WUK INFO-INTERN Magischer Ort für Lena Rot Triebwerk fürs Erinnern Nachruf für Jürgen Burgemeister Erfolg für WUK bio.pflanzen
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WUK INFO-INTERN Nummer 2/18 Magischer Ort für Lena Rot April Triebwerk fürs Erinnern Nachruf für Jürgen Burgemeister Erfolg für WUK bio.pflanzen 1 WUK-INFO-INTERN 1/07 März
INHALT EDITORIAL Das WUK ist ein magischer Ort für mich – Lena Rot | Jürgen Plank ............. 3 Liebe LeserInnen! W Es war einmal … das WUK | Claudia Gerhartl ........................................... 6 ie euch sicher nicht entgangen Human | Fotogalerie Wien .......................................................................... 8 ist, ist heuer wieder ein Ge- denkjahr, hundert Jahre ist es Collage III – Thema | Fotogalerie Wien ...................................................... 10 her, seit die Habsburger zum Teufel ge- Blitzlichter und Splitter – Vorstandspotpourri | Patricia Hladschik ............... 13 jagt wurden und Österreich sich erstmals an der Demokratie versuchte. Ganz be- Triebwerk – eine Erinnerung | Philipp Leeb ............................................... 14 achtliche Erfolge erzielte das ge- Bildung auf Rädern – Mehrplatz für Bildung | Pit von Baeckmann ............ 15 schrumpfte Land dabei, aber ein Börsen- crash und die Angst einiger Großindus- Die Gruppe Alternativvideo im WUK | Renée Winter ................................. 16 trieller vor Sozialismus und Kommunis- Gekreuzte Geschichten – Mexikoplatz | Philipp Leeb .................................. 21 mus brachte einen von der Kunstaka- demie verschmähten kleinen Mann an Erfolgsgeschichten von WUK bio.pflanzen | Andreas Konecny ...................... 22 die Macht, der ausradierte, was zart zu Unter uns über uns | Claudia Gerhartl ...................................................... 24 gedeihen begonnen hatte. Dass wir diese Zeit noch immer nicht ganz überwunden haben, zeigt uns die Immerda Zusammensetzung des Parlaments, und Parallelen drängen sich auf. So schrieb beispielsweise Goebbels schon am 30. Blitzlicht: Edith Schulz | Claudia Gerhartl ................................................ 25 April 1928 in einem Leitartikel des Völ- WUK-Forum am 5.2. und 5.3. | Rudi Bachmann ..................................... 26 kischen Beobachters: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarse- WUK-Radio ............................................................................................. 26 nal der Demokratie mit deren eigenen Termine, Ankündigungen .......................................................................... 27 Waffen zu versorgen. Wir werden Reichs- tagsabgeordnete, um die Weimarer Ge- Topics ....................................................................................................... 28 sinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Uns ist jedes ge- setzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. Wenn es uns Titelblatt: Roller-Derby. Foto: WUK m.power. Siehe Seite 7 gelingt, bei diesen Wahlen 60 oder 70 Agitatoren und Organisatoren unserer Partei in die verschiedenen Parlamente Beiträge, Ankündigungen: Mit E-Mail (Text- und Bild-Dateien als Bei- hineinzustecken, so wird der Staat selbst lage) an infointern@wuk.at. Auf CD, Stick oder Papier ins Info-Intern- in Zukunft unseren Kampfapparat aus- Postfach im Informationsbüro. Bitte unbedingt Name und Kontaktmög- statten und besolden. Eine Angelegen- lichkeiten angeben. heit, die reizvoll und neckisch genug ist, Gestaltung: Titel und Zwischenüberschriften sollen maximal 30 Zeichen sie einmal auszuprobieren...Wir kommen haben. Fotos, Zeichnungen und Grafiken immer mit Angabe der/des nicht als Freunde, auch nicht als Neu- KünstlerIn. Keine Absatz-Formatierungen (nur Fließtext), keine Tabellen trale. Wir kommen als Feinde! Wie der und keine Formatvorlagen (außer Absatz-Standardschriftart und Standard). Wolf in die Schafherde einbricht, so Nächster Redaktionsschluss: Montag, 21. Mai, 17:00 Uhr kommen wir!“ Juni-Ausgabe: Am Freitag, 1. Juni, im Haus Auf bessere Zeiten! Claudia Gerhartl Impressum: WUK-INFO-INTERN. Informations- und Diskussionsorgan. Medieninhaber, Herausgeber: WUK – Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser, 1090 Wien, Währinger Straße 59 (48° 13‘ 23“ N, 16° 21‘ 04“ O). Redak- tion: Claudia Gerhartl, Philipp Leeb, Rudi Bachmann. Gestaltung/Layout: Computer Graphics Assoc. Druck: Robitschek, Wien. GV-Beschlüsse vom 24.6.1992: 1. Einschränkungen freier Meinungsäußerung: a) bei Verletzung von Rechten bzw. Privatsphären von Personen, b) bei Beschimpfungen, c) bei nicht belegten Anschuldigungen, d) bei möglichen straf- oder ver- waltungsrechtlichen Konsequenzen. 2. Bei strittigen Beiträgen gibt es Gegendarstellungen in derselben Ausgabe. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der AutorInnen wieder. Über Kürzungen, Titel, Untertitel, Vorspanne, Zwi- schenüberschriften und andere Ausstattungen entscheidet die Redaktion. Nicht gekennzeichnete Fotos: Redaktion bzw. Archiv. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Zu 100 % im Eigentum des Vereins WUK. Info-Intern im Netz: www.wuk.at, Das WUK, WUK-Info-Intern
kunst Das WUK ist ein magischer Ort für mich Die Künstlerin Lena Rot. Von Jürgen Plank V or kurzem hat die ursprünglich aus der Ukraine stammende Künstlerin Lena Rot ein Gast- atelier des Bereichs Bildende Kunst im Foto: Jürgen Plank WUK genutzt. Was ist dein Hintergrund? Lena Rot: Ich wurde in der Ost- hen in meinem Atelier meine Artefakte, Gerade die Keramikarbeiten haben Ukraine geboren, das war damals noch die ich pseudo-archäologisch nenne. Ur- mich an indigene, materielle Kunst er- in der Sowjetunion, in der Zeit der Pe- sprünglich bin ich klassische Malerin, innert. restroika. Im Jahr 1995, kurz nachdem aber irgendwann hat es mich in Rich- Ja, das möchte ich. Ich möchte einen die Ukraine unabhängig geworden ist, tung Keramik und Installation geführt. fake machen, der an alte archäologische bin ich mit meiner Mutter nach Vor kurzem habe ich im WUK zum ers- Funde erinnert. Oder an prähistorische Deutschland ausgewandert. Ich bin in ten Mal eine Soundinstallation vorge- Waffen oder Knochenreste, aber das ist Aachen und Düsseldorf aufgewachsen. stellt. im Grunde meine zeitgenössische Spra- In Düsseldorf habe ich die Kunstakade- Was meinst du mit pseudo-archäolo- che. Mit einer konkreten Geschichte mie besucht. gisch? drinnen oder mit einer offenen Ge- Welche Konsequenzen hat diese Her- Meine große Inspiration sind volks- schichte, aber auch mit sehr verstecktem kunft für dich ergeben? kundliche oder naturhistorische Mu- Humor. Ich reagiere auf jeden Raum, in Weil ich aus zwei verschiedenen Kul- seen, und ich baue eine Art museale dem ich ausstelle. Wenn ich einen gro- turen komme, russisch und deutsch, Bühne. Ich baue eine archetypische ßen musealen Raum zur Verfügung und zweisprachig bin, hat es mich schon Stimmung, sodass mein Objekt an ein habe, kann