Rundbrief 2019 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt und ...

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Rundbrief 2019 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt und ...
Rundbrief 2019
BUND Region Hannover
Rundbrief 2019 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt und ...
Editorial                                              03            Interview mit Daniel Fuhrhop                  19-20

Vertragsnaturschutz                               04-05              Begrüntes Hannover                             21-23

BUND-Ackergruppe                                       05            Vorstand                                           24

Humustagung                                       06-07              AG Naturfotografie                            25-26

Universum Kleingarten                             08-09              AG Fledermäuse                                 27-28

Mittellandkanal                                        10            AG Amphibien                                  29-30

Ameisenbläuling                                        11            Mehlschwalben                                  31-33

ÖSML                                                   12            Weißstörche                                    33-35

Höversche Kippen                                       13            BUNDjugend / JANUN                             36-37

Kompensation Wedemark                              14-15             Naturrallye für Kinder /                           38
                                                                     BUND-Nachwuchsschulen
Wietze                                                 15
                                                                     Einladung zur                                      39
Interview mit Georg Wilhelm                        16-17             Mitgliederversammlung 2019

AG Stadtentwicklung                                    18            Veranstaltungskalender                        40-50

                                                                     BUND aktiv                                     51-53
Impressum

Herausgeber: BUND Region Hannover, Goebenstraße 3a, 30161 Hannover
Redaktion: Sabine Littkemann (verantw.), Kristina Bastian, Cornelia Booß-Ziegling, Sibylle Maurer-Wohlatz
Titelbild: Gemeine Sichelschrecke (Phaneroptera falcata), fotografiert von Marc Gerecke (AG Naturfotografie) auf einer vom
NABU und BUND geretteten Magerwiese bei Gailhof in der Wedemark (Bericht siehe Seite 14-15)
Rückseite: Kleiner Feuerfalter (Lycaena phlaeas), Weibchen, fotografiert von Hanne Laabs (AG Naturfotografie) auf der
Magerwiese bei Gailhof (Seite 14-15)
Satz und Layout: Baensch Plus GmbH, Eike-Christian Bänsch
Druck: dieUmweltDruckerei GmbH | Auflage: 5.000 Exemplare
Stand: Februar 2019 | Erscheinungsweise: Einmal pro Jahr
Redaktionsschluss für den Rundbrief 59 ist der 22.01.2020

Ein Nachdruck der Artikel ist mit Quellenangabe und Information der Redaktion ausdrücklich erwünscht. Die Beiträge
einschließlich der Fotos liegen in der Verantwortlichkeit der Verfasser.

Der BUND Region Hannover dankt dem Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover für die
jährliche institutionelle Förderung.

Die im Rundbrief oftmals genannte männliche Form (wie Naturschützer) bezieht sich gleichermaßen auf Personen jeden
Geschlechts. Auf eine Mehrfachbezeichnung wurde zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.
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Liebe Mitglieder,                                                                                  03
                                                                                                    3
liebe Freundinnen und Freunde des BUND,

                                                                                                   Editorial
im vergangenen Jahr konnte der BUND
Region Hannover wieder gezielt Schwach-
stellen im Naturschutz aufzeigen und mit
Vorschlägen für Alternativlösungen punk-
ten. Nicht genug im Fokus standen die land-
wirtschaftlichen Flächen, obwohl sie über 53
Prozent der Fläche in der Region einnehmen.
Angesichts des dramatischen Artenschwunds
von Insekten, Vögeln und Wildpflanzen
in der Agrarlandschaft und den spürbaren
Folgen des Klimawandels müssen jetzt alle
Alarmglocken schrillen! Nicht umsonst sind         Boden zu richten, um gemeinsam nach
35.000 Menschen, viele auch aus unserer            Lösungen für alle Betriebe zu suchen: für
Region, zur großen Agrardemonstration „Wir         mehr Biodiversität im und auf dem Boden,
haben es satt“ nach Berlin gefahren.               eine ganzjährigen Bodenbedeckung, natürli-
                                                   che Pflanzenstärkung und giftfreie Alterna-
In der Stadt Hannover sind in den letzten 20       tiven zu Glyphosat. Die BUND-Bodentagung
Jahren die Agrarflächen von 3.800 auf 2.800        zum Humusaufbau im November war in die-
Hektar geschrumpft. Seit Jahren macht sich         ser Hinsicht ein Highlight. Sie hat gezeigt,
der BUND dafür stark, dass die 940 Hektar          dass das 1.5 Grad-Ziel nur erreicht werden
städtische Flächen an Biobetriebe verpachtet       kann, wenn in allen Bereichen Treibhausgase
werden. Die „Bundeshauptstadt der Biodiver-        reduziert werden. Hier gilt es Lösungsstrate-
sität“ setzt dies bisher in der Praxis nicht um,   gien zu erarbeiten, die allen nützen.
obwohl es eine Chance wäre, Biodiversität,
pestizidfreie Flächen und Bodenschutz voran        Deshalb werden wir uns mit den vielen
zu bringen. Wir sind gespannt, ob sich das         ehrenamtlichen und hauptamtlichen Aktiven
2019 ändern wird!                                  im BUND Region Hannover auch in diesem
                                                   Jahr wieder für Artenvielfalt, eine zukunfts-
Die neuen Maßnahmen zum Vertrags-                  fähige Landwirtschaft und den Klimaschutz
naturschutz der Region Hannover gehören            einsetzen. Gemeinsam können wir etwas
ebenfalls auf den Prüfstand. In Zukunft soll-      bewegen!
ten nur noch solche Leistungen honoriert
werden, die nachweislich der Förderung von         Einen Einblick in unsere breit gefächerten
Insekten und Feldvögeln dienen.                    Aktivitäten des vergangenen Jahres möchten
                                                   wir Ihnen auf den folgenden Seiten zeigen.
Angesichts der immer stärker spürbaren             Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Folgen des Klimawandels stellt sich die Frage
nach der ambivalenten Rolle der Landwirt-                                            Herzlichst,
schaft: als Verursacher von Treibhausgasen
und zugleich als Betroffener zunehmender                               Sibylle Maurer-Wohlatz
Wetterextreme. Daher schlägt der BUND
vor, in der Region jetzt den Fokus auf den
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04
Vertragsnaturschutz

                                                                                                                                      Foto: Georg Wilhelm
                      Viel wertvoller als ein kurzes Blüten-Strohfeuer mit wenigen Kulturpflanzen sind mehrjähri-
                      ge oder dauerhafte, artenreiche Blühflächen mit heimischen Arten wie auf dieser Fläche.
                      Beispiel Wilde Karde (rechts): Zur Blütezeit wird sie von einer Vielzahl von Insekten be-
                      sucht, später ist sie geradezu ein Magnet für Stieglitze.

                      Viel Geld für wenig Sinn
                      Wenn das nicht nach einer erfreulichen Nachricht       wurden, fallen im Vergleich dazu kaum ins Gewicht.
                      aussieht: Die Region Hannover spendiert über sechs     Vor allem jedoch durften die Landwirte sich Blühflä-
                      Jahre insgesamt mehr als eineinhalb Millionen Euro     chen bezuschussen lassen, die sie ohnehin angelegt
                      für Vertragsnaturschutz auf landwirtschaftlichen       hätten, um ihre Greeningverpflichtungen zu erfül-
                      Flächen. Gut gemeint heißt aber nicht unbedingt gut    len. Das heißt, es musste kein einziger Quadratmeter
                      gemacht, und so ist es leider auch hier.               Blühfläche zusätzlich angelegt werden, um die Na-
                                                                             turschutzgelder zu erhalten. Die Ausgaben sind in
                      Der Renner unter verschiedenen angebotenen Maß-        diesem Fall für die Natur völlig sinnlos.
                      nahmen, die die Naturschutzbehörde belohnt, waren
                      2018 zum Start des Programms einjährige Blühstrei-     Natürlich kann man den Landwirten keinen Vorwurf
                      fen zur Förderung von Insekten, die fast 80 Prozent    machen, wenn sie Zuschüsse für etwas annehmen,
                      der Vertragsnaturschutzflächen ausmachten. Dafür       was sie sowieso tun. Auch der Region und ihrem
                      musste bis Mitte Mai eine Blühmischung eingesät        Projektpartner, dem Landvolk, ist zu Gute zu halten,
                      werden, die Ende September schon wieder beseitigt      dass das Programm 2018 sehr schnell auf die Beine
                      werden durfte. Der Haken dabei: Der Wert solcher       gestellt werden musste und dann schon mal etwas
                      Flächen etwa für Wildbienen und Schmetterlinge         schief gehen kann. Grundfalsch ist es aber, wenn die
                      ist äußerst gering, denn der Lebensraum ist viel zu    Irrtümer wiederholt werden. Schon im September
                      kurzlebig.                                             hatten wir auf den Konstruktionsfehler der Blüh-
                                                                             streifenförderung aufmerksam gemacht. Wir legten
                      Aber werden mit dem vielen Geld überhaupt zusätz-      dann detaillierte Vorschläge für Maßnahmen vor,
                      liche Blühstreifen geschaffen? Die Landwirte sind in   die Insekten oder Feldvögeln wirklich etwas nutzen
                      der EU seit 2015 durch das sogenannte Greening in      und immerhin werden jetzt auch Verträge für mehr-
                      der Regel verpflichtet, auf fünf Prozent ihres Lan-    jährige Blühflächen angeboten. Erneut werden aber
                      des etwas für die Natur zu tun, zum Beispiel Blüh-     in diesem Jahr einjährige Blühflächen bezuschusst,
                      flächen oder Brachen anzulegen. Diese Blühflächen      die die Landwirte für das Greening anlegen, was si-
                      und Brachen machten 2018 in der Region Hannover        cherlich wieder viel attraktiver als tatsächlicher Na-
                      2320 Hektar aus. Die 93 Hektar Blühstreifen, die       turschutz sein wird. Außerdem sind auch die übrigen
                      von der Region aus Naturschutzgeldern bezuschusst      Maßnahmen überwiegend fachlich fragwürdig, zum
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05
                                                                              Dass es auch anders ginge, zeigt die Jägerschaft,

