Jan. 2022 - theologie aktuell - KURS IN WIEN FERNKURS SPEZIALKURSE - Die Zeitschrift der THEOLOGISCHEN KURSE - Theologische Kurse

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Jan. 2022 - theologie aktuell - KURS IN WIEN FERNKURS SPEZIALKURSE - Die Zeitschrift der THEOLOGISCHEN KURSE - Theologische Kurse
theologie aktuell
                     Die Zeitschrift der THEOLOGISCHEN KURSE.

                                         KURS IN WIEN
                                         FERNKURS
                                         SPEZIALKURSE
                                         AKADEMIE am DOM

     Jan. 2022
                                         Sommersemester 2022

Heft 03 / 37. Jg. 2021/22
im Fokus: Margarethe Schmid – 25. Todestag
Jan. 2022 - theologie aktuell - KURS IN WIEN FERNKURS SPEZIALKURSE - Die Zeitschrift der THEOLOGISCHEN KURSE - Theologische Kurse
theologie aktuell                                                                                             02    03
                                                                                                                                                                             THEOLOGISCHE
                                                                                                                                                                             KURSE

                                                                                                                    Editorial – Eine große Frau

Inhalt                                                                           Liebe Leserin! Lieber Leser!
                                                                                 Keine Person hat die THEO-
                                                                                                                                                                     lung dieser Institution in den letzten 20 Jah-
                                                                                                                                                                     ren – Spezialkurse, AKADEMIE am DOM,
                                                                                 LOGISCHEN KURSE in dem                                                              Online-Kurse – gutheißen würde? Ich glau-
                                                                                 Maß geprägt wie Margarete                                                           be: Ja. Sie würde wohl sagen: Die THEO-
                                                                                 Schmid. Ihr 25. Todestag am                                                         LOGISCHEN KURSE müssen auf die gesell-
Editorial		                                            Seite 03                  11. Jänner 2022 ist uns An-                                                         schaftlichen Entwicklungen reagieren und
                                                                                 lass, das Leben und Wirken                                                          sich thematisch breiter aufstellen. Und die
im Fokus:                                                       dieser großen Frau in Erinnerung zu rufen.                                                           THEOLOGISCHEN KURSE waren immer Vor-
Wie ein Weber hast Du mein Leben zu Ende gewoben		     Seite 04 Geboren am 9. Oktober 1914 in Innsbruck,                                                             reiter bei neuen Methoden. Deshalb hätte
                                                                erhielt sie als 26jährige den Auftrag, die                                                           sie sicher begrüßt, dass es nun das Kernan-
DDr. Margarethe SCHMID †                                        THEO­ LOGISCHEN KURSE zu gründen und                                                                 gebot „Theologischer Kurs“ auch als Online-
                                                                aufzubauen. 40 Jahre lang hat sie die Kurse                                                          Format gibt.
Die Theologie ist eine gefährliche Wissenschaft		      Seite 15 geleitet. Sie hat sie sicher durch die Kriegs-                                                           In diesem Heft finden Sie die aktuellen
DDr. Franz Kardinal KÖNIG †                                     und Nachkriegsjahre geführt, sie hat den                                                             Spezialkurse und Studienreisen (ab S. 24),
                                                                Fernkurs erfunden und hat den vom Zwei-                                                              das Sommersemester der AKADEMIE am
KURS IN WIEN / FERNKURS                                Seite 18 ten Vatikanischen Konzil eingeleiteten theo-                                                         DOM, das sowohl in Präsenz als auch on-
                                                                logischen Wandel bei den THEOLOGISCHEN                                                               line angeboten wird (ab S. 22), sowie den
Christina TRAXLER im Gespräch                                   KURSE mit Nachdruck umgesetzt – um nur                                                               Online-Kurs „Basisinfo Christentum“ (S. 20).
                                                                einige Schwerpunkte ihres Wirkens zu nen-                                                                 Weiterer Ausbau der Online-Schiene
Basisinfo Christentum Online                           Seite 20 nen. Im Fokus finden Sie autobiographische
                                                                                                                                                                     Wie jedes Jahr im Jänner liegt diesem Heft
                                                                Notizen von Margarete Schmid, einen Text,
AKADEMIE am DOM – Vorschau                             Seite 22                                                                                                      ein Spendenzahlschein bei. Wir bitten um
                                                                den sie, die kaum von sich Persönliches
                                                                                                                                                                     Ihre Unterstützung für den weiteren Ausbau
                                                                preisgegeben hat, sich knapp vor ihrem Tod
Buchempfehlung                                         Seite 23                                                                                                      unserer neuen Online-Schiene. Mindestens
                                                                abgerungen hat. Passend dazu ein Text von
                                                                                                                                                                     so wichtig wie die finanzielle Unterstützung
                                                                Kardinal Franz König, einem ihrer wichtigen
                                                                                                                                                                     ist jedoch Ihre ideelle Unterstützung: Neh-
Spezialkurse WIEN & ÖSTERREICH – Februar bis Juli 2022 Seite 24 Wegbegleiter, über die Rolle der Theologie
                                                                                                                                                                     men Sie unsere Angebote wahr – und: Er-
                                                                im Kontext der universitären Wissenschaf-
                                                                                                                                                                     zählen Sie weiter, was es bei uns zu lernen
Studienreisen 2022                                     Seite 46 ten (ab S.15).
                                                                                                                                                                     gibt: Erkennen, was dahinter steckt.
                                                                                                                              Institution in Entwicklung
                                                                                                                                                                     Herzlich,
                                                                                                                       Ob Margarete Schmid die THEOLO-
Impressum: theologie aktuell. Die Zeitung der THEOLOGISCHEN KURSE.
                                                                                                                    GISCHEN KURSE in ihrer heutigen Form
Medieninhaber: Erzdiözese Wien & Österreichische Bischofskonferenz, 1010, Wollzeile 2;
Herausgeber: Wiener Theologische Kurse & Institut Fernkurs für theologische Bildung
                                                                                                                    wiedererkennen würde? Ob sie die Entwick-        Ihr Erhard Lesacher
f.d.I.v.: Mag. Erhard Lesacher; alle 1010, Stephansplatz 3/3 Tel.: +43 1 51552-3703, office@theologischekurse.at;
Grundlegende Richtung:                                                                                                Aktuelle Informationen, ob unsere Veranstaltungen wie geplant vor Ort, oder online oder
Informationsorgan für TeilnehmerInnen, AbsolventInnen und FREUNDE der THEOLOGISCHEN KURSE;                            gegebenenfalls an einem anderen Termin stattfinden, finden Sie auf unserer Website und in
Fotos, wenn nicht anders angegeben: Benjamin Paul und privat; Druck: Gröbner Druck, Oberwart;                         unseren Newslettern.
www.theologischekurse.at
P.b.b. Verlagspostamt: 1010 Wien; Erscheinungsort Wien; MZ „theologie aktuell“, GZ 02Z033241 M
theologie aktuell                                                                          04     05
                                                                                                                                                         THEOLOGISCHE
                                                                                                                                                         KURSE