ich sehr großzügig ausstellen. immer interessiert, auch andere Wahr- antikes oder altes Objekt erinnert bzw. In einem kleinen Raum, der selbst prä- heiten kennenzulernen. Nicht nur an ei- so präpariert und präsentiert wird. historisch anmutet, kann ich in der Ecke nem Institut zu sein. Deswegen habe ich einfach einen kleinen Fundus aufbauen. auch für drei Semester in Wien an der Kuratorin oder Museumsdirektorin Akademie der Bildenden Künste bei Was beinhaltet diese Erzählung noch? Skulptur mit Totenschädeln Prof. Bohatsch studiert. Dazu muss ich Ich behaupte, dass die Objekte antik Apropos Raum: Du hast ein Gastatelier sagen, dass ich in Düsseldorf bei Her- sind und dass ich gar keine Künstlerin im WUK nützen können und dort auch bert Brandl studiert habe, er ist auch bin, sondern Kuratorin oder Museums- eine Ausstellung gezeigt … Österreicher. Es war gut, für drei Semes- direktorin. Ich versuche dann immer, Ich habe im Atelier im WUK eine ter andere Zugänge zu sehen, und ich mit einer ernsthaften Miene die Ge- kleine Ausstellung zum Thema Ver- habe anschließend in Düsseldorf zu schichte des Fundortes zu erzählen, und gänglichkeit gemacht, die hieß „Vani- Ende studiert. damit hinterfrage ich vieles: auch tas“. Da habe ich die von mir gemach- Kunstgeschichte und die Rolle der Ku- ten Schädel als eine Art Gedenkstätte Pseudo-archäologisch ratorInnen und der Museumsdirekto- inszeniert. Je nach Thematik und Raum Du bist eine sehr vielseitige Künstlerin, rInnen. Denn sehr oft wird uns im Mu- kann ich unterschiedlich inszenieren. mit welchen Materialien arbeitest du zur- seum etwas für gut oder schlecht ver- War das die Skulptur mit den Toten- zeit am liebsten? kauft, für wahr oder nicht wahr. Und schädeln? Momentan arbeite ich ausschließlich sehr oft wissen wir gar nicht, wie antike Ja, das war diese Skulptur. Dahinter mit Keramik. Ich töpfere, und es entste- Arbeiten aussehen. steckt auch eine persönliche Geschichte WUK-INFO-INTERN 2/18 April 33
kunst von mir. Denn ich habe im letzten Jahr arbeite, und ich habe eine Familie, ich mehr KünstlerInnen aus dem Ausland meine Mutter verloren, und dieses bin also gut verplant. hierher. Es gibt in Wien eine tolle alter- Thema wollte ich in meiner Kunst dar- Wie lange warst du nun im WUK? Und native Szene, mit sehr vielen Off-Spaces. stellen, aber auf unauffällige Weise. Ver- wie hast du das WUK erlebt? gänglichkeit ist auch in dem Sinn gege- Ich war für genau ein Jahr im WUK, Wien – Düsseldorf – Ukraine ben, dass mein Stipendium ausläuft das war ein Stipendium der bildenden Hast du noch Kontakte in deine erste Hei- oder dass die Kunstwerke vielleicht aus- KünstlerInnen. Ich habe mich zwei Mal mat, in die Ukraine? Und hast du dort sortiert werden und dann nicht mehr für das Atelier beworben, vor zwei Jah- schon einmal ausgestellt? aktuell sind. Aber es geht auch um Ver- ren wurde ich fast genommen, und Nein, ich habe keine Kontakte dort- gänglichkeit im Leben. dann habe ich mich noch einmal be- hin. Ich bin vor 22 Jahren ausgewan- Sind die Totenschädel im WUK entstan- worben und wurde genommen. Das war dert. Ich habe in Deutschland Kontakt den? Und sind diese aus Keramik? wunderbar, denn so ein Luxusatelier mit einem sehr großen Kreis von Künst- Ja, alles ist Keramik. Ein Teil der kann ich mir momentan nicht leisten. lerInnen aus der ehemaligen Sowjet- Schädel ist im WUK entstanden, ich Es war ein großer Raum, der mir un- union. Aber ich wünsche mir mehr mache diese Totenschädel schon seit glaublich viele Freiheiten gegeben hat, Kontakt, dieser Kontakt und die Nach- drei Jahren. Die entstehen peu à peu, ich hatte auch die Möglichkeit mit der barschaft mit der Ukraine kann mir et- und es werden immer mehr. Holzwerkstatt und mit der Metallwerk- was bringen. Momentan bin ich mit statt zu arbeiten. Und die Möglichkeit, Wien und Düsseldorf gut beschäftigt. Meine Art, Kunst zu machen meine Sachen zu brennen. Könnte auch Migration in deine Arbei- Hast du mit anderen KeramikerInnen im Ich habe hier viele spannende Künst- ten als Thema einfließen? WUK zu tun gehabt? lerInnen kennen gelernt, mit ganz ver- Das ist ein großes Thema für mich, Ja, es war meine große Hoffnung, dass schiedenen Konzepten. Das WUK ist denn im Grunde bin ich, indem ich ich mit Profi-KeramikerInnen zu tun ein magischer Ort für mich, ich war nach Wien gegangen bin, zum zweiten haben werde. Denn im Grunde habe ich gerne hier, und ich würde mich immer Mal ausgewandert. Ich habe der Migra- als Malerin angefangen, Keramik zu ma- wieder bewerben. tion die Erkenntnis zu verdanken, dass chen. Ich habe mehrmals Öfen benutzt, jede Kultur, jedes Volk seine eigene aber leider – was ich als Künstlerin Tolle alternative Szene in Wien Wahrheit hat. Gerade dieses Hinterfra- durchaus nachvollziehen kann – gab es Hast du das WUK zuvor gekannt? gen der Wahrheit, gerade dieses Erzäh- zwischen uns keinen Austausch. Denn Ich wohne nicht weit vom WUK ent- len und Präparieren, als ob das Objekt sie haben ihre Projekte, und ich hatte fernt und war schon bei einer Künstle- etwas Anderes wäre, ist im Grunde meine Projekte, und es ging nicht ums rin in einem Atelier im WUK auf Be- meine Tätigkeit. Lernen und um Austausch. Aber ich such. habe meine Sachen brennen können. Wenn du ein wenig die Kunstszene in Ich habe mir einige Bilder deiner Male- Deutschland und Österreich vergleichst – rei angesehen, sie haben mich an naive Kunst, auch an Kindermalerei erinnert. worin bestehen Unterschiede? Ich komme von der Düsseldorfer Krabat D Ist das für dich ein Anknüpfungspunkt – Kunstakademie, insofern ist es dort für er Waisenjunge Krabat ist und wenn ja, warum? mich natürlich leichter. Wenn ich dort auf der Suche nach seinem Ich glaube, das kommt aus mir he- zu einer Ausstellungseröffnung gehe, Platz im Leben, als ihn drei raus. Es ist kein Kalkül dahinter, son- kenne ich neunzig Prozent der Leute. Raben mit Menschenstimmen zu dern das ist einfach meine Art, Kunst zu Wenn ich hier zu einer Ausstellungser- der Mühle in Schwarzkollm locken. machen. Ich habe an der Akademie ver- öffnung gehe, dann kenne ich neunzig Krabat folgt den Stimmen. Er sucht, naturalistisch zu malen, und nach Prozent der Leute nicht. Es gibt natür- kommt in die Mühle und soll das drei Bildern wurde mir das zu langwei- lich kulturelle Unterschiede, ich fühle Müllerhandwerk erlernen – aber lig. Ich habe keinen Reiz darin gesehen, mich in Wien sehr viel mehr im Osten. auch „alles andere“. aus einem Foto ein großes Bild herzu- Einiges, was ich in Wien beobachte, er- Bald merkt er, dass sonderbare stellen. Ich habe aber trotzdem Respekt innert mich an meine erste Heimat, an Dinge passieren und dass der Meis- vor KünstlerInnen, die das machen. die Ukraine. Ich finde, dass in Wien viel ter ein Magier ist. mehr Konzeptkunst gefragt ist und we- Eine poetische, dunkelgraue Ge- Neue Ideen: Film niger die Malerei. Das ist in Düsseldorf schichte von Otfried Preussler über Du machst also Keramik und