Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY

Die Seite wird erstellt Jannik Geißler
 
WEITER LESEN
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

Raumplanung
     aktuell

   Die Zeitschrift für die
   Salzburger Raumentwicklung
   Heft 9

                               1
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

                                    Impressum:

                                  Medieninhaber:
                                  Land Salzburg

                                     Herausgeber:
                      Abteilung 7: Raumplanung, vertreten durch
                              HR Ing. Dr. Friedrich Mair

                      Koordination, Grafiken und Abbildungen:
                            Mag. Michael Bogensberger

                                Gestaltung und Satz:
                                Grafik Land Salzburg

                                     Anschrift:
                      Michael-Pacher-Straße 36, 5020 Salzburg

                                       Druck:
                           Druckerei Roser, 5300 Hallwang

                                  September 2013

2
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

                                                      Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Landeshauptmann-Stellvertreterin Dr. Astrid Rössler ............................................................................................ 5

Rohstoffabbau und Rohstoffsicherung –
ein raumplanungsrelevantes Thema mit hohem Konfliktpotenzial
Peter Weissenböck............................................................................................................................................... 6

Regionales Entwicklungskonzept „Wolfgangsee“
Gerlinde Born......................................................................................................................................................... 8

ÖREK-Partnerschaft „Regionale Handlungsebene stärken“
Arbeitsbericht mit aktuellen Empfehlungen zur „Regional Governance“ in Österreich
Christoph Braumann............................................................................................................................................. 9

Digitale Flächenwidmungspläne im Land Salzburg
Michaela Rinnerberger.......................................................................................................................................... 11

Schutzgut „Landschaft“ –
wie unterscheidet man die „Wahre Landschaft“ von der „Ware Landschaft“
Franz Dollinger..................................................................................................................................................... 13

Alpenraumprojekt DEMOCHANGE abgeschlossen.
Nutzbarmachung der Ergebnisse für das Land Salzburg
Franz Dollinger, Andreas Koch, Madeleine Koch, Heidrun Wankiewicz ................................................................ 30

Landwirtschaftliche Betriebseinstellungen – Leerstand – Umnutzung
Erhebung in 4 Salzburger Beispielsgemeinden
Alois Fröschl ........................................................................................................................................................ 41

Baulandsicherungsmodelle im Wandel der Zeit
Christine Itzlinger.................................................................................................................................................. 44

„Juni-Hochwasser 2013“ –
Schutzwasserwirtschaftliche Erstbeurteilung und erste Konsequenzen
Robert Loizl, Thomas Prodinger............................................................................................................................ 47

                                                                                                                                                                      3
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

Das Hochwasserereignis Juni 2013 –
Schon wieder ein Jahrhunderthochwasser?
Hans Wiesenegger ............................................................................................................................................... 58

GIP Salzburg –
der digitale, flächendeckende, routingfähige Straßengraph des Landes
Victoria Achatz .................................................................................................................................................... 66

Neue Wohnbaulandpreis-Auswertung des SIR
Walter Riedler ...................................................................................................................................................... 69

Maßnahmen gegen die illegalen Zweitwohnsitze
Johannes Flachberger .......................................................................................................................................... 72

Autorenverzeichnis .............................................................................................................................................. 74

4
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

                                                  Vorwort

A
       ls neue politische Ressortver-     und Mobilitätsformen sind in diesem      keit verpflichtet. „Eine zukunftsfähige
        antwortliche für die Raum-        Zusammenhang zu nennen.                  Politik ist bestrebt, die Rahmenbedin-
         planung im Land Salzburg                                                  gungen für eine zukunftsfähige Welt
sehe ich es als meine Hauptaufgabe        Raumplanung aktuell bietet der/dem       zu gestalten (Fair Future).“
möglichst rasch die richtigen Weichen     interessierten LeserIn einen Einblick
für eine zukunftsfähige Entwicklung       in den vielfältigen Aufgabenbereich      Gerade die Querschnittsmaterie
des Landes Salzburg zu stellen. Die       der Raumplanung. Die Schwerpunkte        Raumplanung verfügt über ein durch-
Raumplanung kann mit dem ihr zur          dieser Ausgabe befassen sich mit einer   aus hohes Steuerungspotenzial um
Verfügung stehenden Instrumenta-          Erstbeurteilung des Juni-Hochwassers,    die erforderlichen Maßnahmen für
rium der örtlichen und überörtlichen      dem Schutzgut Landschaft, dem Alpen-     die zukünftige Raumentwicklung im
Raumordnung eine nachhaltige Ent-         raumprojekt „DEMOCHANGE“, der            Sinne einer nachhaltigen Gestaltung
wicklung der Lebensräume unter-           Stärkung der regionalen Handlungs-       unseres Lebensraumes zu setzen.
stützen. Vordringlich sind dabei die      ebene sowie der „Graphenintegrations-
Baulandmobilisierung an geeigneten        plattform (GIP)“, wobei es sich dabei    Mit der Unterstützung der motivier-
Standorten und das Hintanhalten           um einen einheitlichen intermodalen      ten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
einer weiteren Zersiedelung sowie         Verkehrsgraphen für Österreich mit       der Abteilung 7 – Raumplanung wird
der Schutz der Freiräume und die          einer Vielzahl an innovativen Anwen-     es uns gemeinsam gelingen, die
Zurverfügungstellung entsprechend         dungen, wie z. B. eine gemeinsame        weitere Entwicklung im Land Salz-
optimierter Flächen für die wirtschaft-   Verkehrsauskunft für ganz Österreich,    burg verantwortungsbewusst und
liche Weiterentwicklung. Auch die         handelt. Die neue Salzburger Landes­     zukunftsfähig zu gestalten, damit
Stärkung der Regionalplanung sowie        regierung hat sich im Arbeitsüberein-    die Lebensqualität für alle Menschen
die Förderung alternativer Energie-       kommen dem Prinzip der Nachhaltig-       langfristig gesichert werden kann.

                                                Dr.in Astrid Rössler
                                          Landeshauptmann-Stellvertreterin

                                                                                                                       5
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

            Rohstoffabbau und Rohstoffsicherung –
              ein raumplanungsrelevantes Thema
                 mit hohem Konfliktpotenzial
                                               Peter Weissenböck

E
     inleitend darf angemerkt wer-       Bei den Baurohstoffen – es handelt     in Relation zu ihrem Gewicht bzw.
     den, dass die Rolle der Roh-        sich dabei laut Mineralrohstoff­       Volu­men einen geringen Preis, da-
     stoffversorgung in unserer Ge-      gesetz überwiegend um sogenannte       her ist der Transportradius mit rund
sellschaft nicht den Stellenwert         „grundeigene mineralische Roh­         30 Kilometern limitiert. Um eine
besitzt, der ihr auf Grund der wirt-     stoffe“ – kam es, bedingt auch durch   regionale Versorgung sicherstellen
schaftlichen Bedeutung zukommen          den Bauboom der letzten Jahrzehnte,    zu können, ist es daher notwendig,
sollte. Rohstoffversorgung, und hier     zu einem erhöhten Materialbedarf.      einerseits eine entsprechende An-
vor allem der Rohstoffabbau von          Diese „Massenrohstoffe“ haben          zahl an Abbauflächen zu betreiben,
mineralischen Rohstoffen, die auch
unter dem Begriff „Baurohstoffe“
bekannt sind, ist sehr oft konflikt-
beladen. Die unmittelbar betroffenen
Anrainer können mit nachteiligen
Auswirkungen eines Abbaus kon-
frontiert sein. Es ist aber zu wenig
im öffentlichen Bewusstsein veran-
kert, dass eine nachhaltig funktionie-
rende Volkswirtschaft eine entspre-
chende Versorgung mit Rohstoffen
braucht.

Jedes Produkt besteht oft aus einer
Vielzahl von Rohstoffen, dabei spie-
len auch die mineralischen Rohstoffe
eine bedeutende Rolle. In vielen all-
täglichen Dingen „verstecken“ sich
mineralische Rohstoffe. Neben den
klassischen „Baurohstoffen“ (Sand,
Kies, Schotter) bzw. „Bauprodukten“
(z. B. Beton, Ziegel, Pflastersteine,
Asphalt, Fliesen) sind mineralische
Rohstoffe auch in Medikamenten,
Kosmetika, Zahnpasten, Glas, Kera-
mik usw. enthalten.

