INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit

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INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit
ONLINE-ROUND TABLE

INITIATIVE MINUS 15 PROZENT
  will „Spitalskeime“ reduzieren
  und nimmt Politik in die Pflicht
4.500 bis 5.000 Menschen sterben jedes Jahr in Österreich an nosokomialen Infektionen („Spitalskei-
me“), etwa fünfmal so viele wie im Straßenverkehr. Operationsbezogene Wundinfektionen („surgical site
infections“, SSI) zählen zu den häufigsten nosokomialen Infektionen. Das müsste nicht so sein, viele Todes-
fälle als Folge von Spitalskeimen könnten durch entsprechend konsequentes und professionelles Vorgehen
vermieden werden. Die von der „Initiative Sicherheit im OP“ (SIOP) und der Österreichischen Plattform
Patientensicherheit gegründete „Initiative minus 15 Prozent“ strebt deshalb eine Verringerung der noso-
komialen Infektionen in Österreich innerhalb der nächsten fünf Jahre um 15 Prozent an. Sie appelliert an
die Politik, erwartet von ihr konkrete und verbindliche Vorgaben, und fordert ein klares Commitment und
die erforderlichen Rahmenbedingungen zum Erreichen des Minus-15-Prozent-Ziels.

Die Coronakrise hat die Bedeutung der Infektionsprophylaxe besonders deutlich gemacht und gezeigt,
welche Anstrengungen möglich sind. Dieses neue Bewusstsein und Engagement gilt es auch für die Prä-
vention von Spitalskeimen zu nützen.

Bei einem Online-Round-Table in den Räumlichkeiten der APA kamen am 1. Juli 2021 Expertinnen und Ex-
perten aus den Bereichen Medizin, Wissenschaft, Krankenhausmanagement, Pflege und Patientenanwalt-
schaft zusammen, um aus ihrer Perspektive jeweils drei Vorschläge zum Erreichen dieses Ziels zu machen
und zu diskutieren.

                  DIE TEILNEHMERINNEN UND TEILNEHMER

O Dr. Gerald BACHINGER                                     O Univ.-Prof. Dr. Klaus MARKSTALLER
  Sprecher der österreichischen Patienten-                   Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensiv-
  und Pflegeanwältinnen und -anwälte (zugeschaltet)          medizin und Schmerztherapie, MedUni Wien/AKH Wien;
                                                             Past Präsident der ÖGARI
O Dr. Alexander BLACKY
  Facharzt für Hygiene; Vorstandsmitglied der              O Dir. Christian SCHROFFENEGGER, MSc,
  Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaus-             Verwaltungsdirektor und Prokurist des
  hygiene und Mikrobiologie (ÖGKH)                           gemeinnützigen und öffentlichen Akut-
                                                             krankenhauses der Elisabethinen in Graz
O Dir.in Dr.in Brigitte ETTL
  Ärztliche Direktorin an der Klinik Hietzing;             O DGKP Josef ZELLHOFER
  Präsidentin der Österreichischen Plattform                 Vorsitzender der ÖGB/ARGE-Fachgruppenvereinigung
  Patientensicherheit                                        für Gesundheits- und Sozialberufe

O Dr.in Maria KLETECKA-PULKER
  Geschäftsführerin der Österreichischen Plattform            Moderation:
  Patientensicherheit, Direktorin des LBI Digital Health      Mag. Roland BETTSCHART
  and Patient Safety                                          Bettschart&Kofler Kommunikationsberatung
                                                                                                                1
INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit
men 10.000 bis 12.000 Euro zusätzliche Behand-
                                              Dir. Dr.
                                                   in    in                      lungskosten und verursacht eine Verlängerung des
Anna Rauchenberger