Malerei. gleichwertig. die Verlockungen und Verführungs- Was machst du noch? Welche Unterschiede fallen dir noch auf? kräfte von Macht und Magie, über Ich habe – zum ersten Mal – im Gast- Die Kunst-Institutionen hier in Wien Freiheit und eigene Verantwortung. atelier im WUK eine Soundperfor- sind vielleicht eher verkopfter. In Düs- Krabat mance präsentiert. Fürs erste Mal ist es seldorf steht man vielleicht noch mehr Das SchauSpielWerk Teens ganz gut gelungen, ich habe auch Ideen in der Tradition von Jörg Immendorff im Museum für einen Film und für ein kuratorisches und Joseph Beuys: Malerei und Bild- Mittwoch, 18. April, 18:30 Uhr Projekt, bei dem ich mich und andere hauerei sind gleichwertig, Hauptsache, Do, 19. April, um 09:30 und 12:00 zeitgenössische KünstlerInnen ausstelle. es ist Kunst. Wien ist sehr spannend, es Freitag, 20. April, 18:30 Uhr Ich habe vor, wieder mehr zu malen, es ist eine internationale Stadt, und es ist Samstag, 21. April, 16:00 und 18:30 fehlt nicht an Ideen und Projekten. Ich schön durchmischt. Es kommen immer 4 WUK-INFO-INTERN 2/18 April
kunst Ist Kunst politisch? Facetten sehen können. Das erleichtert sollte. Ich respektiere auch die Kunst, Steht man als Künstlerin nicht ohnehin zu erkennen, dass wir ein Produkt unse- die nicht politisch ist, und ich habe über solchen Wahrheiten? Ist diese Wahr- rer Gesellschaft sind, und auch unsere mich lange für unpolitisch gehalten. heitszuschreibung, die jede Gruppe für Kunst ist ein Produkt unserer Gesell- Aber ich merke schon, dass ich mit sich macht, nicht irrelevant, weil Kunst schaft, des Kunstmarktes, der Akade- meinen Installationen versuche, die Be- heute ja weltweit wahrgenommen werden mien, der Museen, wir sind natürlich trachterInnen auf eine leichte Art zu kann, unabhängig davon, welchen Hin- beeinflussbar. provozieren. Wenn ich als Pseudo-Ku- tergrund die BetrachterInnen haben? Inwiefern ist Kunst immer politisch, an- ratorin mein Konzept erkläre, findet da- Trotzdem wir KünstlerInnen sind, gesichts von rechten Regierungen in Eu- nach immer ein Gespräch statt. Dann sind wir Kinder unserer Gesellschaft ropa und von US-Präsident Donald sage ich zum Beispiel, dass wir die und Kinder unserer Familien. Man Trump? Wahrheit nicht kennen. kann sich nicht abstrahiert betrachten. Ich finde nicht, dass jede Kunst poli- www.lenarot.com Aber ich hoffe, dass Künstlerinnen viel tisch ist, und ich bin gegen diesen mehr hinterfragen und stärker andere Zwang, dass jede Kunst politisch sein Klettergruppe – ein Pilotprojekt bei WUK CoachingPlus I n Kooperation mit dem Alpenverein zwei/drei Metern. Alle Teilnehmer_in- e.V. Akademische Sektion Wien nen trauten sich in die Wand, die ei- gibt es einmal im Monat für Klient_ nen mit weniger, die anderen mit mehr innen von CoachingPlus die Möglich- Elan. Nach ersten Versuchen wurden keit, an der Klettergruppe teilzunehmen. alle nach und nach mutiger und trau- Unter Anleitung von Jugendcoach ten sich höher hinaus. und Übungsleiterin Anna Heinzle und Beim zweiten Teil des Nachmittags Jugendcoach Lev Wilke können sich war dann das „Toprope“-Klettern an die Jugendlichen im Klettern auspro- der Reihe. Gesichert an einem Seil bieren. Ziel der Gruppe ist es, den Teil- kletterten die Jugendlichen immer nehmer_innen positive Gruppenerfah- schwerere Routen auf Höhen von bis rungen, ein besseres Körpergefühl und zu zehn Metern. Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Auch in das richtige Sichern konnten Gut gelaunt fuhr die Gruppe zur die Jugendlichen „reinschnuppern“. Kletterhalle Marswiese. Nach einem Am Ende des Nachmittags waren alle kurzen Briefing zu Material und Si- erschöpft und zufrieden, hatten neue cherheit ging es auch gleich los mit ei- Erfahrungen gemacht und manche ner gemeinsamen Aufwärmrunde. Teilnehmer_innen wollen auch in Zu- Danach ging es zum Bouldern, dem kunft weiterklettern. ungesicherten Klettern über dicken Anne Heinzle und Lev Wilke, WUK Matten auf einer Höhe von maximal CoachingPlus Foto: WUK CoachingPlus Jugendliche diskutieren über Gott, die Welt und Freizeit D ie Teilnehmer_innen vom Themen, die sie selbst ausgewählt ha- Übung ist. WUK m.power Pflichtschul- ben – von Polygamie bis Internet, von Besonders spannend bei den Diskus- abschlusskurs haben viel zu er- Sommer in Wien bis Tattoo & Piercing sionen mit WUK m.power-Beteiligung zählen und lieben es, mit ihren Alters- reichen die Schwerpunkte. Die Grup- ist der interkulturelle Austausch. Nach- genoss_innen zu diskutieren. In der pen von WUK m.power wählten in dem einige Teilnehmer_innen nicht in von Mitarbeiter_innen des wienXtra den vergangenen Monaten die Themen Österreich geboren sind, ist der kultu- Medienzentrums produzierten Radio- „Freiheit“ bzw. „Frisch und fremd“. renüberschreitende Dialog etwas, wo- sendung „Teens Talk“ hatten sie erst- Die bei den Diskussionen erworbe- mit sich die Jugendlichen bereits in mals die Gelegenheit, dies auch wien- nen Fähigkeiten konnten die WUK den Kursen zwangsläufig intensiv be- weit im Radio (bzw. weltweit im Inter- m.power-Teilnehmer_innen nicht nur schäftigt haben. In ihren Diskussionen net) zu tun. außerhalb des Kurses gut gebrauchen: werden die kulturellen Unterschiede „Teens Talk“ ist eine regelmäßig aus- der mündliche Teil ihrer Deutschprü- und Gemeinsamkeiten hinsichtlich der gestrahlte Sendung auf Radio Orange fungen findet in Form von unmode- gewählten Thematiken routiniert he- 94.0. Jeden ersten Montag im Monat rierten Diskussionen statt. Sehr rausgearbeitet und beschrieben. um 19:30 Uhr diskutieren Teenager zu schwierig, wenn man nicht richtig in Sebastian Beer, WUK m.power WUK-INFO-INTERN 2/18 April 5
archiv Es war einmal … das WUK sächlich um das vielfältige und bunte Programm anzukündigen. Da gibt es im Februar – abgesehen von den zahl- reichen Bereichsgruppentreffen und Von Claudia Gerhartl dem Werkkreis Literatur, der sich mit der Friedensbewegung in der Literatur auseinandersetzt – auch die Ankündi- gung, dass am Valentinstag als tätige S chon für die letzte Ausgabe des von sozialem Interesse getragenes Mit- Nachbarschaftshilfe Blumensträußchen Info-Intern habe ich im Archiv ge- einander. verteilt werden sollten. stöbert und einige Schmankerln Auch zur Raumverteilung gab es be- Die Männergruppe „Herkules“ aus der Gründerzeit für euch heraus- reits Konzepte: Das Kulturhaus „stellt (schade, dass ich hier kein Emoji einset- gesucht. Räumlichkeiten und Basisbedarf je zen kann, es wäre das Tränen lachende Eure derzeitige Hauspostille hatte in nach Erfordernis zur Verfügung“ . Gesicht) setzte sich mit „Betrachtungen den letzten – und jetzt haltet euch fest Wichtig war es, dass es keine „kultur- von Frauen“ auseinander. (Dazu fällt – beinah 40 Jahren immer wieder an- feindliche Scheidung zwischen Produ- mir jetzt nichts Ernsthaftes ein.) dere Erscheinungsformen, einmal war’s zenten und Konsumenten, Profis und Die Videogruppe bewarb den Film nur ein einziges Blatt, einmal ganz ele- Laien“ geben sollte. „12. Februar 1934 – Was geht heut‘ uns gant im A3-Format, einmal mit der Im Info Nummer 10/81 wird zum das schon an?