In Österreich werden jährlich rund
100 Millionen Tonnen an minera-
lischen Rohstoffen benötigt, das
entspricht einem Bedarf von durch-
schnittlich 12 Tonnen pro Öster-
reicher und Österreicherin. So sind
beispielsweise für ein unterkellertes
Einfamilienhaus rund 450 Tonnen
mineralische Rohstoffe zu veran-
schlagen, eine 80 m² Wohnung
besteht aus ca. 100 Tonnen minera-
lischen Rohstoffen.                      Rohstoffabbau im Gasteiner Tal, Bild: Peter Weissenböck.

6
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

andererseits aber auch auf eine gute      auch hier anzuwenden. Großflächige        der Wiederverwertungsgedanke auch
Verteilung der einzelnen Standorte        Abbauareale sind zu vermeiden, die        am Beispiel des Metalls Kupfer. Jeder
zu achten.                                Renaturierung bereits abgebauter          Österreicher bzw. jede Österreicherin
                                          Flächen ist parallel zum Abbau durch-     besitzt statistisch betrachtet rund
Kernaufgabe der Raumplanung ist           zuführen.                                 250 kg Kupfer. Die derzeit bekann-
die Standortoptimierung unterschied­                                                ten Weltreserven würden – weltweit
licher Nutzungsabsichten unter Be-        Neben der Sicherung von Rohstoff­         betrachtet – im Durchschnitt rund
rücksichtigung der bereits bestehen­      lagerstätten sollte aber auch die der-    80 kg pro Person ergeben. Es liegt
den Nutzungen. In Salzburg be­schränkt    zeitige Ressourcennutzung überdacht       also auf der Hand, dass jenes Kupfer,
sich der für diese Zwecke nutzbare        werden. Es erscheint vordringlich, dass   das wir bereits besitzen, immer wieder
Raum vor allem in den Gebirgsregio­       der Rohstoffverbrauch pro Person          in einen Kreislauf der Wiederverwer-
nen auf oft relativ kleine Flächen, die   zukünftig deutlich minimiert wird.        tung zurückgeführt werden sollte.
unter dem Begriff „Dauersiedlungs-        Dazu können der effizientere Einsatz      Dies setzt aber das Wissen voraus, in
raum“ subsumiert werden können.           der Rohstoffe einerseits, aber auch       welchen Produkten dieser Rohstoff
Hier entstehen aber häufig Nutzungs­      neue Technologien einen Beitrag           vorhanden ist und auf welche Weise
konflikte, ausgelöst durch unterschied­   leisten. Zudem gewinnt auch das           dieser recycelt werden kann.
liche Nutzungsinteressen, die nicht       sogenannte „Urban Mining“ an
immer kompatibel sind. Neben dem          Bedeutung. Mit diesem Begriff wird        Zudem sollten zukünftig auch die
eingeschränkten Dauersiedlungsraum        eine Sichtweise umschrieben, in der       jeweiligen Arbeitsbedingungen in den
hat aber auch die Siedlungsstruktur,      jede größere Stadt in einem industria-    „Rohstoffabbauländern“ genauer
die in Salzburg sehr oft eine disperse    lisierten Land als riesige Rohstoffmine   geprüft werden. Faire Arbeitsbedin-
Ausprägung besitzt, Einfluss auf die      verstanden wird. Im Laufe der Zeit        gungen für die im Bergbau tätigen
grundsätzliche Verfügbarkeit der          haben die in den Städten lebenden         Personen sollten dabei der Gradmes-
Flächen für bestimmte Vorhaben. Aus       Menschen „Rohstofflager“ ange-            ser sein.
Sicht der Raumplanung erscheint es in     legt, die, wenn erschließbar, durch
diesem Zusammenhang sinnvoll, die         Recycling zurückgewonnen werden           Die Raumplanung im Land Salzburg
bereits bestehenden Abbaustandorte        können. In einigen Bereichen wird         wird sich in Zukunft verstärkt der
bestmöglich zu nutzen. Die vorhan-        dies schon länger angewendet. So          Thematik der Rohstoffsicherung
denen Rohstoffe sollten – soweit aus      werden Abbruchmaterialien (Bau-           widmen. Ziel ist die Gewährleistung
technischer und wirtschaftlicher Sicht    restmassen, Straßenbeläge etc.)           einer entsprechenden Flächenvorsor-
vertretbar und mit den ökologischen       sauber getrennt und teilweise einer       ge potenzieller Rohstofflagerstätten
Bedingungen vereinbar – zur Gänze         Wiederverwertung zugeführt. Auch          auf Basis der Datengrundlage des
abgebaut werden. Der Raumord-             bei Alteisen – jedem bekannt unter        Österreichischen Rohstoffplans so-
nungsgrundsatz „sparsamer Umgang          dem Begriff Schrotthändler – hat dies     wie in weiterer Folge ein möglichst
mit Grund und Boden“ ist jedenfalls       schon lange Tradition. Interessant ist    verträglicher Rohstoffabbau.

 Regionales Entwicklungskonzept „Wolfgangsee“
                                                   Gerlinde Born

D
       ie Salzburger Gemeinden            lang kein Regionalprogramm erstellt       Dazu hat die WTG in Abstimmung
       St. Gilgen und Strobl haben        wurde.                                    mit den drei Wolfgangseegemeinden,
       gemeinsam mit der oberöster-                                                 dem Land Salzburg (Abteilung 7)
reichischen Gemeinde St. Wolfgang         Umso erfreulicher ist es aus Sicht der    und dem Land Oberösterreich eine
sowie der Wolfgangsee Tourismus           Abteilung 7, dass nunmehr mit der         Ausschreibungsunterlage erstellt.
Gesellschaft (WTG) im Jahr 2012           Erstellung eines regionalen Entwick-      Insgesamt wurden vier Büros, die mit
eine intensive Diskussion über die        lungskonzeptes gemäß § 11 Absatz          der Thematik Tourismus und Raum-
Winter-Entwicklungspotenziale am          5 ROG 2009 zumindest Teile der            planung vertraut sind, zur Abgabe
Wolfgangsee gestartet. Die beiden         Region Osterhorngruppe ein länder-        eines Angebots eingeladen. Letztlich
Gemeinden St. Gilgen und Strobl           übergreifendes Konzept zum Thema          erfolgte – nach Anbotlegung durch
gehören dem Planungsverband 14            „Ganzjahres­destination Wolfgangsee“      zwei der vier Büros – am 4. Juli 2012
– Osterhorngruppe an, für den bis-        zur Bearbeitung beauftragt haben.         die Vergabe des Auftrages an das

                                                                                                                       7
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

Büro con.os tourismus consulting        der Steuerungsgruppe, die sich           ergeben. Dabei spielen die drei
gmbh. Die Abteilung 7 förderte die      aus Vertretern der Gemeinden, des        Berge „Postalm, Zwölferhorn sowie
Erarbeitung des Konzeptes gemäß         Landes sowie der WKO Oberöster-          Schafberg“ in der Region neben dem
den Förderrichtlinien für die Regio-    reich zusammensetzte, erfolgte der       Wolfgangsee eine wesentliche Rolle.
nalplanung mit 40%.                     eigentliche Start des Prozesses offi-
                                        ziell mit dem „Regionalen Kick-Off“      Im Fokus des vorliegenden Master-
Ziel des regionalen Entwicklungs-       in der Gemeinde St. Wolfgang im          plans stehen nicht nur touristische
konzeptes war es, künftige Winter-,     Rahmen einer vom Auftragnehmer           Entwicklungsansätze im engeren
aber auch Sommer-Angebotsfelder,        moderierten gut besuchten Veran-         Sinne, sondern vielmehr eine ganz-
vor allem im Bereich „Infrastruktur“,   staltung am 8. Oktober 2012.             heitliche Sichtweise auf notwendige
zu definieren und deren Machbarkeit                                              Rahmenbedingungen bzw. „Ka-
auch im Gefüge mit den Entwicklun-      In den folgenden Monaten – trotz         talysatoren“ für eine erfolgreiche
gen der Nachbarregionen Fuschlsee       parallel stattfindendem Wolfgang-        touristische Standortsicherung und
und Bad Ischl zu sehen. Im Sinne        see-Advent, der viele Akteure zeitlich   -weiterentwicklung.
einer regionalen Gesamtstrategie        ziemlich forderte – fanden insgesamt
Wolfgangsee sollte das Konzept          zwei ganztägige Strategie-Work-          Seitens der drei Gemeinden besteht
Vorschläge zu konkreten Plänen          shops sowie zwei ganztägige Zu-          in diesem Zusammenhang sowohl
und Aktivitäten entwickeln, welche      kunftswerkstätten statt.                 ein inhaltliches als auch – im Rah-
die Entwicklung der Destination                                                  men eines Gemeinderatsbeschlusses
Wolfgangsee richtungsweisend vo-        Als Ergebnis dieser Workshops            noch herzustellendes – formales
ranbringen sowie die Wettbewerbs-       hat sich sehr bald der Arbeitstitel      Bekenntnis, die Schaffung der im
fähigkeit gegenüber den Mitbewer-       „Touristischer Masterplan Ganzjah-       Detail definierten Rahmenbedin-
bern stärken.                           resdestination Wolfgangsee“ (2013        gungen in den nachfolgenden drei
                                        – 2016) zu den drei Hauptthemen          Bereichen Mobilität, Raumordnung
Nach einem organisatorischen Kick-      „Bergvergnügen“, „Seevergnügen“          und Suprastruktur sowie Naturschutz
Off im September 2012 im Rahmen         sowie „Romantik und Genuss“              bestmöglich zu unterstützen. Zur

