Ich mach's! Thema Eigenverantwortung: Dinge selbst in die Hand nehmen - Raiffeisen-Campus
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Das Magazin von
Union Investment
• 3/2020
Ich mach’s!
Thema Eigenverantwortung:
Dinge selbst in die Hand
nehmen
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Inhalt
Aufgemacht
02 Fremd- und selbstbestimmt
Warum fliegen Stare im Schwarm?
Unser Standpunkt
07 Hans Joachim Reinke
Jeder muss seinen Beitrag leisten
Nachgefragt
08 „Wir wollen mitgestalten!“
Interview mit der Berliner Trans-
20
formationsberaterin Sabine Kluge
Unsere Meinungen
12 Selbstbestimmt im Notfall
Simone Lang über Sinn und Zweck
von Vorsorgevollmachten
Umgeschaut
14 „Jeder kann etwas machen!“
Eigenverantwortliches Handeln
beginnt im ganz normalen Alltag
Unsere Antworten
18 Nicht emotional werden
Portfoliomanager Edmund
Keferstein und Michael Muders
08 20 Mobiles Arbeiten
Erkenntnisse aus Corona
12
24 Digitale Zusammenarbeit
Christina Pagel über Microsoft 365
Angeschaut
26 Wenn Lernende Banker spielen
Raiffeisen-Campus Dernbach
26 Aufgelesen
30 Von Anarchisten und Bremsern
Selbstverantwortliche Neuigkeiten
Quergedacht
Noch 31 Der Staat im Staat
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Fragen, Id en?
Kolumne von Barbara Teichelmann
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oder Anre uns:
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union-in Impressum
Herausgeber: Union Asset Management Holding AG, Weißfrauenstraße 7, 60311 Frankfurt am Main, Stefan
Kantzenbach, Corporate Communications • Chefredaktion: Union Asset Management Holding AG, Karsten Fehr,
Corporate Communications, karsten.fehr@union-investment.de • Redaktion, Konzept, Gestaltung, Produktion,
Lithografie: Signum communication GmbH, Mannheim • Redaktionsleitung: Volker Zeese • Autoren dieser Aus-
gabe: Margarita Ahrweiler, Sabine Arnold, Karsten Fehr, Tatjana Fichtner, Ralf Krämer, Juli Pieper, Klaus Rathje,
Pauline Schinkels, Barbara Teichelmann • Druck: Görres-Druckerei und Verlag GmbH, Koblenz/Neuwied • Bild-
nachweis: S. 1, 32: Max Mumby/Indigo/Kontributor via Getty Images; S. 3–6, 31: iStock; S. 7: Florian Büttner;
klimaneutral S. 8–11: Thomas Kierok; S. 11 oben: Frank Bauer/Kontributor via Getty Images; S. 12–13, 18–21, 24–25: Fritz
natureOffice.com | DE-153-078970 Philipp; S. 15 oben links, S. 16 oben: Susanne Kraus/Südwest Verlag; S. 15 oben rechts, S. 16 unten:
gedruckt Bridge&Tunnel; S. 15 unten, S. 17: Wolfgang Rakitin/Spörgelhof; S. 22: Axel Gaube; S. 26, 28, 29: Marianne
Düsterberg • Auflage: 3.100 Exemplare; Jahrgang 34
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Angeschaut
Wenn Lernende
Banker spielen
Finanzbildung
nahes Verbraucherwissen rund um Geldanlage, Versicherung und Steuern. Ihr Ziel:
Sie wollen später eigenverantwortlich mit ihren Finanzen umgehen können.
I
n Klassenzimmer 4.203 werden heute Verträge un- die Vertragslaufzeiten? Ist Onlinebanking möglich?
terschrieben. Jakob, der einen Bankberater mimt, „Die Idee war, dass sich die Schüler eigenverantwort-
rennt noch einmal zu seinem Platz, fischt einen lich bei Banken informieren und die Angebote ver-
Stift aus seinem Federmäppchen, stürmt wieder nach gleichen“, erzählt Deinert.
vorne und reicht ihn zur Vertragsunterzeichnung an Während Wirtschaft an berufsbildenden Schulen
seinen Klassenkameraden weiter. Als dieser unter- ein Standardfach ist, regeln die allgemeinbildenden
schrieben hat, tönt Jakob: „Gerne habe ich mit Ihnen Schulen ökonomische Bildung je nach Bundesland
Geschäfte gemacht.“ Hier am Raiffeisen-Campus hat unterschiedlich. In Rheinland-Pfalz gibt es – wie in
Jakob gerade ein Festgeldkonto verkauft. vielen anderen Bundesländern auch – keinen Lehr-
Wer zu Fuß vom Bahnhof der 2.400-Einwohner-Ge- plan, der bestimmte Unterrichtsinhalte vorschreibt,
meinde Dernbach zum Raiffeisen-Campus will, folgt sondern eine 26-seitige Richtlinie. Das hat Vor-, aber
der Hauptstraße, die hier auch so heißt. Die Gemein- auch Nachteile: Auf der einen Seite kann Deinert sei-
de hat sich rausgeputzt, 2020 feiert man in Dernbach nen Unterricht frei gestalten. Auf der anderen Seite
800-jähriges Bestehen. Überall weht die rot-weiß- muss er sich alleine in die Materie einarbeiten und
schwarze Ortsflagge, die schnörkelige „800“ prangt die nötigen Lernmaterialien selbst zusammenstel-
auf etlichen Türen und Toren. Die Schule gibt es in- len.
zwischen seit zehn Jahren, im Sommer haben sie ih-
ren zweiten Abiturjahrgang verabschiedet. In Klassenzimmer 4.203 werden heute
Das Besondere: Die Privatschule ist eines von zwei Verträge unterschrieben. Noch ist das
Gymnasien in Rheinland-Pfalz, in denen das Fach Ganze ein Rollenspiel.