                                              Fotos: Sibylle Maurer-Wohlatz

                                                                                                                                      Vertragsnaturschutz
                                                                              die neuerdings ebenfalls mit Regionsgeldern
                                                                              Vertragsnaturschutz anbietet. Die Maßnahmen etwa
                                                                              für Rebhühner entsprechen nicht nur dem Stand der
                                                                              Wissenschaft. Ausgeschlossen sind auch Greening-
                                                                              flächen, das heißt, es handelt sich wirklich um zu-
                                                                              sätzliche Flächen für die Natur. Ob damit aber gegen
                                                                              die überwiegend wertlosen, aber lukrativeren Ange-
Wilde Karde                                                                   bote konkurriert werden kann, ist die Frage. Sehr zu
                                                                              befürchten ist, dass auch in diesem Jahr von den viel
Beispiel Rebhuhnschutzstreifen, die viel zu schmal                            zu knappen Naturschutzmitteln eine sechsstellige
sind oder Altgrasstreifen, die zum Schutz von Insek-                          Summe abermals praktisch ohne Nutzen verschwen-
ten und Wiesenbrütern nicht funktionieren können,                             det wird.
weil sie nach wenigen Wochen wieder abgemäht
werden.                                                                                                          Georg Wilhelm

                                                                                                                                      BUND Ackergruppe
Gewöhnlicher Natternkopf mit Hummelbesuch

Boden- und Biodiversitäts-Experimente auf
BUND-Pachtacker
Es geht um alte Sorten, auch kreuzungsgefährdete,                             blütlern sowie Gründüngermischungen zwischen
die wir unverfälscht auf unserem „Acker“ bei Jein-                            den Kulturreihen. Unsere Tiefwurzler haben der Tro-
sen erhalten, weit weg von anderen Gemüsekultu-                               ckenheit getrotzt, wie die rund 50 Tomatensorten,
ren. Angefangen haben wir mit der Saatgutgewin-                               deren Boden mit Heu und Stroh gemulcht war und
nung von Tomaten, Bohnen, Mais und Zucchini.                                  die erst sehr spät gewässert werden mussten. Profi-
Inzwischen experimentieren wir mit der Kombina-                               tiert haben viele Insekten wie Hummeln, Schweb-
tion verschiedener artenvielfältiger Kulturen und                             fliegen und Falter, die kontinuierlich in dieser
Humusaufbau sowie Pflanzenkohle.                                              Oase Nahrung finden konnten, auch im Spätsom-
                                                                              mer durch Natternkopf, Folgesaaten und blühende
Die trockene Vegetationssaison 2018 war eine Her-                             Gemüsekulturen. Von der Artenvielfalt profitie-
ausforderung: Was nicht rechtzeitig Ende März bis                             ren ebenso viele Vögel und „Haus“hamster, die
Anfang April gesät war, konnte nur mit Hilfe von                              hier im pfluglosen Bereich überwintern. Wer Lust
vielen Gießkannen noch keimen. So war unsere klei-                            hat, bei der Erhaltung alter Gemüsesorten mitzu-
ne Ackergruppe stark gefordert. Sehr bewährt haben                            machen, Praxiserfahrung zu sammeln und Freude
sich deshalb schatten- und windschutzspendende                                an Biodiversität hat, möge sich an uns wenden:
Blumen wie Kornrade, Mohn und Reihen mit Dolden-                              d.wohlatz@gmx.de
                                                                                                               Dietrich Wohlatz
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Humustagung

                                                                                                                      Foto: Otto Ehrmann
              Belebter Boden mit Regenwurmröhren, in denen Pflanzenwurzeln wachsen und
              organische Nährstoffe verteilt werden.

              Gemeinsame Tagung von BUND und IG gesun-
              der Boden zu Humusaufbau und Klimawandel
              Manchmal liegen Themen in der Luft: So war der        haben auch Vorschläge unterbreitet, wie das Thema
              lange, heiße und trockene Sommer ein Vorge-           Humusaufbau weiter offensiv diskutiert werden soll.
              schmack auf Extremwetterereignisse des Klimawan-
              dels. Wer nun denkt, dass dies den Bauernverband      Sehr gut bewertet wurden die aus völlig unter-
              endlich zu einem Umlenken in der landwirtschaft-      schiedlichen Bereichen stammenden Referenten,
              lichen Praxis bewegt hätte, hat weit gefehlt. Dabei   die deutlich gemacht haben, dass es notwendig ist,
              liegt die Lösung sozusagen „auf und im Boden“: Mit    wieder regionale organische Kreisläufe zu schlie-
              jedem Prozent mehr organischem Kohlenstoff im         ßen, auch von Tierhaltung und Ackerbau. Konsens
              Acker, Garten oder Grünland speichert der Boden       war, bodenschonend ohne Pflug zu arbeiten mit
              enorme Mengen Wasser und Nährstoffe ganz ohne         vielfältigen Fruchtfolgen und Zwischenfrüchten,
              Chemie und macht Böden widerstandsfähig gegen         um den Bodenraum ganzjährig in Tiefe und Breite
              Starkregen, Orkane und Trockenperioden dank des       auszufüllen und die kostenlosen Dienstleistungen
              aktiven Bodenlebens in humusreichen Böden. Dass       der Bodenlebewesen bei der Pflanzenernährung und
              Humusaufbau als Kohlenstoffspeicher ein Schlüs-       beim Humusaufbau gezielt zu fördern. Mit diesen
              sel gegen den Klimawandel und eine Maßnahme           Schritten nähern sich auch konventionelle Betriebe
              gegen seine Auswirkungen ist, haben die 185 Gäs-      einer natur- und klimaverträglichen Landwirtschaft.
              te erkannt, unter ihnen sehr viele Landwirte und      Eine Zusammenarbeit aller Beteiligten, der Land-
              Gärtner, die deshalb an unserer Tagung am 19. No-     wirtschaftskammer, der Verbände, der Wissenschaft
              vember in der Akademie des Sports teilnahmen. Sie
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                                                                                                                      Humustagung
                                                                                                      Foto: Sabine Littkemann
Humus-Experten aus Forschung und Praxis begeisterten das Publikum mit neuen Erkenntnissen über die
weitreichende Bedeutung von Humus in der landwirtschaftlichen Praxis.

und der Praktiker, wird in Folge angestrebt, um das   Wer sich in Humusaufbau vertiefen möchte: Der
Thema zu vertiefen.                                   Reader zur Tagung ist als Download unter www.
                                                      bund-hannover.de unter Thema „Boden“ erhält-
Ein besonderer Dank geht an die ehrenamtliche Mo-     lich sowie als Druckversion in der Geschäftsstel-
deratorin, Prof. Dr. Claudia Kammann. Sie machte      le. Die IG gesunder Boden erstellt eine DVD mit
deutlich, dass, nachdem jahrzehntelang der Boden      den Tagungsbeiträgen; zu bestellen bei www.
als Senke für CO2 außer Acht gelassen wurde, er nun   ig-gesunder-boden.de Die Tagung wurde von der
endlich im Fokus steht. So betrachten der Weltkli-    Niedersächsischen BINGO Umweltstiftung geför-
marat, das Potsdam Institut für Klimaforschung und    dert, ohne die es uns nicht möglich gewesen wäre,
die EU die Speicherung von Kohlenstoff im Boden       so viele gute Referenten aus dem ganzen Bundes-
durch Humusaufbau und pyrogene Pflanzenkohle          gebiet und Österreich einzuladen. Wer Interesse
als notwendige Maßnahmen zum Erreichen der Kli-       an der geplanten Folgeveranstaltung in diesem
maziele von Paris. Der BUND Region Hannover wird      Jahr hat und rechtzeitig informiert werden möch-
sich deshalb aktiv dafür einsetzen, dass klimascho-   te, wende sich bitte an Sybille Maurer-Wohlatz,
nende und biodiverse Landwirtschaft ab 2020 durch     E-Mail: smw@nds.bund.net.
die EU gefördert wird!