DDr. Margarete Schmid                                                                             ber hast du mein Leben zu Ende gewoben, du       ruf nicht mehr ausüben. Es wäre zu einer fi-
                                                                                                  schneidest mich ab wie ein fertig gewobenes      nanziellen Katastrophe gekommen, wenn
Wie ein Weber hast du mein                                                                        Tuch.“ (Jes 38,8)                                nicht ein Großvater geholfen hätte.
                                                                                                                                                       Noch drückender als diese Situation
Leben zu Ende gewoben                                                                             Zum Text ihres Lebens schreibt Margarete
                                                                                                  Schmid:
                                                                                                                                                   empfand ich jedoch die weltanschaulich
                                                                                                                                                   großen Differenzen, die durch die Gesin-
Zum Text meines Lebens                                                                                                                             nung meiner aus den Internaten zurückge-
                                                                                                  Die Familie in Innsbruck: Geborgenheit
                                                                                                                                                   kehrten Brüder entstanden. Mein Vater war
                                                                                                  und Konflikte                                    liberal und national, meine Brüder jedoch
Als Nach-Nachfolger von Margarete Schmid
 in der Leitung der THEOLOGISCHEN KUR-                                                            Ich wurde in einer gut situierten Mittel-        nationalsozialistisch. Das führte zu äußerst
 SE wurde ich angefragt ein Portrait dieser                                                       standsfamilie in Innsbruck am 9. Oktober         schwierigen Auseinandersetzungen in der
                                                 biographischen Text verfasst. Elisabeth Du-      1914 als fünftes von sieben Kindern gebo-        nun ohnehin angeschlagenen Familie.
 großen Frau zu verfassen. Gerne komme ich
                                                 scher, ihre langjährige Weggefährtin, spricht    ren. Wenn ich mich nach der Prägekraft der           Ich erinnere mich, dass ich damals gera-
 dieser Einladung nach. Biographisch verbin-
                                                 davon, dass Schmid sich diese Seiten wahr-       Familie frage, ist die Antwort schwer. Wir       dezu die Flucht in die Familie einer Freun-
 det mich mit ihr nicht nur die Leitungstätig-
                                                 haft „abgerungen“ hat. Es war nicht ihre         wurden zum Morgen- und Abendgebet an-            din versuchte, in eine der bewährten katho-
 keit bei den Theologischen Kursen, sondern
                                                 Art, über sich selbst zu sprechen. „Zum Text     geleitet, es gab das Tischgebet, der Besuch      lischen Familien in Innsbruck. Sie übte eine
 auch der Sprung aus dem Heimatland (Ti-
                                                 meines Lebens“, so lautet der Titel dieser       der Sonntagsmesse war vorgesehen, mei-           stärkere Prägekraft auf mich aus als meine
 rol bzw. Kärnten) in die Großstadt Wien, in
                                                 knappen Autobiographie, die über das Per-        ne älteren Geschwister waren alle in katho-      eigene Familie. Ich bekam dort gesunde reli-
 eine völlig unbekannte Lebenssituation, in
                                                 sönliche hinaus auch ein hoch interessantes      lischen Internaten. Meine frühe Jugend war       giöse Anregung, vor allem durch Franz Mitz-
 der sich die konkrete berufliche Perspektive
                                                 Bild der Kirche in Österreich seit den 30er-                                                      ka SJ, den Dogmatiker an der Theologischen
 erst entwickeln musste. Vor allem aber fühle                                                             Der Religionsunterricht war
                                                 Jahren zeichnet.                                                                                  Fakultät in Innsbruck, der ein Freund der
 ich mich aus ganzem Herzen ihren Grundan-                                                              ausgezeichnet, aber angstbesetzt
 liegen verpflichtet, nämlich durch die THEO-    Margarete Schmid hat sich Zeit ihres Le-                                                          Familie war und regelmäßig mit uns Ju-
 LOGISCHEN KURSE „Laien zu befähigen, ih-        bens mit Texten beschäftigt. Als Germani-        unbeschwert und diskret liebevoll getragen.      gendlichen sozusagen „Glaubensgespräche“
 ren Glauben zu bedenken und zu begründen        stin mit Literatur, als Theologin mit der Hei-   Der Religionsunterricht in der Übungsschu-       führte. Diese Begegnung prägte mich für
– auf dem Niveau, auf dem sie sonst zu argu-     ligen Schrift, mit theologischen und kirchen-    le und später in der Lehrerinnenbildungs-        mein zukünftiges Leben.
 mentieren und zu sprechen gewohnt sind.“        amtlichen Texten. Deshalb versuchte sie auch     anstalt war ausgezeichnet, aber doch etwas
 Dabei ging es ihr immer darum, dass aus der     ihr Leben „wie einen Text nach Oberflächen-      angstbesetzt.                                    Kein Theologiestudium, weil damals für
„Theologie des Kopfes“, auch eine „Theolo-       struktur und Tiefenschicht zu lesen und deu-         Ein Ereignis griff tief in mein Leben ein.   Frauen nicht üblich …
 gie des Herzens“ wird, die im eigenen Leben,    ten“. Die tiefste Schicht ihres Lebens war       Mit zehn Jahren bekam ich einen schwe-
                                                                                                                                                   Schließlich kam die Zeit der Berufsentschei-
 in Gesellschaft und Welt sowie in der Kirche    zweifellos ihr Glaube. Ihr ganzes Leben war      ren Scharlach. Ich musste sechs Wochen in
                                                                                                                                                   dung. In unserer Familie war es üblich, dass
 wirksam wird.                                   in Gott verwurzelt. Zwei der Bibelstellen, die   ein Infektionsspital, war erstmals völlig ge-
                                                                                                                                                   wir insofern große Freiheit hatten, als jeder
                                                 sie immer begleitet haben, drücken das gut       trennt von meiner Familie, eine Zeit, in der
In diesem Portrait von Margarete Schmid                                                                                                            von uns entweder studieren konnte oder
                                                 aus: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich     ich immer von Todesgedanken bedroht war.
soll vor allem sie selbst zu Wort kommen. Im                                                                                                       auch nicht, und dass man studieren konn-
                                                 beim Namen gerufen, du gehörst mir.“ (Jes        Die weitere Kinder- und Jugendzeit war auf
August 1996, wenige Monate vor ihrem Tod,                                                                                                          te, was man wollte. Das wurde auch auf-
                                                 43,1) Auch das Ende ihres Lebens hat sie         mehrfache Weise beschwert. Mein Vater
hat Margarete Schmid einen kurzen auto-                                                                                                            rechterhalten in der sehr schwierigen fi-
                                                 ganz von Gott her verstanden: „Wie ein We-       wurde schwer krank und konnte seinen Be-
                                                                                                                                                   nanziellen Situation. Schon zu dieser Zeit
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theologie aktuell                                                                       06     07
                                                                                                                                                   THEOLOGISCHE
                                                                                                                                                   KURSE

war mein Interesse an Theologie sehr groß.     der Kirche. Wie ich meine Vorstellung ver-           Kurzum: Am 17. Dezember 1937 tholische Aktion wurde aufgelöst, und zwar
Ein solches Studium war für Laien und vor      wirklichen sollte, wusste ich zunächst noch      schloss ich mein Studium in Innsbruck nach dem Willen von Papst Pius XI. Sie
allem für Frauen aber nicht üblich. So ent-    nicht. Ich dachte merkwürdigerweise nie-         mit dem philosophischen Doktorat ab und sollte nicht weitergeführt werden, wenn
schloss ich mich für ein Studium an der Phi-   mals an Eheschließung und niemals an klö-        trat am 2. Jänner 1938 meinen Dienst in dies nicht in ihrer ursprünglichen Zielset-
losophischen Fakultät in Innsbruck, und        sterliches Leben. So kam mir die Anregung        der Erzdiözese Wien an, ohne zunächst ge- zung möglich wäre. Und das war natürlich
zwar der Philosophie (und Pädagogik), der      zu einem ehelosen Leben um des Himmel-           nau zu wissen, was ich wirklich tun sollte nicht möglich. Aber nach dem Willen von
Geschichte und am Rand auch der Germa-         reiches willen, zu einer einfachen Lebens-       und wie sich mein Leben gestalten wür- Kardinal Innitzer sollte die Arbeit in den
nistik. Vor allem in den beiden ersten Fä-     führung und zu einem besonderen Hinhö-           de. Für ein einfaches Leben war jedenfalls Zentralstellen und vor allem in den Pfar-
chern war das mit einer ernsthaften Aus-       ren auf den Willen Gottes. Ich wollte von        gesorgt. Ich wurde zunächst in einem Klo- ren – auch nach Auflösung aller kirchlichen
einandersetzung verbunden, wenn man als                                                         ster im 3. Bezirk in einem Zimmerchen von Vereine – weitergehen. Und wer würde die
                                                       Ich wollte von mir aus nichts
gläubiger Jugendlicher studierte. Die prak-                                                    2 zu 2 1/2 m2 untergebracht. Dort wur- Arbeit tun und wie sollte sie bezahlt wer-
                                                               anstreben …
tische Durchführung der vier Studienjahre                                                       de ich auch verpflegt. Mein Monatsein- den? Kardinal Innitzer hielt sich jeden-
sah so aus: Ich hatte zu Hause Wohnung         mir aus nichts anstreben, sondern das mög-       kommen ging fast zur Gänze für diese Le- falls nicht an den Rat seines Kanzleidirek-
und Lebensunterhalt, alles andere musste       lichst gut erfüllen, was mir als Wille Gottes    bensbedürfnisse auf. In der Zentrale am tors, der meinte: „Schickt’s die Madln ham!“
ich mir selbst verdienen. Das hieß die Stu-    erschien.                                        Stephansplatz wurde ich von meinen zu-
                                                                                                                                                  … sondern möglichst gut erfüllen,
diengebühren – sie mussten damals von je-          Der entscheidende Hinweis auf ein sol-       künftigen Kolleginnen und Kollegen außer-
dem Studierenden in gewisser Höhe selbst       ches Leben geschah eines Abends im Som-          ordentlich herzlich aufgenommen. Kanoni-
                                                                                                                                                  was mir als Wille Gottes erschien.
bezahlt werden –, die Studienbehelfe, die      merlager der Kongregation: Kanonikus             kus Engelhart wies mich ausführlich in die Ich wurde von Domkapitular Dr. Rudolf ge-
Freizeitausgaben und die Kleidung (ich         Leopold Engelhart, der Leiter der Katho-         kirchliche Situation ein. Mein Aufgabenbe- fragt, ob ich in seinem Bereich weiterarbei-
nähte sie mir selber). Ich verdiente mir das   lischen Aktion (KA) Wiens, kam zu Besuch         reich war nach Einarbeiten in Theorie und ten wolle. Ich sagte zu, obwohl alles sehr
nötige Geld durch Stundengeben und durch       und erzählte von der Situation der Kirche        Praxis der Katholischen Aktion Initiativen unsicher geworden war.
Abschreiben von Dissertationen. Das hat        in Wien, die in vieler Hinsicht sehr anders      zu einer apostolischen Wirksamkeit spe-        Hier möchte ich ein für die ganze kirch-
mir alles nichts ausgemacht. Die Kraft dazu    war als die der Kirche in Innsbruck und Ti-      ziell auf dem Gebiet der Literatur zu ent- liche Arbeit in Wien entscheidendes Da-
gab mir das Leben in der von Pater Mitz-       rol (beide glaubte ich einigermaßen zu ken-      wickeln, die über das Bibliothekswesen hi- tum erwähnen: Am 7. Oktober 1938 wur-
ka neu gegründeten Studentinnenkongre-         nen). Am nächsten Tag fragte mich der Ka-        nausgehen sollten.                          de im Dom zu St. Stephan unter uner-
gation. Wir erhielten dort durch die jähr-     nonikus, ob ich bereit wäre, in der Kirche                                                   wartet gro­ßer Teilnahme der Katholischen
lichen Exerzitien geistliche Anregung und      von Wien mitzuarbeiten. Ich sagte sogleich       Die politische Wende 1938: „Schickt’s       Jugend das Rosenkranzfest gefeiert. In Ver-
Ausrichtung, Einführung in theologisches       zu. Nicht, weil mir das so leicht gefallen       die Madln ham!“                             bindung damit kam es zum Sturm auf das
Denken und Anleitung zur Argumentation.        wäre, sondern weil ich es als den Willen                                                     erzbischöfliche Palais und zur Inhaftie-
Unter den Sodalinnen entstanden Freund-        Gottes empfand. Zugleich wurde mir natür-        Sehr bald – aber keineswegs überraschend rung von Teilnehmern, sowie zum Fenster-
schaften für das Leben.                        lich bewusst, dass dies einen sehr schwe-       – kam mit dem 11. März 1938 die grund- sturz eines Domkuraten von St. Stephan im
                                               ren Abschied bedeuten würde, nicht nur           sätzliche Wende. Die Frage, wie sich in der Churhaus. So tragisch diese Ereignisse in
Der Ruf nach Wien                              von meiner Familie – sie war nicht einver-       Zukunft die Kirche unter nationalsozialis- vieler Hinsicht waren, so zeigte sich in ih-
                                               standen, wollte und konnte meine Pläne           tischer Herrschaft entwickeln sollte, war nen doch auch eine große Treue zur Kir-
Am wichtigsten wurden für mich die zwei-                                                        von einem Tag auf den anderen brennend che. – Persönlich bekam ich bald einmal
                                               aber auch nicht hindern –, sondern auch
ten Exerzitien: Ich fühlte mich angeregt                                                        geworden. Unvergesslich ist mir die rasche einen deutlichen Hinweis auf die Gefähr-
                                               von der Kongregation und ihrem Präses.
zu einem Leben mit und für Christus in                                                         Aufeinanderfolge von Ereignissen: die Ka-
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theologie aktuell                                                                    08     09
                                                                                                                                                 THEOLOGISCHE
                                                                                                                                                 KURSE

