Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...

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Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Rheinland-pfälzische Schule
                                            12/2018-01/2019
                                               Zeitschrift des
                             Verbandes Bildung und Erziehung
                                             Rheinland-Pfalz
                                    10.12.2018 / 69. Jahrgang

Mehr Gerechtigkeit wa(a)gen.
Damit Lehrer nicht sitzen bleiben.

Halbzeit –
die Bildungsministerin im Interview
> Werteerziehung und Demokratiebildung
> Lernen im Alter – immer schön neugierig bleiben!
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Mitgliederservice
                        Inhalt                                                               Editorial
                    Leitartikel                                                      3     Ein neuer Anfang
                    Magazin                                                          4
                                                                                                                            Irgendwann ist es vorbei.
                    Aktuell                                                          6                                      So erleichternd eine Fest-
                    Thema                                                            10                                     stellung wie diese manch-
                                                                                                                            mal auch klingt, sie deu-
                    Junger VBE                                                       20                                     tet immer auf eine Zäsur,
                    Berichte                                                         22                                     auf eine Grenzziehung
                                                                                                                            zwischen einem Ende und
                    Personalräte & Co.                                               26                                     einem Anfang.
                    Recht                                                            27
                                                                                              Hjalmar Brandt               In diesem Fall ist es das
                    Infos & Technik                                                  29                                    Ende meiner Tätigkeit als
                    VBE im Gespräch                                                  31    verantwortlicher Schriftleiter der Rheinland-pfälzischen
                                                                                           Schule. Man wird eben älter – und entfernt sich voneinan-
                    VBE Bund                                                         32    der.
                    Seniorinnen & Senioren                                           33
                                                                                           Für die vielfältige Unterstützung und Begleitung, für Kritik
                    Gratulation & Erinnerung                                         34    und Anregung, die ich von vielen erfahren durfte, sei Dank.
                    Termine                                                          36    Die RpS-Redaktion ist ein großartiges Team, ich bin stolz
                                                                                           auf diese kreative Zusammenarbeit über Jahre. Dank
                    Aus den Kreisverbänden                                           38    schulde ich auch dem nimmermüden Fotografenteam um
                    Zum Schluss ...                                                  39    Jan Roeder, dem Einfallsreichtum der Agentur Typoly und
                                                                                           der professionellen Umsetzung durch die Wilke-Medien-
                    IMPRESSUM                                                              gruppe. Und unserem Verlag, der VBE Bildungs-Service
                                                                                           GmbH.
                    12. Dezember 2018, 69. Jahrgang

                    Herausgeber Verband Bildung und Erziehung (VBE), Landes-               Jedes Ende ist ein Anfang neuer Möglichkeiten, neuer
                    verband Rheinland-Pfalz, Adam-Karrillon-Str. 62, 55118 Mainz,          Chancen und neuer Perspektiven. Das erleben wir, wenn es
                    Telefon: 0 61 31-61 64 22, Telefax: 61 64 25, info@vbe-rp.de
                                                                                           günstig läuft, auch in der Schulpolitik. Was wäre also ein
                    Redaktion:                                                             Anfang ohne ein notwendiges Ende? Keiner.
                    Hjalmar Brandt (verantwortlicher Schriftleiter) br, h.brandt@
                    vbe-rp.de, Elisa Engert ele (Chefin vom Dienst), e.engert@vbe-
                                                                                           Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich ein
                    rp.de, Dr. Markus Bachen mb (Veranstaltungen/Regionales),
                    m.bachen@vbe-rp.de, Frank Handstein fh (Reportage/Recht),              letztes Mal anregende Lektüre in dieser RpS-Ausgabe ...
                    f.handstein@vbe-rp.de, Marlies Kulpe mkl (Bildungspolitik/             bleiben Sie am Ball – die Bildung braucht Sie!
                    Rubriken), m.kulpe@vbe-rp.de, Klaus Schmidt kfs (Reportage/
                    Berufspolitik/Zum Schluss), k.schmidt@vbe-rp.de
                                                                                                                                       Hjalmar Brandt
                    Verlag: VBE Bildungs-Service GmbH, Adam-Karrillon-Str. 62,
                    55118 Mainz

                    Fotos/Grafik:                                                           Und schon wieder kein Kreuzworträtsel?
                    Fotostudio Jan Roeder: Titel, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 13, 14, 15, 17, 18,
                    26, 27, 28, Henning Henn: 12, Max-Planck-Gesellschaft/MPI für
                                                                                            Eigentlich ist es ja erfreulich: Die Redaktion erreichen
                    Bildungsforschung: 21, Marco Urban: 33, ContraPunto: 37, Eli-
                    sabeth Linsmayer-Keller: 38(2), Elisa Engert: 22,23, 25, 31 (2),        Anfragen, wo denn das Kreuzworträtsel am Ende der
                    37 (Grafik), Hjalmar Brandt: 2, 3, VBE-Archiv: 21, 32                   Ausgabe bleibe. Auch in dieser Ausgabe ist das so. Da
                                                                                            schwingt ein wenig Unverständnis und Ärger mit. Die
                    Die RpS erscheint zehnmal im Jahr. Für VBE-Mitglieder ist der Be-
                    zugspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Nichtmitglieder        Redaktion nimmt das als Kompliment. Der Mangel of-
                    bestellen beim Verlag zum Preis von 4,80 Euro vierteljährlich ein-      fenbart: Der RpS fehlt etwas.
                    schließlich Vermittlungsgebühren.

                    Redaktionsschluss 14.01.2019 für Heft 02/2019                           Leider ist unser „Rätselfuchs“ Klaus Schmidt noch ge-
                                                                                            sundheitlich außer Gefecht gesetzt. Wir alle hoffen,
                    Den Inhalt namentlich gezeich­neter Artikel verantworten deren
                                                                                            dass es ihm bald besser geht. Dann gibt es auch wieder
                    Verfasser. Nachdruck ist nur mit Zustimmung der Redaktion
                    und Quellenangabe zulässig. Für unverlangt eingesandte Ma-              das Kreuzworträtsel an gewohnter Stelle. Unsere Lese-
                    nuskripte besteht keine Gewähr.                                         rinnen und Leser sollten sich jetzt schon darauf freuen.
                                                                                            Das sind doch gute Perspektiven für das neue Jahr.
                    Gesamtherstellung, Anzeigenverwaltung Wilke Mediengruppe
                    GmbH, Oberallener Weg 1, 59069 Hamm, E-Mail: info@wilke-
                    mediengruppe.de                                                                                                             RED
                    ISSN: 1869 3717

                    Die nächste RpS ­erscheint am 7. Februar 2019.
     2                                                                                             Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Herausforderung                                    Inklusion –

