Immersion 2019 - Berliner Festspiele

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Berliner Festspiele             IMMERSION 2019                                                                 Inhaltsverzeichnis

Immersion 2019

— Grußwort
— Palast        der Republik
— Uncanny Valley
— The New Infinity 2019
— TaylorMac — A 24-Decade History of Popular Music
— Diamante
— IMMERSION 2016 | 2017 | 2018
— Förderer und Partner

                                Berliner Festspiele

                                                             Berliner Festspiele

                          Pressebüro, Schaperstraße 24, 10719 Berlin, T +49 (0)30 254 89–269, F +49 (0)30 254 89–155
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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                         Grußwort

                                  Grußwort: IMMERSION 2019

                                   Grenzauflösende Prozesse im Politischen wie im Gesell-
                      schaftlichen markieren das dritte Jahr unserer Programmreihe, in dem
                      wir versuchen, den Begriff Immersion und dessen Wirkungsräume noch
                      einmal neu zu denken und auszuweiten. Nach fünf Ausstellungen und
                      großen Theaterproduktionen, zwei Symposien zu den Grenzen des Wiss-
                      baren und dem Phänomen des Worldbuilding, dem Auftakt der Pro-
                      jektreihe „The New Infinity“ und unseren 360-Grad-Film-Produktionen
                      mit Arte wollen wir unseren Blick in 2019 über den künstlerischen und
                      wirkungsästhetischen Rahmen hinaus auf das Feld politischer und akti-
                      vistischer Prozesse lenken. Immersion gilt es als Strategie politischen
                      Handelns, als Suchbewegung nach utopischen Gemeinschaften, als
                      Praxis der Auflösung verfestigte Denkmuster und Identitätsentwürfe
                      neu zu befragen. Ausgehend vom „Palast der Republik“, der zwischen
                      Kunst, Diskurs & Parlament einen Möglichkeitsraum eröffnet, der sich
                      über das Festival hinaus in konkreten Ideen und fließenden Bewegungen
                      fortträgt, gestalten wir dieses Jahr vorwiegend mit Künstler*innen und
                      Formaten, die sich einmischen, Situationen anders kreieren, neue soziale
                      Umfelder schaffen oder gar neue Formen von Gesellschaft modellieren.

                                  Palast der Republik

                                   Liebe, sagt der Künstler Ed Atkins, ist totale Immersion; ist
                      Verschmelzen mit dem Begehrten, die Verdoppelung des Ich, das Auf-
                      blühen im Anderen, oder auch ein Virus. Vieles an der deutschen Wie-
                      dervereinigung lässt sich als ein immersives Geschehen begreifen, als
                      Mitgerissenwerden von Ereignissen, die ihre eigene Dynamik entfaltet
                      haben. Die Wende im Osten duldete mehrheitlich keine Distanz, kein
                      Warten, kein Zögern. Das Ineinanderfließen der beiden deutschen Staa-
                      ten seit 1989 war ein Vorgang, der die Grenze hinfort spülte und für
                      einige Monate ein gesamtdeutsches Lächeln erzeugte, ein Gefühl größ-
                      ter Offenheit und eines gegenseitigen sich neu Entdeckens. Die Konzepte
                      eines neuen, radikal anderen Gesellschaftsentwurfs der Dissident*innen
                      im Osten wirken noch bis ins Frühjahr 1990 nach. Immersiv war aber
                      auch jener subkutane Prozess, der seit der Öffnung der Mauer als der
                      süße Sog des Komforts spürbar wurde, der parat stehenden Lösungen
                      und der Tatkraft des alten Westens, für den die Wiedervereinigung aus-
                      schließlich als ein Beitritt vorstellbar war.

                                                     Berliner Festspiele

                                                       Pressemappe
                                                      Immersion 2019
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                                    Mit dem symbolisch neu errichteten „Palast der Republik“
                      mitten im ehemaligen West-Berlin haben wir die progressiven Impulse
                      der Revolution im Osten von damals aufgegriffen und mit den aktivis-
                      tischen, demokratieverteidigenden Kräften von heute zusammenge-
                      bracht. Dem Geschichtsbild vom „Fall der Mauer“ – also jener scheinbar
                      überreifen, sich beinahe zwangsläufig und wie von selbst ereignenden
                      Implosion des Ostens – wurde ein anderes Erinnern an die Seite gestellt,
                      das die Ereignisse der Wende- und Nachwendejahre genauer betrach-
                      tet, ihr aktives und prospektives Potential freilegt und als eine Ressource
                      von Ideen und alternativer Konzepte eines gesellschaftlichen Wandels
                      würdigt und noch heute als anschlussfähig zeigt.

                                  Neue Gemeinschaftsentwürfe:
                                  Taylor Mac und Mariano Pensotti

                                   Diese Revision einer repressiv erfahrenen Geschichtsschrei-
                      bung prägt auch die Projekte des Immersions-Programms in der zweiten
                      Jahreshälfte 2019. Die Arbeit des amerikanischen Schauspielers, Dra-
                      matikers, Performers und Produzenten Taylor Mac ist ein Kampf gegen
                      Konformismus und gegen heteronormative, patriarchale Verhältnisse.
                      Wir zeigen im Oktober die Europapremiere der ungekürzten und inzwi-
                      schen berüchtigten Produktion „A 24-Decade History of Popular Music“ –
                      eine Show wie ein Trip, die 240 Jahre amerikanischer Geschichte anhand
                      von neu interpretierten Folk- und Popsongs in 24 Stunden erzählt. Tay-
                      lor Mac schildert in dieser schrillen Revue die Geschichte der USA aus
                      der Sicht der People of Colour, der Native Americans, der Homosexu-
                      ellen, Arbeiter*innen, Namenlosen, all derer, deren Stimmen nicht in
                      den Geschichtsbüchern widerhallen. Die groß orchestrierte Produktion
                      aus New York komplettiert sich in Berlin durch eine Gruppe von „Dandy
                      Minions“: Performer*innen aller Art aus den unterschiedlichsten Milieus
                      der Stadt.

                                  Mit dem Stück „Diamante“ von Mariano Pensotti, das die
                      Berliner Festspiele mit der Ruhrtriennale und den Wiener Festwochen
                      koproduziert haben, wird im Festspielhaus ein kleines Dorf errichtet. Es
                      erinnert an jene utopischen Werkssiedlungen aus dem Argentinien des
                      letzten Jahrhunderts, in denen moderne Unternehmer eine bessere Welt
                      für ihre Angestellten schaffen wollten und verweist zugleich auf Firmen-
                      städte, wie sie heute von großen Konzernen wie Google und Facebook
                      gebaut werden. In Pensottis Inszenierung, die formal zwischen Reality-
                      show, Konzert und Ausstellungsparcours oszilliert, montiert sich jeder

                                                     Berliner Festspiele

                                                       Pressemappe
                                                      Immersion 2019
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                      Gast selbst den Fortgang der Geschichte, indem sie*er durch die Stadt
                      schlendert und so immer tiefer in die subtile und zunächst kaum wahr-
                      nehmbare Selbstzerstörungsdynamik dieser künstlichen Gesellschaft
                      und ihrer verschiedenen Familien hineingerät. Über sechs Stunden hin-
                      weg entwickelt sich ein raumgreifendes Erzähltheater, das den Zerfall
                      dieser sozial-kapitalistischen Utopie erfahrbar macht.

                                  Immersion, das meint für uns vor allem Vorgänge, die unser
                      Erleben und Denken aus den dialektischen Schemata von hier und dort,
                      von Subjekt und Objekt, Gegenüberstellung und strikter Rationalität
                      auflösen, weil wir uns eher in Prozesse verwickelt sehen, in ein Glei-
                      ten von Verhältnissen, die wir konsumieren und zugleich selbst pro-
                      duzieren. Die gesellschaftspolitische Komponente dieser Entwicklung,
                      der wir in den drei großen Produktionen im Festspielhaus nachspüren,
                      wird begleitet von unserer Erforschung neuer Medien und dem Versuch,
                      die immersiven Situationen, wie sie durch neue Technologien immer
                      wirkungsvoller und komplexer entwickelt werden, mit alternativen
                      Angeboten zu versehen, die kein Entertainment sein wollen, sondern
                      zeitgenössischen Künsten neue Instrumente an die Hand geben.

