Sicher verpflegt Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen

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Sicher verpflegt Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen
Bundesinstitut für Risikobewertung
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              Postfach 12 69 42 • 10609 Berlin
              Tel. +49 30 18412-0 • Fax +49 30 18412-99099
              bfr@bfr.bund.de • www.bfr.bund.de

              Sicher verpflegt
              Besonders empfindliche Personengruppen in
              Gemeinschaftseinrichtungen

              Jeden Tag werden in Krankenhäusern und Kurkliniken,          richtungen Lebensmittelunternehmer, die dafür Sorge
              Einrichtungen der Altenpflege und Kinderbetreuung            zu tragen haben, dass die hergestellten Lebensmittel
              viele Menschen verpflegt, die aufgrund ihrer gesund-         sicher sind.
              heitlichen Situation, ihres noch jungen bzw. schon
              hohen Alters oder wegen der Einnahme bestimmter              Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infek-
              Medikamente für lebensmittelbedingte Infektionen be-         tionsprävention beim Robert Koch-Institut (KRINKO) hat
              sonders empfänglich sind. In Einzelfällen kann es im         Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen
              Verlauf dieser Erkrankungen zu schweren gesundheit-          Versorgung von immunsupprimierten Patienten ver-
              lichen Schäden bis hin zu Todesfällen kommen. Fehler         öffentlicht (1). In Ergänzung dazu sowie zu vorhande-
              bei der Auswahl und Zubereitung von Lebensmitteln            nen Branchenleitlinien und DIN-Normen (siehe Kapitel
              können daher vor allem für besonders empfindliche            „Weiterführende Informationen“ auf Seite 9) hat das
              Personen fatale Folgen haben.                                Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gemeinsam
                                                                           mit der BfR-Kommission für Hygiene die vorliegen-
              In der Gastronomie, Hotellerie und Betriebsgastronomie       de Handlungsempfehlung erarbeitet. Sie richtet sich
              können sich besonders empfindliche Personen durch            in erster Linie an die Verantwortlichen (Betreiber, Ge-
              eigenverantwortliche Speisenauswahl selbst schützen.         schäftsführung, Hygienefachkräfte, Küchenleitung) in
              In bestimmten kurativen und pflegenden Einrichtungen         Krankenhäusern, Einrichtungen der Altenpflege, Kin-
              ist dies aber nur eingeschränkt möglich. Daher kommt         dertagesstätten und anderen Einrichtungen, die re-
              den Betreibern dieser Einrichtungen, einschließlich          gelmäßig besonders empfindliche Personengruppen
              der Klinik- und Heimleitungen, sowohl bei der Herstel-       verpflegen. Diese Hinweise sollen die Verantwortlichen
              lung der Speisen als auch bei der Auswahl des Spei-          in diesen Einrichtungen sowie zuliefernde Cateringun-
              senangebots eine maßgebliche Verantwortung zu. Im            ternehmen bei der Umsetzung der bestehenden recht-
              rechtlichen Sinn sind die Verantwortlichen dieser Ein-       lichen Bestimmungen unterstützen.

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              Einrichtungen, die besonders empfindliche Personengruppen verpflegen, tragen eine besondere Verantwortung.

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Sicher verpflegt Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen
Sicher verpflegt: Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen

    Besonders empfindliche                                       reinen und unreinen Bereichen. Im Rahmen von Eigen-

    Personengruppen                                              kontrollen sollte die Temperaturführung der Speisenver-
                                                                 sorgung von der Herstellung bis zum Verzehr kritisch
                                                                 geprüft und ein geeignetes Transportsystem ausge-
    Zu den im Sinne dieser Empfehlung besonders empfind-         wählt werden.
    lichen Personengruppen zählen Menschen, deren kör-
    pereigene Abwehrkräfte gegenüber lebensmittelbeding-         Die Unterschiede zu anderen GV-Betrieben, wie Men-
    ten Infektionen beeinträchtigt oder noch nicht vollständig   sen und Betriebskantinen, bestehen bei der Verpfle-
    ausgebildet sind. Dazu gehören:                              gung von besonders empfindlichen Personengruppen
     Kleine Kinder bis fünf Jahre                               in erster Linie bezüglich:
     Senioren (insbesondere wenn ihre Abwehrkräfte ge-           Speisen und Speisekomponenten, auf deren Abgabe
        schwächt sind)                                              verzichtet werden sollte
     Schwangere                                                  Rohstoffen, die möglichst nicht verarbeitet werden
     Menschen, deren Abwehrkräfte durch Vorerkran-                 sollten
        kung oder Medikamenteneinnahme geschwächt                 Anforderung an die Lieferanten
        sind (siehe KRINKO-Empfehlung)                            Formulierung von Details in den Arbeitsanweisungen
                                                                  Häufigkeit und Intensität der betrieblichen Überwa-
    Diese Personengruppen werden oft mit der englischen             chungsmaßnahmen (inkl. Temperaturkontrollen)
    Abkürzung YOPI für young (jung), old (alt), pregnant          Häufigkeit und Qualität der Schulungsmaßnahmen
    (schwanger), immunosuppressed (immunsupprimiert)                für das Personal
    bezeichnet.