                                              BRIGITTE ETTL                      Krankenhausaufenthaltes um das 2½- bis 3-Fache.
                                                                                 Die Plattform Patientensicherheit und die Initia-
                                              Ärztliche Direktorin               tive Sicherheit im OP haben dieser Entwicklung
                                              an der Klinik Hietzing;            Rechnung getragen. So wurde das Expertenpapier
                                              Präsidentin der                    „Haftung bei nosokomialen Infektionen – Wie Kran-
                                              Österreichischen                   kenanstalten ihre Patientinnen und Patienten, ihre
                                              Plattform Patienten-               Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sich selbst
                                              sicherheit                         schützen können“ erarbeitet. Das Thema Haftung
                                                                                 im Zusammenhang mit nosokomialen Infektionen
                                                                                 wird wohl in Zukunft an Relevanz gewinnen. Da-
                                                                                 mit rückt die Frage der bestmöglichen Prävention
                                                                                 sowie Absicherung für den Ernstfall verstärkt in

L
    aut einer Schätzung des European Centre for Di-                              den Fokus von Institutionen, Berufsgruppen und
    sease Prevention and Control (ECDC) erkranken                                Einzelpersonen.
    über 4,1 Millionen Menschen in Europa jährlich an
einer nosokomialen Infektion. Ganz allgemein kann                           3. Patient Empowerment: Patientinnen und Patienten
man sagen: Antibiotikaresistente Infektionen sind auf                          müssen in die Abläufe eingebunden werden und
dem Vormarsch und gefährden die öffentliche Ge-                                eine aktive Rolle spielen. Dass auch Patienten einen
sundheit. Gerade die Pandemie hat die Bedeutung von                            positiven Beitrag zu mehr Patientensicherheit leis-
Hygiene und Infektionsprophylaxe deutlich gemacht.                             ten könnten, rückt erst langsam in das Bewusstsein
                                                                               der Verantwortlichen. Beobachtungen der Patien-
Als Präsidentin der Österreichischen Plattform Patien-                         tinnen und Patienten sowie von deren Angehörigen
tensicherheit und Ärztliche Direktorin der Klinik Hiet-                        sind für das Gesundheitspersonal sehr wertvoll. Wir
zing ist es mir ein besonderes Anliegen, das Bewusst-                          dürfen nicht vergessen: Sie sind die Einzigen, die
sein für dieses Thema hochzuhalten. Mit der „Initiative                        den gesamten Prozess eines Krankenhausaufent-
Sicherheit im OP“ setzen wir daher seit Jahren Schwer-                         haltes erleben. Aus diesem Grund hat die Plattform
punkte wie die aktuelle „Initiative minus 15 Prozent“, um                      Patientensicherheit Publikationen wie den Folder
nosokomiale Infektionen in Österreich zu reduzieren.                           „Sicher ist sicher“ oder das Patientenhandbuch he-
Dafür braucht es die Zusammenarbeit und das Com-                               rausgegeben, um Patient Empowerment zu stärken.
mitment aller vor Ort Involvierten, aber auch der Sys-
tempartner und der Politik. Aus meiner Sicht sind drei
Schwerpunkte und Aspekte besonders zu beachten:

1.                   Hygiene- und Schulungsprogramme: Hygiene- und
                     Schulungsprogramme können die Patienten- und
                     Mitarbeitersicherheit in diesem Bereich massiv
                     verbessern. Das ECDC geht davon aus, dass 20 bis
                     30 Prozent aller nosokomialen Infektionen durch
                     entsprechend intensive Hygiene- und Kontroll-Pro-
                     gramme vermieden werden können. Dies beginnt
                     bei einfachen Schritten wie Händedesinfektion. Im
                     Rahmen des Austrian Patient Safety Awards, den
                     die Österreichische Plattform Patientensicherheit
                     alle zwei Jahre vergibt, um innovativen und erfolg-
                     reichen Projekten zum Thema Patientensicherheit
                     eine Bühne zu geben, zeichnen wir auch immer wie-
                     der Initiativen in diesem Bereich aus. Beim letzten
                     Award wurde zum Beispiel das AUVA-Unfallkran-
                     kenhaus Klagenfurt mit dem Projekt „Der Hygiene-        O    Hygiene- und Schulungsprogramme
                     Co-Pilot – ein innovativer interdisziplinärer Ansatz         weiter ausbauen
                     zur Verringerung nosokomialer Infektionen“ ausge-       O    Volkswirtschaftliche und juristische
                     zeichnet und als Best-Practice-Beispiel präsentiert.         Komponenten verstärkt berücksichtigen
2. Volkswirtschaftliche und juristische Komponenten:                         O    Patient Empowerment stärken
   Jeder Infektionsfall kostet laut Gesundheitsökono-
2
INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit
Dr. ALEXANDER                         O           Kompetente präoperative Hautantisepsis
Anna Rauchenberger