“, die Künstlergruppe „80 Hand geheftet, manchmal in einer Fest und zur WUK-Messe im Arne Mal 100“ lud am 13. Februar zur Ver- Druckerei, einmal war sie bunt, einmal Karlsson-Park eingeladen („Wer nicht nissage, es wurde zur öffentlichen Dis- bloß schwarzweiß. Vom schlichten kommt, ist selber schuld!“) und wieder kussion eines Films, der in der Schule „WUK“ wurde sie bald das „WUK und wieder werden die Selbstverwal- gezeigt wurde und sich mit der Situa- Info“ und schließlich das „WUK Info- tungskonzepte erklärt und die Men- tion der sogenannten 3. Welt beschäf- Intern“. schen zum Mitmachen aufgerufen. tigte, aufgerufen, es gab eine Lesung aus „Selbstverwaltung statt Selbstvernich- Werken von Jura Soyfer, Anna Seghers Ein Vierkantgebäude mit Hofhaus tung!“ und Konrad Wolf; die Gruppe „Kriti- Das älteste mir vorliegende Exemplar Später werden manchmal nur ein- sches Fernsehen“ setzte sich mit dem stammt aus dem Jahr 1978, glaube ich zelne Blätter herausgegeben, haupt- Bild der Frau in den Medien auseinan- zunächst. Denn die Zahl 78 steht mit rosa Filzstift geschrieben oben in der Ecke. Einen Namen hat das Ding nicht, Datum auch nicht, aber beim Lesen er- Kulinaria panis I schließt sich mir dann bald das Er- ch habe mir als Kind das Brot, das ich lieber Prä-Post-Peri und habe eine scheinungsjahr: 1981. Die gehefteten, angeblich vom Himmel regnen saftige Kruste zum Zähne trainieren schmucklosen Seiten enthalten das vor- kann, als eine schmerzhafte Ange- und für den guten Speichelfluss. läufige Konzept, eine Beschreibung des legenheit vorgestellt. Der gestaubte Und dann habe ich einem Kind Hauses („Ein Vierkantgebäude mit Wecken, den ich wöchentlich für beim Sandspiel zugesehen und war er- Hofhaus im 9. Wiener Gemeindebe- meine greise Nachbarin einkaufte, leuchtet. Die Zeit habe ich außer Acht zirk“) und die Geschichte des Vereins, könnte mit einer Fallgeschwindigkeit gelassen! Ein Teig darf nicht zu kurz der sich seit 1978 um das ehemalige von zehn Meter pro Sekunde eine ruhen, aber auch nicht übergehen. TGM bemüht. ziemliche Sauerei mit meinem Kopf Das meditative Kneten sollte auch Der progressive Kulturbegriff, Herz- anstellen. nicht mit anderen Unnötigkeiten wie stück des WUK, wird folgendermaßen Jetzt besteht meine einzige Religiosi- deppertes Handyspielen unterbrochen beschrieben: „Der Kulturbegriff unse- tät darin, den nirvanagleichen Teig zu werden. res Vereins äußert sich nicht nur in kneten. Geläutert habe ich rasch er- Natürlich: gib ein Mehl, gib ein künstlerischen Tätigkeiten, sondern vor kannt, dass meine innere Haltung Wasser, gib ein Mehl, gib ein Wasser. allem in der bewussten Gestaltung aller nicht ausreicht. Der Raum, das Wasser Das stand sicher auch irgendwo in ei- Lebensbereiche.“ Und es wird erkannt, und das Mehl müssen die perfekte nem der mythologischen Texte, da- dass das Kulturangebot der Stadt nicht Temperatur haben. Die Hefe darf mals, als ich noch leichtgläubig war. ausreicht, es daher weitere Häuser nicht zu viel Kälte oder Wärme abbe- Gib eine Milch, gib eine Butter, gib braucht. kommen, und meine Hände sollten ein Salz, gib ein Öl, gib, was du willst. keine rheumatischen Beschwerden Sei nur wie ein Kind beim Sandspiel Alternative zur „Hochkultur“ aufweisen. und freu dich wie auf die Osterhäsin. Von Anfang an verstand sich das WUK Ach ja, der Ofen. Am bequemsten Diese Illusion ist wenigstens kusche- als „Alternative zu (mehr oder minder) hat es ein Brot ohne Form. Eine Plät- lig, denkt sich geschlossenen Musentempeln“, Kunst schen gab es schon zu Urzeiten, den Der Köchin und Kultur sollten lebensbezogen sein; Teig in Form zu bringen, ist nur ein nicht bloß eine musische Bereicherung Zugeständnis an die Moderne. Da bin wollte man darin sehen, sondern ein 6 WUK-INFO-INTERN 2/18 April
archiv der, und schließlich wurde zum Floh- die Arbeitsgruppe Malerei, den Arbeits- kationszentrum fand seinen Platz, und markt und Heringschmaus geladen. kreis Realismus, die Gruppe Phönix, die unter dem Titel „Sonstige Gruppen“ Potemkinschen Anlagen, Intakt und die finden sich der Werkkreis Literatur, der Alles ist politisch … ÖGB-Maler. Verein der demokratischen Arbeiter aus Es gab fast durchgehend Programm, al- Die pädagogischen Gruppen bestan- der Türkei in Wien, der Klub Atheis- les, was in den Gruppen passierte, den aus den sogenannten Schulheften, mus, die Gruppe Anima, WUK-Solida- wurde postwendend öffentlich gezeigt dem pädagogischen Zentrum PÄZ, dem rität, Kommunikation, der Elfenbein- und diskutiert und so hatten alle an al- Schulkollektiv, der Wiener Elterninitia- turm und die Homosexuellen-Initiative. lem Anteil. tive, der Gruppe AGIF und zwei Kin- Also eine ganz schön beeindruckende Ich will euch hier einmal ein paar dergruppen, eine ohne Namen, die an- Liste. Gruppen nennen, die einige von euch dere nannte sich schlicht Kindergruppe Und zum Schluss zitiere ich diesmal vielleicht noch kennen, aber viele sind Sechshauserstraße. aus dem ersten Programm (oder Statut) tatsächlich in Vergessenheit geraten. der Delegiertenkonferenz aus dem Som- Manche tragen schon im Titel ihr En- Kunterbunt und kreativ mer 1981, das denen, die derzeit mit gagement, und bei manchen wundern In den Werkstätten siedelte sich die Me- der Gemeinde Wien verhandeln, Mut wir uns wahrscheinlich, was sie ins tallwerkstatt an, ebenso die Siebdruck- machen soll, denn der Verein stellte WUK führte. werkstatt, die Holzwerkstatt, die „mit allem Nachdruck fest, dass zwar Da gab es beispielsweise soziale Grup- Gruppe alternativer Ton- und Holzar- nicht Prägung und Programmierung al- pen wie den Verein für Patientenrechte, beiter, kurz GATHSA, die ARGE Wien, ternativer Kultureinrichtungen, sehr die Kritische Medizin, die Demokrati- die Lehrlinge-Elektromusik, eine Buch- wohl aber deren Ermöglichung, Siche- sche Psychiatrie und die Engagierten druckwerkstatt, die Tätige Nachbar- rung und Grundfinanzierung eine un- Christen, kurz ECHO, Hilfe für psy- schaftshilfe, die Fotogalerie, die Frauen- abtretbare Verpflichtung jeder öffentli- chisch Erkrankte (HPE) und die Kon- zeitschrift AUF, der Österreichische Ju- chen Hand ist – in Wien somit der Ge- taktgruppe für soziale Schwierigkeiten. gendpresseclub, die Video-Gruppe und meindeverwaltung –, die die nicht min- Im Theater- und Bewegungsbereich gab die Reich-Gruppe. der öffentlichen Mittel einbringt und es die Gruppe Flamingo-Bingo, die Ein Musiker-Plenum wird zwar ange- verausgabt.