Abb. 1: Auszug aus „Ganzjahrestouristischer Masterplan“, con.os

8
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

Abb. 2: Auszug aus „Ganzjahrestouristischer Masterplan“, con.os

konkreten Umsetzung der jeweiligen        Motto „Erfolg buchstabiert man            Aktivität im Regio­nalverband Oster-
Maßnahmen wurde für jede einzelne         T-U-N“ endete auch die öffentliche        horngruppe bleibt zu hoffen, dass
Projektidee ein Zeit- und auch ein        Abschlusspräsentation des Master-         dieses Regionale Entwicklungskonzept
grober Kostenplan entwickelt.             plans, die wie die Auftaktveranstaltung   für die übrigen Verbandsgemeinden
                                          im Michael-Pacher-Haus stattfand-         einen Ansporn darstellt, die Agenden
Der Start der Umsetzung soll noch         und mindestens genauso gut besucht        der Regionalplanung in der Osterhorn-
in diesem Jahr erfolgen. Unter dem        war. Im Sinne einer ersten regionalen     gruppe aktiv anzugehen.

                       ÖREK-Partnerschaft
               „Regionale Handlungsebene stärken“
                          Arbeitsbericht mit aktuellen Empfehlungen zur
                              „Regional Governance“ in Österreich
                                               Christoph Braumann

D
        ie „regionale Handlungsebene“     Strukturen sind aber auch über die        turen hinterfragt, was in verschiede-
        hat in Österreich seit Jahr-      Rolle in EU-Programmen hinaus zu          nen österreichischen Bundesländern
        zehnten einen eigenen Stel-       etablierten Umsetzungspartnern der        zu intensiven Diskussionen über
lenwert und die Kooperation von           Landes- und Bundespolitik gewor-          die Neuausrichtung von regionalen
Gebietskörperschaften im Bereich          den. Allerdings wird das Feld der         Strukturen und Entwicklungsprozes-
der Regionalentwicklung und Rau-          Regionalentwicklung in Österreich         sen geführt hat.
mentwicklung ist heute mehr denn          von einer Vielzahl von Akteuren mit
je ein vielfach gepredigtes politisches   zum Teil einander überschneidenden,       Vor diesem Hintergrund wurde im
Credo. Besonders durch die Förder-        zum Teil völlig unterschiedlichen         Österreichischen Raumentwick-
programme der Strukturfonds der           inhaltlichen und räumlichen Wir-          lungskonzept (ÖREK) 2011 ein
Europäischen Union hat die regio-         kungsfeldern charakterisiert. Unter       eigenes Kapitel unter dem Titel „Re-
nale Handlungsebene beträchtlich          dem Eindruck knapper Budgetmittel         gionale Handlungsebene stärken“
an Bedeutung gewonnen. Regionale          werden heute manche dieser Struk-         formuliert. Die Konkretisierung und

                                                                                                                      9
Raumplanung aktuell Die Zeitschrift für die Salzburger Raumentwicklung Heft 9 - eduACADEMY
Raumplanung aktuell

Umsetzung der darin getroffenen        lungsstrategien einbezogen werden.        die regionale Abgrenzung erleich-
                                                                                „„
Vorgaben und Empfehlungen er-          Durch die Nutzung regionaler Res-         tert ein konkretes Verständnis von
folgt nun im Rahmen einer eigenen      sourcen zur Entwicklung innovativer       Problemen und Entwicklungspo-
„ÖREK-Partnerschaft“. In der – auf     Projekte, durch eine strategische         tentialen
Initiative des Landes Steiermark       Bündelung und Abstimmung der Ak-          unterschiedliche Politikfelder kön-
                                                                                „„
– dafür gebildeten Arbeitsgruppe       tivitäten der regionalen Akteure und      nen in ihren Wechselwirkungen
sind VertreterInnen von Bund und       durch die Vernetzung mit anderen          integrierend erfasst werden
Ländern sowie des österreichischen     Ebenen kann die Entwicklung der           die vergleichsweise überschauba-
                                                                                „„
Städtebundes tätig (der Verfasser      einzelnen Regionen unterstützt und        re Zahl an Akteuren ermöglicht
konnte als Vertreter des Landes        der konkrete Nutzen von regional-         ihre aktivierende Einbindung in
Salzburg in der Arbeitsgruppe mit-     politischen Maßnahmen verbessert          Entwicklungs- und Entscheidungs-
wirken). Betreut wird diese ÖREK-      werden.                                   prozesse
Partnerschaft von Seiten der ÖROK-
Geschäftsstelle.                       Zur Dokumentation (im Anhang des         Allerdings werden im Arbeitspapier
                                       Arbeitspapiers) wird die „regionale      aufgrund der Analyse auch mehrere
Zielsetzung der ÖREK-Partnerschaft     Akteurslandschaft“ aus sieben öster­     zentrale Herausforderungen für die
ist zum einen die Analyse und Auf-     reichischen Bundesländern in ein-        regionale Handlungsebene in Öster-
arbeitung des gesamten Gefüges         heitlicher Strukturierung dargestellt.   reich identifiziert. Dies ist zum einen
der Regionalentwicklung in Öster-      Erstmals werden in dieser Form die       das Problem der Fragmentierung
reich, zum anderen bildet die sich     Strukturen der „Regional Gover-          durch die Vielzahl und Vielfalt von
abzeichnende Neuausrichtung der        nance“ in den österreichischen Bun-      Akteuren auf lokaler, regionaler, Lan-
europäischen Strukturfonds in der      desländern miteinander vergleichbar      des- und Bundesebene. Diese stehen
Periode 2014 – 2020 einen konkre-      gemacht. Wichtige Elemente dieser        zum Teil im Wettbewerb um die
ten Hintergrund für Überlegungen       Strukturen sind in allen Bundes-         Aufmerksamkeit der Politik und um
zur Verbesserung und Stärkung der      ländern „Regionalmanagements“,           eine nachhaltige Finanzierung. Die
regionalen Handlungsebene. In der      wenn auch in räumlich und organi-        Fragmentierung unterstreicht den
ersten Projektphase wurde unter die-   satorisch sehr unterschiedlicher Aus-    Bedarf an einer „Regional Gover-
sen Zielsetzungen – mit inhaltlicher   prägung. Ein weiteres wesentliches       nance“, die dem Zusammenspiel
Begleitung durch die ÖAR Regional-     Strukturelement stellen die (insge-      aller Akteure gilt. Die in den letzten
beratung GmbH – vorerst ein Über-      samt 86) „LEADER-Regionen“ dar;          Jahrzehnten gegründeten zahlrei-
blick über das Gesamtgefüge der        in einer Reihe von Bundesländern         chen Organisationen der regionalen
„Akteurslandschaft“ auf regionaler     bestehen zudem „Kleinregionen“           Handlungsebene befinden sich zu-
Ebene in Österreich erarbeitet. Eine   als Instrument der interkommunalen       dem in unterschiedlichen Phasen der
wesentliche Grundlage dafür bildete    Kooperation. Ein spezielles Salzbur-     Organisationsentwicklung. Eine er-
die systematische Erhebung und         ger Element – wie dieser Bundeslän-      reichte „Professionalität“ im Hinblick
Gegenüberstellung der regionalen       dervergleich aufzeigt – sind dabei       auf Strukturen und Zielorientierung
Strukturen der einzelnen Bundeslän-    die Regionalverbände nach dem            kann beispielsweise auf Kosten der
der. Davon ausgehend wurden Eck-       Salzburger Raumordnungsgesetz.           Innovationskraft gehen. Daher ist
pfeiler einer zukünftigen Gestaltung   Diese nehmen neben den Agenden           auch die Entwicklung der Organisa-
der regionalen Handlungsebene ent-     der überörtlichen Raumplanung auch       tionskultur als eine (laufende) Her-
wickelt und konkrete Empfehlungen      eine Reihe von weiteren Aufgaben         ausforderung anzusehen. Außerdem
für die Weiterentwicklung des Sys-     wahr, sei es als „Regionalmanage-        besteht im Zug der Entwicklung von
tems der „Regional Governance“ auf     ment“ zur Umsetzung der euro-            „Regional Governance“-Strukturen
Bundes-, Landes- und Regionsebene      päischen Strukturfonds, als lokale       ein potentieller Zielkonflikt zwischen
ausgearbeitet. Die Ergebnisse dieser   LEADER-Arbeitsgruppe (LAG) im            dem „bottom up“-Prinzip (Stärkung
ersten Projektphase wurden vor kur-    Rahmen des Programms zur Entwick-        der eigenen Innovations- und Ko-
zem in einem ÖROK-Arbeitspapier        lung des ländlichen Raums (ELER)         operationspotentiale, Förderung der
veröffentlicht, dessen wichtigste      oder als ÖPNV-Verband.                   Dynamik) und dem „top down“-
Aussagen hier kurz zusammenge-                                                  Prinzip (Vorgaben für den effizienten
fasst werden sollen:                   Aufbauend auf der Analyse dieser         Einsatz von Steuergeldern, klare
                                       Bundesländerübersicht werden im          Verantwortlichkeiten). Das Finden
Einleitend wird in dem von der ÖREK-   Arbeitspapier Stärken der regionalen     einer Balance zwischen diesen bei-
Partnerschaft verfassten Arbeits­      Handlungsebene formuliert:               den Handlungspolen bildet damit
papier der Mehrwert regionaler         „„Die regionale Handlungsebene           eine weitere Herausforderung für
Strukturen beleuchtet. Dieser ent-       erlaubt die Entwicklung von fle-       regionale Strukturen.
steht vor allem durch die Art und        xiblen Strukturen und Prozessen
Weise, wie Menschen in die Planung       entsprechend der jeweiligen Pro-       Im abschließenden Kapitel des Ar-
und Umsetzung regionaler Entwick-        blemstellung                           beitspapieres werden die Erkennt-

