Mobility as a Service: Chance für die Verkehrswende, Herausforderung für die Partner des Umweltverbunds - Bundesverband CarSharing

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bcs-Position
Januar 2019

Mobility as a Service: Chance für die
Verkehrswende, Herausforderung für die
Partner des Umweltverbunds
In Deutschland ist der Pkw mit einem Anteil am Modal Split von 57 Prozent weiterhin das
dominierende Verkehrsmittel. 1 Das gilt auch für die Großstädte, in denen zwischen 38 und 50
Prozent der Wege mit dem Pkw zurückgelegt werden. Den Pkw-Bestand und die Pkw-Nutzung zu
reduzieren, bleibt ein vordringliches Ziel der nationalen und kommunalen Verkehrspolitik.

Für die Besitzer eines Pkw sind die Alternativen zum eigenen Auto jedoch oft abschreckend komplex
und unübersichtlich. Das gilt für den Öffentlichen Personennahverkehr allein - es gilt zumal für die
Verbindung von Öffentlichem Personennahverkehr mit weiteren Mobilitätsdiensten, wie Car- und
BikeSharing. Hier zu vereinfachen, ist das Ziel des Konzepts „Mobility as a Service“.

Der internationale Dachverband der Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs UITP, dessen
Mitglied auch der Bundesverband CarSharing e.V. ist, definiert Mobility as a Service wie folgt:

          Mobility as a Service (MaaS) ist die Integration von und der Zugang zu verschiedenen
          Mobilitätsdienstleistungen (wie ÖPNV, Ridesharing, Carsharing, Bikesharing, Scootersharing,
          Taxi, Autovermietung usw.) in einem einzigen, digitalen Mobilitätsangebot, dessen Basis
          aktive Modi und ein effizienter Öffentlicher Nahverkehr sind. Der maßgeschneiderte Service
          schlägt jeweils die beste Mobilitätslösung basierend auf den Bedürfnissen des Kunden vor.
          MaaS ist jederzeit verfügbar und bietet in integrierter Form Planung, Buchung, Bezahlung und
          Echtzeit-Informationen an, um ein Leben ohne eigenes Auto zu ermöglichen.

MaaS liegt die Annahme zugrunde, dass sich ein großer Teile der Autobesitzer erst dann vom eigenen
Pkw verabschieden wird, wenn ihnen der Umweltverbund eine Alternative bietet, die ebenso einfach
ist und ebenso viel Verlässlichkeit vermittelt, wie das eigene Auto. MaaS soll eine solche
konkurrenzfähige Alternative zum privaten Autobesitz sein.

Die Herausforderung bei der Herstellung von MaaS-Systemen, besteht darin, eine Integration
verschiedener Mobilitätsdienste herbeizuführen, die die Grenzen zwischen den einzelnen
Verkehrsträgern des Umweltverbunds und Unternehmensgrenzen überschreitet. MaaS erfordert ein
neues „Unternehmens-Ökosystem“ in dem unterschiedlichste Firmen so zusammenarbeiten, dass
aus Sicht des Kunden eine einzige Dienstleistung entsteht.

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    Zahlen nach MiD (2018)
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Der Bundesverband CarSharing e.V. ist seit langem dem Ziel einer Reduzierung des Pkw-Bestands
und Pkw-Gebrauchs verpflichtet. Eine enge Vernetzung von CarSharing und ÖPNV gehört seit der
Gründung zu den Verbandszielen. Das vorliegende Positionspapier soll deutlich machen, welche
Voraussetzungen aus Sicht der CarSharing-Branche geschaffen werden müssen, um das Versprechen
„Mobility as a Service“ einzulösen. Den ÖPNV sehen wir dabei als unseren natürlichen Partner.

    1. MaaS ist im Interesse der Partner des Umweltverbundes und der
       Kommunen
Die durch den MIV belasteten Kommunen und die Anbieter von Verkehrsdienstleistungen des
Umweltverbundes haben ein gleichgerichtetes Interesse, den Anteil des Umweltverbunds am Modal
Split zu steigern. MaaS kann dafür ein Weg sein. Der Bundesverband CarSharing e.V. und seine
Mitglieder sehen sich als Partner der Kommunen und des ÖPNV bei der Einrichtung, Erprobung und
Weiterentwicklung von MaaS-Systemen.

