Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR

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Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier

                 Wissen und Bildung
Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
„Die vorliegende Studie verdeutlicht,
    wie gut die Kompetenz- und Qualifizierungs­
    landschaft des Rheinischen Reviers
    für den Wandel hin zur Modellregion für
    nachhaltige Bioökonomie aufgestellt ist.“

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Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
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Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Strukturwandel im Rheinischen Revier wird nicht nur das wirt-
schaftliche Profil der Region verändern, sondern auch die berufliche
Bildung in der Region. Mit dem Abschied von der Braunkohle werden
viele neue Berufsfelder entstehen, für die insbesondere Wissen und
Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit und systemisches Denken
gefragt sind. Die umweltschonende Produktion von Nahrungsmit-
teln sowie die Nutzung von biobasierten Roh- bzw. Reststoffen
oder der Aufbau einer regionalen Kreislaufwirtschaft bedürfen dabei
qualifizierter Fachkräfte mit vielfältigen Fähigkeiten.

Die vorliegende Studie verdeutlicht, wie gut die Kompetenz- und
Qualifizierungslandschaft des Reviers für den Wandel hin zur
Modellregion für nachhaltige Bioökonomie aufgestellt ist. Sie
benennt die relevanten Branchen und weist auf die besonderen
Potenziale und Chancen hin, die der Wandel zu einer Bioökonomie
für die Bildung mit sich bringt.

Zu den Stärken der Region zählt dabei der akademische Bereich:                                            Dr. Christian Klar
19 Hochschulen, mehrere Forschungseinrichtungen und zahlreiche                                Leitung Koordinierungsstelle
Netzwerke und Verbünde vermitteln Wissen und Kompetenzen, die                                         ­BioökonomieREVIER
für den Aufbau einer regionalen Bioökonomie von Interesse sind.
Es sind jedoch auch Schwächen zu benennen, beispielsweise beim
Transfer in die betriebliche Ausbildung. Künftig wird es wichtig sein,
dass vor allem kleinere und mittlere Unternehmen besser vom
Wissen in der Region profitieren.

Mit Handlungsempfehlungen und Impulsen zeigt die Studie einen
Weg auf, wie sich die bioökonomischen Potenziale der Kompe-
tenz- und Qualifizierungslandschaft im Rheinischen Revier weiter-
entwickeln können. Die Grundvoraussetzungen in der Region sind
dabei sehr gut. Die bereits bestehenden und im Aufbau begriffenen
Bildungsnetzwerke eignen sich als Partner für innovative Transfer-
konzepte.

BioökonomieREVIER bietet eine thematische Plattform, über
die Hochschulwissen wirksam in die betriebliche Praxis gebracht
werden kann. So wird die Modellregion für nachhaltige Bioökono-
mie zum Treiber für neue Arbeitsplätze und zukunftssichere Jobs in
der Region.

Zugleich braucht es ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass der Wan-
del hin zur nachhaltigen Bioökonomie eine Generationenaufgabe ist.
Er wird nur gelingen können, wenn auch zukünftige Generationen
den Nutzen einer ressourceneffizienten und klimaneutralen Wirt-
schaftsweise verstehen. Der Schlüssel dazu ist Wissen und Bildung.

Ich freue mich auf den weiteren Austausch und möchte Sie einladen,
sich aktiv an der Verwirklichung der Modellregion für nachhaltige
Bioökonomie im Rheinland zu beteiligen.

Ihr Christian Klar

                                                                                                                                               3
Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Inhalt

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Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
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GruSSworte 6��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������6
Prof. Klaus Becker, Vizepräsident für Forschung und Wissenstransfer und
Leiter der Koordinierungsstelle „Strukturwandel Rheinisches Revier“ der TH Köln
Prof. Christiane Vaeßen, Geschäftsführerin Region Aachen Zweckverband und
Vorsitzende des Revierknotens Innovation und Bildung der Zukunftsagentur
Rheinisches Revier

Perspektive bioökonomie........................................................................................................8

INTERVIEW .................................................................................................................................................. 10
Timothy Fitschen, Bereichsleiter Rheinisches Revier bei der Agentur für Arbeit Brühl

Studie

Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier
Wissen und Bildung .................................................................................................................... 14

Auf einen Blick: Die bioökonomische Kompetenz- und
Qualifizierungslandschaft im Rheinischen Revier............................ 16

Hintergrund und Ziel der Untersuchung....................................................... 20

Beschreibung der methodischen Vorgehensweise............................. 24

Schlüsselbranchen für den bioökonomischen
Strukturwandel im Rheinischen Revier .......................................................... 26

Kompetenz- und Qualifizierungsprofil
des akademischen Bereichs .............................................................................................. 30

Kompetenz- und Qualifizierungsprofil
des nichtakademischen Bereichs .............................................................................. 40

Bedarfe und Potenziale der regionalen
Kompetenz- und Qualifizierungslandschaft ............................................ 48

Fortschrittsmonitor „Wissen.Kompetenz.Beruf.
Bioökonomie“ – Handlungsempfehlungen
und Instrumente ............................................................................................................................ 54

Bioökonomie: die Wirtschaftsform der Zukunft ................................. 58

3 FRAGEN AN ............................................................................................................................................ 61
Prof. Ulrich Schurr, Leiter und Initiator ­BioökonomieREVIER

Ausblick ...................................................................................................................................................... 62

Anhang ........................................................................................................................................................ 64
Anmerkungen ................................................................................................................................................... 70
Impressum und Bildnachweis .................................................................................................................... 71
                                                                                                                                                                     5
Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
GruSSworte

                                      Sehr geehrte Damen und Herren,            Die vorliegende Studie unterstreicht,
                                                                                dass es jetzt darum gehen muss, den
                                      „In der Region – mit der Region – für     kurzfristigen und perspektivischen
                                      die Zukunft: Wir wollen Wissen wirk-      Qualifizierungsbedarf in der Region
                                      sam machen“ – so lautet der Leitsatz,     zu identifizieren, um gemeinsam ein
                                      unter dem die TH Köln ihre Expertise      innovatives Bildungsportfolio für die
                                      in den Strukturwandel im Rheinischen      Region aufzubauen. Die akademischen
                                      Revier einbringt. Es ist ein Beispiel     Institutionen können dabei mit neuen
                                      dafür, wie die exzellente Hochschul-      Studienangeboten die Entwicklung hin
                                      landschaft im Rheinland nicht nur die     zu einer Modellregion für nachhaltige
                                      regionale Entwicklung unterstützen,       Bioökonomie Rheinland maßgeblich
                                      sondern den Wandel aktiv mit voran-       unterstützen. Im zukünftigen Campus
                                      treiben kann.                             Rhein-Erft, den die TH Köln im Dialog
                                                                                mit der Zukunftsagentur Rheinisches
                                      Ohne Zweifel steht das Rheinische         Revier plant, wird die Vermittlung von
                                      Revier am Beginn eines tiefgreifen-       Kompetenzen und Fähigkeiten, die für
                                      den Transformationsprozesses, der         die Bioökonomie relevant sind, daher
                                      die Chance bietet, Lösungen für die       eine bedeutende Rolle spielen.
                                      zentralen Themen unserer Zeit zu ent­
    Prof. Klaus Becker                wickeln. Nachhaltigkeit und Klima-        Um möglichst viele Arbeitsplätze
    Vizepräsident für Forschung und   schutz bieten dabei im zukünftigen        zu schaffen, gilt es Forschung und
    Wissenstransfer und Leiter der    „Innovation Valley Rheinland“ vielfäl-    Transfer in der Region konsequent
    Koordinierungsstelle „Struktur-   tige Potenziale für neue Geschäfts-       zusammenzudenken. Zudem müssen
    wandel Rheinisches Revier“ der    modelle. So ist zu erwarten, dass viele   Kooperationen von Hochschulen und
    TH Köln                           neue Berufsbilder entstehen und in        Unternehmen in der Region sowie
                                      bestehenden Berufen künftig andere        die Realisierung von Existenzgrün-
                                      Kompetenzen gefragt sein werden.          dungen gezielt gefördert werden.
                                      Eine nachhaltige Bioökonomie auf          ­BioökonomieREVIER ist aufgrund
                                      Grundlage einer regionalen Kreis-          seines systemischen Ansatzes prä-
                                      laufwirtschaft stellt einen wichtigen      destiniert dafür, hierbei in den nächs-
                                      Teilbereich dieser ­Ent­wicklung dar.      ten Jahren eine koordinierende Rolle
                                                                                 für die Bioökonomie in der gesamten
                                      Der Wandel und die damit verbundene        Region einzunehmen.
                                      angestrebte zukunftsfähige Wirt-
                                      schaftsstruktur braucht gut ausgebil-     Herzlichst Ihr
                                      dete Arbeitskräfte, die fachübergrei-     Klaus Becker
                                      fend und praxisbezogen denken und
                                      handeln. In Sinne dieses Ziels leistet
                                      die Initiative ­BioökonomieREVIER
                                      durch eine engere Vernetzung der
                                      regionalen Akteure bereits heute
                                      einen wichtigen Beitrag.

