OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
OrgelMatinee
  um Zwölf
    2023
             Asamkirche
           Maria de Victoria

VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023
     SONNTAGS UM ZWÖLF

       Eine Reihe des Kulturamts Ingolstadt
OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Programmübersicht
Sonntag, 16. April 2023, 12 Uhr
ASAM-COLLEGIUM
Nicole Ostmann, Violine und Leitung

Sonntag, 23. April 2023, 12 Uhr
ASAM-COLLEGIUM
Jacobo Sabina, Laute
Georg Staudacher, Orgel und Leitung

Sonntag, 30. April 2023, 12 Uhr
ENSEMBLE BAROCKIN‘
Kozue Sato, Flauto traverso

Sonntag, 07. Mai 2023, 12 Uhr
Johanna Kurz, Barockvioline
Andrea Riemer, Barockvioloncello
Martin Sokoll, Orgel

Sonntag, 14. Mai 2023, 12 Uhr
Christian Bacheley, Orgel (F)

Sonntag, 21. Mai 2023, 12 Uhr
Juan Paradell Solé, Orgel (E)

Pfingstsonntag, 28. Mai 2023, 12 Uhr
Mara Fanelli & Olimpio Medori, Orgel (I)

Sonntag, 04. Juni 2023, 12 Uhr
BACH-ZYKLUS I
ASAM-COLLEGIUM
Martin Sokoll & Franz Hauk, Cembalo

Sonntag, 11. Juni 2023, 12 Uhr
Christian-Markus Raiser, Orgel (Karlsruhe)

Sonntag, 18. Juni 2023, 12 Uhr
Münsterchor
Christoph Hämmerl, Leitung
Luise Künzl, Orgel

Sonntag, 25. Juni 2023, 12 Uhr
Giorgio Revelli, Orgel (I)

Sonntag, 02. Juli 2023, 12 Uhr
Roman Hauser, Orgel (A)
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Sonntag, 09. Juli 2023, 12 Uhr
BACH-ZYKLUS II
CONCERTO DE BASSUS
Evi Weichenrieder • Stefanie Geith
Oliver Scheffels • Franz Hauk, Cembalo

Sonntag16. Juli 2023, 12 Uhr
Michael Dierks, Orgel (SE)

Sonntag, 23. Juli 2023, 12 Uhr
CONCERTO DE BASSUS
Theona Gubba-Chkheidze, Violine und Leitung

Sonntag, 30. Juli 2023, 12 Uhr
Giampaolo di Rosa, Orgel (I)

Sonntag, 06. August 2023, 12 Uhr
Andrzej Chorosinski, Orgel (P)

Sonntag, 13. August 2023, 12 Uhr
Alessandra Montani, Barockvioloncello
Fabio Ciofini, Orgel (I)

Sonntag, 20. August 2023, 12 Uhr
Hans-Jürgen Huber, Trompete
Manfred Hößl, Orgel

Sonntag, 27. August 2023, 12 Uhr
Christian von Blohn, Orgel (Saarbrücken)

Sonntag, 03. September 2023, 12 Uhr
Christian Tarabbia, Orgel (I)

Sonntag, 17. September 2023, 12 Uhr
Konstantin Igl, Tenor
Giovanni Michelini, Orgel (I/D)

Sonntag, 24. September 2023, 12 Uhr
Roberto Rigo, Tromba
Stefania Mettadelli, Orgel (I)

Sonntag, 01. Oktober 2023, 12 Uhr
BACH-ZYKLUS III
CONCERTO DE BASSUS
Giovanni Michelini & Franz Hauk, Cembalo
OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Asamkirche Maria de Victoria

    Orgel von Jann/Kuhn, 1986/2008

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Sonntag, 29. August 2004, 12.00 Uhr

Liebe Musikfreunde,
seit 1990 widmen wir diese sommerliche Konzertreihe der
Königin der Instrumente. Die Orgelmatinee im wunderbaren
Ambiente der Asamkirche Maria de Victoria hat sich rasch zu
einem gerne besuchten Treffpunkt für Musikliebhaber aus Nah
und Fern entwickelt.

Kultur an historischer Stätte: im Geiste des weltumspannenden,
universalen Anspruchs, der vom einzigartigen Deckengemälde des
Cosmas Damian Asam ausgeht, bieten wir nicht nur den einhei-
mischen Künstlern, sondern ebenfalls international renommierten
Organisten ein Forum.

Ganz herzlich danke ich Ihnen für den regen Besuch und für
Ihre Spendenbereitschaft. Immerhin konnten in den zurück-
liegenden Jahren mit Ihrer Unterstützung einige wertvolle
Instrumente erworben werden.

Ihnen, liebe Besucher, wünsche ich viel Freude beim Erleben
eines Gesamtkunstwerkes.

                                               Gabriel Engert
                                                Kulturreferent

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Sonntag, 29. August 2004, 12.00 Uhr

Der Kirchenrektor

„Allein Gott in der Höh sei Ehr
und Dank für seine Gnade
darum dass nun und nimmermehr
uns rühren kann kein Schade.
Ein Wohlgefallen Gott an uns hat
nun ist groß Fried ohn Unterlaß
all Fehd hat nun ein Ende.“

So lautet die erste Strophe des geistlichen Liedes von Nikolaus
von Hof aus dem 16. Jahrhundert, das auch heute noch in aller
Munde ist. „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ – „Soli Deo gloria“ –
„einzig Gott zur Ehre“, diesem Motto S. D. G. befahlen große
Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich
Händel oder Joseph Haydn ihre Werke. Kirchenbauten wie
Maria de Victoria erweisen Gott in ihrer Pracht alle Ehre.

Als tönende Architektur, Harmonie ordnet die Musik den Men-
schen. Das Bild von der Musica mundana – humana – instru-
mentalis ist alt und hat doch nichts von seiner Bedeutung
eingebüßt.

Möge das Gotteslob für Augen und Ohren Sie berühren und
Ihnen in den Konzerten der Orgelmatinee Freude schenken.

Ihr

Bernhard Oswald
Münsterpfarrer, Kirchenrektor von Maria de Victoria

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Sonntag, 29. August 2004, 12.00 Uhr

Papst Benedikt XVI. über Kirchenmusik

„Obwohl ich damals noch ein ziemlich einfältiger Bub war,
habe ich begriffen, dass wir mehr als ein Konzert erlebt hatten,
dass es gebetete Musik, dass es Gottesdienst war.“

Papst Benedikt XVI. am 15. Januar 2009 über ein Konzert, das er
zusammen mit seinem Bruder Georg während der Salzburger
Festspiele 1941 in der dortigen Stiftskirche besuchte. Auf dem
Programm stand die unvollendete Missa c-Moll KV 427 von
Wolfgang Amadeus Mozart.

                        birds and flutes,
      Öl und Sprühlack auf Leinwand, je 100 x 100 cm, 2020

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Sonntag, 16. April 2023, 12 Uhr

                  Antonio Vivaldi
                     1678–1741
    Le Quattro Stagioni – Die vier Jahreszeiten op. 8:
               Concerto I E-Dur RV 269
             La Primavera – Der Frühling
                        Allegro
              Largo e pianissimo sempre
               Danza pastorale. Allegro

                  Antonio Vivaldi
               Concerto II g-Moll RV 315
                L’Estate – Der Sommer
                        Allegro
                        Adagio
                         Presto

                 ASAM-COLLEGIUM
             Andreas Wittmann, Violine
                Valentina Toni, Violine
                 Jiaying Wang, Viola
          Sara Roque Coroado, Violoncello
         Mariclara Ruiz Neudauer, Kontrabass
               Nao Nagayama, Cembalo
         Nicole Ostmann, Violine und Leitung

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Die Vier Jahreszeiten sind Violinkonzerte der besonderen Art.
Allen vieren sind Sonette vorangestellt, deren Stimmungsgehalt
Vivaldi sinngetreu in Musik umsetzte. Als Programm-Musik
stehen die Vier Jahreszeiten in Vivaldis Schaffen jedoch nicht
einzeln da. Die Sammlung op. 8 enthält noch weitere Konzerte mit
speziellen Titeln.

Frühling
Der Frühling ist gekommen und freudig / begrüßen ihn die
Vögel mit heiterem Gesang. / Wenn die Zephyrwinde schmei-
cheln, / murmeln süß die Quellen. / Wenn der Himmel sich in
schwarz hüllt, / Blitz und Donner erschrecken, / verstummt der
Vögel Gesang / und lebt im wiedergewonnen Licht erst auf /
Und auf den lieblichen Blumenwiesen, / beim zarten Rau-
schen von Blättern und Pflanzen, / schlummert der Hirte,
den treuen Hund zur Seite. / Zu ländlichen Dudelsackweisen
/ tanzen Nymphen und Hirten / unter dem leuchtenden Früh-
lingshimmel.