                                                                 Gefahrenanalyse und
    Herausforderung                                              kritische Prozessschritte
    Gemeinschaftsverpflegung
                                                                 Die Vermeidung mikrobiologischer Gefahren (z. B. Sal-
    Lebensmittelbedingte Erkrankungen können in Ge-              monellen oder Listerien) ist bei der Verpflegung beson-
    meinschaftsverpflegungseinrichtungen (GV-Betrieben)          ders empfindlicher Personen von wesentlicher Bedeu-
    auftreten, wenn Krankheitserreger mit Rohwaren oder          tung. Daher muss die Belastung der Lebensmittel mit
    infiziertem Personal in die Großküchen gelangen, durch       Krankheitserregern nicht nur durch umfassende Hygi-
    Hygienemängel in den Küchen verbreitet werden und            enemaßnahmen, sondern auch durch die Auswahl der
    in die zubereiteten Lebensmittel gelangen. Temperatur-       Zutaten und der Rezeptur minimiert werden.
    fehler können weiterhin dazu beitragen, dass die Krank-
    heitserreger in den Lebensmitteln überleben und sich         Betreiber*innen einer Küche und jede/r Verantwortliche,
    vermehren. Wichtige Elemente zum Schutz vor lebens-          in deren/dessen Zuständigkeitsbereich Verpflegung
    mittelbedingten Erkrankungen sind daher die Durch-           ausgegeben wird, ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass
    führung einer Gefahrenanalyse, umfassende Personal-          die ausgegebenen Lebensmittel für die Verpflegungs-
    schulungen sowie eine funktionelle Trennung zwischen         teilnehmer sicher sind (2).
                                                                                                                       © iStockphoto

    Häufigkeit und Intensität der betrieblichen Überwachungsmaßnahmen sind bei der Verpflegung von besonders empfindlichen
    Personengruppen von herausragender Bedeutung.

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Sicher verpflegt Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen
Die HACCP-gestützten Verfahren basieren auf folgen-              Hygienemaßnahmen vor, welche an festzulegenden
 den sieben Grundsätzen:                                          Hygienekontrollpunkten (CPs) ständig zu überwachen
  Ermittlung von Gefahren, die vermieden, ausge-                 sind (z. B. Kühltemperaturen).
    schaltet oder auf ein akzeptables Maß reduziert
    werden müssen (Gefahrenanalyse);                              Darauf aufbauend erfolgt die Einrichtung und Durch-
  Bestimmung der kritischen Kontrollpunkte (CCP)                 führung eines auf den HACCP-Grundsätzen gestütz-
    auf der/den Prozessstufe(n), auf der/denen eine               ten Verfahrens (3). Beim HACCP (englisch hazard anal-
    Kontrolle notwendig ist, um alle Gefahren zu ver-             ysis and critical control points) handelt es sich um ein
    meiden, auszuschalten oder auf ein akzeptables                System der Eigenkontrolle, mit dem auf Basis einer Ge-
    Maß zu reduzieren;                                            fahrenanalyse und der kritischen Kontrollpunkte (CCPs)
  Festlegung von Grenzwerten für diese CCPs,                     relevante Gefahren ermittelt, bewertet und beherrscht
    anhand derer im Hinblick auf die Vermeidung,                  werden sollen. Dort, wo die Bewertung erkannter Ge-
    Ausschaltung oder Reduzierung der ermittelten                 fahren (z. B. in Form von Krankheitserregern) zu dem
    Gefahren zwischen akzeptablen und nicht akzep-                Ergebnis kommt, dass kein CCP formuliert und kontrol-
    tablen Werten unterschieden wird;                             liert werden kann, aber Maßnahmen zur Gefahrenmi-
  Festlegung und Durchführung effektiver Verfahren               nimierung und deren Überwachung erforderlich sind,
    zur Überwachung der kritischen Kontrollpunkte;                soll die Gefahr im Vorfeld der Produktion durch ein ope-
  Festlegung von Korrekturmaßnahmen für den Fall,                ratives Präventivprogramm (oPRP) verhindert bzw. be-
    dass die Überwachung zeigt, dass ein kritischer               herrscht werden. Beispiele für CCPs und oPRPs stehen
    Kontrollpunkt nicht unter Kontrolle ist;                      in Tabelle 2.
  Festlegung von regelmäßig durchgeführten
    Verifizierungsverfahren, um festzustellen, ob den
    Vorschriften gemäß der ersten fünf Grundsätze                  Beispiele für Präventivprogramme (PRPs)
    entsprochen wird;
  Erstellung von Dokumenten und Aufzeichnungen,                   Maßnahmen der Basishygiene bezüglich Sauber-
    die der Art und Größe des Lebensmittelunter-                    keit und Ordnung, Reinigung und Desinfektion
    nehmens angemessen sind, um nachweisen zu                      Pflege der Infrastruktur und Geräte einschließlich
    können, dass den Vorschriften gemäß der ersten                  Instandhaltung
    sechs Grundsätze entsprochen wird.                             Einhaltung und Kontrolle der Lagertemperaturen
                                                                   hygienisch korrekter Umgang mit Lebensmitteln
 Quelle: BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION zur Umset-                   unter Beachtung der Produktionsanweisungen
 zung von Managementsystemen für Lebensmittelsicherheit un-
 ter Berücksichtigung von PRPs und auf die HACCP-Grundsätze
 gestützten Verfahren einschließlich Vereinfachung und Flexibi-   Bei der Gefahrenanalyse ist auch zu berücksichtigen,
 lisierung bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittelunter-     für welche Verbrauchergruppen die produzierten Le-
 nehmen (2016/C 278/01)                                           bensmittel bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass
                                                                  in vielen Einrichtungen unterschiedliche Personengrup-
                                                                  pen verpflegt werden, auch solche, die hinsichtlich der
Jede Verpflegungseinrichtung muss zunächst durch                  Verpflegung keinen Einschränkungen unterliegen.
„Gute Herstellungspraxis“ (GMP – Good Manufactur-
ing Practice) und „Gute Hygienepraxis“ (GHP – Good                Gefahrenanalyse bedeutet hier, jeden Prozessschritt
Hygiene Practice) dafür Sorge tragen, dass die Ba-                von der Planung des Speisenangebots über die Be-
sishygiene durch geeignete Maßnahmen eingehalten                  schaffung bis hin zur Ausgabe zusätzlich daraufhin zu
wird. Diese Basishygienemaßnahmen (z. B. Personal-                analysieren, ob die Gesundheit der zu verpflegenden
hygiene, Reinigung und Desinfektion, Schädlingsbe-                Personen gefährdet ist, wenn der entsprechende Pro-
kämpfung, Abfallentsorgung) dienen dem Schutz der                 zessschritt nicht beherrscht wird. Das Ziel ist, dass jede
Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheit-                  identifizierte Gefahr minimiert oder beseitigt wird. Ist
lichen Beeinträchtigungen durch Krankheitserreger                 das nicht möglich, muss die Planung der Speisenher-
oder Allergene. Insbesondere Gebäude, Einrichtun-                 stellung bzw. der Einkauf von Rohprodukten so verän-
gen und Installationen, Maschinen und Geräte müs-                 dert werden, dass die Gefahr gar nicht erst auftreten
sen stets in einem hygienisch einwandfreien Zustand               kann. Erforderliche Maßnahmen sind in Verfahrens- und
gehalten werden. Dazu sollten Präventivprogramme                  Arbeitsanweisungen festzulegen und deren Einhaltung
(PRPs) eingerichtet und aufrechterhalten werden. Die-             ist streng zu kontrollieren und zu dokumentieren. Die Er-
se PRPs beschreiben den SOLL-Zustand und geben                    gebnisse der Gefahrenanalyse bestimmen maßgeblich,
                                                                  wie die Produktion der Speisen zu erfolgen hat.