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Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
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Sehr geehrte Leserinnen,                   sind für den Wandel hin zu einer nach-
sehr geehrte Leser,                        haltigen Wirtschaftsweise ­relevant.

mit dem Strukturwandel im Rheini-          Die Strahlkraft der Hochschulen muss
schen Revier trägt die Region dazu         sich die Region auch im nichtakademi-
bei, die nationalen und internationalen    schen Bereich zunutze machen. Unser
Klimaschutzziele zu erreichen. Der         Ziel muss der verstärkte Transfer
Wechsel zu einer nachhaltigen Wirt-        bioökonomischen Wissens in die
schaftsweise ist dabei die Grundlage       regionale Wirtschaft sein. Erst wenn
für die Schaffung neuer Arbeitsplätze      bioökonomische Produkte und Pro-
und den langfristigen Erhalt unseres       zesse in den Markt kommen, lassen
Wohlstandes.                               sich nachhaltig positive Wertschöp-
                                           fungseffekte für Menschen in der
Im Wirtschafts- und Strukturpro-           ­Region ­erzielen.
gramm für das Rheinische Zukunfts-
revier haben wir die Zukunftsfelder der    Die Koordinierungsstelle Bioöko-
Region bereits benannt: Energie und        nomieREVIER zeigt nicht nur, dass
Industrie, Raum und Infrastruktur so-      die Bioökonomie gute berufliche
wie Ressourcen und Agrobusiness. In        Perspektiven bietet. Sie legt auch
all diesen Bereichen sind Innovationen     dar, wie Handwerk, Mittelstand und                            Prof. Christiane Vaeßen
gefragt, und Bildung spielt dabei eine     Industrie im Revier vom Trend zum                     Geschäftsführerin Region Aachen
wichtige Rolle. Der Revierknoten In-       nach­haltigen Wirtschaften profi­                      Zweckverband und Vorsitzende
novation und Bildung nimmt also eine       tieren ­werden ­können.                                  des Revierknotens Innovation
wichtige Querschnittsaufgabe wahr.                                                               und Bildung der Zukunftsagentur
                                           In der Aus-, Fort- und Weiterbildung                                Rheinisches Revier
Gleiches gilt für die Bioökonomie, die     wird dafür in vielerlei Hinsicht ein
das Ziel hat, Ökonomie und Ökologie        neues Denken gefordert sein, das neue
für ein nachhaltiges Wirtschaften zu       Teilbereiche miteinander verknüpft           Die zunehmende Vernetzung in der
verbinden. Bioökonomische Konzep-          und traditionelle Abgrenzungen über-         Region und die Fortschritte der ver-
te und Prozesse liefern wesentliche        windet. Für neue Berufsfelder braucht        gangenen Monate machen mich zu-
Beiträge zur Bewältigung der großen        es Fachkräfte mit interdisziplinärer         versichtlich, dass wir die besonderen
Herausforderungen des 21. Jahr-            Expertise, die an den Schnittstellen         Herausforderungen des Strukturwan-
hunderts. Sie werden prägend auch          von Nachhaltigkeit, Produktion und           dels im Bildungsbereich gemeinsam
für die Entwicklung im Rheinischen         Verbrauchern arbeiten.                       bewältigen werden.
Revier sein.
                                           Hier ist noch einiges zu tun. Die Ent-       Herzlichst Ihre
Wissen und Bildung nehmen dabei            wicklung neuer Bildungsformate und           Christiane Vaeßen
eine Schlüsselfunktion ein. Die Region     die Weiterentwicklung der Bildungs-
profitiert schon heute von ihrer star-     inhalte ist eine Aufgabe, an der viele
ken Wissens- und Forschungsland-           unterschiedliche Akteure mitwirken.
schaft. Nicht nur die hohe Dichte der      Angefangen von den Regelschulen
Hochschulen und Fachhochschulen ist        über die weiterbildenden Schulen und
beispiellos, sondern auch die Breite, in   Hochschulen bis hin zu den privaten
der bioökonomische Kompetenzen be-         Bildungsträgern, Sozialpartnern und
reits vermittelt werden: 238 Studien-      Unternehmen.
gängen an 19 Hochschulen im Revier

                                                                                                                                                         7
Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Perspektive Bioökonomie
    Regionale Stimmen zu den
    Potenzialen und Chancen                                          „Das Bioeconomy Science Center ver-
                                                                     netzt seit zehn Jahren exzellente For-
                                                                     schung für eine nachhaltige, system­
                                                                     orientierte Bioökonomie in der Region
                                                                     und darüber hinaus. Ein wesentlicher
                                                                     Baustein ist hier die Graduiertenförde-
                                                                     rung, um schon jungen Forschenden
                                                                     interdisziplinäre Fähigkeiten zu vermit-
                                                                     teln, die ein Denken jenseits etablierter
                                                                     Strukturen ermöglichen. Mit dem regi-
                                                                     onalen Strukturwandel gewinnt diese
                                                                     Arbeit weiter an Bedeutung. Durch
                                                                     das Zusammenwirken von BioSC und
                                                                     BioökonomieREVIER wird das etablier-
                                                                     te Wissen auch vor Ort wirksam und
                                                                     somit werden beste Voraussetzungen
                                                                     für neue Jobfelder und zukünftige
                                                                     Beschäftigung geschaffen.“

                                                                     Prof. Ingar Janzik, Koordination „Education“,
                                                                     Bioeconomy Science Center (BioSC)

                   „Die im Auftrag von Bioökonomie­
                   REVIER e  ­ rstellte Studie verdeutlicht die
                   vielfältigen Potenziale, aber auch den
                   Handlungsbedarf im Rheinischen Revier.
                   Bislang vermitteln die auf Nachhaltigkeit
                   ausgerichteten Studiengänge vor allem
                   naturwissenschaftliche und technische
                   Kompetenzen. Demgegenüber mangelt
                   es an sozial- und arbeitswissenschaft-
                   lichen Bezügen zur Begleitung betrieb-
                   licher Transformationsprozesse in der
                   Arbeitswelt. Hier muss sich die Region            „Das Forschungszentrum Jülich
                   weiter vernetzen und mit strukturier-             trägt als großer Arbeitgeber und einer
                   ten Angeboten breiter aufstellen. Eine            der größten Ausbildungsbetriebe in
                   weitere Perspektive für die bioökono-             der Region eine besondere Verant-
                   mische Kompetenz- und Qualifizie-                 wortung. Rund 300 junge Menschen
                   rungslandschaft lässt sich durch eine             absolvieren derzeit eine Ausbildung im
                   stärkere Einbindung von Wissenschaft              Forschungszentrum. Die Dynamik der
                   und Wirtschaft in die duale Berufsaus­            Forschung stellt uns dabei immer wie-
                   bildung eröffnen.“                                der vor neue Herausforderungen. Aus
                                                                     dieser Erfahrung heraus können wir in
                   Michaela Evans, Direktorin des Forschungs-        Verknüpfung mit BioökonomieREVIER
                   schwerpunkts Arbeit und Wandel, Institut Arbeit   vielschichtige Impulse für neue Berufe
                   und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule
                                                                     und Qualifikationen geben.“
                   Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen

