WUK INFO-INTERN Magischer Ort für Lena Rot Triebwerk fürs Erinnern Nachruf für Jürgen Burgemeister Erfolg für WUK bio.pflanzen

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WUK INFO-INTERN
     Nummer 2/18
                   Magischer Ort für Lena Rot
        April

                   Triebwerk fürs Erinnern
                   Nachruf für Jürgen Burgemeister
                   Erfolg für WUK bio.pflanzen

1                                    WUK-INFO-INTERN 1/07 März
INHALT                                                                                                               EDITORIAL
  Das WUK ist ein magischer Ort für mich – Lena Rot | Jürgen Plank ............. 3                                    Liebe LeserInnen!

                                                                                                                      W
  Es war einmal … das WUK | Claudia Gerhartl ........................................... 6
                                                                                                                                   ie euch sicher nicht entgangen
  Human | Fotogalerie Wien .......................................................................... 8                            ist, ist heuer wieder ein Ge-
                                                                                                                                   denkjahr, hundert Jahre ist es
  Collage III – Thema | Fotogalerie Wien ...................................................... 10
                                                                                                                      her, seit die Habsburger zum Teufel ge-
  Blitzlichter und Splitter – Vorstandspotpourri | Patricia Hladschik ............... 13                              jagt wurden und Österreich sich erstmals
                                                                                                                      an der Demokratie versuchte. Ganz be-
  Triebwerk – eine Erinnerung | Philipp Leeb ............................................... 14
                                                                                                                      achtliche Erfolge erzielte das ge-
  Bildung auf Rädern – Mehrplatz für Bildung | Pit von Baeckmann ............ 15                                      schrumpfte Land dabei, aber ein Börsen-
                                                                                                                      crash und die Angst einiger Großindus-
  Die Gruppe Alternativvideo im WUK | Renée Winter ................................. 16
                                                                                                                      trieller vor Sozialismus und Kommunis-
  Gekreuzte Geschichten – Mexikoplatz | Philipp Leeb .................................. 21                            mus brachte einen von der Kunstaka-
                                                                                                                      demie verschmähten kleinen Mann an
  Erfolgsgeschichten von WUK bio.pflanzen | Andreas Konecny ...................... 22
                                                                                                                      die Macht, der ausradierte, was zart zu
  Unter uns über uns | Claudia Gerhartl ...................................................... 24                     gedeihen begonnen hatte.
                                                                                                                         Dass wir diese Zeit noch immer nicht
                                                                                                                      ganz überwunden haben, zeigt uns die
  Immerda                                                                                                             Zusammensetzung des Parlaments, und
                                                                                                                      Parallelen drängen sich auf. So schrieb
                                                                                                                      beispielsweise Goebbels schon am 30.
  Blitzlicht: Edith Schulz | Claudia Gerhartl ................................................ 25                     April 1928 in einem Leitartikel des Völ-
  WUK-Forum am 5.2. und 5.3. | Rudi Bachmann ..................................... 26                                 kischen Beobachters: „Wir gehen in den
                                                                                                                      Reichstag hinein, um uns im Waffenarse-
  WUK-Radio ............................................................................................. 26          nal der Demokratie mit deren eigenen
  Termine, Ankündigungen .......................................................................... 27                Waffen zu versorgen. Wir werden Reichs-
                                                                                                                      tagsabgeordnete, um die Weimarer Ge-
  Topics ....................................................................................................... 28   sinnung mit ihrer eigenen Unterstützung
                                                                                                                      lahmzulegen. Wenn die Demokratie so
                                                                                                                      dumm ist, uns für diesen Bärendienst
                                                                                                                      Freifahrkarten und Diäten zu geben, so
                                                                                                                      ist das ihre eigene Sache. Uns ist jedes ge-
                                                                                                                      setzliche Mittel recht, den Zustand von
                                                                                                                      heute zu revolutionieren. Wenn es uns
 Titelblatt: Roller-Derby. Foto: WUK m.power. Siehe Seite 7                                                           gelingt, bei diesen Wahlen 60 oder 70
                                                                                                                      Agitatoren und Organisatoren unserer
                                                                                                                      Partei in die verschiedenen Parlamente
 Beiträge, Ankündigungen: Mit E-Mail (Text- und Bild-Dateien als Bei-                                                 hineinzustecken, so wird der Staat selbst
 lage) an infointern@wuk.at. Auf CD, Stick oder Papier ins Info-Intern-                                               in Zukunft unseren Kampfapparat aus-
 Postfach im Informationsbüro. Bitte unbedingt Name und Kontaktmög-                                                   statten und besolden. Eine Angelegen-
 lichkeiten angeben.                                                                                                  heit, die reizvoll und neckisch genug ist,
 Gestaltung: Titel und Zwischenüberschriften sollen maximal 30 Zeichen                                                sie einmal auszuprobieren...Wir kommen
 haben. Fotos, Zeichnungen und Grafiken immer mit Angabe der/des                                                      nicht als Freunde, auch nicht als Neu-
 KünstlerIn. Keine Absatz-Formatierungen (nur Fließtext), keine Tabellen                                              trale. Wir kommen als Feinde! Wie der
 und keine Formatvorlagen (außer Absatz-Standardschriftart und Standard).                                             Wolf in die Schafherde einbricht, so
 Nächster Redaktionsschluss: Montag, 21. Mai, 17:00 Uhr                                                               kommen wir!“
 Juni-Ausgabe: Am Freitag, 1. Juni, im Haus                                                                              Auf bessere Zeiten!
                                                                                                                         Claudia Gerhartl

Impressum: WUK-INFO-INTERN. Informations- und Diskussionsorgan. Medieninhaber, Herausgeber: WUK – Verein zur
Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser, 1090 Wien, Währinger Straße 59 (48° 13‘ 23“ N, 16° 21‘ 04“ O). Redak-
tion: Claudia Gerhartl, Philipp Leeb, Rudi Bachmann. Gestaltung/Layout: Computer Graphics Assoc. Druck: Robitschek,
Wien. GV-Beschlüsse vom 24.6.1992: 1. Einschränkungen freier Meinungsäußerung: a) bei Verletzung von Rechten bzw.
Privatsphären von Personen, b) bei Beschimpfungen, c) bei nicht belegten Anschuldigungen, d) bei möglichen straf- oder ver-
waltungsrechtlichen Konsequenzen. 2. Bei strittigen Beiträgen gibt es Gegendarstellungen in derselben Ausgabe. Namentlich
gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der AutorInnen wieder. Über Kürzungen, Titel, Untertitel, Vorspanne, Zwi-
schenüberschriften und andere Ausstattungen entscheidet die Redaktion. Nicht gekennzeichnete Fotos: Redaktion bzw.
Archiv. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Zu 100 % im Eigentum des Vereins WUK. Info-Intern im Netz: www.wuk.at,
Das WUK, WUK-Info-Intern
kunst