                                               BLACKY                                O           Erreger durch Abstrich des Nasenvorhofs
                                                                                                 feststellen
                                               Facharzt für Hygiene;
                                               Vorstandsmitglied der                 O           Hygieneteams stärken
                                               Österreichischen
                                               Gesellschaft für
                                               Krankenhaushygiene
                                               und Mikrobiologie
                                                                                                                      Dr.in MARIA

                                                                            Anna Rauchenberger
                                               (ÖGKH)
                                                                                                                      KLETECKA-
                                                                                                                      PULKER

E
                                                                                                                      Geschäftsführerin
    ine Operation beginnt wesentlich früher als in                                                                    der Österreichischen
    dem Moment, in dem das Skalpell in den Körper                                                                     Plattform Patienten-
    eindringt. Schon vorher sind wichtige Maßnahmen                                                                   sicherheit; Direktorin
erforderlich. Aus der Sicht des Hygienikers gibt es hier
                                                                                                                      des LBI Digital Health
sehr vieles zu befolgen, wobei drei Maßnahmen ganz
                                                                                                                      and Patient Safety
besonders zu betonen sind.

1. Kompetente präoperative Hautantisepsis: Die prä-

                                                                            W
   operative Hautantisepsis hat in der Prävention einen                            ir wissen aus aktuellen Umfragen, welche hohe
   hohen Stellenwert. Sie muss kompetent durchge-                                  Bedeutung nosokomiale Infektionen bei den
   führt werden, das bedeutet z. B. die richtige Technik                           Patientinnen und Patienten haben. Jetzt geht
   oder die Verwendung geeigneter Wirkstoffe bzw.                           es darum, die Hygienestandards der COVID-Pandemie
   deren Kombination bei ausreichend langer Einwirk-                        beizubehalten und ein entsprechendes Problembe-
   zeit. Das sollte nicht von Operierenden an andere                        wusstsein der Menschen wachzuhalten.
   im OP anwesende Personen oder Berufsgruppen
   delegiert werden.                                                        Aus meiner Sicht sind drei besonders wichtige Forde-
                                                                            rungen die folgenden:
2. Erreger durch Abstrich des Nasenvorhofs feststel-
   len: Ein nicht unbeträchtlicher Anteil von SSI ist                       1. Die Beibehaltung strenger Hygienestandards in den
   dadurch bedingt, dass Patienten zeitweise Träger                            Krankenhäusern.
   (z. B. häufig im Nasenvorhof) des Erregers Sta-                          2. Die Awareness der Patienten durch Aufklärung und
   phylococcus aureus sind. Mit diesem Bakterium                               Information wachzuhalten.
   besiedelte Personen haben ein deutlich erhöhtes                          3. Nicht nur in Krankenhäusern, sondern möglichst
   Risiko (bis zu 20 Prozent) einer Wundinfektion bei                          auch im Alltag auf das Händeschütteln zu verzichten
   einer OP. Durch einen Abstrich des Nasenvorhofs                             und auch andere Hygienemaßnahmen aus der Zeit
   kann dieser Erreger leicht festgestellt und mittels                         der Pandemie beizubehalten.
   lokaler Behandlung und antiseptischen Waschungen
   beseitigt werden. Mit einem regelmäßigen Scree-                          Dabei sind systematisch erhobene Daten und deren
   ning bei geplanten Eingriffen ließen sich so bedingte                    Verknüpfung das Um und Auf, um nicht im wissen-
   Wundinfektionen leicht vermeiden.                                        schaftlichen Blindflug vorzugehen. Wir brauchen evi-
                                                                            denzbasiertes Wissen, um die Wirksamkeit einzelner
3.                                    Hygieneteams stärken: Die Hy-         Maßnahmen bewerten zu können, und das erfordert
                                      gieneteams müssen gestärkt und        Studien, Evaluierung und Tests.
                                      auf den planmäßigen Sollstand ge-
                                      bracht werden, damit sie die hy-
                                      gienisch relevanten Maßnahmen                  O           Beibehaltung strenger Hygienestandards in
                                      zur Verhinderung von postopera-                            Krankenhäusern.
                                      tiven Wundinfektionen etablieren
                                                                                     O           Awareness der Patienten durch Aufklärung
                                      und begleiten können. Dazu zählt
                                      auch ein aussagekräftiges Überwa-                          und Information
                     chungssystem für SSI, dessen systematische Pflege               O           Hygienemaßnahmen aus der Zeit der
                     für die Auswahl der bestmöglichen Maßnahmen bei                             Pandemie beibehalten
                     bestimmten Patienten sehr aufschlussreich sein kann.