10
Raumplanung aktuell

nisse aus der ersten Arbeitsphase       sionalisiert werden. Empfohlen wird       der regionalen Handlungsebene
der ÖREK-Partnerschaft in Form von      unter anderem auch die Entwicklung        sicherzustellen. Zugleich sollte je-
Empfehlungen zusammengefasst.           einheitlicher Beurteilungskriterien für   doch bei der Steuerung regionaler
Sie beziehen sich auf zwei Ebenen,      die Qualität der Gebietsstrategien        Entwicklung ein klarer Fokus auf die
und zwar:                               und der lokalen Aktionsgruppen            Wirkungsorientierung und auf stra-
„„ auf die konkrete Ausgestaltung       sowie für die räumliche Abgrenzung        tegisches Handeln gelegt werden.
   der Strukturfondsförderungen         von CLLD-Regionen. Schließlich
   (STRAT.at 2020), insbesondere im     sollte eine programmübergreifende         Nicht zuletzt wird im Arbeitspapier
   Hinblick auf das Instrument des      Steuerungsgruppe in der ÖROK das          auch ein verstärkter österreichweiter
   „community led local develop-        Zusammenspiel der Fonds bzw. Pro-         Austausch zwischen den Akteuren
   ment“ (CLLD)                         gramme optimieren helfen.                 der regionalen Handlungsebene
„„ auf die generelle Weiterentwick-                                               angeregt. Ein zentraler Baustein für
   lung der „Regional Governance“-      Für die generelle Weiterentwicklung       gute „Regional Governance“ ist aber
   Systeme auf Bundes-, Landes- und     der „Regional Governance“ in Ös-          ebenso die strukturierte und kon-
   Regionsebene                         terreich wird ebenso eine verstärkte      tinuierliche Abstimmung innerhalb
                                        Professionalisierung der Strukturen       der Landesebene. Daher wird die
„Community led local development“       empfohlen, wobei der Kompetenz-           Etablierung geeigneter Formate zur
(CLLD) wird als ein wichtiges neues     aufbau hohe Priorität haben sollte.       regelmäßigen Abstimmung und Ko-
Instrument einer raumbezogenen          Qualitätsanforderungen sollten auf        ordination zwischen den beteiligten
integrierten regionalen Entwick-        Basis des vorliegenden Arbeitspapiers     Landesstellen empfohlen.
lungspolitik hervorgehoben. Über        konkret definiert und mit den Akteu-
CLLD (bzw. LEADER) wird eine            ren der regionalen Handlungsebene         Das vorliegende Arbeitspapier der
eigene regionale Handlungsebene         formell vereinbart werden. Allerdings     ÖREK-Partnerschaft „Regionale
mit charakteristischen Strukturen       wird auch darauf hingewiesen, dass        Handlungsebene stärken“ soll allen
und Qualitäten geschaffen. Aus          rein EU-finanzierte Strukturen und        im Bereich der Regionalentwicklung
Sicht der ÖREK-Partnerschaft sollte     Förderprogramme nicht dem An-             tätigen Akteuren und Institutionen,
CLLD so eingesetzt werden, dass         spruch nachhaltiger Organisations-        darüber hinaus aber auch allen sons-
Wirkungsorientierung und Koopera-       strukturen gerecht werden. Es wird        tigen Interessierten als Anregung zur
tionsqualität gesteigert und zugleich   daher den Ländern und Gemeinden           zukünftigen Gestaltung der Zusam-
die Organisationsstrukturen der         empfohlen, unabhängig von EU-             menarbeit auf regionaler Ebene in
regionalen Handlungsebene profes-       Programmen eine Basisfinanzierung         Österreich dienen.

                     Digitale Flächenwidmungspläne
                             im Land Salzburg
                                           Michaela Rinnerberger

B
      ereits 1994 erstellte das Salz-   Darstellungsverordnung für Flächen-       „ROGServe“ des Landes Salzburg zu
      burger Institut für Raumpla-      widmungspläne und Bebauungspläne          erfolgen. Dabei ist der Flächenwid-
      nung (SIR) in Zusammenarbeit      (DarstVO) vom 12. Jänner 2011             mungsplan einschließlich Deckblatt,
mit dem Land Salzburg den Entwurf       (LGBl. Nr 10/2011) wurde eine Neu-        Übersichtsblatt und Legende blatt-
einer Datenschnittstelle für Flächen-   fassung der Schnittstelle erforderlich.   weise (ohne die Randleiste gemäß
widmungspläne auf Basis des ROG                                                   der Anlage 1) zu übermitteln:
1992. Auf Grundlage der Darstel-        Der § 5 Abs 2 dieser Verordnung           1. als „JPG“-Datensatz mit einer Auf-
lungsverordnung vom 28. Juni 1998       behandelt die Ausfertigung und               lösung von 300 dpi mit den Koordi-
wurde im Jahr 2001 erstmals eine        digitale Einbringung der Flächenwid-         natenangaben im Landeskoordina-
Publikation mit einer vom Land          mungspläne:                                  tensystem oder Bundesmeldenetz
Salzburg definierten verbindlichen                                                   als „World-File“ und
Datenschnittstelle herausgegeben.       „Die Einbringung der digitalen Flä-       2. als Datensatz gemäß einer von
Durch das Raumordnungsgesetz            chenwidmungspläne hat unter Ver-             der Landesregierung zu definie-
2009 und die darauf beruhende neue      wendung der Internetapplikation              renden Datenschnittstelle.“