    1.1 CarSharing ist ein zentraler Baustein eines MaaS-Angebots

Studien zeigen, dass CarSharing einen multimodalen Lebensstil und die verstärkte Nutzung der
anderen Verkehrsträger des Umweltverbunds fördert.2 Das gilt vor allem für das stationsbasierte
CarSharing und kombinierte stationsbasiert/free-floating Systeme. CarSharing kann somit einen
bedeutenden Beitrag zur Stärkung des Umweltverbunds leisten. Insbesondere bei der direkten
Konkurrenz von MaaS-Angeboten mit dem privaten Autobesitz spielt das CarSharing eine
Schlüsselrolle als „Auto-Baustein“ des Umweltverbundes.

Die unterschiedliche Wirkung der verschiedenen CarSharing-Varianten ist dabei zu berücksichtigen.
Dem stationsbasierten CarSharing kommt die Rolle eines Grundlagen-Angebots zu, das private Pkw
ersetzen kann. Dem free-floating CarSharing fällt die Rolle zu, das CarSharing-Angebot zu einem
Mehrwert-Angebot gegenüber dem privaten Pkw zu machen. Beide Systeme müssen möglichst gut
miteinander verzahnt sein. Free-floating CarSharing allein wirkt nicht unterstützend für eine
Verkehrswende, sondern ergänzt oftmals bloß privaten Autobesitz. Diese Zusammenhänge sind bei
der Integration des CarSharing in MaaS-Angebote zu beachten.

    1.2 CarSharing und ÖPNV können gemeinsam das Potenzial von MaaS für eine Verkehrswende
        heben

MaaS wird oft unkritisch gleichgesetzt mit einer Reduzierung der privaten Pkw-Nutzung und einer
Vergrößerung des Anteils von Sharing-Konzepten und ÖPNV am Modal Split3. Dieser Zusammenhang
besteht jedoch nicht von selbst. Es spricht viel dafür, dass MaaS-Angebote ebenso gut einen hohen
Anteil von door-to-door Mobilität auf Basis von Pkw und Kleinbussen mit niedrigen
Besetzungsgraden herbeiführen könnten. Entscheidend ist die Angebotsstruktur. Der Bundesverband
CarSharing e.V. will zusammen mit den Partnern des Umweltverbunds an einer gezielten Ausrichtung
von MaaS auf die Verkehrswende arbeiten.

Angesichts der wechselseitigen Dependenzen und Unterstützungsverhältnisse von CarSharing- und
ÖPNV ist eine MaaS-Integration im besonderen Interesse beider Partner: Der ÖPNV wird für viele

2
  In neuerer Zeit etwa: Die durch das Bundesumweltministerium geförderte Studie WiMobil, die im Auftrag der
Landeshauptstadt München durchgeführte Studie EVA-CS, die bcs-Studie „CarSharing im innerstädtischen
Raum- eine Wirkungsanalyse“ sowie die im Jahr 2018 im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts STARS
erstellte bcs-Studie „Nutzer und Mobilitätsverhalten in unterschiedlichen CarSharing-Systemen“ (STARS D4.1).
3
  „Mobility as a Service is driving the modal shift from privately owned and operated cars to the use of shared
resources and public transportation.” MaaS Alliance (2017), S.12
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heutige Autobesitzer erst durch eine enge Verzahnung mit dem CarSharing als Alternative zum
privaten Pkw interessant. Das CarSharing braucht den ÖPNV als Rückgrat für eine nachhaltige
Alltagsmobilität der CarSharing-Kunden. Die Entwicklung gemeinsamer MaaS-Angebote von
CarSharing und ÖPNV ist vor diesem Hintergrund ein logischer Schritt.