                                                                                                                                               3
INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit
teur für die nächste Operation das OP-Zentrum,
                            Dir. CHRISTIAN                    wird eine neue OP-Bereichskleidung verwendet.
Anna Rauchenberger

                            SCHROFFENEG-                      Sucht der Operateur zwischen den Operationen
                            GER, MSc                          hingegen schnell die Ambulanz, die Endoskopie
                                                              oder die Station auf, trägt er beim Verlassen des
                            Verwaltungsdirektor               OP-Zentrums über der OP-Bereichskleidung ei-
                            und Prokurist des                 nen weißen Mantel. Betritt er anschließend für
                            gemeinnützigen und                die nächste Operation das OP-Zentrum, wird der
                            öffentlichen Akut-                weiße Mantel abgelegt und die OP-Bereichsklei-
                            krankenhauses der                 dung gewechselt. Damit ist sichergestellt, dass eine
                            Elisabethinen in Graz             mögliche Kontamination in den anderen Bereichen
                                                              nicht in den OP-Saal eingeschleppt wird.

                                                         3. Konsequente Händedesinfektion: Wir achten ganz

W
        undinfektionen sind für Patienten gefährlich        besonders auf eine konsequente Händedesinfektion
        und belastend – außerdem ist ihre Behandlung        unser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Beim Ein-
        im Spital in der Regel äußerst kostenintensiv.      tritt neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt
Sie ist mit Abstand viel teurer als gut gesetzte prä-       es diesbezüglich eine eigene Hygieneschulung,
ventive Maßnahmen. Wir haben uns deshalb im Akut-           bei der alle relevanten hygienischen Maßnahmen
krankenhauses der Elisabethinen in Graz bemüht, eine        den neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von
bestmögliche Ausgangssituation zur Vermeidung von           unserer Hygienefachkraft mitgeteilt werden. Des
SSI zu schaffen. Dazu drei Beispiele:                                                   Weiteren nehmen wir
                                                                                        bereits seit 2011 all-
1. Ausschließlich Einweg-OP-Abdeckungen und -Mäntel:                                    jährlich an der Aktion
   Im OP-Bereich verwenden wir ausschließlich Ein-                                      „Saubere Hände“, initi-
   weg-OP-Abdeckungen inklusive Einwegmäntel.                                           iert vom Gesundheits-
   Diese OP-Komplettsets beinhalten nicht nur die                                       fonds Steiermark, teil.
   Einweg-OP-Abdeckungen und Einwegmäntel für                                           Ziel dieser Aktion ist
   die Operationen, sondern größtenteils auch die                                       es, eine Optimierung
   gesamten Verbrauchsmaterialien für die jeweili-                                      der Compliance der
   gen standardisierten Operationen. Durch diese                                        Händedesinfektion
                           Vorgehensweise schaffen          des Personals in den steirischen Gesundheitsein-
                           wir mit wenigen Hand-            richtungen zu erreichen und damit verbunden eine