                                                                                                                  11
Raumplanung aktuell

Abb. 1: Ausschnitt FWP (jpg) Gemeinde Anif

           Der                       system (SAGIS). Neben der Über-        der Widmungskategorien, sondern
  Flächenwidmungsplan                mittlung der analogen Pläne werden     es sind auch Kenntlichmachungen
    als JPG-Datensatz                von den Gemeinden die Blätter auch     etc. ersichtlich. Dies stellt einen
                                     im jpg-Format an das Land gesendet.    weiteren Schritt in Richtung GISon-
Informationen zur Flächenwidmung     So ist eine Visualisierung im GISon-   line als Bürgerservice dar, da in den
eines Grundstückes gehören zu den    line möglich. Im Unterschied zur       meisten Fällen eine Einsichtnahme
nachgefragtesten Daten im Salzbur-   bisherigen Darstellung, handelt es     in den analogen Flächenwidmungs-
ger Geographischen Informations-     sich nicht nur um die Abgrenzung       plan entfallen kann. Es sei in diesem

Abb. 2: Nutzeroberfläche www.geochecker.at

12
Raumplanung aktuell

Zusammenhang allerdings darauf          als Grundlage zur Vereinheitlichung   für den Benutzer einsehbar. Sind
hingewiesen, dass der analoge           für Ortsplaner, Software-Anbieter,    die Daten mangelhaft, wird dem
Plan immer noch der rechtsgültige       kommunale Informationssysteme         Anwender mittels Prüfprotokoll und
Datenbestand ist. Mit Stand Juni        und SAGIS dient. Für das Land ist     Fehlerzeichnung eine Unterstützung
2013 liegen von rund der Hälfte der     es ein großer Aufwand, die Einhal-    zur Fehlersuche und anschließender
Salzburger Gemeinden die Pläne im       tung dieser strukturellen Vorgaben    Behebung geliefert. Verläuft die
jpg-Format vor.                         zu prüfen. Oft erscheinen Daten       ­P rüfung erfolgreich, können die
                                        auf den ersten Blick als „korrekt“,    ­Daten mit dem automatisch gene-
                                        bei der Weiterverarbeitung bzw.         rierten Prüfprotokoll via ROGserve
           Der                          Einbindung in die Geodatenbank          an das Land Salzburg übermittelt
  Flächenwidmungsplan                   können Mängel in Lage, Geometrie        werden.
       als digitaler                    und Attributinformationen zutage
     Vektordatensatz                    treten. Aus diesem Grund hat sich     Die Verwendung des sogenannten
                                        das SAGIS entschlossen eine auto­     „Geocheckers“ (weitere Informa-
In vielen Fällen reicht eine reine      matische Prüfroutine bei der Fa.      tionen unter www.geochecker.at)
Visualisierung von Informationen        axmann geoinformation gmbh für        befindet sich aktuell noch im Test-
mittels Rasterdatensatz nicht aus.      diese Geodaten zu beauftragen.        stadium. Es zeichnen sich allerdings
Für Analysen etc. sind Vektordaten      Die digitalen Pläne werden vom        bereits die vielen Pluspunkte ab, vor
notwendig. Im Wege der bereits          jeweiligen Planungsbüro über einen    allem bleiben zeitintensive, manuelle
erwähnten Schnittstelle wurde eine      Web-Browser hochgeladen. Dann         Kontrollen erspart und die Weiterver-
Datenstruktur für die digitalen Flä-    kann sofort die Prüfung gestartet     arbeitung der Daten innerhalb des
chenwidmungspläne definiert, die        werden, und die Ergebnisse sind       SAGIS ist sofort möglich.

             Schutzgut „Landschaft“ –
  wie unterscheidet man die „Wahre Landschaft“
           von der „Ware Landschaft“?
                                               Franz Dollinger

„Wahre Landschaft“ und
  „Ware Landschaft“

„L
         andschaft“ ist im allgemei-
         nen Sprachgebrauch ein
         Teil der Erdoberfläche, der
visuell erfassbar und abgrenzbar ist
und als „schöne Landschaft“ oder
„verschandelte Landschaft“ mit viel-
fältigen Emotio­nen verbunden sein
kann. Als wissenschaftlicher Begriff
gilt das Wort „Landschaft“ wegen
seiner unpräzisen Semantik als um-
stritten, obwohl es wissenschaftliche
und technische Disziplinen gibt, die
diesen Begriff sogar im Namen füh-
ren, wie z. B. die Naturwissenschaft
„Landschafts­ökologie“ oder auch
die technische Wissenschaft „Land-
schaftsplanung.“
                                        Abb. 1: Landschaftsbild Seewaldsee, Gemeinde Sankt Koloman, Tennengau.
Bei der „Landschaft“ handelt es sich    – Eine naturnahe Kulturlandschaft mit vielfältigem Bestand an natürlichen
eigentlich um ein Konstrukt in den      und künstlichen Landschaftselementen, Foto: F. Dollinger Oktober 2012.

                                                                                                              13
Raumplanung aktuell

                                                                             Landschaft“ ist. Die breite Öffent-
                                                                             lichkeit versteht seitdem unter Land-
                                                                             schaft meist eine schöne, naturnahe,
                                                                             meist klein strukturierte ländliche
                                                                             Kulturlandschaft mit einem reichen
                                                                             Bestand an natürlichen Landschafts­
                                                                             elementen (vgl. Abb. 3). Aus dieser
                                                                             „konservativen Landschaftsidee“
                                                                             entwickelte sich die Landschafts­
                                                                             ästhetik, welche schließlich die Wur-
                                                                             zel für die Entstehung des Natur- und
                                                                             Heimatschutzes im 19. Jahrhundert
                                                                             bildete. Dieser verstand seine Haupt-
                                                                             aufgabe im Schutz der „schönen
                                                                             Landschaften“ vor der Zerstörung
                                                                             durch die Industrialisierung. Werner
                                                                             Bätzing (2000, S. 197) erklärt dies
                                                                             am Beispiel der Alpen durch die Aus-
                                                                             differenzierung der Gesellschaft in
                                                                             der beginnenden Industrialisierung:
                                                                             Wenn schon der Alltag nur mehr
                                                                             fragmentiert erlebt werden kann,
                                                                             dann soll die Welt „zumindest am
                                                                             Sonntag, in der Freizeit, in Form der
                                                                             ,schönen Landschaft‘ noch einmal
                                                                             ganzheitlich erlebbar werden“, der
                                                                             ästhetische Genuss als Gegenteil von
                                                                             Arbeit. Er sieht darin die Ursache,
                                                                             dass die Einheimischen die Alpenbe-
                                                                             geisterung des urbanen Bürgertums
                                                                             nicht verstehen können, da sie „ihre“
                                                                             Alpen aus der Sicht der Arbeit, der
                                                                             Bearbeitung der Natur zum Zwecke
Abb. 2: Ferdinand Georg Waldmüller: Dachstein mit Gosausee, 1834, Samm-      der Produktion von Lebensmitteln
lung Leopold Wien.                                                           sehen. Daher sind für sie nur solche

Köpfen der Menschen, das meist
auf dem Idealbild einer durch die
traditionelle Land- und Forstwirt-
schaft geprägten und vielfältigen
harmonischen Umgebung beruht
(vgl. Abb. 1), in welchem technische
Landschaftselemente als Störfaktor
identifiziert werden. Dieses Kon­
strukt – von Ludwig Trepl (2012) als
„Idee der Landschaft“ bezeichnet –
kann auf die Außenwelt gestaltend
oder entstellend zurückwirken (vgl.
Burckhardt 2007, S. 19).

Mit dem Aufkommen der roman-
tischen Landschaftsmalerei im 19.
Jahrhundert (vgl. Abb. 2) wurde die
Landschaft ein zentraler Begriff in der
Kunst und diese Gemälde beeinfluss-
ten damit auch die Vorstellungen in       Abb. 3: Josef Stoitzner (1884–1951): Herbstlandschaft mit brennenden
der Gesellschaft was eine „schöne         ­Lärchen, Sammlung Leopold Wien.