      1.3 Der ÖPNV oder der übergeordnete Verkehrsverbund ist aus Sicht des CarSharing der
          maßgebliche MaaS-Integrator

Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass MaaS-Systeme sie
wahrheitsgemäß und umfassend über verfügbare Mobilitätsoptionen informieren. Anbieter von
Mobilitätsdienstleistungen müssen sich darauf verlassen können, dass sie diskriminierungsfrei
Zugang zu MaaS-Systemen erhalten, um ihre Angebote dem Endkunden darzustellen. Beide
Forderungen lassen sich nur erfüllen, wenn MaaS-Systeme unbeeinflusst bleiben von den Interessen
einzelner Unternehmen, die im Mobilitätsmarkt um Wettbewerbsvorteile kämpfen. Darum sollte
MaaS ein fester Bestandteil der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur werden. Um die Verantwortung
der öffentlichen Hand klar aufzuzeigen, sollte die Bundesregierung in § 8 PBefG festlegen, dass die
Etablierung von MaaS-Systemen zwingender Bestandteil von Nahverkehrsplänen ist. Ausnahmen
hiervon sollten nur zulässig sein, wenn im Geltungsbereich des Nahverkehrsplans keine zum ÖPNV
komplementären Angebote existieren.

      2. MaaS heute: Die existierenden Plattformen gewinnen kaum relevante
         Kunden
Eine stichprobenartige Erhebung des Bundesverband CarSharing e.V. hat gezeigt, dass MaaS-Systeme
in Bezug auf eine Neukundengewinnung bisher nicht erfolgreich sind. Die Nutzerzahlen in den
untersuchten Beispielen liegen je nach Stadtgröße nur bei einigen hundert bis einigen tausend
Personen. Deutlichen Zuspruch finden die Systeme nur dann, wenn die Anmeldung und/oder die
Nutzung der App für Bestandskunden des ÖPNV zwingend ist, weil e-Ticketing oder
Auskunftsfunktionen nur so verfügbar sind.

Auch auf die Nutzung des CarSharing wirken sich die bisherigen MaaS-Systeme nicht nennenswert
positiv aus. In mehreren untersuchten MaaS-Kooperationen zwischen ÖPNV und CarSharing-
Anbietern absolvierten die MaaS-Kunden nur 0,1 bis 0,5 CarSharing-Fahrten pro Monat und Kunde.4
Pkw-affine Zielgruppen werden demnach bisher kaum erreicht. Aus diesem Grund sind weitere
Experimente unbedingt erforderlich: Mit welchen Ansätzen kann MaaS tatsächlich als Alternative
zum Autobesitz für eine nennenswerte Anzahl von Neukunden interessant werden? Und welche
Geschäftsmodelle sind für alle Partner des MaaS-Systems wirtschaftlich tragfähig? Diese zentralen
Fragen müssen die Partner des Umweltverbunds erst noch beantworten.

      3. Welche Herausforderungen müssen CarSharing und ÖPNV meistern,
         um das Potenzial von MaaS zu heben?
      3.1 Die Basis von MaaS ist ein funktionierendes Kooperationsmodell

Angesichts der sehr begrenzten Akquiseleistung von heutigen MaaS-Systemen ist es wenig
realistisch, schnelle geschäftliche Erfolge durch Neukundengewinnung zu erwarten. Für CarSharing-
Anbieter wird die Integration in ein MaaS-System noch auf längere Sicht vor allem zusätzlichen
technischen, personellen und finanziellen Aufwand bedeuten. Der Willen, MaaS-Systeme
aufzubauen, muss daher auf einer langfristigen Perspektive beruhen und es sind langfristige

4
    Eigene Auswertungen mehrerer CarSharing-Anbieter, mündliche Auskunft an den bcs
                                                                                                    3
Kooperationen nötig, die eine partnerschaftliche Weiterentwicklung von heute existierenden
Services ermöglichen.

Ein funktionierendes MaaS-Angebot wird zudem eine tiefe Integration der verschiedenen
Mobilitätsdienste erfordern. Diese Integration ist kaum möglich, ohne die Prozesse und
Geschäftsmodelle der Partner wenigstens partiell miteinander zu verbinden. Auch dafür ist eine enge
und vertrauensvolle Zusammenarbeit notwendig. Die Basis von MaaS ist daher nicht nur die
technische Daten-Integration, sondern auch ein für alle Partner strategisch, wirtschaftlich und
operativ funktionierendes Kooperationsmodell. Heutige MaaS-Kooperationen stehen erst am Anfang
einer solchen Entwicklung.

