz lus-       sprechend der gewürfelten Augenzahl. Anschliessend wird je-
tig?», fragt die Lehrerin zurück. «Ich habe noch nie einen Mann      weils der soeben gebastelte «Familienwürfel» geworfen. An-
Ballett tanzen sehen!», sagt der Knabe. «Aber es gibt doch viele,    schliessend formen die Kinder einen Satz bestehend aus der
die das tun!», ruft David dazwischen. Das Spiel «Hobbys» hat
diese angeregte Diskussion ausgelöst. Durch dieses Würfel-
spiel, das die Themen Freizeit und Familie verbindet, lernen die      Broschüre zu
18 Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse des Collège pri-
maire des Buttes in Rolle (VD), dass sich jede und jeder ein Hobby    Gleichstellungsfragen
nach Wunsch aussuchen kann, egal ob Mädchen oder Bube. Es
gibt keine Freizeitbeschäftigungen, die für das eine oder das         Das Spiel «Hobbys» ist der Broschüre «L’école de l’égalité
andere Geschlecht tabu sind.                                          (Die Schule der Gleichberechtigung)» (Zyklus 2, 5. und 6.
                                                                      Klasse) entnommen. Es ist auch für die Zyklen 1 und 3 der
In der heutigen Deutschstunde steht auf der Tafel eine Liste mit      obligatorischen Schule erhältlich. Dieses von egalite.ch
unterschiedlichen Freizeitaktivitäten: Musik hören, joggen,           und der «Conférence romande des Bureaux de l’égalité»
malen, basteln und vieles mehr. Die Kinder lesen sie abwech-          produzierte Lehrmittel bietet vorbereitete Unterrichts-
selnd vor und übersetzen sie ins Französische. Die Aktivitäten        sequenzen zur Bearbeitung von Geschlechterfragen und
werden mit verschiedenen Charakteren aus dem familiären Um-           zur Förderung der Geschlechtergleichstellung. In Verbin-
feld verknüpft. Um ihren Wortschatz zu erweitern, geben die           dung mit dem PER (Plan d’études romand, Lehrplan für die
Schülerinnen und Schüler dann die Verwandtschaftsbeziehun-            Westschweiz) ermöglicht das Lehrmittel die Integration
gen der ihnen bekannten Familienmitglieder auf Deutsch an:            des Themas in alle Schulfächer. Die Unterrichtssequenzen
«Bruder» und «Schwester», «Mutter» und «Vater», «Halbbruder»          werden nach pädagogischen und egalitären Gesichts-
und «Halbschwester», «Tante» und «Onkel» und so weiter.               punkten zusammengefasst. Die Unterrichtsabfolge ist
                                                                      sehr detailliert getaktet und dokumentiert. Mögliche
Spielerisch lernen                                                    Vertiefungen werden ebenfalls vorgeschlagen. Die Broschü-
Die Kinder erhalten dann Bastelvorlagen für einen Papierwürfel.       ren sind online verfügbar.
Sie schneiden ihn aus und kleben ihn entlang der vorgegebenen         www.egalite.ch.
Umrisse zusammen, nachdem sie Mitglieder ihrer Familie oder
Gleichstellung in der Freizeit
Praxisbeispiel | 1. und 2. Zyklus         5