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Sicher verpflegt: Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen

    Das Prinzip der Gefahrenanalyse ist nicht nur in Groß-      Obst und Gemüse nicht nur gründlich waschen,
    küchen bzw. im Catering anzuwenden. Es muss auch             sondern möglichst auch schälen;
    berücksichtigt werden, wenn Lebensmittel in Kinder-         Säurearmes Obst (vor allem Melonenstücke),
    tagesstätten oder Pflegeeinrichtungen gemeinsam mit          Gemüse sowie Blattsalate nach dem Kleinschnei-
    Kindern oder Bewohnerinnen und Bewohnern herge-              den umgehend verzehren oder bis zum alsbaldi-
    stellt und verzehrt werden. Empfehlenswert für das the-      gen Verzehr im Kühlschrank lagern;
    rapeutische oder pädagogische Kochen mit diesen Per-        Smoothies aus frischem Obst und Gemüse
    sonen sind Speisen, welche direkt nach vollständigem         unmittelbar nach der Herstellung verzehren.
    Durcherhitzen verzehrt werden. Bei der Verarbeitung
    von rohen tierischen Lebensmitteln, insbesondere von       Entscheidend ist, ob und in welcher Anzahl zum Zeit-
    frischem Fleisch, Fisch oder rohem Ei, ist auf eine sehr   punkt des Verzehrs gesundheitlich bedenkliche Mikro-
    sorgfältige Hygiene zu achten, um Schmierinfektionen       organismen in der fertigen Speise zu erwarten sind und
    und Kreuzkontaminationen zu vermeiden.                     für wen die Speisen bestimmt sind. Zum Beispiel sind
                                                               Schwangere und Personen mit einer massiven Beein-
    Nachfolgend sind die Prozessschritte aufgelistet, die      trächtigung der körpereigenen Abwehr gegenüber Infek-
    bei der Gefahrenanalyse in GV-Betrieben im Hinblick        tionen mit Listerien besonders empfindlich.
    auf besonders empfindliche Personengruppen maß-
    geblich zu beachten sind.                                  Zum Schutz vor Listeriosen kann es ratsam sein, nicht
                                                               nur rohe, sondern auch bereits erhitzte, verzehrfertige
                                                               Lebensmittel vor der Ausgabe erneut zu erhitzen. Alter-
    Auswahl des Speisenangebots                                nativ können diese Produkte durch andere verzehrfertige
                                                               Lebensmittel ersetzt werden, die aufgrund ihres Herstel-
    Sowohl tierische als auch einige pflanzliche Lebensmit-    lungsverfahrens frei von Listerien sind (z. B. Konserven).
    tel können mit Krankheitserregern (Bakterien, Viren oder   Weitere Hinweise zum Schutz vor Infektionen mit Liste-
    Parasiten) belastet sein, die für besonders empfindliche   rien finden sich in den BfR-Verbrauchertipps „Schutz vor
    Personen eine Gesundheitsgefährdung darstellen. Da-        Lebensmittelinfektionen mit Listerien“.
    her ist beispielsweise die Abgabe von Rohmilch in der
    Gemeinschaftsverpflegung untersagt (4). Darüber hin-       Gemäß Hinweis der KRINKO kann für immunsuppri-
    aus dürfen GV-Betriebe mit Rohei hergestellte Speisen      mierte Personen möglicherweise auch der Verzehr von
    nur dann an besonders empfindliche Personengruppen         Lebensmitteln mit probiotischen Kulturen eine Gefahr
    abgeben, wenn ein geeignetes Verfahren die Abtötung        darstellen (1).
    von Salmonellen vor der Abgabe sicherstellt (5).

    Zudem können die in der Tabelle 1 aufgeführten rohen       Warenbeschaffung
    und verzehrfertigen Lebensmittel Krankheitserreger in
    Mengen enthalten, die für besonders empfindliche Per-      Spezifikationen für die zu beschaffenden Lebensmittel
    sonen unter Umständen schwerwiegende gesundheitli-         ergeben sich aus der Gefahrenanalyse. Wichtig ist es,
    che Folgen haben können. Sofern es nicht vorgesehen        Lieferanten zu wählen, die nachweislich die geforderte
    ist, diese Lebensmittel kurz vor der Ausgabe ausreichend   Qualität gewährleisten können. Unzureichend ist eine
    zu erhitzen (siehe Abschnitt „Garen“), wird geraten, auf   ausschließliche Verlagerung der Verantwortung für die
    deren Abgabe an besonders empfindliche Personen-           mikrobiologische Beschaffenheit der Rohwaren auf den
    gruppen zu verzichten.                                     Lieferanten, z. B. durch die Spezifikation „frei von patho-
                                                               genen Keimen“.
    Für alle anderen Speisen und Getränke ist aufgrund
    einer Gefahrenanalyse zu bestimmen, ob die Ausgabe         Im Sinne der Prävention von lebensmittelbedingten
    an besonders empfindliche Personengruppen möglich          Infektionen wird Verpflegungseinrichtungen darüber
    ist, welche weiteren Maßnahmen zur Risikominimierung       hinaus empfohlen, mit „Beschaffungsverboten“ für be-
    erforderlich sind oder ob die Ausgabe aufgrund eines       stimmte rohe Lebensmittel das Risiko eines Eintrags
    erhöhten Gesundheitsrisikos unterbleiben muss.             von Krankheitserregern in die Küchen und deren nach-
                                                               folgende Verbreitung zu minimieren. Speisekomponen-
    Das Risiko von Lebensmittelinfektionen durch den Roh-      ten mit einer höheren Verarbeitungsstufe (Convenience-
    verzehr von Obst und Gemüse lässt sich beispielsweise      Grad), wie z. B. vorportionierte Fleischzubereitungen
    folgendermaßen reduzieren:                                 oder pasteurisiertes Vollei, können den Eintrag von Kei-
                                                               men in die Produktion verringern.