Sommer
Unter der lastenden Hitze der Sonne / dürsten Mensch und
Herde und versengt die Pinie. / Erhebt der Kuckuck die Stim-
me / und mit ihm singen Taube und Stieglitz. / Der Zephyr-
wind weht süß, / aber auf einmal bläst ihm der Nord ins Ge-
sicht. / Es klagt der Schäfer überrascht vom wilden Sturm und
seinem Geschick. / Von den Gliedern flieht der Schlaf, / aus
Furcht vor Blitz und Donner, / vor Fliegen und Brummern. /
Ach seine Furcht ist nur allzu wahr. / Donner und Blitz und
Hagelschauer vernichten Lavendel und Getreide.

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OrgelMatinee um Zwölf 2023 - VOM 16. APRIL BIS 1. OKTOBER 2023 SONNTAGS UM ZWÖLF
Sonntag, 23. April 2023, 12 Uhr

                Johann Sebastian Bach
                      1685–1750
              Praeludium e-Moll BWV 548/1

                Johann Friedrich Fasch
                      1688–1758
                       Concerto d-Moll
     für Laute, Streicher und Basso continuo FaWV L:d1
                     (Ohne Bezeichnung)
                           Andante
                       Un poco Allegro

                    Antonio Vivaldi
                       1678–1741
                       Concerto F-Dur
 für Violine, Cembalo, Streicher und Basso continuo RV 542
                   (Ohne Bezeichnung)
                   (Ohne Bezeichnung)
                           Allegro

                  ASAM-COLLEGIUM
          Seika Koike, Barockvioline (auch Solo)
              Valentina Toni, Barockvioline
            Ulrike von Sybel-Erpf, Barockviola
           Anderson Fiorelli, Barockvioloncello
                 Vanessa Lorenz, Violone
       Jacopo Sabina, Laute Solo / Theorbe continuo
      Georg Staudacher, Orgel, Cembalo und Leitung

10
Monumental erscheint BWV 548/1, was Umfang und komposi-
torisches Gewicht betreffen. In der Leipziger Zeit entstanden ist
eine Nähe zum Eingangschor der Matthäus-Passion spürbar.
Formal ist der Satz geprägt vom Wechsel thematischer Absätze
mit Ritornell-Episoden.

Als Knabe war Fasch Sänger in Weißenfels und im Leipziger
Thomas-Alumnat unter Thomaskantor Johann Kuhnau. Ab 1714
studierte er in Darmstadt, unter anderem bei Christoph Graupner.
Nach Stationen in Gera, Greiz und Prag wurde er 1722 Hofka-
pellmeister in Zerbst. Johann Friedrich Fasch schätzte vor allem
die Kompositionen von Antonio Vivaldi und Georg Philipp
Telemann. Dies geht aus dem höfischen Inventarverzeichnis der
Concert-Stube (1743) hervor.

Antonio Vivaldi, Il prete rosso, lehrte ab 1703 am Ospedale
della Pietà, einem Konservatorium für Frauen. Für seine Schü-
lerinnen schrieb Vivaldi Werke in unterschiedlichsten Besetzun-
gen. Berühmt waren die öffentlichen Konzerte des Instituts, die
ob ihrer herausragenden Qualität manchem Berufsmusiker der
Lagunenstadt das Fürchten lehrten.

     o.T., Öl und Sprühlack auf Leinwand, 70 x 50 cm, 2020

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Sonntag, 30. April 2023, 12 Uhr

                Johann Sebastian Bach
                      1685–1750
            Christ, unser Herr, zum Jordan kam
              Choralbearbeitung BWV 684

               Georg Philipp Telemann
                      1681–1767
                           Suite a-Moll
 für Flauto traverso, Streicher und Basso continuo TWV55:a2
                           Ouverture
                           Les Plaisirs
                         Air á l‘italien
                          Menuet I +II
                          Rejouissance
                         Passepied I +II
                            Polonaise

                 ENSEMBLE BAROCKIN‘
            Kozue Sato Stiller, Flauto Traverso
             Dimtry Lepekhov, Barockvioline
              Marina Momeny, Barockvioline
                Susanne Zippe, Barockviola
              Felix Stross, Barockvioloncello
               Michael Schönfelder, Violone
           Andreas Behrendt, Orgel und Cembalo

12
Im Pedal liegt der Choral, die linke Hand symbolisiert das
unablässige Fließen des Wassers, in der Oberstimme werden
Figuren in Kreuzesform aufgerichtet – so interpretiert Hermann
Keller BWV 684: Christ unser Herr zum Jordan kam/ nach sei-
nes Vater willen,/ Von S. Johans die Tauffe nam,/ Sein werck
und ampt zurfüllen./ Da wolt er stifften uns ein Bad,/ Zu wa-
schen uns von sünden,/ Erseuffen auch den bittern Tod/ Durch
sein selbs Blut und Wunden,/ Es galt ein newes Leben.

Georg Friedrich Telemann, zu Lebzeiten hochgeachtet und einer
der ersten Komponisten in Europa, erlebt heute wieder eine Re-
naissance: Weniger die erstaunliche Produktivität, die ihm häufig
den Vorwurf eines Vielschreibers eintrug, als die musikalische
Qualität vieler seiner Werke rücken wieder ins Bewusstsein und
zeigen einen Meister, der sich, stärker als beispielsweise Johann
Sebastian Bach, stilistisch den modernen Richtungen seiner Zeit
aufgeschlossen hat.

The garden grows beyond itself, Aquarell und Kreide auf Papier, 2023

                                                                 13
Sonntag, 07. Mai 2023, 12 Uhr

                    Bernardo Storace
                        1637–1707
                    Ballo della Battaglia

                     Pietro Locatelli
                        1695–1764
                       Triosonate A-Dur
     für Violine, Violoncello und Basso continuo op. 8/10
                Cantabile – Allegro – Vivace

                    Antonio Veracini
                       1659–1733
                      Triosonate a-Moll
     für Violine, Violoncello und Basso continuo op. 3/4
              Grave – Vivace – Largo –Vivace

                     Giovanni Platti
                      um 1700–1763
                       Triosonate c-Moll
         für Violine, Violoncello und Basso continuo
          Adagio – Allegro – (Mesto) – (Allegro)

               Johanna Kurz, Barockvioline
             Andrea Riemer, Barockvioloncello
             Martin Sokoll, Orgel und Cembalo

14
Sonntag, 29. August 2004, 12.00 Uhr

Musikhistorische Kenntnisse über Bernardo Storace fußen auf ei-
ner einzigen von ihm hinterlassene Sammlung, nämlich Selva di
varie compositioni d’intavolatura per cimbalo ed organo,
die im Jahr 1664 in Venedig erschienen ist. Im Vorwort
bezeichnet er sich als Vizekapellmeister, der im Auftrag des Senats
der Stadt Messina tätig ist.

Über Locatellis Kindheit ist wenig bekannt. In seiner frühen
Jugend war er dritter Violinist mit dem Titel virtuoso in der cap-
pella musicale der Kirche Santa Maria Maggiore zu Bergamo.
Ab dem Herbst 1711 studierte Locatelli in Rom, wahrscheinlich
bei Giuseppe Valentini, vielleicht auch kurz bei Arcangelo Corelli.
1729 zog Locatelli nach Amsterdam, wo er sesshaft wurde und
bis zu seinem Lebensende wirkte. Er komponierte wenig, gab
Dilettanten Violinunterricht und edierte seine Opera 1 bis 9 und
Werke anderer Musiker. Die groß besetzten Werke übergab er
verschiedenen Verlagen, die kleiner besetzten edierte und vertrieb
er selbst.

Veracini war Sohn eines Apothekers und erlernte das Violin-
spiel bei seinem Onkel Antonio. Der junge Giuseppe Tartini
hörte 1712 Veracinis Spiel zum ersten Mal und war so sehr
beeindruckt, dass er sich für eine gewisse Zeit aus dem aktiven
Musikleben zurückzog, um sich der Verbesserung seines eigenen
Geigenspiels, insbesondere der sauberen Bogenführung zu wid-
men, bevor er wieder öffentlich auftrat. Nach Stationen in London,
Düsseldorf, Dresden und Venedig kehre er schließlich zurück in
seine Geburtsstadt Florenz, wo er sich vorwiegen der Kirchen-
musik widmete.