Aktivität auf dem Spielbrett und dem ge-    fragt Louis. «Weil sie damals nur für ihren
würfelten Familienmitglied. Emmeline        Mann kochen mussten und ihm ein Bier          BNE-Akzente
sagt: «Meine Schwester surft.» Marylou:     bringen, wenn er von der Arbeit nach
«Meine Mutter spielt am Computer.»          Hause kam», meint Bastien. «Aber ei-          Es ist eine Aufgabe der Schule, die
Louis: «Mein Onkel geht einkaufen.»         gentlich haben doch Männer und Frauen         Gleichstellung von Mädchen und Knaben
                                            die gleichen Fähigkeiten!», ruft Ian aus.     zu fördern und sie bei der Entwicklung
Sich von Geschlechterstereo-                Seine Klassenkameraden nicken ihm zu-         ihrer Identität jenseits von Geschlech-
typen lösen                                 sitimmend zu. Die Pausenglocke läutet.        terstereotypen zu unterstützen. Es ist
Am Ende des Spiels kehren die Kinder an     Und die Kinder rennen zum Spielen auf         wichtig, dass Kinder Vorurteile, die auf
ihren Platz zurück und nehmen die Dis-      den Schulhof.                                 vordefinierten Geschlechterrollen beru-
kussion wieder auf. Es geht immer noch                                                    hen, erkennen können.
ums Ballett. Sérine-Yara meint: «Wenn       Lehrerin Araya findet, das Spiel «Hobbys»
ich an klassischen Tanz denke, denke ich    zeige auf, dass einige Aktivitäten immer      Die fächerübergreifende Auseinander-
an Mädchen. Und wenn ich an Fussball        noch vorwiegend vom einen oder ande-          setzung mit Geschlechterstereotypen
denke, denke ich an Jungs.» Emmeline        ren Geschlecht ausgeübt werden. Es ist        unterstützt Verantwortung, Wertere-
reagiert etwas aufgebracht und betont,      wichtig, die Gleichstellung der Ge-           flexion und Perspektivenwechsel. Sie
dass sie jeden Freitag Fussball spiele.     schlechter im Klassenzimmer zu thema-         fördert auch die Toleranz gegenüber Un-
Bastien kommt ihr zu Hilfe: «Egal, ob du    tisieren. Viele Kinder sind für diese Dis-    terschieden. Spielzentrierte Methoden
ein Mädchen oder ein Bube bist, alle kön-   kussion empfänglich und sprechen zu           ermöglichen es, Kompetenzen auf spie-
nen Fussball spielen. Das ist einzig eine   Hause darüber, aber nicht alle. «Die          lerische und dynamische Weise zu erwer-
Frage der persönlichen Neigungen und        Schule muss ihren Teil dazu beitragen,        ben. Sie berücksichtigen die emotionale
Vorlieben.» Alex stimmt ihm zu: «Jeder      dass möglichst viele Schülerinnen und         Dimension der Schülerinnen und Schüler
Mensch ist anders, und diese Unter-         Schüler an diesem egalitären Diskurs          und stärken so den Klassenzusammen-
schiede machen unsere Welt aus!»            teilhaben können», sagt sie. «Heute soll-     halt und das alltägliche Zusammenleben.
                                            ten Mädchen und Jungs die gleichen
Die Diskussion weitet sich aus: «Warum      Rechte und Freiheiten haben.»
hatten Frauen früher kein Wahlrecht?»,
Gleichstellung in der Freizeit
6      Bildungsangebote zum Thema | 1. und 2. Zyklus

Lernmedium
Mädchen

                          Verlag Friedrich Verlag                                Dieses Heft ist in fünf Kapitel unterteilt: «Geschichten und Ge-
                          Jahr 2019                                              schichte», «Sozialisation und Beziehungen», «Bildung und
                          Materialtyp Broschüre/Heft                             Beruf», «Körperlichkeit und Sexualität» und «aktiv, engagiert
                          Schulstufe Alle Schulstufen                            und politisch». Jedes Kapitel enthält fünf bis zehn vierseitige
                                                                                 Artikel, darunter Erfahrungsberichte von Mädchen, Gespräche
                                                                                 mit Expertinnen und Experten, Statements oder Reportagen.
                                                                                 Im Kapitel «Sozialisation und Beziehungen» gibt es beispiels-
                                                                                 weise Porträts von muslimischen Mädchen und deren vielfälti-
                                                                                 gen Lebens- und Ausdrucksformen, eine Reportage über ein
                                                                                 Mädchenzentrum, in dem Mädchen eine Vielfalt von Le-
Wie leben Mädchen und junge Frauen? Wo und wofür setzen sie                      bensentwürfen kennenlernen und Selbstvertrauen stärken
sich ein? Was macht Frausein für sie aus? Wie kann die Schule                    können, und ein Interview mit einer blinden jungen Frau, die
ihnen gerecht werden? Mädchen gehen sehr unterschiedliche                        erzählt, wie es ist, Mädchen zu sein und eine Frau zu werden
Wege und sind keine homogene Gruppe.                                             mit einem Handicap.