                                  The New Infinity. Neue Kunst für Planetarien

                                  Die Projektreihe „The New Infinity“ bringt neue Kunst in
                      Planetarien und setzt 2019 ihre Zusammenarbeit mit dem Planeta-
                      rium Hamburg fort. Ausgerüstet mit digitaler Audio- und Videotechnik
                      stellen wir bildendenden Künstler*innen, Musiker*innen und Game-
                      Entwickler*innen die Hardware und das Know-how modernster Pla-
                      netarien zur Verfügung. Im Rahmen von „Wunderbar Together“, dem
                      Deutschlandjahr in den USA, realisiert vom Goethe-Institut, touren die
                      Arbeiten von „The New Infinity“ durch drei Städte der USA. Neben den
                      Werken aus 2018 wird eine neue Arbeit von Agnieszka Polska präsen-
                      tiert. Anschließend findet im September die neue Ausgabe von „The
                      New Infinity“ erneut auf dem Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg im
                      Mobile Dome statt, u.a. mit dem internationalen Künstler*innen-Duo
                      Metahaven.
                                  Planetarien sind, so sagte Boris Goesel, Orte, an denen
                      vor gut 100 Jahren zum ersten Mal Technik, Natur und Mensch in eine
                      neue – ökologische – Konstellation getreten sind. Statt die Welt durch ein
                      Loch zu erblicken wie in der camera obscura, beruhen Planetarien auf
                      einem, so James Gibson, „ökologischen Sehen“, dem Erscheinen eines
                      Environments, dessen lichtreflektierende Oberflächen und Objekte die

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                      Betrachter*innen umgeben und von überallher leuchten. Das lebendig-
                      ästhetische Eingetauchtsein, das in unserer mobilen Kuppel eine neue
                      Erfahrungsweise von Film, Musik, von Ruhe inmitten des Großstadttru-
                      bels ermöglicht, eine andere Erfahrung von Raum und Bewegung, ist
                      sicher nur das Vorspiel ästhetischer und medialer Entwicklungen, die
                      neue Werk- und Erlebnisformen von Kunst mit sich bringen werden.

                                                                        Thomas Oberender

                                                  Berliner Festspiele

                                                    Pressemappe
                                                   Immersion 2019
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                                  Palast der Republik
                                  8. bis 10. März, Haus der Berliner Festspiele

                                  Tickets
                                  3-Tagesticket: € 27 / ermäßigt € 18
                                  Eröffnung: € 9 / ermäßigt € 6
                                  Samstag: € 14 / ermäßigt € 8
                                  Sonntag: 15:00 bis 18:00 Eintritt frei
                                  Konzert „Musikpalast“ (19:00) € 14 / ermäßigt € 8

                                  Im Haus der Berliner Festspiele wird vom 8. bis 10. März
                      2019 der Palast der Republik symbolisch neu errichtet. Künstler*innen,
                      Philosoph*innen, Aktivist*innen, Musiker*innen und Theaterleute
                      bespielen an den drei Tagen das Festspielhaus als große, offene Bühne.
                      Verbunden mit der kritischen Reflexion der ambivalenten Bedeutung
                      des ursprünglichen Palast der Republik nimmt ein „Palast der Gegener-
                      zählungen“ Gestalt an, der die Ereignisse der Wende- und Nachwende-
                      jahre neu betrachtet.

                                   Mitten in der von vielen aktuell empfundenen, univer-
                      sellen Krise, die auch Chance für einen großen Übergang sein kann,
                      und ausgehend von der Zwischenzeit Oktober 1989 bis Oktober 1990
                      eröffnen die Berliner Festspiele / Immersion ein „window of opportu-
                      nity“: Einen Raum für Zukunftsvorstellungen jenseits vergangener und
                      gegenwärtiger Polarisierungen. Das Publikum kann sich frei zwischen
                      Thesen-Revue und Zukunftsparlament, Ideenzirkus und „Musikpalast“,
                      Performance und Film bewegen.

                                  Im symbolisch neu errichteten Palast der Republik wird die
                      ambivalente Bedeutung dieses Gebäudes kritisch reflektiert und die
                      Ereignisse der Wende- und Nachwendejahre werden neu betrachtet.
                      Im Verlauf des dreitägigen Festivals erfährt die Idee des Palastes eine
                      mehrfache Transformation und verwandelt sich vom Erinnerungsort
                      über ein Arbeitsforum bis hin zu einem Raum für Kunst. Gleich einer
                      Klammer wird am Anfang und am Ende ein Verfassungsentwurf ste-
                      hen: Am Freitag, 8. März eröffnet die amerikanische Philosophin Susan
                      Buck-Morss mit einer Keynote. Im Anschluss werden die progressiven
                      Entwürfe der Bürgerbewegung der DDR von 1989 in Erinnerung geru-
                      fen, einschließlich ihres damals entstandenen Verfassungsentwurfes,
                      an dem auch Bernhard Schlink als juristischer Berater mitgearbeitet
                      hat. Am Samstag, 9. März sollen in verschiedenen Ausschüssen einzelne

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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                  Palast der Republik

                      Aspekte der Reformkonzepte von 1989 in Berührung mit den Theo-
                      rien von Aktivist*innen von heute kommen und am Sonntag, 10. März
                      schließlich in Beiträgen zu einer transnationalen europäischen Verfas-
                      sung münden, die helfen sollen, in Zeiten des zunehmenden Populismus
                      und Nationalismus visionäre soziale Ideen in die Zukunft zu tragen.

                                    Die künstlerischen Arbeiten, die im „Palast der Republik“
                      zu sehen sein werden, verhalten sich unterschiedlich zum diskursiven
                      Programm: Mal verlängern sie das Echo eines unerlösten Aufbegehrens
                      – bewahren die Latenz eines alternativen Geschichtsverlaufs, bewahren
                      auch die Hoffnung auf eine solche andere Welt, die in der tagespoli-
                      tischen Realität ungehört bleiben mag und gießen es in atmosphärische,
                      ephemere Räume und Bilder (Trajal Harrell, Alexander Giesche, Augusto
                      Corrieri). Ein anderes Mal wiederholen sie die Schrecken des totalitären
                      Regimes der DDR und bannen sie in Bild und Ritual (Thomas Demand,
                      Technosekte & Henrike Naumann) oder sie beleuchten para-politische
                      Aspekte einer Geschichte und entwerfen eigene Öffentlichkeiten, sub-
                      kutan und subversiv (Anna Zett, Bojana Kunst, Jeremy Wade, Susanne
                      Sachsse). Immer bieten sie sich als Resonanzräume und Störungen des
                      Gesagten an, mal leiser und mal lauter. Im egalitären Nebeneinander
                      von Kunst und Diskurs klingen auch die Ideen einer Zwischennutzung des
                      Palastes der Republik nach, die sich ihrerseits an die architektonischen
                      Konzepte einer „Universität der Straße“ von Cedric Price anlehnte.

                      Freitag, 8. März:
                      Den Palast der Republik auferstehen zu lassen ohne ihn zu verklä-
                      ren ist das Anliegen des Eröffnungsabends, der mit einer Ideenre-
                      vue an die progressiven Impulse der neuen Verfassung erinnert, wie
                      sie 1989/90 am Zentralen Runden Tisch der DDR entwickelt wurde.

                      Mit: Almuth Berger, Tatjana Böhm, Susan Buck-Morss, Boris Buden,
                      Augusto Corrieri, Bernd Gehrke, Trajal Harrell, Max Hertzberg, Sanja
                      Horvatinčić, Gal Kirn, Kerstin Meyer, Ana Ofak, Pan Daijing, Elske
                      Rosenfeld, Bénédicte Savoy, Bernhard Schlink & Technosekte + Henrike
                      Naumann, Ana Ofak, Pan Daijing, Elske Rosenfeld, Bénédicte Savoy,
                      Bernhard Schlink

                      Samstag, 9. März:
                      In „parlamentarischen Ausschüssen“ wird am Samstag heutigen
                      politischen Konflikten nachgegangen, die in Verbindung zu den

                                                    Berliner Festspiele

                                                      Pressemappe
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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                  Palast der Republik

                      Ereignissen der Wendejahre stehen. Dem gegenüber wird ein Para-
                      parlament gestellt, das jenseits der großen Bühne repräsentationaler
                      Politik einen Raum für andere Formen der politischen Praxis öffnet.