Das WUK ist
ein magischer
Ort für mich
Die Künstlerin Lena Rot.
Von Jürgen Plank

V
         or kurzem hat die ursprünglich
         aus der Ukraine stammende
         Künstlerin Lena Rot ein Gast-
atelier des Bereichs Bildende Kunst im                   Foto: Jürgen Plank
WUK genutzt.
  Was ist dein Hintergrund?
  Lena Rot: Ich wurde in der Ost-           hen in meinem Atelier meine Artefakte,        Gerade die Keramikarbeiten haben
Ukraine geboren, das war damals noch        die ich pseudo-archäologisch nenne. Ur-     mich an indigene, materielle Kunst er-
in der Sowjetunion, in der Zeit der Pe-     sprünglich bin ich klassische Malerin,      innert.
restroika. Im Jahr 1995, kurz nachdem       aber irgendwann hat es mich in Rich-          Ja, das möchte ich. Ich möchte einen
die Ukraine unabhängig geworden ist,        tung Keramik und Installation geführt.      fake machen, der an alte archäologische
bin ich mit meiner Mutter nach              Vor kurzem habe ich im WUK zum ers-         Funde erinnert. Oder an prähistorische
Deutschland ausgewandert. Ich bin in        ten Mal eine Soundinstallation vorge-       Waffen oder Knochenreste, aber das ist
Aachen und Düsseldorf aufgewachsen.         stellt.                                     im Grunde meine zeitgenössische Spra-
In Düsseldorf habe ich die Kunstakade-        Was meinst du mit pseudo-archäolo-        che. Mit einer konkreten Geschichte
mie besucht.                                gisch?                                      drinnen oder mit einer offenen Ge-
  Welche Konsequenzen hat diese Her-          Meine große Inspiration sind volks-       schichte, aber auch mit sehr verstecktem
kunft für dich ergeben?                     kundliche oder naturhistorische Mu-         Humor. Ich reagiere auf jeden Raum, in
  Weil ich aus zwei verschiedenen Kul-      seen, und ich baue eine Art museale         dem ich ausstelle. Wenn ich einen gro-
turen komme, russisch und deutsch,          Bühne. Ich baue eine archetypische          ßen musealen Raum zur Verfügung
und zweisprachig bin, hat es mich schon     Stimmung, sodass mein Objekt an ein         habe, kann ich sehr großzügig ausstellen.
immer interessiert, auch andere Wahr-       antikes oder altes Objekt erinnert bzw.     In einem kleinen Raum, der selbst prä-
heiten kennenzulernen. Nicht nur an ei-     so präpariert und präsentiert wird.         historisch anmutet, kann ich in der Ecke
nem Institut zu sein. Deswegen habe ich                                                 einfach einen kleinen Fundus aufbauen.
auch für drei Semester in Wien an der       Kuratorin oder Museumsdirektorin
Akademie der Bildenden Künste bei           Was beinhaltet diese Erzählung noch?        Skulptur mit Totenschädeln
Prof. Bohatsch studiert. Dazu muss ich        Ich behaupte, dass die Objekte antik      Apropos Raum: Du hast ein Gastatelier
sagen, dass ich in Düsseldorf bei Her-      sind und dass ich gar keine Künstlerin      im WUK nützen können und dort auch
bert Brandl studiert habe, er ist auch      bin, sondern Kuratorin oder Museums-        eine Ausstellung gezeigt …
Österreicher. Es war gut, für drei Semes-   direktorin. Ich versuche dann immer,          Ich habe im Atelier im WUK eine
ter andere Zugänge zu sehen, und ich        mit einer ernsthaften Miene die Ge-         kleine Ausstellung zum Thema Ver-
habe anschließend in Düsseldorf zu          schichte des Fundortes zu erzählen, und     gänglichkeit gemacht, die hieß „Vani-
Ende studiert.                              damit hinterfrage ich vieles: auch          tas“. Da habe ich die von mir gemach-
                                            Kunstgeschichte und die Rolle der Ku-       ten Schädel als eine Art Gedenkstätte
Pseudo-archäologisch                        ratorInnen und der Museumsdirekto-          inszeniert. Je nach Thematik und Raum
Du bist eine sehr vielseitige Künstlerin,   rInnen. Denn sehr oft wird uns im Mu-       kann ich unterschiedlich inszenieren.
mit welchen Materialien arbeitest du zur-   seum etwas für gut oder schlecht ver-         War das die Skulptur mit den Toten-
zeit am liebsten?                           kauft, für wahr oder nicht wahr. Und        schädeln?
  Momentan arbeite ich ausschließlich       sehr oft wissen wir gar nicht, wie antike     Ja, das war diese Skulptur. Dahinter
mit Keramik. Ich töpfere, und es entste-    Arbeiten aussehen.                          steckt auch eine persönliche Geschichte

WUK-INFO-INTERN 2/18 April                                                                                                      33
kunst

von mir. Denn ich habe im letzten Jahr       arbeite, und ich habe eine Familie, ich       mehr KünstlerInnen aus dem Ausland
meine Mutter verloren, und dieses            bin also gut verplant.                        hierher. Es gibt in Wien eine tolle alter-
Thema wollte ich in meiner Kunst dar-          Wie lange warst du nun im WUK? Und          native Szene, mit sehr vielen Off-Spaces.
stellen, aber auf unauffällige Weise. Ver-   wie hast du das WUK erlebt?
gänglichkeit ist auch in dem Sinn gege-        Ich war für genau ein Jahr im WUK,          Wien – Düsseldorf – Ukraine
ben, dass mein Stipendium ausläuft           das war ein Stipendium der bildenden          Hast du noch Kontakte in deine erste Hei-
oder dass die Kunstwerke vielleicht aus-     KünstlerInnen. Ich habe mich zwei Mal         mat, in die Ukraine? Und hast du dort
sortiert werden und dann nicht mehr          für das Atelier beworben, vor zwei Jah-       schon einmal ausgestellt?
aktuell sind. Aber es geht auch um Ver-      ren wurde ich fast genommen, und                Nein, ich habe keine Kontakte dort-
gänglichkeit im Leben.                       dann habe ich mich noch einmal be-            hin. Ich bin vor 22 Jahren ausgewan-
  Sind die Totenschädel im WUK entstan-      worben und wurde genommen. Das war            dert. Ich habe in Deutschland Kontakt
den? Und sind diese aus Keramik?             wunderbar, denn so ein Luxusatelier           mit einem sehr großen Kreis von Künst-
  Ja, alles ist Keramik. Ein Teil der        kann ich mir momentan nicht leisten.          lerInnen aus der ehemaligen Sowjet-
Schädel ist im WUK entstanden, ich           Es war ein großer Raum, der mir un-           union. Aber ich wünsche mir mehr
mache diese Totenschädel schon seit          glaublich viele Freiheiten gegeben hat,       Kontakt, dieser Kontakt und die Nach-
drei Jahren. Die entstehen peu à peu,        ich hatte auch die Möglichkeit mit der        barschaft mit der Ukraine kann mir et-
und es werden immer mehr.                    Holzwerkstatt und mit der Metallwerk-         was bringen. Momentan bin ich mit
                                             statt zu arbeiten. Und die Möglichkeit,       Wien und Düsseldorf gut beschäftigt.
Meine Art, Kunst zu machen                   meine Sachen zu brennen.                        Könnte auch Migration in deine Arbei-
Hast du mit anderen KeramikerInnen im          Ich habe hier viele spannende Künst-        ten als Thema einfließen?
WUK zu tun gehabt?                           lerInnen kennen gelernt, mit ganz ver-          Das ist ein großes Thema für mich,
   Ja, es war meine große Hoffnung, dass     schiedenen Konzepten. Das WUK ist             denn im Grunde bin ich, indem ich
ich mit Profi-KeramikerInnen zu tun          ein magischer Ort für mich, ich war           nach Wien gegangen bin, zum zweiten
haben werde. Denn im Grunde habe ich         gerne hier, und ich würde mich immer          Mal ausgewandert. Ich habe der Migra-
als Malerin angefangen, Keramik zu ma-       wieder bewerben.                              tion die Erkenntnis zu verdanken, dass
chen. Ich habe mehrmals Öfen benutzt,                                                      jede Kultur, jedes Volk seine eigene
aber leider – was ich als Künstlerin         Tolle alternative Szene in Wien               Wahrheit hat. Gerade dieses Hinterfra-
durchaus nachvollziehen kann – gab es        Hast du das WUK zuvor gekannt?                gen der Wahrheit, gerade dieses Erzäh-
zwischen uns keinen Austausch. Denn             Ich wohne nicht weit vom WUK ent-          len und Präparieren, als ob das Objekt
sie haben ihre Projekte, und ich hatte       fernt und war schon bei einer Künstle-        etwas Anderes wäre, ist im Grunde
meine Projekte, und es ging nicht ums        rin in einem Atelier im WUK auf Be-           meine Tätigkeit.
Lernen und um Austausch. Aber ich            such.
habe meine Sachen brennen können.               Wenn du ein wenig die Kunstszene in
   Ich habe mir einige Bilder deiner Male-   Deutschland und Österreich vergleichst –
rei angesehen, sie haben mich an naive
Kunst, auch an Kindermalerei erinnert.
                                             worin bestehen Unterschiede?
                                                Ich komme von der Düsseldorfer
                                                                                             Krabat
                                                                                            D
Ist das für dich ein Anknüpfungspunkt –      Kunstakademie, insofern ist es dort für                  er Waisenjunge Krabat ist
und wenn ja, warum?                          mich natürlich leichter. Wenn ich dort                   auf der Suche nach seinem
   Ich glaube, das kommt aus mir he-         zu einer Ausstellungseröffnung gehe,                     Platz im Leben, als ihn drei
raus. Es ist kein Kalkül dahinter, son-      kenne ich neunzig Prozent der Leute.           Raben mit Menschenstimmen zu
dern das ist einfach meine Art, Kunst zu     Wenn ich hier zu einer Ausstellungser-         der Mühle in Schwarzkollm locken.
machen. Ich habe an der Akademie ver-        öffnung gehe, dann kenne ich neunzig           Krabat folgt den Stimmen. Er
sucht, naturalistisch zu malen, und nach     Prozent der Leute nicht. Es gibt natür-        kommt in die Mühle und soll das
drei Bildern wurde mir das zu langwei-       lich kulturelle Unterschiede, ich fühle        Müllerhandwerk erlernen – aber
lig. Ich habe keinen Reiz darin gesehen,     mich in Wien sehr viel mehr im Osten.          auch „alles andere“.
aus einem Foto ein großes Bild herzu-        Einiges, was ich in Wien beobachte, er-          Bald merkt er, dass sonderbare
stellen. Ich habe aber trotzdem Respekt      innert mich an meine erste Heimat, an          Dinge passieren und dass der Meis-
vor KünstlerInnen, die das machen.           die Ukraine. Ich finde, dass in Wien viel      ter ein Magier ist.
                                             mehr Konzeptkunst gefragt ist und we-            Eine poetische, dunkelgraue Ge-
Neue Ideen: Film                             niger die Malerei. Das ist in Düsseldorf       schichte von Otfried Preussler über
Du machst also Keramik und Malerei.          gleichwertig.                                  die Verlockungen und Verführungs-
Was machst du noch?                             Welche Unterschiede fallen dir noch auf?    kräfte von Macht und Magie, über
  Ich habe – zum ersten Mal – im Gast-          Die Kunst-Institutionen hier in Wien        Freiheit und eigene Verantwortung.
atelier im WUK eine Soundperfor-             sind vielleicht eher verkopfter. In Düs-         Krabat
mance präsentiert. Fürs erste Mal ist es     seldorf steht man vielleicht noch mehr         Das SchauSpielWerk Teens
ganz gut gelungen, ich habe auch Ideen       in der Tradition von Jörg Immendorff           im Museum
für einen Film und für ein kuratorisches     und Joseph Beuys: Malerei und Bild-              Mittwoch, 18. April, 18:30 Uhr
Projekt, bei dem ich mich und andere         hauerei sind gleichwertig, Hauptsache,         Do, 19. April, um 09:30 und 12:00
zeitgenössische KünstlerInnen ausstelle.     es ist Kunst. Wien ist sehr spannend, es       Freitag, 20. April, 18:30 Uhr
Ich habe vor, wieder mehr zu malen, es       ist eine internationale Stadt, und es ist      Samstag, 21. April, 16:00 und 18:30
fehlt nicht an Ideen und Projekten. Ich      schön durchmischt. Es kommen immer