                           griffen eine äußerst effi-       Reduktion Gesundheitssystem-bezogener Infektio-
                           ziente und hygienisch gut        nen zum Schutz der Patientinnen und Patienten,
                           durchdachte Vorberei-            aber auch zum Schutz des Gesundheitspersonals
                           tung und Durchführung            in den jeweiligen Einrichtungen.
                           der jeweiligen Operatio-
                           nen. Diese Arbeitsabläufe     Das Einhalten dieser drei Maßnahmen lässt sich mithil-
                           sorgen gleichzeitig auch      fe von sogenannten Messkennzahlen gut überprüfen.
                           für große Ruhe und wenig      Ist zum Beispiel der Einsatz der OP-Bereichskleidung
                           Bewegungen im OP-Saal         im Verhältnis zur Operationszahl auffallend niedrig?
                           und tragen ebenfalls zur      Gibt es negative Abweichungen vom errechneten op-
                           Infektionsprophylaxe bei.     timalen Verbrauch von Händedesinfektionsmittel pro
                           Ein weiteres stichhaltiges    Monat und Station? Generell müssen bei steigenden
                           Argument ist die Tatsache,    Infektionszahlen der gesamte Arbeitsprozess analy-
                           dass Einwegprodukte im-       siert, die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen
   mer neu sind, Mehrweg-Textil-Abdeckungen hin-         und Prozesse verbessert werden.
   gegen Dutzende Male aufbereitet werden.

2. Verantwortungsbewusster Umgang mit OP-Bereichs-        O    Ausschließlich OP-Komplettsets mit
   kleidung: Sorgfältiger und verantwortungsbewuss-
                                                               Einweg-OP-Abdeckungen und -Mänteln
   ter Umgang mit der OP-Bereichskleidung ist für uns
   besonders wichtig. In der Regel legt der Operateur     O    Verantwortungsbewusster Umgang mit
   beim Verlassen des OP-Zentrums die OP-Bereichs-             OP-Bereichskleidung
   kleidung (grün oder blau) ab und wechselt auf die      O    Konsequente Händedesinfektion
   übliche Dienstkleidung (weiß). Betritt der Opera-

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INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit
DGKP JOSEF                                                      Univ.-Prof. Dr.
Anna Rauchenberger

                                                             Anna Rauchenberger
                                        ZELLHOFER                                                       KLAUS
                                        Vorsitzender der                                                MARKSTALLER
                                        ÖGB/ARGE-Fachgrup-                                              Universitätsklinik für
                                        penvereinigung für                                              Anästhesie, Allgemei-
                                        Gesundheits-                                                    ne Intensivmedizin
                                        und Sozialberufe                                                und Schmerztherapie,
                                                                                                        MedUni Wien/AKH
                                                                                                        Wien; Past Präsident
                                                                                                        der ÖGARI