                                                                     Ulrich Ivens, Leiter der Zentralen Berufsaus­
                                                                     bildung, Forschungszentrum Jülich GmbH

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Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                                      Regionale Stimmen

„Beim Strukturwandel hin zur               „Die Industrie- und Handelskammern
Bioökonomie zählt nicht nur die For-       vertreten die Interessen der gewerb-
schung. Gemeinsam mit der Koordi-          lichen Wirtschaft. Das bedeutet auch,
nierungsstelle BioökonomieREVIER           dass wir Unternehmen mit unseren
möchten wir uns daher in der Fort- und     Dienstleistungen dabei unterstützen,
Weiterbildung von Fachkräften enga-        vielversprechende Zukunftsmärkte zu
gieren. Deren Wissen über biobasierte      erschließen. Eine regionale Bioökono-
Rohstoffe und Stoffkreisläufe wird         mie bietet in dieser Hinsicht enorm viel
nicht nur im Rahmen der zukünftigen        Potenzial, auch und gerade weil die
Modellregion für nachhaltiges, bio-        Entwicklung im Rheinischen Revier in
basiertes Wirtschaften gefragt sein,       vielen Bereichen Modellcharakter hat.“
sondern die Zukunftsfähigkeit der regi-
onalen Wirtschaft insgesamt stärken.“      Elisabeth Slapio, Innovation und Umwelt,
                                           IHK Köln
Dieter Bergheim, Pädagogischer
Fachbereichsleiter, VHS Rur-Eifel
                                                                                          „Der Mittelstand ist das wirtschaft-
                                                                                          liche Fundament für den Wandel
                                                                                          hin zur Bioökonomie im Rheinischen
                                                                                          Revier. Um den Strukturwandel
                                                                                          erfolgreich mitgestalten zu können,
                                                                                          sind kleinere und mittlere Unterneh-
                                                                                          men auf qualifiziertes Fachpersonal
                                                                                          angewiesen. Um den wachsenden
                                                                                          Bedarf decken zu können, braucht es
                                                                                          neue Berufsbilder und dazu passende
                                                                                          Qualifizierungsangebote in der Region.
                                           „Der Erfolg des Strukturwandels wird           Vor allem die stärkere Verzahnung
                                           wesentlich davon abhängen, inwie-              von Forschung und Praxis birgt hier
„Fortschritt durch Innovation ist eine     weit es gelingt, die junge Generation          großes Potenzial.“
der Säulen unseres Maschinenbauun-         einzubinden, denn es sind schließlich
ternehmens. Wir beteiligen uns aktiv an    die jungen Leute, die später erleben           Franz-Peter Staudt, Beauftragter für die
regionalen Innovationspartnerschaften      werden, wie die aktuellen Planungen            Landkreise Düren und Heinsberg, BVMW –
                                                                                          Bundesverband mittelständische Wirtschaft,
und zeigen somit schon heute, wie eine     nach dem Braunkohleausstieg umge-              Unternehmerverband Deutschlands e. V.
nachhaltige Produktion von biobasier-      setzt worden sind. Außerschulische
ten Rohstoffen gelingt. Wir entwickeln     Bildungsangebote etwa können das
Maschinen, mit denen man Schmier-          Interesse und die naturwissenschaft-
stoffe aus nachwachsenden Rohstof-         lichen Kompetenzen von Kindern und
fen gewinnen kann, die zum Beispiel        Jugendlichen durch anwendungs- und
zukünftig auf den Rand­flächen der         forschungsbezogenes Lernen stär-
Tagebaue angebaut werden. Um neue          ken. Ein beispielhaftes Konzept ist
Wertschöpfungskreisläufe in Gang zu        hier der Projektkurs Bioökonomie für
bringen, braucht es nicht nur innovative   Oberstufenschüler und -schülerinnen
Ideen. Es braucht vor allem Mitar-         der Region, den wir in Kooperation
beiterinnen und Mitarbeiter, die fähig     mit BioökonomieREVIER, dem Institut
sind, daraus erfolgreiche Produkte         für Pflanzenwissenschaften und dem
zu ­machen.“                               Schülerlabor JuLab des Forschungs-
                                           zentrums Jülich durchführen.“
Niklas Stadermann, Geschäftsführer,
Maschinenfabrik Reinartz GmbH & Co. KG     Brigitte Capune-Kitka, Vorsitzende
                                           des zdi-Zentrums ANTalive e. V.

                                                                                                                                                           9
Wissen und Bildung Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen RevieR
Interview

     „Das Rheinische Revier soll In-
     novationsmotor für Deutschland
     werden. Die Region wird also bei
     vielen Berufsbildern und Quali-
     fikationen künftig einen Schritt
     vorausgehen.“

     Timothy Fitschen
     Bereichsleiter Rheinisches Revier
     bei der Agentur für Arbeit Brühl

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Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                                              Interview

„Die Bioökonomie
bringt neue Berufe in die Region“
Mit dem Strukturwandel ändern sich auch die beruflichen Bedarfe im Rheinischen Revier. Die Agentur
für Arbeit Brühl unterstützt als „Revieragentur“ den erforderlichen Umbau der regionalen Kompetenz-
und Qualifizierungslandschaft. Im Interview erläutert Bereichsleiter Timothy Fitschen, wie sich Aus-,
Fort- und Weiterbildung in Zukunft verändern werden.

Herr Fitschen, welche Aufgabe fällt      gawatt Kraftwerksleistung steht grob
der „Revieragentur“ im Rahmen des        gerechnet ein Arbeitsplatz. Da bislang                                 „In der Verzahnung
Strukturwandels im Rheinischen           erst ein Kraftwerksblock mit 300 Me-                                von Wissenschaft und
Revier zu?                               gawatt abgeschaltet wurde, reden wir
                                                                                                                Mittelstand gibt es
Für jede der drei deutschen Braunkoh-    aktuell also über 300 Arbeitsplätze.
leregionen hat die Bundesagentur für     Die Situation wird sich jedoch bis Ende                              noch Luft nach oben.“
Arbeit eine „Revieragentur“ benannt.     2022 verschärfen, wenn insgesamt
In Brühl koordinieren wir seit zwei      3.000 Megawatt vom Netz genom-
Jahren federführend die Aktivitäten      men wurden. Insgesamt werden bis
der Agenturen für Arbeit im Rheini-      2038 rund 28.000 Arbeitsplätze in der           Welche Berufsbilder und Qualifikati-
schen Revier, stimmen uns also eng       Region vom Kohleausstieg betroffen              onen werden im Rheinischen Revier
mit unseren Kollegen in Aachen-Dü-       sein. Etwa zwei Drittel davon sind              denn zukünftig besonders gefragt
ren und Mönchengladbach ab. So           indirekte Arbeitsplätze, beispielsweise         sein?
gewährleisten wir einen schnellen        bei Zulieferern.                                Zum aktuellen Zeitpunkt ist das
Informationsaustausch und Wissen-                                                        leider nur schwer zu prognostizieren.
stransfer innerhalb unserer Organisa-    Was bedeutet dieser Arbeits-                    Grundsätzlich wird die Nachfrage nach
tion. Das ermöglicht es uns beispiels-   platzverlust für den regionalen                 ausgebildeten und spezialisierten
weise, gemeinsame Maßnahmen auf          ­Bildungssektor?                                Fachkräften weiter zunehmen. Auch
den Weg zu bringen. Darüber hinaus        Generell wird das Ende der Kohle-              Fähigkeiten wie Prozesssteuerung und
bringen wir uns aktiv bei der Weiter-     verstromung dazu führen, dass viele            eigenständige Entscheidungsfindung
entwicklung des Reviers ein und ste-      gut bezahlte Industriearbeitsplätze            werden künftig stärker gefragt sein.
hen allen Akteurinnen und Akteuren        wegfallen. Im Revier werden bereits            Persönliche Kompetenzen gewinnen
beratend zur Seite. Außerdem ist die      neue Perspektiven für die Region               also an Bedeutung. Hinzu kommt, dass
Revieragentur die direkte Ansprech-       erarbeitet, wobei in den identifizierten       der Einsatz komplexer IT-Systeme in
partnerin für das bergbautreibende        Zukunftsfeldern die Schaffung neuer            immer mehr Berufsbildern die Regel
Unternehmen.                              Arbeitsplätze selbstverständlich eine          wird und es dadurch in bestimmten
                                          zentrale Rolle spielt. Die Fragen, die         Bereichen zum Wegfall von Aufgaben
Inwieweit macht sich der Struktur-        sich in diesen Zusammenhang stellen,           und Tätigkeiten kommen wird. Neben
wandel bereits im Alltag der              sind: Welche Kompetenzen und Fertig-           der allgemeinen technischen Weiter-
Agenturen für Arbeit bemerkbar?           keiten werden in der Region zukünftig          entwicklung müssen wir jedoch auch
Abgesehen von der Netzwerkarbeit          benötigt? Wie sind die regionalen              die spezifischen Entwicklungen in
sind die direkten Auswirkungen derzeit    Qualifizierungsträger auf den Wandel           den Zukunftsfeldern des Rheinischen
noch überschaubar. Hinter jedem Me-       vorbereitet?                                   Reviers im Blick behalten.