                                                                                                                                          LeitartikeL
		 Bildungschancen
für alle gerecht gestalten
Kurz nach der Jahreswende jährt sich die Ratifizierung der      Im Schuljahr 1995/1996 wurde der Schulversuch auch auf
UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Nach             die Sekundarstufe I ausgeweitet – bei fast identischen
fast zehn Jahren fällt die Bilanz jedoch ernüchternd aus. Wir   Rahmenbedingungen.
müssen nach dieser relativ langen Zeit feststellen, dass es
in unserer aufgeklärten, modernen Gesellschaft, die dem         Voraussetzung dabei war, dass mindestens zwei
Einzelnen Freiheit, Würde und Lebenschancen bietet, kei-        beeinträchtigte Kinder in eine solche Integrati-
nesfalls eine Selbstverständlichkeit geworden ist, alle Men-    onsklasse, wie der fachspezifische Begriff laute-
schen gleichermaßen – ob mit oder ohne Handicap – am            te, aufgenommen werden konnten. In Ausnahme-
gesellschaftlichen Leben zu beteiligen.                         fällen durften bis zu vier Kinder in einer solchen
                                                                Klasse sein, wobei die Anzahl der Regelschulkin-
Zwar strebt die Landesregierung von Rheinland-Pfalz bis         der auf maximal 22 (in der Regel 18) begrenzt
zum Ende der Legislaturperiode an, dass 40 Prozent der          war!
Kinder mit Förderbedarf in Regelschulklassen unterrichtet
werden sollen. Es bleibt aber eine spannende Frage, unter       Die Lehrerzuweisung in den Klassen fünf und
welchen Bedingungen dies geschehen soll. Wir müssen lei-        sechs war eine gute Basis und sicherte die ge-
der konstatieren, dass eine kritische Position über die sach-   meinsame pädagogische Arbeit. Der durchgängig
gerechte Umsetzung der UN-Konvention in Rheinland-Pfalz         anwesende Regelschullehrer wurde von einem
mehr als angebracht ist.                                        Sonderpädagogen mit 23 Lehrerwochenstunden
                                                                (fast ein ganzes Deputat) unterstützt. Ab der sieb-
An allen Ecken und Enden fehlt die notwendige Personal-         ten Klasse wurde dieses Deputat auf 24 Lehrer-             Gerhard Bold
ausstattung. Erstmals konnten in diesem Schuljahr nicht         wochenstunden erhöht! Pro Integrationsklasse
alle vorhandenen Förderschullehrerstellen besetzt werden.       standen der Schule außerdem vier Anrechnungsstunden
                                                                für Aufgaben der Koordination und Kooperation zur Verfü-
Auf die Ursache näher einzugehen, wäre sicher aufschluss-       gung. Passende gemeinsame Fortbildung war eine Selbst-
reich. Grundlage für eine kritische Position des VBE sind die   verständlichkeit. Leider gehört dies der Vergangenheit an!
Erfahrungen, die die Kolleginnen und Kollegen aus der täg-
lichen Unterrichtspraxis berichten. Insbesondere beschrei-      Die Fähigkeit zur Toleranz beim Erleben von Anderssein in
ben sie eine Kluft zwischen politischem Anspruch und schu-      multikulturellen und heterogenen Lerngruppen und die Er-
lischer Alltagswirklichkeit. Sie alle wollen eine Förderung     ziehung zur Gewaltlosigkeit und zu solidarischem Handeln
aller Schülerinnen und Schüler auf hohem Niveau, müssen         sind allgemeine und grundlegende Ziele mit aktueller Be-
aber ständig erleben, dass die minimale Personalausstat-        deutung. So etwas muss mühsam erlernt werden. Das ist
tung dieses Ziel unmöglich macht.                               kein einfaches Unterfangen. Das braucht Zeit und viel an
                                                                individueller Zuwendung.
Sehr vielen fällt es schwer, diesen ständigen Konflikt auszu-
halten, sodass sie oft an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit     Inklusion muss wachsen, als ideelles Leitbild wie als mate-
stoßen. Auch viele Krankheitsfälle sind zu beklagen.            rielle Wirklichkeit.

Dabei hatte in Rheinland-Pfalz eigentlich alles gut angefan-    Wenn das Projekt Inklusion gelingen soll, muss sich Rhein-
gen: An 13 Grundschulstandorten konnten die Lehrerinnen         land-Pfalz ehrlich machen! Es muss klar sein, dass endlich
und Lehrer viele positive Erfahrungen mit dem gemeinsa-         eine solide personelle und sachliche Ausstattung Grundla-
men Unterricht und der gemeinsamen Erziehung von Kin-           ge der Projektausstattung sein muss. Und ohne den Ein-
dern mit und ohne Beeinträchtigung sammeln. Aber unter          satz multiprofessioneller Teams wird die Inklusion schei-
wesentlich günstigeren Bedingungen als heute.                   tern.
                                                                Es ist höchste Zeit, dass die Landesregierung jetzt liefert.
Zu den damaligen Gelingensbedingungen gehörten eine             Die Kolleginnen und Kollegen jedenfalls leisten tagtäglich
fast durchgängige gemeinsame Verantwortung eines Regel-         ihren Beitrag zum Gelingen der Inklusion.
schullehrers und eines Sonderpädagogen. Diese Ausstat-
tung ermöglichte durchgängiges Eingehen auf die Individu-       Der VBE bleibt dran – mit Biss!
alität eines jeden einzelnen Schülers und sicherte das ge-                                                 Gerhard Bold
meinsame Leben und Erleben in der Klassengemeinschaft.                                            VBE-Landesvorsitzender

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                                                  3
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Länder wollen Schulen schnell ins Netz bringen
Magazin

          Die Bundesländer wollen die Digitalisierung von Schulen        kann. Der Bund will den Kommunen ab dann für die
          und öffentlicher Verwaltung voranbringen und machen            nächsten fünf Jahre fünf Milliarden Euro zur Verfügung
          bei der Integration geduldeter Migranten in den Arbeits-       stellen, um Schulen ans schnelle Internet anzubinden
          markt Druck auf den Bund. Bei der Ministerpräsidenten-         und mit Hardware zur verstärkten Nutzung von On-
          konferenz (MPK) in Hamburg wurde Ende Oktober auch             line-Unterrichtsmethoden auszustatten.
          eine Erhöhung der Fördermittel für Hochschulen im Rah-
          men der Exzellenzinitiative gefordert.                         Vor allem Baden-Württembergs Ministerpräsident Win-
                                                                         fried Kretschmann (Grüne) hatte vor einem Eingriff in die
          Die Ergebnisse im Einzelnen: Beim DigitalPakt Schule hät-      Bildungshoheit der Länder gewarnt. Tschentscher beton-
          ten die Länder „einen sehr einvernehmlichen Fahrplan“,         te, dass die Ausgestaltung der Lerninhalte weiter im Zu-
          sagte der MPK-Vorsitzende, Hamburgs Bürgermeister Pe-          ständigkeitsbereich der Länder bleibe. Die Bundesmittel
          ter Tschentscher (SPD). Gemeinsam mit dem saarländi-           dienten nur der Hardwareausstattung und bildeten die
          schen Regierungschef Tobias Hans (CDU) zeigte er sich          Grundlage für die Länder, junge Menschen gut auf die Di-
          zuversichtlich, dass die nötige Grundgesetzänderung            gitalisierung und ihre Herausforderungen vorzubereiten.
          rechtzeitig zustande kommt, sodass die Umsetzung des
          Digitalpakts wie vom Bund geplant Anfang 2019 beginnen                                          dpa/Martin Fischer/RED

             So leben Kinder in Deutschland

                                                                         nicht verheiratet, der Anteil nahm in 20 Jahren von 83 auf
                                                                         74 Prozent ab.

                                                                         Die meisten Kinder sind gesund: Der Gesundheitszu-
                                                                         stand von Kindern und Jugendlichen hat sich in den ver-
                                                                         gangenen Jahrzehnten erheblich verbessert. Kindern aus
                                                                         sozial schwachen Elternhäusern geht es aber schlechter
                                                                         als anderen. „Eltern, die über ein hohes Einkommen ver-
                                                                         fügen, tun sich leichter, eine gesunde Lebensweise zu fi-
                                                                         nanzieren“, sagt Mareike Bünning vom Wissenschafts-
                                                                         zentrum Berlin für Sozialforschung. Mütter aus sozial
                                                                         schwachem Milieu rauchen häufiger in der Schwanger-
                                                                         schaft, stillen weniger. Ihre Kinder haben häufiger psychi-
                                                                         sche Probleme, treiben weniger Sport, ernähren sich un-
                                                                         gesünder und sind häufiger übergewichtig.
          Sie besuchen schlechtere Schulen, leben ungesünder
          und sind häufiger psychisch krank. Dass Kinder aus sozial      Mehr als ein Drittel mit Migrationshintergrund: 36 Pro-
          schwachen Familien in Deutschland schlechtere Chancen          zent der Kinder haben einen Migrationshintergrund, mehr
          haben, wird seit Jahren von Experten angeprangert. Ein         als 4,9 Millionen in absoluten Zahlen. „Diese Zahlen al-
          Blick in aktuelle amtliche Statistiken zeigt: Es hat sich zu   lein machen deutlich, dass Diskussionen, ob Deutschland
          wenig getan. Noch immer ist die Lebensqualität von Kin-        nun ein Einwanderungsland ist oder nicht, vollkommen
          dern stark durch die soziale Herkunft geprägt, wie aus         an der gesellschaftlichen Realität vorbeigehen“, sagt der
          dem am 13. November veröffentlichten „Datenreport              Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krü-
          2018“ hervorgeht. „Klassenpositionen“ würden vererbt,          ger. Diese Pluralität müsse anerkannt werden. Alarmie-
          kritisieren die Experten. Doch es gibt auch gute Nachrich-     rend sei, dass das Risiko, von Armut gefährdet zu sein,
          ten. Wie leben Kinder in Deutschland? Ein Überblick über       bei Kindern mit Migrationshintergrund dreimal höher sei.
          verschiedene Bereiche:
                                                                         Mehr Verfahren wegen Gewalt und Missbrauchs: Bei im-
          „Vater, Mutter, Kind“ ist weiter in: Die meisten Kinder        mer mehr Kindern werden Zeichen von Vernachlässigung,
          wachsen in Familien mit Vater, Mutter und Geschwistern         Gewalt und Missbrauch festgestellt. Das könne aber dar-
          auf. Das mag überraschen – die Statistik zählt hier aber       an liegen, dass Behörden und Gesellschaft sensibler ge-
          auch Patchwork- und Pflegefamilien dazu, also auch Stief-      worden sind, sagt Sibylle von Oppeln-Bronikowski vom
          eltern und Stiefgeschwister. Drei von vier Minderjährigen      Statistischen Bundesamt. Die Zahl der festgestellten aku-
          leben mit mindestens einem Bruder oder einer Schwester         ten und latenten Kindeswohlgefährdungen stieg in den
          zusammen. Immer häufiger sind die Eltern allerdings            vergangenen vier Jahren um 18 Prozent.