                      Mit: Matthias Baerens, Boris Buden, Aris Chatzistefanou, Gabriele Dolff-
                      Bonekämper, Naika Foroutan, Anastasia Frantzeskaki, Bernd Gehrke,
                      Alexander Giesche, Andrej Holm, Srećko Horvat, Anetta Kahane, Gal
                      Kirn, Inge Kloepfer, Thomas Krüger, Bojana Kunst, Antonia Majaca,
                      Irene Misselwitz, The Performance Bar, Vijay Prashad, Jörg Roesler,
                      Andreas Siekmann, Jan Sowa, Gabriele Stötzer, Margarita Tsomou
                      (HAU – Hebbel am Ufer), Jeremy Wade, Samia Zennadi & Anna Zett
                      abends: CHEAP
                      mit Susanne Sachsse, Marc Siegel, Vaginal Davis, John Blue, Maurice de
                      Martin, Şenol Şentürk, Martin Siemann, Richard Gabriel, Akira Knightly,
                      Ruth Schönegge, Pola Sieverding, Ligia Lewis, Pamela Schlewinski und
                      Überraschungsgästen

                      Sonntag, 10. März:
                      Nach der Erinnerung an die progressiven Ideen des Wendejahres
                      1989 endet der „Palast der Republik“ am Sonntag mit Über-
                      legungen zu einer Erneuerung des Gesellschaftsvertrags und
                      schließt abends mit dem „Musikpalast“, einem Live-Mixtape, das
                      gleichzeitig Laboratorium und Live-Seminar neuester Musik ist.

                      Mit: Boris Buden, Naika Foroutan, Srećko Horvat, Lorenzo Marsili, Helge
                      Peters, Vijay Prashad, Bénédicte Savoy, Anna Stiede, Margarita Tsomou
                      & Yanis Varoufakis
                      abends: Musikpalast: stargaze live mixtape for the PEOPLE
                      (Kurator: André de Ridder)
                      mit Astronautalis, Tyondai Braxton, Buke and Gase, Cantus Domus,
                      Arone Dyer, Andi Haberl (The Notwist) & Kaj Duncan David, Anja Plaschg
                      (Soap&Skin), stargaze

                      Installationen & Filme von Bini Adamczak, Cynthia Beatt, Georgi Bog-
                      danov & Boris Missirkov, Can Candan, Gesine Danckwart & Sven Düfer,
                      Thomas Demand, Gabriele Dolff-Bonekämper, Igor Grubić, Felix Grütsch,
                      Burkhard von Harder, Sylvain L'Espérance, Neša Paripović, Klaus Pobit-
                      zer, Elske Rosenfeld, Christoph Rüter, Dirk Schneider & Hubertus Siegert

                                  Kurator*innen Maximilian Haas, Sebastian Kaiser,
                                  Thomas Oberender, Elske Rosenfeld, Joshua Wicke
                                  Musik-Kurator André de Ridder
                                  Film-Kurator: Jochen Werner
                                  Hausgestaltung Dominic Huber

                                                    Berliner Festspiele

                                                      Pressemappe
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                                  Verfassen, nicht verfasst werden
                                  Geschichte des Verfassungsentwurfs des Zentralen Runden Tisches,
                                  Dezember 1989 – November 1994

                                  Von Elske Rosenfeld
                                  Co-Kuratorin „Palast der Republik“

                                   Die Erarbeitung einer neuen Verfassung für die DDR war,
                      neben der Vorbereitung freier Wahlen, eines der erklärten Hauptan-
                      liegen der neuen Gruppierungen und des Zentralen Runden Tisches.
                      Bereits bei dessen erstem Treffen am 7. Dezember 1989 wurde die Ein-
                      setzung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die einen Verfassungsentwurf
                      entwickeln sollte. Wolfgang Ullmann von der Bürgerbewegung Demo-
                      kratie Jetzt (DJ) beschrieb die Aufgabe einer solchen neuen Verfassung
                      laut Deutschlandfunk Kultur nach dem ersten Treffen wie folgt: „Man
                      könnte es auch so ausdrücken: Wir müssen das in Worte kleiden, was
                      wir am 4.11. [bei der Massendemonstration auf dem Berliner Alexan-
                      derplatz] erlebt haben, nicht? Dass in einer überzeugenden und nicht
                      demagogischen und nicht tumultartigen Weise klargestellt wurde, wer
                      das Volk ist.“ Die Aufgabe, erst das Volk selbst und dann die Formen und
                      Modi seiner Willensbildung und -äußerung in Worten – als Verfassung –
                      festzuschreiben, sollten folglich nicht Expert*innen leisten, sondern die
                      Kräfte der Revolution selbst. Wolfgang Templin, Mitglied der AG Neue
                      Verfassung, sagt 2015 dazu in derselben Sendung des Deutschlandfunks:

                                  „Unser Idealismus, wenn man so will, sogar utopischer Ide-
                      alismus, bestand darin, dass wir meinten, das müssten diejenigen, die
                      diese DDR-Gesellschaft erlebt, mitgestaltet und bitte sehr auch erlit-
                      ten hatten, wenn sie im Widerstand dazu waren, möglichst aus eigenen
                      Kräften machen.“

                                   Die Arbeitsgruppe nahm am 19. Dezember 1989 ihre Arbeit
                      auf. Sie setzte sich zunächst aus Vertreter*innen der am Runden Tisch
                      versammelten Gruppierungen zusammen. Später holten sich die Grup-
                      pen paritätisch je ein bis zwei Berater*innen aus Ost und West dazu. Es
                      bildeten sich vier Untergruppen zu den Themen Menschenrechte, gesell-
                      schaftliche und politische Willensbildung, Eigentums- und Wirtschafts-
                      ordnung sowie Staatsgrundsätze, Staatsaufbau, Kommunalautonomie.
                      Die neue Verfassung sollte die 1968 und 1974 revidierte DDR-Verfas-
                      sung von 1949 ersetzen. Sie sollte sich am westdeutschen Grundgesetz

                                                        Berliner Festspiele

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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                Palast der Republik

                      orientieren, gleichzeitig aber aus der Erfahrung der DDR-Geschichte
                      heraus in größerem Umfang Grundrechte und Formen direkter Mitbe-
                      stimmung aufnehmen. Die Abschnitte zu den Menschenrechten und
                      der politischen Partizipation durch Bürgerbewegungen, -begehren,
                      -entscheide und andere Formen direkter Demokratie lasen sich wie ein
                      Katalog jener gesellschaftlichen Fragen, an denen die Autor*innen den
                      DDR-Sozialismus besonders gravierend gescheitert sahen. Wolfgang
                      Ullmann in einer Rede im Juni 1990 dazu: „Demokratie […] muß in
                      einem erweiterten Sinne verstanden werden, in einer Erweiterung, die
                      unserer Erfahrung von 40 Jahren Diktatur nach 12 Jahren einer ganz
                      anders gearteten Diktatur Rechnung trägt. Eine Demokratie, die sich
                      nicht reduzieren läßt auf die Regeln der parlamentarischen und reprä-
                      sentativen Demokratie. […] [E]in Staatswesen ganz neuen Typs […]“
                      (1992, S. 79).

                                   Die inhaltliche Ausrichtung des Entwurfs verschob sich
                      während der dreimonatigen Arbeitsphase im Zuge des politischen Rich-
                      tungswechsels. Je deutlicher sich die Option eines bedingungslosen
                      Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des bundesdeutschen Grund-
                      gesetzes nach dessen Artikel 23 abzeichnete, umso wichtiger wurde
                      der neue Verfassungsentwurf. Er diente als Symbol und Mittel des
                      am Runden Tisch formulierten Gegenmodells einer – nunmehr demo-
                      kratisch, sozial und ökologisch gestalteten – eigenständigen DDR und
                      deren gleichberechtigter Mitgestaltung eines Vereinigungsprozesses.
                      Die Festschreibung von demokratischen Strukturen sowie von Men-
                      schen- und Bürgerrechten wurde um wirtschaftliche Grundsätze und
                      soziale Ziele erweitert. Bestimmte, von den Autor*innen als bedroht
                      wahrgenommene soziale Rechte – wie das Recht auf Arbeit, Wohnraum,
                      Bildung, Gleichberechtigung, aber auch Formen der betrieblichen Mit-
                      bestimmung, Streikrechte und ein Aussperrungsverbot – wurden verfas-
                      sungsrechtlich festgehalten. Erst durch die Gewährung dieser Rechte,
                      so die Verfasser*innen, könne das Grundrecht des Menschen auf Würde,
                      Freiheit und Gleichheit wirksam werden. Würde sei hier, wie der als
                      Berater an der Arbeit der Verfassungsgruppe beteiligte Ulrich K. Preuß
                      2014 bei einer Podiumsdiskussion erklärte, nicht wie im Grundgesetz an
                      das Individuum gebunden, sondern als Beziehung zwischen Menschen
                      gedacht.

