Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft

Die Seite wird erstellt Stefan-Nikolai Schaller
 
WEITER LESEN
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Sonderbeilage Gripen

 Gripen Special Mai 2012

 Gripen
 für die
 Schweiz

                                                  Die Plattform
                                                    der Zukunft

Gripen E/F                 Kampfflugzeuge in Schweden   Facts & Figures

Der smarte                 Die Gripen-                  Alles Wissenswerte
Kleine                     Evolution                    zum Gripen E/F
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
2     Gripen für die Schweiz                  Editorial

    Liebe Leserinnen und Leser
    Roger Federer ist kein Zwei-Meter-Sechs-                                    (Airbus, Eurocopter u.v.a.m.) wohl die besten Kompensationsgeschäf-
    Mann wie John Isner, der seine Aufschläge                                   te anbieten können.
    einer Kanone gleich ins gegnerische Feld                                    «Was für die Schweden gut ist, ist auch für die Schweiz gut genug», be-
    schmettert. Er ist kein Kraftpaket wie sein                                 gründet Bundesrat Maurer den Systementscheid. Richtig argumentiert,
    spanischer Konkurrent Rafael Nadal und er                                   jedoch mit reichlich Understatement. Wenn Saab das Zukunftskonzept
    ist auch keine verbissene Kampfmaschine                                     des 21. Jahrhunderts entwickelt, sind auch wir Schweizer mittendrin!
    wie der Serbe Novak Djokovic.                                               Ein Paradigmenwechsel der bemerkenswerten Art. Die Schweiz ist
    Roger Federer hat von allen guten Tennisspie-                               nicht nur Kunde wie in den vergangenen 60 Jahren der Kampfjetbe-
    lern so viel, wie er braucht. Federer beherrscht                            schaffung. Die Schweiz gestaltet nun die Zukunft mit. Es sind keine
    alles; er spielt perfekt von der Grundlinie aus,                            amerikanischen, französischen oder britischen Lieferanten, die uns sa-
    er kann smashen, slicen und Stoppbälle spielen. Er hat einen ausge-         gen, was wir brauchen; nein, wir definieren unsere Bedürfnisse selber.
    zeichneten Aufschlag und ist am Netz unüberwindbar. Roger Federer ist       Wir haben uns – neutralitätspolitisch richtig – emanzipiert.
    ein kompletter Tennisspieler. Aber Roger Federer zeichnen zusätzlich        Der kommende Gripen E/F ist auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten. Das
    ganz andere Dinge aus: Er ist smart. Und seine Vielseitigkeit.              haben alle Experten erkannt. Experten? In Foren, Leserbriefen und Blogs
    Der Gripen ist kein Nuklearwaffenträger wie der französische Rafale.        wird eifrig diskutiert – jedoch eindimensional. Wer kauft sich denn sein
    Er ist kein hochmotorisierter, hochgezüchteter und hochbewaffneter          Auto ausschliesslich über die PS-Zahl? Welche Unternehmung würde
    Eurofighter. Und der Gripen ist keine ultimative Kampfmaschine wie          sich einen Cray-Rechner leisten, wenn denn ein kleinerer Computer
    der amerikanische F-35.                                                     dem Pflichtenheft entspricht? Welcher Blog-schreibender Steuerzahler
    Der Gripen hat von seinen Konkurrenten so viel, wie er braucht. Er be-      ist bereit, auf dreissig Jahre hinaus drei oder vier Milliarden mehr an die
    herrscht alle Rollen, welche moderne Kampfflugzeuge auszeichnen;            Betriebskosten zu zahlen? Welcher Kenner der Szene weiss wirklich, wel-
    er ist im Luftpolizeidienst einsetzbar, kann feindliche Flugzeuge be-       che Doktrin russische Kampfflugzeug-Einsätze haben? Und welcher Le-
    kämpfen und kann als Aufklärer oder Erdkämpfer eingesetzt werden.           serbriefschreiber sieht den Zusammenhang zwischen Leistung, Kosten,
    Der Gripen ist ein kompletter Multiplikator. Aber den Gripen zeich-         Truppentauglichkeit und Unabhängigkeit? Unabhängigkeit von Hun-
    nen zusätzlich ganz andere Dinge aus: Er ist smart. Er ist die Plattform    derten von Lizenz-Millionen bei einem Upgrade? Unabhängigkeit von
    der Vielseitigkeit.                                                         möglichen unappetitlichen Betreiberländern in derselben User-Group?
    Vorbei ist die Zeit des Grösser-stärker-schneller-Dogmas. Die Power-        Das Gedächtnis ist manchmal kurz: Nicolas Sarkozy hatte «seinen» Ra-
    Konzepte des letzten Jahrhunderts sind Überbleibsel des Kalten Krie-        fale auch einem Herrn Gaddafi offeriert.
    ges. Natürlich leisten sich Staaten mit Weltmachtanspruch noch im-          Mit dem Kauf neuer Kampfflugzeuge brechen wir in eine neue Zeit auf.
    mer solche Kampfflugzeuge – mit Kosten ohne Ende. So die USA den            Weg von grösser, stärker, schneller. Auch für mich – 64-jährig und von
    F-35 JSF, von dem niemand wirklich weiss, wie viel er schlussendlich        Vampire bis F/A-18 geprägt – hat das Umdenken etwas Zeit gebraucht.
    kosten wird (sehr viel!). Oder Frankreich, dessen Force de Frappe einen     So verstehe ich wohl ehemalige Militärpiloten – die Hunter-geprägt –
    Jäger braucht, der abschreckende Wirkung zeigt. Oder Grossbritan-           von «Power & Performance» träumen. Der Stärkere war damals der Bes-
    nien, dessen dramatisch sinkender Einfluss auf den Meeren der Welt          sere. Tempi passati. Der Smartere ist der Bessere! Das Federer-Prinzip.
    durch den Eurofighter wettgemacht werden soll. Drei Flugzeugtypen,
    die dem Dogma «grösser-stärker-schneller» entsprechen. Und wie bei          Ihr Max Ungricht
    allen Konzepten des Kalten Krieges üblich: unbezahlbar. In den Denk-
    fabriken der Entwickler spielte damals das Geld keine wirkliche Rolle.
    Nur das Teuerste war gut genug.                                             Ich bin stolz und erfreut, dass sich der Bun-
    Die Schweden jedoch haben die Zeichen der Zeit erkannt. Es ist nicht        desrat für den Gripen E/F ausgesprochen
    die «Hardware», die das Flugzeug der Zukunft auszeichnet. Keine waf-        hat. Ich kann versichern, dass die Schweiz
    fenstarrenden Schlachtschiffe, mit Betriebskosten eines halben Armee-       in dieser Partnerschaft mit Saab auf sehr
    budgets. Es sind das Radar, die anderen Sensoren, die ISTAR-Integration.    engagierte Spezialisten treffen wird, deren
    Steigleistung, Reichweite, Geschwindigkeit – alles wichtig, ja. Aber der    Ziel es ist, die technologischen Grenzen im-
    Unterschied liegt bei der «Software». Einer Software, die jederzeit fle-    mer weiter auszuloten, um im sich stetig
    xibel den Ansprüchen des Users angepasst werden kann – und so die           ändernden Umfeld die jeweils richtige Lö-
    rasend schnelle Entwicklung der Prozessortechnik mitnehmen kann.            sung anzubieten.
    The brain makes the difference. Das ist die wahre Stärke des schwedischen   Mit dem gesamten Gripen-E/F-Paket er-
    Fliegers! Neben seinen moderaten Kosten.                                    wirbt die Schweiz das Kampfflugzeug mit
    Cockpit hat in den vergangenen Jahren monatlich und aufwendig über          dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
    die Tiger-Teilersatz-Beschaffung rapportiert. Regelmässige Leser sind       Gripen ist ein Flugzeug mit einem langfristig angelegten und gesicherten
    gut über das Auswahlverfahren informiert. Sie wissen, dass der schöne       Entwicklungsprogramm. Das industrielle Partnerschaftsprogramm wird von
    Rafale mit seiner «frenchness» für die Schweiz ungeeignet ist. Die Ab-      ebenso langfristigem Nutzen sein – dies unter dem Aspekt einer weitreichen-
    hängigkeit von Frankreich (Waffen, Elektronik, Avionik, Triebwerk)          den strategischen Partnerschaft und dem Wissen um die Gemeinsamkeiten
    wäre fatal. Noch immer steht Dassault ohne Exportkunde da. Die Ver-         Schwedens und der Schweiz.
    handlungen mit Indien wurden aus Gründen «von nicht konsistenten            Wir heissen die Schweiz in der Gripen-Familie – bestehend aus fünf Betrei-
    Betriebskosten» vorläufig aufs Eis gelegt. Der von einem europäischen       berländern und der UK Empire Test Pilot’s School – herzlich willkommen!
    Konsortium gebaute Eurofighter hatte nie eine Chance – aus welchen
    Gründen auch immer. EADS hätte mit dem industriellen Hintergrund            Håkan Buskhe, President & CEO Saab AB
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Gripen E/F           3