Platti stammt aus Padua. 1722 wurde er als Oboenvirtuose nach
Würzburg in den Dienst der Fürstbischöfe von Bamberg und
Würzburg geholt, Bis zu seinem Tod 1763 blieb Platti am
Würzburger Hof tätig, ab 1729 auch als Sänger, Gesangslehrer
und Violinist.

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Sonntag, 14. Mai 2023, 12 Uhr

                 Nicolaus Bruhns
                    1665–1697
                  Praeludium e-Moll

             Johann Sebastian Bach
                   1685–1750
            Pièce d’orgue G-Dur BWV 572
         Très vitement – Grave – Lentement

          Felix Mendelssohn-Bartholdy
                   1809–1847
           Sonate c-Moll op.65/2 (1844/45)
     Grave – Adagio – Allegro maestoso e vivace –
              Fuga. Allegro moderato

              Christian Bacheley, Orgel

16
Bruhns’ Praeludium ist die wohl eindrucksvollste Ausprägung
des norddeutschen Stylus phantasticus. In beispielloser Drama-
turgie wechselt vierzehn Mal der Affekt, wobei lediglich die zwei
fugierten Teile längere selbstständige Abschnitte bilden. Umrahmt
werden die Fugen von drei freien Abschnitten, die in ihrer Fülle
fesselnder Gesten und harmonischer Überraschungseffekte von
großer rhetorischer Wirkung sind.

„Piéce, pl. Piéces [gall.] wird hauptsächlich von Instrumental-
Sachen gebraucht, deren etliche Theile ein gantzes Stück
zusammen constituiren.“ (Johann Gottfried Walther, Musika-
lisches Lexikon, 1732). In Bachs BWV 572 werden drei recht
unterschiedliche Abschnitte attaca miteinander verbunden.

Zunächst ausgehend vom englischen Voluntary übertrug
Mendelssohn in op. 65 nicht etwa den klassisch-romantischen
Sonaten-Typus auf die Orgel, er fügte bereits komponierte
Einzelsätze suitenartig zueinander und nannte das Ergebnis
schließlich Sonate.

       Open window, Aquarell und Kreide auf Papier, 2023

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Sonntag, 21. Mai 2023, 12 Uhr

                  Johann Sebastian Bach
                        1685–1750
                  Fantasia g-Moll BWV 542/1

                 Johann Sebastian Bach
                Wachet auf, ruft uns die Stimme
                 Choralbearbeitung BWV 645

                     Johann Schneider
                         1702–1788
                  Praeludium und Fuga g-Moll

                      Antonio Vivaldi
                         1678–1741
     Largo e-Moll RV 443 (Orgelbearbeitung von Bengt Berg)

                    Agostino Tinazzoli
                        1660–1723
                    Toccata Decima settima

                        Pietro A. Yon
                          1886–1943
     Humoresque “L’organo primitivo” (Toccatina for Flute)

                         Paul Huber
                          1918–2001
        Toccata über die Glocken des Domes zu St. Gallen

                   Juan Paradell Solé, Orgel

18
Die Berühmtheit und Beliebtheit der Fantasie g-Moll BWV 542
gründet sich vor allem auf die harmonische Kühnheit des Werks.
Die in die Zukunft weisende Chromatik und die Dissonanzen der
Fantasie stellen in dieser Häufung auch im Bach’schen Schaffen
eine Ausnahme dar und verleihen dem durch zwei abgestufte
Fugato-Teile gegliederten Stück einen ungeheuren Ausdruck. Das
Thema der Fuge bildete Bach aus einem niederländischen Volks-
lied. Bach spielte diese Fuge 1720 bei seiner Bewerbung um die
Organistenstelle an St. Jacobi in Hamburg. Anwesend war dabei
auch Jan Adam Reinken, der aus den Niederlanden stammte.

Bach selbst bearbeitete einen Satz aus seiner Kantate BWV 140
zum populären Orgelwerk:
Zion hört die Wächter singen,/ das Herz tut ihr vor Freude
springen,/ sie wachet und steht eilend auf./ Ihr Freund kommt
vom Himmel prächtig,/ von Gnaden stark, von Wahrheit
mächtig; / ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf./ „Nun
komm, du werte Kron,/ Herr Jesu, Gottes Sohn./ Hosianna./
Wir folgen all zum Freudensaal / und halten mit das Abend-
mahl.“

Viel ist über Agostino Tinazzoli nicht bekannt: Er wurde in
Bologna geboren und starb in Pesaro.

Yon wurde 1905 Organist am Petersdom in Rom. 1907 wander-
te er in die USA aus und gründete eine Musikschule in New
York. Seine Humoresque mag an die primitive im Sinne von
ursprüngliche altitalienische Orgel erinnern.

1951 bis 1983 wirkte Huber, der unter anderem in Paris bei
Nadia Boulanger studiert hatte, als Dozent für Gesang und
Klavier an der Kantonsschule in St. Gallen. Stilistisch bewegte sich
Huber in einer Tradition der Anton-Bruckner-Nachfolge.

                                                                 19
Pfingstsonntag, 28. Mai 2023, 12 Uhr

               Wolfgang Amadeus Mozart
                       1756–1791
             La Clemenza di Tito (1791): Sinfonia

              Wolfgang Amadeus Mozart
                    Die Zauberflöte (1791):
              Der, welcher wandert diese Strasse

                      Vincenzo Bellini
                         1801–1835
                   Norma (1831): Ouverture

                      Giuseppe Verdi
                         1813–1901
           Rigoletto (1851): Bella Figlia dell’Amore

                    Gioachino Rossini
                        1792–1868
            Otello (1816): Assisa a’ pié d’un salice

                      Gioachino Rossini
        Il barbiere di Siviglia (1816): Largo al factotum

     Mara Fanelli & Olimpio Medori, Orgel zu vier Händen

20
Italien – nicht nur im 19. Jahrhundert das Land der Oper: Auch
in der Kirche zur Messfeier fanden die flotten Melodien eines
Rossini oder Verdi begeisterten Eingang, der Organist präludier-
te sie als Einlagen zum Gloria, Graduale, Offertorium, Wandlung,
Kommunion und zum Auszug, wenn möglich sogar vierhändig.

         Open up! Aquarell und Kreide auf Papier, 2023

                                                             21
Sonntag, 04. Juni 2023, 12 Uhr

                    BACH-ZYKLUS I

                Johann Sebastian Bach
                      1685–1750
                      Concerto c-Moll
 für zwei Cembali, Streicher und Basso continuo BWV 1060
                           Allegro
                           Adagio
                           Allegro

                      Concerto C-Dur
 für zwei Cembali, Streicher und Basso continuo BWV 1061
                   (Ohne Bezeichnung)
                   Adagio ovvero Largo
                            Fuga

                  Martin Sokoll, Cembalo
                  Franz Hauk, Cembalo

     ASAM-COLLEGIUM (auf authentischen Instrumenten)
             Charlotte Sophie Kohl, Violine
                Kazue Hamada, Violine
               Christine Sontheim, Viola
               Julian Weiß, Violoncello
              Florian Schormair, Violone

22
Die Tonumfänge und die unterschiedliche Behandlung der beiden
Instrumente lassen vermuten, dass bei BWV 1060 ein Konzert für
Violine und Oboe zugrunde liegt.

Die cembalistische Schreibweise und die geringe Rolle des Orches-
ters, das nur vorhandene Linien verdoppelt und im Mittelsatz
ganz schweigt, legen nahe, dass BWV 1061 ursprünglich für zwei
Cembali alleine konzipiert war. Dieser Ansicht war jedenfalls
schon Forkel, der in seiner Bach-Biographie von 1802 schreibt:
Es kann ganz ohne Begleitung der Bogeninstrumente beste-
hen, und nimmt sich sodann ganz vortrefflich aus. Das letzte
Allegro ist eine streng und prachtvoll gearbeitete Fuge. Das Auf-
führungsmaterial ist in der Zeit von 1732 bis 1735 entstanden.

        Deep Cuts, Aquarell und Kreide auf Papier, 2023

                                                             23
Sonntag, 11. Juni 2023, 12 Uhr

        Carl Philipp Emanuel Bach
                 1714–1788
            Sonate VI g-Moll Wq 70,6
               Allegro moderato
                    Adagio
                    Allegro

     Johann Christian Heinrich Rinck
                1770–1846
      Flöten-Concert F-Dur op. 55 (um 1820)
                    Maestoso

           Jean-Philippe Rameau
                 1683–1764
            Les Indes Galantes (1735):
                   Chaconne

           Johann Sebastian Bach
                 1685–1750
     Pièce d’orgue – Fantasie G-Dur BWV 572
       Vitement – Gravement – Lentment

         Christian-Markus Raiser, Orgel

24
Bei den Wiener Klassikern stand Carl Philipp in hohem Ansehen.
„Wer mich gründlich kennt, der muss finden, dass ich dem
Emanuel Bach sehr vieles verdanke, dass ich ihn verstanden und
fleißig studiert habe.“ (Joseph Haydn). „Er (Emanuel Bach) ist der
Vater; wir sind die Bubn. Wer von uns was Rechts kann, hats von
ihm gelernt.“ (Wolfgang Amadeus Mozart).

