NACHHALTIGE NUTZUNG VON BioeNergie - Faktenlage und Forderungen der Landesumweltanwaltschaften Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland ...
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NACHHALTIGE NUTZUNG VON BioeNergie IN ÖSTERREICH Faktenlage und Forderungen der Landesumweltanwaltschaften Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark, Salzburg, Kärnten, Tirol und Vorarlberg März 2013
inhaltsverzeichnis Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 3 Kapitel 1: Zusammenfassung 4 Fruchtbare Böden werden immer kostbarer 4 Die energetische Nutzung von Ackerfrüchten ist nicht nur ethisch bedenklich, sondern vor allem ineffizient 5 Ausbaupläne der Bundesregierung schaden Ernährungssicherheit und Naturschutz 5 Ölsaaten zu wertvoll für den Autotank 6 Biogas aus Reststoffen 6 Holzeinschlag in Österreich ist trotz ungenutzter Potentiale nicht nachhaltig 7 „Klimastrategie neu“ der UmweltanwältInnen 7 Kapitel 2: B ioenergieproduktion im Spannungsfeld unterschiedlicher Nutzungsansprüche 8 Flächenentwicklung in Österreich 10 Standortwahl von Bioenergieanlagen (Energieraumplanung) 12 Kapitel 3: Landwirtschaftliche Biomasse 13 Relevante Fakten auf globaler Ebene 13 Relevante Fakten für Österreich 14 Möglichkeiten zum Schutz landwirtschaftlicher Böden 15 Flächenverfügbarkeit für Bioenergieproduktion 16 Aktuelle Bioenergieproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen 18 Biogas 18 Biokraftstoffe 20 Kurzumtriebsflächen/ -plantagen (KUF/ KUP) 23 Nachhaltige Formen der Bioenergieproduktion 25 Flächenschonende Bioenergienutzung: 25 Umweltverträgliche Biomasse-Anbausysteme 26 Mobilisierung landwirtschaftlicher Flächen durch Ernährungsumstellung und Beseitigung der Eiweißlücke 26 Kapitel 4: Forstliche Biomasse 28 Relevante Fakten 28 Totholz (Biotopholz): 29 Wärmebedarf und Klimaschutz 30 Trends beim Wärmebedarf in Österreich 30 Holz und Klimaschutz 30 Kapitel 5: Forderungskatalog 31 Allgemein 31 Energieraumplanung 31 Raumordnung – Erhalt fruchtbarer Böden für die Landwirtschaft 32 Biogasproduktion 32 Biokraftstoffproduktion 33 Kurzumtriebsflächen (KUF) 34 Nachhaltige Produktionsformen 34 Eiweißlücke 35 Bioenergienutzung im Wald 35 „Klimastrategie neu“ 36 Kapitel 6: Literatur 37 2
vorwort Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich VORWORT Die österreichischen Umweltanwaltschaften sehen Mit einem hochkarätigen ExpertInnen-Pool von über 50 ihre Hauptaufgaben darin, sowohl in Bewilligungs- Gästen aus Land-, Forstwirtschaft und Umwelt wurde disku- verfahren als auch bei umweltrelevanten Themen tiert, welche Weichenstellungen nötig sind, um trotz zuneh- und deren Entwicklungen weisungsfrei und unabhän- menden Flächendrucks, vorhandene Bioenergiepotentiale gig von politischer Einflussnahme Position zu beziehen. NACHHALTIG und ohne direkte Konkurrenz zur Lebensmit- telproduktion zu nutzen. Vorträge und nähere Informationen Im Bereich der Bioenergienutzung werden von Seiten der zum Workshop finden sich unter Österreichischen UmweltanwältInnen die politisch anvisier- http://www.umweltbundesamt.at/workshop_bioenergie2011 ten Entwicklungspfade sehr kritisch gesehen, weil wesent- liche öffentliche Interessen des Natur- und Umweltschut Die anhand der Diskussion gewonnenen Einsichten über zes nicht ausreichend beachtet und dadurch den europa die energetische Nutzung von Biomasse in Österreich rechtlichen Verpflichtungen (Biodiversität, Artenschutz, und die hierdurch (weiter)entwickelten Forderungen der Flora-Fauna-Habitat-RL und Vogelschutz-RL, etc.) entge- Landes umweltanwaltschaften an die jeweiligen Entschei- genstehen. Aus diesem Grund wurde bereits 2009 eine dungsträgerInnen auf Bundes- und Landesebene sind auf gemeinsame Position der österreichischen Umweltanwalt- den folgenden Seiten zusammengefasst. Dabei haben wir schaften zur energetischen Biomassenutzung mit dem versucht, die Produktion von Bioenergie in Österreich nicht Fokus „Agrotreibstoffe“ erarbeitet und publiziert, welche isoliert zu betrachten, sondern in den Gesamtkontext der die Konfliktfelder und erforderlichen politischen Handlungs- gesamten landwirtschaftlichen Produktion in Österreich bedarf aufzeigt (siehe auch unter http://wua-wien.at/home/ und weltweit zu setzen. Dementsprechend möchten wir für images/stories/umweltrecht/biomasse-positionspapier.pdf). die gesamte österreichische Landwirtschaft und Flächen- nutzung nachhaltige Entwicklungspfade aufzeigen, welche Um Chancen und Risiken der österreichischen Bioenergie- auch dem Erhalt von Biomassepotentialen für die Bioener- nutzung im Hinblick auf aktuelle Ausbauziele der Bundes- gieproduktion dienen. regierung genauer zu beleuchten, luden die Landesumwelt anwaltschaften am 28. November 2011 gemeinsam mit dem Umweltbundesamt zu einem Fachworkshop ins Wiener Rathaus zum Thema „Nachhaltige Bioenergienut- zung in Österreich“. 3
01 Zusammenfassung Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich Kapitel 1: Zusammenfassung Zuletzt wurde in Österreich und auf EU-Ebene über sozi- Seit 1985 sinkt weltweit die pro Kopf produzierte ale und ökologische Bedenken des Einsatzes von Biotreib- Getreidemenge, da die Ertragssteigerungen in der Land stoffen heftig diskutiert, und schließlich die geplante Einfüh- wirtschaft nicht mehr mit dem Bevölkerungswachstum rung von E10 (einer 10%igen Bioethanol-Zumischung zu mithalten können. Gleichzeitig stieg der weltweite Fleisch- Benzin) von Bundesminister Berlakovich auf unbestimmte konsum seit 1961 auf das Vierfache. Über 30 % der Zeit verschoben. Weltgetrei deernte werden inzwischen in der Viehzucht verfüttert. In Österreich sind es über 50 %, wobei Österreich Die Pläne der Bundesregierung im österreichischen zusätzlich zirka 500.000 Tonnen Sojaschrot, vorwiegend Aktionsplan für Erneuerbare Energien zum Ausbau der aus Südamerika, als Futtermittel importiert, was die dortige heimischen Bioenergienutzung bleiben jedoch aufrecht. Vernichtung von Regenwald forciert. Die Landesumweltanwaltschaften fassen in ihrem Posi Bei der aktuellen Ernährungsweise reichen die heimischen, tionspapier wesentliche Zahlen und Fakten zur österrei landwirtschaftlichen Flächen nicht aus, um die österrei- chischen Bioenergienutzung zusammen und fordern die chische Bevölkerung zu versorgen. Bundesregierung mit einem detaillierten Katalog aus Die heimische Ackerfläche ist zudem – nicht zuletzt durch Forderungen und Empfehlungen dazu auf, die aktuellen eine ungebremste Zersiedelungspolitik – kontinuierlich Ausbauziele für Biomassenutzung auszusetzen, und die rückläufig. Von 1960 bis 2011 gingen rund 660.000 ha an Bioenergienutzung neu auszurichten. landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren, sodass Österreich derzeit noch 1,73 Mio. ha Grünland und 1,36 Mio. ha Fruchtbare Böden Ackerfläche besitzt. Aufgrund des Klimawandels ist außerdem mit einem werden immer kostbarer Anstieg an Missernten und entsprechenden Ertragsein bußen zu rechnen, während sich sehr trockene Gebiete Fruchtbare Böden gehen sowohl global (durch Erosion und auf der Erde weiter ausdehnen. Letztere sind seit 1970 von Versiegelung), als auch in Österreich, zunehmend v erloren. 15 % auf fast 30 % der globalen Festlandfläche angestiegen. Zugleich steigen die Ansprüche an die Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung mit Lebensmitteln und agra- rischen Rohstoffen stark. 4