lichkeit unserer kirchlichen Aktivitäten: In schauspielern, mit Schriftstellerinnen und     nung des „Theologischen Laienjahres“ auf-      getötet worden waren. Das russische Kom-
meiner Wohnung (ich hatte sie glücklicher- Schriftstellern.                                 gefordert. 1940 wurde mir die Betreuung        mando, das uns sofort aufgesucht hat, ver-
weise einen Tag vor Inkrafttreten eines na-      Sehr bereichert wurde die geistige Sze-    dieses Theologischen Kurses für Laien und      mutete, wir hätten eine Verbindung herge-
tionalsozialistischen Gesetzes bekommen, ne dadurch, dass einige Professoren und            sein Ausbau anvertraut. Anlass war, dass       stellt. Ich hatte den Eindruck, dass nur die
das Alleinstehenden den Bezug einer eige- Dozenten der 1939 aufgehobenen Inns-              eine geistig anspruchsvolle Schicht von Ka-    beiden „Popen“ uns vor dem Schlimmsten
nen Wohnung verbot) tauchte plötzlich ein brucker Theologischen Fakultät nach Wien          tholiken die nun angebotene Möglichkeit,       bewahrten. Wir konnten für kurze Zeit in
Gestapomann auf und befragte mich nach kamen: unter ihnen Franz Mitzka SJ und               ihren Glauben auf dem Niveau zu überden-       ein Spital übersiedeln – damals die beste
meinen Beziehungen zu einer getauften Jü- Karl Rahner SJ. Es kam auch zu eindrucks-         ken, auf dem sie auch sonst geistig sich be-   Möglichkeit zu überleben.
din, die ich vom Stephansplatz her kannte. vollen Begegnungen mit Geistesgrößen aus         wegte, gern angenommen hat. Das Potenti-           Die Kriegshandlungen in Wien dauerten
Die Folge war eine Vorladung in den Tratt- dem „Altreich“ wie Romano Guardini, Al-          al der Vermittler war gegeben. Dies war der    nicht lange an. Trotz des Bombenschadens
nerhof im 1. Bezirk. Ich begegnete dort wie- fred Delp SJ und Erich Przywara SJ. Sie fan-                                                  im Churhaus und trotz des Nicht-Funktio-
                                                                                                 Ich wurde wunderbar durch diese
der diesem Mädchen und seiner Mutter, die den meist in Privatwohnungen statt.                                                              nierens vieler Verkehrsmittel setzten wir
                                                                                                     schrecklichen Jahre geführt
nach Theresienstadt geschickt worden wa-                                                                                                   den Kursbetrieb drei Wochen nach Kriegs-
ren, wobei mir jeder Sprech- und sonsti- Die Gründung der Theologischen Kurse               kleine Same, aus dem im Laufe von Jahr-        ende wieder fort. Das bedeutete für alle
ger Kontakt ausdrücklich verboten worden am Stephansplatz                                   zehnten ein großer Baum wachsen sollte.        Beteiligten eine große Leistung, aber auch
war. Bald nachher kamen die beiden nach                                                     Das Experimentierfeld waren die sieben         eine sinnvolle Nutzung dieser schweren
Auschwitz.                                   Die Jahre 1938-45 waren für mich die viel-     Jahre in der NS-Herrschaft. Gekennzeich-       Zeit.
    Die Tätigkeit in Wien erweiterte mei- leicht entscheidendsten Jahre des Lernens,        net waren sie durch überaus große Ein-             Alle Aktivitäten, die in der NS-Zeit
nen Horizont außerordentlich. Sozusagen der Auseinandersetzung, des Erprobens               satzbereitschaft und den Willen, das selbst    fruchtbar werden konnten, wurden ausge-
Tür an Tür arbeitete ich mit Otto Mau- der organisatorischen Fähigkeiten. 1939-             eben Erlernte, das dialogfähige Glaubens-      baut, und auch die Katholische Aktion wur-
er, der langsam eine Gebildetenseelsor- 41 studierte ich nebenbei Medizin, unter-           verständnis auch unter schwierigsten Um-       de wieder gegründet.
ge und speziell eine Künstlerseelsorge auf- brach dieses Studium aber, nachdem der          ständen weiterzugeben.
baute, mit Dr. Karl Strobl, der sich der Bestand des Wiener Seelsorgeamtes zu                   Persönlich wurde ich – so sehe ich es      Der Fernkurs für theologische Bildung –
Studenten an den Universitäten und Hoch- diesem Zeitpunkt fast gesichert war. An-           heute – wunderbar durch diese schreck-         eine spontane Idee
schulen annahm, später auch mit DDr. Die- schließend konnte ich endlich – ebenfalls         lichen Jahre geführt. Die Englischen Fräu-
go Hanns Goetz OP, der eine Schauspieler- nebenberuflich – meinen Wunsch, an der            lein, mit denen ich befreundet war, ermög-     In meinem Tätigkeitsbereich geschah 1950
seelsorge ins Leben rief, mit Dr. Leopold Theologischen Fakultät Wien zu studie-            lichten mir, die letzten Kriegstage in ihrer   die Gründung des „Fernkurses für theo-
Soukup OSB, dem die Weiterbildung des ren, erfüllen und dieses Studium auch nach            Wohnung in der Steindlgasse zu verbrin-        logische Bildung“ aus dem Bedürfnis he-
Klerus anvertraut war, mit DDr. Josef Cas- mehreren Unterbrechungen 1956 mit dem            gen. Auch P. Mitzka SJ und P. Waldmann SJ      raus, dass auch die übrigen österreichi-
per, der ökumenische Anliegen zu vertre- theologischen Doktorat abschließen.                waren dort eingeladen, nachdem die Kirche      schen Diözesen eine ähnliche theologische
ten hatte. Wichtig war auch die Verbindung       Meine berufliche Tätigkeit im Wie-         am Hof durch eine Bombe getroffen wor-         Bildungseinrichtung, wie sie in der Erzdiö-
zu dem nach Wien gekommenen Dr. Ignaz        ner  Seelsorgeamt war einerseits die Lei-      den war (ein Ereignis, das ich an Ort und      zese Wien bestand, haben wollten.
Zangerle, der sich vor allem für Politik und tung  eines Referates „Religiöses Schrift-     Stelle heil überstand).                            Wieder ein schicksalshafter Hinweis:
Literatur interessierte. Auch am Ort wur-    tum“,  wobei alle erlaubten Möglichkeiten          Schlimm war die Situation, als fünf        Ich las zufällig in einer Zeitung, dass es in
den persönliche Kontakte hergestellt, vor    ausgenützt   wurden. Daraus entstand man-      durch die Steindlgasse ziehende Russen         Kanada einen Fernkurs für Ehevorberei-
allem zu Burgschauspielerinnen und Burg-     che  Aktivität, die sich nach 1945 voll ent-   durch einen gezielten deutschen Angriff        tung gäbe und da kam mir blitzartig der
                                             falten konnte. 1939 wurde ich zur Mitpla-                                                     Gedanke, dass ja ein solcher Fernkurs auch
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                                                                                                                                                   KURSE