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kunst

Ist Kunst politisch?                         Facetten sehen können. Das erleichtert        sollte. Ich respektiere auch die Kunst,
Steht man als Künstlerin nicht ohnehin       zu erkennen, dass wir ein Produkt unse-       die nicht politisch ist, und ich habe
über solchen Wahrheiten? Ist diese Wahr-     rer Gesellschaft sind, und auch unsere        mich lange für unpolitisch gehalten.
heitszuschreibung, die jede Gruppe für       Kunst ist ein Produkt unserer Gesell-         Aber ich merke schon, dass ich mit
sich macht, nicht irrelevant, weil Kunst     schaft, des Kunstmarktes, der Akade-          meinen Installationen versuche, die Be-
heute ja weltweit wahrgenommen werden        mien, der Museen, wir sind natürlich          trachterInnen auf eine leichte Art zu
kann, unabhängig davon, welchen Hin-         beeinflussbar.                                provozieren. Wenn ich als Pseudo-Ku-
tergrund die BetrachterInnen haben?             Inwiefern ist Kunst immer politisch, an-   ratorin mein Konzept erkläre, findet da-
   Trotzdem wir KünstlerInnen sind,          gesichts von rechten Regierungen in Eu-       nach immer ein Gespräch statt. Dann
sind wir Kinder unserer Gesellschaft         ropa und von US-Präsident Donald              sage ich zum Beispiel, dass wir die
und Kinder unserer Familien. Man             Trump?                                        Wahrheit nicht kennen.
kann sich nicht abstrahiert betrachten.         Ich finde nicht, dass jede Kunst poli-       www.lenarot.com
Aber ich hoffe, dass Künstlerinnen viel      tisch ist, und ich bin gegen diesen
mehr hinterfragen und stärker andere         Zwang, dass jede Kunst politisch sein

 Klettergruppe – ein Pilotprojekt bei WUK CoachingPlus
 I
      n Kooperation mit dem Alpenverein      zwei/drei Metern. Alle Teilnehmer_in-
      e.V. Akademische Sektion Wien          nen trauten sich in die Wand, die ei-
      gibt es einmal im Monat für Klient_    nen mit weniger, die anderen mit mehr
 innen von CoachingPlus die Möglich-         Elan. Nach ersten Versuchen wurden
 keit, an der Klettergruppe teilzunehmen.    alle nach und nach mutiger und trau-
   Unter Anleitung von Jugendcoach           ten sich höher hinaus.
 und Übungsleiterin Anna Heinzle und           Beim zweiten Teil des Nachmittags
 Jugendcoach Lev Wilke können sich           war dann das „Toprope“-Klettern an
 die Jugendlichen im Klettern auspro-        der Reihe. Gesichert an einem Seil
 bieren. Ziel der Gruppe ist es, den Teil-   kletterten die Jugendlichen immer
 nehmer_innen positive Gruppenerfah-         schwerere Routen auf Höhen von bis
 rungen, ein besseres Körpergefühl und       zu zehn Metern.
 Erfolgserlebnisse zu vermitteln.              Auch in das richtige Sichern konnten
   Gut gelaunt fuhr die Gruppe zur           die Jugendlichen „reinschnuppern“.
 Kletterhalle Marswiese. Nach einem          Am Ende des Nachmittags waren alle
 kurzen Briefing zu Material und Si-         erschöpft und zufrieden, hatten neue
 cherheit ging es auch gleich los mit ei-    Erfahrungen gemacht und manche
 ner gemeinsamen Aufwärmrunde.               Teilnehmer_innen wollen auch in Zu-
   Danach ging es zum Bouldern, dem          kunft weiterklettern.
 ungesicherten Klettern über dicken            Anne Heinzle und Lev Wilke, WUK
 Matten auf einer Höhe von maximal           CoachingPlus                                  Foto: WUK CoachingPlus

 Jugendliche diskutieren über Gott, die Welt und Freizeit
 D
          ie Teilnehmer_innen vom            Themen, die sie selbst ausgewählt ha-         Übung ist.
          WUK m.power Pflichtschul-          ben – von Polygamie bis Internet, von            Besonders spannend bei den Diskus-
          abschlusskurs haben viel zu er-    Sommer in Wien bis Tattoo & Piercing          sionen mit WUK m.power-Beteiligung
 zählen und lieben es, mit ihren Alters-     reichen die Schwerpunkte. Die Grup-           ist der interkulturelle Austausch. Nach-
 genoss_innen zu diskutieren. In der         pen von WUK m.power wählten in                dem einige Teilnehmer_innen nicht in
 von Mitarbeiter_innen des wienXtra          den vergangenen Monaten die Themen            Österreich geboren sind, ist der kultu-
 Medienzentrums produzierten Radio-          „Freiheit“ bzw. „Frisch und fremd“.           renüberschreitende Dialog etwas, wo-
 sendung „Teens Talk“ hatten sie erst-         Die bei den Diskussionen erworbe-           mit sich die Jugendlichen bereits in
 mals die Gelegenheit, dies auch wien-       nen Fähigkeiten konnten die WUK               den Kursen zwangsläufig intensiv be-
 weit im Radio (bzw. weltweit im Inter-      m.power-Teilnehmer_innen nicht nur            schäftigt haben. In ihren Diskussionen
 net) zu tun.                                außerhalb des Kurses gut gebrauchen:          werden die kulturellen Unterschiede
   „Teens Talk“ ist eine regelmäßig aus-     der mündliche Teil ihrer Deutschprü-          und Gemeinsamkeiten hinsichtlich der
 gestrahlte Sendung auf Radio Orange         fungen findet in Form von unmode-             gewählten Thematiken routiniert he-
 94.0. Jeden ersten Montag im Monat          rierten Diskussionen statt. Sehr              rausgearbeitet und beschrieben.
 um 19:30 Uhr diskutieren Teenager zu        schwierig, wenn man nicht richtig in             Sebastian Beer, WUK m.power

WUK-INFO-INTERN 2/18 April                                                                                                            5
archiv

Es war einmal … das WUK
                                                                                       sächlich um das vielfältige und bunte
                                                                                       Programm anzukündigen. Da gibt es
                                                                                       im Februar – abgesehen von den zahl-
                                                                                       reichen Bereichsgruppentreffen und
Von Claudia Gerhartl                                                                   dem Werkkreis Literatur, der sich mit
                                                                                       der Friedensbewegung in der Literatur
                                                                                       auseinandersetzt – auch die Ankündi-
                                                                                       gung, dass am Valentinstag als tätige