“ Clowns, das Animatorische Zielgrup- kündigt, die Musikgruppen sind aber pentheater, die Theatergruppe Spielleut zumindest in dieser Ausgabe nicht ein- & Rattenfänger, bei den KünstlerInnen zeln angeführt. Das Frauen-Kommuni- WUK m.power goes Roller Derby Z um körperlichen Ausgleich der Schutzausrüstung und das richtige Fal- gegen den Track eingetauscht zu haben. lernintensiven Vorbereitungen len wurden erklärt und geübt. Vielen Dank auf diesem Wege an die auf ihre Prüfungen hatten die Mit bemerkenswerter Sicherheit be- Freiwilligen vom Vienna Roller Derby, Mädchen und Frauen von WUK m. wegten sich die jungen Frauen gegen die unseren Teilnehmerinnen einen power die einmalige Gelegenheit, ein Ende des Trainings auf ihren Rollschu- sportlichen und unvergesslichen Nach- gemeinsames Schnuppertraining im hen. Alle waren sich einig, dass es gut mittag bereitet haben. Roller Derby zu absolvieren. tat, für einige Stunden den Kursraum Sebastian Beer, WUK m.power Diese relativ junge und vorwiegend von Frauenteams ausgeübte Sportart kommt ursprünglich aus Nordamerika und wird auf Rollschuhen (nicht auf Inline-Skates) ausgeübt. In Österreich gibt es bereits mehrere Vereine, Vorrei- terinnen waren die Frauen vom „Vienna Roller Derby“, die sich auch mit großem Enthusiasmus unserer Ju- gendlichen annahmen und ihre ersten Geh- und Rollversuche unterstützten. Roller Derby ist eigentlich ein Voll- kontaktsport, selten geht es ohne blaue Flecken und Blessuren ab. Bei den m. power Frauen stand natürlich zuerst das unfallfreie Fahren am sogenannten „Track“, einer ovalen Bahn, im Vorder- grund, aber auch Sicherheitsmaßnah- men wie die Verwendung geeigneter Foto: WUK m.power WUK-INFO-INTERN 2/18 April 7
foto mit dem Gefühl außerhalb zu stehen, ist narren thematisiert sie Zusammenhänge Human sie durch die Straßen von Algier gegan- gen und hat sich bemüht, Anschluss zu finden. Sie hat alles – von der Stadt bis zwischen Kleiderverordnungen und Konventionen, Anpassung und Rollen- bildern, dem Vertrauten und Fremden, zum Leben ihrer Familie – dokumen- insbesondere am eigenen „kulturellen Ausstellung in der Foto- tiert. Jedes Detail von Algier hat sie in- Hintergrund“. galerie Wien teressiert: Verkehrsschilder auf Arabisch, Roland Ickings Work in Progress-Fo- ein durch einen Zaun wachsender Kak- toserie FACadE, begonnen 2014, zeigt tus, die Leute in den Straßen – die ers- Menschen und ihre Tiere auf Bauernhö- D ie in der Ausstellung Hu- ten Schritte in eine Kultur, die sich wie fen in seiner Heimat, dem deutsch-nie- man vertretenen KünstlerInnen ihr zugehörig anfühlt, aber noch fremd derländischen Grenzgebiet des Kreises interessiert die Beobachtung ist. Borken und dem Achterhoek. In den und Analyse des Subjekts, der ihm zu- Amina Handke zeigt den Kurz- hier typischen Kuhstallfassaden sieht gehörigen Gemeinschaft sowie der über- film Mutter von Mutter (2015); hierfür Icking seit seiner Kindheit abstrakte Ge- geordneten Gesellschaftskonstruktio- hat sie ihre Mutter, eine Schauspielerin, sichter, deren Ausdruck für ihn das ehe- nen. Es geht um die Auseinanderset- gebeten, deren Mutter – Amina Hand- mals harte und von gesellschaftlichen zung mit Identität bzw. Persönlichkeits- kes Großmutter, die sie kaum kannte – Zwängen geprägte Landleben symboli- struktur, sei es in Bezug auf ethnische zu spielen. Aber die Mutter erinnert sich siert, dem er das Glück hatte zu ent- und geografische Zugehörigkeit, Klasse, Kultur, Geschichte oder vorgegebene Rollenbilder. Ausgangspunkt ist einer- seits die Gesellschaft und die Auswir- kungen von deren Einfluss auf Leben und Persönlichkeit der Menschen. An- dererseits sind es die individuellen Bio- grafien der KünstlerInnen, die mit meist empathischem Zugang ihr direktes Um- feld untersuchen und dabei ebenso die eigenen Ängste, Verletztheiten und Ver- unsicherungen wie auch Nähe und Glück ansprechen. Hier werden teils in- time Blicke in Privatheit, persönliche Geschichte, Erinnerungs-/Gedächtnis- arbeit und Lebenssituation gestattet. Andere KünstlerInnen bieten mit hu- morvoll-skurrilen Narrationen sowie performativen Inszenierungen oder Rol- lenspielen zwischen Authentizität und Fiktion außergewöhnliche Sichtweisen auf die Realität, die die Absurdität des Alltäglichen und damit des mensch- Roland Icking. aus „FACadE“, work in progress seit 2014, „29.09.2016, lichen Seins unterstreicht. Doetinchem-Slangenburg/NL“, Fine Art-Print, 60 x 84 cm Linda Bournanes Serie Wind, Sand and Stars ist ein fotografisches Work in Progress-Projekt, in dem die Künstlerin an wenig. Der Film handelt von bruch- kommen, um Künstler sein zu können. nach ihren familiären Wurzeln sucht. stückhaften Erinnerungen und brüchi- Zunächst als architekturfotografisches Sie ist in Norwegen bei ihrer norwegi- gen Beziehungen dreier Generationen, Projekt angelegt, begann er bald Men- schen Mutter aufgewachsen; ihren alge- die von Abwesenheiten und Trennungen schen und Tiere miteinzubeziehen. rischen Vater und dessen Familie hatte bestimmt sind. Er lässt die Auswirkun- Diese wurden separat fotografiert und sie lange nicht kennengelernt. Erst als gen eines Krieges erahnen – diejenigen im Computer vor der jeweiligen Fassade Erwachsene besuchte sie ihn und ihre von Ideologien und Konventionen auf mit dem Gesicht zusammengefügt. Die weitere Familie zum ersten Mal in Alge- Vorstellungen von Frauen- und Mutter- Inszenierungen wirken surreal, manch- rien. Als ihre Berber-Großmutter 100 rollen und davon, wie diese Vorstellun- mal absurd, auch lassen sich erste Kin- Jahre alt wurde, schrieb diese ihr einen gen weitergegeben oder reflektiert wer- derbilder mit Mama, Papa, Kind, Brief mit der Bitte, das Heimatland ih- den. Desweiteren zeigt Handke die Serie Hund, Haus, Baum etc. assoziieren – res Vaters nicht zu vergessen. Dieses von 22 Fotografien „[ ياباداaˑdaˑbˆæɛ]“ eine Hommage an seine Heimat, in der Projekt ist für Bournane ein Versuch, als als Fotobuch (2017). Für dieses Projekt Humor, aber auch die Sorge um Verän- westlich orientierte Frau ihrer Identität hat sie, verschleiert mit Niqab, Fa- derungen in der Landwirtschaft, das nachzuspüren, indem sie versucht, diese schingsfeiern in Griffen (Kärnten), dem schleichende Verschwinden regionalty- Fremdheit zu erforschen, die die Hälfte Heimatort ihres Vaters, besucht. Zwi- pischer Architektur und die Existenz der ihrer Herkunft ausmacht. Als Fremde schen den ebenso verhüllten Faschings- Menschen mitschwingen. 8 WUK-INFO-INTERN 2/18 April