Johann Christian Heinrich Rinck wurde von Johann Christian
Kittel unterrichtet, der selbst Schüler von Johann Sebastian Bach
gewesen war. 1805 übersiedelte Rinck nach Darmstadt; dort war
er tätig als Kantor und Organist der Stadtkirche, später Hofor-
ganist und Kammermusiker von Großherzog Ludwig I. Zudem
wirkte Rinck als Musiklehrer am Paedagogium, dem späteren
Ludwig-Georgs-Gymnasium, und als einflussreicher Musikkritiker.
Bekannt wurde er als Organist, Lehrer und Komponist, der
Elemente der barocken Polyphonie, der Klassik und der Früh-
romantik in seinem Personalstil vereinte.

Seine erste musikalische Ausbildung erhielt Jean-Philippe durch
seinen Vater. Er besuchte eine Jesuitenschule, musste sie jedoch we-
gen mangelnder Leistungen verlassen. Ungefähr mit achtzehn
Jahren unternahm er eine Italienreise, die ihn aber nicht weiter als
bis nach Mailand führte. Er wirkte in verschiedenen Städten,
als Orchestergeiger und Organist in Marseille, Avignon, Albi,
Montpellier, Nîmes und Lyon. Ab 1722 ließ er sich in Paris nieder.
Eine ganze Reihe seiner Cembalostücke verwendete Rameau
später in orchestrierter Fassung als Balletteinlagen zu seinen
Bühnenwerken.

„Piéce, pl. Piéces [gall.] wird hauptsächlich von Instrumental-
Sachen gebraucht, deren etliche Theile ein gantzes Stück zu-
sammen constituiren.“ (Johann Gottfried Walther, Musikali-
sches Lexikon, 1732). In Bachs BWV 572 werden drei recht
unterschiedliche Abschnitte attaca miteinander verbunden. Das
Stück ist dreiteilig gebaut und enthält französische Bezeichnungen,
wie sie sonst in Bachs Orgelwerken nicht vorkommen. Improvi-
satorisch anmutenden Manualpassagen folgt ein fünfstimmiger
hymnischer Mittelsatz. Der Schlussteil, rasche Arpeggien über der
chromatisch absinkenden Basslinie, fasst die charakteristischen
Elemente der vorhergehenden Abschnitte zusammen.

                                                                25
Sonntag, 18. Juni 2023, 12 Uhr

                  Johann Sebastian Bach
                        1685–1750
                 Praeludium D-Dur BWV 532/1

                    Alessandro Scarlatti
                         1659–1725
                 Exsultate Deo für vier Stimmen

                 Josef Gabriel Rheinberger
                         1839–1901
     Missa St. Crucis op. 151 (1882): Kyrie für vier Stimmen

               Felix Mendelssohn Bartholdy
                        1809–1847
      Richte mich, Gott für acht Stimmen op. 78/2 (1843/45)

                  Johann Sebastian Bach
                  Triosonate C-Dur BWV 529:
                             Largo

                     Heinrich Kaminski
                         1886–1946
               Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir
               für vier bis sechs Stimmen (1912)

                          Ola Gjeilo
                            *1978
              Ubi caritas für vier bis sechs Stimmen

                     Vytautas Miškinis
                           *1954
           Cantate Domino für vier bis sechs Stimmen

                      Luise Künzl, Orgel
                    Münsterchor Ingolstadt
                  Christoph Hämmerl, Leitung

26
BWV 532, wohl um 1710 in Weimar entstanden, zählt zu denje-
nigen Werken Johann Sebastian Bachs, mit denen der junge
Virtuose sein organistisches Können, besonders sein glänzendes
Pedalspiel, ins helle Licht rücken wollte. Das Praeludium ist
mehrteilig gebaut: Tonleitern und Akkordfanfaren des Beginns
sowie der dissonanzreiche, rezitativartige Schluss rahmen einen
streng vierstimmigen Alla-Breve-Mittelteil, der auf eine der D-Dur-
Tonart eigene, strahlende Festlichkeit gestimmt ist.

Bachs Triosonaten übertragen das Musizieren im Ensemble auf
ein einzelnes Instrument, die Orgel: die Baß-Stimme wird vom
Pedal übernommen, die beiden Hände übernehmen die duettie-
renden Oberstimmen auf zwei unterschiedlich registrierten
Manualen.

Die vokalen Beiträge reichen von Alessandro Scarlatti, der vor
allem im damaligen Königreich Sizilien zwischen Neapel und
Palermo, aber auch zwischen den Musikzentren Venedig und
Rom erfolgreich wirkte, über Mendelssohn, der in seinen Psalm-
kompositionen immer wieder das rezitierende Element heraus-
stellte, Rheinberger, der in München einen künstlerischen Gegen-
entwurf zum strikten Cäcilianismus Regensburger Prägung
präsentierte und als ein gesuchter Kompositionsprofessor an der
Akademie lehrte, bis zur neueren Garde: Kaminski verstand
Komponieren als mystische Offenbarung, er litt unter den Repres-
salien des NS-Regimes. Der Norweger Gjeilo schreibt Musik, die
von Klassik, Jazz, Volks- und Popmusik beeinflusst ist. Der Lette
Miškinis lehrt an der Litauischen Musik- und Theaterakademie
und ist dort seit 2002 Professor für Chorleitung.

                                                               27
Sonntag, 25. Juni 2023, 12 Uhr

          Johann Ludwig Krebs
               1713– 1780
          Toccata a-Moll KWV 441

              Peeter Cornet
                1570–1633
                Tantum Ergo

             Peeter Cornet
             Aria del Granduca

                Anonimus
                 Um 1600
        Drei Variationen über Daphne

          Anthoni van Noordt
               1619–1675
             Psalm 24 (3 Verse)

            Giorgio Revelli, Orgel

28
Johann Nikolaus Forkel schrieb über Krebs, den jahrelangen
Freund und Privatschüler Johann Sebastian Bachs: „Er war nicht
nur ein sehr guter Orgelspieler, sondern auch ein fruchtbarer
Componist für Orgel, Clavier und Kirchenmusik. […] Zur
Bezeichnung seiner Vortrefflichkeit sagten zu seiner Zeit die
witzigen Kunstliebhaber: es sey in einem Bach nur ein Krebs
gefangen worden.“

Cornet wurde in den 1570er Jahren in Brüssel, der damaligen
Hauptstadt der südlichen Niederlande, geboren. Zur Familie ge-
hörten zahlreiche Musiker, darunter ein Geiger, Sänger und
Organisten. Von 1603 bis 1606 wirkte Cornet als Organist an der
St.-Nikolaus-Kirche in Brüssel. Um 1606 wurde er Hoforganist
von Albrecht VII., Erzherzog von Österreich und seiner Frau
Infantin Isabella Clara Eugenia von Spanien, den Gouverneuren
der südlichen Niederlande, die ihren Hof in Brüssel unterhielten.
Für einen Monat, im März 1611, war Cornet Kanoniker in Soignie.

Als Apollon den Liebesgott Eros als schlechten Schützen ver-
spottete, rächte sich dieser, indem er einen Liebespfeil mit einer
goldenen Spitze auf ihn und einen mit bleierner Spitze auf Daph-
ne abschoss. Apollon verliebte sich unsterblich in Daphne, wäh-
rend diese, von einem genau das Gegenteil bewirkenden Pfeil
Eros’ getroffen, für jene Liebschaft unempfänglich wurde. Er-
schöpft von der Verfolgung durch Apollon flehte sie zu ihrem
Vater Peneios, dass er ihre – den Apollon reizende – Gestalt wan-
deln möge. Daraufhin erstarrten ihre Glieder und sie verwandel-
te sich in einen Lorbeerbaum.

Van Noordt wurde 1638 Organist in der Nieuwe-Zijdskapel in
Amsterdam und blieb das bis 1664. Bis 1673 war er Organist
der Nieuwe Kerk zu Amsterdam. Er wurde berühmt durch sein
Tabulaturboeck van psalmen en fantasyen, das 1659 in Ams-
terdam erschien. Hierin finden sich zehn Psalmen und sechs
Fantasien im Stil Sweelincks, in denen klar wird, dass vierzig
Jahre nach Sweelincks Tod, dessen Schule nicht nur in Nord-
deutschland, sondern auch in den Niederlanden weiterlebt.