S
     chon für die letzte Ausgabe des       von sozialem Interesse getragenes Mit-      Nachbarschaftshilfe Blumensträußchen
     Info-Intern habe ich im Archiv ge-    einander.                                   verteilt werden sollten.
     stöbert und einige Schmankerln          Auch zur Raumverteilung gab es be-          Die Männergruppe „Herkules“
aus der Gründerzeit für euch heraus-       reits Konzepte: Das Kulturhaus „stellt      (schade, dass ich hier kein Emoji einset-
gesucht.                                   Räumlichkeiten und Basisbedarf je           zen kann, es wäre das Tränen lachende
  Eure derzeitige Hauspostille hatte in    nach Erfordernis zur Verfügung“ .           Gesicht) setzte sich mit „Betrachtungen
den letzten – und jetzt haltet euch fest   Wichtig war es, dass es keine „kultur-      von Frauen“ auseinander. (Dazu fällt
– beinah 40 Jahren immer wieder an-        feindliche Scheidung zwischen Produ-        mir jetzt nichts Ernsthaftes ein.)
dere Erscheinungsformen, einmal war’s      zenten und Konsumenten, Profis und            Die Videogruppe bewarb den Film
nur ein einziges Blatt, einmal ganz ele-   Laien“ geben sollte.                        „12. Februar 1934 – Was geht heut‘ uns
gant im A3-Format, einmal mit der            Im Info Nummer 10/81 wird zum             das schon an?“, die Künstlergruppe „80
Hand geheftet, manchmal in einer           Fest und zur WUK-Messe im Arne              Mal 100“ lud am 13. Februar zur Ver-
Druckerei, einmal war sie bunt, einmal     Karlsson-Park eingeladen („Wer nicht        nissage, es wurde zur öffentlichen Dis-
bloß schwarzweiß. Vom schlichten           kommt, ist selber schuld!“) und wieder      kussion eines Films, der in der Schule
„WUK“ wurde sie bald das „WUK              und wieder werden die Selbstverwal-         gezeigt wurde und sich mit der Situa-
Info“ und schließlich das „WUK Info-       tungskonzepte erklärt und die Men-          tion der sogenannten 3. Welt beschäf-
Intern“.                                   schen zum Mitmachen aufgerufen.             tigte, aufgerufen, es gab eine Lesung aus
                                           „Selbstverwaltung statt Selbstvernich-      Werken von Jura Soyfer, Anna Seghers
Ein Vierkantgebäude mit Hofhaus            tung!“                                      und Konrad Wolf; die Gruppe „Kriti-
Das älteste mir vorliegende Exemplar         Später werden manchmal nur ein-           sches Fernsehen“ setzte sich mit dem
stammt aus dem Jahr 1978, glaube ich       zelne Blätter herausgegeben, haupt-         Bild der Frau in den Medien auseinan-
zunächst. Denn die Zahl 78 steht mit
rosa Filzstift geschrieben oben in der
Ecke.
   Einen Namen hat das Ding nicht,
Datum auch nicht, aber beim Lesen er-
                                            Kulinaria panis
                                            I
schließt sich mir dann bald das Er-              ch habe mir als Kind das Brot, das    ich lieber Prä-Post-Peri und habe eine
scheinungsjahr: 1981. Die gehefteten,            angeblich vom Himmel regnen           saftige Kruste zum Zähne trainieren
schmucklosen Seiten enthalten das vor-           kann, als eine schmerzhafte Ange-     und für den guten Speichelfluss.
läufige Konzept, eine Beschreibung des      legenheit vorgestellt. Der gestaubte          Und dann habe ich einem Kind
Hauses („Ein Vierkantgebäude mit            Wecken, den ich wöchentlich für            beim Sandspiel zugesehen und war er-
Hofhaus im 9. Wiener Gemeindebe-            meine greise Nachbarin einkaufte,          leuchtet. Die Zeit habe ich außer Acht
zirk“) und die Geschichte des Vereins,      könnte mit einer Fallgeschwindigkeit       gelassen! Ein Teig darf nicht zu kurz
der sich seit 1978 um das ehemalige         von zehn Meter pro Sekunde eine            ruhen, aber auch nicht übergehen.
TGM bemüht.                                 ziemliche Sauerei mit meinem Kopf          Das meditative Kneten sollte auch
   Der progressive Kulturbegriff, Herz-     anstellen.                                 nicht mit anderen Unnötigkeiten wie
stück des WUK, wird folgendermaßen            Jetzt besteht meine einzige Religiosi-   deppertes Handyspielen unterbrochen
beschrieben: „Der Kulturbegriff unse-       tät darin, den nirvanagleichen Teig zu     werden.
res Vereins äußert sich nicht nur in        kneten. Geläutert habe ich rasch er-          Natürlich: gib ein Mehl, gib ein
künstlerischen Tätigkeiten, sondern vor     kannt, dass meine innere Haltung           Wasser, gib ein Mehl, gib ein Wasser.
allem in der bewussten Gestaltung aller     nicht ausreicht. Der Raum, das Wasser      Das stand sicher auch irgendwo in ei-
Lebensbereiche.“ Und es wird erkannt,       und das Mehl müssen die perfekte           nem der mythologischen Texte, da-
dass das Kulturangebot der Stadt nicht      Temperatur haben. Die Hefe darf            mals, als ich noch leichtgläubig war.
ausreicht, es daher weitere Häuser          nicht zu viel Kälte oder Wärme abbe-          Gib eine Milch, gib eine Butter, gib
braucht.                                    kommen, und meine Hände sollten            ein Salz, gib ein Öl, gib, was du willst.
                                            keine rheumatischen Beschwerden            Sei nur wie ein Kind beim Sandspiel
Alternative zur „Hochkultur“                aufweisen.                                 und freu dich wie auf die Osterhäsin.
Von Anfang an verstand sich das WUK           Ach ja, der Ofen. Am bequemsten             Diese Illusion ist wenigstens kusche-
als „Alternative zu (mehr oder minder)      hat es ein Brot ohne Form. Eine Plät-      lig, denkt sich
geschlossenen Musentempeln“, Kunst          schen gab es schon zu Urzeiten, den           Der Köchin
und Kultur sollten lebensbezogen sein;      Teig in Form zu bringen, ist nur ein
nicht bloß eine musische Bereicherung       Zugeständnis an die Moderne. Da bin
wollte man darin sehen, sondern ein

6                                                                                         WUK-INFO-INTERN 2/18 April
archiv

der, und schließlich wurde zum Floh-        die Arbeitsgruppe Malerei, den Arbeits-      kationszentrum fand seinen Platz, und
markt und Heringschmaus geladen.            kreis Realismus, die Gruppe Phönix, die      unter dem Titel „Sonstige Gruppen“
                                            Potemkinschen Anlagen, Intakt und die        finden sich der Werkkreis Literatur, der
Alles ist politisch …                       ÖGB-Maler.                                   Verein der demokratischen Arbeiter aus
Es gab fast durchgehend Programm, al-         Die pädagogischen Gruppen bestan-          der Türkei in Wien, der Klub Atheis-
les, was in den Gruppen passierte,          den aus den sogenannten Schulheften,         mus, die Gruppe Anima, WUK-Solida-
wurde postwendend öffentlich gezeigt        dem pädagogischen Zentrum PÄZ, dem           rität, Kommunikation, der Elfenbein-
und diskutiert und so hatten alle an al-    Schulkollektiv, der Wiener Elterninitia-     turm und die Homosexuellen-Initiative.
lem Anteil.                                 tive, der Gruppe AGIF und zwei Kin-             Also eine ganz schön beeindruckende
   Ich will euch hier einmal ein paar       dergruppen, eine ohne Namen, die an-         Liste.
Gruppen nennen, die einige von euch         dere nannte sich schlicht Kindergruppe          Und zum Schluss zitiere ich diesmal
vielleicht noch kennen, aber viele sind     Sechshauserstraße.                           aus dem ersten Programm (oder Statut)
tatsächlich in Vergessenheit geraten.                                                    der Delegiertenkonferenz aus dem Som-
Manche tragen schon im Titel ihr En-        Kunterbunt und kreativ                       mer 1981, das denen, die derzeit mit
gagement, und bei manchen wundern           In den Werkstätten siedelte sich die Me-     der Gemeinde Wien verhandeln, Mut
wir uns wahrscheinlich, was sie ins         tallwerkstatt an, ebenso die Siebdruck-      machen soll, denn der Verein stellte
WUK führte.                                 werkstatt, die Holzwerkstatt, die            „mit allem Nachdruck fest, dass zwar
   Da gab es beispielsweise soziale Grup-   Gruppe alternativer Ton- und Holzar-         nicht Prägung und Programmierung al-
pen wie den Verein für Patientenrechte,     beiter, kurz GATHSA, die ARGE Wien,          ternativer Kultureinrichtungen, sehr
die Kritische Medizin, die Demokrati-       die Lehrlinge-Elektromusik, eine Buch-       wohl aber deren Ermöglichung, Siche-
sche Psychiatrie und die Engagierten        druckwerkstatt, die Tätige Nachbar-          rung und Grundfinanzierung eine un-
Christen, kurz ECHO, Hilfe für psy-         schaftshilfe, die Fotogalerie, die Frauen-   abtretbare Verpflichtung jeder öffentli-
chisch Erkrankte (HPE) und die Kon-         zeitschrift AUF, der Österreichische Ju-     chen Hand ist – in Wien somit der Ge-
taktgruppe für soziale Schwierigkeiten.     gendpresseclub, die Video-Gruppe und         meindeverwaltung –, die die nicht min-
Im Theater- und Bewegungsbereich gab        die Reich-Gruppe.                            der öffentlichen Mittel einbringt und
es die Gruppe Flamingo-Bingo, die             Ein Musiker-Plenum wird zwar ange-         verausgabt.“
Clowns, das Animatorische Zielgrup-         kündigt, die Musikgruppen sind aber
pentheater, die Theatergruppe Spielleut     zumindest in dieser Ausgabe nicht ein-
& Rattenfänger, bei den KünstlerInnen       zeln angeführt. Das Frauen-Kommuni-

