Impfung gegen Herpes zoster: keine Aufnahme in den Schweizerischen Impfplan

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Übertragbare Krankheiten
Impfung gegen Herpes zoster: keine Aufnahme
in den Schweizerischen Impfplan

                Der Herpes zoster (Gürtelrose) wird durch                     Impfplan aufzunehmen. Im Folgen-
                                                                              den soll der Standpunkt von EKIF
die Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus verursacht,                      und BAG näher erläutert und be-
wobei im Verlauf des Lebens ein kumulatives Risiko                            gründet werden.
                                                                                Aufgrund der Zusammensetzung
einer Erkrankung von 25% besteht. In der Schweiz                              (attenuierter Lebendimpfstoff) und
erkranken gemäss Sentinella jährlich rund 17 000 Perso-                       der Zulassungsbedingungen des
                                                                              Impfstoffs in der Schweiz (ab
nen an Herpes zoster, zwei Drittel davon sind über                            50 Jahren) bezieht sich dessen Ver-
50 Jahre alt. Die durch Herpes zoster verursachte Sterb-                      wendung nicht a priori auf die Prä-
lichkeit liegt praktisch bei null. Die Schwere der Krank-                     vention des Herpes zoster bei im-
                                                                              munsupprimierten Personen oder
heit ist vor allem durch die postherpetische Neuralgie                        jungen Erwachsenen. Die nachfol-
bedingt, die mehrere Monate dauern kann. Der akute                            genden Informationen und Überle-
                                                                              gungen betreffen somit vorab den
Befall des Trigeminus (V1, Zoster ophthalmicus) stellt                        Herpes zoster älterer Menschen
hingegen eine spezielle Situation dar, die immer eine                         ohne spezifische Immunsuppres-
rasche Behandlung und Untersuchung durch den Spe-                             sion.
zialisten erfordert. Sowohl die Inzidenz des Herpes
zoster als auch die Häufigkeit der postherpetischen                           KRANKHEITSLAST
Neuralgie nehmen mit dem Alter stark zu. Seit 2008
                                                                              Der Herpes zoster wird durch die
steht in der Schweiz für Personen ab 50 Jahren ein                            Reaktivierung des Varicella-Zoster-
sicherer und gut verträglicher abgeschwächter Lebend-                         Virus verursacht, das nach der aku-
                                                                              ten Windpockenerkrankung latent
impfstoff zur Verfügung, der demjenigen gegen Varizel-                        in Nervenganglien verbleibt. Ob-

                                                                                                                     8. Februar 2010
len ähnlich ist, aber eine sehr viel höhere Dosierung der                     wohl die meisten Menschen in der
Impfviren aufweist. Nach eingehender Prüfung kommen                           Kindheit an Windpocken erkranken,
                                                                              entwickeln nicht alle einen Herpes
die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF)                           zoster. Das kumulierte Risiko, im
und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Schluss,                           Leben an Herpes zoster zu erkran-
dass der Nutzen der Impfung für die öffentliche Gesund-                       ken, wird auf 25% geschätzt [1], ei-
                                                                              ner von zwanzig Patienten erkrankt
heit beschränkt ist, dass der Wirksamkeitsgrad keinen                         mehrfach [2]. Die Sentinella-Erhe-
optimalen individuellen Schutz sicherstellt (Wirksamkeit                      bung von 1998–2001 ergab einen
                                                                              sehr stabilen Durchschnitt von rund
50–70%) und dass keine Gruppen mit einem erhöhten                             17 000 Fällen pro Jahr in der
Komplikationsrisiko, welche von der Impfung profitieren                       Schweiz. Der Herpes zoster wird in
könnten, identifiziert werden können. Studien ergaben                         allen Altersgruppen, auch bei unter
                                                                              50-Jährigen beobachtet, am häu-
zudem ein widersprüchliches Bild bei der Kosteneffekti-                       figsten aber bei Personen über
vität des vergleichsweise teuren Impfstoffs. Dies und                         50 Jahren (rund zwei Drittel der
                                                                              Fälle): in den Altersgruppen der
umfragegestützte Hinweise auf eine unzureichende
                                                                                                                     Bulletin 6

                                                                              50–59-Jährigen und 60–69-Jährigen
Akzeptanz unter den impfenden Ärztinnen und Ärzten in                         sind es 2700 Fälle pro Jahr; bei den
der Schweiz haben das BAG und die EKIF bewogen, die                           70- bis 79-Jährigen 3000 Fälle (Ma-
                                                                              ximum in absoluten Zahlen) und in
Impfung gegen Herpes zoster zum gegenwärtigen                                 der Gruppe ab 80 Jahren 2200 Fälle.