01 Zusammenfassung Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich mige Energieträger ebenfalls Energie benötigt, werden in Die energetische Summe nur geringe Mengen an Treibhausgasen eingespart. NuTzung von Acker- Die Nutzung von Bioenergie aus Feldfrüchten gegen- über anderen klassischen erneuerbaren Energieträgern früchten ist nicht nur (wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie) stellt zudem die ethisch bedenklich, mit Abstand teuerste Methode dar, Treibhausgase einzu sparen, was eine erst kürzlich veröffentliche Studie der sondern vor allem D eutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (2012) ineffizient neuerlich aufzeigt. energetische NutzungAktuell von werden etwa 8,4ist Ackerfrüchten % nicht der heimischen nur ethischAckerfläche bedenklich,für dern vor allem ineffizient den Anbau von Energiepflanzen, vorwiegend Getreide, Mais Ausbaupläne der Bundes- und Raps zur Produktion von Biotreibstoffen und Biogas uell werden etwa 8,4% der heimischen Ackerfläche für den Anbau von Energie- genutzt. Damit werden nur 0,7 % des gesamten, österrei- regierung schaden Treibhausgasen eingespart. Die Nutzung von Bioenergie aus Feldfrüchten ge- nzen, vorwiegend Getreide, Mais und Raps zur Produktion von Biotreibstoffen chischen Energieendverbrauchs abgedeckt. Das bedeutet, Biogas genutzt. Damit werden nur 0,7% des gesamten, österreichischen Ener- Ernährungssicherheit genüber anderen klassischen erneuerbaren Energieträgern (wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie) stellt zudem die mit Abstand teuerste Methode dar, Treib- dass selbst ndverbrauchs abgedeckt. bei ausschließlicher Das bedeutet, dass selbstVerwendung der gesam bei ausschließlicher und Naturschutz hausgase einzusparen, was eine erst kürzlich veröffentliche Studie der DEUTSCHEN wendung der gesamten ten österreichischen österreichischen Ackerfläche für für Ackerfläche denden Energiepflanzen Energiepflan- AKADEMIE DER NATURFORSCHER LEOPOLDINA (2012) neuerlich aufzeigt. anbau weniger als anbau ein Zehntel des weniger alsösterreichischen Energiebedarfs damit ein Zehntel des österreichischen Ener eugt werden könnte.giebedarfs damit erzeugt werden könnte. AusbaupläneIn dieser Situation werden von der Bundesregierung der österreichischen schaden Bundes- und Natur- Ernährungssicherheit schutz regierung Ausbauziele der Bioenergienutzung bis 2020 formuliert. Für realisierbar wird eine Ausdehnung des Ener- SITUATION 2010 In dieser Situation werden von der österreichischen Bundesregierung Ausbauziele giepflanzenanbaus auf 14 – 17 % der österreichischen ca. 8,4 % der inländischen Ackerfläche decken der Bioenergienutzung bis 2020 formuliert. Für realisierbar wird eine Ausdehnung ca. 0,7 % des österr. Energieverbrauchs Ackerfläche gehalten und die energetische Nutzung von des Energiepflanzenanbaus auf 14 – 17 % der österreichischen Ackerfläche ge- halten und Holz soll – insbesondere die energetische Nutzung durch einen von Holz soll erhöhten Holzein- - insbesondere durch einen er- Anbau von Ackerfrüchten (auf 2,2 % schlag – um höhten Holzeinschlag bisbis - um zu zu 2020 %%angehoben angehobenwerden. werden. der Ackerfläche) für BIOGAS Anbau von Ackerfrüchten (auf 6,2 % der Ackerfläche) für BIOTREIBSTOFFE Laut BMLFUW realisierbare Potentiale bis 2020 Restliche inländische Ackerfläche 13,7 % der inländischen Ackerfläche (von 2010) decken 1,2 % des österreichischen Energieverbrauchs (von 2010) 1: Auf knapp 8,4% der österreichischen Abb.1: Auf knapp Ackerfläche 8,4 % derwurden 2010 Energiepflanzen österreichischen angebaut, Ackerfläche wurden mit 2010 n ca. 0,7% des energetischen Bruttoinlandsverbrauchs Energiepflanzen angebaut, mit2010 (1458 denen ca.PJ)0,7% abgedeckt werden konn- des energetischen Anbau von Ackerfrüchten (auf 4,4 % der Bruttoinlandsverbrauchs 2010 (1458 PJ) abgedeckt werden konnten. Ackerfläche) für BIOGAS Anbau von Ackerfrüchten (auf 9,3 % der h die Nutzung der heimischen Ackerbrachflächen Auch die Nutzung (Rückgang der heimischen von 2005 bis Ackerbrachflächen Ackerfläche) für BIOTREIBSTOFFE 9 um 53%) ändert (Rückgang das Verhältnis Bioenergieproduktion zu Energieverbrauch von 2005 bis 2009 um 53 %) ändert das Restliche inländische Ackerfläche t. Die Brachflächen fehlen jedoch als wichtige Trittsteinbiotope für viele wertvolle Verhältnis Bioenergieproduktion zu Energieverbrauch nicht. - und Pflanzenarten in Österreich. Sie werden in einer Zeit der klimawandelbe- Die Brachflächen fehlen jedoch als wichtige Trittsteinbio- ten Wanderung von Tieren und Pflanzen immer wichtiger. Abb.2: Nach Abb.2: tope für viele wertvolle Tier- und Pflanzenarten in Österreich. Nach den den Angaben desAngaben BMLFUW des(2009) BMLFUW (2009) ist zur ist zur Erreichung Erreichung des der Anbau von des 34%-Ziels 34 %-Ziels Energiepflanzen auf ca. der 14%Anbau von Energiepflanzen der österreichischen auf ca. (2010) Ackerfläche 14 % der österreichi- realisierbar, um mittels Biogas Sie werden ch Importe von Ölsaaten in einer Zeit der klimawandelbedingten zur Biodieselproduktion werden weitere 1,4Wande- %unddes schen17,7 Ackerfläche (2010) realisierbar, um mittels Biogas und Biotreib- Biotreibstoffen PJ Energie zu erzeugen (Energieverbrauch 2010: 1458 PJ) erreichischen Energiebedarfs gedeckt. rung von Tieren Allein dafür und Pflanzen immerwird im Ausland eine wichtiger. stoffen 17,7 PJ Energie zu erzeugen (Energieverbrauch 2010: 1458 PJ) erfläche in der Größe eines Drittels der österreichischen in Anspruch ge- hätte massive, negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt in Öster- �Dies mmen. reichs Wäldern Durch Importe von Ölsaaten zur Biodieselproduktion „Dies und Agrargebieten, hätte schwächt massive, negative die österreichische Auswirkungen auf die Ernährungs- werden weitere 