für Theologie möglich sein müsste. Die Idee     reichen Geltung der „freien Kirche in freier    vermittelt werden mussten. Glücklicherwei- Standpunkten aus behandelt wurden. Das
wurde von den Letztverantwortlichen auf-        Gesellschaft“. Persönlich traf mich 1959 ein    se wurden die Konzilsdokumente sehr rasch Erlebnis dieser Synode selbst war wohl für
gegriffen. Die nun viel größere notwen-         Krankheitsfall, demzufolge ich ein halbes       ins Deutsche übersetzt, so dass dadurch au- alle Teilnehmer wichtig. Und vor allem für
dige Zahl an Professoren ließ sich relativ      Jahr im Spital verbringen musste und auch       thentisch die Ergebnisse vorlagen, die dann das durch sie bestimmte kirchliche Leben
leicht gewinnen; sie kamen aus allen the-       die kommenden Jahre nicht voll einsetzbar       vor allem durch die Bischöfe und die Kon- von Wien.
ologischen Fakultäten und Lehranstalten         war. Das hinderte aber nicht den bruchlo-       zilstheologen publik gemacht wurden.             1973 startete ein ähnliches Unterneh-
Österreichs, auch aus Brixen (Südtirol) und     sen Fortgang der Arbeit.                            Die Leistungen der Professoren, die men durch die Österreichsynode. In den
Rom sowie aus verschiedenen deutschen               Im Jahrzehnt zwischen 1950 und 1960         ihre Skripten überarbeiten mussten, die 70er Jahren versuchten wir, den Interes-
Universitäten. Besondere Bereitschaft zur       wurde auch Theologie aus einer größe-           aber die Neuerungen den Kursteilnehmern sentenkreis an theologischer Bildung durch
Mitarbeit zeigten die Professoren und Do-       ren Perspektive heraus gesehen, vor allem       nicht einfach zumuten, sondern auch ver- zwei neue Kursmodelle zu erweitern. 1970
zenten aus dem Orden der Jesuiten. Teil-        durch die Kenntnis des Schaffens der gro­       ständlich machen wollten, waren groß. Die startete der neunmonatige „Glaubenskurs“,
nehmer meldeten sich nicht nur aus allen        ßen französischen Theologen.                    Sechzigerjahre waren zudem geprägt von nicht fächerig, sondern heilsgeschichtlich
österreichischen Bundesländern, sondern                                                         den großen Fortschritten der Erwachse-
                                                   Das Konzil war für die »Theologischen                                                          Nachfragen von den verschiedensten
auch aus der Schweiz, aus Südtirol und vor                                                      nenbildung, die auch auf theologischem Ge-
                                                       Kurse« Höhepunkt und Krise                                                                          Standpunkten aus
allem aus Deutschland. Das große Interes-                                                       biet Anwendung finden konnte und musste.
se führte im Laufe der Jahre zu eigenen             Ohne es zu wissen, waren wir auf dem                                                     aufgebaut, 1975 gab es mit dem „Glaubens-
Gründungen in anderen Ländern: zuerst in        Weg zum II. Vatikanischen Konzil, das           Eine Vielfalt an Tätigkeiten                 seminar“, das nach dem Credo in vier Blö-
der Schweiz, dann in Deutschland (1970 in       Papst Johannes XXIII. am 11. Oktober 1962                                                    cken angeboten wurde, ein sehr begehrtes
                                                                                                1967 bis 1969 war für die Erzdiözese Wien
Würzburg), in Italien (Rom, Brixen), in Un-     feierlich eröffnet hat. Erstmals konnten                                                     Modell – zunächst am Stephansplatz, dann
                                                                                                eine besonders interessante Zeit durch die
garn und Ostdeutschland.                        sich alle Interessierten auf dem Weg von                                                     in vielen Pfarren. 1979 folgte der Fernkurs
                                                                                                Wiener Synode, an der neben Priestern
                                                Presse, Rundfunk und Fernsehen gleichzei-                                                   „Glaubend älter werden, Didaktischer Kurs
                                                                                                auch eine entsprechende Anzahl von Laien
Das II. Vatikanische Konzil als theolo-         tig mit dem Geschehen darüber informie-                                                      für Multiplikatoren“.
                                                                                                und Ordensfrauen beteiligt war. Für mich
gischer Wendepunkt                              ren. Dadurch wurde das Konzil von 1962
                                                                                                war schon die Vorbereitung – die Teilnah-
                                                                                                                                                 Parallel zur Entwicklung der „Theo-
                                                bis 1965 mit seinen sechzehn Dokumenten                                                      logischen Kurse“ lief die auf dem Gebiet
Die Zeit der Freiheit brachte für mich auch                                                     me an der „Theologischen Kommission“ –
                                                als erstes wirklich weltweites Konzil erlebt.                                                des von mir geleiteten Referats „Buch und
die ersten Begegnungen mit der Weltkir-                                                         eine sehr wichtige Zeit. Unter den quali-
                                                    Während einer Veranstaltung in Rom                                                       Schrifttum". Der Kürze halber können nur
che. 1951 gab es den ersten Weltkongress                                                        fizierten Teilnehmern waren auch evan-
                                                hatte ich die Gelegenheit, an einem müh-                                                     einige Aktivitäten genannt werden: 1947
für das Laienapostolat in Rom. Dieser und                                                       gelische Professoren, die kompetent ihre
                                                samen Konzilsalltag im Petersdom teilzu-                                                     die Gründung der Besprechungszeitschrift
die folgenden von 1957 und 1967 brach-                                                          Meinung einbrachten. Das Ganze war ein
                                                nehmen, verschiedene Konzilsväter ken-                                                      „Die Zeit im Buch“, die auf dem jahrelangen
ten in steigendem Maß Weltkirche in all                                                         sehr dialogischer Vorgang und machte
                                                nen zu lernen und den einen und andern                                                       Versuch gründete, wichtige Neuerschei-
ihrer Vielfalt zum Tragen. Dieser Wand-                                                         mich unmittelbar vertraut mit den öku-
                                                auch für die Mitarbeit an den „Theolo-                                                       nungen vorstellen zu lassen durch Rezen-
lungsprozess, den ich da in Rom erfahren                                                        menischen Anliegen. Um die Synode einer
                                                gischen Kursen“ zu gewinnen.                                                                 senten, die sowohl über entsprechende
konnte, war jedes Mal ein einschneidendes                                                       größtmöglichen Zahl von Interessierten na-
                                                    Das Konzil bedeutete für die „Theolo-                                                    Fachkompetenz, als auch über einen christ-
Erlebnis. In Österreich war ein solches                                                         hezubringen, haben wir in den „Theolo-
                                                gischen Kurse“ Höhepunkt und Krise. Es war                                                   lichen Wertemaßstab verfügten, die die
1952 der erste Katholikentag nach dem                                                           gischen Kursen" zu allen Themen auch Po-
                                                daher für mich eine außerordentliche He-                                                     Zeichen der Zeit zu erkennen wussten und
Zweiten Weltkrieg, an dessen Vorbereitung                                                       diumsdiskussionen eingerichtet, in denen
                                                rausforderung. Es ging um den Wandel der                                                     die die Verantwortlichen in der Bildungs-
ich auch beteiligt war. Er führte zur folgen-                                                   die Nachfragen von den verschiedensten
                                                Theologie und des kirchlichen Lebens, die                                                    gesellschaft bei der Leseanregung ver-
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                                                                                                                                                   KURSE