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Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Armut trotz guter Wirtschaftslage: Fast jeder sechste           die, die auf dem Gymnasium oder der Hauptschule ler-
Minderjährige ist armutsgefährdet. „Gerade für eine rei-        nen. Am wenigsten Spaß in der Schule haben Hauptschü-
che Volkswirtschaft wie Deutschland, deren wirtschaftli-        ler, am meisten Gymnasiasten und Grundschüler.

                                                                                                                              Magazin
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che Performance immer wieder gepriesen wird, ist das ein
mehr als beschämender Befund“, kritisiert Krüger vom            Freizeit heißt Freunde und Fernsehen: Mehr als 90 Pro-
Kinderhilfswerk. In den vergangenen Jahren seien trotz          zent der Kinder und Jugendlichen treffen sich mindestens
guter Wirtschaftslage kaum Fortschritte gemacht worden.         ein- bis zweimal pro Woche mit Freunden. Ähnlich beliebt
Für die Kinder bedeute das nicht nur materielle Entbeh-         ist Fernsehen. Bei anderen Hobbys zeigen sich soziale
rung, sondern soziale Ausgrenzung und weniger Teilhabe          Unterschiede: Hauptschüler treiben seltener Sport als
an der Gesellschaft.                                            Gymnasiasten, spielen seltener Musikinstrumente und le-
                                                                sen weniger Bücher. Bei Realschülern sind die Anteile
Bildungsstand der Eltern beeinflusst Schulwahl: Nur             kaum höher. Besonders beliebt sind Musik und Lesen da-
wenige Eltern mit Hauptschulabschluss schicken ihre Kin-        gegen in der Grundschule. Auffällig: Hauptschüler nutzen
der aufs Gymnasium. Umgekehrt haben nur wenige                  das Internet seltener als Gymnasiasten, spielen aber häu-
Hauptschüler Eltern mit Abitur oder Fachhochschulreife.         figer am Computer, Handy oder an der Spielekonsole.
Die Chancen von Kindern auf hohe Schulabschlüsse sind
also größer, wenn die Eltern selbst einen hohen Bildungs-       Mit Problemen gehen sie eher zur Mutter: Nahezu alle
stand haben. Etwas anders sieht es bei Kindern mit              Kinder und Jugendlichen sprechen mit ihrer Mutter regel-
Migrationshintergrund aus: Sie schaffen es häufiger aufs        mäßig über ihren Alltag, die große Mehrheit auch über
Gymnasium, auch wenn ihre Eltern einen Hauptschul-              Probleme und Ärger. Zum Vater gehen sie nicht ganz so
oder gar keinen Abschluss haben. Die meisten Eltern der         oft – die Hälfte der Kinder sucht aber auch hier regelmä-
Gymnasiasten mit Migrationshintergrund sind allerdings          ßig das Gespräch. Dabei fühlen sich die meisten Kinder
ebenfalls hoch gebildet.                                        ernst genommen: Rund 85 Prozent der Jungen und Mäd-
                                                                chen geben an, dass ihre Eltern sie bei wichtigen Ent-
Schule ist anstrengend: Der Großteil der Kinder und Ju-         scheidungen nach der Meinung fragen.
gendlichen geht im Grunde ganz gern zur Schule. Rund
die Hälfte fühlt sich danach aber erschöpft – besonders                                              dpa/Theresa Münch

   15 Minuten täglich Vorlesen bringt viel

Ein paar Minuten täglich können späteren Frust und Ärger        ben den Eltern können laut den Studienautoren auch
vermeiden oder mindern: Mit regelmäßigem Vorlesen               Grundschulen mit Angeboten außerhalb des Unterrichts
können Eltern ihren Kindern das Lesenlernen deutlich er-        die Lesebegeisterung und -kompetenz fördern. „Kinder
leichtern. Nach der „Vorlesestudie 2018“ der Stiftung Le-       sollten an jeder Schule auch Leseangebote für ihre Frei-
sen fällt etwa vier von fünf Kindern (78 Prozent), denen        zeit finden. Damit tragen Schulen zur Chancengleichheit
mehrmals die Woche oder auch täglich vorgelesen wurde,          bei“, heißt es in der Studie. Laut der Befragung gibt es
das Lesenlernen später in der Grundschule leicht. Von           hier aber noch Defizite. Fast jeder vierte Grundschüler (23
den Mädchen und Jungen, die diese Erfahrung selten              Prozent) kennt demnach keine Büchereien, Leseecken
oder nie gemacht haben, lernen nur 50 Prozent das Lesen         oder ähnliche Angebote an seiner Schule.
ohne Probleme. „Lesenlernen ist kein Kinderspiel. Vorle-
sen schafft die besten Voraussetzungen, damit Kinder                                                   dpa/Anja Sokolow
dieser Aufgabe in der Grundschule gewachsen sind“, sag-
te Antje Neubauer, Leiterin des Fachkuratoriums Bildung
der Deutsche Bahn Stiftung. Laut der Studie findet es fast
jedes dritte Kind (30 Prozent) nicht leicht, lesen zu lernen.
Bereits 15 Minuten Vorlesen täglich genügen demnach.
Die Studie wurde am 29. Oktober in Berlin vorgestellt.

Ohne Vorlesen – Kinder sind genervt und
ungeduldig
Nach der Untersuchung sind Kinder, denen nie vorgelesen
wurde, auch sehr ungeduldig, genervt und empfinden
das Lesenlernen als sehr anstrengend. Gut jedes zweite
Kind (53 Prozent) ohne Vorleseerfahrung sagt von sich, es
sei genervt, weil es dachte, Lesenlernen gehe schneller.
Von den Kindern, die täglich Märchen und Geschichten
gehört haben oder hören, sagten das nur 27 Prozent. Ne-

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                                     5
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Besserer      Übergang
Aktuell

          		 in Ausbildung mit

                     ansteigender
          Zuwanderungsgeneration
                                                                       Menschen mit Migrationshintergrund selbst in der dritten
                                                                       Generation seltener eine berufliche Ausbildung aufneh-
                                                                       men als Jugendliche ohne Migrationshintergrund.

                                                                       Im Vergleich zu Jugendlichen mit Migrationshintergrund,
                                                                       die der dritten Generation angehören, haben diejenigen
                                                                       der zweiten Generation erheblich geringere Chancen, er-
                                                                       folgreich in eine berufliche Ausbildung einzumünden. Ob-
                                                                       wohl auch sie bereits in Deutschland geboren sind, fallen
                                                                       ihre Schulabschlüsse im Schnitt deutlich niedriger aus,
                                                                       was ihre Aussichten auf einen Ausbildungsplatz mindert.
                                                                       Aber selbst bei gleichem Schulabschluss münden junge
                                                                       Migrantinnen und Migranten der zweiten Generation
                                                                       langsamer und seltener in eine Berufsausbildung ein als
                                                                       diejenigen der dritten Generation beziehungsweise als Ju-
                                                                       gendliche ohne Migrationshintergrund.

