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Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen – ein Zeitplan Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag von Greenpeace www.greenpeace.de
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen – ein Zeitplan Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag von Greenpeace Februar 2021 Herausgegeben von Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) Schwedenstraße 15a 13357 Berlin Tel +49 (0) 30 76 23 991-30 Fax +49 (0) 30 76 23 991-59 www.foes.de foes@foes.de Autor:innen Ann-Cathrin Beermann, Swantje Fiedler, Matthias Runkel, Isabel Schrems, Florian Zerzawy, unter Mitarbeit von Mario Meyer Über das FÖS Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS) ist ein überparteilicher und unabhängiger politischer Think Tank. Wir setzen uns seit 1994 für eine Weiterentwicklung der sozialen Markt wirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein und sind gegenüber Entscheidungs träger:innen und Multiplikator:innen Anstoßgeber wie Konsensstifter. Zu diesem Zweck werden eigene Forschungsvorhaben durchgeführt, konkrete Konzepte entwickelt und durch Konferenzen, Hintergrundgespräche und Beiträge in die Debatte um eine moderne Umweltpolitik eingebracht. Das FÖS setzt sich für eine kontinuierliche ökologische Finanzreform ein, die die ökologische Zukunftsfähigkeit ebenso nachhaltig verbessert wie die Wirtschaftskraft. Kein Geld von Industrie und Staat Greenpeace ist international, überparteilich und völlig unabhängig von Politik und Wirtschaft. Mit gewaltfreien Aktionen kämpft Greenpeace für den Schutz der Lebensgrundlagen. Mehr als 600.000 Fördermitglieder in Deutschland spenden an Greenpeace und gewährleisten damit unsere tägliche Arbeit zum Schutz der Umwelt, der Völkerverständigung und des Friedens. Impressum S 0344 1 Greenpeace e. V., Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg, Tel. 040/3 06 18 - 0 Pressestelle Tel. 040/3 06 18 - 340, F 040/3 06 18-340, presse@greenpeace.de , www . greenpeace . de Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19 – 20, 10117 Berlin, Tel. 030/30 88 99 - 0 V.i.S.d.P. Bastian Neuwirth Foto Titel: © Mauritius Images 02/2021
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 3 von 67 Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ................................................................................................................................................................. 4 Summary .................................................................................................................................................................................. 8 1 Hintergrund: Zehn klimaschädliche Subventionen in Deutschland .................................................................. 12 1.1 Verteilungswirkungen von Subventionen und deren Abbau ..................................................................................... 13 Energieverbrauch und Einkommen: Verteilungswirkung von Energiepreisen und -steuern ...................... 13 Weitere Aspekte der sozialverträglichen Ausgestaltung ............................................................................................ 14 2 Reformvorschläge zum Subventionsabbau und deren Verteilungswirkungen ............................................... 16 2.1 Energie ............................................................................................................................................................................................... 16 Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung .................................................................................................. 16 Strompreisausnahmen Industrie...................................................................................................................................... 20 Energiesteuervergünstigungen Industrie..................................................................................................................... 22 2.2 Verkehr ............................................................................................................................................................................................. 25 Energiesteuervergünstigung Diesel (Dieselprivileg) ............................................................................................... 25 Entfernungspauschale .......................................................................................................................................................... 27 Steuervorteile Dienstwagen (Dienstwagenprivileg)................................................................................................ 30 Energiesteuerbefreiung Kerosin ....................................................................................................................................... 33 Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge ................................................................................................. 35 2.3 Landwirtschaft ............................................................................................................................................................................... 39 Reduzierter Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte ....................................................................................... 39 Steuerbegünstigung Agrardiesel ..................................................................................................................................... 43 3 Zeitplan für den Abbau der Subventionen ............................................................................................................ 45 4 Ranking der Sozialverträglichkeit............................................................................................................................. 