                                                                            Sibylle Maurer-Wohlatz
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Universum Kleingarten

                                                                                                                            Foto: Andrea Preißler
                                                                            Essbarer Dschungel und Kinderhochbeet im
                                                                            Modellgarten Fliederweg 78

                        Das einzigartige Projekt zur Ökologisierung
                        hannoverscher Kleingärten geht weiter
                        Unser erfolgreiches Pilotprojekt haben wir 2018     zur Erhaltung von Nutzpflanzen (VEN) im KGV
                        mit neuen Partnern und noch mehr Themen wei-        Vereinigte Steintormasch. Ebenso starken An-
                        ter vorangebracht. Dank der Niedersächsischen       drang gab es bei den Pflanzenbörsen, die wir mit
                        BINGO Umweltstiftung wird das Projekt von Juni      AckerPella e.V. durchführten. Wir boten unter an-
                        2018 bis Mai 2020 gefördert und dank des Fach-      derem Vorträge und Workshops zu Gemüseanbau
                        bereichs Umwelt und Stadtgrün der LHH konnten       in Mischkultur, Bodenbearbeitung und Hochbeet-
                        wir bereits im April starten.                       bau an. Einen von uns gepachteten, leerstehenden
                                                                            Kleingarten in Herrenhausen-Burg verwandelten
                        Neue Partner sind die Kleingärtnervereine (KGV)     Jan Heeren und Anke Bischoff mit aktiver Mit-
                        Langefeld, Herrenhausen-Burg und Burgland,          hilfe von Freiwilligen von einem wuchernden
                        „alte“ und neue Gärtner aus der Steintormasch       „Urwald“ in einen Modellgarten, wo Angebote für
                        sind weiterhin mit dabei. Wir brauchten drin-       Kinder und Eltern entwickelt wurden: zum Bei-
                        gend Verstärkung und freuen uns sehr, dass sich     spiel ein Wildnispfad und ein „essbarer Dschun-
                        unser Projektteam um Anke Bischoff vergrößert       gel“ aus Mais, Bohnen, Kürbissen, Amarant und
                        hat! Neu ist auch die Zusammenarbeit mit dem        Blütenpflanzen sowie in Zusammenarbeit mit
                        Institut für Bodenkunde der Leibniz-Universität.    zwei KiTas der Zachäus-Gemeinde bemalte Kin-
                        20 Kleingärten wurden hinsichtlich Nährstoffver-    derhochbeete. Die Tageszeitungen HAZ und NP
                        sorgung und Humusgehalt im Rasen und Gemü-          berichteten ausführlich und mit einer Fotostrecke
                        seanbaubereich beprobt. Ergebnisse werden 2019      im Internet über den Modellgarten.
                        mit einer Masterarbeit vorliegen. Sie helfen uns,
                        gezielt Düngeempfehlungen zu geben und noch         Im August lockte ein Workshop zur natürlichen
                        besser zu Humusaufbau sowie Grundwasser und         Pflanzenstärkung und Schädlingsabwehr vie-
                        Boden schonender Bewirtschaftung zu beraten.        le Teilnehmer in den Modellgarten, die bei einer
                                                                            Tomatenverköstigung im Anschluss die Vielfalt
                        Auftakt war im Februar eine gut besuchte Saat-      samenfester Tomatensorten mit allen Sinnen er-
                        gutbörse in Zusammenarbeit mit dem Verein           leben konnten. Ein weiteres Highlight war eine
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                                                                                                                                     Universum Kleingarten
Staudentauschbörse: die Schätze wurden entwe-                       KGV Vereinigte Steintormasch drei Apfelbäu-
der getauscht oder in vorbereitete Schaubeete ge-                   me und zwei Pflaumen. 2019 werden weitere
pflanzt. Mit einem Praxisworkshop zu Kompost                        für Apfelallergiker geeignete alte Sorten da-
und dem Bau einer Wurmfarm, die in der KiTa                         zukommen. Diese enthalten in ihren Früchten
Zachäus-Kids überwintern darf, endete die Sai-                      gesundheitsfördernde        Polyphenole.     Hierzu
son.                                                                hatte Willi Hennebrüder vom BUND Lemgo
                                                                    (www.bund-lemgo.de/apfelallergie.html) einen
„Kleingarten als Habitat für Wildtiere“ ist auch                    Vortrag beim Bezirksverband der Kleingärtner
ein neues Thema. Wildbienenexperte Jakob Klu-                       gehalten. Er beschäftigt sich seit langem mit dem
cken baute mit Interessierten Nisthifen vor zwei                    Erhalt der Vielfalt alter Obstsorten und steht dazu
Vereinshäusern. Eine kleinere Variante wurde                        in Kontakt mit der Charité in Berlin, wo über
mit Kindern und Eltern im Modellgarten gebaut                       Apfelallergien geforscht und Lösungen für Be-
und es wurden Zwiebelgewächse und Stauden                           troffene angeboten werden.
gesetzt, damit Wildbienen Nahrung finden. Mit
externen Referenten wie Heilpflanzenexpertin                        Neben über 50 Fortbildungsveranstaltungen
Angela Sarti, die Workshops zur Bestimmung und                      sorgten Events mit gemeinschaftlichem Kochen
Verwendung von Wildkräutern durchgeführt hat,                       und lockerem Austausch für Verstetigung in
sowie Marco Schmale vom VEN, der anschaulich                        den Vereinen. So gibt es in der Steintormasch
vorführte, wie sich selber Saatgut gewinnen läßt,                   und Herrenhausen mittlerweile Stammtische,
haben wir weitere Themen angeboten.                                 deren Mitglieder sich monatlich treffen und regen
                                                                    Austausch über verdeckte Mailverteiler. Und wie
                                                                    geht es weiter? Für 2019 haben sich Vereine aus
Im November pflanzten wir auf einer Streu-                          Hainholz gemeldet, die aktiv mitmachen wollen.
obstwiese mit altem Obstbaumbestand im                              Darauf freuen wir uns!

                                                                                   Andrea Preißler-Abou El Fadil
                                            Foto: Andrea Preißler

                                                                                                                          Foto: Anke Bischhoff

Staudentauschbörse mit Pflanzaktion im                              Wildbienennisthilfe im KGV Burgland e.V.
Modellgarten
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Mittellandkanal

                                                                                                                    Foto: Georg Wilhelm
                  Das hartnäckige Engagement des BUND für eine Neuausrichtung der Grünpflege am Mittelland-
                  kanals hat endlich Wirkung gezeigt. Beiderseits dieses Weges können sich inzwischen wieder
                  Sträucher entwickeln.

                  Neue Zeiten am Kanal
                  Erstaunliche Veränderungen sind am Mit-          ten, dass der Großteil der Gehölze, zu deren
                  tellandkanal zu beobachten. Dort, wo in          Pflanzung bzw. Erhaltung das WSA nach dem
                  den Vorjahren das Wasser- und Schiff-            Kanalausbau vor 20 Jahren laut Planfest-
                  fahrtsamt Braunschweig (WSA) das Grün            stellung verpflichtet ist, durch die bisherige
                  entlang der Wasserstraße alljährlich im Win-     Brachialpflege beseitigt wurde. Rückende-
                  ter bis zum Boden zerschredderte, pflanzte die   ckung bekamen wir von der Unteren Natur-
                  gleiche Behörde im Frühjahr 2018 etwa 2000       schutzbehörde, aber auch von engagierten
                  heimische Sträucher. Und im anschließenden       Anwohnern und Bezirksratsmitgliedern.
                  Dürresommer wurden die Anpflanzungen             Das WSA, das just einen neuen Amtsleiter
                  mit bemerkenswertem Aufwand gewässert,           bekommen hatte, gab uns in unserer Kritik
                  so dass die Ausfälle recht gering waren.         Recht und sagte eine Neuausrichtung der Pfle-
                  Auch bei der Gehölzpflege gab es einen Vor-      ge auf dem hannoverschen Kanalabschnitt
                  zeichenwechsel. Statt Tabula rasa auf gro-       zu, die auch Vorbild für andere Strecken wer-
                  ßen Flächen ist das Motto jetzt „So viel wie     den soll. Die zwei jungen Mitarbeiter, die das
                  nötig, aber so wenig wie möglich“. Zurück-       Projekt leiten, treffen sich etwa viermal im
                  geschnitten wird wirklich nur noch punkt-        Jahr mit uns zur Begutachtung der bisherigen
                  genau da, wo Gehölze für die Schifffahrt         Arbeiten und zum fachlichen Austausch.
                  oder den Betriebsweg störend sind oder wo        Zwar wird es noch dauern, bis der planfest-
                  aggressiv vordringende Gehölze wie die           gestellte Zustand des Kanalgrüns erreicht ist,
                  Robinien-Stockausschläge zurückgedrängt          aber die WSA scheint auf einem guten Weg
                  werden sollen.                                   zu sein.