    3.2 Der MaaS-Integrator muss die strategischen Risiken der Partner aktiv minimieren

Mit der Integration verschiedener Mobilitätsdienstleistungen in einer MaaS-App geht eine
Neuformierung der Kundenbeziehung einher. Der Kundenkontaktpunkt verlagert sich weg von den
einzelnen Anbietern der Mobilitätsdienste auf einen Dritten – den Betreiber der MaaS-Anwendung.
Leistungserstellung und Kundenkontakt werden so getrennt. Das ruft ein für die Mobilitätsbranche
neues Verkäufer-/Produzent-Verhältnis hervor.

Diese neue Konstellation ist dazu angetan die Kooperationsbereitschaft zwischen CarSharing und
ÖPNV nachhaltig zu untergraben. Schon heute ist in einigen MaaS-Experimenten erkennbar, dass die
Sicherung von Verhandlungsmacht die inhaltliche Arbeit der Partner an der Verbesserung des MaaS-
Produkts behindert. Der ÖPNV als MaaS-Integrator muss die Frage beantworten, auf welchem Weg
er das Vertrauen und die Kooperationsbereitschaft der für ein MaaS-Angebot relevanten
Mobilitätsanbieter gewinnen will.

Aus Sicht der CarSharing-Branche sind folgende Maßnahmen geeignet, eine Basis für gegenseitiges
Vertrauen zu schaffen:

-   Wettbewerbsverzicht: Gegenüber seinen Partnern verzichtet der MaaS-Integrator (jetzt und in
    Zukunft) darauf, gleichartige, konkurrierende Mobilitätsangebote selbst aufzubauen oder sich an
    solchen direkt konkurrierenden Mobilitätsangeboten zu beteiligen.
-   Geteilte Kundenbeziehung: Der MaaS-Integrator tritt gegenüber seinen Kunden als Vermittler
    auf, Nutzungsverträge werden (auch) zwischen Endkunden und Mobilitätsdiensten direkt
    geschlossen.
-   Gemeinsames Marketing: Marken und Positionierung der Mobilitätsdienste werden in die
    Marketing-Kommunikation des MaaS-Angebots mit transportiert.
-   Faire Verteilung der Integrationskosten: Für Mobilitätsdienstleister bietet die MaaS-Integration
    gegenwärtig kaum Chancen zur Neukundengewinnung. Die Kosten der technischen Integration
    müssen daher unter den Partnern fair und realistisch aufgeteilt werden.

    3.3 Der MaaS-Integrator muss die Geschäftsmodelle seiner Partner verstehen und einbinden

Verschiedene Mobilitätsdienste haben radikal unterschiedliche Geschäftsmodelle. Solche
Unterschiede schlagen sich im Produktzuschnitt, in den Nutzungsbedingungen und in der
Kundenkommunikation unmittelbar nieder.5 Der MaaS-Integrator tut gut daran, die Lösungen seiner
Partner zu respektieren und deren Produkte möglichst so einzubinden, wie sie vorliegen. Andernfalls

5
 Beispielsweise spielt die Frage, wie der einzelne Kunde das genutzte Fahrzeug behandelt, in der Risiko- und
Kostenkalkulation eines CarSharing-Anbieters eine viel bedeutendere Rolle, als in der Kalkulation eines ÖPNV-
Anbieters.
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setzt er den wirtschaftlichen Erfolg seiner Partner aufs Spiel und riskiert, das diese
Endkundenprodukte nicht vollständig oder nur mit Risikoaufschlägen zur Verfügung stellen können.

Veränderungen in einzelnen Mobilitätsprodukten können im Rahmen einer MaaS-Kooperation
notwendig werden. Diese können jedoch nur vom einzelnen Produktbesitzer in den Grenzen seines
Geschäftsmodells vorgenommen werden. Der ÖPNV als MaaS-Integrator muss neue Formen der
gemeinsamen und gleichberechtigten Produktpflege und Produktentwicklung mit seinen Partnern
etablieren.