1,4 % des österreichischen Energiebe sicherheit Artenvielfalt und nützt dem Klimaschutz in Österreichs wenig,“und Wäldern warnen die UmweltanwältInnen Agrargebieten, Nutzung von Ackerflächen zur direkten Energiegewinnung aus Lebensmitteln ist einhellig. darfs gedeckt. Allein dafür wird im Ausland eine Acker schwächt die österreichische Ernährungssicherheit und iner Welt knapper Bodenressourcen nicht nur ethisch bedenklich, sondern sie fläche in der Größe eines Drittels der österreichischen rt gleichzeitig pro eingesetzter Fläche nur äußerst bescheidene Beiträge zur in nützt dem Klimaschutz wenig,“ warnen die Umweltanwält De-Ausbau der Bioenergienutzung ist nicht sinnvoll, wenn gleichzeitig große Ein ng unseres aktuellenAnspruch genommen. Energiebedarfs. Das hängt damit zusammen, dass Pflan- Innen einhellig. Mengen an Holz für die stoffliche Verwertung nach Österreich importiert werden nur etwa 0,5 % der eingestrahlten Sonnenenergie als Biomasse speichern. müssen und wir den aktuellen Lebensmittelkonsum der eigenen Bevölkerung nicht der Anbau von Energiepflanzen Die Nutzungoftvon mitAckerflächen einem hohenzur Verbrauch direkten an Dünge-aufund Energiegewin- Ein Ausbau den heimischen der Bioenergienutzung Ackerflächen abdecken können,ist sondern nicht sinnvoll, (z.B. für die Fleisch- nzenschutzmitteln einhergeht nung aus und die Umwandlung Lebensmitteln in flüssige ist in einer und gasförmige Welt knapper Boden- wenn gleichzeitig und Ölproduktion) große Mengen relevante Flächen an Holz in Übersee fürSojaschrot- für die die stoffliche und Palmölpro- rgieträger ebenfalls Energie benötigt, ressourcen nicht werden in Summe nur ethisch nur geringe bedenklich, sondernMengen an in Anspruch duktion sie liefert nehmen. Verwertung nach Österreich importiert werden müssen gleichzeitig pro eingesetzter Fläche nur äußerst beschei-6 diskutierte Der viel und wirunddenzuletzt wieder aktuellen hintangestellte Umstieg Lebensmittelkonsum der von E5 auf E10 ist ein eigenen weiteres dene Beiträge zur Deckung unseres aktuellen Energiebe- Beispiel Bevölkerung nicht auf den heimischen Ackerflächen abde- nötigen Men- einer nicht nachhaltigen Strategie. Während die dafür gen an Bioethanol längst in Österreich produziert werden, müssen die Getreidemen- darfs. Das hängt damit zusammen, dass Pflanzen nur etwa cken können, sondern (z.B. für die Fleisch- und Ölproduk- 7 0,5 % der eingestrahlten Sonnenenergie als Biomasse tion) relevante Flächen in Übersee für die Sojaschrot- und speichern. Da der Anbau von Energiepflanzen oft mit einem Palmölproduktion in Anspruch nehmen. hohen Verbrauch an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln Der viel diskutierte und zuletzt wieder hintangestellte einhergeht und die Umwandlung in flüssige und gasför- Umstieg von E5 auf E10 ist ein weiteres Beispiel einer 5
01 Zusammenfassung Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich nicht nachhaltigen Strategie. Während die dafür n ötigen den zu achten. Laut Amon, T., Bauer, A., Leonhartsberger, Mengen an Bioethanol längst in Österreich produziert C., (2008) könnten mit Biogas, welches ohne Konkurrenz werden, müssen die Getreidemengen schwerpunktmä- zur Lebensmittelproduktion und unter Erhalt der Boden ßig aus Zentraleuropa importiert werden. Derzeit wird das fruchtbarkeit gewonnen wird, bis zu 12 % des österreichi in Österreich produzierte Ethanol etwa zur Hälfte nach schen Energiebedarfs klimafreundlich gedeckt werden. Deutschland exportiert. Allerdings ist noch intensive Forschungsarbeit nötig, um die Nutzung dieses Potentials auch ökonomisch interes- sant zu machen. Ölsaaten zu wertvoll für den Autotank Zwar fallen bei der Produktion von Bioethanol und B iodiesel auch Eiweißfuttermittel als Koppelprodukte an, die etwa 260.000 Tonnen Sojaschrot entsprechen, gleichzeitig werden aber auch Öle für die Ernährung und die Kosme- tikindustrie importiert (darunter auch 50.000 Tonnen Palmöl 1), während heimische Ölsaaten in die Biodieselpro- duktion wandern. Es erscheint daher sinnvoller, in Öster reich den Anbau von Ölsaaten für die Lebensmittelpro duktion und für die stoffliche Verwertung zu forcieren und hierbei Futtermittel als Nebenprodukt herzustellen. Wenn Öle als Treibstoff genutzt werden, dann sehen die UmweltanwältInnen nur die direkte Nutzung von Pflanzen- ölen für land- und forstwirtschaftliche Maschinen als ökolo- gisch sinnvoll an. Dies stärkt die Unabhängigkeit der öster- reichischen Lebensmittelproduktion von fossilen Energieträ- gern, schützt die Böden vor Verunreinigungen und hat eine bessere Klimabilanz als die Produktion von Biodiesel. Biogas aus Reststoffen Betrachtet man diese Fakten zugleich mit dem konti- nuierlichen Verlust von Ackerböden und den stetig stei- genden Lebensmittelpreisen auf dem globalen Markt, hat Österreich die eigenen Ackerböden also erstens KONSE- QUENT vor weiterer Versiegelung zu schützen und zwei- tens die vorhandenen Flächen vorrangig für die Sicher- stellung der Ernährung der eigenen Bevölkerung und die stoffliche Verwertung zu nutzen. Dabei ist der Anteil der Fleischproduktion dem österreichischen Flächenange- bot anzupassen. „Die gesamte Förderpolitik für den länd- lichen Raum und die Energieproduktion hat sich nach diesen Prinzipien auszurichten“ fordern die Umweltan- wältInnen. Das bedeutet, dass einerseits die Fleischpro- duktion durch Änderungen in der Förderpolitik zu senken ist und dass andererseits für die Energiegewinnung statt Ackerfrüchten verstärkt biogene Rest- und Abfallstoffe wie Landschaftspflegeheu, Zwischenfrüchte, Stroh, Wirt- schaftsdünger und Lebensmittelabfälle einzusetzen sind. Dabei ist gleichzeitig auf den Erhalt des Humusanteils von Ackerböden und den Nährstoffhaushalt der Waldbö- ––––––––––––––––––––––––––––––––– 2 http://www.greenpeace.org/austria/de/themen/urwaelder/probleme/abholzung/biotreibstoffe/biodiesel_inland/ laut einer Information der Statistik Austria wurden zwischen 1.7.2010 - 30.6.2011 knapp 54.000 Tonnen Palmöl und 21.000 Tonnen Sojaöl nach Österreich importiert 6