  WUK m.power goes Roller Derby
 Z
         um körperlichen Ausgleich der      Schutzausrüstung und das richtige Fal-       gegen den Track eingetauscht zu haben.
         lernintensiven Vorbereitungen      len wurden erklärt und geübt.                  Vielen Dank auf diesem Wege an die
         auf ihre Prüfungen hatten die        Mit bemerkenswerter Sicherheit be-         Freiwilligen vom Vienna Roller Derby,
 Mädchen und Frauen von WUK m.              wegten sich die jungen Frauen gegen          die unseren Teilnehmerinnen einen
 power die einmalige Gelegenheit, ein       Ende des Trainings auf ihren Rollschu-       sportlichen und unvergesslichen Nach-
 gemeinsames Schnuppertraining im           hen. Alle waren sich einig, dass es gut      mittag bereitet haben.
 Roller Derby zu absolvieren.               tat, für einige Stunden den Kursraum           Sebastian Beer, WUK m.power
   Diese relativ junge und vorwiegend
 von Frauenteams ausgeübte Sportart
 kommt ursprünglich aus Nordamerika
 und wird auf Rollschuhen (nicht auf
 Inline-Skates) ausgeübt. In Österreich
 gibt es bereits mehrere Vereine, Vorrei-
 terinnen waren die Frauen vom
 „Vienna Roller Derby“, die sich auch
 mit großem Enthusiasmus unserer Ju-
 gendlichen annahmen und ihre ersten
 Geh- und Rollversuche unterstützten.
   Roller Derby ist eigentlich ein Voll-
 kontaktsport, selten geht es ohne blaue
 Flecken und Blessuren ab. Bei den m.
 power Frauen stand natürlich zuerst
 das unfallfreie Fahren am sogenannten
 „Track“, einer ovalen Bahn, im Vorder-
 grund, aber auch Sicherheitsmaßnah-
 men wie die Verwendung geeigneter          Foto: WUK m.power

WUK-INFO-INTERN 2/18 April                                                                                                        7
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                                            mit dem Gefühl außerhalb zu stehen, ist      narren thematisiert sie Zusammenhänge

Human                                       sie durch die Straßen von Algier gegan-
                                            gen und hat sich bemüht, Anschluss zu
                                            finden. Sie hat alles – von der Stadt bis
                                                                                         zwischen Kleiderverordnungen und
                                                                                         Konventionen, Anpassung und Rollen-
                                                                                         bildern, dem Vertrauten und Fremden,
                                            zum Leben ihrer Familie – dokumen-           insbesondere am eigenen „kulturellen
Ausstellung in der Foto-                    tiert. Jedes Detail von Algier hat sie in-   Hintergrund“.
galerie Wien                                teressiert: Verkehrsschilder auf Arabisch,     Roland Ickings Work in Progress-Fo-
                                            ein durch einen Zaun wachsender Kak-         toserie FACadE, begonnen 2014, zeigt
                                            tus, die Leute in den Straßen – die ers-     Menschen und ihre Tiere auf Bauernhö-

D
          ie in der Ausstellung Hu-         ten Schritte in eine Kultur, die sich wie    fen in seiner Heimat, dem deutsch-nie-
          man vertretenen KünstlerInnen     ihr zugehörig anfühlt, aber noch fremd       derländischen Grenzgebiet des Kreises
          interessiert die Beobachtung      ist.                                         Borken und dem Achterhoek. In den
und Analyse des Subjekts, der ihm zu-          Amina Handke zeigt den Kurz-              hier typischen Kuhstallfassaden sieht
gehörigen Gemeinschaft sowie der über-      film Mutter von Mutter (2015); hierfür       Icking seit seiner Kindheit abstrakte Ge-
geordneten Gesellschaftskonstruktio-        hat sie ihre Mutter, eine Schauspielerin,    sichter, deren Ausdruck für ihn das ehe-
nen. Es geht um die Auseinanderset-         gebeten, deren Mutter – Amina Hand-          mals harte und von gesellschaftlichen
zung mit Identität bzw. Persönlichkeits-    kes Großmutter, die sie kaum kannte –        Zwängen geprägte Landleben symboli-
struktur, sei es in Bezug auf ethnische     zu spielen. Aber die Mutter erinnert sich    siert, dem er das Glück hatte zu ent-
und geografische Zugehörigkeit, Klasse,
Kultur, Geschichte oder vorgegebene
Rollenbilder. Ausgangspunkt ist einer-
seits die Gesellschaft und die Auswir-
kungen von deren Einfluss auf Leben
und Persönlichkeit der Menschen. An-
dererseits sind es die individuellen Bio-
grafien der KünstlerInnen, die mit meist
empathischem Zugang ihr direktes Um-
feld untersuchen und dabei ebenso die
eigenen Ängste, Verletztheiten und Ver-
unsicherungen wie auch Nähe und
Glück ansprechen. Hier werden teils in-
time Blicke in Privatheit, persönliche
Geschichte, Erinnerungs-/Gedächtnis-
arbeit und Lebenssituation gestattet.
Andere KünstlerInnen bieten mit hu-
morvoll-skurrilen Narrationen sowie
performativen Inszenierungen oder Rol-
lenspielen zwischen Authentizität und
Fiktion außergewöhnliche Sichtweisen
auf die Realität, die die Absurdität des
Alltäglichen und damit des mensch-          Roland Icking. aus „FACadE“, work in progress seit 2014, „29.09.2016,
lichen Seins unterstreicht.                 Doetinchem-Slangenburg/NL“, Fine Art-Print, 60 x 84 cm
   Linda Bournanes Serie Wind, Sand
and Stars ist ein fotografisches Work in
Progress-Projekt, in dem die Künstlerin     an wenig. Der Film handelt von bruch-        kommen, um Künstler sein zu können.
nach ihren familiären Wurzeln sucht.        stückhaften Erinnerungen und brüchi-         Zunächst als architekturfotografisches
Sie ist in Norwegen bei ihrer norwegi-      gen Beziehungen dreier Generationen,         Projekt angelegt, begann er bald Men-
schen Mutter aufgewachsen; ihren alge-      die von Abwesenheiten und Trennungen         schen und Tiere miteinzubeziehen.
rischen Vater und dessen Familie hatte      bestimmt sind. Er lässt die Auswirkun-       Diese wurden separat fotografiert und
sie lange nicht kennengelernt. Erst als     gen eines Krieges erahnen – diejenigen       im Computer vor der jeweiligen Fassade
Erwachsene besuchte sie ihn und ihre        von Ideologien und Konventionen auf          mit dem Gesicht zusammengefügt. Die
weitere Familie zum ersten Mal in Alge-     Vorstellungen von Frauen- und Mutter-        Inszenierungen wirken surreal, manch-
rien. Als ihre Berber-Großmutter 100        rollen und davon, wie diese Vorstellun-      mal absurd, auch lassen sich erste Kin-
Jahre alt wurde, schrieb diese ihr einen    gen weitergegeben oder reflektiert wer-      derbilder mit Mama, Papa, Kind,
Brief mit der Bitte, das Heimatland ih-     den. Desweiteren zeigt Handke die Serie      Hund, Haus, Baum etc. assoziieren –
res Vaters nicht zu vergessen. Dieses       von 22 Fotografien „‫[ يابادا‬aˑdaˑbˆæɛ]“      eine Hommage an seine Heimat, in der
Projekt ist für Bournane ein Versuch, als   als Fotobuch (2017). Für dieses Projekt      Humor, aber auch die Sorge um Verän-
westlich orientierte Frau ihrer Identität   hat sie, verschleiert mit Niqab, Fa-         derungen in der Landwirtschaft, das
nachzuspüren, indem sie versucht, diese     schingsfeiern in Griffen (Kärnten), dem      schleichende Verschwinden regionalty-
Fremdheit zu erforschen, die die Hälfte     Heimatort ihres Vaters, besucht. Zwi-        pischer Architektur und die Existenz der
ihrer Herkunft ausmacht. Als Fremde         schen den ebenso verhüllten Faschings-       Menschen mitschwingen.