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Tabelle 1: Rohe und verzehrfertige Lebensmittel, die in Einrichtungen für besonders empfindliche Personen-
gruppen im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung (GV) nur abgegeben werden sollten, sofern sie kurz vor
der Ausgabe ausreichend erhitzt wurden

                         Milch und aus Milch hergestellt, einschließlich Käse

 Rohmilch (Abgabeverbot gemäß § 17 Tier-LMHV)
 unter Verwendung von Rohmilch hergestellte Produkte (z. B. Butter, Milchmischgetränke, Nachspeisen)
 Käse aus Rohmilch mit Ausnahme von mindestens 6 Monate gereiftem Hartkäse (z. B. Parmigiano Reggiano,
  Grana Padano)
 Sauermilchkäse und Weichkäse aus pasteurisierter Milch, der mit Oberflächenschmiere (Gelb- und/oder
  Rotschmiere) hergestellt wurde (z. B. Harzer, Mainzer, Ölmützer Quargel, Limburger, Munster)
 im GV-Betrieb selbst hergestelltes Speiseeis

                                  Aus Fleisch oder Geflügel hergestellt

 nicht durchgegartes Fleisch oder Geflügel (z. B. Steak, rosa Entenbrust, Carpaccio)
 rohe Hackfleischzubereitungen (z. B. frisches Mett, Hackepeter, Tatar)
 streichfähige, schnell gereifte Rohwürste (z. B. frische Mettwurst, Teewurst, Braunschweiger)

                                           Aus Eiern hergestellt

 mit Rohei hergestellte Speisen, wenn das Herstellungsverfahren die Abtötung von Salmonellen
  vor der Abgabe nicht sicherstellt (Abgabeverbot gemäß § 20a Tier-LMHV)

                               Aus Fischen oder Meerestieren hergestellt

 roher Fisch und rohe Meerestiere (z. B. Sushi, Sashimi, Austern)
 geräucherte oder gebeizte Fischereierzeugnisse (z. B. Räucherlachs, Stremellachs, geräucherte Forelle,
  Räuchermakrele, Graved Lachs)

                      Aus Obst, Gemüse und anderen Pflanzenteilen hergestellt

   Sprossen/Keimlinge
   Tiefkühlbeeren
   Tiefkühlgemüse
   Getreidemehle und Teige daraus

                                                                                                             5
Sicher verpflegt: Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen

    Lagern                                                       Vorbereiten/Zwischenlagern
                                                                 von Halbfabrikaten
    Eine sachgerechte Lagerhaltung kann den Eintrag von
    Krankheitserregern in Lebensmittel sowie deren Vermeh-       Durch Hygienemängel können Keime in Lebensmittel
    rung und Verschleppung im Betrieb verhindern. Wichtig        gelangen und sich unter Umständen darin vermehren.
    sind schriftliche Verfahrensanweisungen, wie z. B. im Ha-    Daher ist in GV-Betrieben, die regelmäßig besonders
    variefall mit eingelagerten kühlpflichtigen Lebensmitteln    empfindliche Personengruppen verpflegen, die räum-
    umzugehen ist.                                               liche und/oder zeitliche Trennung von „reinen“ und „un-
                                                                 reinen“ Prozessen besonders strikt zu überwachen.
    Kritisch zu bewerten sind solche Lebensmittel, die           Dies sollte mit einer klaren Trennung von Geräten und
    nach einer Wärmebehandlung durch weitere Verarbei-           Arbeitsflächen einhergehen.
    tungsschritte, wie z. B. Aufschneiden und Verpacken,
    leicht mit Listerien rekontaminiert werden können und
    außerdem deren Vermehrung ermöglichen. Dazu ge-              Garen
    hören z. B. Fleischerzeugnisse wie Brühwurstaufschnitt,
    Weichkäse oder selbst zubereitete Feinkostsalate. Da         Da die meisten Krankheitserreger bei einer ausreichen-
    sich Listerien grundsätzlich auch bei Kühltemperaturen       den Erhitzung der hergestellten Speisen (mindestens
    vermehren können, wird empfohlen, diese Lebensmittel         72 Grad Celsius für zwei Minuten im Kern) absterben,
    möglichst frisch und weit vor Ablauf der Haltbarkeitsfrist   sind die Einhaltung der notwendigen Temperaturvorga-
    zu verbrauchen. Nach Unterbrechung der Kühlkette soll-       ben und deren regelmäßige Kontrolle beim Garen von
    te ganz auf die Abgabe verzichtet werden.                    Speisen von wesentlicher Bedeutung. Dazu sollte regel-

                                                                                                                     © BfR

    Zum Schutz vor Lebensmittelvergiftungen müssen warme Speisen bei der Ausgabe ausreichend heiß gehalten werden
    (mindestens 60 Grad Celsius an allen Stellen der Speise).