01 Zusammenfassung Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich rungsrate. Zur Deckung des Restwärmebedarfs sind primär Holzeinschlag in emissionsarme Technologien wie Solar- und Geothermie, Österreich ist trotz sowie Wärmepumpen auf Basis von erneuerbarem Strom heranzuziehen. Potentiale für die holzbasierte Energie ungenutzter Potentiale gewinnung werden in mittelgroßen Kraft-Wärme-Kopplungs- nicht nachhaltig anlagen mit ganzjährigen Wärmeabnehmern, z.B. in der Lebensmittelproduktion, gesehen. Auch im Bereich der energetischen Nutzung von Holz sind Der Individualverkehr muss wesentlich radikaler auf den die österreichischen Potentiale unter den heutigen ökono- öffentlichen Verkehr umgelenkt werden. Zudem ist die mischen Bedingungen entgegen vieler Meldungen weitest- weitere Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs zu forcie- gehend ausgeschöpft. 11 Millionen Festmeter heimisches ren. Wind- und Solarenergie, aber vor allem die Photo- Hackgut und Brennholz gelangen direkt in die energe voltaik (inkl. Energiespeichersystemen) sind viel rascher tische Verwertung, während die (Papier)Industrie gleich auszubauen. zeitig 10 Millionen Festmeter Holz für die stoffliche Verwertung importiert. Österreich erntet zwar nur zwei Drittel des jährlich nachwachsenden Holzes. Dieses nicht genutzte Drittel liegt aber entweder in steilen Schutzwäl- dern, deren Durchforstung derzeit (noch) unökonomisch kostenintensiv ist, oder in privaten Klein- und Kleinstwäl- dern, deren Potentiale einer systematischen Nutzung eben- falls schwer zugänglich sind. Jene großen Forstbetriebe in Österreich, die den Wald unter ökonomischen Bedingungen bewirtschaften, nutzen laut aktueller österreichischer Waldinventur bereits mehr Holz als nachwächst und sollten aus Nachhaltigkeitssicht ihren Holzeinschlag eher wieder reduzieren und auch auf einen genügend hohen Totholzanteil im Wald achten. Totholz erfüllt im Wald wichtige ökologische Funktionen und ist ein wichtiger Garant für die Artenvielfalt. Um sich den österreichischen Gesamtvorrat an Holz zu Die Energiestrategie der Zukunft wird daher auf drei wesent- vergegenwärtigen, sei zudem darauf hingewiesen, dass wir liche Säulen aufbauen müssen: mit der Abholzung des gesamten österreichischen Waldes und seiner anschließenden Verfeuerung, gerade einmal • Senkung und Lenkung des Energieverbrauchs, sechs Jahre den österreichischen Energiebedarf decken • Steigerung der Energieeffizienz und könnten. • ökologisch verträglicher Ausbau erneuerbarer Energien, Aktuell decken wir circa 10 % unseres Energiebedarfes mit wobei der Ausbau der Erneuerbaren nur eine untergeord- holzbasierter Biomasse, vorwiegend aus Neben- und Abfall- nete Rolle bei der Zielerreichung spielen wird. produkten der Papier-, Platten- und Sägeindustrie, die auch importiertes Holz verarbeiten. Österreich wird seine internationalen bzw. EU-rechtli chen Verpflichtungen in punkto Klimaschutz nur dann erreichen, wenn der Energieverbrauch drastisch reduziert „Klimastrategie neu“ der wird. In den Sektoren Raumwärme und Verkehr liegt das UmweltanwältInnen größte und am einfachsten umsetzbare Potential, um den Gesamtenergieverbrauch markant zu reduzieren. Es wäre illusorisch zu glauben, mit Erneuerbaren Energien – ohne Zur Erreichung der EU-Klimaschutzziele bis 2020 ist indes radikalen Umbau unserer Energiesysteme – fossile Ener ein viel konsequenterer Umbau des österreichischen Ener- gieträger in großem Stil ersetzen zu können. giesystems notwendig. Ohne eine rasche Reduktion des Endenergieverbrauchs wird Österreich keines der gesetzten Umweltziele erreichen. Als erstes muss der österreichische Wärmebedarf wesent- lich rascher gesenkt werden, und zwar durch hochwertige Gebäudesanierungen bei gleichzeitig stark erhöhter Sanie- 7
Bioenergieproduktion im Spannungsfeld 02 unterschiedlicher Nutzungsansprüche Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich Kapitel 2: Bioenergieproduktion im Spannungsfeld unterschiedlicher Nutzungsansprüche Boden stellt eine endliche, nicht erneuerbare Ressource dar, die nicht vermehrbar und nur mit großem Aufwand regenerierbar ist. Durch die steigende Nachfrage nach Flächen für Siedlungs-, Verkehrs- und Wirtschaftszwecke gerät die Ressource Boden zunehmend unter Druck (vgl. Huber et al. 2009). Der forcierte Einsatz erneuerbarer Ener- gieträger verschärft die Situation zusätzlich, da für deren Produktion Flächen und natürliche Ressourcen (Gewässer, Böden) beansprucht werden. Im Rahmen des Klima- und Energiepakets der Europä- ischen Union hat sich Österreich dazu verpflichtet, seinen Anteil an Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoen- denergieverbrauch von 29,3 % im Jahr 2009 bis 2020 auf 34 % zu erhöhen. Die folgenden Abbildungen aus P femeter & Jauschnegg 2011 (Basisdaten Bioenergie) zeigen den Bruttoinlandsverbrauch für Erneuerbare Energieträger 2009 im Detail. Abb. 3 und 4: Bruttoinlandsverbrauch für Erneuerbare Energieträger 2009 (Pfemeter & Jauschnegg 2011 - Basisdaten Bioenergie) 8
BIoENErGIEProDUKtIoN IM SPANNUNGSFELD 02 UNtErSCHIEDLICHEr NUtZUNGSANSPrÜCHE NACHHALTIGE NUTZUNG VoN BIoENERGIE IN ÖSTERREICH Abb. 6 und 7: Realisierbare Potentiale zum Ausbau der österreichischen Bioenergienutzung bis 2020 Eine Grafik der österreichischen Energieagentur zeigt die Laut den vorliegenden Zahlen könnte man mit Nutzung von Entwicklung des österreichischen verbrauchs an Bioenergie Laut den vorliegenden Zahlen könnte 13,7 % der heimischen man mit nur Ackerfläche Nutzung 1,2 %von des13,7% der heimischen österrei- Ackerflächechischen seit 1990. Seit 2004 setzte eine verstärkte Nutzung zusätzlicher nur 1,2%Energieverbrauchs des österreichischen Energieverbrauchs (von 2010) decken. (von 2010) decken. Energieträger wie Ablaugen, Biogas und Biotreibstoffen ein. Realisierbare Potentiale bis 2020 lt. BMLFUW 13,7 % der inländischen Ackerfläche (von 2010) decken 1,2 % des österreichischen Energieverbrauchs (von 2010) Anbau von Ackerfrüchten (auf 4,4 % der Ackerfläche) für BIOGAS Anbau von Ackerfrüchten (auf 9,3 % der Ackerfläche) für BIOTREIBSTOFFE Restliche inländische Ackerfläche Abb.8: Nach Abb.8: den Angaben desAngaben Nach den BMLFUW des(2009) BMLFUWist zur Erreichung (2009) des 34%-Ziels ist zur Erreichung des der Anbau von Energiepflanzen auf 13,7% 34%-Ziels der der österreichischen Anbau Ackerfläche von Energiepflanzen (2010) auf 13,7 realisierbar, % der um mittels Biogas österreichi- und Biotreibstoffen schen17,7 PJ Energie Ackerfläche zu erzeugen (2010) (Energieverbrauch realisierbar, 2010: um mittels Biogas 1458 und PJ) Biotreib- stoffen 17,7 PJ Energie zu erzeugen (Energieverbrauch 2010: 1458 PJ) Wie in den späteren Kapiteln noch ausgeführt wird, reicht die österreichische Acker- Abb.5: Bruttoinlandsverbrauch biogener Energieträger seit 1990 (lang, 2010) fläche beimwieaktuellen in denErnährungsstil nichtnoch späteren Kapiteln aus, ausgeführt um beispielsweise den Öl- und Fut- wird, reicht termittelbedarf abzudecken. Die österreichische Erzeugung die österreichische Ackerfläche beim aktuellen Ernährungs- von Biotreibstoffen und Biogas steht