                                                               29
Sonntag, 02. Juli 2023, 12 Uhr

               Nicolaus Bruhns
                  1665–1697
                 Praeludium ex e

           Jean-François Dandrieu
                  1682–1738
             Tièrce en taille du 8e ton

           Johann Sebastian Bach
                 1685–1750
     Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564

              Roman, Hauser, Orgel

30
Bruhns galt weit über die Stadtgrenzen Husums hinaus als Orgel-
und Violinvirtuose. Wie Mattheson berichtet, habe er dann und
wann gleichzeitig Geige und an der Orgel mit dem Pedal den Bass
gespielt. Gerber berichtet 1790/1792, dass er währenddessen
sogar gesungen habe, sodass sich sein Spiel wie von mehreren
Personen anhörte.

Im Alter von achtzehn Jahren erhielt Dandrieu die Organisten-
stelle an Saint-Merry in Paris. 1721 avancierte er zum Organisten
der königlichen Kapelle. Schließlich folgte er 1733 seinem Onkel,
Pierre d’Andrieu (1660–1733) in der gleichen Funktion an St. Bar-
thelémy. Er zählt zu denjenigen französischen Komponisten
seiner Zeit, die versuchten, aus den strengen Formen der in
Frankreich geltenden musikalischen Konventionen auszubrechen
und Elemente des italienischen Stils in ihre Werke zu integrieren.

Seinem Stil nach gehört BWV 564 wohl in die Weimarer Zeit.
„Dass es nicht aus Bachs Weimarer Kreis überliefert ist, ist viel-
leicht damit zu erklären, dass Bach dieses ebenso virtuose wie
originelle, ja geradezu extravagante Werk zunächst nicht aus der
Hand geben wollte, um es sich für seinen eigenen Gebrauch vor-
zubehalten. Der dreisätzige Zyklus eignet sich in idealer Weise als
Vorspielstück bei Orgelprüfungen, da er die klanglichen Facetten
der Orgel geradezu systematisch ausleuchtet.“ (Werner Breig).

            Grids and more, Aquarell auf Papier, 2023

                                                               31
Sonntag, 09. Juli 2023, 12 Uhr

              Diese Matinee dauert etwa 40 Minuten

                       BACH-ZYKLUS II

                   Johann Sebastian Bach
                         1685–1750
                          Concerto d-Moll
     für drei Cembali, Streicher und Basso continuo BWV 1063
                        (ohne Bezeichnung)
                           Alla Siciliana
                               Allegro

                           Concerto C-Dur
     für drei Cembali, Streicher und Basso continuo BWV 1064
                               Allegro
                               Adagio
                               Allegro

                      Concerto a-Moll
 für vier Cembali, Streicher und Basso continuo BWV 1065
                    (ohne Bezeichnung)
                           Largo
                          Allegro

                  Evi Weichenrieder, Cembalo
                    Stefanie Geith, Cembalo
                   Oliver Scheffels, Cembalo
                     Franz Hauk, Cembalo

 CONCERTO DE BASSUS (auf authentischen Instrumenten)

32
Bach komponierte seine Cembalokonzerte für die Auftritte des
von ihm zwischen 1729 und 1737 und erneut von 1739 bis wohl
mindestens zur Mitte der 1740er Jahre geleiteten Collegium
Musicum. Die Konzerte fanden in der kalten Jahreszeit stets frei-
tags zwischen 20 und 22 Uhr im Coffé-Haus von Gottfried
Zimmermann statt, im Sommer mittwochs wohl zwischen 16 und
18 oder 19 Uhr auch im Cofé-Garten von Enoch Richter. An
Tagen, an denen das Orchester pausierte, übernahm ein Organist
am Pedalcembalo die Rolle eines Alleinunterhalters.

Das Konzert BWV 1063 wird heute eher selten gespielt, in der
Bach-Renaissance des 19. Jahrhunderts war es durchaus populär:
Besonders Felix Mendelssohn Bartholdy setzte sich sehr dafür ein
und spielte es häufig, beispielsweise mit Clara Schumann und
Louis Rakemann oder mit Ignaz Moscheles und Sigismund Thal-
berg. In der Forschung wird über eine Frühfassung mit drei
Soloinstrumenten spekuliert, die in die späte Weimarer Zeit da-
tiert, beispielsweise um 1716 oder 1718.

Auch beim Konzert BWV 1064 wird als Urform ein Konzert für
drei Violinen vermutet. Vielleicht wichtiger: das Werk quillt über
von jugendlichem Übermut, wie Bernhard Billeter konstatiert.

BWV 1065 ist eine Bearbeitung von Antonio Vivaldis Konzert
h-Moll für vier Violinen und Streicher op. 3/10 aus dessen Samm-
lung L’Estro Armonico. Bach ergänzte das Werk durch zusätz-
liche Chromatik, lebendigere Bass-Stimmen und viele kleine
Details, im letzten Satz ergänzte er einen Takt.

                        Tabula rasa 2.0,
      Öl und Sprühlack auf Leinwand, je 100 x 100 cm, 2020

                                                               33
Sonntag, 16. Juli 2023, 12 Uhr

            Johann Sebastian Bach
                  1685–1750
             Fantasia C-Dur BWV 573
         (ergänzt von Wolfgang Stockmeier)

             Johann Sebastian Bach
     Aria variata alla maniera italiana BWV 989

              Michael Praetorius
                  1571–1621
                Terpsichore (1612):
                   Zwei Tänze

            Johann Sebastian Bach
            Toccata d-Moll BWV 538/1

               Michael Dierks, Orgel

34
Die Fantasie BWV 573 ist eingetragen im Clavier-Büchlein vor
Anna Magdalena Bachin Anno 1722, das Johann Sebastian
Bach kurz seiner Hochzeit anlegte.

BWV 989 dürfte, was den ungewöhlichen Manualumfang im
Bass bis A1 betrifft, in Zusammenhang mit den Choralpartiten
von Georg Böhm stehen, also in Lüneburg zwischen 1700 und
1702 entstanden sein.

Im Dezember 1604 wurde Praetorius als Nachfolger von Thomas
Mancinus zum Hofkapellmeister ernannt und lebte fortan in
Wolfenbüttel. Damit war Praetorius für die Hofkapelle mit ihren
etwa 18 Sängern und Instrumentalisten verantwortlich und hatte
für gottesdienstliche Musik in der Schlosskapelle sowie für
Tafelmusik bei festlichen oder privaten Essen und Tanzmusik bei
höfischen Festen zu sorgen. Diese und weitere Pflichten, auch
einige Rechte, wurden in der Bestallungsurkunde festgelegt. Er
hatte beispielsweise den Söhnen und Töchtern des Herzogs
täglich Instrumentalunterricht zu erteilen. Die Bezahlung ent-
sprach der eines höheren Hofbeamten: jährlich 100 Taler Gehalt,
10 Taler Holzgeld, freier Tisch bei Hofe, eine Sommer- und eine
Winter-Hofkleidung, als Deputat jährlich einen Ochsen, zwei
Schweine, vier Scheffel Roggen, vier Scheffel Gerste.

Den Manualwechsel in BWV 538/1 hat Bach selbst vorgeschrie-
ben. Er spielt mit dem Alternieren von Klangflächen, mischt die
Form einer Toccata mit dem Concerto.

                 o.T., Aquarell auf Papier, 2023

                                                            35
Sonntag, 23. Juli 2023, 12 Uhr
         Diese Matinee dauert etwa 40 Minuten

                 Arcangelo Corelli
                     1653–1713
         Concerto grosso c-Moll op. 6/3 (1712)
                        Largo
                       Allegro
                       Grave
                       Vivace
                       Allegro

                Arcangelo Corelli
         Concerto grosso F-Dur op. 6/9 (1712)
                  Preludio. Largo
                Allemanda. Allegro
                  Corrente. Vivace
            Gavotta. Allegro – Adagio
                 Minuetto. Vivace

               Francesco Geminiani
                    1687–1767
               Concerto grosso d-Moll
       nach Corellis Violinsonate op. 5 /12 (1729)
                        La Folia

              CONCERTO DE BASSUS
           (auf authentischen instrumenten)
     Theona Gubba-Chkheidze, Violine und Leitung

36
Corellis Werke hatten weitreichenden Einfluss auf die Entwick-
lung der Kammermusik, der Kirchen- und Kammersonate
sowie der maßgeblich von Corelli mitentwickelten Gattung des
Concerto grosso. Sein virtuoser Musizierstil wurde zur Grund-
lage der modernen Violintechnik des 18. und 19. Jahrhunderts
und beeinflusste zahlreiche Komponisten.