Zeitpunkt nicht in den Schweizerischen Impfplan aufzu-                        Nach den Sentinella-Daten bleibt
nehmen.                                                                       die Herpes-zoster-Inzidenz im Alter
                                                                              von 0 bis 40 Jahren stabil bei rund
                                                                              120 Fällen auf 100 000 Einwohner
                                                                              und steigt mit zunehmendem Alter
Mit der Verfügbarkeit eines Impf-      anhand eines öffentlich zugängli-      kontinuierlich auf 410/100 000 bei
stoffs gegen Herpes zoster auf dem     chen Kriterienkatalogs (http://www.    den 60- bis 69-Jährigen und auf
Schweizer Markt seit Frühling 2008     bag.admin.ch/ekif/04423/04425/         760/100 000 bei Personen ab 80
hat sich die Frage einer Impfemp-      index.html?lang=de) evaluiert. Diese   Jahren an. In Europa und Nordame-
fehlung gestellt. Das Bundesamt        Evaluation bildete für die EKIF und    rika ist die altersspezifische Inzi-
für Gesundheit (BAG) und die Eid-      das BAG die Grundlage für den Ent-     denz vergleichbar oder etwas höher
genössische Kommission für Impf-       scheid, die Impfung gegen Herpes       [3–8]. Die Mortalität von Herpes
fragen (EKIF) haben den Impfstoff in   zoster zum gegenwärtigen Zeit-         zoster ist sehr gering; sie wird       97
einer gemeinsamen Arbeitsgruppe        punkt nicht in den Schweizerischen     hauptsächlich bei sehr Betagten
(>85 Jahre) häufig im Zusammen-          keine Impfkandidaten sind. Der Spi-      Dauer der Schmerzen eines akuten
                   hang mit Begleiterkrankungen be-         talaufenthalt dauerte durchschnitt-      Herpes zoster nicht signifikant redu-
                   obachtet.                                lich 11,9 Tage (8,8 Tage bei den 40-     zieren. Dagegen wird die posther-
                      Die Schwere des Herpes zoster,        bis 69-Jährigen und 13,3 Tage bei        petische Neuralgie um 67% (95%-
                   mit Ausnahme von Zoster ophthal-         den 욷70-Jährigen).                       KI: 48–79%) reduziert. Die Schutz-
                   micus, ist weniger auf die akute Er-                                              wirkung gegen Herpes zoster nimmt
                   krankung als auf die postherpeti-                                                 mit zunehmendem Alter ab: Sie be-
                   sche Neuralgie zurückzuführen, die       IMPFSTOFF                                trägt bei den 60- bis 69-Jährigen
                   sich wegen der beeinträchtigten                                                   64% und bei Personen ab 70 Jah-
                   Leistungsfähigkeit im Alltag bei be-     In der Schweiz ist nur ein Impfstoff     ren 38%; bei der postherpetischen
                   sonders betagten oder geschwäch-         gegen Herpes zoster unter dem            Neuralgie dagegen ist der Impf-
                   ten Patienten negativ auf die Le-        Namen Zostavax® (Sanofi Pasteur          schutz nicht vom Alter abhängig
                   bensqualität auswirken kann. Zur         MSD) zugelassen. Er enthält den          [20]. Die Dauer des Schutzes ist
                   Krankheitslast der postherpetischen      gleichen attenuierten Lebendvirus-       noch nicht bekannt; in Anbetracht
                   Neuralgie bei der älteren Bevölke-       stamm wie die in der Schweiz seit        der relativ kurz dauernden Immun-
                   rung in der Schweiz liegen keine         2004 für Jugendliche und junge           antwort dürfte eine spätere Auf-
                   Daten vor. In den USA ergaben Be-        Erwachsene empfohlene Varizellen-        frischimpfung zur Aufrechterhaltung
                   obachtungen bei den 50- bis 59-Jäh-      impfung [13]. Die beiden Impfstoffe      der Immunität aber wahrscheinlich
                   rigen zwischen 1996 und 2001 eine        (gegen Varizellen und gegen Herpes       notwendig sein. Die Wirksamkeit
                   Inzidenz von 12 postherpetischen         zoster) sind jedoch aufgrund der         einer allfälligen Auffrischimpfung bei
                   Neuralgien mit einer Dauer von min-      stark unterschiedlichen Dosierung        über 70-Jährigen ist jedoch klinisch
                   destens 30 Tagen auf 100 Fälle von       der Impfviren keinesfalls austausch-     nicht erwiesen.