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                                                               tät und noch mehr         und schafft humorvolle, poetische, aber
                                                               eine Reflexion über       auch kafkaeske Situationen. Vasof inte-
                                                               den Effekt, den die       ressiert das Experimentieren mit den
                                                               Fotografie auf unsere     Mechanismen von Bewegung und zeit-
                                                               Wahrnehmung hat. Es       basierter Kunst. Ihre Non-Stop-Stop-
                                                               ist das Potenzial der     Motion-Filme (wie etwa Trilogy of
                                                               Imagination. Ihre Ar-     Leaving) definieren ein erweitertes zeit-
                                                               beit ist Forschung und    genössisches Kino neu und setzen sich
                                                               Praxis, Erinnerung        mit der poetischen Mechanik der Be-
                                                               und Konstruktion –        harrlichkeit des Sehens auseinander. Ihre
                                                               eine ständige Aneig-      Arbeiten mit Alltagsgegenständen
                                                               nung, ein nie enden-      (wie Down to Earth und Things and
                                                               der Prozess. Ausge-       Wonders 2022) beschäftigen sich mit
                                                               hend von der Not-         sozialen Widersprüchen und zeigen uns
                                                               wendigkeit, die Ängste    die vertraute Welt aus einem anderen
                                                               eines kleinen Jungen      Blickwinkel.
                                                               zu verstehen, eröffnete     Linda Bournane (NO), Amina Handke
                                                               ihr The Fear Theories     (DE/AT), Roland Icking (DE/AT), Simon
                                                               einen viel breiteren      Lehner (AT), Christiane Peschek (AT),
                                                               Diskurs über die          Anna Vasof (GR/AT)
                                                               Angst vor der eigenen       Eröffnung am Montag, 23. April,
Linda Bournane: Aus „Wind, Sand and Stars“,                    Vergänglichkeit und       um 19:00 Uhr
work in progress seit 2015, Inkjet-Print, 50 x 50 cm           die Suche nach            Einführung: Petra Noll-Hammerstiel
                                                               Schutz. Der Moment        Ausstellung bis Samstag, 26. Mai
                                                               vor dem Einschlafen,
  In seiner Fotoserie Men don’t play /     wenn ein Kind gegen sein Gedanken-
Men do play geht es Simon Lehner um        konglomerat ankämpft, ist eine Hyper-
eine sehr persönliche Auseinanderset-      realität, eine Zwischenwelt zwischen vi-
zung mit männlicher Identität. Am Bei- suellen Nachwirkungen und der puren
spiel von Männern, die in ihrer Freizeit   Kraft kindlicher Vorstellungskraft – eine
Krieg spielen, untersucht Lehner das ur- Welt, die so real ist wie die Fotografie.
eigenste, seit Beginn der Menschheit be-     Für ihre Performance-Videos
stehende Bedürfnis des Mannes, in          baut Anna Vasof auf erfindungsreiche
Wettstreit mit seinen Artgenossen zu       und aufwändige Weise alltägliche Dinge
treten, um dabei möglichst als Stärkster, in mechanische Konstruktionen um
Männlichster hervorzugehen. In einem
Real Life-Kampfspiel mit Druckluftwaf-
fen und künstlichen Toten, aber mit rea-
len Taktiken, Uniformen, Ausrüstung
und authentischer militärischer Sprache
                                              Momo
                                              M
sind die Freizeit-Soldaten die Helden,                   omo lebt alleine im Nir-          Mit Hilfe der Schildkröte Kassiopeia
stark, mächtig, furchtlos – good guys,                   gendwo, irgendwo in einem       und Meister Hora entschlüsselt Momo
die die Terroristen bekämpfen. Und                       Abbruchhaus am Rande der        das Geheimnis der Zeit. Ob sie ihre
dennoch ist unter der Oberfläche des         Großstadt. Sie hat niemanden und be-        Freunde und die Stadt retten kann?
harten Agierens Verletzlichkeit, Er-         sitzt nicht viel außer einem übergro-         Auf fantastische Weise erzählt Mi-
schöpfung, Angst zu spüren. In der Serie     ßen Männerjacket. Doch von etwas            chael Ende in seinem preisgekrönten
wird das hier so extrem ausgelebte Be-       hat sie besonders viel: Zeit. Momo          Roman „Momo“ von der menschge-
dürfnis untersucht und in Frage gestellt,    nimmt sich Zeit – Zeit zum Zuhören.         machten Zeitnot, die ein Kind ent-
wobei Lehner mittels Selbstporträts          Und deshalb hat sie viele Freunde,          deckt. „Denn Zeit ist Leben. Und das
seine Gefühle und Konfrontationen            wird von allen geliebt und besucht.         Leben wohnt im Herzen. Und alle
dazu dokumentiert – auf der Suche               Doch eines Tages ändert sich alles:      Zeit, die nicht mit dem Herzen wahr-
nach seiner eigenen inneren Balance von      Keiner kommt mehr auf Besuch.               genommen wird, ist verloren.“
Männlichkeit und Weiblichkeit.               Momo versucht herauszufinden wa-              Das SchauSpielWerk Kids
  Die Fotoserie The Fear Theo-               rum und stößt bald auf das Geheimnis        für Kinder ab 8. Im Museum
ries von Christiane Peschek ist ein Por-     der grauen Herren, Agenten der Zeit-          Donnerstag, 5. April, 18:30 Uhr
trait kindlicher Angst, eine neun Jahre      sparkasse. Sie haben es auf die Lebens-     Freitag, 6. April, 18:30
andauernde Annäherung, die darauf            zeit aller Menschen abgesehen, und          Samstag, 7. April, 16:00 und 18:30
zielt, die Mechanismen und Stigmata          versuchen alle zum Zeit sparen zu be-
der Angst ihres heranwachsenden Soh-         wegen. Die Stadt verwandelt sich,
nes vor der eigenen Existenz zu verste-      wird immer schnelllebiger und trister.
hen. Es ist ein Labyrinth der Irrationali-

WUK-INFO-INTERN 2/18 April                                                                                                        9
galerie

Collage III – Thema
                                                                                         Wirklichen schöpfen, um es zu zerlegen,
                                                                                         zu überzeichnen und zu verrücken. So
                                                                                         lassen sie die Dinge erscheinen, wie sie
                                                                                         nie waren – und zeigen dennoch, wie sie
Ausstellung in der Fotogalerie Wien                                                      sind. Die künstlerische Dekonstruktion,
                                                                                         die verfremdende Aneignung von vorge-
                                                                                         fundenem Bildmaterial und seinen Me-
                                                                                         chanismen, legt offen, wie Bilder funk-
                                                                                         tionieren und welche Ideologien sie
                                                                                         transportieren.

                                                                                         Die KünstlerInnen
                                                                                         Das von Adam Broomberg & Oliver
                                                                                         Chanarin konzipierte und gemein-
                                                                                         sam mit dem Londoner „Archive of
                                                                                         Modern Conflict“ herausgegebene
                                                                                         Künstlerbuch Holy Bible (2013) präsen-
                                                                                         tiert sich, in schwarzes Leder gebunden
                                                                                         und mit in Gold geprägtem Titel, auf
                                                                                         den ersten Blick als antiquarische Bibel-
                                                                                         ausgabe. Tatsächlich handelt es sich um
                                                                                         eine exakte Reproduktion der King
                                                                                         James-Bibel (1604-1611), jedoch er-
                                                                                         gänzt um Fotografien des Archivs zu
                                                                                         Krieg und Gewalt, die den Text überla-
                                             Adam Broomberg & Oliver Chanarin.
                                             Aus: „Holy Bible“, 2013. Künstlerbuch,      gern und vage Bezug auf darin rot mar-
                                             Verlag | MACK und AMC – Archive             kierte Textpassagen nehmen. Der Hypo-
                                             of Modern Conflict, London 2013.            these des israelischen Philosophen Adi
                                             Softcover | schwarzer Einband mit
                                             Goldschnitt, 721 Seiten, 512 S/W und        Ophir folgend, wonach Gott sich vor-
                                             Farbabbildungen                             wiegend durch Katastrophen offenbaren
                                                                                         würde, untersucht das Künstlerduo, wie
                                                                                         Gewalt visuell Evidenz erlangt. Holy Bi-

D
          en revolutionärsten Moment in      räumlich-skulpturalen Erweiterungen         ble kann als Fortführung ihres Künstler-
          der Entwicklung der Malerei        zutage tretender Wesenszug. Stets len-      buches War Primer II (2011) gelesen
          nannte der Dadaist und Dich-       ken die Bilderdrifts auch an-
ter Tristan Tzara die Erfindung der Col-     archische, von Zufall und
lage und meinte damit den fundamen-          Spiel getriebene Energien.
talen Bruch mit etablierten Formen             Im Fokus der dritten
künstlerischer Repräsentation. In den        Schau des Schwerpunkts
die Collage bestimmenden technischen         2017/18 stehen Arbeiten, die
Verfahren, im Kleben (frz. coller), Krat-    ein jeweils spezifisches
zen, Schneiden, Reißen, Falten, Montie-      Thema oder Motiv aufgrei-
ren, Assemblieren, Dekomponieren usw.        fen und ins Zentrum ihrer
steckt ein radikales Potential. Speisten     Reflexion stellen. Deutlich
sich die Papiers collés der Kubisten aus     wird dabei das Vermögen der
Gebrauchtem, Verworfenem und dem             Collage, Alltägliches so zu
vermeintlich Banalen, umschwärmen            verfremden und Wirklichkei-
uns heute die vielfach reproduzierten,       ten so zu verdichten, dass
reformatierten und re-editierten Kopien      sichtbar wird, was jenseits
eines beständig anwachsenden digitalen       von Abbild und Repräsenta-
Debris’.                                     tion liegt und außerhalb ge-       Stephanie Kiwitt: „Capital Décor” (Detailansicht),
  Der aktuelle Schwerpunkt der Fotoga-       wohnter Sehweisen. Räume           2011, Künstlerbuch, Kodoji Press, Baden (CH).
                                                                                Inkjetprint auf Bluebackpapier, Leporello, 1273 x
lerie Wien präsentiert in vier Ausstellun-   entstehen, die eigenen Geset- 50 cm
gen ein breites Spektrum an Methoden         zen gehorchen; visuelle Kon-
und Verfahrensweisen der Collage in der      stellationen, die abstrakt blei-
zeitgenössischen Foto- und Video-            ben und zugleich dokumentarischen             werden: Dieses wurde von Bertolt
kunst. Sichtbar werden dabei die erzäh-      Charakter entfalten, weil sie explizit auf Brechts Kriegsfibel (1955) inspiriert, in
lerischen und autopoetischen Stärken         das Reale verweisen, Vorhandenes auf-         der der Autor Fotos aus Zeitungsaus-
dieser Kunstform ebenso wie ihre Inno-       greifen, Zeugnis ablegen.                     schnitten zum Zweiten Weltkrieg mit
vationskraft als grundlegender, gerade         Ihr kritisches Potential ergibt sich        eigenen Gedichten kombinierte.
im Einsatz neuer Technologien oder in        nicht zuletzt daraus, dass sie aus dem          In Tanja Demans Videoinstalla-