                  Der Sinneswandel begann, nachdem wir im                        Georg Wilhelm, Dirk Hofmeier
                  Dezember 2017 akribisch nachgewiesen hat-
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                                                                                                                        Ameisenbläuling
Foto: Matthias Woithe

                        Sensenschwingen für den Falterschutz
                        Zuerst sah alles noch ganz normal aus.         wichtig, dass immer wieder kleine einge-
                        Morgens in der Feldmark bei Rethen wurde       streute Flächen ungemäht bleiben.
                        begonnen, mit einer großen Maschine Grä-
                        ben zu mähen. Aber dann hob und senkte         Erste Erfolge dieser und der vorjährigen
                        sich der Ausleger immer mal wieder und pro-    Bemühungen haben sich 2018 eingestellt.
                        duzierte ein Muster mit ungemähten Streifen.   Denn erstmals seit 2014 riskierten einige
                        Maschinenschaden? Land Art? Versteckte         Bläulinge von ihren Restlebensraum, dessen
                        Kamera? Manche Grabenabschnitte schien         gesamte Fläche gerade mal so groß ist wie
                        der Maschinenführer auch ganz vergessen        ein Tennisspielfeld, wieder Ausbreitungsflü-
                        zu haben. Dort machte eine Schar von hoch-     ge zu den nächsten Wiesenknopfflächen. Für
                        motivierten, mit Sensen und Rechen bewaff-     eine bessere Vernetzung hatten wir 2017 über
                        neten Menschen ein paar Tage später weiter.    zweitausend selbst gezogene Wiesenknopf-
                        Nach reichlichem Schweißvergießen türm-        Pflanzen in die Gräben gesetzt, aber wagten
                        te sich zwar viel abgeschnittenes Grün am      kaum zu hoffen, dass sie schon so schnell
                        Wegrand, aber die Gräben wirkten nicht im      angenommen werden. Auch die Wirtsameise
                        mindesten fachgerecht gemäht, denn unan-       hatte sich gegenüber dem Vorjahr sehr gut
                        getastete Stauden wechselten vermeintlich      ausgebreitet.
                        chaotisch mit kurz gesenstem Gras.
                                                                       Nun wünschen wir sehr, dass der Bläu-
                        „Ist es auch (scheinbar) Wahnsinn, so hat es   ling trotz hohem Aussterberisiko durchhält
                        doch Methode“ ließe sich frei nach Shakes-     und uns auch in diesem Jahr die Freude
                        peare sagen, denn hinter dem Ganzen steht      macht, zur Flugzeit wieder da zu sein. Das
                        durchaus ein Sinn, nämlich Hilfe für einen     wüstenähnliche Wetter war nicht nur für die
                        vom Aussterben bedrohten Schmetterling,        Helferinnen und Helfer eine große Belastung,
                        den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling,       sondern gefährdete die Existenzgrundlagen
                        der hier nur noch ein winziges, isoliertes     des Falters, insbesondere die feuchtelieben-
                        Vorkommen hat. Um den Großen Wiesen-           den Ameisen. Wir arbeiten weiter daran, dass
                        knopf, seine Raupennahrungspflanze, zu         die Zahl der Falter wieder größer wird und
                        fördern, wurde mit Sensen um diese Pflanzen    die Population sich auch räumlich ausbreitet,
                        drum herum gemäht. Und um die Rote Kno-        so dass sie auch ungünstige Jahre verkraften
                        tenameise zu unterstützen, in deren Bauten     kann, und hoffen erneut auf so tolle Hilfe wie
                        die Raupen sich dann entwickeln, war es        letztes Jahr!

                                                                                                     Georg Wilhelm
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ÖSML

                                                                                                Foto: ÖSML
       Kai-Olaf Krüger und Dr. Hanna Kastein setzen sich gemeinsam mit der Vorsitzenden
       Gertraude Kruse für den Naturschutz in den Leineauen südlich Hannover ein.

       Die ÖSML stellt sich vor
       Die Ökologische Stattion Mittleres Leinetal    Projekte sind der Schutz des Feldhamsters,
       (ÖSML) in Laatzen direkt an der Leine ist      die Erfassung von Fischottern, Habitatbäu-
       ein gemeinnütziger Verein, der sich um die     men, Brutvögeln und Fledermäusen, die Ein-
       Betreuung von Natura 2000-Gebieten in der      dämmung von Neophyten, die Pflege von
       südlichen Region Hannover sowie im Land-       Heckenstrukturen sowie der Themenkomplex
       kreis und in der Stadt Hildesheim kümmert.     Landwirtschaft und Biber.
       Ziel ist die Sicherung und Verbesserung
       der biologischen Vielfalt. Dafür wurde die     Biber
       ÖSML 2012 von den Landesverbänden des          Als Großnager löst der Biber immer wieder
       BUND und NABU mit ihren Kreisverbänden         Konflikte zwischen Landwirtschaft und
       Hannover und Hildesheim, der Paul-Feindt-      Naturschutz aus. Deshalb ist er seit 2015
       Stiftung und dem Ornithologischen Ver-         Zielart in Projekten der ÖSML im Auftrag der
       ein zu Hildesheim gegründet. Fünf feste        Region Hannover. Dabei arbeitet die Stati-
       Mitarbeiter/innen sind in der Station tätig.   on auch mit dem NABU Laatzen zusammen.
       Der BUND Region Hannover ist im Beirat der     Nach Erstellung einer Konfliktanalyse für
       ÖSML vertreten. Zudem gibt es einen Aus-       den Stadtbereich Hannover wurden 2016/17
       tausch über Projekte, etwa zum Erhalt des      an der Alten Leine mit einem Gewässer-
       Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings.          randstreifen-Programm Fraßschäden an
                                                      Feldfrüchten und Dammbauaktivitäten des
       Gefördert werden die Projekte der ÖSML von     Bibers erfasst. Zum Programm gehört zu-
       der Region Hannover und dem Land Nieder-       dem die Betreuung betroffener Landwirte.
       sachsen.                                       Deshalb werden regelmäßig runde Tische
                                                      zum Austausch und zur Beseitigung auftre-
       Arbeitsbereiche                                tender Probleme durchgeführt.
       Die Aufgaben der Station umfassen Kartie-
       rung und Monitoring von Tier- und Pflan-       Kontakt
       zenarten, Planung, Unterstützung und           ÖSML e. V.
       Durchführung von Pflege-, Entwicklungs-        Ohestr. 12, 30880 Laatzen
       und Artenhilfsmaßnahmen sowie fachliche        Tel.: 0511–54 104 702
       Beratung der beteiligten Akteure. Großer       E-Mail: info@oesml.org
       Wert wird auf die Einbindung des ehren-        Homepage: oesml.org
       amtlichen Naturschutzes gelegt. Wichtige
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                                                                                                                                   Höversche Kippen
Foto: Sabine Littkemann

                          Geschafft – Mitglieder des BUND und der SPD haben die Höverschen Kippen erklommen.