                   Herpes zoster; ab 80 Jahren betrug       bar. Die zur Reaktivierung einer
                   sie 33% [9]. Extrapoliert auf die        früheren Immunität gegen das Vari-
                   Schweiz ergäbe dies rund 2400            cella-Zoster-Virus benötigte Viren-      KOSTENEFFEKTIVITÄT
                   postherpetische Neuralgien pro Jahr      menge ist viel höher als für eine Pri-
                   bei Herpes zoster Erkrankten ab          märimmunisierung. Der Impfstoff          Die Daten zur Wirtschaftlichkeit der
 8. Februar 2010

                   50 Jahren, 700 davon in der Alters-      gegen Herpes zoster ist ab 50 Jah-       Impfung sind etwas widersprüch-
                   gruppe ab 80 Jahren. Die posther-        ren zugelassen; der Verkaufspreis        lich. Die einzige (nicht publizierte)
                   petische Neuralgie kann auch bei         beträgt Fr. 246.70. Die Impfung          Studie für die Schweiz hatte der
                   antiviral behandelten Patienten Mo-      wird in einmaliger Dosis subkutan        Hersteller in Auftrag gegeben. Da-
                   nate, selten sogar länger als ein        injiziert.                               nach betragen die Kosten pro ge-
                   Jahr dauern [9–11]. Der akute Befall        Der Impfstoff reaktiviert die hu-     wonnenes qualitätskorrigiertes Le-
                   des Trigeminus (V1, Zoster ophthal-      morale und zelluläre Immunität bei       bensjahr (QALY) Fr. 18 000.–. Damit
                   micus) stellt eine spezielle Situation   Menschen, die Windpocken durch-          würde die Impfung in vielen Län-
                   dar, die eine antivirale Behandlung      gemacht hatten (in der Regel in der      dern zur Kategorie der günstigen
                   innert 72 Stunden und eine Unter-        Kindheit oder Jugend) [14–18]. Die       Kosten-Nutzen-Verhältnisse gehö-
                   suchung durch den Spezialisten er-       immunogene Wirkung der Impfung           ren. Auch eine Studie für England
                   fordert.                                 ist nicht reduziert, wenn zum            und Wales (£ 20 000/QALY) [23]
                      Die Häufigkeit der Hospitalisatio-    Zeitpunkt der Impfung keine Anti-        und eine Studie für die USA
                   nen in der Schweiz wegen Herpes          körper gegen Varizellen mehr vor-        ($ 28 000/QALY für das Basisszena-
                   zoster ohne begleitende Immunsup-        handen sind [19]. Die Immunant-          rio) [24] ergeben ein günstiges Kos-
                   pression ist schwer zu beurteilen,       wort der Impfung scheint befristet       ten-Nutzen-Verhältnis. Die britische
                   da die Daten des Bundesamtes für         (
왘 왘 왘 왘 왘 왘 Übertragbare           Krankheiten

MEINUNG DER SCHWEIZER                   Schwierigkeit der Schmerzbehand-        Kostenübernahme durch die obliga-
ÄRZTINNEN UND ÄRZTE ZUR                 lung und dem Alter des Patienten        torische Krankenpflegeversicherung
KRANKHEITSLAST UND                      und setzen die kritische Schwelle       auf unter 40%. Auf praktischer
AKZEPTANZ DER IMPFUNG                   bei 60 Jahren fest.                     Ebene ergeben die Antworten, dass
                                           Nahezu alle Ärztinnen und Ärzte      die Mehrheit der Ärztinnen und
Die Problematik wurde im Novem-         (98%) gaben zudem an, selten (oder      Ärzte (83%) noch nie einem Patien-
ber 2008 durch einen Online-Frage-      sehr selten) Patienten mit Herpes       ten die Impfung vorgeschlagen hat-
bogen an die Abonnenten von Info-       zoster hospitalisiert zu haben, und     ten, und fast alle, die sie vorge-
Vac [27] sowie die Mitglieder der       39% sagten aus, noch nie einen Pa-      schlagen hatten, taten dies nur sehr
Schweizerischen Gesellschaft für        tienten nur wegen Herpes zoster         selten.