 schiedener Kreise unterstützen konnten. gab. Nicht zuletzt ist das Konzil und sei-             Ich bin dankbar für das Vertrauen der        Przywara gesagt haben – „die Karriere nach
1951 erfolgte die Gründung des Fernkurses ne Wandlung des kirchlichen Lebens ver-           Bischöfe, für die vielfältige Mitarbeit vieler   unten“, in der sich die Kraft in der Schwä-
„Lehrgang für Bücherkunde“, in dem Fach- mutlich der Anlass gewesen, dass seit 1970         Fachleute auf den verschiedenen Gebieten.        che zeigen sollte. Theresia von Lisieux hat
 leute aus den verschiedensten Bereichen etwa der Zugang zu den theologischen Fa-           Ebenso dankbar bin ich für die Mitarbeite-       sie uns vorgelebt.
 der Erwachsenenliteratur sowie der Kin- kultäten und Lehranstalten weit geöffnet           rinnen in den Sekretariaten, die sich zum
 der- und Jugendliteratur ihr theoretisches wurde, so dass seither Laien (und unter         Teil zu einem weit überdurchschnittlichen        Resümee:
 und praktisches Wissen zu Sprache, Text, ihnen mehr Frauen als Männer) diesel-             Engagement bereit fanden. Unzählige Ge-          eine „große Frau“ – mit Kanten
 Literatur, zum literarischen Leben, zu Au- be theologische Ausbildung erhalten kön-        spräche mit Teilnehmern waren nicht nur
 toren usw. einbrachten. In den Studienwo- nen wie Priesteramtskandidaten. Noch nie         informativ und aufschlussreich, sondern          So weit der „Originaltext“ zum Leben von
 chen, Wochenendseminaren und Abend- in der Kirchengeschichte waren so viele                wichtig für mein Leben und jeden Einsatz         Margarete Schmid. Abschließend ein paar
 seminaren konnten die Teilnehmer Anre-                                                     rechtfertigend.                                  Sätze über sie:
                                                  Kaum vorstellbar wie ohne Laientheo­                                                           Die Wertschätzung für Margarete
 gung durch erfahrene Teams bekommen.                                                           In der Zeit meiner Verantwortung
 Ab 1955 gab es jährlich Philologenwochen,          logen und Laientheologinnen …           konnten wir in beiden Bereichen – Theo­          Schmid bei den Teilnehmerinnen und Teil-
 in denen sich Fachphilologen ihre eigene nicht geweihte Theologen am Werk wie              logie und Literatur – mehr als 40.000 Teil-      nehmer der Theologischen Kurse war im-
 Weiterbildung holten und die später auch etwa heute, und zwar in unterschiedlichs-         nehmer erreichen. Nicht mit allen war eine       mer unüberhörbar. Auch in der Erzdiöze-
 vielfach zu Mitarbeitern wurden. Im Laufe ten Positionen: Als Religionslehrer in al-       persönliche Begegnung möglich, aber doch         se Wien und in der Kirche Österreichs wur-
 der Jahre und Jahrzehnte gab es wenige Ge- len Schulgattungen, als Assistenten an                                                           de Margarete Schmid überaus geschätzt. Ihr
 biete der Literatur aus Vergangenheit und den Universitäten und Lehranstalten, als
                                                                                                 … kirchliches Leben in der heutigen         Wort hatte Gewicht. Die Hochachtung ih-
 Gegenwart und auch wenige Interessen- Pas­      toralassistenten, als Leiter kirchlicher           Gesellschaft bestehen könnte             rer Person gegenüber ging weit über höf-
 tengruppen, die nicht in die kreative Ausei- Zentralstellen, als Pfarrgemeinderatsmit-     mit relativ vielen. Als ich 1983 einen le-       lich-freundliche Pflichtübungen hinaus. Dies
 nandersetzung und Gestaltung einbezogen glieder, als Diakone, als mit verschiedenen        bensbedrohenden Verkehrsunfall hatte,            zeigt etwa ein Brief von Kardinal König aus
 worden wären.                                Aufgaben betreute Mitglieder der Ordens-      tröstete mich eine Welle von Anteilnahme.        dem Jahr 1976: „Liebe Frau Doktor! Bei
                                              gemeinschaften, als ehrenamtliche kirch-      Einige Jahren waren mir dann geschenkt,          meinem letzten Gespräch habe ich verges-
„Dankbar für die Aufgaben, die man mir liche Mitarbeiter usw. Es ist kaum vorstell-         um privat Gesprächskreise in meiner Woh-         sen, Ihnen zu sagen, dass die Diakone der
                                                                                                                                             Erzdiözese Wien sich einmütig und sehr an-
 anvertraut hat“                              bar, wie ohne diese zahllosen Laientheo­      nung anzubieten. Auch die Verbindung zu
                                              logen und -theologinnen das kirchliche        den drei Generationen der Großfamilie, aus       erkennend über die Theologischen Kurse für
1980 trat ich in den Ruhestand und legte Leben in der heutigen Gesellschaft frucht-         der ich komme, konnte intensiviert werden        Laien und über Ihre Tätigkeit und Ihren Ein-
 damit die Leitung der „Theologischen Kur- bar bestehen könnte.                             und gegenseitig Freude machen. In der jet-       satz ausgesprochen haben. Ich möchte nicht
 se“ zurück. Den Bereich „Buch und Schrift-      Mein persönliches Leben ist geprägt        zigen Lebens- und auch Leidensphase ste-         verfehlen, Ihnen dies noch nachträglich und
 tum“ betreute ich weiter bis 1985 und die durch diese gesamte Entwicklung in der           hen mir wie auch in früheren Bedrängnis-         nachdrücklich mitzuteilen.“
 Zeitschrift „Die Zeit im Buch“ bis 1996.     Kirche durch sechs Jahrzehnte hindurch.       sen Freunde bei, vor allem Elisabeth Du-             Die Schmidin, wie Margarete Schmid von
     Die Bemühungen, Laien kompetent ne- Dankbar bin ich vor allem für die Aufga-           scher – wir arbeiteten in den Kursen 25          vielen genannt wurde, konnte aber auch
 benberuflich in die Theologie einzuführen, ben, die man mir anvertraut hat und die         Jahre zusammen. Ich empfinde sie als ein         sehr „unbequem“ sein. Legendär, wie sie neu-
 haben weltweit zu Neugründungen in ver- große Anforderungen waren. Und nichts              Geschenk vom Himmel.                             en Referenten und Referentinnen auf den
 schiedenen Ländern geführt, so dass sich von allem habe ich allein gemacht, immer             Trotzdem wird mit zunehmenden                 Zahn fühlte – durch strenge und kritische
 daraus ein unüberschaubares Potential er- hatte unsere Arbeit Teamcharakter.               Jahren der Kontakt zum früheren Leben            Anwesenheit bei den ersten „Auftritten“. Be-
                                                                                            schwächer und es beginnt – so würde Erich        kannt war ihr insistierendes Nachfragen,
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                                                                                                                                                        KURSE

 wenn sie etwas nicht verstand, oder wenn ihr      der Kirche“ hatte nichts von einem „sacrifi-     DDr. Franz Kardinal König
 eine Position als nicht konsistent erschien.      cium intellectus“, von einer Aufgabe des kri-
„Die Schmidin“ hatte die Zügel immer in der        tischen Denkens, nichts von Obrigkeitshörig-     Die Theologie ist eine
Hand. Reinhold Stecher hat sie in seiner Zeit      keit – im Gegenteil. Auch hier war ihr Blick
 als Referent im Fernkurs in einer Karikatur       immer nüchtern und kritisch. Manche Ent-         gefährliche Wissenschaft
 einmal als Dompteuse im „Zirkus Schmid“           wicklungen in der Kirche Österreichs seit der
 gezeichnet, die ihre Referenten „dressiert“.      Mitte der 80-igerjahre haben sie zutiefst be-    Ansprache von Kardinal König anlässlich der Ver­lei­
     Kritik kam aus ihrem Mund immer ge-           troffen gemacht, haben Enttäuschung und          hung des Ehrendoktorates der Theologischen Fakultät
 rade heraus und direkt; Lob mitunter auch         Zorn ausgelöst. Sie hat es selbst so formu-      der Universität Salzburg am 9. November 1972.
 eher barsch: Zu einer sehr jungen, neuen Se-      liert: „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal
 kretärin meinte sie nach ein paar Wochen:         nicht nur mit der Kirche werde leiden, son-
„Ich hätte nicht gedacht, dass jemand, der         dern an ihr.“ Dieses Leiden an der Kirche war    Man hat die Universitäten oft die Seismo-     freien wissenschaftlichen Forschung, und
 keine Matura hat, das so gut kann.“               Frucht und nicht Widerspruch zu ihrer rest-      graphen der geistigen Bewegung genannt.       wo liegt sie? Manche fürchten in einem
                                                   losen, tiefen Identifikation mit der real exi-   Sie müssen, wenn sie mitten im Leben ste-     gelegentlich mahnenden Wort der Kirche
  Ihr Blick war immer nüchtern und kritisch
                                                   stierenden Kirche.                               hen, wenn sie die Verbindung zur Welt         schon eine Beschränkung der freien For-
     Margarete Schmid war keine bequeme                Margarete Schmid blieb ihrer Heimat Ti-      nicht verlieren wollen, zuerst und am emp-    schung, für andere wieder sind die theolo-
 Frau – für niemanden. Nicht nur für ihre di-      rol stets verbunden. Es ist wahrscheinlich       findlichsten Veränderungen in der geisti-     gischen Fakultäten Brutstätten neuer Häre-
 rekten Mitarbeiter/innen, sondern auch für        kein Zufall, dass die Innsbrucker Jesuiten-Fa-   gen Tektonik spüren und verzeichnen, weil     sien, geistige Infektionsherde, von der die
 Hierarchen, Referent/inn/en, Diskussions-         kultät neben der Wiener Fakultät immer die       sich an ihnen geistige Erschütterungen am     Unsicherheit, die Unruhe, die Verunsiche-
 partner/innen.                                    meisten Referenten der Theologischen Kur-        spürbarsten auswirken.                        rung und die Auflösung des Glaubens aus-
     Margarete Schmid war eine mutige Frau         se stellte. Die tiefe innere Verbundenheit mit       Davon sind die theologischen Fakul-       gehen.
– streng und glasklar in ihrem Urteil; for-        ihrer Familie drückt sich wohl besonders am      täten nicht ausgenommen. Ja gerade die            Aufgabe einer Universität ist die freie
 dernd, aber auch fördernd; für viele ein faszi-   sehr ungewöhnlichen Zusammenfall zwei-           theologischen Fakultäten stehen heute in      Forschung, die freie Lehre. Wenn eine theo-
 nierendes Vorbild, aber auch provozierender       er Ereignisse aus: Am 11. Jänner 1997 ist        einem besonderen Spannungsverhältnis          logische Fakultät im Rahmen einer Univer-
 Reibebaum. Was für sie selbst galt, erwar-        Margarete Schmid in Wien gestorben, am           und sind darum mancher Kritik und man-        sität einen Sinn haben soll, dann kann und
 tete sie auch von anderen im kirchlichen          selben Tag ihre Schwester Gertrud in Inns-       cher Verdächtigung ausgesetzt, sind Gegen-    darf sie sich nicht der allgemeinen Zielset-
 Dienst: selbstloser, fast ruheloser Einsatz für   bruck. Beide sind im Familiengrab am Wil-        stand manch berechtigter und manch un-        zung der Universität verschließen. Wenn
 die „Sache“. Sie forderte von sich selbst un-     tener Friedhof in Innsbruck beigesetzt.          berechtigter Sorge. Die allgemeine Unruhe     die Theologie Wissenschaft sein will – und
 geheure geistige Disziplin und Verantwor-                                                          hat auch die theologischen Fakultäten er-     nur als solche hat sie Existenzberechtigung
                                                   Quelle: M. Schmid, Zum Text meines Lebens,
 tung, Redlichkeit im Denken und in der Ar-                                                         griffen. Was sind sie, was wollen sie sein?   an einer Universität –, dann gelten auch für
                                                   veröffentlicht in: Jetzt. Frauen auf dem Weg
 gumentation.                                                                                       Sind sie Stätten der Forschung oder Hüte-     sie die allgemeinen Voraussetzungen wis-
                                                   des Evangeliums. Kirche – Ordensleben –
     Margarete Schmid war eine „Frau der                                                            rin einer Tradition? Sollen sie auf neuen     senschaftlicher und akademischer Tätig-
                                                   Geistliche Gemeinschaften, Jahrgang 1996,
 Kirche“ – ihre Identifikation mit der Kirche                                                       Wegen nach neuen Erkenntnissen suchen         keit. Wenn sie aber eine Wissenschaft ist,
                                                   Heft 3, S. 18-25. Bearbeitet und kommentiert
 war total, so total, dass sie für manche fast                                                      oder sollen sie bloß das Überkommene          dann wird sie auch die Grenzen der Wis-
                                                   von E. Lesacher in: K. Auer, M. Scheuer (Hg.),
 befremdlich gewirkt hat. Aber ihr „sentire                                                         weitergeben? Gibt es bei den theologischen    senschaft erkennen. Das Risiko der politi-
                                                   Starke Frauen in der Kirche Tirols, Innsbruck
 cum ecclesia“, ihr „Empfinden/Fühlen mit                                                           Fakultäten eine besondere Grenze in der       schen Freiheit ist ihr Mißbrauch. Das Ri-
                                                   2008, S. 143-155.
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theologie aktuell                                                                       16   17
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                                                                                                                                                        KURSE