foto tät und noch mehr und schafft humorvolle, poetische, aber eine Reflexion über auch kafkaeske Situationen. Vasof inte- den Effekt, den die ressiert das Experimentieren mit den Fotografie auf unsere Mechanismen von Bewegung und zeit- Wahrnehmung hat. Es basierter Kunst. Ihre Non-Stop-Stop- ist das Potenzial der Motion-Filme (wie etwa Trilogy of Imagination. Ihre Ar- Leaving) definieren ein erweitertes zeit- beit ist Forschung und genössisches Kino neu und setzen sich Praxis, Erinnerung mit der poetischen Mechanik der Be- und Konstruktion – harrlichkeit des Sehens auseinander. Ihre eine ständige Aneig- Arbeiten mit Alltagsgegenständen nung, ein nie enden- (wie Down to Earth und Things and der Prozess. Ausge- Wonders 2022) beschäftigen sich mit hend von der Not- sozialen Widersprüchen und zeigen uns wendigkeit, die Ängste die vertraute Welt aus einem anderen eines kleinen Jungen Blickwinkel. zu verstehen, eröffnete Linda Bournane (NO), Amina Handke ihr The Fear Theories (DE/AT), Roland Icking (DE/AT), Simon einen viel breiteren Lehner (AT), Christiane Peschek (AT), Diskurs über die Anna Vasof (GR/AT) Angst vor der eigenen Eröffnung am Montag, 23. April, Linda Bournane: Aus „Wind, Sand and Stars“, Vergänglichkeit und um 19:00 Uhr work in progress seit 2015, Inkjet-Print, 50 x 50 cm die Suche nach Einführung: Petra Noll-Hammerstiel Schutz. Der Moment Ausstellung bis Samstag, 26. Mai vor dem Einschlafen, In seiner Fotoserie Men don’t play / wenn ein Kind gegen sein Gedanken- Men do play geht es Simon Lehner um konglomerat ankämpft, ist eine Hyper- eine sehr persönliche Auseinanderset- realität, eine Zwischenwelt zwischen vi- zung mit männlicher Identität. Am Bei- suellen Nachwirkungen und der puren spiel von Männern, die in ihrer Freizeit Kraft kindlicher Vorstellungskraft – eine Krieg spielen, untersucht Lehner das ur- Welt, die so real ist wie die Fotografie. eigenste, seit Beginn der Menschheit be- Für ihre Performance-Videos stehende Bedürfnis des Mannes, in baut Anna Vasof auf erfindungsreiche Wettstreit mit seinen Artgenossen zu und aufwändige Weise alltägliche Dinge treten, um dabei möglichst als Stärkster, in mechanische Konstruktionen um Männlichster hervorzugehen. In einem Real Life-Kampfspiel mit Druckluftwaf- fen und künstlichen Toten, aber mit rea- len Taktiken, Uniformen, Ausrüstung und authentischer militärischer Sprache Momo M sind die Freizeit-Soldaten die Helden, omo lebt alleine im Nir- Mit Hilfe der Schildkröte Kassiopeia stark, mächtig, furchtlos – good guys, gendwo, irgendwo in einem und Meister Hora entschlüsselt Momo die die Terroristen bekämpfen. Und Abbruchhaus am Rande der das Geheimnis der Zeit. Ob sie ihre dennoch ist unter der Oberfläche des Großstadt. Sie hat niemanden und be- Freunde und die Stadt retten kann? harten Agierens Verletzlichkeit, Er- sitzt nicht viel außer einem übergro- Auf fantastische Weise erzählt Mi- schöpfung, Angst zu spüren. In der Serie ßen Männerjacket. Doch von etwas chael Ende in seinem preisgekrönten wird das hier so extrem ausgelebte Be- hat sie besonders viel: Zeit. Momo Roman „Momo“ von der menschge- dürfnis untersucht und in Frage gestellt, nimmt sich Zeit – Zeit zum Zuhören. machten Zeitnot, die ein Kind ent- wobei Lehner mittels Selbstporträts Und deshalb hat sie viele Freunde, deckt. „Denn Zeit ist Leben. Und das seine Gefühle und Konfrontationen wird von allen geliebt und besucht. Leben wohnt im Herzen. Und alle dazu dokumentiert – auf der Suche Doch eines Tages ändert sich alles: Zeit, die nicht mit dem Herzen wahr- nach seiner eigenen inneren Balance von Keiner kommt mehr auf Besuch. genommen wird, ist verloren.“ Männlichkeit und Weiblichkeit. Momo versucht herauszufinden wa- Das SchauSpielWerk Kids Die Fotoserie The Fear Theo- rum und stößt bald auf das Geheimnis für Kinder ab 8. Im Museum ries von Christiane Peschek ist ein Por- der grauen Herren, Agenten der Zeit- Donnerstag, 5. April, 18:30 Uhr trait kindlicher Angst, eine neun Jahre sparkasse. Sie haben es auf die Lebens- Freitag, 6. April, 18:30 andauernde Annäherung, die darauf zeit aller Menschen abgesehen, und Samstag, 7. April, 16:00 und 18:30 zielt, die Mechanismen und Stigmata versuchen alle zum Zeit sparen zu be- der Angst ihres heranwachsenden Soh- wegen. Die Stadt verwandelt sich, nes vor der eigenen Existenz zu verste- wird immer schnelllebiger und trister. hen. Es ist ein Labyrinth der Irrationali- WUK-INFO-INTERN 2/18 April 9
galerie Collage III – Thema Wirklichen schöpfen, um es zu zerlegen, zu überzeichnen und zu verrücken. So lassen sie die Dinge erscheinen, wie sie nie waren – und zeigen dennoch, wie sie Ausstellung in der Fotogalerie Wien sind. Die künstlerische Dekonstruktion, die verfremdende Aneignung von vorge- fundenem Bildmaterial und seinen Me- chanismen, legt offen, wie Bilder funk- tionieren und welche Ideologien sie transportieren. Die KünstlerInnen Das von Adam Broomberg & Oliver Chanarin konzipierte und gemein- sam mit dem Londoner „Archive of Modern Conflict“ herausgegebene Künstlerbuch Holy Bible (2013) präsen- tiert sich, in schwarzes Leder gebunden und mit in Gold geprägtem Titel, auf den ersten Blick als antiquarische Bibel- ausgabe. Tatsächlich handelt es sich um eine exakte Reproduktion der King James-Bibel (1604-1611), jedoch er- gänzt um Fotografien des Archivs zu Krieg und Gewalt, die den Text überla- Adam Broomberg & Oliver Chanarin. Aus: „Holy Bible“, 2013. Künstlerbuch, gern und vage Bezug auf darin rot mar- Verlag | MACK und AMC – Archive kierte Textpassagen nehmen. Der Hypo- of Modern Conflict, London 2013. these des israelischen Philosophen Adi Softcover | schwarzer Einband mit Goldschnitt, 721 Seiten, 512 S/W und Ophir folgend, wonach Gott sich vor- Farbabbildungen wiegend durch Katastrophen offenbaren würde, untersucht das Künstlerduo, wie Gewalt visuell Evidenz erlangt. Holy Bi- D en revolutionärsten Moment in räumlich-skulpturalen Erweiterungen ble kann als Fortführung ihres Künstler- der Entwicklung der Malerei zutage tretender Wesenszug. Stets len- buches War Primer II (2011) gelesen nannte der Dadaist und Dich- ken die Bilderdrifts auch an- ter Tristan Tzara die Erfindung der Col- archische, von Zufall und lage und meinte damit den fundamen- Spiel getriebene Energien. talen Bruch mit etablierten Formen Im Fokus der dritten künstlerischer Repräsentation. In den Schau des Schwerpunkts die Collage bestimmenden technischen 2017/18 stehen Arbeiten, die Verfahren, im Kleben (frz. coller), Krat- ein jeweils spezifisches zen, Schneiden, Reißen, Falten, Montie- Thema oder Motiv aufgrei- ren, Assemblieren, Dekomponieren usw. fen und ins Zentrum ihrer steckt ein radikales Potential. Speisten Reflexion stellen. Deutlich sich die Papiers collés der Kubisten aus wird dabei das Vermögen der Gebrauchtem, Verworfenem und dem Collage, Alltägliches so zu vermeintlich Banalen, umschwärmen verfremden und Wirklichkei- uns heute die vielfach reproduzierten, ten so zu verdichten, dass reformatierten und re-editierten Kopien sichtbar wird, was jenseits eines beständig anwachsenden digitalen von Abbild und Repräsenta- Debris’. tion liegt und außerhalb ge- Stephanie Kiwitt: „Capital Décor” (Detailansicht), Der aktuelle Schwerpunkt der Fotoga- wohnter Sehweisen. Räume 2011, Künstlerbuch, Kodoji Press, Baden (CH). Inkjetprint auf Bluebackpapier, Leporello, 1273 x lerie Wien präsentiert in vier Ausstellun- entstehen, die eigenen Geset- 50 cm gen ein breites Spektrum an Methoden zen gehorchen; visuelle Kon- und Verfahrensweisen der Collage in der stellationen, die abstrakt blei- zeitgenössischen Foto- und Video- ben und zugleich dokumentarischen werden: Dieses wurde von Bertolt kunst. Sichtbar werden dabei die erzäh- Charakter entfalten, weil sie explizit auf Brechts Kriegsfibel (1955) inspiriert, in lerischen und autopoetischen Stärken das Reale verweisen, Vorhandenes auf- der der Autor Fotos aus Zeitungsaus- dieser Kunstform ebenso wie ihre Inno- greifen, Zeugnis ablegen. schnitten zum Zweiten Weltkrieg mit vationskraft als grundlegender, gerade Ihr kritisches Potential ergibt sich eigenen Gedichten kombinierte. im Einsatz neuer Technologien oder in nicht zuletzt daraus, dass sie aus dem In Tanja Demans Videoinstalla- 10 WUK-INFO-INTERN 2/18 April