                          Unbekanntes Hannover – SPD-Umweltpolitiker
                          erkunden die „Höverschen Kippen“
                          Sieben SPD-Politiker, darunter fünf Mitglieder        große Fläche ehrenamtlich pflegen, genauer
                          des Umweltausschusses der Regionsversamm-             gesagt: von unerwünschtem Aufwuchs freihalten
                          lung, gewannen im Juni neue Einblicke in ein für      und so die Trockenrasen, aber auch den Nieder-
                          sie unbekanntes Biotop in der Region. Unter der       wald erhalten.
                          Führung vom BUND-Aktiven Karsten Poschadel
                          ging es bei schönster Abendsonne durch einen          Der BUND Region Hannover hat die Höver-
                          urwüchsigen Niederwald, dem „Kleinen Holz“, zu        schen Kippen und das „Kleine Holz“ längst von
                          den Höverschen Kippen – einer versteckt liegen-       der Firmengruppe Holcim gepachtet, um dieses
                          den Mergelhalde auf der Grenze zwischen Höver         landschaftliche Kleinod zu bewahren und den
                          (Sehnde) und Hannover zwischen Zementwerk             Aktiven eine dauerhafte Perspektive zu verschaf-
                          Holcim und Mittellandkanal. Auf dem besonn-           fen. Der an den BUND-Vorstand herangetragene
                          ten und trockenen Hügel, einst Aushub im Zuge         Wunsch des umweltpolitischen Sprechers der
                          des Kanalbaus (um 1920), hat sich eine besondere      Regionsfraktion, Peter Heberlein, einmal ein
                          Pflanzenwelt mit seltenen Arten der Kalkmager-        Projekt des Umweltverbandes vor Ort kennen-
                          rasen entwickelt – das Schopfige Kreuzblümchen,       zulernen, kam da wie gerufen. Was lag näher,
                          der Purgier-Lein oder die Stängellose Kratzdistel     als ein erfolgreiches, langjähriges und dennoch
                          gehören dazu. Auch das Gefleckte Knabenkraut,         vielen unbekanntes Projekt wie die Höverschen
                          eine Orchideenart, präsentierte sich bis in die Ka-   Kippen vorzustellen? Dass die Schutzbemühun-
                          nalböschung hinein zahlreich und in schönster         gen des BUND und seiner Aktiven um dieses
                          Blüte.                                                entlegene Fleckchen Erde am Rande Hannovers
                                                                                außerordentlich sinnvoll sind, davon haben sich
                          Dass die wertvollen Kalkmagerrasen noch nicht         die SPD-Umweltpolitiker überzeugen können.
                          verschwunden sind, ist vor allem dem uner-
                          müdlichen Einsatz von Karsten Poschadel und                                      Sabine Littkemann
                          seinen insgesamt rund 50 Mitstreitern zu ver-
                          danken, die seit 30 Jahren die rund acht Hektar
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Kompensation Wedemark

                                                                                                                                  Foto: Sabine Littkemann
                        Kompensation auf dem Holzweg –
                        BUND und NABU verhindern Aufforstung eines
                        wertvollen Biotops in der Wedemark
                        Als im Sommer 2017 das Logistikunternehmen
                        Georg Ebeling Pläne zur Erweiterung seines Fir-
                        mengeländes in Wedemark-Gailhof bekannt gab,
                        wurden auch Umweltpolitiker auf den Plan geru-
                        fen. Da das weitläufige Firmengelände vom Land-
                        schaftsschutzgebiet „Wietzetal“ begrenzt wird,
                        musste für den geplanten Neubau einer weiteren
                        Lagerhalle im östlichen Teil des Betriebsgeländes
                        unweit der A7 eine Teillöschung des Landschafts-
                        schutzgebietes erfolgen. Im August machte sich

                                                                                                                                  Foto: Hanne Laabs
                        deshalb der Ausschuss für Umwelt und Klima-
                        schutz der Region Hannover vor Ort ein Bild von
                        den Planungen – und gab schließlich grünes Licht
                        für die Traditionsfirma und ihre Betriebserweite-
                        rung.

                        Ende gut, alles gut? Noch nicht ganz. Für den       Der gefährdete Wiesengrashüpfer (Chortippus
                        Hallenneubau mussten rund 13.600 Quadratmeter       dorsatus) fühlt sich in dem geretteten Biotop
                        Wald- und Gehölzinseln weichen – ein Eingriff,      sehr wohl.
                        der nach Wald- und Naturschutzrecht durch Er-
                        satzaufforstung an anderer Stelle kompensiert       „Wenn hier aufgeforstet wird, gehen bedrohte Le-
                        werden sollte. Die Kompensationsflächen waren       bensräume für Reptilien, Insekten und Vögel ver-
                        bereits gefunden und von Ebeling gekauft wor-       loren“, kritisierte die ortskundige Gailhoferin und
                        den, als die Wedemärker NABU-Aktivistin Hei-        informierte den zuständigen Naturschutzbeauf-
                        de Winterfeldt Alarm schlug: Die größte der drei    tragten Heinz Linne und die BUND-Geschäftsfüh-
                        vorgesehen Aufforstungsflächen, ein 10.900 Qua-     rerin Sabine Littkemann über die drohende Kom-
                        dratmeter großes Brachland östlich der A 7, war     pensationsmaßnahme. Nach einem gemeinsamen
                        bereits ein wertvolles Biotop!                      Ortstermin attestierte auch BUND-Naturschutzex-
                                                                            perte Georg Wilhelm der Fläche einen hohen na-
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                                      turschutzfachlichen Wert: „Hier kommen Trocke-       Die Untere Naturschutzbehörde schloss sich der

                                                                                                                                              Kompensation Wedemark
                                      ne Sandheiden sowie Mager- und Borstgrasrasen        Sichtweise der Naturschützer an, und auch die
                                      vor, alles geschützte Biotope, die durch eine Auf-   Gemeinde Wedemark zog mit: Die Mitglieder
                                      forstung unzulässig zerstört würden.“ Zu rechnen     des Umweltausschusses ließen sich bei einem
                                      sei hier zudem mit geschützten Reptilien wie der     herbstlichen Spaziergang vom ökologischen Wert
                                      Zaun- und der Waldeidechse. Auch die Heuschre-       der Fläche überzeugen, die Verwaltung ließ den
                                      ckenfauna sei außergewöhnlich arten- und indi-       Bebauungsplan noch einmal überarbeiten.
                                      viduenreich, darunter auch gefährdete Arten. Die     Zur Freude aller beteiligten Akteure wurde
                                      Naturschützer forderten in ihren Stellungnahmen      im Januar 2018 – mit Inkrafttreten des neuen
                                      unisono, auf die Aufforstung zu verzichten. Die      Bebauungsplanes – auf die Aufforstung des Flur-
                                      Waldeigenschaft im Sinne einer Entwicklung na-       stücks endgültig verzichtet.
                                      turnaher „Waldwiesen“ und der „Habitatgestal-
                                      tung für bedrohte Arten des Waldes“ werde sich                                  Sabine Littkemann
                                      mittelfristig von selbst einstellen.

                                                                                                                                              Wietze
Foto: Katerina Jarolim-Vormeier/HAZ

                                      Petra Kraus (Stadtentwässerung Hannover) und René Hertwig (BUND) setzen die Wietze-Renatu-
                                      rierung in Isernhagen-Süd gemeinsam um.

                                      Renaturierungsprojekt an der Wietze
                                      Aktuell verläuft die Wietze im Bereich des Stand-    Außerdem werden an mehreren Stellen die Ge-
                                      ortübungsplatzes der Bundeswehr in Bothfeld-         wässersohle zehn Zentimeter tief ausgehoben
                                      Vahrenheide geradeaus wie ein Kanal. Im Rahmen       und ein Kiesbett zur Verbesserung der Struktur-
                                      eines von der Niedersächsischen Bingo-Umwelt-        vielfalt angelegt. Bei einem Ehrenamtseinsatz
                                      stiftung geförderten Projektes soll dies nun ge-     werden zusätzlich Schwarzerlen zur Beschattung
                                      ändert werden. Nach langer Planungszeit und          des Gewässers gepflanzt. Das Projekt wird in Zu-
                                      zahlreichen Terminen mit allen Beteiligten wird      sammenarbeit mit der Stadtentwässerung Hanno-
                                      im Frühjahr 2019 ein etwa 200 Meter langer Ab-       ver durchgeführt. Die Bauarbeiten übernimmt die
                                      schnitt renaturiert. Ziel ist es, die eigendynami-   Firma Hofmann & Leyhe GbR. Wir bedanken uns
                                      sche Entwicklung des Gewässers zu fördern. Um        bei allen Beteiligten!
                                      das Flussbett zu verlagern, wird an der Südseite
                                      Kies eingebracht und auf der gegenüberliegen-                                         René Hertwig
                                      den Seite die Böschung abgetragen, damit auch
                                      bei Hochwasser der Abfluss gewährleistet ist.
16
                           Ein großer Naturschützer hat Hannover verlassen
Interview: Georg Wilhelm

                           Wie nur wenige hat Georg Wilhelm
                           in den letzten Jahrzehnten den Na-
                           turschutz in Hannover und Region ge-
                           prägt. Der langjährige Vorsitzende des
                           BUND Region Hannover und BUND-Na-
                           turschutzexperte hat mit seinen fach-
                           lich herausragenden Stellungnahmen
                           neue Maßstäbe im ehrenamtlichen Na-
                           turschutz gesetzt und seine Gegner bis-
                           weilen das Fürchten gelehrt. Mit Georg
                           Wilhelm verlässt uns also geballte Ex-
                           pertise und langjährige Erfahrung und
                           nicht zuletzt ein besonnener und inte-
                           grer Mensch, der dennoch nie davor
                           scheute, auch dicke Bretter zu bohren

                                                                                                                                    Foto: Gerd Wach
                           – oder sich mit lokalen Größen anzu-
                           legen, wenn die Sache es erforderlich
                           machte. Im Januar ist er ins Wendland
                           gezogen.