                                                                                                                                                          11
von Ausgründungen oder Unterneh-
                                                                                            mensansiedlungen. Dann erkennen
                                                                                            wir gewiss auch weitere Synergieef-
                                                                                            fekte und können den Bildungsbereich
                                                                                            auf Erfolgskurs bringen. Auf diesen
                Revieragentur für das Rheinische Revier                                     Moment bereiten wir uns derzeit unter
                Vom Ende der Braunkohleverstromung im Rheinischen Revier                    anderem mit verstärkter Netzwerkar-
                sind rund 28.000 Arbeitsplätze bei RWE Power und Zulieferbe-                beit und der Unterstützung einzelner
                trieben betroffen. Die drei Agenturen für Arbeit im Rheinischen             Vorhaben vor.
                Revier (Aachen-Düren, Brühl und Mönchengladbach) begleiten
                den damit verbundenen Strukturwandel mit ihrer Erfahrung und                Zu den besonderen Stärken des
                Expertise im Arbeitsmarkt. Die Agentur für Arbeit Brühl über-               Rheinischen Reviers zählt eine hohe
                nimmt dabei die Rolle als federführende und koordinierende                  wissenschaftliche Kompetenz im
                „Revieragentur“.                                                            Bereich der Bioökonomie. Wie kann
                                                                                            die Forschung die Arbeit der Revier-
                www.arbeitsagentur.de/vor-ort/bruehl/rheinisches-revier                     agentur unterstützen?
                                                                                            Die Bioökonomie wird neue Berufe in
                                                                                            die Region bringen. Die Forschungs-
                                                                                            projekte zu einer biobasierten Wirt-
                                                                                            schaftsweise stellen dabei auch
                                                                                            aufgrund ihrer guten wirtschaftlichen
                                                                                            Anschlussfähigkeit aus unserer Sicht
                                                                                            ein großes Potenzial für die Region dar.
                                                                                            Dabei wird die Entwicklung neuer, teils
                                                                                            auch zirkulärer Wertschöpfung eine
                                                                                            besondere Rolle spielen. Wir beobach-
                                                                                            ten dieses Thema mit großem Interes-
                                                                                            se und stehen in engem Austausch mit
                                                                                            der Koordinierungsstelle Bioökono-
                                                                                            mieREVIER sowie anderen Akteuren in
                                                                                            diesem Bereich. Die Offenheit, die uns
                                                                                            dabei entgegengebracht wird, wird uns
                                                                                            helfen, die Entwicklung des Arbeits-
     Das Revier soll Innovationsmotor            Wo existiert aktuell der                   marktes und des Fachkräftebedarfs
     für Deutschland werden …                    ­größte ­Handlungsdruck?                   künftig besser zu fokussieren.
     Richtig. Die Region wird also bei vielen     Um den tatsächlichen Bedarf besser
     Berufsbildern und Qualifikationen            abschätzen zu können, müssen die im       Wie kann die Revieragentur
     künftig einen Schritt vorausgehen.           Wirtschafts- und Strukturprogramm         ­ihrerseits den Wandel hin zur
     Erste Anhaltspunkte und einen                angedachten Zukunftsfelder weiter an       Bioökonomie fördern?
     Ausblick auf das Revier der Zukunft          Gestalt gewinnen. Für die Menschen         Im Mittelpunkt unserer Aktivitäten
     erhalten wir durch das Ende 2019             sind greifbare Ergebnisse wichtig. Erst    steht unser gesetzlicher Auftrag:
     veröffentlichte „Wirtschafts- und            dann sehen sie, welche konkreten           Wir verfolgen das Ziel, dass niemand
     Strukturprogramm für das Rheinische          Qualifikationen und Kompetenzen            unfreiwillig aus dem Erwerbsleben
     Zukunftsrevier 1.0“ sowie anhand der         ihnen eine Perspektive für ihre beruf-     ausscheidet. Dabei setzen wir uns auch
     Projektvorhaben, die sich aktuell in der     liche Zukunft bieten. Das wird passie-     für Themen ein, die sich anfangs eher
     Bewertung durch die Zukunftsagentur          ren, sobald die ersten Projekte in die     indirekt für die Themen Arbeitsplätze
     Rheinisches Revier befinden.                 Umsetzung kommen, etwa in Form             und Beschäftigung bezahlt machen.

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Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                                              Interview