1714 reiste Geminiani nach London. Unter dem Mäzenat des
3. Herzogs von Essex beschäftigte er sich mit dem Unterrichten und
Komponieren. Erfolgreiche Konzertreisen nach Irland in den
1730er-Jahren festigten seinen Ruf als Virtuose. Dem englischen
Musikhistoriker zufolge festigte die Veröffentlichung der op. 3 im
Jahre 1733 Geminianis Namen: „Sie setzen ihn an die Spitze aller
damals lebenden Meister.“ In diesen Concerti grossi arbeitete er
Violinsonaten von Corelli in eigenständiger Weise um, worauf sich
Burneys Wort von Geminianis musikalischer Kochkunst bezog.

Mit führte er seine Violinkonzerte am königlichen Hof zu London
auf. Nach einem Paris-Aufenthalt (1732) beschloss er, sich in nie-
derzulassen. Seine beruflichen Aktivitäten schwankten zwischen
dem gescheiterten Versuch, eine Musikzeitschrift herauszugeben,
dem Virtuosentum, dem Verfassen musiktheoretischer Werke
und dem Handel mit Gemälden bedeutender italienischer Maler
wie auch seiner eigenen. Ab 1759 war er Konzertmeister bei dem
späteren 5. Earl of Bellomont in Dublin.

     Layers with crystals, Aquarell und Kreide auf Papier, 2023

                                                                  37
Sonntag, 30. Juli 2023, 12 Uhr

         Johann Sebastian Bach
               1685–1750
        Praeludium Es-Dur BWV 552,1

           Domenico Scarlatti
              1685–1757
              Fünf Sonaten:
           Sonate C-Dur K 159
            Sonate d-Moll K 1
            Sonate c-Moll K 11
           Sonate G-Dur K 146
           Sonate D-Dur K 492

         Johann Sebastian Bach
           Fuga Es-Dur BWV 552,2

          Giampaolo di Rosa, Orgel

38
Als dritte Folge seiner sogenannten Clavierübung veröffentlich-
te Bach 1739 beim Nürnberger Notenstecher Balthasar Schmidt
eine Sammlung von Orgelwerken. Eingerahmt werden diese von
Praeludium und Fuge Es-Dur. Durch sein gravitätisch-punktiertes
erstes Thema und das schnelle, fugiert ausgeführte dritte Thema
weist das Praeludium Merkmale der französischen Ouvertüre
auf. Die drei thematischen Komplexe hat Albert Schweitzer als
Symbol der Dreifaltigkeit gedeutet: Das gravitätische, im punk-
tierten Rhythmus gehaltene Thema repräsentiere Gott den Vater,
das zweite, auf- und abstrebende Jesus Christus, das dritte schließ-
lich, das in Sechzehntelnoten erst eine Oktave absteige und sich
dann auffächere, den Heiligen Geist. Die ebenfalls fünfstimmige
Fuge ähnelt einer Tripelfuge, das heißt einer Fuge mit drei
Themen. Sie verzichtet jedoch auf die abschließende Kombina-
tion aller drei Themen in einem gleichzeitigen Ablauf.

1719 übersiedelte Domenico Scarlatti nach Portugal und wurde in
Lissabon Musiklehrer und Hofkapellmeister am Hofe von König
Johann V., wo er den jüngeren Bruder des Königs, Dom António
(1695–1757), und am Cembalo die an Asthma leidende portu-
giesische Prinzessin Maria Barbara de Bragança unterrichtete. Als
die musikalisch hochbegabte Maria Bárbara 1729 den spanischen
Thronfolger Don Fernando von Asturien (ab 1746 König Ferdi-
nand VI.) heiratete, folgte ihr Scarlatti in ihre neue Heimat. Sie
gingen zunächst nach Andalusien, wo der Hof anfangs zwischen
Sevilla, den Sierras, Granada, Cádiz und anderen Hafenstädten
hin- und herreiste. Die Cembali der Prinzessin wurden dabei auf
dem Rücken von Maultieren transportiert. Von Oktober 1730 bis
zum 16. Mai 1733 wurden die Alcázares Reales in Sevilla zur fes-
ten Residenz. Danach zog der Hof nach Norden in die Umgebung
von Madrid, wo er je nach Jahreszeit abwechselnd in den Schlös-
sern Buen Retiro, El Pardo, Aranjuez, La Granja und El Escorial
weilte.

                                                                39
Sonntag, 06. August 2023, 12 Uhr

                   Antonio Vivaldi
                      1678–1741
     Le Quattro Stagioni – Die vier Jahreszeiten op. 8:
                Concerto I E-Dur RV 269
              La Primavera – Der Frühling
                         Allegro
               Largo e pianissimo sempre
                Danza pastorale. Allegro

                   Frédéric Chopin
                      1810–1849
            Notturno Es-Dur op. 9/2 (1830/31)

            Wolfgang Amadeus Mozart
                    1656–1791
              Fantasie f-Moll KV 608 (1791)

               Andrzej Chorosinski, Orgel

40
Auch Organisten wollen bisweilen am Erfolg eines Werkes par-
tizipieren in Form von virtuosen Bearbeitungen.

Chopin verehrte Johann Sebastian Bach – kein Wunder, er wirk-
te zeitweise selbst als Organist. Und Bel canto geht im Prinzip
auch auf der Orgel.

Graf Joseph Deym-Müller hatte in Wien ein Raritätenkabinett mit
panoptikumartigen Charakter eröffnet: neben einigen Orginal-
plastiken, hundert Gipskopien berühmter antiker Statuen, kunst-
voll verzierten Gefäßen, Gemälden und Zeichnungen enthielt die
Sammlung auch Spieluhren, Automaten und andere Kuriositäten.
Mozart steuerte drei Kompositionen für eine Orgelwalze bei.
KV 608 ist eine Trauermusik für den verstorbenen Feldmarschall
Laudon, der 1790 verstorben war. Graf Deym hatte eine Gedächt-
nisstätte in Form eines Mausoleums eingerichtet, hier erklang in
regelmäßigen Abständen Mozarts Trauermusik.

              Refraction, Aquarell auf Papier, 2023

                                                             41
Sonntag, 13. August 2023, 12 Uhr

               Bernardo Storace
                   1637–1707
                Ballo della Battaglia

             Giovan Battista Platti
                  1697–1763
                  Sonata I g-Moll
        für Violoncello und Basso continuo
      Adagio – Non presto – Largo – Allegro

          Antonio Maria Bononcini
                  1677–1726
                 Sonata A-Dur
       für Violoncello und Basso continuo
     Andante – Allegro – Minuetto grazioso

               Antonio Caldara
                  1670–1736
                 Sonata 16 G-Dur
        für Violoncello und Basso continuo
       Adagio – Allegro – Largo – Allegro

       Alessandra Montani, Barockvioloncello
         Fabio Ciofini, Orgel und Cembalo

42
Musikhistorischen Kenntnisse über Bernardo Storace fußen auf
einer einzigen von ihm hinterlassene Sammlung, nämlich Selva
di varie compositioni d’intavolatura per cimbalo ed organo,
die im Jahr 1664 in Venedig erschienen ist. In dem Vorwort be-
zeichnet er sich als Vizekapellmeister, der im Auftrag des Senats
der Stadt Messina tätig ist.

Plattis Werke sind vor allem als Handschriften in der Musika-
liensammlung des Grafen Rudolf Franz Erwein von Schönborn-
Wiesentheid erhalten, für den Platti eine ganze Reihe von Wer-
ken für Cello komponierte, darunter auch 28 Cellokonzerte, die
zu den interessantesten der Übergangszeit zwischen Spätbarock
und Frühklassik gehören.

Antonio Maria Bononcini wirkte von 1704 bis 1711 am Wiener
Hof. 1714 lebte er in Rom, wo unter anderem Gottfried Heinrich
Stölzel sein Schüler war. 1721 wurde er Hofkapellmeister in Mo-
dena. Bononcini schrieb von 1690 bis 1723 zwanzig Opern, drei
Oratorien, Kammerkantaten, eine fünfstimmige Messe und ein
vierstimmiges Stabat mater.