galerie tion Abode of Vacancy (2011) werden Behausung – so lässt sich der Titel des Fahndungsfotos (Mugshots) – durch modernistische Architekturen als Idee Videos verstehen. Umso deutlicher er- Faltungen, um sie neu zusammenzuset- und Utopie ins Bild gesetzt – eine scheinen die Bewegungen der Natur: zen. Klammern halten die Bildränder „nicht-narrative Fiktion“ (Deman), die von Bäumen im Wind, von Schatten … zusammen und erinnern dabei an die die Künstlerin aus einer Serie von Tab- Historisches Bildmaterial und die zusammengeflickten Körperteile ope- leaus konstruiert hat. Ihr Interesse gilt Rolle der Fotografie als Disziplinie- rierter oder obduzierter Menschen; dem Raumerleben und der kollektiven rungswerkzeug untersucht Bernhard monströs erscheinen die fragmentari- Erinnerung und Wahrnehmung (ererb- Hosa in seiner Serie Auf der Suche nach schen, zerstückelten Gesichter. Was im Ausgangsbild der Typisierung dient, um das „Subjekt“ zu definieren (und letzt- lich zu stigmatisieren), verschwindet. In Petra Jansovás Serie Andere Di- mensionen der Schönheit (2015) stehen die in der (historischen) Werbung der Kosmetikindustrie propagierten Schön- heitsideale und -maßnahmen im Zen- trum. Einige der gezeigten Arbeiten gleichen Stillleben, Arrangements, die von der Vergänglichkeit („always“, so der Titel einer Arbeit) erzählen und his- torische Vanitas-Motive zitieren. Die im Bild konservierte Feuchte erinnert an das Versprechen von Körpercremes und erzählt von der Angst vor Verfall und Austrocknung. Vieles wirkt maskenhaft, das Gesicht steht als Palimpsest im Zen- Tanja Deman. Aus: „Abode of Vacancy“, 2011, Videoinstallation, Schwarz-Weiß, trum: es wird gewaschen, geschabt, ge- ohne Sound, 6:55 min., Loop salbt und gerieben. Die Sichtbarma- chung anderer Bildebenen, etwa der ter) architektonischer Strukturen. Sub- dem richtigen Bild (2012). Für die vom Rasterung der reproduzierten Werbesu- tile Bewegungen unterlaufen den sich französischen Kriminalisten und An- jets, und die gewählten Bildausschnitte anfänglich einstellenden Eindruck, es thropologen Alphonse Bertillon (1853- lassen das Dargestellte ins Surreale kip- handle sich um Standbilder; sie sind Teil 1914) entwickelte Methode zur Perso- pen: Rituale und Gesten werden un- der Inszenierung und Illusion eines au- nenidentifizierung anhand von Körper- heimlich. In der Betrachtung jener tonomen Gebäudes. Demans Komposi- maßen, die sogenannte Bertillonage, von Petra Jansová vorgenommenen Zu- tion von Einstellungen lässt uns in leer- wurde das damals neue Medium mit richtungen am (fotografischen) Objekt stehende Gebäude und Wüstenland- Gewinn eingesetzt. Zur Annahme, Cha- aktualisiert sich auch unsere Wahrneh- schaften eintauchen. Tatsächlich handelt rakter und Identität eines Menschen lie- mung. es sich um Ausschnitte aus Küstenland- ßen sich durch die Vermessung äußerer Iosif Kiralys Arbeiten untersuchen schaften der Niederlande und Kroa- Merkmale bestimmen, war es nicht die Beziehung zwischen Raum, Zeit, tiens, um Ansichten aus Rotterdam, Za- mehr weit. Hosa dekonstruiert die re- Wahrnehmung und Erinnerung, so greb und Split. Die Leere als Bleibe oder produzierten Portraits – historische auch das im Jahr 2000 begonnene Pro- Das Info-Intern ist auf der WUK-Website einfach zu finden U nser Drängen und Argumen- Dank gilt der Marketing-Abteilung (oder nach ihnen fragen), stellt sich tieren und Bitten war – auch und auch allen anderen, die das so ge- heraus, dass diejenigen, die die frühe wenn’s ehrlich gesagt schon ein ändert und möglich gemacht haben. Geschichte nicht kennen, schon in bissl lange gedauert hat – von Erfolg Und noch etwas: Das Wissen über der ganz überwiegenden Mehrheit gekrönt: Das Info-Intern ist seit Mitte die Geschichte des Hauses – vor allem sind. Februar auf der Website des WUK über die „inneren“ Angelegenheiten, Nun also wurde und wird für die his- ganz leicht zu finden: Probleme, Diskussionen, Kritik- und torisch Interessierten etwas getan: Alle ¥ wuk.at Streitpunkte, Generalversammlungen, alten Info-Intern seit 1999 sind schon ¥ Das WUK kurz über das Werden des WUK – ist auf der WUK-Website, und die noch ¥ WUK Info Intern heutzutage ziemlich verschwommen. älteren (ab 1988) kommen in Kürze Und schon seid ihr da, wo ihr hin Es heißt zwar oft, es kämen wenig noch dazu. wollt. neue Menschen ins WUK, aber oft, red Unser – und natürlich auch euer – wenn wir alte Geschichten erzählen WUK-INFO-INTERN 2/18 April 11
galerie Ausgangspunkt von Tim Sharps Fo- toinstallation Capital Of- fence (2014/2018) sind die prekären Bedingungen traditioneller Landwirt- schaft im Kontext neoliberaler Verwer- fungen und der Bedrohung durch das Freihandelsabkommen NAFTA und globalen Landraub. Die in der Arbeit abgebildeten Umzäunungen aus Dosen- blech werden von Bauern in ländlichen Gebieten Südmexikos aufgestellt, um kleine kommunale Parzellen abzugren- zen: Großindustrie und Kleinbauern- tum prallen hier aufeinander. Sharp ver- steht Capital Offence nicht als „State- ment, sondern als visuelle Umsetzung eines diskursiven Netzes mit mannigfal- tigen Knotenpunkten und Verbindungs- fäden“ Auf dem vom Künstler – als Tim Sharp: aus: „Capital Offence“, 2014/2018, Fotoinstallation. Hintergrund für die gerahmten Fotogra- „Jalapeno“, Lambda C-Print, 48 x 70 cm, aus einer Serie von 15 Prints, fien der Umzäunungen – entworfenen präsentiert auf einer Tapete, Pigment-Print, 90 x 263 cm Wallpaper setzen sich bestimmte Motive der Nahrungsmittelindustrie fort. Die jekt Reconstructions und „[…] machen eine Art Endlosschleife, in einen stark darauf abgedruckten Ikonen der Kon- auf die Verbindungen und Synchronisie- verdichteten Raum. Die Aufbereitung sumkultur und industriellen Massen- rungen aufmerksam, die manchmal unter des Bildmaterials, seine Angleichung produktion gehen neuerlich in Archi- Menschen, Dingen und Ereignissen auf- durch das Schwarz-Weiß und die Raste- tektur über. Der Rückverweis auf De- treten können“ (Kiraly). Den Mitteln, rung verleihen ihm einen gleichförmi- mokratisierungsprozesse im Wohnraum- die hier zum Einsatz kommen, haftet et- gen Rhythmus und eine Monotonie, die dekor, der Mittel- und Arbeiterschich- was Provisorisches an. Es gibt Verbin- in der Soundarbeit zum Buchobjekt ten einst die Tapete brachte, kehrt die dungslinien, die nachzuzeichnen nicht nochmals akzentuiert wird: Dafür hat Ambivalenzen eines globalisierten Wirt- unbedingt zu eindeutigen Ergebnissen Kiwitt die in den Fotografien fragmen- schaftsraums hervor. führt, jedoch Fragen aufwirft, Imaginati- tarisch dokumentierte Schrift – Slogans, Collage