                           Im Interview verrät Georg Wilhelm,                   Sind hier die Früchte netzrunzelig oder querrun-
                           worauf es aus seiner Sicht bei der Her-              zelig? Georg Wilhelm erklärt den Unterschied
                           kulesaufgabe Naturschutz ankommt.                    zwischen dem Hohen Steinklee und dem Echten
                                                                                Steinklee.
                           Wie bist du vor 30 Jahren zum BUND gekom-
                           men?                                                 Was wurden dann deine besonderen Anlie-
                                                                                gen?
                           Für mich war Natur immer schon eine Herzenssa-
                           che. Politisch engagiert hatte ich mich aber lange   Ich fand es wichtig, nicht nur zu zeigen, woge-
                           bei Themen wie Atomkraft und dann Dritte Welt.       gen wir sind, sondern auch positive Zukunftsbil-
                           So ab Mitte Zwanzig hatte ich mich intensiver mit    der zu zeichnen. Zum Beispiel hatten wir früh ein
                           Botanik beschäftigt. Irgendwann wollte ich Na-       Konzept zum Kronsberg entwickelt, in dem eine
                           tur aber nicht nur erkunden, sondern auch was        vielfältige Landschaft auch mit Ackerwildkraut-
                           bewirken und kam zum BUND. Hier hatte mich           flächen, Magerrasen und Feuchtbiotopen skizziert
                           überzeugt, dass an den großen umweltpolitischen      wurde. Davon gab es noch wertvolle Reste, aber
                           Themen wie Verkehr, Energie und Landwirtschaft       das hatte bis dahin kaum jemand wahrgenommen.
                           gearbeitet, aber auch der klassische Naturschutz     Vieles wurde dann von der Stadt Hannover umge-
                           vor Ort ernst genommen und nicht als Kleinkram       setzt. Später kamen unser Programm „Mehr Natur
                           belächelt wird. Am Anfang hat mir ein junger aber    im Stadtwald“ und dann unser Plan für eine grüne
                           schon erfahrener BUNDler, Matthias Muncke, der       Diagonale durch Hannover vom Ricklinger Holz
                           so eine Art Mentor für mich war, sehr geholfen,      zum Misburger Wald und manches andere. Das
                           hier meinen Platz zu finden.                         haben wir fast immer zusammen mit Verbündeten
                                                                                herausgegeben, vor allem mit dem NABU. Es ist
                                                                                ein großer Pluspunkt, dass BUND und NABU hier
                                                                                über die ganzen Jahre so toll zusammenarbeiten.
17
Gibt es etwas, was Dich besonders freut?              zeichnet, aber das war’s auch bisher. Bei Ersatz-

                                                                                                                   Interview: Georg Wilhelm
                                                      maßnahmen oder Vertragsnaturschutz ist man
Auf jeden Fall. Allein schon in Hannover: Wenn        zufrieden, wenn irgendwas irgendwo gemacht
man die ganzen Orte besuchen wollte, wo wir in        wird. Die allerbeste Blühfläche bringt Wildbienen,
den letzten dreißig Jahren und auch vorher viel       Schmetterlingen oder Heuschrecken aber rein gar
erreicht haben, müsste man eine Menge Zeit ein-       nichts, wenn sie unerreichbar mitten in der Agrar-
planen. Etwa die gerettete Mergelgrube HPC I,         wüste liegt. Es müssten Maßnahmen etwa entlang
die mal Bauschuttdeponie werden sollte. Die ist       von Fließgewässern konzentriert und bevorratet
jetzt FFH-Gebiet, also europäisches Schutzge-         werden. Andere können das, wieso nicht die Re-
biet, ebenso wie demnächst die Fösse, die heute       gion Hannover?
teilweise renaturiert ist. Niemand hatte auf dem
Schirm, dass es an der Fösse natürliche Salzquel-     Hättest Du eigentlich einen Rat an Natur-
len mit seltensten Pflanzenarten gab, die bis heute   schutz-Einsteiger?
überlebt haben. Dann die Amphibienlebensräume
am Benther Berg, wohl unser ältestes Projekt. Die     Jeder hat seinen eigenen Weg. Aber vielleicht
über hundert Hektar Naturwaldflächen in der Ei-       dieser Tipp: Habt Mut, Eure eigenen Experten zu
lenriede, für die wir uns so lange eingesetzt ha-     werden. Wenn Euch gesagt wird, etwas geht nicht
ben. Die Halbtrockenrasen der Höverschen Kip-         und Gesetze, Zahlen, Gutachten oder dergleichen
pen, wo eigentlich mal ein Kraftwerk geplant war.     würden dem entgegenstehen, dann prüft das ge-
Ich könnte mit der Aufzählung lange weiterma-         nau nach. Nicht selten lösen sich dann angebliche
chen. Da denke ich dann: Klasse, ehrenamtlicher       Sachzwänge in Luft auf.
Naturschutz kann echt was schaffen!
                                                      Und jetzt heißt es: Ich bin dann mal weg?
Aber Frust gibt es natürlich auch..?
                                                      Na, ich bin ja schon fast 20 Jahre halber Wendlän-
Klar. Wir setzen uns gegen den im wahrsten Sinne      der. Bei den nächsten Vorstandswahlen werde ich
irren Flächenverbrauch ein und da sammeln wir         nicht mehr antreten, aber beim Bläulingsprojekt,
regelmäßig Niederlagen. Und für starke Lobby-         beim Mittellandkanal und anderem möchte ich
interessen ignorieren die Behörden auch durch-        gern weiter mitmachen.
aus Naturschutzrecht wie bei der Steinbrucher-
weiterung von Heidelberg Cement. Das ist alles               Die Fragen stellte Sabine Littkemann.
schlimm, aber nicht unerwartet. Doch ich kapiere
rein gar nicht, wenn die Kommunen sogar auf
ihren Eigentumsflächen Naturschutz ignorieren.
Warum etwa verpachtet die Stadt Hannover die
stadteigenen Äcker immer noch nicht an Bio-
bauern? Und auch das Maßnahmenprogramm für
Naturschutz in den Landschaftsräumen am Stadt-
rand hat man offenbar zu Grabe getragen.

Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Zie-
le für die nächsten Jahre?
                                                                                                           Foto: Georg Wilhelm

Da gäbe es vieles. Aber ein ganz großes Thema ist
der Biotopverbund. Nach dem Gesetz soll überall
auf zehn Prozent der Fläche ein Netz verbundener       Gerettete Mergelgrube HPC I in Hannover
Biotope geschaffen werden. Die Region hat dafür        Misburg – einer der Erfolge des Naturschutzes
zwar Bereiche in den Landschaftsrahmenplan ge-
18
Stadtentwicklung

                                                                                                                              Foto: Jürgen Seifert
                   Betonklotz Ihme-Zentrum aus den 70er Jahren: Ist die Stadtplanung heute sozialer
                   und umweltverträglicher?

                   Wachstum ist wieder modern
                   Hannover und die meisten Regionsgemeinden            noch ungern in die City, weil das Gedränge dort an
                   wachsen! Das sei gut so, versuchen uns seit Jahren   den Nerven zerrt. Der Nutzungsdruck auf Freiflä-
                   die Medien und die Politik einzureden. Der alte      chen steigt mit zunehmender Bevölkerungszahl.
                   Wachstumsgedanke sitzt tief. Genau genommen          Um den Auswirkungen des Klimawandels in der
                   wächst nur die Bevölkerung, die kommunalen           Stadt zu begegnen, werden ebenfalls Flächen und
                   Flächen bleiben natürlich die gleichen.              andere Strukturen benötigt. Hier kollidieren mas-
                                                                        siv verschiedene Ansprüche.
                   Und da gehen auch schon die Probleme los. Es
                   fehlt angeblich Wohnraum. Und das, obwohl die        Aber auch dort, wo die vielen Zugezogenen weg-
                   durchschnittliche Quadratmeterzahl Wohnfläche        ziehen, entstehen Probleme: Die Dörfer im weite-
                   pro Person in Deutschland 2017 schon bei 46,5        ren Umfeld verlieren erst einen Teil ihrer Bevölke-
                   Quadratmeter lag. Das wird in der Region Han-        rung, dann machen Läden, Arztpraxen und Kitas
                   nover ähnlich sein. Trotzdem wird so viel gebaut     zu.
                   wie seit dem Krieg nicht mehr. Das führt zu vie-
                   len Problemen, die gerade uns als Umweltverband      Es gibt offenbar kein Gesamtkonzept für dieses
                   Sorgen machen: Flächenversiegelung (auch von         Phänomen der aktuellen Landflucht. Dorf und
                   Kleingärten und anderen grünen Flächen) mit den      Stadt reagieren ohnmächtig oder mit überholten
                   üblichen Folgen, wie Verlust von Lebensraum für      Mustern. Und nur wenige profitieren von Land-
                   in der Stadt vorhandene Vegetation und Tierwelt,     verkauf oder Bautätigkeit.
                   Verlust von Luftreinhalte- und Lärmschutzfunkti-
                   on, Verlust von Naherholungsqualität. Hannover       Wir wollen in der AG Stadtentwicklung schauen,
                   rangiert ganz oben auf der Liste der am stärksten    wo es Ansätze gibt, einerseits diese Abwande-
                   versiegelten Großstädte Deutschlands.                rung zu stoppen und andererseits die Folgen in
                                                                        den Städten zu mildern. Wir wollen die Ursachen
                   Auch die zunehmende Verkehrsverdichtung (Zu-         erkennen, mit Akteuren Kontakt aufnehmen und
                   wanderer bringen auch Autos mit!) belastet die       gute Beispiele für das Wohnen auf dem Lande so-
                   Luft, erzeugt Lärm und braucht Abstellfläche.        wie die umweltschonende Wohnraumschaffung in
                   Dazu kommen soziale Probleme: für jede „Sozial-      den Städten aufzeigen.
                   wohnung“ werden drei Wohnungen im mittleren
                   oder höheren Preissegment gebaut. Die Mieten                                        Reiner Luginbühl
                   steigen. Schon jetzt gehen viele Menschen nur
19
Baukritiker Daniel