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mäßig, möglichst automatisiert, die Kerntemperatur ge-      Heißhalten/Portionieren
messen werden. Bei Niedrigtemperatur-Garverfahren
müssen mindestens 65 Grad Celsius erreicht und die          Während vermehrungsfähige Bakterien bei der Erhitzung
Garzeiten so verlängert werden, dass die gleiche mikro-     von Speisen absterben, können Bakteriensporen auch bei
biologische Sicherheit erzielt wird. Um Krankheitserreger   hohen Temperaturen überleben. Unter bestimmten Be-
in sehr trockenen Lebensmitteln (z. B. Mehl, Gewürze)       dingungen können diese Sporen wieder zu vermehrungs-
abzutöten, sind allerdings deutlich höhere Temperaturen     fähigen Bakterien auskeimen, die sich dann vermehren
und längere Erhitzungszeiten erforderlich.                  und Toxine bilden können. Diese Gefahr besteht vor allem
                                                            bei Tablett-portionierten Speisen für die Krankenhausver-
                                                            pflegung. Eine sachgerechte Heißhaltung (mindestens
Abkühlen                                                    60 Grad Celsius an allen Stellen der Speise und aus Qua-
                                                            litätsgründen für max. drei Stunden inkl. Transportzeit)
Hitzeresistente Bakteriensporen sind gegenüber Garpro-      kann vorhandene Sporen am Auskeimen hindern. Es soll-
zessen bis 100 Grad Celsius unempfindlich. Werden hei-      te durch geeignete Verfahren und Geräte (z. B. Transport-
ße Speisen langsam abgekühlt, können im Lebensmittel        systeme mit aktiver Heißhaltung) sowie durch regelmäßige
vorhandene Sporen auskeimen, so dass hohe Konzen-           Temperaturkontrollen bei Ausgabe der Speisen sicherge-
trationen an Krankheitserregern entstehen können, die       stellt werden, dass die Vorgaben eingehalten werden.
möglicherweise Giftstoffe (Toxine) bilden. Lebensmittel,
die heiß produziert und zu einem späteren Zeitpunkt kalt
ausgegeben werden (z. B. Kochpudding), sollten mög-         Ausgeben
lichst schnell und aktiv abgekühlt werden (Abkühlung
innerhalb von max. 120 Minuten von 60 Grad Celsius          Im Hinblick auf die Ausgabe von Speisen sind klare Re-
auf 10 Grad Celsius). Anschließend sollten die Speisen      gelungen und Absprachen zwischen produzierenden
konstant bis zur Abgabe bei max. 7 Grad Celsius kühl        und ausgebenden Stellen notwendig (Schnittstellen-
gelagert werden. Die Vorgaben für das Rückkühlen und        management). Nur so lässt sich ein hoher lebensmittel-
die Kühllagerung muss das Küchenpersonal daher zwin-        hygienischer Standard einschließlich der Einhaltung der
gend einhalten. Voraussetzung ist eine entsprechende        Temperaturvorgaben gewährleisten. Warme Speisen
Ausstattung mit geeigneten Geräten. Für Speisen, die im     sollten bei einer ausreichenden Temperatur (mindestens
Cook & Chill-Verfahren produziert werden, gelten noch       60 Grad Celsius an allen Stellen der Speise) ausgege-
strengere Temperatur- und Zeitvorgaben (Erläuterungen       ben werden. Bei kalten selbst hergestellten Lebensmit-
s. Tabelle 2 im Anhang).                                    teln (z. B. Salate, Desserts) ist darauf zu achten, dass
                                                            sie bis zur Abgabe bei höchstens 7 Grad Celsius gela-
                                                            gert und umgehend nach dem Kühlen verzehrt werden.
 Beim Cook & Chill-Verfahren werden Speisen kurz vor        Bei der Lagerung von Lebensmitteln in Fertigpackungen
 Ende des Garungsprozesses durch Schockkühlen auf           sind die Kühlhinweise der Hersteller zu beachten.
 3 bis 1 Grad Celsius herabgekühlt, gekühlt transpor-
 tiert und gelagert und dann erst wieder unmittelbar vor
 der Speisenausgabe erhitzt und heiß ausgegeben.            Weiterverwendung überschüssig
                                                            produzierter Speisen

Regenerieren/Endgaren                                       Am Ende des Produktionstags sind Roh- und Feinkost-
                                                            salate, Cremespeisen, einschließlich Kuchen mit nicht
Unter Regenerieren versteht man das nochmalige Erhit-       durchgebackenen Cremefüllungen, und sahnehaltige
zen fertig gegarter Speisen vor der heißen Ausgabe und      Konditoreiprodukte zu entsorgen. Andere überschüssig
unter Endgaren das Erhitzen von vorgegarten Speisen         produzierte Speisen, welche den Küchenbereich nicht
zum Abschluss des Garprozesses. Um nachträglich ein-        verlassen haben, lassen sich entweder fachgerecht
gebrachte Krankheitserreger und ausgekeimte Bakteri-        einfrieren oder sind schnellstmöglich, jedoch maximal
ensporen in Lebensmitteln sicher abzutöten, sollten auch    innerhalb von zwei Tagen, nach einer nochmaligen,
an diesen Prozessschritten die Temperaturvorgaben und       ausreichenden Erhitzung zu verbrauchen. Die Weiter-
deren Kontrolle eingehalten werden (siehe „Garen“).         verwendung überschüssig produzierter Speisen kommt
                                                            aber nur in Betracht, wenn die Speisen während der
                                                            Zwischenlagerung nicht nachteilig beeinflusst und die
                                                            Temperaturanforderungen an das vorherige Garen,
                                                            das Heißhalten und/oder Schnellkühlen und Kühlhalten
                                                            nachweislich eingehalten wurden.