Geriatrie untersucht. Von den 4196      hospitalisiert zu haben.
angefragten Ärztinnen und Ärzten                                                Beurteilung der Impfung gegen
füllten 846 den Fragenbogen aus,        Beurteilung der postherpetischen        Herpes zoster für sich und das
der ihre Erfahrungen mit Herpes-        Neuralgie                               eigene Umfeld
zoster-Patienten und ihre Beurtei-      Nahezu alle Ärztinnen und Ärzte         Bei der letzten Fragengruppe ging
lung der Krankheitslast betraf. Zur     (98%) machten mindestens einmal         es um die Haltung der Ärzteschaft
Generierung der nachfolgenden Da-       die Erfahrung einer schwer kontrol-     gegenüber der Herpes-zoster-Imp-
ten wurden nur die Antworten der        lierbaren postherpetischen Neural-      fung für sich und ihr eigenes Um-
526 Ärztinnen und Ärzte berück-         gie bei einem Patienten, und eine       feld unabhängig von ihrer berufli-
sichtigt, bei denen es aufgrund         grosse Mehrheit (88%) verschrieb        chen Erfahrung mit der Krankheit.
ihres Fachgebiets wahrscheinlich        in dieser Situation mindestens ein-     Ein Drittel (32%) der Befragten hat
war, dass sie erwachsene Patienten      mal Opiate. Dagegen ist für nahezu      diesbezüglich (noch) keine feste
mit Herpes zoster behandeln (Allge-     die Hälfte (43%) die postherpeti-       Meinung. Von den anderen würde
meinmediziner, Internisten und Ger-     sche Neuralgie kein regelmässiges       sich ein kleiner Teil (16%) impfen
iater). Die übrigen 320 Antworten       Phänomen (weniger als ein Mal           lassen (bald oder zu gegebener Zeit)
(von Ärzten oder anderen Fachper-       auf zwei Fälle), und eine Minder-       oder die Impfung ihren Eltern vor-
sonen, die beruflich wenig mit Fäl-     heit (32%) verschreibt regelmässig      schlagen. Alle anderen (84%) sind

                                                                                                                       8. Februar 2010
len von Herpes zoster bei Erwach-       Opiate. Nahezu alle Antwortenden        wenig impffreudig. Die meistge-
senen zu tun hatten – darunter 239      (97%) gehen davon aus, selten oder      nannten Argumente für eine Nicht-
Pädiater) wurden nur bei der Frage      sehr selten einen Patienten nur auf-    impfung sind: die moderate Krank-
einbezogen, ob sie sich selbst oder     grund einer postherpetischen Neu-       heitslast (45% der Äusserungen),
ihr Umfeld impfen würden. Der Fra-      ralgie in ein Spital oder ein Heim      die bescheidene Wirksamkeit (44%)
gebogen umfasste vier Teile: Beur-      einweisen zu müssen.                    und der teure Impfstoff (28%)
teilung des akuten Herpes zoster,                                               (Mehrfachantworten möglich).