Gripen E/F für die Schweiz
Der smarte Kleine

                                                                                                       Gripen E mit Schweizer Hoheitszeichen
                                                                                                                              (Bildmontage).

Während sich die Diskussion um den Tiger-Ersatz mehrheitlich um Power & Performance dreht, stehen bei
den Kampfflugzeugen der Zukunft ganz andere Anforderungen im Mittelpunkt: die Flexibilität der Plattform.
Die Basis ist die «Hardware» – den Unterschied aber macht die «Software».

D
         ie Diskussion um den Gripen wird       Die Gripen-Plattform
                                                                                                 Gripen E/F
         mit Argumenten des letzten Jahr-       Wer sich heute eine EDV-Anlage erwirbt,
                                                                                                 Der Vorteil des Gripen E/F liegt in der soge-
         hunderts geführt. Nicht erstaun-       spricht kaum über die Hardware. Es ist eine
lich, sind doch die meisten Experten von die-   Selbstverständlichkeit, dass diese den An-       nannten Fusion aller Systeme und Sensoren.
ser Zeit geprägt. Grösser, stärker, schneller   sprüchen des Kunden genügt.                      Die neue Version verfügt über dieselben ex-
war das Dogma aus der Zeit des Luftkampfs       Genauso verhält es sich mit der Kampf-           zellenten Flugeigenschaften wie das Vor-
Mann gegen Mann (Dog fight). Noch heute         flugzeugplattform der Zukunft: Die Eck-          gängermodell C/D – jedoch mit bedeutend
hängen Hersteller, Kunden und Experten          werte wie Geschwindigkeit, Steigleistung,        mehr Leistung und einer wesentlich grösseren
diesem Dogma nach – und wundern sich            Zuladung und Reichweite werden vordefi-          Reichweite. Zusammen mit der Integration
über die (unbezahlbaren) Kosten.                niert, entscheidend aber ist, wie flexibel in    neuer Waffen und Sensoren ist der Gripen E/F
Dog-fight-Szenarien sind heute von unter-       dieser Hardware-Umgebung die künftige            ein hervorragendes Kampfflugzeug.
geordneter Priorität. Ein möglicher Luft-       «Software» implementiert werden kann,            Richard Ljungberg, Gripen Chief Test Pilot
kampf ist mit Luftüberlegenheit (Air supe-      um auch nach zwanzig oder dreissig Jah-
riority) gleichzusetzen; in diesem Szenario     ren noch über einen State-of-the-Art-Figh-
wird der Feind aus grosser Distanz (BVR,        ter zu verfügen.
beyond visual range) bekämpft.                  Die Systemarchitektur des Gripens ist dazu
Auch bei anderen Einsatzszenarien wie           ideal. Sie verfügt über zwei unterschiedli-
Aufklärung und Bodenunterstützung ist           che Schichten, um die flugkritischen und
die Nähe zum Objekt nicht mehr essen-           taktischen Funktionen zu separieren. Dank
ziell. Moderne Aufklärungspods liefern          einer offenen Architektur können jederzeit
aus grosser Höhe gestochen scharfe Fotos,       neue Leistungsmerkmale (z. B. Bewaffnung,
Film- oder Infrarotaufnahmen. Und die Un-       Avionik, Selbstschutz) oder – um mit der ra-
terstützung der Bodentruppen geschieht          santen Entwicklung in der Elektronik mit-
mit programmierten oder gelenkten Pro-          zuhalten – leistungsfähigere Prozessoren
jektilen von chirurgischer Präzision. Auch      nachgerüstet werden. Dies alles ohne über-
hier mögen Bilder der Vergangenheit die         teure Lizenzkosten des Herstellers, sondern     Absolventen der renommierten britischen Em-
heutige Diskussion noch immer zu beein-         auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten       pire Test Pilots’ School (ETPS) absolvieren ei-
flussen.                                        und in eigener Regie. �                         nen Teil ihrer Ausbildung auf dem Gripen D.
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
4     Gripen für die Schweiz                      Gripen E/F