siko der freien Forschung ist der Irrtum.      theologischer Erkenntnis vielleicht mehr      gensatz zu den Grundwahrheiten des Glau-            senschaft. Sich ihr zu verschreiben, bedarf
Wir sind heute weit entfernt von der Wis-      geschadet als echte Reaktion.                 bens selber steht, wenn er sie nicht absolut        es des Mutes freier Männer, eines Mutes,
senschaftsgläubigkeit des 19. Jahrhunderts.        Wir glauben heute nicht mehr an eine      setzt – vielleicht in Konflikt mit der soge-        der sein Korrelat nicht im Übermut, son-
Mit der Wissenschaft lassen sich nicht alle    voraussetzungslose Wissenschaft. Jede         nannten herrschenden Lehrmeinung gerät.             dern in der Demut hat. Die Theologie darf
Probleme des Lebens lösen. Die Wissen-         Wissenschaft hat ihre Voraussetzungen,                                                            man nicht aussperren von der Zukunft der
                                                                                                  Die Theologie ist keine Wärmestube für
schaft selbst ist nicht unfehlbar. Neue Er-    baut auf gewissen Grundlagen und Grund-                                                           Kirche, sie ist eine ihrer Voraussetzungen
                                                                                                              müde Geister
kenntnisse heben oft alte wieder auf. Eine     erkenntnissen auf. Die Voraussetzung der                                                          – nicht die einzige, aber eine notwendige.
Tabuisierung, eine Verabsolutierung wis-       Theologie ist die christliche Offenbarung,    Er kann sich dabei auf die Gesellschaft gro-        Ihre äußere Voraussetzung ist die Frei-
senschaftlicher Teilerkenntnisse wäre der      der Glaube. Theologie, die sich vom Glau-     ßer Theologen und großer Heiliger beru-             heit, ihre innere der Glaube. Ihr Weg wird
Tod jeder Wissenschaft.                        ben loslöst, die vom Glauben absieht, den     fen, die auch in Gegensatz zur herrschen-           nicht leicht sein. Aber welcher Weg ist heu-
   Das gilt im besonderen auch für die         Glauben leugnet, mag Soziologie, verglei-     den kirchlichen Meinung ihrer Zeit gerieten         te leicht?
Theo­logie. Jede neue Erkenntnis ist ein       chende Religionswissenschaft, mag vieles      und später doch zu Lehrern der Kirche und
                                                                                                                                                 (Ansprache von Kardinal König anlässlich
                                               sein, sie ist aber keine Theologie mehr.      zu Heiligen wurden.
    Der Glaube kann die Wissenschaft …                                                                                                           der Verleihung des Ehrendoktorates der
                                               Die Theologie soll den Glauben erklären,          Er kann aber auch im Irrtum sein. Der
                                                                                                                                                 Theo­logischen Fakultät der Universität Salz-
Schritt in Neuland. Er kann aber auch ein      ihn besser verstehen lassen, unnötiges und    Irrtum ist das Risiko der Freiheit. Die Theo­
                                                                                                                                                 burg am 9. November 1972, mit freundlicher
Schritt in die Irre sein. Das muß gera-                                                      logie ist keine Wärmestube für müde Gei-
                                                    … und die Wissenschaft kann den                                                              Genehmigung von Dr. Annemarie Fenzl, Kar-
de die theologische Wissenschaft wissen.                                                     ster, die Theologie ist eine gefährliche Wis-
                                                    Glauben nicht überflüssig machen.                                                            dinal König-Archiv, Wien)
Nun wäre es aber vollkommen falsch, den
Schritt ins Neuland nicht zu wagen, weil da-   manchmal verfälschendes Beiwerk ausräu-
mit das Risiko des Irrtums mit eingeschlos-    men, aber sie kann den Glauben nicht er-           Vortrag – AKADEMIE am DOM
sen ist. Aber die Relativität wissenschaft-    setzen. Sie kann auch den Glauben nicht wi-        Mittwoch, 12. Januar 2022, 18:30 – 20:00 Uhr
licher Erkenntnisse und Ausblicke muß          derlegen. Der Glaube ist keine tiefere und
gerade in der Theologie immer bewußt           keine höhere, sondern eine vollkommen              Die „Schmidin“ vieler Werke.
bleiben. Die Theologie soll keine Geheim-      andere Dimension der Erkenntnis, des Zu-           Zum 25. Todestag von Margarete Schmid
wissenschaft sein, aber gerade sie verträgt    gangs zur Wahrheit. Der Glaube kann die            Prof. Ingeborg Schödl, Publizistin & Autorin
am wenigsten eine vorschnelle journali-        Wissenschaft, und Wissenschaft kann den
stische Aufmachung und Verbreitung, eine       Glauben nicht überflüssig machen.                   Sie gehörte zu jenen selbstbewussten Frauen, die
dem Boulevard angepaßte Verflachung                Die Voraussetzung der theologischen             mutig erste Schritte setzten, um sich mit ihren
und Vergröberung ihrer Versuche, ihrer         Wissenschaft ist der Glaube im Rahmen der           Fähigkeiten in einer männlich dominierten Kir-
tastenden Suche nach neuen Wegen und           Tradition der kirchlichen Lehre. Hier müs-          che einzubringen:
nach neuen Ausblicken auf der Suche nach       sen die Grenzen allerdings weit gesteckt            Margarete Schmid, Theologin und Germanistin,
letzten Ursprüngen und dem tiefsten Sinn       werden. Kirchliche Lehre muß nicht im-              brachte sich ein mit ihren Gedanken und Ideen, ob gelegen oder ungelegen. Durch
menschlichen Lebens. Ein sich progressiv       mer die herrschende kirchliche Lehrmei-             die von ihr geleiteten THEOLOGISCHEN KURSE wurden den Laien neue Zugänge
gebender Journalismus, ein bloß verbaler       nung sein. Niemand soll verunsichert, soll          zum Glauben und eine andere Sichtweise auf die Kirche eröffnet. Theologie war ihr
Progressismus, hat dem wahren Fortschritt      verdächtigt, niemand soll verfolgt werden,         „Standbein” und ihr Engagement für Literatur ihr „Spielbein”.
                                               weil seine Meinung - wenn sie nicht im Ge-         Buchempfehlung: Ingeborg Schödl, Gottes starke Töchter. 12 Frauen in der Kirche
                                                                                                  von heute, Mödling 1998.
www.theologischekurse.at
Lehrenden-Interview                                                                        18   19
                                                                                                                                                      THEOLOGISCHE
                                                                                                                                                      KURSE