also bereits jetzt in direkter Konkurrenz zur Nahrungs- und Fut- Laut „Nationalem Aktionsplan Erneuerbare Energie“ (BmwfJ stil nicht aus, um beispielsweise den Öl- und Futtermittel- termittelproduktion und zum Naturschutz. Eine zusätzliche Ausweitung des Ener- 2010) soll die Erreichung des 34%-Zieles auch durchgiepflanzenanbaus den bedarf abzudecken. Die österreichische Erzeugung von bedeutet unter diesen Rahmenbedingungen weitere Biomasse- Ausbau biogener Energieträger erfolgen. Eine Studieimporte des undBio treibIntensivierung eine stoffen und Biogas steht auf allen also bereitslandwirtschaftlichen heimischen, jetzt in direk- Nutzflä- BmLfuw (2009) weist hierfür folgende realisierbare Poten- chen. ter Konkurrenz zur Nahrungs und Futtermittelproduk tiale aus: tion und zum Naturschutz. Eine zusätzliche Ausweitung des Energiepflanzenanbaus bedeutet unter diesen rahmen- 12 bedingungen weitere Biomasseimporte und eine Intensivie- rung auf allen heimischen, landwirtschaftlichen Nutzflächen. Auch auf globaler Ebene kann die vorhandene Bodenfläche die vielfältigen Bedürfnisse, die sie befriedigen soll, nicht mehr erfüllen. Eine Prioritätensetzung nach ökologischen und ethisch-sozialen Kriterien wäre dringend nötig, damit das „Menschenrecht auf Nahrung“ eingehalten werden kann. Dazu ist neben der Biotreibstoffproduktion vor allem die flächenraubende Produktion von Fleisch zu überdenken und neu auszurichten, sodass wieder mehr Getreide, bzw. Ackerflächen für die Ernährung von Menschen mit geringer Kaufkraft zur verfügung stehen. Die Ausweitung der landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen und die weitere Intensivierung hat wesentliche negative Auswirkungen auf die Belange des Umwelt- und Naturschutzes, wie das derzeit viel diskutierte Bienenster- ben uns vor Augen führt. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass es umwelt- und flächen- schonende Formen der Bioenergieproduktion gibt, die glei- chermaßen Klimaschutz- und Naturschutzziele berück- sichtigen2. Mit nachhaltig produzierter Bioenergie kann neben dem Nutzen für den Klimaschutz auch ein wich- tiger Beitrag zur Entwicklung des ländlichen Raums gelei- stet werden. Neue wertschöpfungsmöglichkeiten für Land- Abb. 6 und 7: Realisierbare Potentiale zum Ausbau der österreichischen Bioenergienutzung bis 2020 ––––––––––––––––––––––––––––––––– 2 Details dazu, siehe Kapitel 3 – Nachhaltige Formen der Bioenergieproduktion 9
Bioenergieproduktion im Spannungsfeld 02 unterschiedlicher Nutzungsansprüche Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich wirtInnen und die Erhöhung der heimischen Versorgungssi- Erschwerend kommt hinzu, dass im Gebirgsland Österreich cherheit durch dezentrale Energiekreisläufe sind als weitere mit 31.360 km² nur 37,4 % der Landesfläche (Bev 2011) positive Effekte hervorzuheben. Bioenergie lässt sich als als Dauersiedlungsraum für Landwirtschaft, Siedlung und Strom, Wärme oder Kraftstoff einsetzen. Biomasse ist im Verkehr zur Verfügung stehen. Dies beschränkt die Nutz- Gegensatz zu anderen, erneuerbaren Energieträgern trans- barkeit der Ressource Boden aufgrund der naturräumlichen port- und lagerfähig. Gegebenheiten zusätzlich. Bereits 15 % dieses Dauer- siedlungsraumes bzw. rund 4.478 km² nehmen Bau- und Bei der Bioenergieerzeugung können Reststoffe und Verkehrsflächen ein (vgl. Bev 2011). Allein von 2004 bis Abfälle, die oft kostenlos zur Verfügung stehen, (mit)verwer- 2011 sind diese Flächenkategorien um mehr als 6 % ange- tet werden. stiegen, während die Bevölkerung im selben Zeitraum nur um knapp 3 % zugenommen hat (Statistik Austria 2012b). Flächenentwicklung in Dem aufgezeigten Flächenverbrauch fallen hauptsächlich Österreich landwirtschaftliche und zum Teil auch forstwirtschaftliche Flächen zum Opfer, die als Produktionseinheiten dauer- haft verloren gehen (vgl. Huber et al. 2009; Umweltbundes- amt 2005a). Insbesondere in Tal- und Beckenlagen müssen sich Siedlungswesen und Landwirtschaft den immer knap- per werdenden Raum teilen. Hinzu kommt, dass es sich bei den für Bautätigkeiten „in Anspruch genommenen“, landwirtschaftlichen Flächen der Talräume, Beckenlagen und Tiefländer zumeist um fruchtbare Böden mit hohen Ertragspotenzialen handelt. Mit der täglichen Inanspruch- nahme von 24 ha, wird in Österreich also pro Tag eine Fläche verbraucht, welche die Größenordnung durch- schnittlicher Landwirtschaftsbetriebe (19,3 ha 4) übersteigt (vgl. Bmlfuw 2011). Grundsätzlich hängt die Verfügbarkeit von Biomasse zur Energiegewinnung neben Erträgen und marktwirtschaft- Landwirtschaftliche Flächen gehen aber nicht nur durch lichen Rahmenbedingungen in erster Linie von dem Vorhan- Verbauung verloren. Durch den allgemeinen Strukturwan- densein land- und forstwirtschaftlicher Flächen ab. Inner- del des Agrarsektors und der damit verbundenen Nutzungs- halb der letzten Jahrzehnte hat aber die Entwicklung von aufgabe und Abwanderung aus der Landwirtschaft kommt Siedlungs- und Verkehrswesen Flächen für die Biomasse- es innerhalb der letzten Jahre auch verstärkt zum Brach- produktion erheblich dezimiert. Vor dem Hintergrund der fallen von Acker- und Grünlandstandorten (v.a. Grenz allgemeinen Flächenverknappung, führt die Ausweitung ertragsböden) (vgl. Umweltbundesamt 2004a; Umweltbundes- der klassischen land- und forstwirtschaftlichen Produk- amt 2005b). Diese Standorte werden entweder aufgeforstet tion fast unweigerlich zu Nutzungskonkurrenzen zwischen oder sie verwalden aufgrund der natürlichen Sukzession. der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln und der Einmal zu Wald gewordene Flächen können nur unter kaum energetischen, sowie industriellen Verwertung nachwach- zu erfüllenden Auflagen des Forstgesetzes wieder in Acker- sender Rohstoffe (vgl. Sinabell & Schmid 2008; Kalt et al. oder Grünland umgewandelt werden. Waldflächen gehen 2010). Diese Flächenabnahme wurde in der Vergangenheit aber für die Bioenergieproduktion nicht verloren, sondern oft durch Intensivierung kompensiert (Tötzer et al. 2009). können auf Grenzertragsstandorten sogar zu einer Erhö- hung des Biomasseaufkommens beitragen (vgl. Sinabell & Alleine der Ausbau des heimischen Siedlungs- und Schmid 2008). Verkehrswesens nimmt tagtäglich im Durchschnitt 10 ha Fläche in Anspruch, während sich der mittlere Gesamtflä Neben dem kontinuierlichen Wachstum von Siedlungs- und chenverbrauch (inklusive Freizeit- und Bergbauflächen) auf Wirtschaftsräumen (Bau- und Verkehrsflächen) innerhalb 24 ha pro Tag beläuft (Durchschnittswerte der 3 Jahres- der letzten Jahrzehnte konnte also auch die österreichische Periode 2008 – 2011)3. Die aktuelle Flächeninanspruch- Waldfläche stetig zunehmen. Seit Beginn der bundesweiten nahme Österreichs weicht damit deutlich von der Zielset- Waldinventur 1961 sind heimische Wälder um insgesamt zung der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie (Bmlfuw 300.000 ha angestiegen. Aktuell erstreckt sich der österrei- 2002) ab, den täglichen Bedarf an neuen Bau- und chische Wald auf einer Fläche von rund 3,99 Mio. ha bzw. Verkehrsflächen von 25 ha im Jahr 2002 bis 2010 auf 2,5 47,6 % der Landesfläche (BFW 2011). ha täglich zu reduzieren. ––––––––––––––––––––––––––––––––– 3 vgl. http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/raumordnung/flchen-inanspruch/ 4 Landwirtschaftsfläche ohne Wald 10