                                                                                                       Neben Schweden, Südafrika, Thailand und
                                                                                                       Ungarn setzt auch die tschechische Luftwaffe
                                                                                                       Gripen C/D ein. Der Gripen C der 211th Tacti-
                                                                                                                           ˇ
                                                                                                       cal Squadron ist in Cáslav stationiert.
                                                                                                       Links: In Schweden starten und landen Gri-
                                                                                                       pen auch auf normalen Strassen. Diese Fähig-
                                                                                                       keit erhöht die operationelle Flexibilität.

     «... wir müssen die Flexibilität aller unserer
                                                      Der Gripen E/F kann dank mehr Schubleis-         Luftpolizeidienst als Kernaufgabe
                                                      tung (+33 %) insgesamt 36 % mehr Aussen-         Mag man über zukünftige Multirole-Ein-
     Waffensysteme erhöhen, indem wir unsere
                                                      lasten mittragen.                                sätze des Gripen heute noch diskutieren,
     Plattformen ISTAR-fähig machen ...»
                                                      Optisch sind diese Änderungen durch ein          der Luftpolizei-Auftrag (Air policing) ist für
     Air Chief Marshal Sir Stephen Dalton,
                                                      um zehn Zentimeter dickeres Rumpfseg-            den Nachfolger der veralteten Tiger-Flotte
     Chief of Staff RAF                               ment und an den neuen Flügelübergän-             jedoch gegeben. Die Ausgangslage ist be-
                                                      gen zu sehen. Auch der Lufteinlass für das       kannt: Die aktuell sehr kleine Anzahl (33)
                                                      Triebwerk wird modifiziert, dies als Fol-        geeigneter Kampfflugzeuge beschränkt de-
    Um dieser Plattform der Zukunft gerecht           ge des neuen und stärkeren Antriebs. Das         ren Durchhaltezeit. Umso mehr, als Flug-
    zu werden, unterscheiden sich Gripen E/F          neue und schwerere Radar (Kühlung) im            zeuge der 3. Generation wie die F/A-18 sehr
    und das Vorgängermodell C/D in einigen            Bug des Gripen bedingt eine weitere Anpas-       wartungsintensiv sind.
    kons­truktionsbedingten Punkten. Die of-          sung, damit sich der Schwerpunkt des Flug-       Mit den leistungsfähigen Sensoren und den
    fensichtlichste Änderung betrifft das Ver-        zeugs (Centre of gravity) nicht nach vorne       deutlich tieferen Betriebskosten werden die
    legen des Fahrwerks vom Rumpf an die              verschiebt: Die Zelle wird im hinteren Be-       Gripen schon sehr bald nach ihrer Einfüh-
    Flügel. Daraus resultieren zwei zusätzli-         reich um 37 cm verlängert. Als Folge dieser      rung die F/A-18 entlasten. Eine betriebswirt-
    che Waffenstationen und – noch wichtiger          strukturellen Anpassungen gibt es Ände-          schaftliche Win-Win-Situation; die Kosten
    – ein grösseres Tankvolumen. Die höhere           rungen im Elektro-, Hydraulik- und Treib-        pro Einsatz reduzieren sich und die Lebens-
    Anzahl der Hardpoints macht das Mitfüh-           stoffsystem.                                     dauer der Hornets verlängert sich.
    ren eines weiteren externen Zusatztanks           Saab legt Wert darauf, dass die Modifizie-       Mit dem Gripen C/D werden in den fünf
    (+150 Gallonen) möglich, was die Reich-           rungen und Änderungen mit handelsüb-             Betreiberländern seit Jahren Erfahrungen
    weite (Verweildauer) gegenüber dem Vor-           lichen und bewährten Produkten durch-            im Air policing gemacht. Aber auch ausser-
    gängermodell um 26 % erhöht. Zusätzlich:          geführt werden (COTS – Commercially              halb der entsprechenden Länder – so im Jahr
                                                      available Off-The-Shelf). Dies reduziert die     2009, als ein tschechisches Detachement im
                                                      Kosten und vereinfacht die Wartung. Modi-        Rahmen der NATO Baltic Air Policing Mis-
     Programmstatus                                   fikationen dieser Art sind in der Flugzeug-      sion vier Monate lang den Luftraum der
     Das Gripen-Testprogramm läuft nach Plan. Die     branche üblich; Flugzeugexperten, die in         baltischen Länder sicherte. Bei dieser QRA-
                                                      diesen moderaten Designänderungen einen          Bereitschaft (Quick Reaction Alert) über sie-
     bisherigen Testphasen fokussierten auf das
                                                      Unsicherheitsfaktor erkennen wollen, sind        benTage/24 Stunden kam es zu acht «Alpha
     Handling und auf aerodynamische Aspekte
                                                      schlecht informiert.                             Scrambles» (Alarmstarts), für sieben Luft-
     des Flugzeugs, auf die Leistungsverbesserun-
                                                      Das Programm Gripen E/F wurde im Früh-           raumverletzungen war die russische Luft-
     gen, die erhöhte Waffenzuladung sowie auf        jahr 2008 für die Öffentlichkeit lanciert, als   waffe verantwortlich.
     die Einführung neuer Sensoren und einer neu-     der Erprobungsträger Gripen NG (Next Ge-         Mit einem positiven Fazit ging der Einsatz
     en Avionik. In der nun kommenden vierten         neration) – ein umgebauter Gripen-Dop-           schwedischer Gripen über Libyen zu Ende.
     Phase unserer Testreihe werden wir weitere       pelsitzer) – aus den Hallen rollte. Dieser       Die vom schwedischen Parlament beschlos-
     Verbesserungen an der Avionik und den Dis-       Demonstrator dient dem Austesten neuer           sene Teilnahme an der «Operation Unified
     plays im Cockpit vornehmen. Zusätzlich steht     Avionik und Sensoren (Radar). Bisher wur-        Protector» resultierte in der Entsendung von
     uns in dieser Phase das allerneuste AESA-Ra-     den schon weit über 200 Flüge absolviert.        zunächst acht Gripen (später 5) ins sizilia-
     dar zur Verfügung; im späteren Frühjahr wer-     Die ersten Schritte für die Produktion von       nische Sigonella. Fachleute waren über die
     den Piloten aus der Schweiz diesen aktuellen     zwei Testflugzeugen der Version E wurden         hohe Verfügbarkeit (>92 %) der schwedi-
                                                      eingeleitet.                                     schen Gripen (Version C) erstaunt. Bei die-
     Stand der Entwicklung austesten können.
                                                                                                       sem (unfreiwilligen) Zusammentreffen von
     Richard Ljungberg, Gripen Chief Test Pilot
                                                                                                       unterschiedlichen Flugzeugtypen aus ver-
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Gripen E/F           5