10                                                                                           WUK-INFO-INTERN 2/18 April
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tion Abode of Vacancy (2011) werden         Behausung – so lässt sich der Titel des    Fahndungsfotos (Mugshots) – durch
modernistische Architekturen als Idee       Videos verstehen. Umso deutlicher er-      Faltungen, um sie neu zusammenzuset-
und Utopie ins Bild gesetzt – eine          scheinen die Bewegungen der Natur:         zen. Klammern halten die Bildränder
„nicht-narrative Fiktion“ (Deman), die      von Bäumen im Wind, von Schatten …         zusammen und erinnern dabei an die
die Künstlerin aus einer Serie von Tab-       Historisches Bildmaterial und die        zusammengeflickten Körperteile ope-
leaus konstruiert hat. Ihr Interesse gilt   Rolle der Fotografie als Disziplinie-      rierter oder obduzierter Menschen;
dem Raumerleben und der kollektiven         rungswerkzeug untersucht Bernhard          monströs erscheinen die fragmentari-
Erinnerung und Wahrnehmung (ererb-          Hosa in seiner Serie Auf der Suche nach    schen, zerstückelten Gesichter. Was im
                                                                                       Ausgangsbild der Typisierung dient, um
                                                                                       das „Subjekt“ zu definieren (und letzt-
                                                                                       lich zu stigmatisieren), verschwindet.
                                                                                          In Petra Jansovás Serie Andere Di-
                                                                                       mensionen der Schönheit (2015) stehen
                                                                                       die in der (historischen) Werbung der
                                                                                       Kosmetikindustrie propagierten Schön-
                                                                                       heitsideale und -maßnahmen im Zen-
                                                                                       trum. Einige der gezeigten Arbeiten
                                                                                       gleichen Stillleben, Arrangements, die
                                                                                       von der Vergänglichkeit („always“, so
                                                                                       der Titel einer Arbeit) erzählen und his-
                                                                                       torische Vanitas-Motive zitieren. Die im
                                                                                       Bild konservierte Feuchte erinnert an
                                                                                       das Versprechen von Körpercremes und
                                                                                       erzählt von der Angst vor Verfall und
                                                                                       Austrocknung. Vieles wirkt maskenhaft,
                                                                                       das Gesicht steht als Palimpsest im Zen-
Tanja Deman. Aus: „Abode of Vacancy“, 2011, Videoinstallation, Schwarz-Weiß,           trum: es wird gewaschen, geschabt, ge-
ohne Sound, 6:55 min., Loop                                                            salbt und gerieben. Die Sichtbarma-
                                                                                       chung anderer Bildebenen, etwa der
ter) architektonischer Strukturen. Sub-     dem richtigen Bild (2012). Für die vom     Rasterung der reproduzierten Werbesu-
tile Bewegungen unterlaufen den sich        französischen Kriminalisten und An-        jets, und die gewählten Bildausschnitte
anfänglich einstellenden Eindruck, es       thropologen Alphonse Bertillon (1853-      lassen das Dargestellte ins Surreale kip-
handle sich um Standbilder; sie sind Teil   1914) entwickelte Methode zur Perso-       pen: Rituale und Gesten werden un-
der Inszenierung und Illusion eines au-     nenidentifizierung anhand von Körper-      heimlich. In der Betrachtung jener
tonomen Gebäudes. Demans Komposi-           maßen, die sogenannte Bertillonage,        von Petra Jansová vorgenommenen Zu-
tion von Einstellungen lässt uns in leer-   wurde das damals neue Medium mit           richtungen am (fotografischen) Objekt
stehende Gebäude und Wüstenland-            Gewinn eingesetzt. Zur Annahme, Cha-       aktualisiert sich auch unsere Wahrneh-
schaften eintauchen. Tatsächlich handelt    rakter und Identität eines Menschen lie-   mung.
es sich um Ausschnitte aus Küstenland-      ßen sich durch die Vermessung äußerer         Iosif Kiralys Arbeiten untersuchen
schaften der Niederlande und Kroa-          Merkmale bestimmen, war es nicht           die Beziehung zwischen Raum, Zeit,
tiens, um Ansichten aus Rotterdam, Za-      mehr weit. Hosa dekonstruiert die re-      Wahrnehmung und Erinnerung, so
greb und Split. Die Leere als Bleibe oder   produzierten Portraits – historische       auch das im Jahr 2000 begonnene Pro-

 Das Info-Intern ist auf der WUK-Website einfach zu finden

 U
          nser Drängen und Argumen-         Dank gilt der Marketing-Abteilung          (oder nach ihnen fragen), stellt sich
          tieren und Bitten war – auch      und auch allen anderen, die das so ge-     heraus, dass diejenigen, die die frühe
          wenn’s ehrlich gesagt schon ein   ändert und möglich gemacht haben.          Geschichte nicht kennen, schon in
 bissl lange gedauert hat – von Erfolg        Und noch etwas: Das Wissen über          der ganz überwiegenden Mehrheit
 gekrönt: Das Info-Intern ist seit Mitte    die Geschichte des Hauses – vor allem      sind.
 Februar auf der Website des WUK            über die „inneren“ Angelegenheiten,          Nun also wurde und wird für die his-
 ganz leicht zu finden:                     Probleme, Diskussionen, Kritik- und        torisch Interessierten etwas getan: Alle
 ¥ wuk.at                                   Streitpunkte, Generalversammlungen,        alten Info-Intern seit 1999 sind schon
 ¥ Das WUK                                  kurz über das Werden des WUK – ist         auf der WUK-Website, und die noch
 ¥ WUK Info Intern                          heutzutage ziemlich verschwommen.          älteren (ab 1988) kommen in Kürze
   Und schon seid ihr da, wo ihr hin        Es heißt zwar oft, es kämen wenig          noch dazu.
 wollt.                                     neue Menschen ins WUK, aber oft,             red
   Unser – und natürlich auch euer –        wenn wir alte Geschichten erzählen