Wird auf diese Vielfalt eingegangen, so kann die Schule einen                    «Mädchen» ist kein didaktisiertes Lernmedium. Es vermittelt
wichtigen Rahmen zur Entwicklung der heranwachsenden Mäd-                        jedoch zentrales Grundlagenwissen für einen gendersensiblen
chen bieten. Sie kann entsprechende Rollenvorbilder und Lern-                    Unterricht, bei dem auch die eigene Rolle als Lehrperson immer
gelegenheiten zur Verfügung stellen, innerhalb dere individu-                    wieder reflektiert wird. Das Heft zeigt die individuelle wie soziale
elle Perspektiven auf traditionelle und moderne Vorstellungen                    Kraft der Mädchen und jungen Frauen, ihre Kreativität, ihr Po-
des Frauseins erarbeitet und das Fundament für ein respekt-                      tenzial und die Vielfältigkeit, mit der sie sich selbst entfalten.
volles Miteinander der Geschlechter gebildet werden kann.

Bildungsaktivität ausserschulischer Akteure                                      Bildungsaktivität ausserschulischer Akteure
Radioprojektwochen                                                               BuchBesuch «Das Mädchen Wadjda»

Die Fokusthemen Kinderrechte, interkulturelle Verständigung                      Eine Animatorin besucht Schulklassen oder Bibliotheken und
und Antidiskriminierung stehen bei der Arbeit der Stiftung                       bringt ein aktuelles Buch mit, das eine Tür in eine andere Welt
Kinderdorf Pestalozzi im Zentrum. Im dorfeigenen Radiostudio                     öffnet. Ausgehend vom Buch «Das Mädchen Wadjda» gehen die
arbeiten die Kinder und Jugendlichen sowohl an vorgegebenen                      Kinder mit auf eine fiktive Reise nach Saudi-Arabien. Die mutige
wie auch an selbstgewählten Themen und bereiten diese zu                         Wadjda wünscht sich nichts sehnlicher als ein Fahrrad. Doch
Radiosendungen auf. Zum Thema Gender bietet das Kinderdorf                       Mädchen ist das Fahrradfahren in Riad nicht erlaubt. Die Kinder
Pestalozzi neu das Radioprojekt «Let’s Talk About Gender» an.                    lernen, eigene und fremde Werte zu reflektieren sowie Pers-
Dieses fördert eigenständiges Denken, und die Jugendlichen                       pektiven zu wechseln. Der Verein Baobab Books fördert mit den
entwickeln Sensibilität für gesellschaftliche Vielfalt und unter-                Schulbesuchen die interkulturelle Kompetenz und stellt die
schiedliche Lebensmodelle. Durch die Arbeit mit dem Medium                       differenzierte Vermittlung von gesellschaftlichen Werten
Radio übernehmen sie zudem Verantwortung und teilen ihre                         in den Mittelpunkt.
Ansichten öffentlich.
                                                                                 Organisation Baobab Books | Art des Angebots in der Schule
Organisation Stiftung Kinderdorf Pestalozzi | Art des Angebots ausserhalb        Dauer 2 Lektionen | Schulstufe Zyklus 2
der Schule | Dauer eine Woche oder einzelne Tage | Schulstufe Alle Schulstufen
Gleichstellung in der Freizeit
Bildungsangebote zum Thema | 1. und 2. Zyklus                                    7

Lernmedium                                                                   Lernmedium
Deck auf – Das Berufespiel                                                   Ich so du so

                                    Herausgeber Fachstelle für Gleichstel-                                     Herausgeber Labor Ateliergemeinschaft
                                    lung von Frau und Mann, Amt für Jugend                                     Verlag Beltz
                                    und Berufsberatung                                                         Jahr 2017
                                    Verlag Lehrmittelverlag Zürich                                             Materialtyp Buch, 175 Seiten
                                    Jahr 2016                                                                  Schulstufe Zyklus 2 und 3
                                    Materialtyp Spiel
                                    Schulstufe Zyklus 1 und 2