14
Raumplanung aktuell

Abb. 4: Landschaft als Plattform in der Produktwerbung.

Stellen „schön“, die ertragreich und    rer Bedeutung als die Natur- und        tion erfolgreich eingesetzt. Auch in
gut zu bearbeiten sind (ebd.). Die      Heimatschutzbewegung, welche            der Produktwerbung lässt sich ein
daraus resultierende unterschiedliche   „Landschaft“ pauschal als „Natur“       Landschaftsbild zur Betonung von
Sicht zwischen den Einheimischen        verklärt, nämlich als harmonisches      Natürlichkeit gezielt einsetzen (vgl.
und den Erholungssuchenden wirkte       Gesamtwerk von Natur und Mensch.        Abb. 4). „Natur pur“ ist der Leit-
sich daher auch auf die wissenschaft-   Beide sind jedoch nach Ludwig Trepl     begriff der Nahrungsmittelindustrie
liche Untersuchung alpiner Land-        (2012, S. 140) konservative Land-       geworden, der uns Natürlichkeit
schaften aus. Der neu entstandene       schaftsideen der Gegenaufklärung        und Regionalität von Produkten
Natur- und Heimatschutz musste          in der zweiten Hälfte des 19. Jahr-     vermitteln soll.
auf dessen Grundlage aufbauen und       hunderts. Das Ideal des klassischen
wurde oft auch gegen die Interessen     Konservatismus war nämlich eine
der Einheimischen durchgesetzt. Die     Gesellschaft, die eine organisch-har-          Urlandschaft,
bis heute bestehenden Nachwirkun-       monische Gemeinschaft ist und die             Naturlandschaft,
gen sind das Misstrauen der alpinen     dem religiösen Weltbild der Kirche            Kulturlandschaft
Bevölkerung gegenüber von außen         entspricht (ebd., S. 213f).
kommenden „Landschaftsschutz­                                                   In der Landschaftsforschung aber
bewegungen“ von Bildungsbürgern         Die „wahre Landschaft“ ist also         auch in der interdisziplinären Land-
aus Ballungsräumen.                     immer von der subjektiven Wahrneh-      schaftsökologie werden im Zusam-
                                        mung abhängig und kann als Kons-        menhang mit dem Landschafts-
Überdies muss festgestellt werden,      trukt auch zur Nebensache anderer       begriff gerne die Bezeichnungen
dass dies nicht nur mit dem Be-         Tätigkeiten – wie z. B. die Ausübung    Urlandschaft, Naturlandschaft oder
deutungswandel von „Landschaft“         von Aktivsportarten – umgedeutet        Kulturlandschaft verwendet. Dabei
als Ideal einer schönen Landschaft      werden. Dann wird Landschaft zur        verstehen wir in Anlehnung an
(vgl. Abb. 3), sondern auch mit         austauschbaren Ware, die in einem       Hans Spreitzer (1951, S. 256) unter
dem Entstehen der Landschaftsgeo-       Reisekatalog oder auf einer Internet-   einer Urlandschaft die nicht mehr
graphie Ende des 19. Jahrhunderts       seite als Kulisse zur Sportausübung     existierende Landschaft vor verän-
zusammenhängt. Letztere verwen-         angeboten wird. Aber nicht nur im       dernden Eingriffen des Menschen,
det „Landschaft“ in völlig ande-        Tourismus wird diese Plattformfunk-     unter Naturlandschaft eine solche,

                                                                                                                15
Raumplanung aktuell

Abb. 5: „Naturlandschaft“ Hintermoos im Hollersbachtal. – Eine vorwiegend durch natürliche Elemente und Prozesse
geprägte Landschaft. Das Niedermoor eines verlandeten spätglazialen Zungenbeckensees beherrscht den Talboden
im Vordergrund. Eine durch fossile und aktuelle nivale und gravitative Prozesse geprägte Trogschulter und ein Trog-
schluss prägen den Bildhintergrund. Die Stirn eines relikten Blockgletschers ist in der oberen Bildmitte zu erkennen,
Foto: F. Dollinger August 2000.

die ohne wesentliche menschliche
Umgestaltung hauptsächlich durch
natürliche Faktoren bestimmt wird
und unter Kulturlandschaft eine vom
Menschen gestaltete Landschaft.

Beim Forschungsschwerpunkt Kul-
turlandschaftsforschung (1995) des
österreichischen Bundesministeriums
für Wissenschaft, Forschung und
Kunst wurde für den Kulturland-
schaftsbegriff folgende Definition
verwendet:

  „Kulturlandschaft ist ein vom
  Menschen als Einheit wahr-
  genommenes räumliches Wir-
  kungsgefüge von natürlichen
  Gegebenheiten und mensch­
  lichen Einwirkungen. Kulturland-
  schaften entwickeln sich und
  verändern sich über die Zeit als
  Ergebnis des Zusammenwirkens          Abbildung 6: „Kulturlandschaft“ Zeller Furche. – Eine Gebirgslandschaft
  sozioökonomischer, kultureller        mit der Stadtgemeinde Zell am See mit ihren drei Stadteilen Zell am See,
  und naturräumlicher Faktoren.“        Schüttdorf und Thumersbach sowie der skitouristisch und forstwirtschaftlich
                                        genutzten Schmittenhöhe, Foto: F. Dollinger September 2004.

16
Raumplanung aktuell

Wir können weiter davon ausgehen,          Natur- und Kulturlandschaft im Wi-        Wir definieren daher abschließend
dass fast alle europäischen Land-          derspruch zu einer allgemeinen De-        in Anlehnung an Küster den Begriff
schaften über Jahrhunderte mehr            finition von Landschaft: „Denn jede       „Landschaft“ vorläufig wie folgt:
oder minder überformt worden               Landschaft ist von Natur geprägt,
sind und daher eigentlich Kultur-          jede auch von kultureller Interpre-
landschaften sind. Winfried Schenk         tation, Ideen oder Metaphern. Es            Landschaften sind individuelle
(2002, S. 10) stellt daher fest, dass es   gibt lediglich Landschaften, in denen       Erscheinungen des Landschafts­
gegen die Verwendung der Begriffe          die menschliche Gestaltung weniger          ökosystems, die durch ein cha-
„Kulturlandschaft“ und „Natur-             oder stärker ausgeprägt ist oder für        rakteristisches Zusammenwirken
landschaft“ berechtigte Einwände           den Betrachter mehr oder weniger            natürlicher Faktoren und die
gibt. So seien mittlerweile selbst in      deutlich wird (ebd.).“ Nach Küster          damit in Wechselbeziehung
vom Menschen nicht besiedelten             (ebd., Pos. 469) ist es stets eine          stehende kulturelle Gestaltung
Gebieten dessen Einflüsse spürbar,         kulturelle Leistung, eine Landschaft        geprägt sind. Die materiellen
mithin gebe es kaum noch „Natur-           zu erkennen, weshalb es aus wissen-         Eigenschaften machen den Ein-
landschaft“. Die Postulierung von          schaftlicher Sicht nur Landschaften         druck einer Landschaft aus, der
Naturlandschaft komme damit einem          gibt und eine Differenzierung in            von ihrem Betrachter auf einem
hypothetischen Landschaftszustand          Natur- und Kulturlandschaften nicht         Bild, einer Landkarte, einer Er-
gleich.                                    möglich ist. Allerdings sind nach Küs-      zählung oder in einer wissen-
                                           ter (ebd.) diese Begriffe schon selbst      schaftlichen Erörterung gedeutet
                                           zu Metaphern geworden, indem man            werden kann (nach Küster 2012,
Landschaft – geprägt von                   Naturlandschaften mit Wildnissen            Pos. 4227).
Natur, Kultur, Ideen und                   gleichsetzt und Kulturlandschaften
       Metaphern                           für etwas hält, das durch traditionelle
                                           Landnutzung geformt wurde (als            Die „Idee der Landschaft“ entzieht
Hansjörg Küster (2012, Pos. 461)           sogenannte „historische Kulturland-       sich jedoch nach Trepl (2012, S. 22)
sieht alle Definitionsversuche von         schaft“).                                 einer naturwissenschaftlichen Defini-

Abb. 7: Weltkulturerbe Altstadt Salzburg. – Dieses Bild verschränkt das kulturelle Welterbe der Salzburger Altstadt
mit Festung Hohensalzburg, Dom, Stift Nonnberg, St. Peter und Franziskanerkirche mit Naturelementen im Vorder-
grund und wird durch die geometrisch wirkende Form des Müllner Steges geteilt, Foto: F. Dollinger Mai 2012.