III – Thema onsräume eröffnet und zeigt, dass die Produktnamen etc. – notiert und durch in der Fotogalerie Wien Dinge sich, wenn wir sie erinnern, nicht einen Sprecher verlesen lassen. bis Samstag, 14. April so einfach abstecken lassen, wie Fotogra- fien es suggerieren. Wie etwa gehen das Persönliche und das kollektive Erinnerte zusammen? War hier einmal etwas anders – und für wen? Auch der panoramatische Integrationswoche 2018 B Blick bietet nur Ausschnitte einer be- ereits zum achten Mal findet Und bereits zum sechsten Mal wird stimmten Perspektive und erweist sich die „Integrationswoche“ statt, der MigAward – der Preis der öster- schließlich als Illusion. heuer erstmals bundesweit. Mit reichischen MigrantInnen – verlie- Stephanie Kiwitt interessiert die all- über 350 Veranstaltungen und 150 hen. Dieser zeichnet Personen, Pro- tägliche urbane Lebenswelt, ihre Be- KooperationspartnerInnen in und aus jekte und Organisationen aus, die sich schaffenheit und Strukturen, insbeson- allen Bundesländern, setzen wir zwi- für die Partizipation von MigrantIn- dere aber auch die Architektur von Or- schen dem 17. April und dem 29. nen einsetzen und die Vielfalt in Ös- ten heutiger Konsumkultur mit ihrem April ein buntes und starkes Zeichen terreich hoch leben lassen Warenfetischismus. Die Raum- und für gelebte Vielfalt in Österreich. Der Abend wird mit einer Überra- Formensprache von Discountern unter- Feierlich eingeläutet wird die Inte- schungsband spannend ausklingen, sucht sie in dem Buchprojekt Capital grationswoche mit der großen Eröff- selbstverständlich ist auch für das leibli- Decor (2011), einem 12,73 m langen nungsgala am 17. April im WUK. che Wohl, Live-Musik und DJ gesorgt. Leporello, für das die Innenansichten Durch das vielversprechende Abend- Es lebe die Vielfalt! von Supermärkten nahtlos aneinander- programm führt ORF-Moderatorin Eröffnungsgala der Integrationswoche gefügt wurden – für die Künstlerin ein Ani Gülgün-Mayr. Nach einer kurzen und Verleihung des „MigAwards“ 2018 „fotografischer Bildraum, der bei Ansprache des Gastgebers Dino Scho- am Dienstag, 17. April, um 19:00 Uhr höchstmöglicher Abbildhaftigkeit eine sche gibt es weitere Key Notes von In- im Saal zugleich künstliche Anordnung hervor- tegrationsstadtrat Jürgen Czerno- integrationswoche.at bringt“. Ende und Anfang verschwim- horszky und Herbert Schweiger, Ge- migaward.at men, Architekturen, Werbesprache und schäftsführer der VHS Wien. Verpackungsdesign verwandeln sich in 12 WUK-INFO-INTERN 2/18 April
ziele Jahr 2016 im WUK ist die allgemeine Blitzlichter und Splitter – internationale Vernetzung ein wenig ins Hintertreffen geraten. Die Gründe sind verständlich: Im All- ein subjektives tagsgeschäft sind internationale Treffen nicht immer gut unterzubringen, Kon- tinuität in der Bespielung eines Netz- Vorstandspotpourri werks ist eine Herausforderung, und Mehrwert lässt sich nur generieren, wenn es eine klare Strategie gibt. In die- sem Bereich würde uns Nachschärfung Von Patricia Hladschik gut tun. Ganz konkret geht es wohl um die Entscheidung, wo wir unsere Ener- gien hinlenken wollen: Wollen wir ins D as neue Vorstandsjahr ist nicht Ziel 1 der WUK BB BSC 2018/19 „Die europäische Projektgeschäft einsteigen mehr ganz jung. Eine kurze unterschiedlichen (Bildungs-) Angebote oder weiterhin auf nationale Fördermittel Zwischenbilanz ist also nicht von WUK BB und der Autonomie sind fokussieren – so oder so wollen wir eine ganz verkehrt: Welche Inhalte treiben miteinander vernetzt“ synergetisch auf- unübersehbare Größe in Wien bleiben. den Vorstand derzeit an und um? Was gesetzt werden. Auf die Ergebnisse die- sind die großen Herausforderungen und ses Zusammendenkens darf man ge- Signalgeber in der Stadt welche Dinge stehen an? spannt sein, denn wir verfügen unbe- Ziel 3 von WUK 2020, das sich den so- Die rechtliche und finanzielle Absi- stritten über ganz besondere Leucht- lidarischen Formen des Miteinanders cherung unseres schönen Hauses steht türme im Bildungsbereich – in der Au- widmet und schwerpunktmäßig erst ab nach wie vor an oberster Stelle der Vor- tonomie wie im Betrieb. heuer bearbeitet werden soll, nimmt stands-To-do-Liste. Der Auftrag der Ge- Der Bereich „Kunst und Kultur“ der seine Arbeit auf. Es hat Querverbindun- neralversammlung, die nächsten zwei Strategie hat einen neuen Innovations- gen zu allen anderen Zielen, und es Jahre zu nützen, Baurechts- und Miet- topf vorgesehen. Das Siegerprojekt wird spannend, welche Lehren die Mo- Szenarien durchzudenken und auszuar- „Flagge zeigen = Farbe bekennen“ (siehe nitoringgruppe dieses Ziels aus dem bis- beiten, ist umfangreich; und wenn die Seite 23) entspricht voll und ganz den herigen Strategieprozess ziehen wird, wo Dinge dann soweit entwickelt sind, dass Erwartungen des Vorstands und der sie sich in den laufenden Prozess ein- Entscheidungen getroffen werden kön- Jury. Trotz dieses beglückenden Ergeb- klinken und wo sie Neues entwickeln nen, werden diese gewiss nicht folgenlos nisses der ersten Ausschreibung, auf des- werden. bleiben und Änderungen für das Haus sen Umsetzung wir uns schon freuen, Unverdrossen und trotz (oder grad mit sich bringen. Was genau das für un- stellt sich die Frage, warum es nicht wegen) aller politischen und sonstigen ser gemeinsames Werken und Wirken mehr Einreichungen gab. bschistigen Entwicklungen arbeiten der bedeutet, können wir derzeit noch gar Der Kulturbereich steht vor der Ent- Vorstand und viele daran, dass das nicht genau abschätzen. scheidung, wie und ob er sich stärker in- WUK und die WUK-Werte ein unver- Fragen, die nicht nur uns durch den ternational engagieren soll. Die einzel- rückbarer Signalgeber in der Stadt sind, Kopf gehen: Müssen mehr Sicherheit nen Programmschienen betreiben ihre also ganz im Sinne des Siegerprojekts und Absicherung automatisch Verlust jeweils eigenen Vernetzungs- und Ko- des Innovationstopfs „Farbe bekennen von Autonomie bedeuten? Woher neh- operationsschienen. Aber nach dem sehr und Flagge zeigen“. Ohne „viele“ wär men wir die finanziellen Ressourcen, erfolgreichen TEH (Trans Europe Hal- das nix und würde weder Spaß noch ohne die manche Szenarien nicht ver- les) Meeting „It’s (about) politics“ im Sinn machen. wirklichbar sein werden? Schon jetzt denken viele von uns in der erweiterten Monitoringgruppe dieses Ziels mit. Um dieses Nachdenken noch weiter zu strukturieren, hat die Monitoringgruppe nun zusätzlich die Einrichtung einer Untergruppe, die sich dem Thema Fi- nanzen widmen soll, beschlossen. Das scheint gut und richtig. Denn wenn es um die Zukunft des WUK geht, sollten möglichst viele mit ihrem Know-how, ihren Kompetenzen, ihrer Kreativität, aber auch ihren Fragen, Hoffnungen und Befürchtungen dabei sein. Die Farben- Wir sind Leuchttürme kreis-Fahne, Im Bereich „Bildung“ sollen das Bil- ca. 1995. dungsziel der Strategie WUK 2020 und Foto: Archiv WUK-INFO-INTERN 2/18 April 13
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