                                                   Das neutrale Schweden beteiligte sich nicht    zivilen «Kunden» genutzt, so in den Nieder-
 Gripen für die Schweiz
                                                   an der Bekämpfung von Bodenzielen, des-        landen zur Überwachung der Deiche. Ähn-
 Der Gripen ist technisch ein sehr gutes Flug-
                                                   halb waren die Gripen «nur» mit Waffen         liche Szenarien sind auch in der Schweiz
 zeug. Er erbringt die Leistungen, um den Luft-    zur Überwachung der Flugverbotszone und        denkbar (swisstopo, Gletscherbewegungen,
 polizeidienst und die Luftverteidigung unter      zur Selbstverteidigung bestückt (AIM-120       Staumauern, Hochwasser).
 allen Wetterbedingungen einwandfrei zu er-        AMRAAM Mittelstreckenlenkwaffe, IRIS-
 füllen. Er verfügt weiter über die Befähigung,    T Infrarot-Kurzstreckenlenkwaffe, Bordka-      Gripen für die Schweiz
 Bodenziele zu bekämpfen und als Aufklärer         none). Die Radarlenkwaffe AIM-120 wird         Mit dem Entscheid für den Gripen hat die
 eingesetzt zu werden. Kurz: Er erfüllt alle An-   auch auf den Schweizer F/A-18 eingesetzt;      Schweiz die richtige Wahl getroffen. Das
 forderungen, die wir an ein neues Kampfflug-      dies spricht dafür, diese Lenkwaffe zur Ver-   zukunftsorientierte System mit 40 % nied-
 zeug gestellt haben.                              einfachung der Logistik auch beim Gripen       rigeren Betriebskosten als die Modelle der
 Zusätzlich: Die Schweden verfügen über gros­      zu verwenden.                                  Mitbewerber ist für unser Land wie massge-
                                                                                                  schneidert. Mit Schweden steht der Schweiz
 se Erfahrung mit dem Operieren von Behelfs-
                                                   ISTAR im Fokus                                 ein unabhängiger, vertrauensvoller Partner
 flugplätzen aus. Der Gripen ist robust und
                                                   Das Kampfflugzeug der Zukunft ist aber         auf Augenhöhe gegenüber. Die Bedürfnisse
 steht für vergleichsweise tiefe Betriebskos-
                                                   nicht nur ein Kampfflugzeug mit traditio-      sind sehr deckungsgleich.
 ten. Mit den E/F-Modifikationen wird diese        neller Einsatzdoktrin. Vielmehr ist es mit
 Maschine unseren Ansprüchen in jeder Be-          seiner Sensorik und seinem Breitbandda-
 ziehung gerecht.                                  tenlink wichtiger Bestandteil von ISTAR
                                                                                                   Peter Nilsson
 Res Schmid, bis 2010 Chef Test Pilot Ar-          (Intelligence, Surveillance, Target Acquisi-
                                                                                                   Cockpit hatte die Mög-
 masuisse und ehemaliger Ressort-Pro-              tion and Reconnaissance). Die Fähigkeiten
                                                                                                   lichkeit, sich in einem
 jektleiter Erprobung Tiger-Teilersatz.            im Bereich Überwachung, Zielfindung und
                                                                                                   längeren Gespräch
 Heute Regierungsrat des Kantons Nid-              Aufklärung sind integraler Teil des Manage-
                                                                                                   mit Peter Nilsson aus-
 walden.                                           ments von nachrichtendienstlichen und
                                                                                                   zutauschen. Der ehe-
                                                   taktischen Informationen – ein Quanten-
                                                                                                   malige Kampfflug-
                                                   sprung für Lageanalysen. Als Folge davon
                                                                                                   zeugpilot auf Viggen
schiedenen Ländern beeindruckte ebenso,            wird der Gripen E/F auch über ein drittes
                                                                                                   und den Gripen-Typen A/B/C/D wechselte
dass Schweden mit 40 % den Hauptanteil der         Funksystem (VHF/UHF) verfügen, um die
                                                                                                   nach seiner aktiven Berufsmilitärpilotenzeit
Aufklärungsmissionen absolvierte. In 650           Kommunikation zwischen den Flugzeugen
                                                                                                   zu Saab, wo er heute als «Vice President of
Einsätzen und annähernd 2000 Flugstun-             weiter zu verbessern.
                                                                                                   Operational Capabilities» tätig ist.
den wurden 150 000 Aufnahmen gemacht.              ISTAR-Fähigkeiten werden auch gerne von