                                                                                                                     17
Raumplanung aktuell

Abb. 8: Romantisierung mit Hilfe historischer Kulturlandschaftselemente. – Foto: Chris Wittwer im Rahmen des
Kunstwettbewerbs „Wahre Landschaft“ 2003/2004.

tionsmöglichkeit, da jede Landschaft         Das Ende der                    die auf „Ingroup-Phänomene“ beru-
eine Stimmung hat und Stimmung             Wahrnehmung von                   hende soziale Verortung des postmo-
kein naturwissenschaftlicher Begriff          Landschaft                     dernen Menschen als Interpretation
ist. Die Konsequenz daraus wäre,                                             und Wahrnehmung der natürlichen
dass es eine allgemeingültige und      Matthias Stremlow (1998, S. 264f)     Umwelt unter Bezug auf die Welt-
allgemein anerkannte Definition des    schildert in seinem Buch „Die Alpen   entwürfe der jeweiligen Lebensstile
Landschaftsbegriffes gar nicht geben   aus der Untersicht“ die „Plattform-   hin dargestellt.
kann und daher auch die naturwis-      funktion“ von Natur und Landschaft.
senschaftliche Vorgangsweise hier      In diesem Buch wird am Beispiel des   Der radikale Wechsel zur fragmentier-
nicht angebracht ist.                  Wandels von Alpenbildern seit 1700    ten Landschaftswahrnehmung hat auf

Abb. 9: Die Fragmentierung der Landschaft und das Ende der Wahrnehmung. – Quelle: Internethomepage der Salz-
burger Land Tourismus, Ges.m.b.H.

18
Raumplanung aktuell

Abb. 10: Eine Outdoor-Halle für den Oberpinzgau? – Etwa an diesem Standort lancierte im Jahr 2008 der niederlän-
dische Freizeitcenterbetreiber „Toverland“ (www.toverland.de) die Projektidee eines überregionalen Freizeitparks
mit multi-funktionaler Freizeithalle und angeschlossenem Hüttendorf (mit Hütten auf Stelzen wegen der dort herr-
schenden Lawinengefahr) im Außenbereich der Gemeinde Wald im Pinzgau. Dieses Vorhaben wurde mittlerweile
zurückgezogen (vgl. AMT DER SALZBURGER LANDESREGIERUNG 2011, S. 228). – Quelle: Land Salzburg, Abteilung
Raumplanung und Foto: F. Dollinger, August 2001.

                                                                                                           19
Raumplanung aktuell

die Tourismuswirtschaft schwerwie-          Landschaft überhaupt. Ein Extrem-          aggressive Wutausbrüche hervorzu-
gende Auswirkungen: Die Austausch-          beispiel dafür war der gescheiterte        rufen? Warum ist es möglich, in der
barkeit der Standorte führt dazu,           Versuch des Freizeitparkbetreibers         Tourismuswerbung die Landschaft
dass sich die Destinationen an die          Toverland, im Oberpinzgau einen            zur Bühne zu reduzieren, auf der ein
potentiellen jungen Gäste anzubiedern       überdachten Freizeitpark für Outdoor-      Erlebnistheaterstück aufgeführt wird,
beginnen und sich für eine bestimmte        Aktivitäten zu errichten (vgl. Abb. 10).   bei dem Gäste und Einheimische
Gruppe entscheiden müssen.                                                             unterschiedliche Rollen einnehmen?
                                                                                       Um dies zu entschlüsseln müssen wir
Jedoch führt es auch dazu, dass zwi-               Harmonie und                        uns im nächsten Schritt mit dem har-
schen der fragmentarischen Wahr-                 Disharmonie in der                    monischen Landschaftsbild befassen.
nehmung von Landschaft und dem                       Landschaft
Idealbild der schönen Landschaft in                                                    Der Begriff der „harmonischen Land-
der Landschaftsmalerei eine gewal-          Nachdem nun deutlich geworden              schaft“ geht auf den Geographen
tige Lücke klafft, die schließlich in ei-   ist, dass in der späten Postmoderne        Robert Gradmann (1865–1950)
ner Romantisierung einer – oft nicht        die Landschaft zur Kulisse in der          zurück, der das „innere, seelische
mehr vorhandenen – Ideallandschaft          Werbung verkommen ist, müssen              Bild einer natürlichen Landschaft“
mündet.                                     wir in der Folge versuchen, zu klä-        als „harmonisches Landschaftsbild“
                                            ren, wieso sich eine breite Masse          bezeichnete. Mit diesem inneren
Die fragmentierte Landschaftswahr-          der Bevölkerung durch harmonische          seelischen Bild bringt Gradmann das
nehmung führt in der Folge nicht nur        Landschaftsbilder beeinflussen lässt.      „untrennbare Ganze“ in den Zusam-
zu einer beliebigen Austauschbarkeit        Warum ist die „geheimnisvolle Sub-         menhang, das die vielen Erscheinun-
der Standorte, sondern mit dem Nicht-       stanz Landschaftsbild“ in der Lage –       gen einer wirklichen Landschaft zu
Mehr-Erkennen der Multifunktionalität       abhängig von der Perspektive – einen       vereinen sucht (Gradmann 1924,
zum Ende der Wahrnehmung der                Betrachter entweder einzulullen oder       S. 133). Im Gegensatz zu Robert

Abb. 11: Heizkraftwerk, Brückenbauwerk und Felsrippe „Nockstein“. – Während der Neubau der Bahnbrücke über
die Salzach weitgehend friktionsfrei vor sich ging, verursachte die Verleihung des Architekturpreises des Landes an die
Architekten des Heizkraftwerks heftige Proteste in Form von Leserbriefen. Im Hintergrund zeigt sich die „Felsrippe“
des Nocksteins, der im Zusammenhang mit der 380 KV-Leitung medial präsent wurde, Foto: F. Dollinger, Mai 2012.

20
Raumplanung aktuell

Abb. 12: Zerschneidung des Landschaftsbildes durch die Autobahn im Zederhaustal. – Foto: Karl MÄTZLER, Som-
mer 2011, im Rahmen des Fotowettbewerbs beim Alpenraumprojekt Demochange, siehe dazu den Beitrag von
F. DOLLINGER et al. in diesem Heft.

Gradmann sieht sein Zeitgenosse          Menschen nirgends flächenhaft die      neuen Möglichkeiten der Erdbeob-
Siegfried Passarge (1867–1958) die       Landschaft umzugestalten vermoch-      achtung (insbesondere Fernerkun-
Erforschung des „harmonischen            te, dass das Pflanzenkleid überwie-    dung) zu einer Wiederbefassung mit
Landschaftsbildes“ als methodischen      gend das ursprüngliche ist und die     der Kulturlandschaft als zentrales
Rückschritt. Er ist der Auffassung,      menschlichen Siedlungen sich darin     Forschungsobjekt geführt.
dass Erkenntnisfortschritte nur durch    fast verbergen (ebd., S. 84). Damit
die Feststellung des Disharmonischen     vergleicht er eine „alte Kulturland-   Eine mögliche Erklärung für die
möglich sind: dann erst erkennt man      schaft“ im Mittelmeergebiet, in der    Wahrnehmung künstlicher Elemente
die „gesunde Physiologie der Land-       fremde Elemente im Pflanzenkleid       in einer „harmonischen Landschaft“
schaft“ (ebd., S. 251).1                 „eine zweite Heimat fanden“ (ebd.)     als „unerfreuliches Bild“ ist die Tat-
                                         und die er in der Folge zu den har-    sache, dass in der Natur mit wenigen
Ähnlich wie Passarge sieht es Norbert    monischen Landschaften zählt (ebd.,    Ausnahmen keine Formen der eukli­
Krebs. Er vergleicht in einem Festvor-   S. 89). Er trennt diese harmonischen   dischen Geometrie landschaftsprä-
trag am 5. Mai 1923 die Entwick-         Landschaften vom unerfreulichen        gend sind. Fraktale prägen nicht nur
lung der Geographie mit anderen          Bild eines Kampfes zwischen Stadt      Küstenformen, sondern auch die
Naturwissenschaften: „Sie begann         und Land an der Peripherie der Groß-   Ränder von Stadtlandschaften. Aus
rein beschreibend und registrierend      städte (ebd., S. 90).
als Systematik, ging dann weiter zur
kausalen Erklärung der Erscheinun-       Die beschleunigten Landnutzungs-       1
                                                                                    ) Bei diesen grundsätzlich anderen Lösungs-
gen und deren genetischem Ver-           veränderungen sowie die Auflö-               ansätzen wirken sich die beiden Vorberufe
ständnis (...). Aus der Physiographie    sungserscheinungen an den Stadt-             der beiden Geographie-Professoren prä-
                                                                                      gend aus: Robert Gradmann war vor seiner
ist eine Physiologie der Landschaft      rändern werden daher nicht erst in
                                                                                      Geographenkarriere evangelischer Pfarrer
geworden“ (Krebs 1923, S.81).            letzter Zeit als unharmonisch oder           und Siegfried Passarge war vorher Schiffs-
Dabei sieht er als Kennzeichen der       sogar als chaotisch empfunden. Sie           arzt und mutierte bei den Expeditionen zum
Naturlandschaft, dass die Arbeit des     haben aber im Zusammenhang mit               Geographen.