Bioenergieproduktion im Spannungsfeld 02 unterschiedlicher Nutzungsansprüche Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich Abb.9: Entwicklung der Waldfläche in Österreich seit 1961 (BFW 2011) 5 Was die Entwicklung der landwirtschaftlichen Nutzfläche Österreichs (inkl. Almen und Bergmähder) anbelangt, so ist diese im Gegensatz dazu seit 1960 um rund 660.000 ha rückläufig (vgl. Eisenmenger et al. 2011). Alleine im letz- ten Jahrzehnt (2001 bis 2011) hat diese Fläche um rund 6 % bzw. um mehr als 200.000 ha abgenommen, so dass sie sich im Jahr 2011 auf knapp 3,2 Mio. ha beläuft. Von diesem Rückgang sind insbesondere Dauergrünlandflä- chen betroffen, die im selben Zeitraum um knapp 10 % abgenommen haben und sich im Jahr 2011 auf 1,73 Mio. ha erstrecken. Aber auch die für die Bioenergieproduktion bedeutsameren Ackerflächen schrumpften im letzten Jahr- zehnt um 1,5 %, bzw. rund 20.000 ha auf schlussendlich 1,36 Mio. ha im Jahr 2011 (Statistik Austria 2012a, S tatistik Austria 2002). Bis dato konnte die abnehmende Landwirtschaftsfläche durch die allgemeine Steigerung der Hektarerträge inner- halb der letzten Jahre kompensiert werden (vgl. Kletzan et al. 2008). Sinabell & Schmid (2008) gehen davon aus, dass eine weitere Abnahme landwirtschaftlicher Flächen kaum aufgehalten werden kann, da selbst geringes Wirtschafts- wachstum mit Bautätigkeiten einhergeht. Auch in der öster- reichischen Raumplanung zeichnet sich keine Entwick- lung ab, von der man sich künftig einen wesentlich gerin- geren Flächenverbrauch verspricht. Nach Einschätzung von S inabell & Schmid (2008) werden sich Ertragssteigerungen und Flächenverluste in Zukunft die Waage halten, so dass die produzierte Biomassemenge ungefähr gleich bleibt. Die Effekte der fortschreitenden Klimaerwärmung, die Produk- tivitätseinbußen zur Folge haben könnten, sind bei dieser Abschätzung jedoch nicht einbezogen worden. ––––––––––––––––––––––––––––––––– 5 http://www.waldwissen.net/technik/inventur/bfw_oewi07_flaeche/index_DE 11
Bioenergieproduktion im Spannungsfeld 02 unterschiedlicher Nutzungsansprüche Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich • (möglichst lokale) Biomassebereitstellung, bzw. -verfüg- Standortwahl von barkeit, (bezüglich Mix und Menge im Jahresverlauf) Bioenergieanlagen • Lokale Energienachfrage (bezüglich Art und Menge im Jahres- und auch tageszeitlichen Verlauf) (Energieraumplanung) • direkte und indirekte Emissionen für die Errichtung und den Betrieb, Gemäß dem Österreichischen Raumentwicklungskonzept • Beurteilung der Gesamteffizienz, (ÖROK 2011) benötigt die emissionsarme und nachhaltige • Substitutionseffekte betreffend Primärenergie und Energiebereitstellung einen stärker regionalisierten Ansatz. Emissionen, Eine nachhaltige Steigerung von Bioenergie – idealerweise • Flächenbedarf für einen nachhaltigen Betrieb oder durch optimierte Versorgungs- und Entsorgungskonzepte Netzausbau (regionale Wirtschaftsdüngerverwertung, Verwertung von • sowie ökologische, ökonomische und soziale Nachhal- Biomasse, etc.) – kann nur mit klarem Regionalbezug („Low tigkeitskriterien für Anlage und Biomassebereitstellung. Distance“) realisiert werden (ÖROK 2011). Entsprechend unvollständig sind Entscheidungsgrundlagen Durch die Einbindung der energetischen Biomassenut- und Beratungen. Hinzu kommt, dass die Förderland- zung in regionale Stoffkreisläufe wird neben dem Selbstver- schaften für solche Anlagen meist heterogen sind, obwohl sorgungsgrad mit Energie auch die regionale Wertschöp- insbesondere Biomasse-Nahwärme in den regionalen Stra- fung gesteigert. Zudem besitzt die regionale Bioenergie- tegien der Gemeinden, Energieregionen und Bundesländer produktion nicht zuletzt durch die kurzen Transportwege eine zentrale Rolle spielen. auch das größte Potenzial zur Reduktion von Treibhaus- gasemissionen (vgl. BfN 2010). Folglich sollte die in Öster- Um einen räumlich aufgelösten und gesteigerten Anteil an reich erzeugte Bioenergie vor allem in der dezentralen (regi- erneuerbaren Energien zu gewährleisten, sollten Strom- onalen) Energieversorgung zum Einsatz kommen. Generell netze zudem strategisch geplant und an dezentrale Einspei- sind geringe Distanzen zwischen Rohstoffen und Bioe- sungen adaptiert werden („Smart Grids“). nergieanlagen, sowie zwischen Anlagen und Energieab- nehmern anzustreben, um einerseits Transportemissionen und energetische Verluste so gering wie möglich zu halten und andererseits regionale Stoffkreisläufe zu fördern (vgl. ÖROK 2011). Im Vorfeld an die Planung von Bioenergiean- lagen wäre es daher sinnvoll, regionale Ressourceninven- tare zu erstellen, die neben pflanzlicher land- und forstwirt- schaftlicher Biomasse auch Informationen zu Reststoffen und Abfällen (Wirtschaftsdünger, Lebensmittelabfälle) bein- halten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, im Zuge der Planung solcher Anlagen den Energiebedarf der Region im Jahres- und Tagesverlauf abzuschätzen (Stöglehner et al. 2011). Grundsätzlich gibt es zwar aus Betreiber- und Investoren- sicht sehr gute Planungsunterlagen, sowie Schulungen und Beratungen für die Errichtung von Bioenergieanlagen (Landwirtschaftkammern der Bundesländer; Österreichi- scher Biomasseverband; ARGE Kompost & Biogas; diverse Holz-, Forst- und Waldverbände), welche einen – unter Einbeziehung der lukrierbaren Förderungen – ökonomisch sinnvollen Betrieb sicherstellen sollen. Bis dato existie- ren aber keine „unabhängigen“, qualitativ angemessenen Planungsgrundlagen für die Umsetzung gesamtregional, nachhaltiger Energiestrategien, welche sich verstärkt an den vor Ort anfallenden Biomasseressourcen und der loka- len Energienachfrage orientieren. Damit eine Bioenergiean- lage tatsächlich ökologisch, sozial und ökonomisch nach- haltig errichtet und betrieben werden kann, fehlt häufig die Berücksichtigung einer oder mehrerer der folgenden Faktoren: 12