Kommentar
Das Undenkbare denken
Nun wird in den Räten gerechnet und gemutmasst. Addiert und               ten ab. Alles muss sicher sein, auch wenn wir dafür tief ins Porte-
spekuliert. Gewerkschafter gegen den Offset-Wirtschafts-Booster?          monnaie greifen …» Und er folgert: «Das Risiko eines starken Be-
Die Mitte wackelig? Von rechts die Typendiskussion?                       bens mag zwar klein sein; die Schäden aber wären immens – und
Es wird taktiert, diskutiert und (des)informiert. Und das Zentrale        nicht gedeckt.»
ausgeblendet: Auch Kinder dogmatischer und pazifistischer Eltern          Martin Spieler liefert das Kampfflugzeugargument par excel-
haben Anspruch auf einen umfassenden Schutz. Es geht nicht um             lence.
Links, Mitte oder Rechts, es geht um Vernunft. Und die Zukunft.           Wir leisten uns zu Recht aufwendige und schlagkräftige Notfall­
Um Vorstellungsvermögen und Verantwortung. «Kindergärten statt            organisationen. Deren Mittel sind auf den «Worst case» ausgerich-
Kampflugzeuge!» – welch intellektuelle Armseligkeit. Unseren Kin-         tet. Auf dass wir diese hoffentlich nie brauchen. Wir haben uns im
dern gegenüber. Schulen in Schutt und Asche: Der Schreibende              täglichen Umfeld – dem Boden – gut auf Eventualitäten eingestellt.
sah sie mit Grausen.                                                      Wir geben jährlich Hunderte Millionen für Sicherheitskontrollen an
Kein Politiker weiss, was die nächsten Jahre bringen. Sie (wir) ha-       Flughäfen aus. Und doch verweigern wir uns einer sachlichen Dis-
ben die Umwälzungen in Europa nicht vorhergesehen. Sie (wir)              kussion über das offene Tor am Himmel über der Schweiz.
wurden vom Arabischen Frühling überrascht. Sie (wir) leben auf            Wir sind ein reiches Land. Wohlstand und Glück lullen ein. Die Zug-
einer Insel der Glückseligkeit; die Probleme unserer Welt sind ver-       verspätung ist das Mass unserer Probleme. Der Schattenwurf des
meintlich weit entfernt. Ihr (unser) Fokus ist auf das Tagesgeschäft      nachbarlichen Apfelbaums beschäftigt uns mehr, als Wasser- und
gerichtet. Es fehlt die Kraft und der Wille, das Undenkbare nur an-       Energieressourcen der Welt. Wir sind reich, aber arm an Vorstel-
zudenken.                                                                 lungsvermögen.
Im Editorial der SonntagsZeitung vom 26. Februar schreibt Chefre-         Jetzt muss ein Ruck durch die eidgenössischen Räte gehen. Schluss
daktor Spieler: «Die meisten Schweizerinnen und Schweizer sind            mit pseudoideologischen Argumenten, Schluss mit eitlem Exper-
überversichert. Sie versichern sich gegen alles Mögliche, gegen           tenwissen und parteipolitischem Gezänk. Niemand soll später sa-
Diebstahl ihrer Ski, ihres Fahrrads, ihres Reisegepäcks, sie sichern      gen müssen «ich hätte das nie gedacht ...». Die Sicherheit geht uns
sich gegen Glasbruch oder für die Deckung der Annullationskos-            alle an. Max Ungricht
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Sonderbeilage Gripen

6     Gripen für die Schweiz                Evolution

                                                                                          Seit 1993 stehen in Schweden die ersten Gripen A (Bild)
                                                                                          und B im Einsatz. Die neueren Gripen C/D unterscheiden
                                                                                                 sich vom Vorgänger unter anderem durch ein neu
                                                                                                               gestaltetes Cockpit und den Link 16.

    Kampfflugzeuge in Schweden
    Die Gripen-Evolution
    Wie in der Schweiz, begann auch in Schweden das Militär-Jetzeitalter nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem
    legendären Vampire. Und wie in unserem Land, begann die Industrie parallel dazu, eigene innovative Pro-
    dukte zu entwickeln. Die Geschichte der Gripen-Evolution.