                                                                       Die geringsten Chancen auf einen erfolgreichen Übergang
          Jugendliche mit Migrationshintergrund, die der dritten       in eine Berufsausbildung haben Jugendliche der ersten
          Generation angehören, sind bei der Suche nach einem          Migrationsgeneration – sie sind im Ausland geboren und
          Ausbildungsplatz ebenso erfolgreich wie Jugendliche          selbst nach Deutschland zugewandert, meistens mit ihrer
          ohne Migrationshintergrund, wenn sie nach der 9. oder        Familie. Sie verfügen nochmals über deutlich niedrigere
          10. Klasse die allgemeinbildende Schule beenden und un-      Schulabschlüsse als Jugendliche der zweiten Generation.
          mittelbar eine berufliche Ausbildung anstreben. Sie mün-     Die größten Schwierigkeiten sind dabei für diejenigen zu
          den dann im Laufe von rund drei Jahren nach Schulbeen-       verzeichnen, die erst nach dem 6. Lebensjahr nach
          digung genauso oft und genauso schnell entweder in eine      Deutschland gekommen sind. Sie haben in der Schule am
          duale oder eine schulische Berufsausbildung ein. Bei der     schlechtesten abgeschnitten, bewerben sich verhältnis-
          dritten Generation handelt es sich um in Deutschland ge-     mäßig häufig nicht um eine Ausbildungsstelle und neh-
          borene Migrantinnen und Migranten, deren Eltern eben-        men insgesamt am seltensten eine Berufsausbildung auf.
          falls schon in Deutschland geboren sind, die Zuwande-        Allerdings sind diejenigen von ihnen, die bei Schulabgang
          rung erfolgte bereits durch die Großeltern.                  eine betriebliche Ausbildung anstreben, zumindest nach
                                                                       zwei bis drei Jahren relativ erfolgreich und münden häufi-
          Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat auf Basis    ger in eine berufliche Ausbildung ein als Jugendliche der
          von Daten des Nationalen Bildungspanels eine nach den        zweiten Migrationsgeneration.
          Migrationsgenerationen differenzierte Analyse der Über-
          gänge in eine Berufsausbildung durchgeführt. Zugrunde        Die Ergebnisse zeigen nach Auffassung des Autoren-
          liegen die Angaben von fast 6.000 Jugendlichen, die in       teams, dass die Herstellung gleicher Bildungschancen für
          den Jahren 2011 und 2012 nach der 9. oder 10. Klasse von     Migrantinnen und Migranten eine Aufgabe ist, die sich
          einer Regelschule abgegangen sind.                           über einen langen Zeitraum erstreckt und eine intensive
                                                                       Förderung der Jugendlichen nötig macht.
          Insgesamt haben Jugendliche mit Migrationshintergrund
          bei Verlassen der Schule seltener ein Interesse an der di-                                                  Bibb/RED
          rekten Aufnahme einer Berufsausbildung. Auch in der
          dritten Migrationsgeneration trifft dies, wenn auch sehr
          abgeschwächt, noch zu. Das hat zur Folge, dass junge

  6                                                                           Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
dbb-Landesleitung trifft Landesregierung

                                                             Gewalt gegen

                                                                                                                        Aktuell
Wir werden jeglicher
Beschäftigte im öffentlichen
Dienst vehement entgegentreten!
Der rheinland-pfälzische Ministerrat hat Mitte November      Sowohl der Landesregierung als auch dem dbb ist es
unter Leitung des stellvertretenden Ministerpräsidenten      wichtig, Betroffenen von Gewalt und Anfeindungen un-
Dr. Volker Wissing die Landesleitung des dbb beamten-        mittelbar im Nachgang eines Angriffs gezielte Hilfs- und
bund und tarifunion rheinland-pfalz getroffen. „Das tradi-   Unterstützungsmaßnahmen zu unterbreiten.
tionelle Treffen zwischen der Landesleitung des dbb und
der Landesregierung bietet die Möglichkeit, in großer        Besoldungsanpassungen
Runde über die aktuellen Themen zu sprechen, die einen       Bereits vor der Sommerpause hat sich die Landesregie-
gemeinsamen Bezug haben. Ich danke der Landesleitung         rung zu einem deutlichen Schritt bei der Besoldung ent-
des dbb und der Vorsitzenden Lilli Lenz für das offene und   schieden. „Die für den Bereich der Beschäftigten gelten-
konstruktive Gespräch“, so Wirtschaftsminister Dr. Volker    den Tarifergebnisse werden wir erneut für die Beamtin-
Wissing.                                                     nen und Beamten übernehmen. Darüber hinaus sehen wir
                                                             eine zusätzliche Erhöhung der Besoldung und Versorgung
Bei der Sitzung wurde über die Themen Gewalt gegen Be-       in den Jahren 2019 und 2020 um weitere jeweils zwei Pro-
schäftigte im öffentlichen Dienst, aktuelle Fragen der Be-   zent vor. Allein diese zusätzliche Anpassung ist im Ent-
soldung und Versorgung sowie die Rolle des Landes als        wurf für den Doppelhaushalt mit 50 Millionen Euro in
familienfreundlicher Arbeitgeber gesprochen.                 2019 und 150 Millionen Euro in 2020 unterlegt“, erklärte
                                                             Finanzministerin Doris Ahnen. Diese Verbesserungen sei-
Einig waren sich die Vertreterinnen und Vertreter der Lan-   en ein wichtiger Baustein für die Fachkräftesicherung im
desregierung und des Beamtenbundes angesichts zuneh-         öffentlichen Dienst. „Das Land positioniert sich mit der
mender Fälle von Übergriffen und Respektlosigkeit gegen      Besoldungsanpassung als attraktiver Arbeitgeber für die
Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Rettungskräfte oder     Zukunft“, so Ministerin Ahnen.
Feuerwehr, dass Angriffe und Beleidigungen scharf zu
verurteilen und konsequent zu verfolgen sind. Der dbb        Die Leitlinien der Landesregie-
begrüßt daher das Vorhaben der Landesregierung, vor-         rung zur Besoldungs- und Ver-
aussichtlich im Frühjahr 2019 eine Aktionswoche durch-       sorgungsanpassung 2019/2020
zuführen, in der die Leitungen der Ressorts in den Dienst-   sind für den dbb rheinland-pfalz
stellen das direkte Gespräch mit den Beschäftigten zum       ein wichtiger Schritt auf dem
Thema „Gewalt“ suchen werden und an deren Ende eine          Weg zu einer konkurrenzfähi-
gemeinsame Erklärung der Landesregierung mit den ge-         gen Bezahlung im öffentlichen
werkschaftlichen Spitzenorganisationen des öffentlichen      Dienst des Landes, wie der dbb
Dienstes stehen soll.                                        rheinland-pfalz ihn schon lange
                                                             gefordert hat. Die außerordent-
Die dbb-Landesvorsitzende Lilli Lenz stellte dazu fest:      lichen Linearanpassungen um
„Öffentliche Arbeitgeber müssen sich auch durch eine         jeweils zwei Prozent zur Jahres-
Unterstützung bei der Strafverfolgung vor betroffene Kol-    mitte 2019 und 2020 zusätzlich
leginnen und Kollegen stellen. Opfern muss beigestanden      zur zugesagten zeit- und in-
werden. Wir plädieren für eine entschiedene, vom öffent-     haltsgleichen Übertragung des
lichen Arbeitgeber unterstützte und vorgenommene             für nächsten März erwarteten
Strafanzeigenerstattung sowie für konsequente Strafver-      Ergebnisses der Ländertarifrun-
folgung. Ich freue mich über die geplante Aktionswoche       de auf Beamte und Versor-
gegen Gewalt und dass die Landesregierung unseren Vor-       gungsempfänger sind aus Ge-
schlag einer gemeinsamen Erklärung aufnimmt. Zusam-          werkschaftssicht dringend nö-
men setzen wir damit ein deutliches Signal gegen Gewalt      tig.
in unserer Gesellschaft.“

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                               7
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Frauenförderung/Familienfreundlichkeit                       Gleichstellung im öffentlichen Dienst und die bessere Ver-
            im öffentlichen Dienst                                       einbarkeit von Familie und Beruf erreichen“, so Familien-
            „Mit meiner Politik möchte ich die Durchsetzung der          ministerin Anne Spiegel. Verschiedene Studien, zum Bei-
Aktuelles