W                                                            N
        ährend der COVID-Pandemie wurde die hohe                  osokomiale Infektionen und Sepsis sind für Patien-
        Arbeitsdichte bei den Mitarbeiterinnen und                tinnen und Patienten lebensbedrohlich. Die Inzi-
        Mitarbeitern in den Krankenhäusern einmal                 denz an Sepsis beträgt in der EU ca. 0,1 Prozent,
mehr besonders deutlich. Es ist inzwischen aus zahl-         die Sterblichkeit liegt bei 50 Prozent. Gleichzeitig sind
reichen internationalen Studien bekannt, dass Arbeits-       mindestens 20 bis 30 Prozent der Fälle vermeidbar,
überlastung in der Pflege ein Risikofaktor für höhere        sodass aus ethischer und ökonomischer Sicht Hand-
nosokomiale Infektionsraten ist.                             lungsbedarf besteht. Ich schlage daher drei zentrale
                                                             Maßnahmen vor:
Aber Infektionsgefahren drohen auch aus einer ganz
anderen Richtung: Wir wissen, dass in Krankenhäusern         1. Verpflichtendes Intensivregister: Ein zentrales, ver-
rund ein Drittel der Keime über die Luft übertragen             pflichtendes nationales Intensivregister. Zu klären
wird, was eine konsequente Kontrolle der Klimaanlagen           ist noch, wer es betreiben soll: das Gesundheits-
erforderlich macht.                                             ministerium, das ÖBIG, die Ärztekammer?

Meine Empfehlungen:                                          2. Benchmarks: Das Erstellen von Benchmarks und
                                                                deren Überprüfung als verpflichtende Qualitäts-
1. Mehr Pflegepersonen: Mehr Pflegepersonen pro                 management-Maßnahme. Zum Beispiel könnte das
   Patient als bisher, die bedarfsgerecht geschult und          Projekt A-IQI (Austrian Inpatient Quality Indica-
   eingesetzt werden und sich im erforderlichen Um-             tors), eine bundesweit einheitliche Ergebnisquali-
   fang um die Patienten kümmern können.                        tätsmessung aus Routinedaten, ausgebaut werden.

2. Patienten einbeziehen: Patienten sollten intensiver       3. Entwicklung von Früherkennungsmodalitäten: Ein-
   in Hygienekonzepte einbezogen werden und darü-               bindung von innovativen Industriepartnern zur Er-
   ber informiert werden, welche Beiträge sie dabei             probung und Entwicklung von Früherkennungsmo-
   selbst leisten können. Das reicht von der richtigen          dalitäten, eventuell unter Einbindung des Ludwig
   Körperhygiene vor einer Operation über konse-                Boltzmann Institute for Digital Health and Prevention.
   quentes Händewaschen und Handdesinfizieren bis
   zur entsprechenden Vorsicht beim Türöffnen.               Eine Kontrolle der Wirksamkeit der gesetzten Maß-
                                                             nahmen müsste über die Publikation der Benchmarks
3. Verpflichtendes Meldesystem: Wir brauchen ein ver-        und der zugrundeliegenden Methode erfolgen, den
   pflichtendes Meldesystem für nosokomiale Infektio-        Nachweis des Aufbaus eines aussagefähigen ICU
   nen, das öffentlich einsehbar ist. Die damit möglich      (Intensive Care Unit)-Registers, sowie die Förderung
   gewordene Vergleichbarkeit sollte der Bereitschaft        und Publikation klinischer Studien zur Prävention so-
   der Krankenhäuser, zielführende Maßnahmen gegen           wohl intra- wie extramural.
   Infektionen einzusetzen, zusätzliche Impulse ver-
   leihen.                                                         O              Ein zentrales, verpflichtendes nationales
                                                                                  Intensivregister
                                                                   O              Erstellen von Benchmarks und deren
     O               Mehr Pflegepersonen pro Patient
                                                                                  Überprüfung als QS-Maßnahme
     O               Patienten einbeziehen
                                                                   O              Entwicklung von Früherkennungs-
     O               Verpflichtendes Meldesystem
                                                                                  modalitäten

                                                                                                                                 5
INITIATIVE MINUS 15 PROZENT - will "Spitalskeime" reduzieren und nimmt Politik in die Pflicht - Plattform Patientensicherheit
erfolgen. Derzeit gibt es noch Schwierigkeiten bei
                                                                                                          der Umsetzung, aber hier muss mit vollster Energie
                     Patienten- und Pflegeanwaltschaft