                                                                                                             Interview: Daniel Fuhrhop
Fuhrhop im Interview
Warum Neubau nicht die Lösung
ist und wir enger zusammenrücken
müssen

Am 10. und 11. November 2018 stan-

                                                                                   Foto: privat
den    beim    Dokumentarfi lmfestival
„Utopianale“ im Freizeitheim Linden
die Themen Nachhaltigkeit, Wohnen
und Demokratie im Fokus – in Form von
Filmen, Diskussionen und Workshops.
BUND-Vorsitzender Gerd Wach war                      Fuhrhop: Wir werden nicht zurückkehren zu den
dabei und sprach mit Daniel Fuhrhop                  Großfamilien von früher, aber auch das Alleinleben
– Architekt, Buchautor und bekannter                 gefällt nicht jedem. Das führt zu einem gestiegenen
Bauverbot-Blogger – über Wohnraum-                   Interesse an Formen gemeinschaftlichen Wohnens,
mangel, Bauwut und neue Ideen fürs                   und das kann man aufgreifen und Angebote för-
Wohnen in Stadt und Land.                            dern: Mehrgenerationenwohnen, Untermiete nach
                                                     dem Modell „Wohnen für Hilfe“, Wohnprojekte mit
Wach: Herr Fuhrhop, mit dem provokanten Titel        mehr oder weniger Nähe je nach persönlichen Vor-
Ihres Buches „Verbietet das Bauen!“ haben Sie        lieben.
erreicht, dass Alternativen zum Bauboom in
den großen Städten diskutiert werden. Haben          Für die Wiederbelebung schrumpfender Orte wün-
sie den Eindruck, dass die Städte darauf reagie-     sche ich mir ein Modellprojekt, einen Wettbewerb
ren und weniger bauen?                               um die „Kulturkleinstadt Europas“ (ähnlich wie
                                                     sonst die Kulturhauptstadt), bei der gezielt in einer
Fuhrhop: Leider wird in allen Großstädten eher       kleinen Stadt Kreative angelockt werden durch hun-
mehr gebaut. Aber immerhin merkt man so langsam,     dert Stipendien auf einmal, verbunden mit Prämien
dass Neubau den Wohnungsmangel nicht beseitigt       für Existenzgründer, „verstreute Hotels“ für Touris-
– vor allem nicht bei bezahlbaren Wohnungen. Und     ten und offene Türen für Flüchtlinge in Willkom-
so interessieren sich neuerdings viele aus Politik   mensstädten.
und Verwaltung dafür, wie man auch ohne Neubau
Wohnraum schaffen kann, etwa durch Umbau und         Wach: Wir sorgen uns darum, dass durch den
Umnutzung oder durch entschiedenes Vorgehen ge-      Bauboom Naturflächen wie Brachen, Kleingär-
gen Leerstand.                                       ten und alte Bäume verstärkt verschwinden.
                                                     Wie kann mehr Wohnraum geschaffen werden,
Wach: Treiber für die steigende Nachfrage nach       ohne dass grüne Strukturen darunter leiden?
Wohnraum in den großen Städten sind der Zu-
zug aus dem ländlichen Raum wegen dortiger           Fuhrhop: Schonender als Neubau ist der Ausbau
schlechter Infrastruktur (Ärztemangel, kein          ungenutzter Dachgeschosse oder bei manchen Häu-
Breitband-Internet, Arbeitsplätze etc.), die Zu-     sern ein behutsames Aufstocken. Am schonendsten
nahme von Single-Wohnungen und die stetige           kann man Platz schaffen durch die Entdeckung des
Steigerung des spezifischen Wohnraums, der           „unsichtbaren Wohnraums“: Es sind die ungenutz-
inzwischen bei über 45 Quadratmeter pro Per-         ten Räume in zu groß gewordenen Wohnungen
son liegt. Welche Maßnahmen müssen ergriffen         und Häusern von älteren Menschen, bei denen die
werden, um diesen Trend zu stoppen?                  Kinder ausgezogen sind. In neuartigen Wohnagen-
20
                            turen könnte man die Wohnwünsche                                   gen steigender Mieten angestammte
                                                                                                 Quartiere zu verlassen?
Interview: Daniel Fuhrhop

                            der Älteren erfüllen und damit
                            gleichzeitig Wohnraum für an-
                            dere freimachen – durch die                                                Fuhrhop: Neubau schafft
                            Vermittlung von Unter-                                                               keinen bezahlbaren
                            mietern, die Abtrennung                                                                 Wohnraum, denn
                            von Einliegerwohnungen                                                                   die günstigsten
                            oder durch Umzug in eine                                                              Wohnungen findet
                            nahegelegene       kleinere                                                       man in Altbauten, wäh-
                            Wohnung. All das müsste                                                          rend durch Luxusneu-
                            finanziell gefördert und                                                         bauten der Mietspiegel
                            durch dafür eingestelltes                                                        und dadurch auch die
                            Personal vermittelt wer-                                                         Altbaumieten      steigen.
                            den. Das wäre immer noch                                                         Stattdessen sollte man
                            erheblich günstiger als der                                                      die alten Häuser instand
                            teure Neubau und zugleich                                                        halten und Leerstand
                            ideal für die Umwelt.                                                            verhindern, etwa durch
                                                                                                             ein      Leerstandskatas-
                            Wach: Im Raum steht                                                              ter. Schließlich sollten
                            auch die Forderung                                                               wir die Altbauten nicht
                            nach     „bezahlbarem                                                             an Private verkau-
                            Wohnraum“. Der sollte                                                             fen – am wirksamsten
                            nach diversen Definitionen nicht mehr als ein Drit-   gegen Spekulation         sind kollektive Modelle
                            tel des Haushaltsnettoeinkommens kosten. Wel-         wie das Mietshäuser-Syndikat oder ein Erbbaurecht
                            che Strukturen oder Angebote sollte die Kommune       wie etwa mit der Stiftung trias.
                            schaffen, damit Bürger nicht gezwungen sind, we-

                            Bücher von Daniel Fuhrhop:                            Alle im Oekom Verlag.
                            Verbietet das Bauen! (2015)                           Informationen:
                            Willkommensstadt (2016)                               http://www.daniel-fuhrhop.de/buecher/
                            Einfach anders wohnen (2018)                          Blog: www.verbietet-das-bauen.de

                            Wohnen im neuen Quartier „Mosaik Eilenriede“ – wenig Grün, 464 Parkplätze. (K)ein Zukunftsmodell?
                                                                                                                                     Foto: Sabine Littkemann
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                                                                                                                                       Begrüntes Hannover
Foto: Sabine Littkemann

                          Zwei Mitarbeiter von EWALD Bedachungen verlegen die erste geförderte umweltfreundlichere
                          Folie aus flexiblen Polyolefinen (FPO).