Caldara erhielt seine musikalische Ausbildung vermutlich bei
Giovanni Legrenzi in Venedig. Von 1700 bis 1707 war er als
Kapellmeister in Mantua tätig. Im Jahr 1708 komponierte er für
Kaiser Karl VI. den 2. Akt der Oper L’Atenaide. Von 1709 bis
1716 war Caldara in Rom tätig. Nach der Übersiedlung nach
Wien im Jahr 1716 wurde Caldara unter Johann Joseph Fux
erster Vizekapellmeister der Wiener Hofmusikkapelle am Kai-
serhof. Er komponierte über 3400 Werke, vor allem im Bereich
der Vokalmusik. Kaiser Karl VI. dirigierte damals einige Opern
seines Vizekapellmeisters selbst.

                                                              43
Sonntag, 20. August 2023, 12 Uhr

               Georg Philipp Telemann
                      1681–1767
              Marches Heroïques – Heldenmusik
        für Trompete und Orgel TWV 50:31-42 (1728):
                        La Majesté
                         L´Amour
                      La Réjouissance

                   Robert Schumann
                      1810–1856
       Sechs Studien für den Pedalflügel op. 56 (1845):
                       1. Kanon in C

              Joseph Gabriel Rheinberger
                      1839–1901
            Sonate Nr. 11 d-Moll op. 148 (1887):
            Cantilene für Trompete und Orgel

                Johann Sebastian Bach
                      1685–1750
        Kommst du nun, Jesu, vom Himmel herunter
     Choralbearbeitung für Trompete und Orgel BWV 650

                     Vincent Lübeck
                        1656–1740
                     Praeambulum in G

                  Jean-Joseph Mouret
                       1682–1738
                  Sinfonies de Fanfares:
             Rondeau für Trompete und Orgel

               Hans Jürgen Huber, Trompete
                  Manfred Hößl, Orgel

44
In seiner Heldenmusik beschreibt Telemann verschiedene mensch-
liche Gemütsverfassungen, wie Liebe, Großmut oder Freude.
Affekte bildeten im 17. und 18. Jahrhundert die Grundlage jegli-
chen Musizierens.

Nicht der Kanon, sondern dessen Poetisierung ist Schumanns Ziel
dieser Sechs Stücke in kanonischer Form: Im Eingangsstück,
einem präludierenden Trio, wird der Geist Bachs beschworen.

Rheinberger war auf allen musikalischen Gebieten bis hin zur
Oper erfolgreich tätig. Er schuf auch ein umfangreiches Œuvre für
die Orgel, das zwischen Mendelssohn und Reger den bedeu-
tendsten deutschen Beitrag bildet. Mit der Cantilene ist dem Kom-
ponisten ein rechter Ohrwurm gelungen.

In den sogenannten Schübler-Chorälen bearbeitete Bach einige
seiner Kantatensätze für die Orgel. BWV 650 stammt aus dem
zweiten Satz der Kantate BWV 137.

Lübeck wurde 1674 Organist der St.-Cosmae-Kirche in Stade, Seit
1673 besaß St. Cosmae eine Orgel des berühmten Orgelbauers
Arp Schnitger, mit dem Lübeck eine lebenslange Freundschaft ver-
band. In Stade erwarb Lübeck eine hohe Reputation als Organist,
Komponist und Lehrer, weshalb er 1702 an die Nikolaikirche
nach Hamburg berufen wurde. Dort stand ihm Schnitgers größte
Orgel zur Verfügung, die aber im Mai 1842 dem großen Brand
von Hamburg zum Opfer fiel.

Mouret wurde 1714 Mitglied der Académie royale de musique,
der Vorläuferin der Pariser Oper, welche das Musikleben in
Frankreich regelte. Von 1728 bis 1734 war er der Leiter der
Concert spirituel.

                                                              45
Sonntag, 27. August 2023, 12 Uhr

                 Johann Sebastian Bach
                       1685–1750
                   Concerto a-Moll BWV 593
                       nach dem Concerto
für zwei Violinen, Streicher und Basso continuo op. 3/8 RV 522
               von Antonio Vivaldi (1678–1741)
                  Allegro – Adagio – Allegro

          Louis James Alfred Lefébure-Wély
                      1817–1869
                       Scène Pastorale

                       Louis Vierne
                        1870–1937
                Pièces de Fantaisie (1929):
             Carillon de Westminster op. 54/6

                 Christian von Blohn, Orgel

46
Bereits um 1715 hatte Bach Konzerte verschiedener, vorwiegend
italienischer Autoren für ein Tasteninstrument übertragen, wohl
auch um sich mit dem neuen italienischen Konzertstil eines
Vivaldi, Marcello oder Albinoni vertraut zu machen, dann viel-
leicht auch, um am Hofe diese beliebten Werke jederzeit, auch
ohne Beteiligung des Hoforchesters, quasi im Klavierauszug vor-
zutragen.

Lefébure-Wély studierte am Pariser Conservatoire in der Orgel-
klasse von François Benoist. Zuletzt wirkte er an der neuerbauten
Cavaillé-Coll-Orgel der Kirche St. Sulpice in Paris. Bekannt wa-
ren seine Improvisationen und seine Kompositionen, die oft einem
mondänen Stil huldigen. Die „Hirtenszene“ wurde vom Kompo-
nisten ausdrücklich für die Aufführung bei Orgeleinweihungen
oder in der Christmette bestimmt, ein Stück Programm-Musik mit
tanzenden Landleuten, Gewitterszene und abschließender Bitt-
prozession.

Vierne amtierte als Organist an Notre Dame in Paris. Seine
Sammlung Pièces de Fantaisie besteht aus Charakterstücken,
einem zunächst dem Klavier vorgehaltenen Genre. Im Carillon
de Westminster nimmt Vierne das Wechselläuten des Big Ben
zur thematischen Grundlage.

            o.T., Aquarell und Kreide auf Papier, 2023

                                                              47
Sonntag, 03. September 2023, 12 Uhr

                    Georg Böhm
                     1661–1733
        Praeludium, Fuga und Postludium g-Moll

             Giovanni Battista Ferrini
                    1601–1674
                   Ballo di Mantova

                Antonio de Cabezón
                     1510–1566
     Differencias sobre el Canto Llano del Caballero

                    William Byrd
                     1543–1623
               My Lady Nevell’s Ground

              Antonio Martín y Coll
                    1650–1734
                Flores de música (1709):
                Bayle del Gran Duque

              Johann Christian Kittel
                    1732–1809
                   Praeludium a-Moll

               Christian Tarabbia, Orgel

48
Nach dem Studium in Jena hielt sich Böhm zunächst einige
Jahre in Hamburg auf und war danach als Organist an der Kirche
St. Johannis in Lüneburg tätig. In dieser Zeit war Johann Sebas-
tian Bach in Lüneburg Freischüler des Michaelis-Klosters und
sang als Diskantist im Mettenchor. Böhms Einfluss auf Bachs
frühe Orgelwerke und Klaviersuiten liegt nahe. Die Stelle des
Organisten hatte Böhm bis zu seinem Tod im Jahre 1733 inne.

Giovan Battista Ferrini war ab 1619 Organist an der Kirche
Saint-Louis-des-Français in Rom und von 1623 bis 1653 an der
Hauptkirche der Oratorianer in Rom, der Chiesa Nuova (Santa
Maria in Valicella). Möglicherweise gehörte er zum engen Umfeld
von Girolamo Frescobaldi.

Antonio de Cabezón war seit seiner Kindheit blind. Als Hofor-
ganist Karls V. und später Philipps II. unternahm er von 1548 bis
1551 und von 1554 bis 1556 zwei Reisen quer durch Europa.
Dabei lernte er bedeutende Musiker anderer Höfe kennen.
Cabezón gilt als der bedeutendste spanische Komponist für Tas-
teninstrumente seiner Zeit.

Zu Zeiten von William Shakespeare galt Byrd als der bedeu-
tendste Komponist in England. Seine Kompositionen für Tasten-
instrumente finden sich unter anderm im Fitzwilliam Virginal
Book und im im My Ladye Nevells Booke.

Martín y Coll wuchs in einem Kloster auf und wurde schließlich
Franziskanermönch. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte
er im Kloster San Francisco el Grande in Madrid. Er starb dort
wahrscheinlich nach 1733 und vor 1735. Der fünfte Band seiner
Sammlung Flores de Música, genannt Ramillete oloroso: suabes
flores de música para órgano, enthält hauptsächlich Orgelmusik.

1756 wurde Kittel als Organist an die Barfüßerkirche in Erfurt be-
rufen, wo er sechs Jahre tätig war. Danach nahm er die Position
des Organisten an der Predigerkirche an. Als einer der letzten
Schüler Bachs erlangte er hohes Ansehen und lehrte in der
Tradition Bachs viele Schüler. Bewunderer seines Orgelspiels
waren neben anderen Goethe, Johann Gottfried von Herder und
Christoph Martin Wieland.