WUK-INFO-INTERN 2/18 April                                                                                                   11
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                                                                                       toinstallation Capital Of-
                                                                                       fence (2014/2018) sind die prekären
                                                                                       Bedingungen traditioneller Landwirt-
                                                                                       schaft im Kontext neoliberaler Verwer-
                                                                                       fungen und der Bedrohung durch das
                                                                                       Freihandelsabkommen NAFTA und
                                                                                       globalen Landraub. Die in der Arbeit
                                                                                       abgebildeten Umzäunungen aus Dosen-
                                                                                       blech werden von Bauern in ländlichen
                                                                                       Gebieten Südmexikos aufgestellt, um
                                                                                       kleine kommunale Parzellen abzugren-
                                                                                       zen: Großindustrie und Kleinbauern-
                                                                                       tum prallen hier aufeinander. Sharp ver-
                                                                                       steht Capital Offence nicht als „State-
                                                                                       ment, sondern als visuelle Umsetzung
                                                                                       eines diskursiven Netzes mit mannigfal-
                                                                                       tigen Knotenpunkten und Verbindungs-
                                                                                       fäden“ Auf dem vom Künstler – als
Tim Sharp: aus: „Capital Offence“, 2014/2018, Fotoinstallation.                        Hintergrund für die gerahmten Fotogra-
„Jalapeno“, Lambda C-Print, 48 x 70 cm, aus einer Serie von 15 Prints,                 fien der Umzäunungen – entworfenen
präsentiert auf einer Tapete, Pigment-Print, 90 x 263 cm
                                                                                       Wallpaper setzen sich bestimmte Motive
                                                                                       der Nahrungsmittelindustrie fort. Die
jekt Reconstructions und „[…] machen        eine Art Endlosschleife, in einen stark    darauf abgedruckten Ikonen der Kon-
auf die Verbindungen und Synchronisie-      verdichteten Raum. Die Aufbereitung        sumkultur und industriellen Massen-
rungen aufmerksam, die manchmal unter       des Bildmaterials, seine Angleichung       produktion gehen neuerlich in Archi-
Menschen, Dingen und Ereignissen auf-       durch das Schwarz-Weiß und die Raste-      tektur über. Der Rückverweis auf De-
treten können“ (Kiraly). Den Mitteln,       rung verleihen ihm einen gleichförmi-      mokratisierungsprozesse im Wohnraum-
die hier zum Einsatz kommen, haftet et-     gen Rhythmus und eine Monotonie, die       dekor, der Mittel- und Arbeiterschich-
was Provisorisches an. Es gibt Verbin-      in der Soundarbeit zum Buchobjekt          ten einst die Tapete brachte, kehrt die
dungslinien, die nachzuzeichnen nicht       nochmals akzentuiert wird: Dafür hat       Ambivalenzen eines globalisierten Wirt-
unbedingt zu eindeutigen Ergebnissen        Kiwitt die in den Fotografien fragmen-     schaftsraums hervor.
führt, jedoch Fragen aufwirft, Imaginati-   tarisch dokumentierte Schrift – Slogans,      Collage III – Thema
onsräume eröffnet und zeigt, dass die       Produktnamen etc. – notiert und durch      in der Fotogalerie Wien
Dinge sich, wenn wir sie erinnern, nicht    einen Sprecher verlesen lassen.            bis Samstag, 14. April
so einfach abstecken lassen, wie Fotogra-
fien es suggerieren. Wie etwa gehen das
Persönliche und das kollektive Erinnerte
zusammen? War hier einmal etwas anders
– und für wen? Auch der panoramatische
                                              Integrationswoche 2018
                                             B
Blick bietet nur Ausschnitte einer be-               ereits zum achten Mal findet        Und bereits zum sechsten Mal wird
stimmten Perspektive und erweist sich                die „Integrationswoche“ statt,    der MigAward – der Preis der öster-
schließlich als Illusion.                            heuer erstmals bundesweit. Mit    reichischen MigrantInnen – verlie-
   Stephanie Kiwitt interessiert die all-    über 350 Veranstaltungen und 150          hen. Dieser zeichnet Personen, Pro-
tägliche urbane Lebenswelt, ihre Be-         KooperationspartnerInnen in und aus       jekte und Organisationen aus, die sich
schaffenheit und Strukturen, insbeson-       allen Bundesländern, setzen wir zwi-      für die Partizipation von MigrantIn-
dere aber auch die Architektur von Or-       schen dem 17. April und dem 29.           nen einsetzen und die Vielfalt in Ös-
ten heutiger Konsumkultur mit ihrem          April ein buntes und starkes Zeichen      terreich hoch leben lassen
Warenfetischismus. Die Raum- und             für gelebte Vielfalt in Österreich.         Der Abend wird mit einer Überra-
Formensprache von Discountern unter-           Feierlich eingeläutet wird die Inte-    schungsband spannend ausklingen,
sucht sie in dem Buchprojekt Capital         grationswoche mit der großen Eröff-       selbstverständlich ist auch für das leibli-
Decor (2011), einem 12,73 m langen           nungsgala am 17. April im WUK.            che Wohl, Live-Musik und DJ gesorgt.
Leporello, für das die Innenansichten          Durch das vielversprechende Abend-        Es lebe die Vielfalt!
von Supermärkten nahtlos aneinander-         programm führt ORF-Moderatorin              Eröffnungsgala der Integrationswoche
gefügt wurden – für die Künstlerin ein       Ani Gülgün-Mayr. Nach einer kurzen        und Verleihung des „MigAwards“ 2018
„fotografischer Bildraum, der bei            Ansprache des Gastgebers Dino Scho-       am Dienstag, 17. April, um 19:00 Uhr
höchstmöglicher Abbildhaftigkeit eine        sche gibt es weitere Key Notes von In-    im Saal
zugleich künstliche Anordnung hervor-        tegrationsstadtrat Jürgen Czerno-           integrationswoche.at
bringt“. Ende und Anfang verschwim-          horszky und Herbert Schweiger, Ge-        migaward.at
men, Architekturen, Werbesprache und         schäftsführer der VHS Wien.
Verpackungsdesign verwandeln sich in

12                                                                                        WUK-INFO-INTERN 2/18 April
ziele

                                                                                        Jahr 2016 im WUK ist die allgemeine

Blitzlichter und Splitter –                                                             internationale Vernetzung ein wenig ins
                                                                                        Hintertreffen geraten.
                                                                                          Die Gründe sind verständlich: Im All-

ein subjektives                                                                         tagsgeschäft sind internationale Treffen
                                                                                        nicht immer gut unterzubringen, Kon-
                                                                                        tinuität in der Bespielung eines Netz-

Vorstandspotpourri                                                                      werks ist eine Herausforderung, und
                                                                                        Mehrwert lässt sich nur generieren,
                                                                                        wenn es eine klare Strategie gibt. In die-
                                                                                        sem Bereich würde uns Nachschärfung
Von Patricia Hladschik                                                                  gut tun. Ganz konkret geht es wohl um
                                                                                        die Entscheidung, wo wir unsere Ener-
                                                                                        gien hinlenken wollen: Wollen wir ins

D
          as neue Vorstandsjahr ist nicht   Ziel 1 der WUK BB BSC 2018/19 „Die          europäische Projektgeschäft einsteigen
          mehr ganz jung. Eine kurze        unterschiedlichen (Bildungs-) Angebote      oder weiterhin auf nationale Fördermittel
          Zwischenbilanz ist also nicht     von WUK BB und der Autonomie sind           fokussieren – so oder so wollen wir eine
ganz verkehrt: Welche Inhalte treiben       miteinander vernetzt“ synergetisch auf-     unübersehbare Größe in Wien bleiben.
den Vorstand derzeit an und um? Was         gesetzt werden. Auf die Ergebnisse die-
sind die großen Herausforderungen und       ses Zusammendenkens darf man ge-            Signalgeber in der Stadt
welche Dinge stehen an?                     spannt sein, denn wir verfügen unbe-        Ziel 3 von WUK 2020, das sich den so-
  Die rechtliche und finanzielle Absi-      stritten über ganz besondere Leucht-        lidarischen Formen des Miteinanders
cherung unseres schönen Hauses steht        türme im Bildungsbereich – in der Au-       widmet und schwerpunktmäßig erst ab
nach wie vor an oberster Stelle der Vor-    tonomie wie im Betrieb.                     heuer bearbeitet werden soll, nimmt
stands-To-do-Liste. Der Auftrag der Ge-       Der Bereich „Kunst und Kultur“ der        seine Arbeit auf. Es hat Querverbindun-
neralversammlung, die nächsten zwei         Strategie hat einen neuen Innovations-      gen zu allen anderen Zielen, und es
Jahre zu nützen, Baurechts- und Miet-       topf vorgesehen. Das Siegerprojekt          wird spannend, welche Lehren die Mo-
Szenarien durchzudenken und auszuar-        „Flagge zeigen = Farbe bekennen“ (siehe     nitoringgruppe dieses Ziels aus dem bis-
beiten, ist umfangreich; und wenn die       Seite 23) entspricht voll und ganz den      herigen Strategieprozess ziehen wird, wo
Dinge dann soweit entwickelt sind, dass     Erwartungen des Vorstands und der           sie sich in den laufenden Prozess ein-
Entscheidungen getroffen werden kön-        Jury. Trotz dieses beglückenden Ergeb-      klinken und wo sie Neues entwickeln
nen, werden diese gewiss nicht folgenlos    nisses der ersten Ausschreibung, auf des-   werden.
bleiben und Änderungen für das Haus         sen Umsetzung wir uns schon freuen,            Unverdrossen und trotz (oder grad
mit sich bringen. Was genau das für un-     stellt sich die Frage, warum es nicht       wegen) aller politischen und sonstigen
ser gemeinsames Werken und Wirken           mehr Einreichungen gab.                     bschistigen Entwicklungen arbeiten der
bedeutet, können wir derzeit noch gar         Der Kulturbereich steht vor der Ent-      Vorstand und viele daran, dass das
nicht genau abschätzen.                     scheidung, wie und ob er sich stärker in-   WUK und die WUK-Werte ein unver-
  Fragen, die nicht nur uns durch den       ternational engagieren soll. Die einzel-    rückbarer Signalgeber in der Stadt sind,
Kopf gehen: Müssen mehr Sicherheit          nen Programmschienen betreiben ihre         also ganz im Sinne des Siegerprojekts
und Absicherung automatisch Verlust         jeweils eigenen Vernetzungs- und Ko-        des Innovationstopfs „Farbe bekennen
von Autonomie bedeuten? Woher neh-          operationsschienen. Aber nach dem sehr      und Flagge zeigen“. Ohne „viele“ wär
men wir die finanziellen Ressourcen,        erfolgreichen TEH (Trans Europe Hal-        das nix und würde weder Spaß noch
ohne die manche Szenarien nicht ver-        les) Meeting „It’s (about) politics“ im     Sinn machen.
wirklichbar sein werden? Schon jetzt
denken viele von uns in der erweiterten
Monitoringgruppe dieses Ziels mit. Um
dieses Nachdenken noch weiter zu
strukturieren, hat die Monitoringgruppe
nun zusätzlich die Einrichtung einer
Untergruppe, die sich dem Thema Fi-
nanzen widmen soll, beschlossen. Das
scheint gut und richtig. Denn wenn es
um die Zukunft des WUK geht, sollten
möglichst viele mit ihrem Know-how,
ihren Kompetenzen, ihrer Kreativität,
aber auch ihren Fragen, Hoffnungen
und Befürchtungen dabei sein.
                                            Die Farben­-
Wir sind Leuchttürme                        kreis-Fahne,
Im Bereich „Bildung“ sollen das Bil-        ca. 1995.
dungsziel der Strategie WUK 2020 und        Foto: Archiv

WUK-INFO-INTERN 2/18 April                                                                                                     13
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