    D
             ie Ausgangslage in den späten          Beim Erstflug am 1. September 1948 rappor-       Ausmusterung der österreichischen Draken
             1940er-Jahren war in beiden Län-       tierte der britische Testpilot Bob Moore eu-     im Jahr 2005 kam für das bemerkenswerte
             dern ähnlich: Sowohl die Schweiz,      phorisch, dass dieses etwas pummelig an-         Flugzeug das definitive Aus.
    als auch Schweden, blieben von direkten         zusehende Flugzeug («das fliegende Fass»)
    Kriegsfolgen verschont; die Hochschulen,        sich leistungsmässig nahtlos in die Reihe        Viggen gegen sowjetische Bedrohung
    die industrielle Forschung, Entwicklung         der damals führenden Kampfflugzeugtypen          Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges mit
    und Herstellung waren auf höchstem Stand.       F-86 (USA) und MiG-15 (Sowjetunion) ein-         dem Einmarsch der Sowjets in die Tsche-
    Anders aber als in der Schweiz wurde in         fügen würde.                                     choslowakei musste der überaus stark for-
    Schweden in den folgenden sechs Dekaden         Letzten Endes wurden über 660 (!) Tunnans        cierten Aufrüstung der Warschau-Pakt-Staa-
    konsequent auf eigene Entwicklungen ge-         gebaut, so auch für den Export (Österreich).     ten etwas Gleichwertiges entgegengesetzt
    setzt. Diesen Mut hatten die Schweizer nicht:   Das Ende für die bei der Luftwaffe J 29 be-      werden. Bereits 1962, im Jahr der Kubakrise,
    Exzellente Entwürfe wie N-20 oder P-16 wur-     nannte Modell (J für Jakt = Jagd) kam im Jahr    wurden der parlamentarischen Sicherheits-
    den «gegroundet». Im zweiten Fall eine be-      1967, als die letzte Staffel den Tunnan aus-     kommission Pläne für ein Nachfolgemodell
    sonders krasse Fehleinschätzung der Politik.    musterte. Er blieb bei der Flygvapnet jedoch     des Drakens vorgestellt. Diese plante den
    Das Jahr 1958 steht für das Ende der Kampf-     bis 1974 für andere Aufgaben erhalten, so        Kauf von 831 Einheiten.
    flugzeugentwicklung in unserem Land.            als Zielmarkierungsflugzeug.                     Der Viggen unterschied sich in den Anforde-
                                                                                                     rungen der Luftwaffe deutlich von den Flug-
    Unabhängigkeit                                  Drache folgt Tonne                               zeugen der vorherigen 2. Generation. Zum
    Das neutrale Schweden wollte sich mit der       Die erfolgreiche Ära mit dem J 29 führte naht-   ersten Mal sollte ein sogenannter «Multiro-
    Eigenproduktion von Waffen eine grösst-         los in die ebenso erfolgreiche Zeit des Saab     le-Fighter» gebaut werden, der für verschie-
    mögliche Unabhängigkeit sichern. Zur De-        Draken; am 25. Oktober 1955 fand der Erst-       dene Einsatzszenarien verwendet werden
    ckung von Lücken wurden bis Ende der            flug des J 35 benannten Jägers statt. Dieser     konnte. Zu dieser Zeit fand in Schweden
    1960er-Jahre zwar noch Flugzeuge briti-         Jet der 2. Kampfflugzeug-Generation wurde        eine heftige strategische Diskussion über
    scher Herkunft (Vampire, Venom, Hunter)         Ende der 1950er-Jahre auch von der Schwei-       die Ausrichtung der Luftwaffe statt. Mit
    eingesetzt, die Strategie «eigene Kampfflug-    zer Luftwaffe evaluiert. Vom Mach 2 schnellen    der Einführung der Bloodhound-Fliegerab-
    zeuge» aber konsequent umgesetzt.               Jäger mit dem markanten Doppeldeltaflügel        wehrlenkwaffe war für einen Teil der Politi-
    Bereits im Jahr 1945 lagen Pläne für ein dü-    wurden 606 Exemplare in unterschiedlichen        ker die Modernisierung der Luftwaffe nicht
    sengetriebenes Kampfflugzeug vor, und von       Versionen hergestellt; der Draken (Drachen)      mehr zwingend.
    diesem Saab 29 Tunnan (Tonne) benann-           stand auch bei den Luftwaffen Dänemarks,         Im Frühjahr 1965 entschied deshalb das Par-
    ten Projekt wurden drei Prototypen bestellt.    Finnlands und Österreichs im Einsatz. Mit der    lament, den Beschaffungsentscheid um 18
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Sonderbeilage Gripen

                                                                                                                                    Evolution           7

                                                                                                      Mit dem Roll-out des Gripen NG Demonstra-
                                                                                                      tors im Jahr 2008 wurde der Startschuss für
                                                                                                      die Gripen-E/F-Weiterentwicklung gegeben.
                                                                                                      Links: J 29 Tunnan – der erste serienmässige
                                                                                                      Kampfjet aus dem Hause Saab.