            Gleichberechtigung von Frauen und Männern und die Ver-       spiel auch die dbb-Bürgerbefragung „Öffentlicher Dienst
            besserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für        2018“, zeigen Benachteiligung von Frauen bei Beförde-
            Frauen und Männer im öffentlichen Dienst fördern“, un-       rungen. Obgleich mit den genannten Maßnahmen die
            terstrich Frauenministerin Anne Spiegel im Rahmen der        Frauenförderung im öffentlichen Dienst vorangebracht
            gemeinsamen Sitzung mit der Landesleitung des dbb. „Zu       wurde, hat der Ministerrat zur weiteren Verbesserung der
            diesem Zweck haben wir eine Vielzahl von Maßnahmen           Situation beschlossen, ein strategisches Konzept zur Per-
            ergriffen. Dazu gehören beispielsweise großzügige Rege-      sonalplanung für den Bereich der Frauenförderung zu er-
            lungen bei Kern- und Gleitzeiten. Auch mit den Gleichstel-   stellen.
            lungstagen, mit dem Mentoring-Programm „Mehr Frauen
            an die Spitze“ und mit dem Modellprojekt „Führen in Teil-    Der öffentliche Dienst sei vorbildlich bei der Förderung
            zeit – FiT“ wollen wir bessere Voraussetzungen für die       der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, stetige Verbes-
                                                                         serungen durch Flexibilisierungen von Arbeitszeit und Ar-
                                                                         beitsort sind dabei nicht ausgeschlossen, so die dbb-
                                                                         Landesvorsitzende Lilli Lenz. „Aber ‚weiche’ Arbeitgeber-
                                                                         faktoren sind nicht alles, auch die ‚harten’ Beschäfti-
                                                                         gungsbedingungen wie Bezahlung und Karriereperspek-
                                                                         tive müssen stimmen. Ein ‚Karriereknick’ durch Familien-
                                                                         gründung wird heute auch gesellschaftlich nicht mehr
                                                                         akzeptiert. Wir setzen uns für weitere Fortentwicklungen
                                                                         ein.“ Das gelte auch für die Frauenförderung. „Tatsächli-
                                                                         che Entgeltgleichheit, mehr Frauen in Führungspositionen
                                                                         des öffentlichen Dienstes und der Ausbau qualifizierter
                                                                         Teilzeitarbeitsplätze sowie alternierender Telearbeit sind
                                                                         dabei für uns wichtige Schlagworte, über die wir mit der
                                                                         Landesregierung weiter im Dialog bleiben.“
                                                                                                                         dbb/RED

               forsa-Umfrage im Auftrag des VBE offenbart:

            Werteerziehung
            in Schule ist für Eltern und Lehrkräfte
                   von enormer Bedeutung
            Für die Umsetzung fehlt es häufig an den                     Für die Studie wurden von der Universität Tübingen unter
            notwendigen Gelingensbedingungen                             Leitung von Dr. Martin Drahmann und Prof. Dr. Colin Cra-
                                                                         mer in Kooperation mit forsa 1.111 Eltern schulpflichtiger
            Am Freitag, dem 9. November 2018, wurden die Ergebnis-       Kinder sowie 1.185 Lehrerinnen und Lehrer an allgemein-
            se der repräsentativen forsa-Umfrage zum Thema Wer-          bildenden Schulen befragt. Die Ergebnisse liefern erst-
            teerziehung und Wertorientierung vom VBE-Bundesvor-          mals einen Abgleich zwischen den Erwartungen von El-
            sitzenden Udo Beckmann in Berlin vorgestellt. Befragt        tern und den Einschätzungen von Lehrkräften zu diesem
            wurden Eltern und Lehrkräfte, die deutlich zum Ausdruck      Thema. Die Befragten sahen klare Defizite bei der Umset-
            brachten, wie wichtig ihnen das Thema Werteerziehung         zung von Bildungs- und Erziehungszielen. Den Grund da-
            und eine Orientierung an den gesetzlich verankerten Bil-     für sehen Eltern wie Lehrkräfte vor allem in einer unzurei-
            dungs- und Erziehungszielen in Schule sind. Mit der Um-      chenden Berücksichtigung im Lehrplan. Bezeichnend sei
            frage will der VBE Impulse für eine Wertedebatte setzen      laut Beckmann, dass die Umsetzung bestimmter Ziele ge-
            und fordert die Etablierung eines Wertekanons.               nau dort gelinge, wo diese im Lehrplan integriert seien.
                                                                         Sowohl Eltern als auch Lehrkräfte beurteilen die prakti-

  8                                                                             Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
sche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema,                  Der VBE fordert:
etwa in Form von Projektwochen oder Workshops, als
zweitwichtigsten Grund für das Erreichen bestimmter                >> d ie feste fächerübergreifende Verankerung und deut-

                                                                                                                                                                                         Aktuelles
Werteerziehungsziele.                                                  lich stärkere Priorisierung aller Erziehungs- und Bil-
                                                                       dungsziele in den Lehrplänen von Schulen, und zwar
Über 90 Prozent der Eltern geben für 8 der 16 abgefragten              fächerübergreifend,
Bildungs- und Erziehungsziele an, dass ihnen diese (sehr)          >> mehr Flexibilität, freie Gestaltungsräume und vor al-
wichtig sind, über 90 Prozent der Lehrkräfte erachten so-              lem mehr Zeit für Schule, um Werteerziehung zu im-
gar 12 der 16 Ziele als (sehr) wichtig. Ebenso viele vertre-           plementieren und erlebbar machen zu können,
ten die Meinung, dass auch in einer multikulturellen Ge-           >> basierend auf einem Diskurs von Politik und Gesell-
sellschaft bestimmte Werte für alle Menschen, die hier                 schaft die Verständigung auf einen gemeinsamen
leben, gelten müssen. Daher fordert Udo Beckmann:                      Wertekanon, der Orientierung für alle Schülerinnen
„Schule ist ein Ort, der Schülerinnen und Schülern eine                und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern bietet,
Orientierung in der Ausbildung ihrer Wertehaltung geben            >> entschiedenes Handeln von der Politik, welches für
soll und muss. Deshalb muss für Schule ein universell                  die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen, Rah-
geltender Wertekanon an zu vermittelnden Werten gel-                   menbedingungen und Unterstützungsleistungen
ten.“                                                                  sorgt, u. a.:
                                                                   		● die Einsetzung multiprofessioneller Teams,
Gerhard Bold, Landesvorsitzender des VBE Rhein-                    		● d en Ausbau von qualitativer, werteorientierter
land-Pfalz, äußerte sich zu den Ergebnissen: „Sowohl die                  Ganztagsschule und
historischen Ereignisse dieses Datums – der Beginn der             		● adäquate Voraussetzungen für die Erziehungspart-
Novemberpogrome und der Fall der Berliner Mauer – als                     nerschaft zwischen Lehrkräften und Eltern,
auch die aktuellen gesellschaftlichen Tendenzen machen             >> ein verbessertes, intensiveres und standardisiertes
eine Diskussion über Werte- und Demokratieerziehung so                 Angebot von Veranstaltungen zur Werteerziehung in
bedeutsam und notwendig – mehr denn je. Wir müssen                     allen Phasen der Lehreraus- und -fortbildung, welches
die Signale wahr- und ernst nehmen: Eine Verrohung der                 die intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen
Sprache, zunehmende Gewalt gegen Lehrkräfte und be-                    Werteverständnis zum Ziel hat,
drückende, rechtsradikale Gewalttaten wie zuletzt in               >> die Bereitstellung einer zeitgemäßen technischen In-
Chemnitz machen deutlich, dass sich unsere Gesellschaft                frastruktur an Schule, um einen reflektierten Umgang
wieder stärker an freiheitlich-demokratischen Werten ori-              mit Medien als einem wichtigen Akteur bei der Werte-
entieren muss – allen voran der Nachwuchs, der in unse-                vermittlung fördern zu können,
ren Schulen sitzt. Daher ist es elementar, dass Werteer-           >> ein verstärktes gesellschaftliches Engagement, wel-
ziehung ein Bestandteil im Unterricht sein muss: Fächer-               ches außerschulische Angebote an Schule heranträgt
übergreifend, projekt- und praxisorientiert – mit der re-              und Lehrerinnen und Lehrer bei der Werteerziehung
sourciellen und finanziellen Unterstützung der Politik.“               unterstützt.

In der Stärkung und Unterstützung der Schulen seitens              Die ausführlichen Ergebnisse der forsa-Umfrage sowie
der Politik sieht VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann              weitere Informationen finden Sie unter www.vbe.de
die Chance, gerade diejenigen jungen Menschen in ihrer
Entwicklung einer reflektierten Wertehaltung zu fördern,                                                                                   VBE Bund/ele
bei denen dies durch deren sozialen oder kulturellen Hin-
tergrund nicht ausreichend gegeben ist. Nur so kann ne-
gativen Auswirkungen auf die weitere Biografie dieser
jungen Menschen und der Gesamtgesellschaft                                                                                            Eltern                              Lehrkräfte
entgegengewirkt werden.
                                                       Bildungs- und Erziehungsziel                                   Bedeutung* in % Erreichung* in % Bedeutung* in % Erreichung* in %
                                                       Eigenverantwortliches Handeln                                                  96                 56                 98                    45
„Die Politik muss die Ernsthaftigkeit ihrer Forde-     Förderung des selbstständigen Lernens                                          94                 53                 94                    45