Synodalität – historisch                                                                        Marrou prägend, der über ein feines theo-
                                                                                                logisches Sensorium verfügte. Aus seinem
                                                                                                                                                ren Schifahren und Langlaufen freilich dazu.
                                                                                                                                                Dazu kommen Lesen und Kochen, nicht nur

und heute                                                                                       Buch Über die historische Erkenntnis habe
                                                                                                ich gelernt, welche Verantwortung der (Kir-
                                                                                                                                                um die kalten Füße wieder aufzuwärmen.
                                                                                                                                                Wo fühlen Sie sich kirchlich zu Hause?
                                                                                                chen-)Historiker mit seinem Denken, seinen
Christina TRAXLER im Gespräch                                                                   Möglichkeiten und Grenzen für die Erkennt-      In meiner Heimatpfarre im nördlichen
                                                                                                nis der Vergangenheit trägt; dass Geschichte    Mühlviertel.
                                                                                                ein geistiges Abenteuer ist, auf das man sich   Mit wem würden Sie gerne einmal einen
                                                                                                mit seiner ganzen Persönlichkeit einlässt;
                                                                                                                                                ganzen Tag verbringen?
Wie lange lehren Sie schon bei den THEOLO-                                                      und dass der (Kirchen-)Historiker Mensch
GISCHEN KURSEN?                                                                                 bleiben muss und nicht zur "Bibliotheks-        Mit dem italienischen Dominikaner Felizian
                                                                                                und Zettelkastenratte" verkümmern darf.         Ninguarda. Ninguarda lebte im 16. Jh. und
Seit 2019 in Wien und bei Studienwochen                                                                                                         reiste als päpstlicher Legat durch Deutsch-
im Fernkurs.                                   chen kann; manchmal reicht dafür schon           Ihre aufregendste Bibelstelle?                  land und Österreich, um die Beschlüsse des
                                               ein Blick in die Gesichter der Zuhörer. Je       Mt 25,40: Was ihr für einen meiner gering-      Trienter Konzils bekannt zu machen. Da-
Welches Fach tragen Sie bei den THEOLO-        nach persönlichen Interessen kommen ganz
GISCHEN KURSEN vor?                                                                             sten Brüder getan habt, das habt ihr mir ge-    bei erlebte er spannende Geschichten, ver-
                                               unterschiedliche Fragen, Ergänzungen und         tan.                                            handelte mit Fürsten und Bischöfen, nahm
Kirchengeschichte.                             Gedanken, die ich nicht selten in meine Un-                                                      an Synoden teil und erstattete dem Papst
                                               terlagen einbaue.                                Welches Buch lesen Sie gerade?                  regelmäßig Bericht über die neuesten Ge-
Was ist Ihnen im Theologischen Kurs in Ih-
rem Fach besonders wichtig?                    Welche Erfahrung bei den Theologischen Kur­­     Beruflich lese ich gerade Dutzende Bän-         rüchte aus Fürsten- und Königshäusern. An
                                               sen haben Sie in besonders guter Erinnerung?     de Nuntiaturberichte aus Deutschland; das       einem kalten Wintertag in den 1560er-Jah-
Dass es bei einer Reise durch 2000 Jahre                                                        sind im Vatikanischen Geheimarchiv aufbe-       ren berichtete er ganz niedergeschlagen
Kirchengeschichte nicht um möglichst viele     In diesem Jahr musste die Vorlesung coro-        wahrte Berichte päpstlicher Gesandter, die      nach Rom, dass er „wegen Schneefalls und
Details, sondern um die großen und span-       nabedingt online stattfinden. Bei den Prü-       im 16. und 17. Jh. durch Deutschland und        Einsamkeit“ in Bayern leider keinerlei in-
nenden Kernfragen jeder Epoche geht. Dass      fungen zum ersten Mal die Gesichter der          Österreich gereist sind und über aktuelle       teressante Geschichten in Erfahrung brin-
wir uns der Geschichte der Kirche aufge-       Teilnehmer zu sehen und ein direktes Ge-         (kirchen-)politische Ereignisse nach Rom        gen konnte.
schlossen nähern und hinter unsere vorge-      spräch zu führen, war eine gute Erfahrung,       berichteten. Als Ausgleich gesellt sich der
fertigten Meinungen schauen. Und dass in       die gezeigt hat, wie sehr der persönliche        neue Allgäu-Krimi mit Kommissar Kluftin-        Welches Ziel wollen Sie noch erreichen?
der Kirchengeschichte aufmerksames Hin-        Kontakt am Stephansplatz fehlt.                  ger dazu.                                       Das große Projekt auf meinem Schreib-
schauen auf die Quellen, kritisches Prü-                                                                                                        tisch ist meine Habilitationsarbeit, die sich
fen und bewusstes Interpretieren Hand in       Welche theologische Frage beschäftigt Sie        Welche Musik hören Sie gerne?
                                               zurzeit am intensivsten?                                                                         mit dem synodalen Leben im Reich nach
Hand gehen.                                                                                     Im klassischen Bereich besonders Anton          dem Konzil von Trient (1545-63) beschäf-
                                               Wie Synodalität historisch und heute ver-        Bruckner; phantastisch finde ich auch Mno-      tigt. Konkret geht es mir darum zu untersu-
Haben Sie selbst beim Lehren im Theologi­      standen wird.                                    zil Brass, ein Blechbläserensemble mit he-      chen, ob und wie der Aufruf, regelmäßige
schen Kurs auch neue Einsichten gewonnen?
                                               Von welcher/welchem Theologin/Theologen          rausragender Technik und viel Humor.            Provinzial- und Diözesansynoden abzuhal-
Ständig und in vielerlei Hinsicht. Die Teil-                                                                                                    ten und so die Beschlüsse des Tridentinums
nehmerInnen kommunizieren klar, wenn           haben Sie am meisten gelernt?                    Was machen Sie am liebsten in Ihrer Freizeit?
                                                                                                                                                bekanntzumachen, umgesetzt wurde, und
man geschichtliche Ereignisse oder theolo-     Für mein kirchengeschichtliches Denken ist       Da ich am Fuß des Böhmerwaldes nahe             welche Interessen dafür austariert werden
gische Zusammenhänge nicht plausibel ma-       der französische Historiker Henri-Irénée         einem Schigebiets aufgewachsen bin, gehö-       mussten. Die Konziliengeschichte zu erfor-
www.theologischekurse.at
Lehrenden-Interview                                                                       20