Die Bioökonomie bietet durch den           können, eine Gruppe oder Sichtweise
nachhaltigen Einsatz von Ressourcen        außen vor zu lassen. Diesem Anspruch                       „Die Bioökonomie bietet
und Dienstleistungen besondere Chan-       werden wir meiner Ansicht nach auch                         durch den nachhaltigen
cen für die Region und die Menschen.       gerecht. Im Kontext der Zukunftsfelder
                                                                                                       Einsatz von Ressourcen
Wenn sich hier neue Berufsfelder und       des Reviers nehmen Forschung und
Beschäftigungsmöglichkeiten erge-          Entwicklung sicherlich eine heraus-                           und Dienstleistungen
ben, sorgen wir für einen Ausgleich        ragende Stellung ein. Es geht dabei                      besondere Chancen für die
zwischen dem Fachkräftebedarf, den         jedoch immer auch um diejenigen, die                     Region und die Menschen.“
Arbeitskräften sowie den vorhandenen       im zweiten Schritt die Anwendbarkeit
oder benötigten Bildungsangeboten.         realisieren können. Dabei handelt es
                                           sich nicht nur um Ausgründungen und
Wie gelingt das in der Praxis?             Start-ups, sondern auch um kleine und                            „Die Forschung zur
Einerseits schieben wir die Entwicklung    mittlere Unternehmen mit besonderen
neuer Qualifizierungsangebote an, an-      Kompetenzen. In der Verzahnung von
                                                                                                     biobasierten Wirtschafts-
dererseits qualifizieren wir Beschäftig-   Wissenschaft und Mittelstand gibt                        weise stellt aufgrund ihrer
te häufig auch direkt in Unternehmen,      es noch Luft nach oben. Wenn es uns                          guten wirtschaftlichen
die sich auf den Weg der Transforma-       dabei zudem gelingt, die Qualifizie-                         Anschlussfähigkeit ein
tion gemacht haben. Damit tragen wir       rungslandschaft in Form der unter-
zur Erfolgsfähigkeit neuer Geschäfts-      schiedlichen Bildungsanbieter einzu-
                                                                                                       großes Potenzial für die
felder bei und unterstützen die Unter-     binden, ergäbe sich ein sehr wirksamer                                  Region dar.“
nehmen in ihrer Praxis, beispielsweise     Zusammenschluss.
bei der Anwendung bioökonomischer
Konzepte und Prozesse.                     Welche Funktion könnte Bioökono-
                                           mieREVIER bei der Weiterentwick-
Wie wird sich die berufliche Bildung       lung der regionalen Kompetenz- und
in der Region durch den Struktur-          Qualifizierungslandschaft erfüllen?           ausgeprägt sein als heute. Da die
wandel verändern?                          BioökonomieREVIER hat seit Beginn             Angebote überwiegend digital durch-
Die berufliche Fort- und Weiterbildung     umfangreiche Koordinierungsaufgaben           geführt werden, wird es dabei nicht
hat sich in den letzten Jahren bereits     in der Region wahrgenommen. Hier              länger relevant sein, wo der Bildungs-
sehr gewandelt. Nachgefragte Ange-         existiert also bereits eine gewinnbrin-       träger verortet ist. Hochschulen,
bote werden heute deutlich individu-       gende Vernetzungsarbeit, die ver-             Unternehmen und regionale Bildungs-
eller und spezialisierter durchgeführt.    schiedene Akteure zusammenbringt              anbieter werden deutlich besser ver-
Der Anspruch an eine erhöhte Flexibi-      und den gegenseitigen Austausch               netzt sein, um die Bedarfe beruflicher
lität wird bestehen bleiben und durch      anregt. Anhand der gewonnenen Er-             Weiterbildung eng abgestimmt decken
den Strukturwandel im Rheinischen          kenntnisse kann BioökonomieREVIER             zu können. Angebot und Nachfrage
Revier in besonderem Maße verstärkt.       beispielsweise Empfehlungen ent-              werden also stärker gemeinsam und
Die Digitalisierung bietet hier bereits    wickeln, die Berufsfelder der Zukunft         parallel entwickelt. Die Grenze zwi-
neue Lösungsräume, da sich etwa bei        und damit verbunden die Qualifizie-           schen akademischer und nichtakade-
Seminaren die Teilnehmerinnen und          rungsbedarfe aus bioökonomischer              mischer Qualifizierung wird an vielen
Teilnehmer deutschlandweit in Kursen       Sicht konkretisieren.                         Stellen durchlässiger sein. Außerdem
zusammenfassen lassen.                                                                   werden der verlustfreie Wissenstrans-
                                           Zum Schluss ein Blick in die Zukunft:         fer und damit auch mögliche Hin-
Welche Institutionen oder Unter­           Wie wird die Kompetenz- und Quali-            dernisse beim Wissenstransfer eine
nehmen sind bei diesem Wandel              fizierungslandschaft im Rheinischen           immer bedeutsamere Rolle spielen.
besonders gefragt?                         Revier in 20 Jahren aussehen?
Der Strukturwandel ist so tiefgrei-        Die Modularisierung der Bildungsan-
fend, dass wir es uns nicht leisten        gebote wird sicherlich noch stärker           Das Interview führte Daniel Albrecht.

                                                                                                                                                          13
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Studie

Bioökonomie: Potenziale
im Rheinischen Revier
Wissen und Bildung

                          15
Im Rahmen der vom Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule
     Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen durchgeführten Studie waren folgende Frage-
     stellungen von zentraler Relevanz:

     • Wie stellt sich die gegenwärtige Kompetenz- und Qualifizierungslandschaft des
       Rheinischen Reviers im schulischen, beruflichen und akademischen Bereich in Bezug
       auf bioökonomische Handlungs- und Themenfelder dar?

     • Wie ist das Fort- und Weiterbildungsangebot in Bezug auf bioökonomische Wissens-
       und Kompetenzfelder aufgestellt? Welche Angebote (auch Umschulungsprogramme)
       existieren für welche Berufsgruppen?

     • Welcher Bedarf an Wissen, Wissensvermittlung und Wissenstransfer wird gegenwärtig
       und zukünftig hinsichtlich einer Modellregion für nachhaltige Bioökonomie gesehen?

     • Wie lassen sich neue Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten zur Bioökonomie in
       der und für die Region realisieren?

     • Wo bestehen Potenziale und Bedarfe hinsichtlich der Vernetzung und Kooperation von
       verschiedenen Beteiligten und Institutionen?

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Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                                          Auf einen Blick

Auf einen Blick: Die bioökonomische
Kompetenz- und Qualifizierungslandschaft
im Rheinischen Revier

Im Rheinland existiert eine bundesweit einmalige Wissenschaftslandschaft zur Bioökonomie. Inwieweit
wird dieses Potenzial für die Wirtschaft der Region schon heute genutzt? Wo sollte das regionale
Kompetenz- und Qualifizierungsprofil geschärft werden? Die vorliegende Studie bietet einen Überblick
und gibt Impulse zur Weiterentwicklung der bioökonomischen Aus-, Fort- und Weiterbildung im
Rheinischen Revier.

Die Bioökonomie kann einen wichtigen        • Literatur- und Internetrecherche zur
Beitrag für die Zukunftsfähigkeit des         Sichtung und Interpretation vorhan-                          „Zahlreiche Netzwerke
                                              dener Daten und Statistiken
Lebens- und Wirtschaftsstandorts                                                                         und Institutionen leisten
Deutschland leisten. Ihre Etablierung       • Expertiseinterviews mit Vertrete-                           bereits einen Beitrag zu
bedeutet einen tiefgreifenden Struktur-       rinnen und Vertretern ausgewählter
wandel: weg von einer Wirtschaftsform         Institutionen aus Gesellschaft, Wirt-                      einer regionalen Bioöko-
auf Basis fossiler Ressourcen, hin zu ei-     schaft, Wissenschaft und Politik im                          nomie. Eine Bündelung
ner nachhaltigen Wirtschaftsweise auf         Rheinischen Revier
                                                                                                          bestehender Strukturen
der Grundlage von biobasierten Roh-         • Validierungsworkshop mit Expertin-
                                              nen und Experten aus der Region zur                            würde einen großen
stoffen und einer Kreislaufwirtschaft.
Diese Transformation erfordert zum            Erörterung, Diskussion, Ergänzung                           Schritt auf dem Weg zu
                                              und Präzisierung von Zwischenergeb-
einen wissenschaftliche Expertise und                                                                      einer Modellregion für
                                              nissen
Innovationen, zum anderen aber auch                                                                           nachhaltige Bioöko-
die grundsätzliche Bereitschaft von
                                                                                                                nomie darstellen.“
Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, den
Wandel aktiv mitgestalten zu wollen.        Zentrale Ergebnisse
                                            der Studie
Im Rahmen der vorliegenden Studie
wurde überprüft, in welchem Maß             Die Transformation des Wirtschafts-
im Rheinischen Revier eine Kompe-           systems im Sinne einer Bioökonomie
tenz- und Qualifizierungsbasis für die      erfordert aktive Beiträge aus einer
vielfältigen Herausforderungen und          Vielzahl von Wirtschaftsbereichen
Chancen einer regionalen Bioökonomie        und ökonomisch relevanten Gestal-
bereits vorhanden ist. Darüber hinaus       tungsfeldern. Als Schlüsselbranchen
sollte aufgezeigt werden, wie sich die      gelten in diesem Zusammenhang:
gegenwärtige Situation im Sinne der         Landwirtschaft, Lebensmittelwirt-
nachhaltigen Etablierung einer Bioöko-      schaft, Chemie (inkl. Kunststoffwirt-
nomie verbessern lässt.                     schaft) sowie Biotechnologie und
                                            Pharmazie, Energietechnik, Papier-
Zur Beantwortung dieser Fragestel-          industrie, Textilwirtschaft, Bau-
lungen griffen die Autorinnen und           wirtschaft (inkl. Holzverarbeitung),
Autoren auf verschiedene Informati-         Informationstechnik, Logistik, Ma-
onsquellen und Methoden zurück:             schinenbau und Abfallwirtschaft.