rungen nach mehr Werte- und Demokratieerzie-           Erwerb sozialer Kompetenzen                                                    93                 56                 98                    62
                                                       Förderung der Persönlichkeitsentwicklung                                       92                 46                 95                    57
hung an Schule belegen – mit dem notwendigen           Erwerb von Konfliktfähigkeiten / der friedliche Umgang mit
Gestaltungsfreiraum für Lehrkräfte. Werte müs-         Konflikten                                                                     92                 56                 97                    54
                                                       Anerkennung gesellschaftlicher Grundwerte                                      91                 53                 96                    56
sen erlebt und gelebt werden, dafür braucht es
                                                       Achtung der Menschenrechte                                                     91                 59                 97                    62
weniger starre Strukturen und stattdessen mehr         Vorbereitung auf das zukünftige Leben                                          91                 33                 92                    44
Flexibilität und vor allem mehr Zeit. Der sich än-     Schaffung von Verantwortungsbewusstsein für Natur und
                                                       Umwelt                                                                         89                 48                 94                    38
dernde Alltag in der Gesellschaft und damit ver-       Einüben von Toleranz                                                           86                 55                 97                    57
bunden die zunehmenden Erziehungsaufgaben              Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern                                  83                 59                 91                    66
                                                       Orientierung an der freiheitlich-demokratischen
für Schule müssen Platz finden im starren Kor-         Grundordnung/ Demokratieerziehung                                              82                 46                 95                    57
sett der Leistungsorientierung. Nur so können          Einsatz für den Frieden                                                        72                 35                 86                    33
junge Menschen eine an der freiheitlich-demo-          Anerkennung von kultureller Vielfalt                                           70                 55                 89                    57
                                                       Orientierung an Leistungsfähigkeit                                             61                 51                 59                    43
kratischen Grundordnung orientierte Wertehal-
                                                       Förderung der Heimatverbundenheit                                              45                 27                 30                    19
tung entwickeln“, so Beckmann.
                                                       * Die Zahlen stellen die Werte 1 und 2 auf einer Skala von 1 = sehr wichtig bis 6 = völlig unwichtig (Bedeutung der Ziele) bzw. 1 = wird
                                                       voll und ganz erreicht bis 6 = wird überhaupt nicht erreicht (Erreichung der Ziele) dar; Quelle: forsa

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                                                                                                 9
Halbzeit - die Bildungsministerin im Interview - des VBE ...
Halbzeit
Thema

          die rheinland-pfälzische
        Bildungsministerin
          Stefanie Hubig
              im Interview

10                       Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019
Nach der letzten Landtagswahl 2016 hat Rheinland-Pfalz eine Koalitionsregie-
    rung aus SPD, FDP und BÜNDNIS90/Die Grünen. Dieser „Mainzer Ampel“ gehört

                                                                                                                                    Thema
    als Staatsministerin für Bildung die promovierte Juristin Stefanie Hubig an. Für die
    Schul- und Bildungspolitik war diese Besetzung einer Schlüsselposition in der Lan-
    desregierung eine echte Überraschung, von manchem skeptisch beäugt. Sie war
    selbst für bildungspolitisch Eingeweihte ein völlig unbeschriebenes Blatt, obgleich
    sie durch ihre vorherigen Ämter in Rheinland-Pfalz und in der Bundesregierung ei-
    nige politische Erfahrung aufweisen kann.

    Die Hälfte der Legislaturperiode ist vorbei. Wie hat sich Stefanie Hubig eingearbei-
    tet? Was hat von den schulpolitischen Zielsetzungen im Koalitionsvertrag umge-
    setzt, was ist noch offen? Über Fragen wie diese sprach die RpS-Redaktion ausführ-
    lich mit der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin.
                                                                                                                     RED

Die Legislaturperiode dieser Landesregierung ist zur             spricht Ihr Haus wieder von einer Unterrichtsversorgung
Hälfte vorbei. Sie waren als neue Bildungsministerin             auf „hohem Niveau“. Haben Sie sich von diesem zentra-
selbst für Kenner der Szene anfangs ein schulpolitisch           len politischen Versprechen – der 100-Prozent-Unter-

                                                                                                                                 Halbzeit
völlig unbeschriebenes Blatt. Fühlen Sie sich mittlerweile       richtsversorgung – verabschiedet?
als Juristin wohl in Ihrem Amt als Bildungsexpertin? Ha-
ben Sie die Hälfte von dem erreicht, was Sie sich vorge-         Selbstverständlich bleiben die 100 Prozent weiter unser
nommen haben oder was man Ihnen vorgegeben hat?                  Ziel. Daran arbeiten wir sehr ernsthaft. Und bei der struk-
                                                                 turellen Versorgung sind die 100 Prozent gar nicht mehr
Ich bin sehr gerne Bildungsministerin. Nach zweieinhalb          weit entfernt. Auch in diesem Jahr legen wir wieder sehr
Jahren habe ich das Gefühl, in diesem Amt, in dieser Aufga-      gute Zahlen vor.
be wirklich angekommen zu sein. Dazu hat gehört und ge-
hört immer noch, sich das nötige Fachwissen anzueignen.          Im Übrigen gibt es für mich bei der Unterrichtsversorgung
Wichtig war mir aber auch, gute Partnerschaften zu allen         eine Pflicht und eine Kür. Die Pflicht ist das, was die Stun-
aufzubauen, die an der frühkindlichen und schulischen Bil-       dentafel vorsieht mit den Differenzierungen. Die Kür bilden
dung in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus beteiligt sind.       die freiwilligen Lernangebote. Im Übrigen erinnere ich dar-
                                                                 an, dass in Rheinland-Pfalz alle Planstellen an Grundschu-
Ich habe seit Amtsantritt über 100 Schulen besucht, dazu         len, Integrierten Gesamtschulen, Realschulen plus und
sehr viele Kitas. Ich habe hier wie dort viele, sehr engagier-   Gymnasien mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften
te und qualifizierte Menschen kennenlernen dürfen. Ich           besetzt wurden. Wir setzen also nicht nur auf Quantität,
sehe mich als Teamarbeiterin eines, zugegeben sehr gro-          sondern auch auf Qualität bei der Unterrichtsversorgung.
ßen, Teams mit Lehrkräften, Personalräten, den Eltern- und
Schüler(innen)-Vertretungen, Verbänden, Gewerkschaften
und natürlich auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen in        Laut Koalitionsvertrag wollten Sie Grundschulen mög-
der Politik. Natürlich gibt es immer Kritik, aber es gibt auch   lichst wohnortnah erhalten. Der Landesrechnungshof
viel Zuspruch. Ich denke z. B. an die Feriendurchbezahlung       hatte Vorgaben gemacht. Es sollten, wo dies nicht mög-
für befristete Arbeitsverträge in der Schule, die MINT-Stra-     lich ist, gute Alternativen aufgezeigt werden. Daraus ist
tegie oder auch an die Fortführung der Altersteilzeit für        eine heftige Auseinandersetzung vor allem mit den
Lehrkräfte. Das waren alles keine Selbstverständlichkeiten,      Schulträgern geworden. Hat es sich gelohnt, dieses
sondern harte Arbeit.                                            „Fass“ aufzumachen, oder hat das Ganze eher zu einer
                                                                 Blamage für die Landesregierung und für Ihr Haus ge-
Also: Wir haben bereits mehr als zwei Drittel abgearbeitet       führt? Würden Sie das Vorhaben nach diesen Erfahrungen
von dem, was uns der Koalitionsvertrag 2016 aufgetragen          noch einmal aufgreifen?
hat. Aber die Schul- und Bildungspolitik ist ein Prozess und
es gibt immer etwas zu tun. Wir arbeiten daran, weiter bes-      Es war sicher eine sehr kontroverse Debatte, aber vor al-
ser zu werden.                                                   lem war es ein dialogorientierter Prozess mit einem für uns
                                                                 akzeptablen Ergebnis. Ich sehe also keine Blamage. Unser
Sie wollten die Unterrichtsversorgung verbessern und             Ziel war eine Überprüfung der Grundschulen unter der Vo-
streben eine 100-prozentige Versorgung an. Davon ist sei-        raussetzung, dass „kurze Beine – kurze Wege“ weiter gel-
tens der Landesregierung nichts mehr zu hören. Jetzt             ten muss.