                                                                                                                        7
Sicher verpflegt: Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen

    Überwachungsmaßnahmen                                       Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Perso-
                                                                 nal den Vorgesetzten hygienerelevante gesundheit-
    GV-Betriebe, die regelmäßig besonders empfindliche           liche Einschränkungen meldet und Tätigkeitsver-
    Personengruppen verpflegen, sollten der Temperatur-          bote (7) beachtet; durch zusätzliche Maßnahmen
    überwachung eine herausragende Bedeutung beimes-             der gesundheitlichen Überwachung das Risiko
    sen. Die Ausstattung mit geeigneten Messinstrumenten         minimieren, dass infizierte Personen mit Lebens-
    (z. B. Datenerfassungsgeräte für Kühlräume, Abkühl-          mitteln umgehen;
    und Transportprozesse) und deren regelmäßige Kalib-         Schulungen mehrmals jährlich und mit erhöhter In-
    rierung sind dafür notwendige Voraussetzungen. Sehr          tensität durchführen; dabei ist auf die besonderen
    wichtig ist außerdem eine ordnungsgemäße Durchfüh-           Gefahren für besonders empfindliche Personen-
    rung der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen,             gruppen hinzuweisen;
    weshalb deren Wirksamkeit möglichst oft mit geeigne-        in Krankenhäusern, Pflegeheimen u. ä. auch das
    ten Methoden überprüft werden sollte. Eine sorgfältige       Stationspersonal auf dem Gebiet der Lebensmittel-
    Dokumentation aller Überwachungsmaßnahmen und                hygiene schulen.
    klare Verfahrensanweisungen bei Abweichungen sind
    selbstverständlich.
                                                                Hinweise für Schulungen des Personals

    Personal                                                   Mehr Aufmerksamkeit und Motivation für die ord-
                                                               nungsgemäße Durchführung aller Hygienemaßnah-
    Das Personal nimmt in den oben genannten kurativen         men erzielen regelmäßige Schulungen mit kleineren
    und pflegenden Einrichtungen eine Schlüsselposition        Themenblöcken. Für die Durchführung von Schulun-
    ein. Fehler, die diese Personen bei der Speisenproduk-     gen sind wichtig:
    tion machen, können vor allem bei besonders emp-            Schulungsinhalte und ihre Vermittlung an die Vor-
    findlichen Personen schwere Erkrankungen auslösen.           kenntnisse und Tätigkeitsbereiche des zu schulen-
    Damit das Personal die besonderen hygienischen An-           den Personals anpassen und eventuell vorhande-
    forderungen erfüllen kann, muss es fachlich qualifiziert     ne Sprachbarrieren berücksichtigen
    sein, die Gefahren und Kontrollpunkte bei Herstellung,      Personalfluktuation erhöht den Einweisungs- und
    Lagerung, Transport und Ausgabe der Speisen ken-             Schulungsbedarf
    nen, in die betrieblichen Eigenkontrollsysteme und          Hygieneregeln mit entsprechenden Hintergrund-
    Maßnahmen des Hygienemanagements gründlich ein-              informationen begründen
    gewiesen sein und regelmäßig geschult werden (6).           Regeln für die Speisenausgabe und Temperatur-
    Neben der Wissensvermittlung kommt es darauf an,             vorgaben stets ansprechen
    das Personal so zu sensibilisieren und zu motivieren,       auf die besondere Empfindlichkeit bestimmter
    dass es die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes        Personengruppen und die daraus resultierenden
    beachtet und die allgemeinen Hygieneregeln eigen-            Einschränkungen und besonderen Anforderungen
    ständig befolgt. Dies betrifft zum einen die persönliche     beim Speisenangebot hinweisen
    Hygiene (z. B. regelmäßiges hygienisches Händewa-           Küchenleitung und Stellvertretung vertieft auch
    schen, Tragen der Hygienekleidung einschließlich Kopf-       theoretisch über rechtliche Anforderungen so-
    bedeckung und ggf. Einmalhandschuhe, Schmuck- und            wie in Bezug auf die Anwendung von PRPs und
    Rauchverbot) und zum anderen die korrekte Durchfüh-          HACCP-Grundsätzen angemessen schulen
    rung der Kontrollmaßnahmen (Beachtung aller Anwei-          neue (interaktive) Medien nutzen, vor allem für die
    sungen, sofortige Meldung bei Abweichungen, genaue           Selbstkontrolle der erworbenen Kenntnisse
    Dokumentation).                                             Schulungen am Arbeitsplatz mit praktischen Übun-
                                                                 gen verbinden, z. B. bei der Speisenverteilung
    Betriebe, die regelmäßig besonders empfindliche Per-        Schulungen dokumentieren und immer mit Leis-
    sonengruppen verpflegen, sollten deshalb:                    tungs- und Verständniskontrolle verbinden (einfa-
     ausreichend Personal mit einschlägiger Berufsaus-          ches Gegenzeichnen reicht nicht)
      bildung und -erfahrung beschäftigen;
     neues Personal sachgerecht auswählen und dabei
      die notwendigen Fachkenntnisse abprüfen;