Wirtschaft unterrichtet wird. Zweimal wöchentlich
beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler der Geld bildet, das ist seit jeher bekannt. Wer aus einem
Jahrgangsstufe mit praxisnahem Verbraucherwissen finanzstarken Haushalt kommt, der hat später besse-
rund um Geldanlage, Versicherung und Steuern. re Chancen, einen Schulabschluss und Karriere zu ma-
„Wir wollen die Schüler in die Lage versetzen, dass chen. Und er hat damit auch geringere Risiken, von
sie später selbst über ihre Finanzen entscheiden kön- Altersarmut betroffen zu sein oder in die Privatinsol-
nen“, sagt Lehrer Dominik Deinert. Für seine Lernen- venz abzurutschen. Aber braucht es deshalb auch
den ist das Thema neu, sie besuchen den Wirtschafts- eine Geld-Bildung?
kurs zum ersten Mal. Er sei gespannt, wie viel bei „Mathe, Sozialkunde, das wird zu Hause nicht dis-
ihnen vom Lernstoff der vergangenen Wochen hän- kutiert, über Geld schon“, beobachtet Deinert. Trotz-
gen geblieben sei. Für die heutige Unterrichtsstunde dem hapere es da. Um zu verdeutlichen, was er meint,
sollten die Schüler eigenständig im Internet recher- zitiert Deinert den Tweet einer Schülerin aus Köln,
chieren, was die Unterschiede zwischen einem Fest- der 2015 tausendfach geteilt wurde und eine bundes-
geldkonto, einem Tagesgeldkonto und einem Giro- weite Bildungsdebatte auslöste: „Ich kann ein Ge-
konto sind. Wie hoch sind die Gebühren, wie lange dicht in vier Sprachen analysieren. Aber meine
Kontext 3/2020 – Thema: Eigenverantwortung 27
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Angeschaut
Wir wollen die Schüler in die Lage
versetzen, dass sie später selbst über
ihre Finanzen entscheiden können.
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Steuererklärung kann ich nicht machen“, postete kann sichergestellt werden, dass Lehrerinnen und
eine Userin namens Naina damals. Deinert ist es des- Lehrer bereits im Studium angemessen vorbereitet
halb wichtig, die Schule für solche Themen zu öffnen. werden? Bei kaum einem Schulfach werden diese
Schüler
Gleichzeitig dürfe es aber keine übergriffige Beein- Fragen so kontrovers diskutiert wie beim Thema öko-
flussung der Lernenden durch Unternehmen am nomische Bildung.
Campus, benannt Campus geben. Eine „kritische ökonomische Kompe-
nach Friedrich tenz“ sei das Ziel des Lernens. In Mathe lernten die Schüler einst den
Dass Wirtschaft in den Kanon einer schulischen Bil-
wird von einer
Genossenschaft dung gehört, steht weniger zur Diskussion. Gestrit- noch in den Geschichtsbüchern.
getragen. ten wird vielmehr über die Frage, welche Inhalte re-
levant sind und wie diese vermittelt werden. Soll es In Dernbach betrachtet Oberstufenleiter Deinert die
etwa ein eigenständiges Fach geben oder soll Wirt- Debatte nüchtern: „Das Fach fragen hier Eltern, aber
schaft verknüpft werden mit anderen Fächergrup- auch die Lernenden selbst aktiv nach“, betont er.
pen wie Geschichte, Erdkunde oder Politik? Und wie Am Raiffeisen-Campus – die Schule wird von einer
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Finanzbildung und Schule
Im Westerwald beweisen sie,
dass sich das nicht ausschlie-
ßen muss.
Mathe oder Sozialkunde,
das wird zuhause nicht
diskutiert, über Geld
schon.
gleichnamigen Schulgenossenschaft getragen – sei fragt sein Klassenkamerad. „Die reiche ich nach“, sagt
Wirtschaft sehr präsent. In der 9. Klasse verwalten die Till etwas trotzig. Das, erklärt Banker Veith den Schü-
Schüler hier den schuleigenen Kiosk und entscheiden, lern später, gehe so nicht: „Wir können keine Verträge
was und wie viel im Vorfeld eingekauft wird. In der 10. mit Minderjährigen abschließen.“ Als einer der fikti-
An Gymnasien wird und 11. Klasse können sie abseits der Schule noch den ven Bankberater mit dem Zinseszins wirbt, seufzt
das Fach Wirtschaft Zertifikatslehrgang „Ethik und Wirtschaft“ besuchen. Veith schwer. Es gebe gerade keine Zinsen, erklärt er
in Rheinland-Pfalz Das große Interesse am Fach Wirtschaft zeigt sich den Schülern, und das mit der Berechnung des Zinses-
selten unterrichtet –
heute auch im Klassenzimmer der 8. Jahrgangsstufe. zinses, „das finden sie bald in den Geschichts- und
es sind gerade einmal
zwei.
Neben Schulleiter Bernhard Meffert ist Andreas Veith, nicht mehr in den Mathebüchern“.
Inzwischen ist es 16.15 Uhr, der Schulgong geht. Die
gibt bei den Rollenspielen auf Nachfrage der Lernen- Lernenden stürmen aus dem Klassenzimmer. Unten
den den Experten. Da will zum Beispiel der 14-jährige warten schon die Schulbusse. In der Realität hat in
Till gerade einen Vertrag für ein Konto abschließen. der Klasse längst nicht jeder Schüler ein eigenes
„Und wo ist die Einverständniserklärung der Eltern?“, Konto. Noch ist das hier alles ein Rollenspiel. •
Kontext 3/2020 – Thema: Eigenverantwortung 29
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