                                  Die AG Neue Verfassung war ursprünglich nur beauftragt
                      worden, dem Runden Tisch Verfassungsgrundsätze zur weiteren Dis-
                      kussion zu unterbreiten. Unter dem Druck der Ereignisse beschloss die

                                                   Berliner Festspiele

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                      Gruppe jedoch, in ihrer – durch die Vorverlegung der Wahlen vom 6. Mai
                      auf den 18. März verkürzten – Arbeitsperiode ein noch ambitionierte-
                      res Dokument vorzulegen: einen kompletten Verfassungsentwurf. Bei
                      der letzten Sitzung des Runden Tisches am 12. März 1990 – sechs Tage
                      vor der Volkskammerwahl – wurden die Gesichtspunkte für eine neue
                      Verfassung zu vier thematischen Feldern von den Autor*innen vorge-
                      tragen. Der komplette Verfassungstext wurde danach von einer Redak-
                      tionsgruppe unter hohem persönlichen Einsatz gerade noch rechtzeitig
                      fertiggestellt, um ihn am 4. April an die sich am nächsten Tag konstitu-
                      ierende, neu gewählte Volkskammer zu übergeben. Doch der Text fand
                      nicht wie geplant Eingang in die Sitzung. Die Fraktion der Allianz für
                      Deutschland (AfD) unterließ es sogar offiziell, das Dokument an ihre
                      Abgeordneten weiterzuleiten. Die AfD war das Wahlbündnis aus der
                      Ex-Blockpartei CDU sowie den neu entstandenen Mitte-Rechts-Grup-
                      pierungen Deutsche Soziale Union (DSU) und Demokratischer Aufbruch
                      (DA), das die Volkskammerwahlen mit 48 % gewonnen hatte.

                                   Besprochen wurde der Entwurf in der Volkskammer nur
                      zweimal, am 19. und 26. April 1990. Beide Male wurde er nur am Rande
                      diskutiert und kam erst auf Druck der zahlenmäßig kaum vertretenen
                      Abgeordneten der Bürgerbewegungen überhaupt auf die Tagesordnung.
                      Die kurzen Diskussionen zum Entwurf sind aufschlussreich. Vor allem
                      Vertreter*innen der Allianz sahen in jeglicher Diskussion einer neuen
                      DDR-Verfassung eine fahrlässige „Zeitverschwendung“, wenn nicht gar
                      ein „Hindernis für die deutsche Einheit“. „Wir von der DSU wollen keine
                      Neukonsolidierung der DDR.“ Ein Vertreter der CDU fürchtete gar, in
                      dem nötigen Diskussionsprozess zur neuen Verfassung könnte die „Kon-
                      troverse den Willen zur gemeinsamen Staatlichkeit einschläfern“. Die
                      Wahl sei ein Mandat für einen schnellen Beitritt zur BRD, nicht aber
                      für eine umfangreiche Verfassungsdiskussion. Diese Auslegung der
                      parlamentarischen Mehrheiten als Zustimmung in einer Sachfrage war
                      jedoch nicht ganz zutreffend: Nach einer von Gerd Poppe in der Sitzung
                      am 19. April zitierten Umfrage „eines bekannten Meinungsforschungs-
                      instituts“ vom 10. April wünschten sich 42 % der DDR-Bürger*innen eine
                      neue Verfassung der DDR, und weitere 38 % eine neue gesamtdeut-
                      sche Verfassung – nur 9 % waren für die Übernahme des bestehenden
                      Grundgesetzes der BRD.

                                 Die Vertreter*innen von Bündnis 90, Grüne/UFV und PDS
                      sahen hingegen gerade in der Bildung eines Verfassungsausschus-
                      ses – der öffentlichen Diskussion und Abstimmung über eine neue

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                      Verfassung – eine Fortführung und Stärkung ebenjener politischen
                      Ermächtigung – der „demokratischen Selbstkonstitution“ (Poppe) der
                      DDR-Bürger*innen –, die mit der Revolution im Herbst begonnen hatte.
                      „Wir sind für die Autorisierung dieser Verfassung durch die Bevölkerung,
                      die nicht verfaßt werden sollte, sondern sich in einem solchen Prozeß
                      der Diskussion ihre Verfassung als Subjekt selbst geben sollte, um so
                      mehr als mit dem, was auf uns zukommt […].“ (Riege, PDS) Genau
                      jener aufwendige Prozess der gemeinsamen Diskussion und ,Reifung’,
                      welche die Allianzfraktion als Hinderungsgrund sah, galt diesen Abge-
                      ordneten als Wert an sich. Auch die Tatsache, dass über eine Diskussion
                      der Verfassung die Erfahrung des Lebens in der DDR zum Verhandlungs-
                      gegenstand würde, sprach nach Ansicht der einen für, nach Auffassung
                      der anderen gegen das Ermöglichen einer öffentlichen Diskussion. Die
                      beiden Vorstöße der Mitverfasser*innen des Entwurfs für eine solche
                      öffentliche Debatte scheiterten am 19. und 26. April an den Mehrheiten
                      im Parlament. Unter Federführung der Allianz wurde statt des Entwurfs
                      des Runden Tisches die Verfassung der DDR von 1949 („bewährte Ele-
                      mente“, Becker, CDU) zur Grundlage des schließlich am 17. Juni ver-
                      abschiedeten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung
                      der DDR. Das Parlament setzte damit den schon von der vorherigen,
                      SED/PDS-geführten Volkskammerkommission begonnenen Prozess
                      fort, der die Anpassung der DDR-Verfassung an die Erfordernisse eines
                      maßgeblich von bundesdeutscher Seite gestalteten Einigungsprozesses
                      gewährleisten sollte. Dies geschah vor allem, um ab Januar die Grund-
                      lagen für die Privatisierung von Grund und Boden und die Gründung von
                      Unternehmen mit ausländischer Beteiligung zu schaffen.

                                  Am Vorabend der Verabschiedung dieser Verfassung grün-
                      dete sich in Berlin ein Kuratorium für einen demokratisch verfassten
                      Bund deutscher Länder, in dem sich ehemalige Teilnehmer*innen des
                      Runden Tisches und Mitautor*innen des Verfassungsentwurfs aus den
                      Bürgerbewegungen mit anderen Persönlichkeiten aus Ost und West
                      zusammentaten. Sie versuchten, auf Grundlage des Entwurfs des
                      Runden Tisches eine öffentliche Debatte zur Schaffung einer neuen
                      gesamtdeutschen Verfassung – und deren Bestätigung per Volksent-
                      scheid – auf den Weg zu bringen. Für diesen Volkentscheid sammelte
                      das Neue Forum landesweit 230.000 Unterschriften. Der Verfassungs-
                      entwurf des Runden Tisches war inzwischen in einer Zusammenarbeit
                      zwischen dem Staatsverlag der DDR und dem neu gegründeten Basis-
                      Druck Verlag in einer Auflage von 10.000 Stück als Buch erschienen und
                      wurde während der Unterschriftensammlung verteilt. 1991 wurde dann