                                                                                                                                                            17
Auf einen Blick: Die bioökonomische Kompetenz- und
     Qualifizierungslandschaft im Rheinischen Revier

                                Die im Rheinischen Revier und im            wicklungsstrategien zu unterstützen
     „Das Rheinische Revier     regionalen Umfeld vorhandene aka-           und zu begleiten.
     hat das Potenzial, als     demische Wissenschaftslandschaft
                                erstreckt sich auf zahlreiche Kompe-        Im nichtakademischen Bereich der be-
     Modellregion für nach-
                                tenz-, Forschungs- und Entwicklungs-        ruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung
     haltige Bioökonomie        felder, die für den Strukturwandel          finden sich bisher nur wenige Bildungs-
     Rheinland zukünftig        hin zu einer biobasierten Wirtschaft        angebote, die explizit auf die Bioökono-
     bundesweit Impulse         relevant sind. In vielen Bereichen          mie zielen. Zwar werden viele relevante
                                wird Exzellenzniveau mit überregio-         Berufe ausgebildet, diese thematisieren
     und neue Standards
                                naler und internationaler Strahlkraft       jedoch zumeist nur allgemeine Fragen
     für ­Arbeiten und Lernen   erreicht. Mit Blick auf die Binnenwir-      des Umweltschutzes und der Nachhal-
     in der Bioökonomie zu      kung besteht hingegen noch Potenzial        tigkeit, wie beispielsweise eine energie-
     setzen.“                   beim Wissenschaftstransfer in die           sparende Arbeitsweise.
                                Praxis. Dies gilt vor allem mit Blick auf
                                die konkrete Umsetzung innovativer          Die unmittelbar auf die konkreten
                                Ansätze durch kleinere und mittlere         Gestaltungs- und Tätigkeitsfelder der
                                Unternehmen.                                Bioökonomie bezogene Kompetenz-
                                                                            vermittlung spielt in der Region bislang
                                Eine Bündelung der zahlreichen Netz-        nur vereinzelt eine Rolle. Dies liegt
                                werke und Institutionen, die bereits        darin begründet, dass die Kompetenz-
                                einen Beitrag zu einer regionalen           und Qualifizierungsanforderungen von
                                Bioökonomie leisten, würde beste-           Arbeitsbereichen, die sich aufgrund
                                hende Strukturen verdeutlichen und          der bioökonomischen Transformation
                                einen großen Schritt auf dem Weg zur        verändern, bisher nicht bekannt sind
                                Modellregion für nachhaltige Bioöko-        bzw. noch nicht systematisch her-
                                nomie im Rheinland darstellen. Über         ausgearbeitet wurden. Hier fehlt es
                                die bestehenden Netzwerke ließen            gegenwärtig an validen Instrumenten
                                sich zudem verstärkt auch Gewerk-           zur wissenschaftlich unterstützten
                                schaften und Arbeitgeberverbände            und kooperativ gestalteten systemati-
                                sowie weitere organisierte Sozialpart-      schen Berufs- und Tätigkeitsfeldanalyse
                                ner einbinden, um betriebliche Ent-         für die Bioökonomie.

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Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                                        Auf einen Blick

Handlungsempfehlungen                    3. Stärkung bioökonomischer
und Instrumente                             Kompetenzen mit einer „Verbund­                     „Der Strukturwandel zur
                                            ausbildung plus“                                Bioökonomie erfordert aktive
Mithilfe eines ganzheitlichen Fort-
                                                                                              Beiträge aus einer Vielzahl
schrittsmonitors „Wissen.Kompe-          4. Darstellung von Berufs- und
tenz.Beruf.Bioökonomie“ lassen sich         ­Bildungsgeschichten                               von Wirtschaftsbereichen
Instrumente entwickeln, mit denen                                                            und ökonomisch relevanten
aus einer Modellregion für nachhalti-    5. Start eines sozialpartnerschaftlichen                   Gestaltungsfeldern.“
ge Bioökonomie im Rheinland heraus          Dialogs zum Arbeiten und Lernen in
bundesweit wertvolle Impulse und            der Bioökonomie
neue Standards für das Arbeiten und
Lernen in der Bioökonomie gesetzt        Ein weiterer Aspekt, der in den Exper-
werden können.                           tiseinterviews thematisiert wurde, ist
                                         die Verankerung des Strukturwandels
Um die Kompetenz- und Qualifizie-        zur Bioökonomie in der regionalen
rungslandschaft für die Modellregion     Identität des Rheinischen Reviers.
für nachhaltige Bioökonomie im           So könnten Wirtschafts-, Sozial- und
Rheinland zielgerichtet weiterzuent-     Kommunikationswissenschaften
wickeln und auszubauen, lassen sich      mit ihren Fachkompetenzen zu einer
auf Grundlage der Untersuchung fünf      entsprechenden Identitätsbildung
Handlungsempfehlungen geben:             beitragen.                                            „Die international exzellente
                                         Wie ein solcher regionaler Prozess                     Hochschullandschaft in der
1. Aufbau eines systematischen           aussehen könnte, zeigen etwa
                                                                                               Region lässt sich durch einen
   ­Berufsbildungsmonitorings            die Beispiele Ostwestfalen-Lippe
                                         (Schwerpunkt: intelligente Technische                    stärker interdisziplinären
2. Bündelung neuer Berufswege und        Systeme) und Mecklenburg-Vorpom-                        Fokus auf die Bioökonomie
   -chancen durch einen „Zukunftsnavi-   mern (Schwerpunkt: Gesundheits-                                  weiter ausbauen.“
   gator Berufsbildung Bioökonomie“      wirtschaft).

                                                                                                                                                          19
Hintergrund und Ziel
     der Untersuchung

      Der Strukturwandel im Zuge des Kohleausstiegs stellt für
      das Rheinische Revier eine einzigartige Chance dar. Der Erhalt
      von Lebensqualität, Wohlstand und Arbeitsplätzen bedarf eines
      tiefgreifenden sozioökonomischen Transformations­prozesses.
      Die Perspektive einer Modellregion für nachhaltige Bio­ökonomie
      bietet dabei die Möglichkeit, auf vorhandene Potenziale
     ­aufbauen ­zu können.

     Bioökonomie wird definiert als „die           maschutz auf nationaler Ebene stärker
     Erzeugung und Nutzung biologischer            berücksichtigt werden, wurde im Januar
     Ressourcen (z. B. Biomasse, Nahrungs-         2020 mit den folgenden Leitlinien ver-
     mittel oder Mikroorganismen), um Pro-         öffentlicht: (1) mit biologischem Wissen
     dukte, Verfahren und Dienstleistungen         und verantwortungsvollen Innovationen
     in allen wirtschaftlichen Sektoren im         zu einer nachhaltigen, klimaneutralen
     Rahmen eines zukunftsfähigen Wirt-            Entwicklung; (2) mit biogenen Rohstof-
     schaftssystems bereitzustellen“.1             fen zu einer nachhaltigen, kreislauf­
                                                   orientierten Wirtschaft.2
     Eine bioökonomische Gesamtstrategie
     integriert ökologische, ökonomische
     und gesellschaftliche Dimensionen             Strukturwandel im
     und Zukunftsaufgaben gleichermaßen.           Rheinischen Revier
     Die Prozesse sind dabei auf größt-
     mögliche Nachhaltigkeit ausgerichtet,         Das Rheinische Revier hat sich zum Ziel
     unter anderem nach dem Prinzip der            gesetzt, die strukturelle Transforma-
     Kreislaufwirtschaft organisiert, sodass       tion der Region durch die schrittweise
     eine ressourcen- und klimaschonende           Erneuerung des Wirtschaftsprofils zu
     Wirtschafts- und Lebensweise er-              erreichen. Zu den Kernbestandteilen
     reicht wird.                                  dieses Vorhabens zählt der Auf- und
                                                   Ausbau einer nachhaltigen und ressour-
     Mit der „Nationalen Forschungsstrate-         censchonenden Bioökonomie.3
     gie Bioökonomie 2030“ stellte die Bun-
     desregierung 2010 die Weichen für eine        Das Rheinische Revier verfügt über
     Transformation der fossilen Wirtschaft        gute Voraussetzungen für den an-
     zu einer biobasierten Wirtschaft, die         gestrebten Strukturwandel von der
     erneuerbare Ressourcen nutzt. In der          Braunkohle- zur Bioökonomie-Region.
     „Nationalen Politikstrategie Bioökono-        Als Region mit großen branchenspezi-
     mie“ von 2013 formulierte sie Ziele und       fischen Ressourcen – unter anderem in
     Maßnahmen für eine Transformation             den Bereichen Forschung und Entwick-
     weg von fossilen Brennstoffen.                lung, Land- und Ernährungswirtschaft,
                                                   Chemie mit Kunststoffwirtschaft
     Eine Weiterentwicklung dieser Strate-         und Biotechnologie, Papierindustrie,
     gie, in der die Nachhaltigkeit und der Kli-   Textilwirtschaft, Energietechnik sowie
20
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                Hintergrund und Ziel der Untersuchung