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Weiterführende Informationen                              Anhang
 www.bfr.bund.de: Informationen und Merkblätter          Hinweise für die Gefahrenanalyse
 Verbrauchertipps zum Schutz vor Lebensmittel-           „warme Küche“
  infektionen mit Listerien: www.bfr.bund.de/cm/350/
  verbrauchertipps-schutz-vor-lebensmittelinfektionen-    Nachfolgend werden diejenigen Prozessschritte näher
  mit-listerien.pdf                                       betrachtet, die für die Produktion von warmen Speisen
 DIN 10506, Lebensmittelhygiene –                        für besonders empfindliche Personen in Betrieben der
  Gemeinschaftsverpflegung                                Gemeinschaftsverpflegung von besonderer Bedeu-
 DIN 10508, Lebensmittelhygiene –                        tung sind.
  Temperaturen für Lebensmittel
 DIN 10514, Lebensmittelhygiene –                        In der Tabelle 2 sind die an diesen Prozessschritten
  Hygieneschulung                                         möglichen biologischen Gefahren sowie geeignete
 DIN 10526, Lebensmittelhygiene –                        Maßnahmen zur Gefahrenminimierung zusammenfas-
  Rückstellproben in der Gemeinschaftsverpflegung         send dargestellt. Die Zusammenstellung soll Hinweise
 Deutscher Caritasverband e. V. und Diakonisches         für die Durchführung einer Gefahrenanalyse und das
  Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland            HACCP-Konzept geben, kann diese aber nicht erset-
  e. V. (Hg.): Wenn in sozialen Einrichtungen ge-         zen. In der Tabelle sind mehrere allgemeine Maßnah-
  kocht wird. Die Leitlinie für eine Gute Lebensmittel­   men im Rahmen der präventiven Programme zum Hy-
  hygienepraxis in sozialen Einrichtungen,                gienemanagement (PRPs) und deren Überwachung
  ISBN 978-3-7841-1788-1                                  aufgeführt.
 BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION zur Um-
  setzung von Managementsystemen für Lebensmit-           Kritische Kontrollpunkte (CCPs) sind Stufen, auf de-
  telsicherheit unter Berücksichtigung von PRPs und       nen es möglich ist, eine Gefahr für die Lebensmittel-
  auf die HACCP-Grundsätze gestützten Verfahren           sicherheit zu verhüten, auszuschalten oder auf ein
  einschließlich Vereinfachung und Flexibilisierung       akzeptables Maß zu reduzieren. Typische CCPs zur
  bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittel-           Beherrschung mikrobiologischer Gefahren sind Erhit-
  unternehmen (2016/C 278/01)                             zungsverfahren (z. B. Pasteurisierung).
 ISO/TS 22002-2:2013-01, Präventivprogramme
  (PRPs) für Lebensmittelsicherheit – Teil 2:             Kriterien für die Einordnung als CCP sind:
  Gemeinschaftsverpflegung                                 Die Nichtbeherrschung des Prozessschrittes führt
 Schmid I, Albert MH, Stachel D, Simon A. Nah-              zu einer nicht akzeptablen Gesundheitsgefährdung
  rungsmittelrestriktionen zur Infektionsprävention bei      der Verpflegungsteilnehmer.
  Kindern mit Krebserkrankung: Was ist gesichert           Das Risiko kann auf einer späteren Prozessstufe
  und was ist sinnvoll? Hyg Med 2008; 33 (1/2): 16–24        nicht ausreichend gesenkt werden.
 Lund BM. Microbiological food safety and a low-          Auf dieser Prozessstufe kann man durch Maßnah-
  microbial diet to protect vulnerable people. Food-         men zur Risikobeherrschung das Gefährdungs-
  borne Pathog Dis 2014; 11(6): 413–424                      potenzial ausreichend senken.

                                                          Kann aufgrund fehlender messbarer Grenzwerte kein
                                                          CCP formuliert und kontrolliert werden, ist zu prüfen,
                                                          ob die Beherrschung der Gefahren durch ein opera-
                                                          tives Präventivprogramm (oPRP) oder/und eine Wa-
                                                          renspezifikation im Vorfeld der Produktion möglich ist.
                                                          Die oPRPs sind Punkte im Produktions- und Vertriebs-
                                                          prozess, die im Rahmen der PRPs anhand messba-
                                                          rer oder sichtbarer Kriterien verstärkt oder komplexer
                                                          nachvollziehbar überwacht werden.

                                                                                                                    9
Sicher verpflegt: Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen

     Tabelle 2: Zusammengefasste Übersicht über mögliche biologische Gefahren im Zusam-
     menhang mit der Herstellung und Ausgabe heißer Speisen in der Gemeinschaftsverpflegung
     sowie geeignete Maßnahmen zur Gefahrenminimierung

                                                              CCP,
                      Rohstoff/Produkt /                      oPRP   Vorbeugende
     Prozessschritt                           Gefahr
                      Einzelprozess                           oder   Maßnahmen
                                                              PRP

                                                                     • Sichtkontrolle der Lieferung auf Verschmutzungen, beschä-
                                              Kontamination
                                                                       digte oder verschmutzte Packungen, Schädlingsbefall und
                                              mit patho-
                                                                       Verderb
                                              genen Mikro-
                                                                     • bei kühlpflichtigen Lebensmitteln (einschließlich Halbfabrika-
     Warenannahme     alle Lebensmittel       organismen,   PRP
                                                                       ten wie geputztes Gemüse, verpackte geschälte Kartoffeln)
                                              bakteriellen
                                                                       sowie tiefgefrorenen Lebensmitteln zusätzlich Kontrolle der
                                              Toxinen und
                                                                       Einhaltung der Kühl- bzw. Tiefkühlkette und der Anlieferungs-
                                              Mykotoxinen
                                                                       temperatur (siehe auch Lagern)

                                                                     • Haltbarkeitsfristen und Angaben des Herstellers zur Lager-
                                                                       temperatur beachten
                                              Vermehrung             • Temperaturüberwachung der Kühl- und Tiefkühleinrichtungen
                      kühlbedürftige und      pathogener,            • bei fehlenden Angaben gelten folgende Temperaturempfeh-
     Lagern           tiefgefrorene Lebens-   Mikroorganis-   PRP      lungen:
                      mittel                  men, Toxin-              -18 °C oder niedriger: tiefgefrorene Lebensmittel
                                              bildung                  max. +2 °C: rohes Fleisch und Geflügel
                                                                       max. +7 °C: Molkereiprodukte und andere kühlbedürftige
                                                                       Lebensmittel, geputztes Gemüse und geschälte Kartoffeln

                                                                     • möglichst pasteurisierte Eiprodukte verwenden
                                              Kreuzkontami-          • bei Verwendung von rohen Eiern diese an separatem Arbeits-
                      Zwischenprodukte
                                              nation mit und           platz aufschlagen
                      herstellen, Zutaten
                                              Vermehrung             • alle roheihaltigen Zwischenprodukte getrennt von anderen
     Vorbereiten      garfertig machen,                      PRP
                                              von patho-               Lebensmitteln behandeln
                      Garbehälter beschi-
                                              genen Mikro-           • alle Zwischenprodukte unverzüglich weiterverarbeiten oder
                      cken
                                              organismen               zwischenkühlen
                                                                     • Reinigung/Desinfektion von Händen und Gerätschaften