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                      auch der erweiterte Verfassungsentwurf des Kuratoriums fertiggestellt;
                      er mündete aber nie in der Erarbeitung einer neuen gesamtdeutschen
                      Verfassung. Die im Bundestag geäußerten Kommentare zu diesem Ver-
                      fassungsentwurf ähnelten denen in der Volkskammer. „Kosmetik, Lyrik
                      und Utopie“, seien die Vorschläge, so CDU-Mitglied Rupert Scholz. (zit.
                      in Spiegel, 1992) Eine Verfassungsdiskussion sei überflüssig, riskant und
                      von der Bevölkerung nicht gewollt. Dabei entsprach das Meinungsbild
                      zur Grundgesetzänderung in der Bevölkerung auch dieses Mal nicht
                      den parlamentarischen Mehrheiten: Laut einer Anfang 1992 im Spiegel
                      zitierten Umfrage waren in den neuen Ländern 58 %, in den alten 41 %
                      der Befragten gegen den Beibehalt des unveränderten Grundgesetzes.
                      In der gleichen Umfrage sprachen sich 77 % der Ostdeutschen für einen
                      Ausbau des Sozialstaats und eine deutliche Mehrheit für mehr direkte
                      Demokratie durch Volksentscheide aus. Wolfgang Ullmann schrieb
                      2001, dass die Möglichkeit unmittelbarer Demokratie, „die das Volk der
                      DDR durch sein Engagement im Herbst 1989 allen Deutschen vorgelegt
                      hatte“, auch einer der Hauptgründe für die Ablehnung einer derartigen
                      Verfassungsdiskussion durch die westdeutsche politische Elite im Abge-
                      ordnetenhaus gewesen sei. Um dem Einigungsvertrag Genüge zu tun,
                      wurde Ende November 1991 eine Gemeinsame Verfassungskommission
                      (GVK) eingesetzt, in die sich Ullmann als Vertreter von Bündnis 90/
                      Grüne fast einklagen musste.

                                 Von den im November 1994 verabschiedeten Änderungen
                      und Ergänzungen des Grundgesetzes waren letztlich nur zwei auf
                      den Einfluss der Bürgerbewegungen zurückzuführen: die Förderung
                      der geschlechtlichen Gleichberechtigung (Art. 3) und der Schutz der
                      Umwelt (Art. 20a) als Staatsauftrag. Ansonsten blieb die Vorstellung,
                      dass sich aus der DDR etwas „Bewahrenswertes“ in die neue Verfas-
                      sung übernehmen ließe, ein Tabu.

                                  Auch in den fünf neuen Bundesländern mobilisierten west-
                      deutsche konservative Stiftungen, Organisationen, Jurist*innen und
                      Wissenschaftler*innen (laut der Spiegel-Recherche von 1992) gegen
                      jegliche Bestrebungen, soziale Rechte in den neuen Landesverfas-
                      sungen einklagbar zu verankern. Sie warnten davor, durch ambitionierte
                      Staatsziele bei den Bürger*innen „Erwartungen zu wecken“. Unterneh-
                      merische Tätigkeiten dürften keinesfalls an ökologische Zielsetzungen
                      gebunden werden, Volksbefragungen seien eine „Flucht aus der Verant-
                      wortung“ und eine Bedrohung der parlamentarischen Demokratie. Die
                      Entwürfe der neuen Parlamente wurden folglich umgeschrieben, bis

                                                    Berliner Festspiele

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                      von den – zumindest von B90/Grüne, PDS und SPD aus dem Entwurf des
                      Runden Tisches übernommenen – Vorschlägen zu sozialen Rechten und
                      Verfahren direkter Demokratie kaum etwas übrig geblieben war.

                                 Ullmann – der die Arbeit an einer neuen Verfassung vom
                      Runden Tisch über das Kuratorium bis zu seinem Austritt aus der Verfas-
                      sungskommission des Bundestages 1993 vorangetrieben hatte – schrieb
                      zu den Gründen deren Scheiterns:

                                    „Daß dies [dem Verfassungskonzept des Runden Tisches
                      Geltung zu verschaffen] nicht gelang, lag nicht etwa am utopischen
                      Charakter dieses Konzeptes, sondern an dem Widerstand, den es her-
                      vorrief, weil von anderer Seite seine Realisierbarkeit nur zu sehr gefürch-
                      tet wurde“ (2001, S. 114).

                                  Einig waren sich Befürworter*innen und Gegner*innen
                      der Verfassung wohl darin, dass mit der Verfassungsdebatte nichts
                      Geringeres als eine fundamentale Weichenstellung für die politische
                      Ausrichtung des wiedervereinten Deutschlands und Europas auf dem
                      Spiel stand. Mit der Option einer breit geführten Verfassungsdiskus-
                      sion verschwand auch die Perspektive eines anderen politischen Weges.
                      Statt die Ausweitung von sozialen Rechte und Teilhabebefugnissen
                      voranzutreiben, legte der Bundestag 1993 die verfassungsrechtlichen
                      Grundlagen für die Privatisierung von Bahn und Post – und schränkte
                      das Asylrecht ein.

                      Auszug aus: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #5: „Zur Verfassung.
                      Recherchen, Dokumente 1989–2017“ Elske Rosenfeld, Kerstin Meyer, Joerg Franzbecker,
                      2017

                      Quellen:
                      • Arbeitsgruppe „Neue Verfassung der DDR“ des Runden Tisches, Verfassung Der
                        Deutschen Demokratischen Republik. Entwurf, Berlin 1990.
                      • Christopher Banditt, Das „Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund
                        deutscher Länder“ in der Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung, in: bpb –
                        Deutschland Archiv, 16.10.2014
                      • Bazillus gegen das Grundgesetz?, in: Der Spiegel 2/1992
                      • Das Bundesarchiv, Protokoll der 3. Tagung der Volkskammer der DDR am 19. April 1990
                      • Das Bundesarchiv, Protokoll der 5. Tagung der Volkskammer der DDR am 26. April 1990
                      • Eckart Conze, Katharina Gajdukowa, Sigrid Koch-Baumgarten (Hg.), Die
                        demokratische Revolution 1989 in der DDR, Köln/Weimar/Wien 2009.
                      • Bernd Gehrke, Radikaldemokratische Alternative für die DDR und die BRD? Zur
                        Historischen Bedeutung des Verfassungsentwurfes des Zentralen Runden Tisches in

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                        der DDR, Vortrag bei der Tagung Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches in
                        der DDR. Chance – Scheitern – Aktualität der Stiftung Haus der Demokratie und
                        Menschenrechte am 17.10.2014.
                      • Jürgen Hartmann (Hg.), Pluralismus und Parlamentarismus in Theorie und Praxis.
                        Winfried Steffani zum 65. Geburtstag, Opladen 1992.
                      • Irena Kukutz, Chronik der Bürgerbewegung NEUES FORUM 1989–1990, Berlin 2009.
                      • Klaus Emmerich, Ulrich K. Preuß, Rosemarie Will, Klaus Wolfram, Konstituierung,
                        Arbeitsprozess und Scheitern des Verfassungsentwurfes des Runden Tisches.
                        Gesprächsrunde mit damaligen Akteuren der Arbeitsgruppe des Runden Tisches,
                        Podiumsgespräch bei der Tagung Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches
                        in der DDR. Chance – Scheitern – Aktualität der Stiftung Haus der Demokratie und
                        Menschenrechte am 18.10.2014.
                      • Martin Rath, Zwanzigster Jahrestag Verfassungsentwurf für Deutschland. Ein
                        vergessenes Stück staatsrechtlicher Phantasie, in: Legal Tribune Online, 03.04.2011
                      • Klaus Michael Rogner, Der Verfassungsentwurf des Zentralen Runden Tisches der DDR.
                        Beiträge Zur Politischen Wissenschaft, Bd. 66, Berlin 1993.
                      • Elske Rosenfeld, Interview mit Klaus Wolfram, Mitverfasser des Verfassungsentwurfs
                        des Zentralen Runden Tisches, 26.08.2010.
                      • Thilo Schmidt, Deutsche Rufe (10). Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches 1990, in:
                        Deutschlandfunk Kultur, 14.07.2015
                      • Uwe Thaysen (Hg.), Der Zentrale Runde Tisch der DDR. Wortprotokoll und Dokumente,
                        Opladen 1999.
                      • Wolfgang Ullmann, Für einen demokratisch verfaßten Bund Deutscher Länder. Rede
                        auf der Gründungsveranstaltung der ersten gesamtdeutschen Bürgerinitiative im
                        Berliner Reichstag am 16. Juni 1990, in: Wolfgang Ullmann, Bernhard Maleck (Hg.),
                        Verfassung und Parlament. Ein Beitrag zur Verfassungsdiskussion. Berlin 1992.
                      • Wolfgang Ullmann, Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches – reelle Chance oder
                        Utopie?, in: Catharina Schultheiss, Peter Bohley und Andrea Pabst (Hg.), Wir sind das
                        Volk? Ostdeutsche Bürgerrechtsbewegungen und die Wende, Tübingen 2001.