Beurteilung der postherpetischen        Gesamtbeurteilung von Krankheits-
Neuralgie, Gesamtbeurteilung der        last und systematischer Impf-
Krankheitslast und der systemati-       prävention ab dem 60. Altersjahr        IMPFSTRATEGIE
schen Impfprävention ab 60 Jahren,      Die Mehrheit der impfenden Ärztin-
Beurteilung der Impfung für sich        nen und Ärzte (72%) äusserte sich       BAG und EKIF definierten 2005 vier
und das eigene Umfeld.                  zur Krankheitslast und der poten-       Kategorien von Impfempfehlungen
                                        ziellen Wirkung der Impfung. Nach       [28]:
Beurteilung des akuten                  der Mehrheit der Äusserungen            1. Empfohlene Basisimpfung
Herpes zoster                           (70%) rechtfertigen weder Krank-        2. Empfohlene ergänzende Impfung
Nahezu alle Hausärztinnen und           heitslast noch Impfpotenzial eine       3. Empfohlene Impfung für Risiko-
                                                                                                                       Bulletin 6

Hausärzte (99%) verzeichneten Pa-       systematische Impfempfehlung ab            gruppen
tienten mit Herpes zoster, allerdings   60 Jahren. Mehr als 60% der Ärzte       4. Impfung ohne Empfehlung
eher selten: 78% weniger als            äussern zudem starke Vorbehalte,        – Die Voraussetzungen für eine
10 Fälle und 21% zwischen 10 und        einer allfälligen Empfehlung zur sys-      empfohlene Basisimpfung, ins-
20 Fälle pro Jahr. Die Fälle betrafen   tematischen Impfung dieser Alters-         besondere der erforderliche sub-
grösstenteils (93%) nicht immun-        gruppe zu folgen. Die Vorbehalte           stanzielle Nutzen für die öffent-
supprimierte Personen und in die-       müssen auf die geringe Schwere             liche Gesundheit, sind nicht er-
sem klinischen Kontext meist (78%)      der Krankheit oder das geringe Po-         füllt. Weder die in der Schweiz
über 60-Jährige. Obwohl die meis-       tenzial der Impfung zurückgeführt          beobachtete Morbidität noch die
ten Ärztinnen und Ärzte (89%) in        werden, denn die Antworten än-             Mortalität durch Herpes zoster
dieser Situation mindestens einmal      dern sich nicht signifikant, würden        rechtfertigen eine systematische
Opiate verschrieben, beurteilt die      Impfstoff und Impfung von der obli-        Impfung ab 60 Jahren. Ausser-
Mehrheit (57%) die akuten Schmer-       gatorischen Krankenpflegeversiche-         dem ist der Impfschutz (67%
zen durch Herpes zoster als leicht      rung übernommen. Dagegen gehen             Reduktion der postherpetischen
zu kontrollieren und verschreibt        die Ärztinnen und Ärzte von einem          Neuralgie und unsichere Dauer
entsprechend selten (bis sehr sel-      starken Einfluss einer Kostenüber-         des Schutzes) kaum mit einer
ten) Opiate. Die meisten Ärztinnen      nahme auf die Akzeptanz der Imp-           wirksamen Public-Health-Inter-
und Ärzte (89%) sehen einen direk-      fung bei den Patienten aus; 92%            vention zu vereinbaren. Die Tat-    99
ten Zusammenhang zwischen der           schätzen die Durchimpfung ohne             sache, dass die impfenden Ärz-
왘 왘 왘 왘 왘 왘 Übertragbare            Krankheiten

                      tinnen und Ärzte keine besonde-           für den Impfstoff und die Imp-          * B. Vaudaux (Vorsitz), Lausanne; C. Büla,
                      ren Erwartungen bezüglich der             fung werden somit nicht durch             Lausanne; R. Anderau, Neuenburg;
                                                                die obligatorische Krankenpflege-         H. Binz, Solothurn; M. Gallacchi, Melide;
                      Prävention des Herpes zoster
                                                                                                          Y. Guex-Crosier, Lausanne; P. Landry,
                      äussern, ist zudem ein weiteres           versicherung gedeckt. Die Zutei-          Neuenburg; L. Matter, Basel; P. Meylan,
                      gewichtiges Argument gegen                lung zur Kategorie ohne Empfeh-           Lausanne; J.-L. Richard, Bern; J. Roffler,
                      eine Empfehlung als Basisimp-             lung ist jedoch faktisch mit einer        Genf; C.-A. Siegrist, Genf; R. Steffen,
                      fung. Letztlich hätte eine gene-          Zugangsungleichheit verbunden,            Zürich; H. Zimmermann, Bern; Ph. Zucs,
                      relle Impfung der über 60-Jähri-          indem gut informierte und bes-            Bern.