Aus Sicht der CarSharing-Branche sind für eine gute Kooperation vor allem folgende Punkte wichtig:

-   Produkthoheit beim Anbieter: CarSharing ist ein risikoreiches Geschäftsmodell mit niedrigen
    Margen. Die Anbieter haben in oft langwierigen Trial-and-Error-Prozessen tragfähige
    Geschäftsmodelle entwickelt. MaaS-Integratoren sollten diese Expertise ernstnehmen.
-   Kundenservice durch den Anbieter: Der Kundenservice in Zusammenhang mit Buchungen und
    Fahrten ist im CarSharing komplex. Ein direkter Zugriff auf das Buchungssystem durch geschulte
    Kräfte ist oftmals nötig, um Kundenanfragen zu beantworten. Der Kundensupport durch den
    CarSharing-Anbieter muss in die MaaS-Dienstleistung eingebunden werden, wenn die Partner
    nicht gemeinschaftlich etwas anderes beschließen.
-   Community-Building: Kunden von CarSharing-Angeboten müssen das Gefühl haben, zu einer
    Gemeinschaft zu gehören, die sich gemeinsam um eine gute Behandlung der Fahrzeuge bemüht.
    Geschieht das nicht, sind zahlreiche Schäden und hohe Kosten für die Instandhaltung der
    Fahrzeuge oft die unmittelbare Folge. Das Community-Building muss den CarSharing-Anbietern
    auch im Rahmen von MaaS-Kooperationen ermöglicht werden.

    3.4 Der MaaS-Integrator muss sich selbst klare Regeln für seine zentrale Datenhaltung geben

Um sinnvolle Auskunftszeiten für MaaS-Angebote zu ermöglichen, müssen die entsprechenden
Grundlagendaten der Mobilitätsdienste in einem gemeinsamen Datenspeicher (Cache) vorgehalten
werden. Diese Daten repräsentieren jedoch zugleich die Geschäftsmodelle und
Geschäftsgeheimnisse der einzelnen Mobilitätsanbieter. Auf ihnen beruht der derzeitige und
zukünftige Erfolg dieser Anbieter und sie stellen einen erheblichen Teil ihres Unternehmenswertes
da. Im zunehmend umkämpften Mobilitätsmarkt ist es für den einzelnen Mobilitätsanbieter eine
Frage von hoher strategischer Bedeutung, welche anderen Marktteilnehmer in seine Daten Einblick
haben. Ein gemeinsamer Datenspeicher ist aus Sicht der Mobilitätsdienste daher nur denkbar, wenn
klare Regelungen für den Schutz und die Weiterverwendung der Daten sowie den Schutz der eigenen
Position im Wettbewerb existieren.

Aus Sicht der CarSharing-Branche muss der MaaS-Integrator die folgenden Grundregeln beachten:

-   Die Mobilitätsdienste bleiben Eigentümer ihrer Daten im MaaS-Cache. Sie bestimmen daher auch
    über deren Verwendung und Weitergabe mit.
-   Cache-Daten dürfen nicht - auch nicht anonymisiert - an andere Mobilitätsanbieter oder an
    externe Dritte weitergegeben werden (etwa zum Zweck der Nachfrage- oder
    Angebotsmodellierung).
-   Cache-Daten müssen vor externen Sammel- oder Langzeitabfragen geschützt werden, denn
    solche Abfragen würden die Verfügbarkeit und Auslastung von Mobilitätsdiensten offenlegen.
-   Die relevanten Daten zur Mobilitäts-Nachfrage der Endkunden müssen kostenfrei an die
    jeweiligen Mobilitätsdienstleister zum Zweck der Geschäftsprozess- und
    Geschäftsmodelloptimierung zurückgespielt werden.

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-   Werden Cache-Daten an andere als die vereinbarten MaaS-Auskunftssysteme weitergegeben, so
    ist die Zustimmung der betroffenen Mobilitätsdienste einzuholen. Eine diskriminierungsfreie, von
    Geschäftsinteressen unabhängige Weiterverwendung ist sicherzustellen.
-   Eine Datenweitergabe an andere MaaS-Auskunftssysteme unterbleibt, wenn deren Betreiber
    zugleich Mobilitätsdienste anbieten, die direkt mit Partnern des Cache-Betreibers konkurrieren.

    4. Wie sollte sich die CarSharing-Branche auf MaaS vorbereiten?
Heute sind die meisten MaaS-Systeme erst im Anfangsstadium ihrer Entwicklung. Die Erfolge -
gerade auch für das CarSharing - sind eher bescheiden.