03 Landwirtschaftliche Biomasse Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich Kapitel 3: Landwirtschaftliche Biomasse 10 % des globalen Energieverbrauchs werden derzeit mit Relevante Fakten auf Biomasse gedeckt (70 % davon mit Energieholz aus teil- globaler Ebene weise nicht nachhaltiger Bewirtschaftung). Auf 2 – 3 % der globalen Ackerfläche werden 2 – 3% des jährlichen Rohöl- bedarfs mittels biogener Kraftstoffe gedeckt.9 Auf globaler Ebene nehmen Landnutzungskonkurrenzen in den letzten Jahren deutlich zu. Laut Köhler, P. (2002) sinkt Die Verteuerung fossiler Rohstoffe der letzten Jahre bereits seit 1985 die Weltgetreideproduktion pro Kopf. Und forciert diesen Trend weiter, trotz zweifelhafter Beiträge dies trotz der erzielten Ertragszuwächse pro Fläche und für den Klimaschutz, einer globalen Zunahme von Miss- der Erweiterung landwirtschaftlicher Flächen (z.B. durch ernten, Bodenerosion und einer raschen Ausbreitung sehr Abholzung von Regenwald). Ca. 35 % der Weltgetreide- trockener Flächen auf der Erde.10 ernte werden zudem an Nutztiere verfüttert. Der weltweite Etwa 1/3 der globalen Ackerflächen ist bereits degradiert Fleischkonsum ist von 1961 bis heute von 71 Millionen auf (WBGU, 2011) und es gehen global pro Jahr 5 – 7 Mio. ha 284 Millionen Tonnen6 gestiegen und benötigt etwa 70 % Ackerboden verloren.11 der globalen, landwirtschaftlichen Fläche7, obwohl tierische Das ist in etwa die doppelte, landwirtschaftliche N utzfläche Lebensmittel nur etwa 15 %8 der Kalorienzufuhr der Weltbe- Österreichs. In den letzten Jahren konnten aufgrund all völkerung abdecken. dieser Trends massive Preissteigerungen für Lebensmittel und Agrarrohstoffe auf den globalen Märkten beobachtet ––––––––––––––––––––––––––––––––– 6 http://www.welthungerdemo.de/welthungerkrise.php 7 26 % der globalen Landfläche sind Weideland, 33 % des Ackerlandes dient der Futter-Produktion. 70 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche und 30 % der globalen Landfläche werden von der Tierhaltung beansprucht. Aus der Broschüre „Fleisch bewusst“ Österreichische HochschülerInnenschaft an der Universität Salzburg;| Redaktion: Referat für Gesellschaftspolitik, Ökologie und Menschenrechte Salzburg| Autorin: Martina Artmann | 8 Gillespie, J., Flanders, F. (2009): Modern Livestock and Poultry Production. Cengage Learning. http://de.wikipedia.org/wiki/Viehwirtschaft#cite_note-modern-2 9 Berechnet anhand der Informationen der Crop Energy AG in Mannheim siehe: http://www.cropenergies.com/de/Bioethanol/Markt/Dynamisches_Wachstum/ 10 Der Anteil der sehr trockenen Gebiete an der globalen Landoberfläche hat sich von 1980 bis 2000 von ca. 10 auf 30 % erhöht. (Dai A., K.E. Trenberth, and T. Qian, 2004) 11 Ca. 1,5 Mio km² Ackerfläche werden bewässert, ein Drittel dieser Fläche ist bereits deutlich geschädigt durch Erosion, Austrocknung oder Versalzung. Quelle: Deutsche Welthungerhilfe www.welthungerhilfe.de 13
03 Landwirtschaftliche Biomasse Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich werden. Aktuell ist eine Milliarde Menschen (jeder siebente) chronisch unterernährt, mit einer in den letzten Jahren Zessner et al. (2011) zufolge, werden allein für die Ernäh- deutlich steigenden Tendenz.12 rung der österreichischen Bevölkerung deutlich mehr Acker- Seit einigen Jahren kaufen Industrie- und Schwellen- flächen genutzt, als hierzulande zur Verfügung stehen. Im länder in Entwicklungsländern große, landwirtschaftliche Gegensatz dazu verfügt Österreich über mehr Grünland- Flächen auf, um die Ernährung der eigenen Bevölke- flächen, als für die Ernährung seiner EinwohnerInnen rung von schwankenden Weltmarktpreisen unabhängiger (mit Weidevieh) benötigt wird. Aktuell importiert Öster- zu machen. Im Rahmen dieses sog. Landgrabbing’s sind reich Ackerfrüchte (v.a. Soja als Futtermittel und Ölsaat) in den vergangenen 10 Jahren geschätzte 80 Millionen und exportiert im Gegenzug Rindfleisch, welches zu einem ha Land verkauft worden, obwohl die eigene Bevölkerung Gutteil über Grünlanderträge produziert wird. Zessner et al. dieser Länder teilweise hungert. (2011) gehen davon aus, dass von den für Importe land- Die global vorhandene Bodenfläche kann die vielfältigen wirtschaftlicher Nahrungsmittel nach Österreich genutzten Bedürfnisse, die sie befriedigen soll, also nicht mehr Flächen, in den Herkunftsländern etwa 1,3 Mio. Menschen erfüllen. Eine Prioritätensetzung nach ökologischen und ernährt werden könnten. (Umgekehrt wird heimisches ethisch-sozialen Kriterien wäre dringend nötig, sodass das Rindfleisch in einem solchen Ausmaß exportiert, dass damit „Menschenrecht auf Nahrung“ eingehalten werden kann. der Rindfleischbedarf von 3,7 Mio. Menschen mit densel- Dazu ist in erster Linie die flächenraubende Produktion von ben Ernährungsgewohnheiten wie in Österreich gedeckt Fleisch, aber auch die Biotreibstoffproduktion zu überden- werden kann.) ken und neu auszurichten, sodass wieder mehr Getreide, bzw. Ackerflächen für die Ernährung von Menschen mit Vor dem Hintergrund der derzeitigen, landwirtschaftlichen geringer Kaufkraft zur Verfügung stehen. Produktion und der Importabhängigkeit Österreichs bezüg- lich Nahrungs- und Futtermittel, lässt sich also nur schwer nachvollziehen, wo die vom Lebensministerium angespro- Relevante Fakten für chenen überschüssigen Flächenkapazitäten in Österreich Österreich für die Bioenergieproduktion liegen. So wäre nach Kalkula- tionen von Indinger et al. (2006, Vorstudie zum Biomasse- Aktionsplan) allein für die Erreichung eines 10%igen Mit der wachsenden Nachfrage nach Bioenergie, kommt es Biokraftstoff-Substitutionsziels etwa eine Rapsanbaufläche vor allem im Landwirtschaftssektor zu einer Ausweitung der von 665.000 ha erforderlich. Im Vergleich dazu werden „klassischen“ landwirtschaftlichen Produktion, während die aktuell nur knapp 54.000 ha Raps in Österreich angebaut Nutzung von Holz als Energieträger in der Forstwirtschaft (vgl. Bmlfuw 2011) und das maximale heimische Rapsan- bereits eine lange Tradition besitzt. baupotenzial wird laut Indinger et al. (2006) auf ca. 70.000 ha geschätzt. Was Landwirtschaftsflächen betrifft, so hat laut BMLFUW die Produktion von Nahrungs- und Futtermittel Vorrang Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass durch gegenüber der Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen Anbau von Energiepflanzen, wie Raps, Mais oder Weizen, für die energetische Verwertung13. So soll die Energie- der heimische Selbstversorgungsgrad mit