                                                                                                                          21
Raumplanung aktuell

diesem Grunde wird nach Ansicht         „Blut und Boden“-Ideologie des            Reich als eine Einheit mit der Vielfalt
des Verfassers eine Siedlungsent-       Dritten Reichs zu sehen. Dafür hat-       ihrer Landschaften erlebbar machen.
wicklung vom Betrachter solange         te die Landschaftsgeographie der          Dafür wurden auch Umwege in Kauf
als harmonisch empfunden, als eu-       Zwischenkriegszeit, insbesondere          genommen, um besonders grandiö-
klidische Formen nicht landschafts-     die Landschaftskunde von Siegfried        se Aus- und Einblicke zu gewähren
prägend hervortreten. Vielleicht ist    Passarge, z. B. durch Vergleiche          (ebda.). Trepl zitiert dafür aus Seifert
das der Grund dafür, wieso Zersie-      zwischen Rassen und Landschaften          (1938, S. 38):
delungserscheinungen mit ihren          und durch die Herausarbeitung von
fraktalen Anordnungen vom Großteil      Zusammenhängen zwischen Ras-              „Es waren am Schlüsselpunkt des
der Bevölkerung nicht als Probleme      senlebensräumen und natürlichen           Abstiegs in die Salzburger Ebene
wahrgenommen werden, eine auf           Landschaften im Zusammenhang              dreizehn Lösungen versucht wor-
den Prinzipien der euklidischen         mit der Heimatverbundenheit zwei-         den; ein Gefühlsgrund stürzte die
Geometrie aufbauende Architektur        fellos dem Naturdeterminismus und         anscheinend endgültige (dass ihr
eines Stadterweiterungsgebietes am      schließlich sogar der militärischen       Finder auf so ‚unsachlichen‘ Ein-
Rande einer Altstadt jedoch schon       Expansion den Boden aufbereitet           wand hin sie preisgab, beweist seine
(vgl. z. B. die Diskussion um neue      (Passarge 1925).                          innere Überlegenheit) – und die nun
Bauprojekte in der Stadt Salzburg).                                               wirklich letzte macht das Unmögli-
                                        Die in der Folge stattgefundene           che möglich: Die von München bis
Genauso wie eine Lärmschutz-            Reduktion des Kulturlandschafts-          zum Chiemsee sich steigernde, an-
wand entlang einer Autobahn als         begriffs auf die sozial- und gesell-      scheinend unüberbietbare Reihung
Verunstaltung einer als harmonisch      schaftswissenschaftlich orientierte       landschaftlicher Schönheit noch
empfundenen alpinen Kulturland-         Kulturgeographie und letztendlich         einmal aufzunehmen und gewis-
schaft empfunden wird (vgl. Abb.        die Diskussion über die Unwis-            sermaßen auf einer anderen Ebene
12), wird moderne Architektur im        senschaftlichkeit des Landschafts-        fortzusetzen, im Blick von Gebirge
Nahbereich einer barocken Altstadt      begriffs am und nach dem Kieler           auf die unendliche Hochfläche, den
zur Provokation für breite Kreise der   Geographentag 1969 führte dazu,           nur ein Adalbert Stifter würdig zu
Bevölkerung, die bewusst oder un-       dass sich die Geographie von der          schildern vermöchte.“
bewusst Anhänger bzw. Träger einer      Landschaft im Allgemeinen und von
konservativen Landschaftsidee sind.     der Kulturlandschaft im Besonderen        Wir dürfen in den nächsten Monaten
Was also eine „Verschandelung der       weitgehend verabschiedete.                gespannt sein, ob und in welcher
Landschaft“ ist, darüber lässt sich                                               Form diese damalige Argumentation
aus diesem Grunde trefflich streiten.   Erst als in den Achtziger Jahren des      bei der Beurteilung der Varianten des
                                        20. Jahrhunderts mit dem Wieder-          bevorstehenden Ausbaus der A8 im
                                        auftreten der Termini „Landschaft“,       Raumordnungsverfahren und bei
       Wiederkehr als                   „Naturlandschaft“ und „Kultur­land­       der Umweltverträglichkeitsprüfung
     „Kulturlandschaft“                 schaft“ in der Raum- und Land-            Berücksichtigung finden wird.
                                        schaftsplanung und im Naturschutz
Die Kulturlandschaft geriet nach        ein interdisziplinärer Zugang zu          Meist wird aber heute die Kultur-
dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen         diesen Begriffen notwendig und            landschaft im weiteren Sinne von
eines zweiten Höhepunktes der           möglich wurde, beginnt sich auch          der historischen Kulturlandschaft
geographischen Landschaftsfor-          die Geographie unter anderen Rah-         unterschieden. Auch im Fach Geo-
schung wieder in den Vordergrund        menbedingungen damit wieder               graphie ist bezüglich der Verwen-
des wissenschaftlichen Interesses       auseinander zu setzen. Aktuell hat        dung des Kulturlandschaftsbegriffs
(vgl. z. B. Uhlig 1956). Dabei wurde    sich jedoch wieder die Politik der        ein er­n euter Paradigmenwechsel
die begriffliche Trennung zwischen      Begriffsvermeidung in dieser Disziplin    festzustellen.
Natur- und Kulturlandschaft durch       durchgesetzt. Umso verwunderlicher
die Spezialisierung der Geographie      ist aus Sicht des Verfassers die unkri-   Als Kolonisierung der Landschaft
in zwei Hauptzweige – die Physische     tische Verwendung des Begriffs in         (Haberl et al. 2001) wird dabei die
Geographie mit der Naturlandschaft      anderen Disziplinen außerhalb der         Ausbreitung der Nutzfunktion gese-
und die Kulturgeographie mit der        Geographie (insbesondere in der           hen, die nicht nur die ökologischen
Kulturlandschaft als Erkenntnisob-      Landschaftsplanung). Wie Ludwig           Funktionen und damit die eigene
jekt – begünstigt. Diese Trennung       Trepl (2012, S. 211f) überzeugend         Lebensgrundlage gefährdet, sondern
zwischen Begriffen und Disziplinen      darstellt, war nämlich zum Beispiel       in zunehmendem Maße auch die
in der deutschen Geographie ist         der Autobahnbau in Deutschland            traditionellen und historischen Kul-
sicherlich auch im Zusammenhang         während des Dritten Reichs durch-         turlandschaften, die als Grundlage
mit der Stigmatisierung einer ganz-     aus mit landschaftsplanerischer Ar-       für den Tourismus in vielen Gebieten
heitlichen Betrachtung von Land-        gumentation ideologisch motiviert.        auch ein wirtschaftlicher Standort-
schaft im Zusammenhang mit der          Die Autobahn sollte das Deutsche          faktor sind.

22
Sie können auch lesen