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                                         11
Thema

        Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig im Interview mit dem RpS-Schriftleiter Hjalmar Brandt

                Außerdem hat die ein oder andere kleine Grundschule im                Wie Sie wissen, sind Förderschullehrkräfte nicht nur in
                Zuge dieser Debatte auch profitiert. Es gab Schulträger,              Rheinland-Pfalz knapp. Wir versuchen, dieses Problem
                die wachgerüttelt wurden und die Ausstattung verbessert               unter anderem dadurch anzugehen, dass wir Förderschul-
                oder renoviert haben, um den Standort zu stärken. Das                 lehrkräften in der Ausbildung frühzeitig Beschäftigungs-
                ist doch sehr erfreulich.                                             möglichkeiten in Aussicht stellen und Vorabzusagen er-
                                                                                      teilen. Mit Erfolg übrigens. Die Zahl derer, die nach ihrer
                Im Rahmen der Inklusion sind Förder- und Beratungszen-                Ausbildung in Rheinland-Pfalz in andere Länder abwan-
                tren aufgebaut worden. Nicht wenige haben den Ein-                    dern, liegt im einstelligen Bereich.
                druck, dass dies auf Kosten bestehender inklusiver An-
                gebote gegangen ist, z. B. zulasten der Integrierten För-             Es ist auch klar, dass Inklusion eine Daueraufgabe ist.
                derung an Grundschulen. Haben Sie kein Geld, oder ist                 Und wir arbeiten auch sehr ausdauernd daran, die Rah-
                das Konzept noch nicht ausgereift? Wird das große Vor-                menbedingungen weiter zu stärken. Das machen wir na-
                haben Inklusion insgesamt eher auf „Sparflamme“ ge-                   türlich – wie eingangs erwähnt – im Team, also mit denen,
                kocht?                                                                mit denen wir im schulpolitischen Diskurs stehen und uns
                                                                                      manchmal auch streiten. Aber das gehört dazu.
                Inklusion ist eine Aufgabe der Schule an sich und jeder
                Lehrerin und jedes Lehrers. Es geht darum, wie wir Kin-               Sie wollen die Realschule plus stärken, unter anderem
                dern die beste Teilhabe an unserer Gesellschaft ermögli-              durch neue Funktionsstellen und einen zusätzlichen Stu-
                chen. Dass wir in der Praxis jeweils individuelle Lösungen            dientag, aber auch durch die Möglichkeit einer Wechsel-
                finden müssen, um diesen zutiefst menschlichen Grund-                 prüfung für GHS-Lehrkräfte, sodass diese in A 13 einge-
                satz in die Tat umzusetzen, liegt auf der Hand. Und das               stuft werden können. Dieses vom VBE gerichtlich durch-
                kochen wir nicht auf Sparflamme. Der rheinland-pfälzi-                gesetzte Verfahren soll in der Legislaturperiode
                sche Weg – die Eltern entscheiden, auf welche Schule ihr              abgeschlossen werden. Schaffen Sie das?
                Kind geht – ist pragmatisch und zielorientiert. Vor allem
                halte ich ihn für richtig.                                            Als ich mein Amt angetreten habe, habe ich das Urteil des
                                                                                      Bundesverwaltungsgerichts vorgefunden. Und selbstver-
                Wir haben auch die Ausbildung der Lehrkräfte neu gestal-              ständlich gibt es daran nichts zu rütteln. Ich respektiere
                tet. Jede angehende Lehrerin und jeder künftige Lehrer                auch den Erfolg, den der VBE in dieser Angelegenheit si-
                absolviert ein Praktikum an einer Förderschule oder einer             cher hat. Es ist ein Stück mehr Gerechtigkeit, dass wir un-
                Schwerpunktschule. Alle Lehrkräfte werden also mit den                ter den Lehrkräften geschaffen haben.
                besonderen Fragestellungen der Förderpädagogik ver-
                traut. Das ist eine wichtige Grundlage für Schnittmengen              Ich habe mich mit Erfolg für eine schnelle Umsetzung en-
                der unterschiedlichen pädagogischen Bereiche.                         gagiert und das, so denke ich, auch zur Zufriedenheit der

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Verbände. Wir haben es gemeinsam geschafft. Alle Lehr-         Digitale Bildung und der Erwerb digitaler Kompetenzen
kräfte, die 2015 und 2016 ihre Wechselprüfung II absol-        entscheiden über Berufs- und Lebenschancen. So steht
viert haben, konnten in A 13 eingestuft werden. Dafür wa-      es im Koalitionsvertrag der Landesregierung. Sie wollten

                                                                                                                                Thema
ren im Doppelhaushalt 2017/2018 insgesamt 1.200 Stel-          die Hardwareausstattung verbessern, ebenso die Fortbil-
len bereitgestellt worden. Für den kommenden                   dung der Lehrkräfte. Die Grundschulen sind dabei ein
Doppelhaushalt haben wir weitere 700 Stellen einge-            Schwerpunkt. Nach wie vor sind aber viele Schulen man-
plant, um alle Lehrkräfte in A 13 einzustufen, die ihre        gelhaft ausgestattet, die Landesregierung zeigt mit dem
Wechselprüfung II erfolgreich ablegen.                         Finger auf die Schulträger. Wie wollen Sie angesichts
                                                               solcher Mängel bis 2021 die Digitalisierung der Schulen
Wie lässt sich zwischen Akademisierung und Fachkräfte-         vorantreiben? Wer übernimmt die professionelle War-
mangel wieder ein Gleichgewicht herstellen? Welche An-         tung?
reize muss es für junge Leute geben, damit diese sich
wieder vermehrt für einen Ausbildungsberuf entschei-           Die Grundschulen sind ein neuer Schwerpunkt, nachdem
den? Welche Handlungsmöglichkeiten sehen Sie dabei             bereits nahezu alle weiterführenden Schulen an unserem

                                                                                                                             Halbzeit
für die Landesregierung?                                       Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“ teil-
                                                               genommen haben. Weil Kinder immer früher mit der digi-
Der demografische Wandel und grundlegende Verände-             talen Welt und ihrer Medienvielfalt konfrontiert werden,
rungen der Arbeitswelt, etwa durch die Digitalisierung,        muss auch die Medienkompetenzbildung früher begin-
stellen uns vor die Herausforderung, gute Fachkräfte für       nen. Medienkompetenz ist das Stichwort: Man darf das
alle Bereiche der Arbeitswelt auszubilden. Nicht nur vor       digitale Lernen und Lehren nicht auf Hardwarefragen re-
diesem Hintergrund sind viele Ausbildungsberufe nach           duzieren. Es geht um mehr und gleichzeitig wird es immer
wie vor sehr attraktiv und bieten zahlreiche Chancen zur       beim Primat des Pädagogischen bleiben. Gleichwohl stel-
beruflichen Entfaltung und Weiterentwicklung.                  len sich diese Fragen natürlich. Und ja, grundsätzlich sind
                                                               die Träger für die Ausstattung der Schulen zuständig. Wir
Das muss man immer wieder deutlich machen und beto-            zeigen aber nicht mit dem Finger, sondern reichen die
nen. Wir tun das in Rheinland-Pfalz etwa im Zuge unserer       Hand.
MINT-Strategie oder durch eine gezielte Berufsorientie-
rung an den Schulen. Zu den Maßnahmen der beruflichen          Im Rahmen von Medienkompetenz unterstützen wir
Orientierung zählen der verbindliche Tag der Berufs- und       Schulen auch bei der Ausstattung. So erhält jede Grund-
Studienorientierung an allen weiterführenden Schulen,          schule – 262 sind es bereits –, die in das Programm auf-
das Langzeitpraktikum Praxistag, an dem in Rhein-              genommen wird, ein Ausstattungsbudget von 7.500 Euro.
land-Pfalz jährlich ca. 9.000 Schülerinnen und Schüler         Wir haben die Mittel für den Bereich Digitalisierung im
teilnehmen, oder die Potenzialanalyse, die an Schulen          kommenden Doppelhaushalt nochmals enorm ausgewei-
mit Berufsreife bereits in der 7. Klasse eine erste stärken-   tet. Rund 17 Millionen Euro pro Jahr sollen dafür künftig
orientierte Rückmeldung zu Potenzialen und Interessen          zur Verfügung stehen. Außerdem soll der angekündigte
liefert.                                                       Digitalpakt des Bundes neue Möglichkeiten eröffnen. Wir
                                                               hoffen, dass Berlin nach all den Gesprächen jetzt schnell
                                                               liefert.