                                                                                                          und bestmöglichem Ressourceneinsatz weiterge-
                                                                                                          arbeitet werden. Die Umsetzung umfasst derzeit
                                                                                                          mit der Total-Endoprothese des Hüftgelenks und
                                                                                                          der Gallensteinentfernung zu wenig Bereiche von
                                                                                                          postoperativen Infektionen sowie Infektionen auf
                                                                                                          Intensivabteilungen. Ein umfassender Ansatz ist
                                                                                                          hier rasch erforderlich, um bessere Transparenz für
                                                                                                          die Einrichtungen im Gesundheitswesen und die
                                                                                                          Patienten zu erzielen.

                                                                                                     3. Patienten-Entschädigungsfonds: Hier ist eine Aus-
                                                         Dr. GERALD BACHINGER                           weitung und bessere Dotierung erforderlich, weil
                                                         Sprecher der österreichischen                  das für eine Entlastung im Verhältnis Patienten-
                                                         Patienten- und Pflegeanwältinnen               Gesundheitspersonal sorgt und den Haftungsdruck
                                                         und -anwälte                                   von den Gesundheitsberufen nimmt.

                     W
                                                                                                     Es bedarf verpflichtender rechtsverbindlicher Maßnah-
                             ährend der COVID-Krise hat man gesehen,                                 men im Bereich der internen Qualitätssicherung, aber
                             was in der Infektionsprävention alles möglich                           auch externer Maßnahmen wie Qualitätstransparenz.
                             ist. Jetzt geht es generell darum, nachhaltig                           Ich befürworte nicht nur Sanktionen, sondern auch
                     an diesem Thema dranzubleiben und nicht in die alten                            gut gesetzte Anreize im Sinne von „Pay for Quality“:
                     Verhaltensweisen zurückzufallen. Meine Vorschläge:                              Beim Erreichen bestimmter klar definierter Ziele kann
                                                                                                     es zum Beispiel für ein Krankenhaus einen Zuschlag zu
                     1. Qualitätsvorgaben Hygiene: Der bereits bestehende                            den LKF-Punkten geben.
                        Qualitätsstandard „Organisation und Strategie der
                        Krankenhaus-Hygiene“ muss verbindlich gemacht
                        werden. Eine Empfehlung, wie derzeit vorgesehen,                              O    Qualitätsstandard „Organisation und
                        genügt nicht. Die Inhalte sind unbestritten und                                    Strategie der Krankenhaus-Hygiene“
                        müssen daher lückenlos und ausnahmslos umgesetzt                                   verbindlich machen
                        werden. Das Gesundheitsqualitätsgesetz bietet hier
                                                                                                      O    Systematische Erfassung von nosokomialen
                        die rechtliche Grundlage und Möglichkeit.
                                                                                                           Infektionen beschleunigen
                     2. Systematische Erfassung von nosokomialen In-                                  O    Ausweitung und bessere Dotierung des
                        fektionen: Ein Surveillance-System wurde bereits                                   Patienten-Entschädigungsfonds
                        2016 beschlossen, ein erster Bericht sollte 2018
Anna Rauchenberger

                     Mit freundlicher Unterstützung von:

                     Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Initiative „Sicherheit im
                     OP“, c/o B&K – Bettschart & Kofler Kommunikationsberatung GmbH, 1090 Wien,                 Den Videomitschnitt zum Round Table
                     Liechtensteinstraße 46a; Redaktion: Mag. Roland Bettschart; Fotos: Hartmann,               finden Sie unter: www.sicherheitimop.at/
                     Adobe Stock, Shutterstock; Lektorat: Susanne Hartmann; Grafik: Patricio Handl
                                                                                                                video-zum-online-round-table
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