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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                      Uncanny Valley

                                  Uncanny Valley
                                  Rimini Protokoll (Stefan Kaegi) & Thomas Melle
                                  8. bis 17. März, Haus der Berliner Festspiele

                                  Termine
                                  08.03.2019: 16:30, 19:00 und 22:00
                                  09.03.2019: 19:30
                                  10.03.2019: 15:00 und 17:00
                                  11./12.03.2019: jeweils 18:00 und 21:00
                                  13.–16.03.2019: jeweils 18:30
                                  17.03.2019: 16:30

                                  Tickets
                                  € 12 / ermäßigt € 8

                                  Wir kennen Roboter vor allem als Arbeitsmaschinen. In der
                      deutschen Industrie sehen sie Menschen kaum ähnlich, um emotionale
                      Verstrickungen zu vermeiden. In Asien hingegen werden schon länger
                      humanoide Roboter entwickelt, etwa für die Alterspflege oder als Sex-
                      partner. Die äußerliche Ähnlichkeit zu Menschen soll hier die Akzep-
                      tanz der Maschine erleichtern. Sie weckt aber auch Misstrauen: Was ist
                      Mensch, was Maschine? Der japanische Roboterwissenschaftler Masa-
                      hiro Mori hat festgestellt, dass humanoide Roboter keineswegs immer
                      mehr akzeptiert werden, je menschenähnlicher sie werden, sondern
                      deren Akzeptanz in einem bestimmten Bereich rapide abnimmt und
                      erst weit später, wenn die künstliche Maschine vom Menschen kaum
                      mehr zu unterscheiden ist, wieder zunimmt. Diese Akzeptanzlücke, die
                      in jenem unheimlichen Bereich zwischen „echt“ und „künstlich“ ent-
                      steht, nennen japanische Roboterforscher „Uncanny Valley“.

                                   Für die Aufführung des Stücks „Uncanny Valley“ wurde vom
                      Schriftsteller Thomas Melle ein animatronisches Double erstellt – ein täu-
                      schend echter Roboter, der anstelle des Autors auf der Bühne steht. Die
                      Maschine als Schauspieler – wie weit geht die Illusion? Kann ein Roboter
                      uns ähnlich berühren wie ein Mensch? Ist er überhaupt noch von ihm
                      zu unterscheiden? Der wirkliche Thomas Melle beobachtete und Stefan
                      Kaegi dokumentierte, wie Ingenieur*innen aus Servomotoren und Sili-
                      kon seinen Körper neu zusammensetzten und so programmierten, dass
                      die Motoren sein Bewegungsrepertoire bis in kleinste Details überneh-
                      men. Durch Feinmechanik, Maske und Kostüm wurde der humanoide
                      Roboter zu einem Darsteller, dessen Mimik, Gestik und Sprache womög-
                      lich Empathie auslösen – doch Empathie mit wem? Mit Melle selbst, der

                                                          Berliner Festspiele

                                                            Pressemappe
                                                           Immersion 2019
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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                     Uncanny Valley

                      ja nicht mehr da ist, oder doch schon mit dem Roboter? Wer spricht im
                      unheimlichen Tal?

                                   In diesem Stück von Rimini Protokoll wird die Maschine zur
                      Projektionsfläche für eine Zukunft, in der das menschliche Original so
                      real ist wie sein technisches Double. Thomas Melle gibt die Kontrolle
                      an einen Doppelgänger ab, der ihn ersetzt, über das wechselseitige
                      Verhältnis reflektiert und dieses Nachdenken als vielfach gespaltenen
                      Vorgang Abend für Abend identisch wiederholbar macht. So gleiten Ori-
                      ginal und Kopie in faszinierender Weise ineinander, ein überraschendes
                      Beispiel für die wechselseitige Durchdringung von Technik und Natur
                      – wie viel vom Menschen Melle steckt in dieser Technik und wie viel Tech-
                      nik bald schon im Menschen?

                                  Konzept, Text, Regie Stefan Kaegi
                                  Text, Körper, Stimme Thomas Melle
                                  Ausstattung Evi Bauer
                                  Animatronik Chriscreatures Filmeffects GmbH
                                  Herstellung & Art Finish des Silikonkopfes / Koloration &
                                  Haare Tommy Opatz
                                  Dramaturgie Martin Valdés-Stauber
                                  Video Design Mikko Gaestel
                                  Musik Nicolas Neecke

                                  Uraufführung am 4. Oktober 2018, Münchner Kammerspiele.

                                  Produktion Münchner Kammerspiele
                                  In Koproduktion mit Berliner Festspiele / Immersion,
                                  donau festival (Krems), Feodor Elutine (Moscow),
                                  FOG Triennale Milano Performing Arts (Milano),
                                  Temporada Alta – Festival de Tador de Catalunya (Girona),
                                  SPRING Utrecht

                                                    Berliner Festspiele

                                                      Pressemappe
                                                     Immersion 2019
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                                  The New Infinity
                                  Neue Kunst für Planetarien

                                  The New Infinity on Tour
                                  28. – 30.06., Wisdome Immersive Art Park, Los Angeles, Kalifornien
                                  12. – 14.07., Sudekum Planetarium, Nashville, Tennessee
                                  25. – 27.07., Arvin Gottlieb Planetarium, Kansas City, Missouri

                                  August und September 2019
                                  „The New Infinity“ mit neuen Arbeiten in Hamburg und Berlin

                                  Die Entwicklungen der digitalen Welt stellen die Infra-
                      strukturen aus der analogen Zeit vor neue Herausforderungen. Das gilt
                      auch für das Planetarium, das bereits seit hundert Jahren als Tor in die
                      Unendlichkeit des Sternenhimmels ein Raum für entgrenzte, immersive
                      Gemeinschaftserfahrungen ist. Verbunden mit digitaler Technologie
                      und mobiler Architektur kann es neue Erfahrungen ermöglichen, neue
                      Gemeinschaften schaffen und Ereignisse vermitteln – auch für ein Publi-
                      kum, das die Künste sonst nur schwer erreicht. Als weltweit verbreitete
                      Hardware ist das Planetarium ein ideales Mittel, um Technologie- und
                      zeitgenössische Kunsterfahrungen zu demokratisieren und zu verbrei-
                      ten. Es ermöglicht eine sehr zeitgemäße Form globaler Gleichzeitigkeit.

                                   In der Programmreihe „The New Infinity“ präsentieren die
                      Berliner Festspiele/Immersion in Kooperation mit dem Planetarium
                      Hamburg ab Herbst 2018 neue künstlerische Fulldome-Produktionen.
                      Fulldome beschreibt den technisch maximalen Bildeindruck unserer
                      Zeit, der als Gruppe erleb- und teilbar ist. Das Planetarium Hamburg
                      zählt zu den führenden und besucherstärksten Häusern seiner Art im
                      deutschsprachigen Raum und ist wichtiger Akteur der International
                      Planetarium Society. Es möchte seinen Weg fortsetzen, die eigene Ein-
                      richtung für künstlerische Inhalte zu öffnen und sie durch sein Netzwerk
                      zu verbreiten. Mit allerneuster technischer Ausstattung verfügt es über
                      ungeahnte Potentiale für immersive Begegnungen. Für „The New Infi-
                      nity“ möchten wir den Kuppelraum Künstler*innen als Ermöglichungs-
                      apparat zur Verfügung stellen, um mit den Mitteln digitaler Audio- und
                      Videotechnik das zu erschaffen, was seit Menschengedenken in
                      immer wieder neuen Entwicklungsstadien versucht wird: Momente
                      der Entgrenzung zu erzeugen und Ahnungen von etwas erfahrbar zu
                      machen, das die Grenzen unserer Wahrnehmung überschreitet – die
                      Unendlichkeit. Von 2018 bis 2020 laden wir Bildende Künstler*innen,

                                                        Berliner Festspiele

                                                          Pressemappe
                                                         Immersion 2019
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                      Klangkünstler*innen, Filmemacher*innen und Game-Entwickler*innen
                      ein, neue Kunstproduktionen für den Kuppelraum zu erarbeiten.