                                                                                                      soll. Und aus der finanziellen Not war zusätz-
                                                                                                      lich eine sinnvolle Tugend entstanden: Ein
                                                                                                      einstrahliges Konzept, das sowohl in der Her-
                                                                                                      stellung, aber vornehmlich auch im Betrieb,
                                                                                                      bezahlbar blieb. Dies zu einer Zeit, als andere
                                                                                                      Hersteller bei der Entwicklung ihrer Flugzeu-
                                                                                                      ge der 4. Generation noch immer nach dem
                                                                                                      Credo «grösser, stärker, schneller» planten.
Insgesamt 24 Saab 35OE Draken standen bei            Grösser, stärker, schneller – der JA 37 Viggen   Das schwedische Parlament liess sich vom
den Luftstreitkräften Österreichs fast zwei Deka-    war ein klassischer Vertreter seiner Zeit. Im    Projekt «Gripen» überzeugen; als Gegen-
den lang unfallfrei im Dienst. Die Feierlichkeiten   Jahr 2007 wurden die letzten noch verblei-       leistung verpflichtete sich die Industrie, fi-
zu 1000 Jahre Österreich (1996) führten 1997         benden Viggen von Gripen abgelöst.               nanzielle Risiken mitzutragen.
zu dieser Draken-Sonderlackierung «Ostarrichi».
                                                                                                      Erster Auftrag wird erteilt
                                                                                                      Im Jahr 1982 wurde der Auftrag für fünf Vor-
Monate zu vertagen, trotzdem machte der              neration kam einem Ende entgegen. Eine           serien- und 30 Serienflugzeuge erteilt, als
JA 37 Viggen (Jakt-Attack) am 8. Februar             kostengünstigere Alternative war gefragt.        Auftragnehmer fungierte eine IG JAS. Die-
1967 seinen Erstflug. Der Viggen war gebo-                                                            ses Konsortium umfasste nicht nur Saab,
ren, sein Auftritt war donnergleich (Vigg =          Der Gripen wird geboren                          sondern auch andere schwedische Unter-
ein in der nordischen Mythologie vom Don-            Im Februar 1980 lag ein erstes Pflichtenheft     nehmungen. Der Gripen hob in der Folge
nergott Thor geschleuderter Blitz).                  für den zukünftigen Jäger vor. Als Bench-        am 9. Dezember 1988 zum Erstflug ab, etwas
Die Produktion des Viggen begann im Juni             mark diente der F-16 von General Dyna-           mehr als zwei Jahre nach dem Erstflug eines
1971; seine äussere Formgebung erinnert              mics. Im Rahmen eines RFP (Request for           Rafale-Demonstrators.
in Vielem bereits an das Nachfolgemodell             proposals) wurden Northrop, General Dy-          Das bei der schwedischen Luftwaffe JAS 39
Gripen. Auch vom Viggen wurden verschie-             namics und McDonnell Douglas eingela-            (Jakt-Attack-Spaning) bezeichnete Mehr-
dene Versionen gebaut, für die eigentliche           den, über ihre Produkte zu informieren. Im       zweckkampfflugzeug (Multi Role) wird aus­
Kernaufgabe AJS (Attack-Jakt-Spaning)                Dezember 1980 erging auch ein Auftrag für        serhalb des Landes ganz einfach «Gripen»
eben­so wie etwa eine Version für die See-           eine Projektstudie an Saab. Trotzdem fass-       (Greif) benannt. Die Bezeichnung Gripen A
aufklärung. Deutlich über 300 Maschinen              te die Beschaffungsbehörde FMV ernsthaft         steht für die einsitzige Version der ersten Se-
dieses äusserst leistungsfähigen Kampfflug-          den Kauf amerikanischer Flugzeuge ins            rie, das B steht für Doppelsitzer. Analog dazu
zeugs liefen schlussendlich von den Produk-          Auge.                                            sind die Bezeichnungen C/D, respektive E/F.
tionsbändern des schwedischen Herstellers            Dies war mehr als nur Motivation für die         Zwischen 1989 und 1993 gingen zwei Test-
Saab. Experten aus Osteuropa sprechen mit            schwedische Industrie, ein eigenes Produkt       flugzeuge verloren. Im Gegensatz zum
höchstem Respekt über die Leistungen des             ins Spiel zu bringen, das Überleben hatte nun    schweizerischen P-16-Programm verfielen
Viggen; Experten aus der ehemaligen Sow-             Priorität. Die Tradition des eigenen Flugzeug-   die Politiker aber nicht in eine Sein-oder-
jetunion meinen gar, dass auf ihrer Seite kei-       baus sollte weitergeführt werden, das gros­      Nichtsein-Diskussion. Die Ursachen wur-
ne ebenbürtigen Flugzeuge zur Verfügung              se Know-how erhalten und die Unabhän-            den abgeklärt und die notwendigen Schlüs-
gestanden hätten. Im Juni 2007 wurden die            gigkeit weiterhin gewahrt bleiben. 12 000        se gezogen. Seither sind keine relevanten
letzten Maschinen ausser Betrieb gestellt.           Arbeitnehmende zählte damals die militäri-       Störungen beim System Gripen bekannt.
Der Viggen war ein klassisches Produkt               sche Luftfahrtindustrie, ein Entscheid für ein   Seit 1993 stehen die ersten Gripen bei der
seiner Zeit: gross, kraftvoll und teuer im           ausländisches Produkt liess schwerwiegende       schwedischen Luftwaffe im Einsatz. Ins-
Betrieb. Die sich langsam abzeichnende               Arbeitsmarkt-Konsequenzen erahnen.               gesamt 204 Maschinen der Typen A/B und
politische Stabilisierung und ein stetig ero-        Die Verantwortlichen der schwedischen Luft-      C/D (Nato-Version) wurden bestellt. Und
dierendes Armeebudget betrafen auch die              waffe hatten sehr klare Vorstellungen, was       nun stehen wir mit der E/F-Version an der
Luftwaffe. Die Zeit der Flugzeuge der 3. Ge-         den zukünftigen Alleskönner auszeichnen          Schwelle der nächsten Gripen-Evolution.
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Sonderbeilage Gripen