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                                     13
Thema

        Vor allem halte ich es aber für falsch, dass bei dieser und   2019/2020 für Kitas und Schulen zur Verfügung. Wir neh-
        anderen Zukunftsfragen immer und immer die vermeintli-        men also insgesamt nochmals deutlich mehr Geld in die
        chen Mängel in den Vordergrund gestellt werden. Wir ste-      Hand, um die Bildungslandschaft von der Kita bis in Aus-
        hen in Rheinland-Pfalz sehr gut da, das bestätigen uns        bildung oder Studium zu stärken.
        Studien regelmäßig, wir haben aber letztlich auch noch
        viele Herausforderungen vor uns. Und weil das so ist,         Thema Lehrermangel: Wie konnte es passieren, dass es
        muss man das auch sagen: Das haben wir gemeinsam mit          – geradezu aus heiterem Himmel – zu echten Engpässen
        dem Pädagogischen Landesinstitut, den Trägern und vor         auf dem Lehrerarbeitsmarkt und schlussendlich bei der
        allem ganz vielen engagierten Schulleitungen und Lehr-        Unterrichtsversorgung kommt? Wer hat sich verrechnet
        kräften geschafft. Ganz grundsätzlich würde ich mir für       – die Statistiker oder die Kämmerer? Was tut die Landes-
        diese Engagierten und für die Sache an sich wünschen,         regierung, um neue Lehrerinnen und Lehrer zu gewin-
        dass man im allgemeinen Diskurs bei vielen Themen zu          nen? Was unternehmen Sie gegen Abwanderung? Muss
        einer Kultur der Ermutigung findet, anstatt zu entmutigen     es nicht auch finanzielle Anreize geben, um mit den an-
        oder zu katastrophieren.                                      deren Ländern konkurrieren zu können?

        Der nächste Doppelhaushalt steht zur Beratung und Ver-        Ich habe ja schon darauf hingewiesen: Wir leben in Rhein-
        abschiedung im Landtag an. Welche sind Ihre schulpoli-        land-Pfalz; im Gegensatz zu vielen anderen Bundeslän-
        tischen Schwerpunkte im nächsten Doppelhaushalt               dern konnten auch zu diesem Schuljahr erneut alle Plan-
        2019/2020?                                                    stellen an Grundschulen, Gymnasien, Realschulen plus
                                                                      und Integrierten Gesamtschulen mit grundständig ausge-
        Ein Schwerpunkt ist ganz klar die weitere Verbesserung        bildeten Lehrkräften besetzt werden. Eine Ausnahme wa-
        der Personalausstattung an unseren Schulen. Jedes Jahr        ren die Förderschulen, dort blieben zum Schuljahresstart
        kommen 130 Stellen für die Unterrichtsversorgung hinzu,       zunächst 20 Stellen unbesetzt, aber auch hier konnte be-
        dazu kommen 80 Stellen für die sogenannten Feuer-             reits jetzt das Gros abgearbeitet werden und wir sind op-
        wehr-Lehrkräfte und 50 Stellen für Sprachförderlehrkräfte.    timistisch, dass spätestens zum Halbjahr alle Stellen be-
                                                                      setzt sein werden.
        Aber es soll nicht nur quantitative, sondern auch qualita-
        tive Verbesserungen geben. Etwa mit den didaktischen          Rheinland-Pfalz ist vom Fachkräftemangel bisher also
        Koordinatorinnen und Koordinatoren an den Realschulen         nicht im gleichen Ausmaß betroffen, wie viele unserer
        plus oder der Möglichkeit weiterer Beförderungen im Zuge      Nachbarländer, was im Umkehrschluss bedeutet: Wir sind
        der Wechselprüfung II. Dann wollen wir den Ansatz rund        sehr konkurrenzfähig.
        um Maßnahmen, die man unter der Überschrift „digitale
        Bildung“ fassen kann, ganz massiv ausweiten.                  Und ich habe auch eine Erklärung dafür: Wir bilden in allen
        Das sind aber nur zwei Beispiele, insgesamt stehen über       Schularten aus, stellen trotz sinkender Schülerzahlen kon-
        4,6 Milliarden Euro im Entwurf des Doppelhaushalts            tinuierlich ein, machen verbindliche Vorabzusagen bereits

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in der Ausbildung, bieten Perspektiven und binden so die      piert. In anderen Bundesländern beginnen Grund-
Lehrerinnen und Lehrer von morgen. Außerdem bieten wir        schul-Lehrkräfte ihre Laufbahn regelmäßig in A 12, Stufe 1
gute Rahmenbedingungen, die sich etwa in der Schü-            und die Lehrkräfte werden in Rheinland-Pfalz grundsätz-

                                                                                                                               Thema
ler-Lehrer-Relation abbildet, die sich seit Jahren kontinu-   lich verbeamtet.
ierlich verbessert. Wir haben außerdem eines der jüngs-
ten Lehrerkollegien bundesweit, die im Durchschnitt           Die Zunahme rechtspopulistischer und demokratiefeind-
kleinsten Grundschulklassen.                                  licher Tendenzen in unserem Land wird auch auf einen
                                                              Mangel an politischer Bildung zurückgeführt. Wie kann
Ein Pro ist auch, dass wir an der Verbeamtung von Lehr-       die Demokratie auch in der Schule gestärkt werden, nur
kräften festhalten, was ja längst nicht mehr in allen Bun-    durch mehr politische Bildung?
desländern der Fall ist. Und man muss hierbei anfügen,
dass die Landesregierung eine Besoldungserhöhung für          Lassen Sie uns doch mal positiv sein und sagen, dass un-
Beamtinnen und Beamte angekündigt hat: zweimal zwei           sere Schulgemeinschaften auch im Kontext der politischen
Prozent zusätzlich zur Übertragung des Tarifabschlusses       Bildung sehr gute, vielfältige Arbeit machen: im Unter-
im öffentlichen Dienst.                                       richt, in Projekten und, und, und.

                                                                                                                            Halbzeit
Ich kann bei jungen Menschen also nur dafür werben, Leh-      Unsere Schulen müssen Orte der Begegnung sein. Dort
rerinnen oder Lehrer in Rheinland-Pfalz zu werden – gera-     sollen ein freier Meinungsaustausch ermöglicht und
de im Grund- und Förderschulbereich. Es ist ein erfüllen-     gleichzeitig Werte wie Toleranz und Respekt im täglichen
der Beruf, der die Perspektive auf ein abwechslungsrei-       Umgang erfahren werden. Alle Kinder sollen hier die Mög-
ches und trotzdem abgesichertes Berufsleben bietet.           lichkeit haben, Demokratie zu erleben und so zu aktiven
                                                              Mitgliedern unserer Gesellschaft heranzuwachsen, aber
Wann werden in Rheinland-Pfalz Grundschullehrkräfte           sich auch gleichzeitig selber aktiv an demokratischen Pro-
endlich in A 13 eingestuft? Wird es für die Kolleginnen       zessen beteiligen, wie zum Beispiel im Schülerparlament
und Kollegen an den Grundschulen, die zurzeit im Dienst       oder im Klassenrat, in den Schulen mit Courage und ohne
sind, eine ähnliche Wechselprüfung geben wie für              Rassismus. Demokratiebildung ist eine Querschnittsauf-
GHS-Lehrkräfte an Realschulen plus und Integrierten Ge-       gabe aller Fächer und ist nicht auf den Bereich der politi-
samtschulen?                                                  schen Bildung wie dem Fach Sozialkunde beschränkt. Da-
                                                              rüber hinaus engagiert sich die Landesregierung mit einer
Die Besoldung von Beamtinnen und Beamten richtet sich         Vielzahl von Präventionsprogrammen gegen Rassismus,
nach Art und Länge der absolvierten Ausbildung. Diese         Fremdenfeindlichkeit, jedwede Form von Extremismus und
besoldungsrechtliche Regelung greift auch für Lehrkräfte.     gegen Gewalt.
Da für die verschiedenen Lehrämter unterschiedlich lange
                                                                                       Für das Gespräch bedanken sich
Regelstudienzeiten vorgesehen sind, ist dementspre-                                    Elisa Engert und Hjalmar Brandt.
chend auch die Besoldung unterschiedlich.
                                                              PS: Letzte Meldung: Im Zuge der bevorstehenden Europa-
Ein Vergleich der Besoldung zwischen den Ländern ist          wahlen wird Stefanie Hubig als künftige Bundesjustizmi-
hierbei nicht ohne Weiteres möglich und bedarf eines dif-     nisterin gehandelt, wenn die SPD-Spitzenkandidatin für
ferenzierten Blicks auf die Details.                          die Wahlen, die jetzige Bundesjustizministerin Katarina
                                                              Barley, nach Brüssel wechselt (wovon sicher ausgegangen
Um den Grundschulbereich beispielhaft herauszugreifen:        werden kann). Ob Stefanie Hubig dann dieses neue Amt
Verbeamtete Grundschullehrkräfte in Rheinland-Pfalz wer-      genau so gerne ausfüllen wird wie in Rheinland-Pfalz das
den sofort in die besser dotierte Stufe 3 der A 12 eingrup-   als Bildungsministerin?                             RED

Rheinland-pfälzische Schule 12/2018-01/2019                                                                                    15
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