Vieles spricht dafür, dass die ersten erfolgreichen MaaS-Systeme regionale Kooperationen zwischen
CarSharing und ÖPNV sein werden, die sich jeweils auf einen regionalen Markt beziehen. Solche
regionalen Kooperationen werden immer darauf beruhen, dass die Partner wichtige Player im
lokalen Markt sind, die ihre Kooperation gleichberechtigt gestalten.

Mittel- bis langfristig wird es aber auch nationale oder multinationale MaaS-Integratoren geben.
Internationale IT-Konzerne und Autokonzerne wie Daimler arbeiten ebenso in diese Richtung, wie die
Deutsche Bahn. Und auch die ÖPNV-Branche strebt mit einigen Projekten eine zumindest nationale
MaaS-Integration an. Diese überregionalen Plattformen könnten sich zu „Gatekeepern“ entwickeln,
die den eigenständigen Kundenzugang der CarSharing-Branche zum Kunden stark regulieren. Solche
Integratoren werden wenig Interesse haben, mit kleinen und mittelständischen Unternehmen die
Regeln einer Kooperation auszuhandeln. Vor allem mittelständische CarSharing-Anbieter tun deshalb
gut daran, sich rechtzeitig auf diese mögliche Entwicklung vorzubereiten.

    4.1 Die CarSharing-Anbieter sollten einen eigenen, nationalen Daten-Cache aufbauen

Je größer Betreiber von MaaS-Systemen sind und je internationaler sie agieren, umso wahrscheinlich
ist, dass kleine und mittelständische CarSharing-Unternehmen kein Mitspracherecht bei der
Formulierung der Regeln haben, die für eine gemeinsame Datenspeicherung gelten.

Die CarSharing-Anbieter sollten daher selbst einen Cache-Betreiber aufbauen, der die CarSharing-
Daten nach klaren Regeln verwaltet und an MaaS-Auskunftssysteme weiterreicht. Eine solche
Initiative wäre geeignet, auch kleineren und mittelständischen CarSharing-Anbieter ein
Mitspracherecht dabei zu sichern, wie ihr Datenbestand in einer „Plattform-Ökonomie“ genutzt und
geschützt werden soll.

    4.2 Die CarSharing-Anbieter sollten gemeinsam einen Produkt-Standard entwickeln, der
        national und international vermarktet werden kann

Überregionale MaaS-Integratoren werden sich nicht die Mühe machen, kleinere CarSharing-Anbieter
in ihre Angebote einzubinden. Sie suchen nach national oder multinational verwendbaren Standard-
Produkten. Die mittelständischen CarSharing-Anbieter in Deutschland tun daher gut daran, ein
gemeinsames Standard-Produkt zu entwickeln, das ihre gemeinsame Marktmacht repräsentiert und
in Kooperationen mit überregionalen MaaS-Systemen zum Einsatz kommen kann.

Eine solche übergeordnete Standardisierung antwortet auch auf die politischen Bemühungen der
Bundesregierung und der Europäischen Kommission, Standards für nationale und transnationale
Mobilitätsauskunftssysteme zu etablieren.

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Quellen:
bcs 2016: Loose: Mehr Platz zum Leben - wie CarSharing Städte entlastet. Ergebnisse des bcs-
Projektes „CarSharing im innerstädtischen Raum - eine Wirkungsanalyse“. Endbericht. Berlin, 2016

EVA-CS 2015: Schreier, Becker, Heller: Evaluation CarSharing (EVA-CS). Endbericht. Im Auftrag der
Landeshauptstadt München; Berlin, 2015

MaaS Alliance (2017): White Paper, Guidelines & Recommendations to create the foundations for a
thriving MaaS Ecosystem, MaaS Alliance, September 2017

MiD (2018): infas, DLR, IVT Research: Mobilität in Deutschland, Kurzreport; Bonn 2018

STARS (2018): Deliverable 4.1 - The influence of socioeconomic factors in the diffusion of car sharing

WiMobil 2016: BMW AG, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Verkehrsforschung
(DLR), DB Rent GmbH, Landeshauptstadt München, Universität der Bundeswehr München,
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin: Wirkung von E-Car Sharing Systemen auf
Mobilität und Umwelt in urbanen Räumen (WiMobil). Gemeinsamer Abschlussbericht. Berlin, 2016

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