Maschinen- und Anlagenbau – bieten         1. Der strukturierte Umbau in Rich-               tigungsfelder. Zusätzlich lassen sich
sich hier vielfältige Anknüpfungspunkte       tung einer biobasierten Wirtschaft             weitere Bioökonomie-Potenziale
für die Transformation zu einer bioöko-       bietet die Chance, regionale                   über innovative Kompetenz- und
nomisch fundierten Wirtschaftsstruktur.       Wertschöpfung, Beschäftigung                   Qualifizierungsprofile sowie regionale
                                              und Arbeitsmärkte nachhaltig und               Bildungsaktivitäten erschließen. Da-
Die Koordinierungsstelle Bioökonomie­         zukunftsorientiert zu gestalten.               mit lässt sich modellhaft aufzeigen,
REVIER begleitet und unterstützt              Zweifellos werden sich bioökono-               wie ein auf Nachhaltigkeit ausgerich-
diesen Wandel systematisch. Gefördert         mische Transformationsprozesse                 teter sozioökonomischer und -ökolo-
werden ihre Aktivitäten mit Mitteln aus       auf unterschiedliche (Teil-)Branchen           gischer Transformationsprozess mit
dem Sofortprogramm für den Struk-             und den regionalen Arbeitsmarkt                regionalen Akteuren und Netzwerken
turwandel des Bundesministeriums für          auswirken. Es entstehen neue Ar-               aktiv gestaltet und vorausschauend
Bildung und Forschung (BMBF).                 beitsplätze, Branchen und Beschäf-             begleitet werden kann.

Das Rheinische Revier umfasst mehrere
kommunale Gebietskörperschaften im
westlichen Nordrhein-Westfalen: Kreis
Düren, Kreis Euskirchen, Kreis Heins-
berg, Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Kreis
Neuss, die StädteRegion Aachen und
die Stadt Mönchengladbach (Abb. 2).
                                                                                                                  Düsseldorf
Die Region ist wirtschaftlich stark ver-                               Mönchen-               Rhein-
netzt mit den umliegenden Ballungs-                                    gladbach               Kreis-Neuss
räumen Köln, Bonn und ­Düsseldorf,
die im Rahmen der vorliegenden
­Untersuchung daher ebenfalls
                                                      Kreis
berücksichtigt werden.                                Heinsberg

Regionale Wirkungs-                                                                                                                     Köln
ebenen der Bioökonomie

Die Transformation zu einer Bioöko-
nomie eröffnet großes Potenzial für                                                                        Rhein-
den wirtschaftlichen Strukturwandel                                                                        Erft-Kreis
                                                       StädteRegion
im Rheinischen Revier. Dabei sind drei
                                                       Aachen
Wirkungsebenen zu betrachten:
                                                                            Kreis
                                                                            Düren                                                          Bonn

                                                                                     Kreis
                                                                                     Euskirchen

Abbildung 1: Verortung
des Wirkungsraums des
Rheinischen Reviers
                                                                                                                                                          21
Hintergrund und Ziel der Untersuchung

                                  2. Bioökonomische Wertschöpfung            gelingen kann. So braucht es voraus-
     „Der Umbau des                  adressiert neue Produktions-            schauende Kompetenz- und Qualifizie-
     Rheinischen Reviers zu          konzepte, Aufgaben- und                 rungskonzepte, um Beschäftigten neue
                                     Tätigkeitsfelder sowie neue Kon-        Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt
     einer Bioökonomie-Region
                                     zeptionen zur Arbeitsgestaltung         zu erschließen. Darüber hinaus sind
     braucht eine entsprechende      auf betrieblicher Ebene.                qualifizierte Arbeitskräfte eine unver-
     Kompetenz- und Qualifizie-      Die Transformation der Arbeits- und     zichtbare Säule für ein leistungsfähiges
     rungslandschaft.“               Produktionswelten bietet für die        Wirtschaftssystem. Aus-, Fort- und
                                     Unternehmen der Region zahl-            Weiterbildungen nehmen daher eine
                                     reiche Anknüpfungspunkte, neue          Schlüsselfunktion für einen nachhalti-
                                     Geschäftsfelder zu erschließen und      gen Transformationsprozess in Rich-
                                     neue Wertschöpfung zu generieren.       tung Bioökonomie ein.4
                                     Zukunftsbereiche wie die Umstel-
                                     lung auf biobasierte Rohstoffe,
                                     Nachhaltigkeit und Ressourceneffi-      Ziele der vorliegenden Studie
                                     zienz liefern Impulse für alternative
                                     betriebliche Prozesse. Sie können       Die Untersuchung soll aufzeigen, (a)
                                     somit einen wichtigen Beitrag zur       wie die für die Bioökonomie relevante
                                     Zukunftsfähigkeit der regionalen        Kompetenz- und Qualifizierungsland-
                                     Wirtschaft leisten.                     schaft im Rheinischen Revier derzeit
                                                                             aufgestellt ist und (b) welche Entwick-
                                  3. Der regionale Strukturwandel im         lungs- und Verbesserungsmöglich-
                                     Sinne einer Bioökonomie fördert         keiten identifiziert werden können.
                                     neue Konzepte beruflicher Aus-,         Darauf aufbauend soll herausgearbeitet
                                     Fort- und Weiterbildung.                werden, (c) mit welchen Instrumenten
                                     Den Arbeitskräften und Auszubil-        die Entwicklungsperspektiven erschlos-
                                     denden in der Region eröffnen sich      sen werden können. Als Kompetenz-
                                     durch den Aufbau einer Bioökono-        und Qualifizierungslandschaft werden
                                     mie neue Bildungs-, Entwicklungs-       in diesem Zusammenhang sowohl die
                                     und Karrierepfade. Beschäftigte und     betriebliche und überbetriebliche als
                                     Unternehmen können sich über den        auch die individuelle Ebene von Kom-
                                     „Faktor Arbeit“ aktiv in die regio-     petenzen und Qualifizierungen bzw.
                                     nalen Transformationsprozesse           Qualifikationen verstanden.
                                     einbringen und durch ihre Teilhabe
                                     verdeutlichen, wie sich der bioöko-     Als Grundlage für ein fundiertes
                                     nomische Strukturwandel sozial-         Screening werden zunächst Schlüssel-
                                     partnerschaftlich organisieren und      branchen des bioökonomischen Struk-
                                     mitgestalten lässt.                     turwandels im Rheinischen Revier iden-
                                                                             tifiziert (Seite 26). Daran anschließend
                                                                             wird der Status quo der einschlägigen
                                  Anhand der Wirkungsebenen wird deut-       schulischen, beruflichen Bildungsange-
                                  lich, dass der Umbau des Rheinischen       bote (duales System, fach-/schulische
                                  Reviers zu einer Bioökonomie-Region        Ausbildung) und der für die Bioökono-
                                  ohne die Bildungswirtschaft und die        mie relevanten akademischen Aus-,
                                  bildungsrelevante Infrastruktur nicht      Fort- und Weiterbildungsangebote