                                              Unversporte,
                      einzelne warme Kom-
                                              pathogene              Erhitzung auf +72 °C Kerntemperatur für mindestens zwei
     Garen            ponenten oder kom-                      CCP
                                              Mikroorganis-          Minuten Einwirkzeit oder gleich wirksamer Prozess
                      plett warme Speise
                                              men

     Abfüllen bzw.
                                                             PRP     hygienisches Arbeiten, kurze Standzeiten
     Portionieren                             pathogene
                                              Sporen bil-
     Heißhalten,                              dende Bakte-
                                              rien (Bacillus         ausreichendes Heißhalten (mindestens +60 °C an allen Stellen
     Ausgeben                                                oPRP
                                              cereus,                der Speise) für höchstens drei Stunden
     (Cook&Serve)     gegarte
                                              Clostridium
                      Lebensmittel
                                              perfringens);
     Schnellkühlen                            pathogene              Kühlen von +60 °C Kerntemperatur auf unter +4 °C binnen 90
                                                             oPRP
     (Cook&Chill)                             Bakterien              Minuten
                                              (Rekontamina-
     Regenerieren                             tionen)                Erhitzung auf +72 °C Kerntemperatur für mindestens
                                                             CCP
     bzw. Endgaren                                                   zwei Minuten Einwirkzeit oder gleich wirksamer Prozess

10
Tabelle 3: Musterbeispiel: HACCP-Plan für „warme Küche“
 Name des Betriebs:                                                   Dok-Nr.:                                                       Seite 3 von 3

                                                                      Revision Nr.:                                                  Gültig ab:
                                                                                                                                                  Mitgel-
                                               Maßnahmen                                                                             Korrek-
 CCP-     Prozess-      Zu beherrschende                       Richt- Temperatur-                                                                 tende      Verantwort-
                                               zur Beherr-                                    Monitoring                             turmaß-
 Nr.      stufe         Gefahr                                 wert   Grenzwerte                                                                  Unter-     lich
                                               schung                                                                                nahme        lagen
                                                                                              Einhalten der Zeit-Temperatur-
                                                                      +72 °C Kerntempe-
                        unversporte,           korrekte Gar-                                  Einstellungen; Kerntemperaturmessun-
                                                                      ratur erreicht oder                                            Nach-                   Küchen-
  1       Garen         pathogene              temperatur                                     gen bei Lebensmitteln, bei denen das                AA Nr. …
                                                                      gleich wirksamer                                               garen                   leitung
                        Bakterien              und -zeiten                                    Erreichen der Solltemperatur schwer
                                                                      Prozess
                                                                                              zu erkennen ist
          Heißhalten,
                                               korrekte               mindestens +60 °C                                              Ware
          Ausgeben                                                                                                                                           Küchen-
  2                                            Heißhalte-             an allen Stellen der    Temperaturmessung bei der Ausgabe      entsor-      AA Nr. …
          (Cook&                                                                                                                                             leitung
                                               temperatur             Speise                                                         gen
          Serve)        pathogene Sporen
                        bildende Bakterien
          Schnell-      (Bacillus cereus,      korrekte Ab-           von +60 °C Kerntem-                                            Ware
          kühlen                                                                                                                                             Küchen-
  3                     Clostridium perfrin-   kühlgeschwin-          peratur auf unter       Temperaturmessung nach 90 Minuten      entsor-      AA Nr. …
          (Cook&        gens); bakterielle                                                                                                                   leitung
                                               digkeit                +4 °C in 90 Minuten                                            gen
          Chill)        Lebensmittelinfek-
                        tionserreger (Re-                                                     Einhalten der Zeit-Temperatur-
                        kontamination)         korrekte               +72 °C Kerntem-
          Regenerie-                                                                          Einstellungen; Kerntemperaturmessun-
                                               Erhitzungs-            peratur erreicht oder                                          Weiter                  Küchen-
  4       ren bzw.                                                                            gen bei Lebensmitteln, bei denen das                AA Nr. …
                                               temperatur             gleich wirksamer                                               erhitzen                leitung
          Endgaren                                                                            Erreichen der Solltemperatur schwer
                                               und -dauer             Prozess
                                                                                              zu erkennen ist
 Erstellt:                                                                                    Genehmigt:

AA: Arbeitsanweisung

Referenzen
(1) Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention:                          (6) § 4 und Anlage 1 der Verordnung über Anforderungen an die
      Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versor-                              Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von
      gung von immunsupprimierten Patienten. Bundesgesundheitsbl                              Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung – LMHV) in
      Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz (2010) 53:357-388                                   der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl.
(2) Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen                              I S. 1469), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 3. Januar
      Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung                             2018 (BGBl I S. 99) geändert worden ist; Verordnung (EG) Nr.
      der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmit-                             852/2004, Anlage II Kapitel XII
      telrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebens-                     (7) §§ 34 und 42 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vor-
      mittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmit-                        schriften (Seuchenrechtsneuordnungsgesetz – SeuchRNeuG) –
      telsicherheit, ABl EU, 2002, Nr. L 31, S. 1 (in der jeweils gültigen                    Artikel 1: Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektions-
      Fassung)                                                                                krankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom
(3) Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen                               20. Juli 2000, BGBI I, 2000, Nr. 33, S. 1045–1077 (in der jeweils
      Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmit-                             gültigen Fassung)
      telhygiene, ABl EU, 2004, Nr. L 226, S. 3 (in der jeweils gültigen
      Fassung)
(4) § 17 der Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim
      Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Le-
      bensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel-Hygi-
      eneverordnung – Tier-LMHV) in der Fassung vom 18. April 2018
      (BGBI I S. 480 (619))
(5) § 20 a der Tier-LMHV, Referenz s. (4)

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Diese Empfehlung ist unter Mitarbeit der BfR-Kommission für Hygiene (2008–2010) entstanden und wurde im Jahr 2020 mit
     Beteiligung der BfR-Kommission für Biologische Gefahren und Hygiene überarbeitet.
     Berlin 2020/Nachdruck mit Genehmigung der Pressestelle des BfR erlaubt.

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