                          BUND begrüßt die Förderung von herbizidfreien
                          Dachabdichtungen bei Begrünungen
                                                                                  großer Flächen attraktiv zu machen, wurde der
                                                                                  maximale Förderbetrag für Entsiegelungsflächen
                                     BEGRÜNTES HANNOVER
                                     Förderprogramm für Gebäudebegrünung          ab 75 Quadratmeter auf 10.000 Euro angehoben.
                                     und Entsiegelung
                                                                                  Außerdem muss der Aufbruch und die Entsorgung des
                                                                                  Materials sowie das Aufbringen des Mutterbodens
                          Es war ein Herzensanliegen des BUND: Im Rah-            nicht mehr unbedingt durch eine Fachfirma erfol-
                          men des Förderprogramms „Begrüntes Hannover“            gen.
                          sind bei Dachbegrünungen nun auch PVC- und
                          herbizidfreie Dachabdichtungen förderfähig, wenn        BUND verlost Prunkwinden und Feuerbohnen
                          sie gleichzeitig die Wurzelfestigkeit herstellen. Bei   beim Autofreien Sonntag
                          den üblicherweise verbauten Wurzelschutzfolien          Das Projektteam hat den Autofreien Sonntag
                          aus Bitumen verhindern Herbizide eine Durchwur-         genutzt, um auf die Vorteile von begrünten Dächern
                          zelung. Die Gifte werden jedoch mit der Zeit durch      und Fassaden hinzuweisen. Vor allem das Glücksrad
                          den Regen ausgewaschen und gelangen in das              hat viele BesucherInnen und Kinder magisch ange-
                          Grundwasser oder in Bäche und Flüsse.                   zogen. Wer etwas Glück hatte, konnte eine vorgezo-
                          Die umweltfreundlicheren Abdichtungen bestehen          gene Prunkwinde oder Feuerbohne für den Balkon
                          aus Kunststoff und enthalten keine Herbizide. Ob-       oder Garten gewinnen.
                          wohl sie in der Anschaffung etwas teurer sind, lohnt
                          sich der Einbau langfristig auch finanziell, weil sie   Unsere Tipps zum Vorziehen
                          etwa 50 Prozent länger halten als Bitumenbahnen.        Die Samen werden etwa einen Zentimeter tief in
                                                                                  die lockere torffreie Blumenerde gesetzt und an-
                          Förderhöchstsumme bei Entsiegelungen steigt auf         schließend ein wenig angedrückt und gewässert.
                          10.000 Euro                                             Gute Erfahrungen haben wir mit normalen klei-
                          In Hannover gibt es viele Innenhöfe und ehema-          nen Kunststoffpflanztöpfen gemacht, in die ab Mai
                          lige Gewerbeareale, die versiegelt sind. Inzwi-         ausgesät wurde. Kokosfasertöpfe, die nach Auflau-
                          schen hat sich die Nutzung aber gewandelt oder          fen der Klettersprößlinge insgesamt in Böden oder
                          die Eigentümer bevorzugen Grünflächen. Um das           Kübel eingesetzt werden sollen, sind wegen gerin-
                          Föderprogramm auch für die Entsiegelung solch           gen Wachstums nicht zu empfehlen.
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Begrüntes Hannover

                     Fotomontage von Kristina Bastian anhand eines Bildes von JuergenG,
                     https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

                     Neuer Facebook-Auftritt                                                  staub binden, sodass sich die Belastung insbeson-
                     Das Projektteam weitet seine Öffentlichkeitsarbeit                       dere an stark befahrenen Straßen senken ließe. Der
                     aus und präsentiert sich nun auch bei Facebook. Mit                      Vorschlag hat über 1.700 Personen erreicht und viel
                     erfolgreichen Projekten aus der Region und einer                         Zuspruch erhalten.
                     Veranschaulichung der Vorteile sollen potentielle                                                         Jonas Henatsch
                     AntragstellerInnen überzeugt werden, auch selbst
                     tätig zu werden.                                                         Weitere Infos gibt es unter
                                                                                              www.facebook.com/begruenteshannover
                     Als die politischen Parteien diskutierten, die Dächer
                     in der Innenstadt flächendeckend zu begrünen, hat
                     das Projektteam kurzerhand vorgeschlagen, die Ein-
                     gänge von Stadtbahn-Tunnel und Brückenpfeiler                              Die Blaue Prunkwinde wächst als einjährige
                     mit Kletterpflanzen zu begrünen. Das Blätterwerk                           Kletterpflanze.
                     würde gesundheitsschädliche Stickoxide und Fein-
                                                                    Foto: Sabine Littkemann

                                                                                                                                                    Foto: Jonas Henatsch

                     Gerd Wach und Jonas Henatsch (links) betreuen
                                                                                                      Gefördert aus dem

                                                                                                      Sparkassenbrief
                     den BUND-Stand am Autofreien Sonntag.
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                                                                                                                              Begrüntes Hannover
Foto: Gerd Wach

                  BUND sucht Efeuwände
                  Zusammen mit der Stadt hat der BUND Bürger           der Haussperling, der durch sein Tschilpen das Dorf
                  aufgerufen, ihm Standorte großer mit Efeu be-        in die Stadt bringt. Könnten Insekten und Vögel ab-
                  wachsener Wände mitzuteilen. Der heimische Efeu,     stimmen, wäre der Efeu einer ihrer Favoriten.
                  botanisch Hedera helix, ist für das Stadtklima von
                  besonderer Bedeutung. Die immergrüne Pflanze ver-    Hintergrund dieses Aufrufes ist es, diese Leistungen
                  sorgt das ganze Jahr die Umwelt mit Sauerstoff, in   des Efeus wieder mehr in das Bewusstsein der Bür-
                  den heißen Sommermonaten reduziert sie über die      ger zu bringen. Mit der Zusendung von Fotos, sollen
                  Verdunstung ihrer Blätter die Extremtemperaturen     einerseits diese Flächen dokumentiert, andererseits
                  und schafft so ein angenehmes Kleinklima. In ihrem   die Pflege dieser Flächen für die Stadtgemeinschaft
                  Laubwerk werden ständig Feinstaub und Stickoxide     durch die Hauseigentümer herausgestellt werden.
                  zurückgehalten, bei Regen dann ausgewaschen und
                  so die Luft gereinigt.                               Einsendungen mit Hinweisen zum Standort in der
                                                                       Stadt Hannover sind mit Fotos zu richten per Mail
                  Es gibt in Hannover an vielen Hauswänden immer       an: begruenteshannover@nds.bund.net
                  noch große Efeuflächen. An ihnen erfreuen sich       Telefonische Nachfragen unter 0511-70038247.
                  viele Mitbürger, gerade wenn in der kalten Jahres-
                  zeit eine grüne senkrechte Fläche die wintergraue                                           Gerd Wach
                  Stadt belebt. Im Herbst, wenn der Efeu blüht und
                                                                                                                                  © Adobe Stock // Irina Baturina

                  großzügig Nektar spendet, besuchen ihn zahlreiche
                  Insekten. Der Großschmetterling Admiral ist dann
                  oft als Besucher anzutreffen. Im Frühling und Som-
                  mer brüten in den Efeupolstern viele Singvögel wie
                  Grünfink, Gartengrasmücke, Buchfink, Amsel – und
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Vorstand

                                                                                                              Foto: privat
           Eine AG der besonderen Art: Der Vorstand
           Der Vorstand der BUND-Kreisgruppe Region Han-         Veranstaltungen und gibt diesen Rundbrief her-
           nover kann aus maximal neun Personen bestehen.        aus.
           Zurzeit arbeiten acht Vorstandsmitglieder, alle eh-
           renamtlich.                                           Alle Vorstandsmitglieder haben ihre speziellen
                                                                 Interessen und Arbeitsgebiete und greifen auch
           In monatlichen Treffen mit der Geschäftsführerin      einmal zur Schaufel, um etwa einen Krötenzaun
           und dem Naturschutzreferenten werden Personel-        anzulegen oder etwas anzupflanzen zum Erhalt
           les und Finanzen geregelt, zum Beispiel Förder-       der Biodiversität in der Region.
           gelder für Projekte beantragt. Ebenso werden die
           Jahresmitgliederversammlung und die Jahresfeier       Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des
           organisiert. Der Vorstand hält Kontakt zum Lan-       BUND Region Hannover am 15. Mai wird für drei
           des- und Bundesverband. Vor allem aber steht er       Jahre ein neuer Vorstand gewählt. Bewerbungen
           den Arbeitsgruppen mit Rat und Tat zur Seite und      Interessierter sind sehr willkommen!
           ist ansprechbar für Anliegen aller Mitglieder und
           am Naturschutz Interessierter.

           Hauptanliegen der Vorstandsarbeit ist es, dass Na-
           tur- und Umweltschutz überhaupt Beachtung fin-
           den, zum Beispiel bei Bauvorhaben. Ganz wichtig
           ist dafür der Kontakt zu Politik und Verwaltung.

           Außerdem informiert der Vorstand zu aktuellen
           Umwelt- und Naturschutzfragen. Er nimmt Stel-
           lung in der Presse, organisiert Info-Stände und
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