                                                                                                 Ihre Spende für den Ausbau der
                                                                                                 neuen Online-Schiene
                                                                                                 Mit der neuen der Online-Schiene haben die THEO­
                                                                                                 LOGISCHEN KURSE Neuland betreten. Zeitgleich
                                                                                                 mit dem 81. Jahrgang an Präsenzkursen am Ste-
                                                                                                 phansplatz und dem 71. Jahrgang an Fernkursen
schen bereitet mir große Freude. Am Wie-        Prof. Thomas Prügl und Prof. Johannes Gro-       startete am 1. Oktober 2021 der erste „Theolo-
ner Lehrstuhl und in der Gesellschaft für       he (Rom) zusammen, die diese Begeiste-           gische Kurs Online“. 40 Personen haben sich ein-
Konziliengeschichtsforschung arbeite ich        rung teilen. Dafür bin ich sehr dankbar.         geschrieben und sind konstant bei den Online-Vor-
mit KollegInnen wie meinem Doktorvater                                                           lesungen dabei. Demnächst stehen die ersten Prü-
                                                Herzlichen Dank für Ihre Antworten!              fungen an.
Zur Person:                                                                                          Auch die asynchronen Online-Kurse werden stark nachgefragt: „Bibel-Hebrä-
Christina TRAXLER, geb. 1987, arbeitet als Universitätsassistentin am Institut für Historische   isch“ und „Glauben mit Herz & Hirn. Theologische Module“. Die Teilnehmer*innen
Theologie (Kirchengeschichte) an der Universität Wien. In ihrer Dissertation untersuchte sie     erarbeiten die Inhalte selbstständig und zeitlich unabhängig anhand von fertigen
die anti-hussitischen Bemühungen der Wiener Universität im 15. Jahrhundert (Göttingen:           Videos und angeleiteten Textarbeiten und kommen einmal im Monat zu einem On-
v&r unipress 2019) und erstellte eine kritische Edition des um 1424 im Umfeld der Wiener         line-Meeting zusammen. Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass dieses neue For-
                                                                                                 mat gut „funktioniert“.
Universität zusammengestellten Traktats gegen die Vier Prager Artikel der Hussiten (Turn-
                                                                                                     Das Experiment „Online-Schiene“ scheint zu gelingen. Wir sehen darin enorm
hout: Brepols 2020). Ihr aktuelles Habilitationsprojekt erforscht Partikularsynoden im Reich
                                                                                                 viel Potential: inhaltlich, aber vor allem auch beim Erschließen neuer Zielgruppen: z.
im 16. und 17. Jahrhundert und das nachtridentinische Verhältnis von Rom und Reichskirche.
                                                                                                 B. mit der für Mitte Februar angekündigten „Basisinfo Christentum“ oder mit den ab
Seit 2019 lehrt sie bei den THEOLOGISCHEN KURSEN Kirchengeschichte.
                                                                                                 Herbst geplanten Kursen „Schlüsseltexte der Philosophie“, „Zentrale Dokumente des
                                                                                                 Zweiten Vatikanischen Konzils“ und „Die heiligen Texte in Judentum, Christentum
   Online-Kurs                                                                                   und Islam“. Im Oktober wird auch der zweite „Theologische Kurs Online“ starten.
   Basisinfo Christentum Online                                                                      Selbstverständlich wird die AKADEMIE am DOM weiterhin online zugänglich
                                                                                                 sein. Die vielen positiven Rückmeldungen aus den Bundesländern bestärken uns da-
   Konzept: Univ.-Lekt. Dr. Peter Zeillinger, THEOLOGISCHE KURSE
                                                                                                 rin, die dafür erforderlichen personellen Ressourcen weiterhin zu investieren.
   Die »Basisinfo Christentum« informiert über das, was Christen glauben …
       - fundiert, kompakt und allgemein verständlich                                            Für den weiteren Ausbau unserer Online-Schiene bitten wir Sie um Ihre Unterstützung.
       - von der Zeit des Alten Israel bis in die Gegenwart                                      Wie jedes Jahr ersuchen wir auch um einen Druckkostenbeitrag für „theologie aktuell“.
   Angesprochen sind besonders Nicht- und Andersglaubende.                                       IBAN: AT48 6000 0000 0176 4008, BIC: BAWAATWW
   Die Basisinfo setzt keine Vorkenntnisse voraus
                                                                                                 Wir freuen uns, wenn Sie unsere Arbeit finanziell unterstützen! Wir sind aber auch
   Die Basisinfo Christentum Online umfasst zwei Module                                          offen für Anregungen bezüglich Themen, neuen Formaten und vor allem auch Öffent-
   In jedem der beiden Module erarbeiten Sie – selbständig und zeitlich unabhängig –             lichkeitsarbeit/Werbung.
   vier Lektionen auf der Lernplattform der THEOLOGISCHEN KURSE.
   Jedes Modul enthält zusätzlich zwei Online-Meetings
   Dabei stehen Ihre Fragen im Mittelpunkt, und die Kernpunkte des Moduls werden                 Audio-/Videothek & Blog der THEOLOGISCHEN KURSE
   gebündelt und vertieft.
   Darüber hinaus gibt es für Sie ein gut lesbares PDF-Skriptum zum Download.
                                                                                                 Ausgewählte Vorträge der AKADEMIE am DOM finden Sie als Audio- oder Videodatei
                                                                                                 auf unserer Website www.theologischekurse.at/audiothek.
   Start Modul 1: Grundlagen - 15. Februar 2022
                                                                                                 Aktuelle theologische Beiträge auf unserem Blog (Web-Logbuch):
   Start Modul 2: Entfaltungen -   9. April 2022
                                                                                                 blog.theologischekurse.at.
   Information und Anmeldung: www.theologischekurse.at/online                                    Wir freuen uns, wenn Sie dieses kostenlose Angebot nützen!
AKADEMIE am DOM                                                                     22
                                                                                         Donnerstag, 7. April 2022, 19.00 - 22.00 Uhr
Was kommt. Jetzt. – Sommersemester 2020 (Vorschau)                                       Die Sieben Worte unseres Erlösers am Kreuz (Joseph Haydn)
Montag, 14. Februar 2022, 19.00 - 21.00 Uhr                                              Mag. Günter EGGER, Schottengymnasium Wien
Das Judentum und der Staat Israel                                                        Generalvikar Dr. Nikolaus KRASA, Erzdiözese Wien
Prof. em. Dr. Moshe ZIMMERMANN, The Hebrew University of Jerusalem                       Mittwoch, 20. April 2022, 18.30 - 20.00 Uhr
Mittwoch, 16. Februar 2022, 16.00 - 17.30 Uhr                                            Übergangsrituale und Jenseitsvorstellungen in östlichen Religionen
Mein ist die Rache … Psychologische und theologische Zugänge                             Dipl.-Theol. Mag. Lothar HANDRICH, Dozent der THEOLOGISCHEN KURSE
Dr. Elisabeth BIRNBAUM, Österreichisches Katholisches Bibelwerk                          Freitag, 29. April 2022, 18.30 - 20.00 Uhr
Prim. Univ.-Prof. Dr. med. Reinhard HALLER, Psychiater, Therapeut & Sachbuchautor
                                                                                         Erneuerung im Heiligen Geist oder Charismatisierung der Katholischen Kirche?
Mittwoch, 16. Februar 2022, 18.30 - 20.00 Uhr                                            ao. Univ.-Prof. Dr. Willibald Sandler, Universität Innsbruck
Vergebung, Versöhnung & das Jüngste Gericht                                              Mittwoch, 11. Mai 2022, 16.00 - 17.30 Uhr
Prim. Univ.-Prof. Dr. med. Reinhard HALLER, Psychiater, Therapeut & Sachbuchautor
Mag. Erhard LESACHER, Leiter THEOLOGISCHE KURSE
                                                                                         Kirche, Macht und Geld
                                                                                         Matthias Drobinski, Korrespondent & Autor
Mittwoch, 23. Februar 2022, 18.30 - 20.00 Uhr
                                                                                         Mittwoch, 11. Mai 2022, 18.30 - 20.00 Uhr
Von der Pest bis Corona. Geschichte der großen Seuchen und deren Bekämpfung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Herwig CZECH, Medizinische Universität Wien
                                                                                         Alles im Griff? Zuversicht oder Ergebung ins Kommende
                                                                                         Matthias Drobinski, Korrespondent & Autor
Donnerstag, 3. März 2022, 19.00 – 20.30 Uhr                                              Sr. Dr. Melanie Wolfers SDS, Autorin, Seelsorgerin und Podcasterin, Wien
Expertise in der Krise. Was kann die Wissenschaft in der Pandemie leisten?               Mittwoch, 1. Juni 2022, 18.30 - 20.00 Uhr
PD Dr. Alexander BOGNER, Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW
                                                                                         Auferstehung des Leibes - Überholte Vorstellung oder befreiende Hoffnung?
Mittwoch, 9. März, 2022, 18.30 - 20.00 Uhr                                               em. Univ.-Prof. Dr. Gisbert Greshake, Wien/Freiburg
Dystopischer Feminismus. Margaret Atwoods "Report der Magd" in Literatur und Film
Dr. Barbara TÓTH, Redaktion Falter
Mittwoch, 16. März 2022, 18.30 - 20.00 Uhr                                               Buchempfehlung                                    chende Einführung in alle Bücher des AT und
                                                                                                                                           will die Lektüre der biblischen Texte eben
Künstliche Intelligenz - Was kommt nach bezahlter Arbeit?                                Elisabeth BIRNBAUM: Crashkurs Altes               nicht ersetzen, sondern dazu ermutigen. Sehr
Prof. Dr. theol. lic. phil. Peter G. KIRCHSCHLÄGER, Universität Luzern                   Testament, Wien 2021 (224 S., Wiener Dom-         gut gelungen ist auch die Darstellung des
Mag. Dr. Irene KLISSENBAUER, ORF, Abteilung für Religion und Ethik                       Verlag, € 24,90).                                 inneren Zusammenhangs der Bücher und die
                                                                                                                                           Herausarbeitung von zentralen Motiven, die
Mittwoch, 23. März 2022, 16.00 - 17.30 Uhr
                                                                                         Die Entstehung dieses Buches verdankt sich        immer wieder neu und dann jeweils anders in
Afrikanische Lösung für Probleme Afrikas? Die Rolle globaler Akteure in Afrika           der Lockdown-Zeit der Corona-Pandemie.            den Büchern behandelt werden.
Prof. PD. Dr.habil. Belachew GEBREWOLD, Internationale Hochschule Innsbruck, MCI         Zwischen Ostern und Pfingsten 2020 produ-              Das Buch richtet sich eher an Einstei-
Mittwoch, 23. März 2022, 18.30 - 20.00 Uhr                                               zierte die Alttestamentlerin und Direktorin       ger und Einsteigerinnen, kann aber auch von
Eine Welt frei von Hunger?                                                               des österreichischen katholischen Bibelwerks,     Menschen mit bereits vorhandenen biblischen
Dipl.-Ing. Dr. Franz FISCHLER, Franz Fischler Consult GmbH                               Elisabeth Birnbaum, 46 Kurzvideos zu den          Lektüreerfahrungen mit Gewinn gelesen wer-
                                                                                         Büchern des Alten Testaments. Diese Videos        den. Immer wieder habe ich mich bei der
Samstag, 26. März 2022, 09.00-12.00 Uhr                                                  riefen eine derart positive Resonanz her-         Lektüre über die Kreativität der Autorin und
Antimodernismus                                                                          vor, dass Elisabeth Birnbaum aus ihnen das        ihres Illustrators gefreut. Dem Dom-Verlag
Univ.-Prof. Dr. Klaus UNTERBURGER, Universität Regensburg                                vorliegende Buch entstehen ließ. Dass die         ist für die Herausgabe des Buches ebenso zu
Mittwoch, 30. März 2022, 18.30 - 20.00 Uhr                                               visuelle Dimension der Ursprungsidee nicht        danken wie dem Team des österreichischen
Katastrophen, Untergang und Neubeginn. Geheimwissen und neue Offenbarungen               verloren ging, ist dem Grafiker des Wiener        katholischen Bibelwerkes für seine erstaun-
Kirchenrat Pfr. Dr. Matthias PÖHLMANN, Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern         Dom-Verlags, David Kassl, zu verdanken, der       liche Produktivität: Für das Frühjahr 2022 ist
                                                                                         das Buch mit zahlreichen ansprechenden und        ein Crashkurs Neues Testament angekündigt,
Freitag, 1. April 2022, 18.30 - 20.00 Uhr                                                erhellenden Piktogrammen versah.                  die dazu gehörigen Videos sind bereits eben-
Das Dogma von der Aufnahme Mariens in den Himmel                                             Das Buch lässt sich flüssig und mühelos       falls auf YouTube zu finden.
Univ.-Prof. Dr. Roman SIEBENROCK, Universität Innsbruck                                  lesen. Es bietet eine anregende und anspre-                                       Oliver Achilles
www.theologischekurse.at
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