                      gen keinen Einfluss auf die Virus-        sergestellte oder durch ihr Um-
                                                                                                        Literatur
                      zirkulation, wodurch auch kein            feld informierte und finanziell un-      1. Miller E, Marshall R, Vurdien J.
                      indirekter Effekt erwartet wer-           terstützte ältere Menschen leich-           Epidemiology, outcome and control of
                      den kann.                                 teren Zugang zur Impfung haben              varicella-zoster infection. Rev Med
                    – Auch die Voraussetzungen für              könnten als andere. Diese mögli-            Microbiol 1993; 4: 222–30.
                      eine empfohlene ergänzende                che Ungleichheit bestärkt EKIF           2. Ragozzino MW, Melton LJ, Kurland LT,
                                                                und BAG in ihrer Ansicht, dass es           Chu CP, Perry HO. Population-based
                      Impfung sind nicht erfüllt, da die
                                                                                                            study of herpes zoster and its
                      Impfung keinen ausreichenden              notwendig ist, spezifischere Risi-          sequelae. Medicine (Baltimore) 1982;
                      Schutz für diejenigen sicherstellt,       kofaktoren als das Alter zu identi-         61: 310–6.
                      die sich optimal schützen wollen.         fizieren.                                3. Brisson M, Edmunds WJ, Law B,
                      Ein günstiges Kosten-Nutzen-                                                          Gay NJ, Walld R, Brownell M, et al.
                      Verhältnis wäre zudem Voraus-                                                         Epidemiology of varicella zoster virus
                                                                                                            infection in Canada and the United
                      setzung für eine Übernahme der         SCHLUSSFOLGERUNG                               Kingdom. Epidemiol Infect 2001; 127:
                      Kosten durch die obligatorische        UND ENTSCHEID                                  305–14.
                      Krankenpflegeversicherung; diese                                                   4. Hope-Simpson RE. The nature of
                      Bedingung ist aber derzeit nicht       Aus den obgenannten Gründen ha-                herpes zoster: a long-term study and a
                      erfüllt.                               ben BAG und EKIF entschieden, die              new hypothesis. Proc R Soc Med
                    – Die Voraussetzungen für eine           Impfung gegen Herpes zoster als                1965; 58: 9–20.
                                                                                                         5. de Melker H, Berbers G, Hahne S,
                      empfohlene Impfung für Risiko-         Impfung ohne Empfehlung zu be-
                                                                                                            Rumke H, van den Hof S, de Wit A,
  8. Februar 2010

                      gruppen, die eindeutig zu definie-     lassen. Dieser Entscheid entspricht            Boot H. The epidemiology of varicella
                      ren wären, sind nicht erfüllt. Es      der verbreiteten Haltung gegenüber             and herpes zoster in The Netherlands:
                      sind keine Faktoren für ein signi-     dieser Impfung, die bisher nur in              implications for varicella zoster virus
                      fikant höheres Risiko für posther-     zwei Ländern in den nationalen                 vaccination. Vaccine 2006; 24:
                      petische Neuralgien oder sich          Impfplan aufgenommen worden ist                3946–52.
                                                                                                         6. Mullooly JP, Riedlinger K, Chun C,
                      daraus ergebende medizinische          (USA und Österreich).