Nahrungs- und pflanzenproduktion lediglich auf darüber hinaus verfüg- Futtermittel weiter abnehmen wird. Zudem besteht durch baren Flächenkapazitäten stattfinden. Dieser Aussage steht die allgemeine Verknappung der heimischen Landwirt- aber die Tatsache gegenüber, dass Österreich bereits jetzt schaftsfläche die Gefahr, dass die Ausweitung der klas- einen hohen Anteil an Nahrungs- und Futtermitteln impor- sischen land- und forstwirtschaftlichen Produktion auf die tiert (vgl. Sinabell & Schmid 2008, Kolar 2011). So wird der Bioenergieerzeugung zu einer Intensivierung der bewirt österreichische Bedarf an pflanzlichen Ölen nur zu 27 % schafteten Flächen führt. Aktuell handelt es sich bei den aus der heimischen Landwirtschaft gedeckt14 und z.B. zur Bioenergieerzeugung eingesetzten landwirtschaftlichen über 50.000 Tonnen Palmöl jährlich importiert. Laut Kolar Rohstoffen nämlich hauptsächlich um dünge- und pfleg- (2011) können derzeit auch nur 40 % des österreichischen eintensive Kulturen (vgl. Kalt & Kranzl 2010). Da anzu- Eiweißfuttermittel-Bedarfs durch den heimischen Anbau nehmen ist, dass vor dem Hintergrund der allgemeinen gedeckt werden. Flächenverknappung, künftig auch vermehrt auf Ertrags- Angesichts der derzeitigen Ernährungsgewohnheiten (hoher steigerungen gesetzt wird, muss man auch hier mit einer Fleischanteil) der ÖsterreicherInnen und der aktuellen Zunahme von Betriebsmitteleinsätzen (Dünge-, Pflanzen- landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsintensität ist eine schutzmittel) rechnen. Eigenver sorgung Österreichs mit Nahrungsmitteln also nicht möglich. ––––––––––––––––––––––––––––––––– 12 http://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger 13 Homepage Lebensministerium: Startseite - Land - Produktion und Märkte - Pflanzliche Produktion - Nachwachsende Rohstoffe. (letzter Zugriff: Juli 2012) 14 Das berichtet die Statistik Austria unter dem Titel „Heimische Landwirtschaft leistet wichtigen Beitrag zur Ernährung“ siehe http://www.statistik.at/web_de/ presse/045166 14
03 Landwirtschaftliche Biomasse Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich dennoch voranzutreiben, sollten Vorteile von Nachnut- Eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion zungskonzepten verstärkt aufgezeigt und etwaigen Mehr- geht aber jedenfalls mit negativen Auswirkungen auf kosten und Zeitverzögerungen gegenübergestellt werden Biodiversität, Wasserhaushalt/-qualität und Bodenfrucht (Umweltbundesamt 2004b). Die Bebauung von Industrie- barkeit einher (vgl. BfN 2010; Zessner et al. 2011). Zudem und Gewerbebrachen sollte künftig jedenfalls unbedingt führt der erhöhte Düngemitteleinsatz und die verstärkte Vorrang vor Neuwidmungen bzw. Neuerschließungen von Bodenbearbeitung zu zusätzlichen Treibhausgasemissionen Flächen haben. (Lachgasemissionen). Dieser Umstand steht im Wider- spruch dazu, dass der Landwirtschaftssektor seine Emissi- onen bis 2020 weiter reduzieren muss. Österreich hat sich nämlich im Rahmen des „Effort Sharings“ des Klima- und Energiepakets der EU verpflichtet, seine Treibhausgasemis- sionen im Nicht-Emissionshandels-Bereich ausgehend vom Basisjahr 2005 bis 2020 um 16 % zu verringern. Die sekto- ralen Zielsetzungen finden sich in einem Begutachtungs- entwurf zur Änderung des nationalen Klimaschutzgesetzes (KSG)15. Auch der Landwirtschaftssektor hat hier einen Beitrag zur Treibhausgasreduktion zu leisten. Möglichkeiten zum Schutz landwirtschaft- licher Böden 2. Flächensparende Baulandentwicklung: Die örtliche Raumplanung16 obliegt in Österreich den Gemeinden, während die jeweiligen Bundesländer als Seit Veröffentlichung der Zielsetzungen der österreichischen Aufsichtsbehörden fungieren. Grundsätzlich bieten sich Nachhaltigkeitsstrategie (Bmlfuw 2002) zur Reduktion der mehrere Möglichkeiten, um dem fortschreitenden Flächen- Flächeninanspruchnahme wurden einige Einzelmaßnah- verbrauch erfolgreich entgegenzusteuern: men in Richtung eines sparsamen Flächenverbrauchs umgesetzt. Beispiele sind etwa verstärkte Kooperationen 1. Gewerbe- und Industriebrachen: von Gemeinden bei interkommunaler Betriebsansiedelung, die Entwicklung regionaler Zielwerte für Flächeninanspruch- Tagtäglich fallen beispielsweise etwa 3 ha Gewerbe- und nahme, höhere Wohnbauförderungen für flächensparende Industrieflächen brach, die bei konsequenter Nutzung Bauweisen, sowie die Subventionierung flächenschonender zumindest einen Teil des Flächenanspruchs für Sied- Baulandentwicklung. Die angestrebte Reduktion von lungswesen und Betriebsansiedelung abdecken könnten. Baulandüberhängen stellt ebenfalls eine wichtige Heraus- Insgesamt wird das Flächenausmaß brachliegender Indus- forderung für manche Bundesländer dar, da gewidmetes trie- und Gewerbeflächen vom Umweltbundesamt (2004b) Bauland von den Grundstückseigentümern nicht oder erst zwischen 8.000 und 13.000 ha geschätzt, was in etwa der nach einiger Zeit bebaut wird und so dem Immobilienmarkt Größenordnung der Fläche von Linz entspricht. nicht zur Verfügung steht (Umweltbundesamt 2010a). In der Realität findet die Nutzung von Brachflächen für Die bis dato umgesetzten Einzelmaßnahmen haben aber Bauvorhaben aber kaum statt. Gründe dafür sind etwa der bisher einen eher geringen Beitrag zur Reduktion der Wettbewerb von Gemeinden um Betriebsansiedelungen, Flächeninanspruchnahme geleistet. Zielführend wäre hier die teilweise stattfindende Dislokation des Flächenan etwa die Umsetzung eines von Gemeinden und Bundes gebots und die generell große Nachfrage nach Flächen ländern in Kooperation mit dem Bund getragenen stra (Huber et al. 2009). Weiteres Hemmnis für die Wiedernut- tegischen Prozesses, in dem existierende und noch zu zung solcher Industriebrachen ist aber auch die Unsicher- entwickelnde Einzelmaßnahmen identifiziert und mitei- heit bezüglich Kontaminationen von Boden, Wasser oder nander verknüpft werden. Für eine erfolgreiche Flächen- Bausubstanz durch diverse industrielle und gewerbliche reduktion sollten vor allem fiskalische Instrumente ange Vornutzungen. Kontaminationen sind oft mit Mehrkosten passt werden, wie etwa die stärkere Berücksichtigung von und Zeitverzögerungen bei der Realisierung von Projekten Raumordnungskriterien bei der Wohnbauförderung. So verbunden. Um die Wiedernutzung von Industriebrachen können Anreize für die flächensparende Bebauung und die ––––––––––––––––––––––––––––––––– 15 Entwurf vom 19.12.2012 zum KSG (BGBl. I Nr. 106/2011) 16 Flächenwidmungsplan inkl. örtlichen Entwicklungskonzept und Bebauungsplänen 15
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