                                                               49
Sonntag, 17. September 2023, 12 Uhr

               Johann Sebastian Bach
                     1685–1750
 Fantasia sopra: Komm heiliger Geist, Herre Gott BWV 651

                   Heinrich Schütz
                      1585–1672
          Kleine geistliche Konzerte op. 9 (1639):
           O misericordissime Jesu SWV 309

              Johann Sebastian Bach
           O Mensch, bewein’ dein’ Sünde groß
              Choralbearbeitung BWV 622

              Johann Sebastian Bach
              Komm, du süße Todesstunde
               Kantate BWV 161 (1715):
                   Rezitativ und Arie
       „Mein Verlangen, den Heiland zu umfangen“

                       Max Reger
                       1873–1916
              Toccata d-Moll op. 129/1 (1913)

                        Max Reger
            Zwei geistliche Lieder WoO VII/30:
            Wenn in bangen, trüben Stunden

                      Hugo Wolf
                       1860–1903
                      Mörike-Lieder:
 Gebet, für Singstimme und Orgel bearbeitet von Max Reger

                      Max Reger
               Fuge d-Moll op. 129/2 (1913)

                  Konstantin Igl, Tenor
                Giovanni Michelini, Orgel

50
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott, / erfüll mit deiner Gnaden
Gut / deiner Gläubigen Herz, Mut und Sinn, / dein brünstig
Lieb entzünd in ihn’. / O Herr, durch deines Lichtes Glast / zu
dem Glauben versammelt hast / das Volk aus aller Welt Zun-
gen: / das sei dir, Herr, zu Lob gesungen. / Alleluja, alleluja!
Bach beginnt mit der Anrufung des Heiligen Geistes organo ple-
no in feurig auflodernden Sechzehntel-Figuren über dem Pedal-
Cantus-firmus. Die Spitzentöne des Motivs lassen immer wieder
den Liedanfang anklingen.

Die in zwei Teilen publizierten Kleinen geistlichen Konzerte
bilden jeweils Sammlungen geringstimmiger, generalbassbeglei-
teter Vokalmusik auf überwiegend deutsche, teils auch lateinische
Texte mit einer breit gefächerten Stilistik. Durch die nur wenige
Musiker umfassende Besetzung waren die Konzerte, zumal wäh-
rend des Dreißigjährigen Krieges, universal aufführbar. Sie konn-
ten am Hof, in Stadt oder Dorf, aber auch in der Schule oder in
privater Häuslichkeit musiziert werden.

Bach folgt in ausdrucksvollen Melismen dem 1530 verfassten Text
von Sebald Heyen: O Mensch, bewein dein Sünde groß, / darum
Christus seins Vaters Schoß / äußert und kam auf Erden; / von
einer Jungfrau rein und zart / für uns er hier geboren ward, /
er wollt der Mittler werden. / Den Toten er das Leben gab /
und tat dabei all Krankheit ab, / bis sich die Zeit herdrange,
/ dass er für uns geopfert würd, / trüg unsrer Sünden schwere
Bürd/ wohl an dem Kreuze lange.

Zeitlebens fristete Mörike ein eher armseliges Dasein, das im
schroffen Gegensatz zu manchen kompositorischen Erfolgen
stand.

Regers Opus 129 verzichtet auf Monumentaltät, die Stücke sind
kurz, prägnant und von atmosphärischer Dichte. Kompositori-
scher Anlaß war die neu erbaute Steinmeyer-Orgel im Meininger
Schützenhaussaal.

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Sonntag, 24. September 2023, 12 Uhr

                 Domenico Cimarosa
                     1749–1801
           Concerto c-Moll per tromba e organo
     Introduzione - Allegro - Siciliana – Allegro giusto

                     Filippo Allegri
                        1768–1853
                   Offertorio per organo

                      Enrico Pasini
                        1937–2022
            Cantabile n° 10 per tromba e organo

                     Giuseppe Verdi
                        1813–1901
                Adagio per tromba e organo

         Louis James Alfred Lefébure-Wély
                     1817–1869
                   Sortie in Es per organo

                  Jean-Baptiste Arban
                       1825–1889
Variationen über ein Thema aus “Norma” von Vincenzo Bellini

       In Zusammenarbeit mit der Comune di Carrara
 Seit Juni 1962 besteht zwischen Ingolstadt und Carrara eine
   Städtepartnerschaft (www.ingolstadt.de/partnerstaedte).

                   Roberto Rigo, Tromba
                 Stefania Mettadelli, Orgel

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1791 ging Cimarosa auf Einladung von Kaiser Leopold II. als
Nachfolger Antonio Salieris als Hofkomponist nach Wien. Hier
komponierte er sein Meisterwerk Il matrimonio segreto (Die
heimliche Ehe), das unter den besten Leistungen leichter Opern-
musik rangiert.

Allegri wirkte als Priester, Kapellmeister am Priesterseminar und
der Praepositur S. Michele seiner Heimatstadt Florenz.

Pasini, geboren und ausgebildet in Rom, liebte das Cross over,
Musik mit einem gehörigen Schuß Unterhaltung.

Nach der Fertigstellung der mit 100 Registern größten Orgel
Cavaillé-Colls wirkte Lefébure-Wély bis zu seinem Tod 1869 an
der Kirche St-Sulpice in Paris. Er genoß große Popularität in
Frankreich und war bekannt als genialer Improvisateur und Kom-
ponist, der die neuen Möglichkeiten der modernen Orgel effekt-
voll einzusetzen wusste.

1864, als er seine inzwischen weltberühmte Schule La grande mé-
thode complète de cornet à pistons et de saxhorn par Arban zum
ersten Mal veröffentlichte, war er bereits zum Professor am Éco-
le Militaire aufgestiegen. 1869 wurde er Professor für cornet à
pistons am Conservatoire von Paris. Neben der bereits erwähn-
ten Schule hat er als Komponist einige Paradestücke für Trompete
oder Kornett hinterlassen, die allesamt den Ausführenden große
Virtuosität abverlangen.

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Sonntag, 01. Oktober 2023, 12 Uhr

                   BACH-ZYKLUS III

               Johann Sebastian Bach
                     1685–1750
                      Concerto c-Moll
 für zwei Cembali, Streicher und Basso continuo BWV 1062
                    (ohne Bezeichnung)
                          Andante
                        Allegro assai

                   Antonio Vivaldi
                      1678–1741
                      Concerto G-Dur
         für Streicher und Basso continuo RV 151
                       (Alla Rustica)
                          Allegro
                           Largo
                          Allegro

              Giovanni Michelini, Cembalo
                 Franz Hauk, Cembalo

                CONCERTO DE BASSUS
             (auf authentischen Instrumenten)

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BWV 1062 ist eine Bearbeitung und Transposition des in die
tiefere Tonstufe. Hier hat sich auch die 1736 geschriebene auto-
graphe Partitur Bachs erhalten. Erkennbar ist eine weiterentwick-
elte Bearbeitungstechnik: „Hatten die Cembali vorher noch als
Relikte ihrer Generalbaß-Aufgabe Akkorde zu spielen, so fehlen
diese nun fast ganz zugunsten einer der linken Hand noch mehr
Sechzehntelbewegung gönnenden Ausführung.“ (Bernhard Billeter)

Der sogenannte vermischte Geschmack meint eine Synthese
aus den unterschiedlichen Musiktraditionen in der Musik des
18. Jahrhunderts, zunächst bezogen auf den französischen und den
italienischen Stil, die beide durch klare Stilmerkmale abgegrenzt
waren. In der Anweisung die flûte traversière zu spielen schreibt
Quantz 1752: „wenn man auf verschiedene Völker, ihrem
Geschmacke in der Musik, mit gehöriger Beurtheilung das Beste
zu wählen weis: so fliesst daraus ein vermischter Geschmack“. Als
Konzertmeister der Dresdener Hofkapelle vertrat Pisendel die Auf-
fassung, dass die Musiker des Orchesters sowohl den italienischen
als auch den französischen Stil auf hohem Niveau beherrschen
sollten. Carl Philipp Emanuel Bach formulierte anerkennend
über Graun’s Kompositionsweise, daß er „das Propere und Bril-
lante des französischen Geschmackes mit dem Schmeichelhaften
der welschen Singart vereinigt“. Der vermischte Geschmack zeigt
sich ebenfalls an einer Integration der Volksmusik ins Concerto,
wie Vivaldis Concerto G-Dur unterhaltsam zeigt.

                 o.T., Aquarell auf Papier, 2023

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