                                                                                                            Weinmann S, Houston H. Incidence of
                      und funktionale Einschränkungen          Der Entscheid bedeutet, dass die             herpes zoster, 1997–2002. Epidemiol
                      (Verlust der Unabhängigkeit) be-       Impfung gegen Herpes zoster nicht              Infect 2005; 133: 245–53.
                      kannt, abgesehen von einer Im-         in den Schweizerischen Impfplan             7. Insinga RP, Itzler RF, Pellissier JM,
                      munsuppression, bei der eine           aufgenommen wird. Ärztinnen und                Saddier P, Nikas AA. The incidence of
                      Impfung mit attenuierten Lebend-       Ärzte brauchen Patienten nur auf               herpes zoster in a United States
                                                                                                            administrative database. J Gen Intern
                      viren kontraindiziert ist. Sollte      Anfrage über die Möglichkeit einer
                                                                                                            Med 2005; 20: 748–53.
                      sich durch epidemiologische und        solchen Impfung zu informieren.             8. Gauthier A, Breuer J, Carrington D,
                      soziologische Abklärungen in Zu-       BAG und EKIF werden geeignetes                 Martin M, Rémy V. Epidemiology and
                      kunft eine solche Risikogruppe         Material erstellen und öffentlich zu-          cost of herpes zoster and post-
                      eindeutig identifizieren lassen, ist   gänglich machen, um in der Bevöl-              herpetic neuralgia in the United
                      nach Ansicht von EKIF und BAG          kerung Informationsgleichheit zu               Kingdom. Epidemiol Infect. 2009;
  Bulletin 6

                                                                                                            137 (1): 38–47.
                      eine allfällige Empfehlung basie-      gewährleisten.
                                                                                                         9. Yawn BP, Saddier P, Wollan PC,
                      rend auf diesen Daten neu zu             Aufgrund der erwiesenen Wirk-                St Sauver JL, Kurland MJ, Sy LS.
                      beurteilen. Der Hauptnutzen der        samkeit und Sicherheit des Impf-               A population-based study of the
                      Impfung (Prävention der posther-       stoffs kann die Impfung auf per-               incidence and complication rates of
                      petischen Neuralgie ohne nen-          sönlichen Wunsch durchgeführt                  herpes zoster before zoster vaccine
                      nenswerte unerwünschte Wir-            werden. Die Kosten tragen die                  introduction. Mayo Clin Proc 2007;
                      kungen) würde dann ausreichen,         Geimpften.   쐍                                 82: 1341–9.
                                                                                                        10. Huse DM, Schainbaum S, Kirsch AJ,
                      wenn Personen identifiziert und                                                       Tyring S. Economic evaluation of
                      geimpft werden könnten, die ein-       Bundesamt für Gesundheit                       famciclovir in reducing the duration of
                      deutig ein höheres Risiko für          Arbeitsgruppe Impfung                          postherpetic neuralgia. Am J Health
                                                             gegen Herpes zoster*
                      postherpetische Neuralgien oder        Eidgenössische Kommission
                                                                                                            Syst Pharm 1997; 54: 1180–4.
                      für funktionale und soziale Ein-                                                  11. Kempf W, Meylan P, Gerber S, Aebi C,
                                                             für Impffragen                                 Agosti R, Büchner S, et al. Swiss
                      schränkungen aufweisen.
                                                                                                            recommendations for the manage-
                    – In Anbetracht dessen ergibt sich       Weitere Informationen                          ment of varicella zoster virus infec-
                      für die Impfung gegen Herpes           Bundesamt für Gesundheit                       tions. Swiss Med Wkly 2007; 137:
                      zoster unter den gegebenen Be-         Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit       239–51.
                                                             Sektion Impfungen
                      dingungen die Einteilung als Imp-      Telefon 031 323 87 06
                                                                                                        12. Bundesamt für Statistik. Medizinische
                      fung ohne Empfehlung (obge-                                                           Statistik der Krankenhäuser 2009
100                                                                                                         (Daten 2008).
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