Mira will später einmal Schreinerin werden und Noah in einer                 Was heisst schon normal? Diese Frage stellt das kreativ gestal-
KiTa arbeiten. Das mag auf den ersten Blick verwundern – wa-                 tete Buch und regt mit Comics, Bildern, Fotos, Texten und Steck-
rum eigentlich? Schon kleine Kinder nehmen wahr, welche Be-                  briefen verschiedenster Kinder dazu an, über Verschiedenheit
rufe von Männern und welche von Frauen ausgeübt werden.                      nachzudenken und Vielfalt als Chance zu sehen. Themen wie
Nur ab und zu sehen sie im Alltag, in Bilderbüchern oder beim                Behinderung, Hautfarbe, Mädchen und Jungen, unterschiedli-
Spielzeug eine Schreinerin oder einen Kleinkinderzieher. Mit                 che Lebensumstände, Körperbilder und Werbung, Kinderalltag
der Folge, dass Jugendliche sich bei der Berufswahl nicht selten             rund um die Welt usw. werden auf vielfältige Weise illustriert
diesen traditionellen Vorstellungen unterordnen und sich da-                 und zur Diskussion gestellt.
bei unbewusst einschränken.
                                                                             Mit Witz und subtilem Humor tritt das Buch gegen Klischees und
Hier setzt das Berufespiel (Memory) an: Kinder lernen unabhän-               Geschlechterstereotypen an und macht Mut, so zu sein, wie
gig von Geschlecht und Rollenbildern verschiedene Berufe ken-                man ist, und andere sein zu lassen, wie sie sind. Obschon nicht
nen und denken über deren Bedeutung für die Gesellschaft,                    didaktisch aufgearbeitet, ist das Buch ein reichhaltiger Fun-
den Einzelnen, die Zukunft nach.                                             dus für den Unterricht.

Lernmedium                              Lernmedium                           Lernmedium                                       Themendossier
Radio Amina                             Good Night Stories For               Nicos Puppe und Sophies
                                        Rebel Girls                          Lastwagen                                        online
                                                                                                                              Mehr Lernressourcen,
                                                                                                                              BNE-Praxisbeispiele und
                                                                                                                              Angebote ausserschu-
                                                                                                                              lischer Akteure zum Thema
                                                                                                                              finden Sie in unserem
                                                                                                                              neuen Themendossier
                                                                                                                              Gender/Gleichstellung.

Regie Orlando von Einsiedel             Autorinnen Elena Favilli,            Autorinnen V. Ducret, V. Le Roy                  Die Bildungsangebote sind
Jahr 2011                               Francesca Cavallo                    Verlag Le 2e Observatoire, Marie                 dort nach Schulstufen
Materialtyp DVD/VOD mit didaktischem    Verlag Hanser Verlag | Jahr 2019     Meierhofer Institut | Jahr 2013                  geordnet und weisen Bezü-
Begleitmaterial | Dauer 8 Minuten       Materialtyp Buch, Audio-CD           Materialtyp Broschüre/Heft, PDF                  ge zum Lehrplan aus.
Schulstufe Zyklus 2                     Schulstufe Zyklus 2 und 3            Schulstufe Lehrpersonen Zyklus 1                 Ebenfalls finden Sie dort
                                                                                                                              Inputs zur Relevanz des
Radio Amina erzählt die                 100 Geschichten ausserge-            Dieses Handbuch ermöglicht                       Themas, zum Potenzial für
Geschichte von Amina Dibir,             wöhnlicher Frauen durch              es pädagogischen Fachper-                        Bildung für Nachhaltige
einer 12-jährigen Strassen-             die Geschichte und die Welt.         sonen, Studierenden oder                         Entwicklung (BNE) und zur
händlerin aus Kano, Nigeria,            Bekannte und unbekannte,             Lernenden (berufliche                            Umsetzung im Unterricht.
und ihrer imaginären                    junge und alte, sie haben alle       Grundbildung Betreuung mit                       www.education21.ch/de/themen-
Radiosendung, in der sie all            eine erstaunliche Reise              Fachrichtung Kinder),                            dossiers
die Dinge sagen kann, die               hinter sich. Ihre Geschich-          geschlechterdiskriminie-
sie sich im wirklichen Leben            ten werden Mädchen und               rende Verhaltensmuster zu
wünscht.                                Jungen inspirieren.                  reflektieren und anzupassen.

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Gleichstellung in der Freizeit
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