22
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                                   Hintergrund und Ziel der Untersuchung

erfasst und analysiert. Von besonderem        Dabei werden die Bedarfe abgeschätzt
Interesse sind dabei Handlungsfelder,         und ungenutzte Potenziale der Region               „Aus-, Fort- und Weiterbildung
Angebote und Aktivitäten der Bildungs-        identifiziert.                                      nehmen Schlüsselfunktionen
institutionen/-träger mit Anknüpfungs-
                                                                                                         in einem nachhaltigen
punkten zu bioökonomischen Themen-            Die abschließende Analyse zeigt auf,
feldern (Seite 30 bzw. 40).                   welche Entwicklungsmöglichkeiten und                  Transformationsprozess in
                                              Aktivitäten sich als sinnvoll und ziel-               Richtung Bioökonomie ein.“
Bei den identifizierten Kompetenz- und        führend für die Weiterentwicklung der
Qualifizierungsfeldern liegt der Fokus        Kompetenz- und Qualifizierungsland-
dann auf den zukünftig wünschens-             schaft erweisen. Zudem wird dargelegt,
werten und absehbar erforderlichen            wie diese durch konkrete Strukturen,
berufsspezifischen Kompetenzprofilen,         Prozesse und Instrumente umgesetzt
Qualifizierungsinhalten und -aktivitäten.     werden können (Seite 48 bzw. 54).

                                            Bürgerschaft
Abbildung 2:                                                                                       „Die Region besitzt Potenziale
Vernetzung:
Akteure                                                                                                  und Stärken, auf die der
                                                                                                         Strukturwandel zur Bio-
                                                                                                      ökonomie aufbauen kann.“

Unternehmer-                                                                        Wissenschaft
   schaft

                   Landwirtschaft                                 Politik

                                                                                                                                                             23
Beschreibung der
                              methodischen Vorgehensweise

                              Mit der Studie „Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier –
     „Für die Bioökonomie     Wissen und Bildung“ liegt erstmals eine Übersicht zu den bioökono-
     braucht es neue Wege,    mischen Kompetenz- und Qualifizierungsbedarfen in der Region vor.
     um unterschiedliche      Auf Basis einer Status-quo-Analyse der gegenwärtigen Bildungs-
     Disziplinen stärker zu   landschaft werden zukünftige Bedarfe festgestellt und zielgerichtete
                              Handlungsempfehlungen für den Weg zu einer Modellregion für
     verknüpfen und ganz-
                              nachhaltige Bioökonomie im Rheinland formuliert.
     heitlich zu denken.“

                              Zur Erstellung des Wissens-, Kompe-       Außerdem werden die sich abzeich-
                              tenz- und Perspektiv-Screenings wird      nenden Profilthemen und die im
                              ein Mixed-Methods-Ansatz gewählt,         bioökonomischen Wirtschaftsmodell
                              der qualitative und quantitative Me-      relevanten Berufsfelder identifiziert.
                              thoden nutzt sowie Sekundäranalysen
                              mit Primärdaten verknüpft. Das Unter-     Grundlegend sind dabei die Bran-
                              suchungsdesign unterteilt sich dabei in   chen, die anhand bereits existieren-
                              drei Schritte:                            der Wirtschaftsanalysen und nach
                              1. Status-quo-Analyse gegenwärtiger       Aussage von Fachleuten als wichtig
                                 Aus-, Fort- und Weiterbildungsan-      für die bioökonomische Transfor-
                                 gebote im schulischen, beruflichen     mation definiert werden (vgl. Kapitel
                                 und akademischen Bereich               „Schlüsselbranchen“, Seite 26). Für
                                                                        jede Branche wird untersucht, welche
                              2. Ermittlung von Bedarfen, unge-         Bedeutung bioökonomische Themen-
                                 nutzten Entwicklungspotenzialen
                                                                        felder bereits heute in den Strukturen
                                 und sich verändernden Kompetenz-
                                                                        der jeweiligen Kompetenz- und Quali-
                                 und Qualifizierungsanforderungen
                                 im Kontext des bioökonomischen         fizierungsangebote besitzen.
                                 Strukturwandels

                              3. Aufbereitung, Validierung und          Status-quo-Analyse
                                 Bündelung der Ergebnisse sowie
                                 Verdichtung in Form von Hand-          Der Untersuchungsfokus der Sta-
                                 lungsempfehlungen zur Weiter-
                                                                        tus-quo-Analyse liegt auf bioöko-
                                 entwicklung der Kompetenz- und
                                 Qualifizierungslandschaft              nomischen Bezugspunkten in der
                                                                        regionalen Aus-, Fort- und Weiter-
                                                                        bildungslandschaft. Dazu wird eine
                              Bei der Analyse der Kompetenz- und        Literatur- und Internetrecherche
                              Qualifizierungslandschaft werden die      durchgeführt, anhand derer sich
                              schulischen, beruflichen Bildungsan-      Kompetenz- und Qualifizierungsan-
                              gebote (duales System, fach-/schu-        gebote auf zwei Ebenen erfassen und
                              lische Ausbildung) sowie die akade-       auswerten lassen, die für ein empi-
                              mischen Qualifizierungsangebote           risch fundiertes Screening der Region
                              im Rheinischen Revier betrachtet.         relevant sind:

24
Bioökonomie: Potenziale im Rheinischen Revier · Wissen und Bildung
                                                                                                   Beschreibung der methodischen Vorgehensweise

• schulische, akademische und beruf-     Erkenntnisse aus den Expertiseinter-
  liche Bildungsangebote im Rhei-        views zurückgegriffen. Dabei werden                     „Die in der Region etablier-
  nischen Revier (inkl. benachbarte      zukunftsgerichtete Fragestellungen
  Ballungsräume Aachen, Köln, Bonn
                                                                                                  ten Branchen werden sich
                                         und einzelne Aspekte der Weiterent-
  und Düsseldorf) sowie                                                                            im Kontext des bioökono-
                                         wicklung der Kompetenz- und Qua-
• sonstige Bildungsangebote mit          lifizierungslandschaft thematisiert.                     mischen Strukturwandels
  Bezug zur Bioökonomie.                 Erforscht wird, wo sich Potenziale,                             anpassen müssen.“
                                         Chancen und Herausforderungen
Leitfadengestützte, problemzentrierte    für das Rheinische Revier ergeben.
Expertiseinterviews mit Vertreterinnen   In Form von zentralen Themen und
und Vertretern der Wissenschaft, der     Thesen werden die Ergebnisse dann
Wirtschaft und den Verbänden der Re-     zusammengeführt.
gion beleuchten und untermauern dabei
verschiedene Teilaspekte der Recher-
cheergebnisse.                           Handlungs- und
                                         Entwicklungsempfehlungen
                                                                                      Auf diese Weise sind konkrete Hand-
Ermittlung von Bedarfen,                 Aus den Thesen lassen sich erste             lungs- und Entwicklungsempfehlun-
Potenzialen und                          Handlungsempfehlungen ableiten, wie          gen für eine zukünftige Modellregion
Anforderungen                            sich das bioökonomische Kompetenz-           für nachhaltige Bioökonomie im
                                         und Qualifizierungsprofil des Rhei-          Rheinland entstanden. Sie legen dar, in
Für die Ermittlung von Bedarfen,         nischen Reviers ergänzen lässt. Die          welchen Bereichen Gestaltungsbedarf
ungenutzten Entwicklungspotenzialen      Empfehlungen sind im Rahmen eines            besteht, und zeigen die Herausforde-
und sich verändernden Kompetenz-         Validierungsworkshops mit Vertre-            rungen und Möglichkeiten für die Wei-
und Qualifizierungsanforderungen         terinnen und Vertretern der Wissen-          terentwicklung des bioökonomischen
wird auf die Ergebnisse der Literatur-   schaft, der Wirtschaft und den Verbän-       Kompetenz- und Qualifizierungsprofils
und Internetrecherche sowie auf die      den der Region erörtert worden.              des Rheinischen Reviers auf.

                                                                                                                                                       25
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