                                  Die Reihe eröffnete am 26. September 2018 im Rahmen der
                      Berlin Art Week in einer mobilen Kuppel auf dem Mariannenplatz, mit
                      neuen Arbeiten von David OReilly, Holly Herndon & Mathew Dryhurst
                      und Fatima Al Qadiri & Transforma sowie einem Abschlusskonzert mit
                      William Basinski, Evelina Domnitch & Dmitry Gelfand. Anschließend
                      wurden die Arbeiten im Planetarium Hamburg und auf zahlreichen
                      internationalen Festivals präsentiert.

                                   Im Rahmen von „Wunderbar Together“, dem Deutschland-
                      jahr in den USA, realisiert vom Goethe-Institut, touren die Arbeiten von
                      „The New Infinity“ durch drei Städte der USA. Neben den Werken aus
                      2018 wird eine neue Arbeit von Agnieszka Polska präsentiert. Anschlie-
                      ßend findet im September die neue Ausgabe von „The New Infinity“
                      erneut auf dem Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg im Mobile Dome
                      statt, u.a. mit dem internationalen Künstler*innen-Duo Metahaven.

                      Das Projekt „The New Infinity on Tour“ ist Teil der Initiative „Deutschlandjahr USA 2018–
                      19“. „Deutschlandjahr USA 2018–19“ ist gefördert vom Auswärtigen Amt (AA), realisiert
                      durch das Goethe-Institut und unterstützt vom Bundesverband der Deutschen Industrie
                      (BDI).

                                                            Berliner Festspiele

                                                              Pressemappe
                                                             Immersion 2019
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                                  Taylor Mac — A 24-Decade History of Popular Music
                                  Oktober 2019, Haus der Berliner Festspiele

                                  Termine
                                  10./12./18./20. Oktober, jeweils 18:00 – 24:00 h

                                  Tickets
                                  Der Vorverkauf startet im Mai 2019

                                  Mit 240 Popsongs durch 240 Jahre amerikanischer
                      Geschichtsschreibung: Taylor Macs monumentale Show „A 24-Decade
                      History of Popular Music“ erzählt eine alternative Geschichte der USA.
                      Die vielfach ausgezeichnete Arbeit des amerikanischen Dramati-
                      kers, Performers und Produzenten, die im Haus der Berliner Festspiele
                      in der ungekürzten Fassung ihre Europapremiere feiert, nimmt sich
                      des Kampfes gegen Unterdrückung, Konformismus, Rassismus und
                      patriarchale Verhältnisse an. Das 24-stündige Werk ist im Festspiel-
                      haus über vier Abende hinweg zu erleben und entwickelt mit rund 100
                      Performer*innen eine schillernde, opulente Revue, in der all jene zu Wort
                      kommen, deren Stimmen nicht in den Geschichtsbüchern widerhallen.

                                   „‚A 24-Decade History of Popular Music‘ ist ein Reenact-
                      ment, das zeigt, warum Individuen auf lange Sicht Verlierer sind,
                      während Gemeinschaften und Bewegungen, wenn sie kontinuierlich
                      zusammengeführt werden, das Potenzial haben, zu gedeihen und
                      immer gerechter zu werden“, so Taylor Mac. „Ich bin kein Lehrer. Mein
                      Job ist es, Menschen an etwas zu erinnern. Ich erinnere das Publikum an
                      Dinge, die es vergessen, verworfen oder verdrängt hat – oder die andere
                      für es verdrängt haben.“ judy – so das bevorzugte Gender-Pronomen von
                      Taylor Mac – tritt mit dieser ermächtigenden Geste auf und begibt sich
                      in ein unbändiges Spiel, in dem sich die Grenzen zwischen Zuschauer-
                      raum und Bühnenshow, zwischen Innen und Außen, zwischen vermeint-
                      licher Realität und gewünschter Fiktion zunehmend auflösen. Die groß
                      orchestrierte Produktion aus New York komplettiert sich durch Berliner
                      Musiker*innen, Special Guests und eine Gruppe von „Dandy Minions“:
                      Performer*innen aller Art aus den unterschiedlichsten Milieus der Stadt.

                                  Regie, Autor & Performer: Taylor Mac
                                  Dramaturgie: Jocelyn Clarke
                                  Kostüm: Machine Dazzle

                                                         Berliner Festspiele

                                                           Pressemappe
                                                          Immersion 2019
                                                               20/31
Berliner Festspiele   IMMERSION 2019                                 Taylor Mac

                      Musikalische Leitung & Arrangement: Matt Ray
                      Co-Regie: Niegel Smith
                      Bühnenbild: Mimi Lien
                      Licht: John Torres
                      Sounddesign: Jimin Brelsford
                      Choreografische Beratung: Jawole Zollar
                      Produktion: Pomegranate Arts

                                       Berliner Festspiele

                                         Pressemappe
                                        Immersion 2019
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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                       Diamante

                                  Diamante
                                  Mariano Pensotti / Grupo Marea
                                  November 2019, Haus der Berliner Festspiele

                                  Termine
                                  16.11.19, 17:00–23:00
                                  17.11.19, 15:00–21:00
                                  20.11.19, 17:00–23:00
                                  22.11.19, 17:00–23:00
                                  23.11.19, 17:00–23:00
                                  24.11.19, 15:00–21:00

                                  Tickets
                                  Der Vorverkauf startet im Mai 2019

                                  Mariano Pensotti baut für sein Stück „Diamante“ ein Dorf
                      ins Haus der Berliner Festspiele. Auf der Bühne und im Saal stehen Holz-
                      häuschen, zwischen denen sich die Gäste in vielen kleinen Gruppen von
                      einem Ort des Geschehens zum anderen bewegen und das Leben im
                      Dorf beobachten können. Diese Siedlung am Rande des Dschungels ist
                      ein besonderer Ort, denn sie befindet sich im Privatbesitz eines Unter-
                      nehmens wie es sie nicht nur in Lateinamerika gibt. Vor gut 100 Jahren,
                      so die Fiktion des Schriftstellers, Filmregisseurs und Theatermachers
                      Mariano Pensotti, errichtete sie der deutsche Industrielle Emil Hügel im
                      Norden Argentiniens als Werkssiedlung für sein Kohle- und Stahl-Unter-
                      nehmen „Goodwind“. Heute ist Diamante eine Art Dschungel-Silicon
                      Valley und spezialisiert auf die Programmierung von Software.

                                   In Pensottis Inszenierung erleben die Besucher*innen
                      zusammen mit den Einwohner*innen – gespielt von argentinischen und
                      deutschen Darsteller*innen –, wie sich die Stadt im Laufe eines Jahres
                      von einer florierenden sozial-kapitalistischen Utopie in ein Horrorsze-
                      nario verwandelt: Allmorgendliche, gemeinsame Sportübungen und
                      allabendliches, gemeinsames Musizieren werden abgelöst von Raub-
                      überfällen und der Angst vor den Anderen, die in den umliegenden
                      argentinischen Dörfern wohnen. Die stolzen Arbeiter*innen der Fabrik
                      verwandeln sich allmählich in Dienstleistende, die unter prekären
                      Bedingungen leben.

                                Mariano Pensotti bringt große Geschichten in einer
                      Mischung aus Realität und Fiktion auf die Bühne, die eine besondere
                      Form von Gesamtkunstwerk aus Spiel, Licht und Film annehmen. In

                                                          Berliner Festspiele

                                                            Pressemappe
                                                           Immersion 2019
                                                                22/31
Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                       Diamante

                      diesem sechsstündigen Theaterereignis sind die Besucher*innen dazu
                      eingeladen, nicht nur in die Fenster der Häuser von Diamante zu
                      schauen, sondern sich auch ihren eigenen Weg durch die vielen Leben
                      der Bewohner*innen zu suchen. Mariano Pensotti erzählt nicht nur die
                      Geschichte der Privatstadt Diamante in Argentinien, sondern macht
                      das Szenario einer Werkssiedlung oder sogenannten Free Private City, in
                      der die Nutzung öffentlicher Güter und Dienste von der Strategie eines
                      Konzerns abhängen, erlebbar – ein Phänomen, das im 21. Jahrhundert
                      längst nicht mehr so futuristisch und utopisch ist wie es klingt.