8      Gripen für die Schweiz                                    Facts & Figures

                                                    Technische Daten                                       Sensoren
                                                    Hersteller                           Saab AB           Im Mittelpunkt der Sen-
                                                    Masse                                                  sorik steht das neue
                                                    Länge                                14,9 m            AESA-Radar Raven ES-
                                                    Höhe                                   4,5 m           05 von Selex Galileo. Die
                                                    Spannweite                             8,6 m           Abdeckung des elektro-
                                                    Leergewicht                         7500 kg            nischen Radars ist mit
                                                    Max. Abfluggewicht                 16 500 kg           200 Grad um etwa 40 %
                                                    Aussenlasten                        6000 kg            grösser als bei heuti-
                                                                                                           gen Radar-Ausrüstun-
    Leistungen                                                                                             gen. Mit dem AESA-Radar können gleichzeitig mehrere Ziele erfasst
    Triebwerk                                       General Electric F414G
                                                                                                           werden; das Radar ist kaum anfällig auf externe Störversuche (EW).
    Schub ohne Nachbrenner                          64 kN
    Schub mit Nachbrenner                           98 kN
                                                                                                           Ebenfalls von Selex Galileo ist das passiv arbeitende IRST (Infrared Search
    Min. Startrollstrecke                           800 m*                                                 and Track), welches auch für die konventionelle Navigation eingesetzt
                                                    500 m (mit Nachbrenner)*                               wird. Die Informationen beider Sensoren fliessen in die Datenfusion ein.
    Min. Landerollstrecke                           600 m*
    Max. Steigleistung                              >200 m/s*                                              Aufklärung (TGP, Recce)
    Max. Geschwindigkeit                            Mach 2                                                 Für Überwachungs- und Aufklärungsmissionen führt der Gripen einen
    Dienstgipfelhöhe                                >16 000 m                                              externen Behälter (Pod) mit. Je nach Typ können damit elektro­optisch
    *in Luftpolizei-Konfiguration
                                                                                                           Fotos, Filmaufnahmen und Infrarotbilder gemacht und in Realtime
    Bewaffnung                                                                                             übermittelt oder im Pod gespeichert werden. Entscheidend bei der
    Kanone                                          Mauser BK 27                                           Analyse der Bilder ist die zugehörige Auswertungssoftware. Diese
    Aufhängestationen                               10                                                     kann zum Beispiel aus der Flut von Informationen selektiv Verände-
                                                    Luft-Luft-Lenkwaffen                                   rungen zu einem früheren Aufklärungsflug oder definierte Objekte
                                                    Luft-Boden-Waffen                                      herausfiltern. Diese Mittel sind subsidiär auch für Grenzüberwachun-
                                                    Treibstoffzusatztanks
                                                                                                           gen in Friedenszeiten wertvoll.
                                                    Aufklärungsbehälter
                                                    Zielbeleuchtungsbehälter
                                                                                                           Selbstschutz
                                                                                                           Ein überaus elementares Thema. Neben den bereits erwähnten AESA-
                                                                                                           und IRST-Sensoren verfügt der Gripen über ein IFF-System Mode 5
                                                                                                           (Freund-Feind-Erkennung), einen MAW (Missile Approach Warner)
                                                                                                           und ein verbessertes EW-System (Electronic Warfare – elektronische
                                                                                                           Kriegsführung). Auch die Signale dieser Sensoren fliessen in die Da-
                                                                                                           tenfusion ein; dem Piloten wird das Resultat auf seinem Bildschirm
                                                                                                           dargestellt.
                                                                                                           Zur Abwehr werden zusätzlich die klassischen Chaffs (Radar stören)
                                                                                                           und Flares (gegen infrarotgelenkte Lenkwaffen) mitgeführt. Geplant
                                                                                                           ist mittelfristig auch ein an einem fiberoptischen Kabel nachgezoge-
                                                                                                           ner Täuschkörper (Decoy), der für die Abwehr von radargesteuerten
                                                                                                           Lenkwaffen eingesetzt wird.

                                                                                                           Bewaffnung
                                                                                                           Schon heute sind im Gripen eine breite Palette möglicher Waf-
                                                                                                           fen integriert, sowohl Lenkwaffen aller Anwendungen, wie auch
                                                                                                           gelenkte (Paveway) oder ungesteuerte Bomben. Der neuste Zu-
                                                                                                           gang ist die BVR-Luft-Luft-Lenkwaffe Meteor eines europäischen
      Cockpit – 53. Jahrgang                            Schnupperabo (für 3 Monate): CHF 20.–
                                                        Einzelverkaufspreis: CHF 8.20 inkl. Porto und
                                                                                                           Konsortiums.
      Herausgeber                                       MWSt.
      Jordi AG – das Medienhaus, Verlag «Cockpit»       Auslandabo steuerfrei, Porto nach Aufwand
      Postfach 96, 3123 Belp
      Zentrale: +41 31 818 01 11
                                                        Preisänderungen vorbehalten.                       Kommunikation
                                                        Auflage
      Fax: +41 31 819 38 54
      www.cockpit.aero
                                                        10 800 Exemplare                                   Für die Datenkommunikation verfügen bereits die aktuellen Gri-
      Verlagsleitung: Roger Schenk
                                                        Text- und Bildredaktion
                                                        mt-media, GAC, Flughafen Bern, CH-3123 Belp
                                                                                                           pen C/D über den von der NATO standardisierten Link 16. Zusätz-
      Verlagssupport: Daniel Jordi
      «Cockpit» erscheint monatlich am Ende des
                                                        Telefon: +41 31 960 22 49, Fax: +41 31 960 22 29
                                                        E-Mail: redaktion@cockpit.aero
                                                                                                           lich sorgt der taktische Datenlink TIDSL für die Verbindung innerhalb
      Vormonates.                                       Idee + Texte: Max Ungricht                         der eigenen Kampfeinheit. Um die immer grösser werdende Daten-
      Anzeigenverkauf                                   Fotos: Johann Janschitz (1), Peter Liander (2),
      Jordi AG – das Medienhaus                         Georg Mader (1), Saab (11)                         menge (Radar, Recce) in Echtzeit vom Flugzeug zur Bodenstation
      Christian Aeschlimann
      Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp                      Druckvorstufe                                      oder anderen Flugzeugen übermitteln zu können, wird ein Breit-
      Telefon +41 31 818 01 17                          TopDesk-Design, Hangweg 20, CH-3125 Toffen
      E-Mail: inserate@cockpit.aero                     Telefon: +41 (0)31 964 04 42,                      bandkommunikationssystem entwickelt. Die Tendenz, über breit-
                                                        E-Mail: e.schenk@topdesk-design.ch
      Aboservice
      Jordi AG – das Medienhaus
                                                        Layout: Elisabeth Schenk                           bandige Kommunikationsmittel zu verfügen, setzt sich auch bei an-
      Ursula Seifried Jordi                             Layoutkonzept/Druck/Vertrieb
      Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp                      Jordi AG – das Medienhaus                          deren Waffengattungen durch.
      Telefon +41 31 818 01 27                          Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp
      E-Mail: abo@cockpit.aero                                                                             Zusätzlich verfügt der Gripen E/F über ein militärisches Satelliten-
                                                        gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier
      Abonnementspreise                                 ISSN 0010-0110                                     kommunikationssystem (SATCOM) und ein drittes UHF/VHF-System.
      Inlandabo jährlich CHF 87.–
      Jugendabo für Schüler und Studenten                                                                  Damit können bis zu acht Teilnehmer gleichzeitig kommunizieren
      (mit Ausweis): CHF 52.–
                                                                                                           (passive Teilnehmer unbegrenzt).
Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft Gripen für die Schweiz - Die Plattform der Zukunft
Sie können auch lesen