                                  Text, Regie: Mariano Pensotti
                                  Bühne, Kostüm: Mariana Tirantte
                                  Musik: Diego Vainer
                                  Licht: Alejandro Le Roux
                                  Künstlerische Produktionsleitung: Florencia Wasser

                                  Eine Uraufführung der Ruhrtriennale 2018.

                                  Die Aufführungen in Berlin sind eine Produktion der
                                  Berliner Festspiele / Immersion in Koproduktion mit den
                                  Wiener Festwochen und dem Grand Theatre Groningen.

                                                    Berliner Festspiele

                                                      Pressemappe
                                                     Immersion 2019
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Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                      IMMERSION 2016 | 2017 | 2018

                                  Rückblick IMMERSION 2016

                                  Mona el Gammal
                                  RHIZOMAT
                                  NARRATIVE SPACE IM EHEMALIGEN FERNMELDEAMT, PALISADENSTRASSE

                                 Die Bühnenbildnerin Mona el Gammal verwandelte das
                      ehemalige DDR-Fernmeldeamt auf drei Etagen in ein Bauwerk des
                      Jahres 2060 und führte darin über drei Monate täglich zwölf Stunden
                      ein Stück ohne Schauspieler für jeweils eine*n Zuschauer*in auf.

                                  Gefördert durch Hauptstadtkulturfonds,
                                  Bundeszentrale für politische Bildung / bpb und Rudolf Augstein Stiftung

                                  Lundahl & Seitl
                                  Symphony of a Missing Room
                                  IMMERSIVE MUSEUMSFÜHRUNG IM GROPIUS BAU

                                  Durch undurchsichtige Brillen und Kopfhörer der Außenwelt
                      enthoben, bewegten sich die Besucher*innen mithilfe einer Kombination
                      von Audio-Anweisungen und Berührungen ausgebildeter Guides durch
                      reale und imaginierte Räume des Gropius Bau. Das Gästebuch war
                      voller euphorischer Kommentare, die meisten Besucher*innen fühlten
                      sich mittendrin und vollkommen draußen.

                                  Omer Fast
                                  »Reden ist nicht immer die Lösung«
                                  AUSSTELLUNG IM GROPIUS BAU

                                 Der Videokünstler durchbrach das klassische Ausstellungs-
                      format, indem er neben den Projektionsräumen für seine Filme drei
                      Warteräume inszenierte und sie mit unangekündigten Performances
                      bespielte.

                                  Schule der Distanz
                                  VORTRÄGE, PERFORMANCES, INSTALLATIONEN IM GROPIUS BAU

                                  Ein zentrales Thema immersiver Erfahrungen ist die Distanz,
                      die zwischen Kunstwerk und Publikum neu vermessen und oft zum
                      Verschwinden gebracht wird. Das diskursiv-performative Wochenende
                      „Schule der Distanz“ brachte Expert*innen des Ein- und Auftauchens in
                      künstliche Welten zusammen.

                                                        Berliner Festspiele

                                                           Pressemappe
                                                         IMMERSION 2019
                                                               24/31
Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                   IMMERSION 2016 | 2017 | 2018

                                  Rückblick IMMERSION 2017

                                  Vegard Vinge / Ida Müller
                                  Nationaltheater Reinickendorf
                                   Über ein halbes Jahr hinweg bauten Vegard Vinge und Ida
                      Müller ihr Totaltheater in die Halle einer ehemaligen Munitionsfabrik
                      und inszenierten darin an zehn Abenden ihre zwölfstündigen Live-Sets
                      zwischen Performance, Konzert,Ausstellung und begehbarer Installation,
                      u.a. mit der Fortsetzung ihrer „Ibsen-Saga“, einem Hamletmusical, der
                      Panini-Kathedrale und einem U-Boot. Die Produktion wurde 2018 zum
                      Theatertreffen eingeladen.

                                  Mit Unterstützung durch Norsk Kulturråd

                                  Ed Atkins
                                  Old Food
                                  AUSSTELLUNG IM GROPIUS BAU

                                 Für den Gropius Bau stellte Ed Atkins seinen neuen
                      Videoarbeiten auf großen Monitorwänden und Flat-Screens eine
                      Präsentation von rund 6000 Kostümen aus dem Fundus der Deutschen
                      Oper Berlin gegenüber. Für ihn war die Ausstellung ein modernes
                      Kammerspiel, choreografiert durch eine Komposition von Jürg Frey.

                                  Jonathan Meese / Bernhard Lang / Simone Young
                                  MONDPARSIFAL BETA 9–23
                                  (VON EINEM, DER AUSZOG DEN „WAGNERIANERN DES
                                  GRAUENS“ DAS „GEILSTGRUSELN“ ZU ERZLEHREN…)
                                  OPER VON BERNHARD LANG
                                  NACH RICHARD WAGNERS „PARSIFAL“
                                  IM HAUS DER BERLINER FESTSPIELE

                                  Für Bernhard Langs Wagnerüberschreibung entwarf
                      Jonathan Meese Bühnen- und Kostümbild und debütierte als Regisseur
                      einer Oper, die er auf einer künstlerischen Übertitelspur kommentierte.
                      Mit einer Installation inszenierte er Foyers und Unterbühne des
                      Festspielhauses. Ein kleiner Schritt auf dem Weg in die Diktatur der
                      Kunst, ein großer Schritt für den Künstler.

                                  Auftragswerk und Produktion Wiener Festwochen.

                                                       Berliner Festspiele

                                                         Pressemappe
                                                       IMMERSION 2019
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Berliner Festspiele              IMMERSION 2019                                   IMMERSION 2016 | 2017 | 2018

                                 Koproduktion Berliner Festspiele / Immersion
                                 LIMITS OF KNOWING
                                 Interdisziplinäres Programm

                                 Arrival of Time
                                 AUSSTELLUNG IM GROPIUS BAU

                                  Die Ausstellung erkundete in Zusammenarbeit mit
                      Künstler*innen und den für die Messung von Gravitationswellen mit
                      dem Nobelpreis für Physik 2017 ausgezeichneten Wissenschaftler*innen
                      des LIGO CalTech ein neues Verständnis von Zeit.

                                 Mona el Gammal
                                 RHIZOMAT VR
                                 360°-FILM
                                 VR EXPERIENCE

                                  Der mit ARTE und INVR.SPACE produzierte 360°-Film
                      verlängert die Welt von Mona el Gammals Narrative Space in den
                      digitalen Raum. Er ist kostenlos in der ARTE 360VR-App zu sehen.

                                 Eine Produktion von INVR.SPACE GmbH in Koproduktion mit Berliner
                                 Festspiele/Immersion und ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE.
                                 Mit freundlicher Unterstützung von Fraunhofer Institut

                                 Lundahl & Seitl
                                 Unknown Cloud on Its Way to Berlin
                                 DIGITALES KUNSTWERK AUF DEM TEMPELHOFER FELD

                                  Von einer Smartphone-App geführt kamen Menschen auf
                      dem Tempelhofer Feld zusammen, um das kosmische Phänomen der
                      „Cloud“ zu erleben, das eine neue Form von Gemeinschaft ermöglicht.

                                                       Berliner Festspiele

                                                          Pressemappe
                                                        IMMERSION 2019
                                                              26/31
Berliner Festspiele               IMMERSION 2019                                 IMMERSION 2016 | 2017 | 2018

                                  Rimini Protokoll
                                  Nachlass – Pièces sans personnes
                                  SZENISCHE INSTALLATION IM GROPIUS BAU

                                  Stefan Kaegi und Dominic Huber schufen eine Installation
                      aus acht Räumen, die in Abwesenheit ihrer Protagonist*innen davon
                      erzählen, was von einem Menschen bleibt, wenn er nicht mehr da ist –
                      Mausoleen des 21. Jahrhunderts, die von ihren späteren Besitzern selbst
                      gestaltet wurden.
                                  Produktion Théâtre de Vidy, Lausanne

                                  Chris Salter + TeZ
                                  Haptic Field (v2.0)
                                  MULTISENSORISCHE INSTALLATION IM GROPIUS BAU

                                 In diesem multisensorischen Erlebnisparcours verschmolzen
                      Tastsinn, Sehen, Hören und Riechen zu einer gesamtheitlichen
                      Erfahrung. Die Besucher*innen wurden lediglich von Vibrationen, Licht
                      und Dunkelheit durch die halluzinatorischen Räume geleitet.

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