47 4.1 Methodik .......................................................................................................................................................................................... 47 Verteilungswirkung über alle Einkommensgruppen .................................................................................................... 47 Beitrag der reichsten 20%.................................................................................................................................................... 47 Betroffenheit der ärmsten 10 % ......................................................................................................................................... 47 4.2 Bewertung der Sozialverträglichkeit .................................................................................................................................... 48 4.3 Wirkung des Subventionsabbaus auf Klima, Staatshaushalt und Sozialverträglichkeit ............................... 50 5 Anhang 1: Steckbriefe der Subventionen gemäß FÖS 2020a ........................................................................... 52 5.1 Energie .............................................................................................................................................................................................. 52 5.2 Verkehr ............................................................................................................................................................................................. 57 5.3 Landwirtschaft ................................................................................................................................................................................ 61 Literaturverzeichnis ........................................................................................................................................................... 63 Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 4 von 67 ZUSAMMENFASSUNG Der Abbau klimaschädlicher Subventionen ist kurz- teilungswirkung mit dem Fokus auf private Haushalte bis mittelfristig umsetzbar und für den Klimaschutz einzugehen. von zentraler Bedeutung. Die vielfältigen Fehlanreize 1. Verteilungswirkung über alle Einkommensgrup- in den betrachteten Sektoren Energie, Verkehr und pen Landwirtschaft stehen der ökologischen Transforma- 2. Beitrag der reichsten 20 % der Haushalte tion von Wirtschaft und Gesellschaft entgegen und belasten gleichzeitig den Bundeshaushalt in Milliar- 3. Betroffenheit der ärmsten 10 % der Haushalte denhöhe. Anhand dieser drei Indikatoren wurde schließlich eine Die vorliegende Studie ist der zweite Teil der zweiteili- Gesamtbewertung der Sozialverträglichkeit des Ab- gen Studienreihe zur Untersuchung des Subventions- baus der einzelnen Subventionen erstellt. Damit abbaus zehn besonders klimaschädlicher Subventio- schafft die Studie erstmals einen systematischen An- nen in Deutschland. Im ersten Teil (FÖS 2020a) wur- satz zum Vergleich der sozialen Auswirkungen eines den zunächst zehn Subventionen ausgewählt, in Abbaus verschiedener Subventionen. Dies dient als Steckbriefen beschrieben und die Wirkung des Ab- wichtiger Einstieg in die Debatte, sollte für ein mög- baus auf Klimaschutz und Staatshaushalt untersucht. lichst vollständiges Bild aber um weitere Forschungs- Aus diesen Ergebnissen wurde ein Ranking von Hand- arbeiten zum Thema Verteilungswirkungen (auch lungsfeldern zum Subventionsabbau mit dem höchs- jenseits der Kosten für private Haushalte) ergänzt ten Potenzial für Klimaschutz und finanzielle Einnah- werden. Mögliche Anpassungsreaktionen und Be- men erstellt. gleitmaßnahmen sollten vertieft untersucht werden. Die Reformvorschläge zum Abbau der Subventionen Diese wurden bei der Bewertung nicht berücksichtigt haben ein Einnahmepotenzial von anfänglich 46 Mrd. und nur die direkte Wirkung des Subventionsabbaus Euro pro Jahr (ohne Lenkungswirkung) und können selbst betrachtet. Da der Subventionsabbau zu einer Emissionen in Höhe von fast 100 Mio. t CO2- relevanten Entlastung des Staatshaushalts beiträgt, Äquivalent (CO2e) pro Jahr einsparen. sind gleichzeitig ausreichend Finanzmittel verfügbar Die Ergebnisse der ersten Studie verdeutlichen die um entsprechende Begleitmaßnahmen zu finanzie- Relevanz des Subventionsabbaus für das Erreichen ren. Mögliche Begleitmaßnahmen wurden im Rahmen der Klimaschutzziele und unterstreichen ihr Poten- der konkreten Reformvorschläge (Kapitel 2) lediglich zial mit Blick auf die Finanzierung notwendiger skizziert, aber bei den Verteilungswirkungen nicht Zukunftsinvestitionen sowie zur Refinanzierung der berücksichtigt. In vielen Fällen würden sie erheblich Corona-bedingten Neuverschuldung. zur Sozialverträglichkeit des Subventionsabbaus bei- tragen und Haushalte je nach Verwendung sogar Verteilungswirkung des Subventionsabbaus finanziell entlasten. Im zweiten, hier vorliegenden Teil der Studienreihe lenken wir den Blick auf die Verteilungswirkung des Der Subventionsabbau belastet vor allem reiche Subventionsabbaus. Soziale Bedenken werden oft Haushalte vorgeschoben, um den Status Quo der Subventions- In der Gesamtbewertung der Sozialverträglichkeit politik beizubehalten. Tatsächlich sind die meisten schneiden folgende Reformvorschläge besonders hier untersuchten Subventionen als sozialpolitische positiv ab (mehr als drei Punkte, vgl. Ranking auf Maßnahmen jedoch ungeeignet. Sie sind meist teuer, nächster Seite): dabei aber nicht zielgenau und wenig effektiv. In vie- Abbau der Steuervorteile für Dienstwagen len Fällen werden in erster Linie wohlhabende Haus- Reform der Strompreisausnahmen der Industrie halte begünstigt. Der Abbau der Subventionen wirkt in den meisten Fällen progressiv. Das heißt, die relative Abbau der Energiesteuervergünstigung Diesel Belastung steigt mit zunehmendem Einkommen. Die Besteuerung (Mehrwertsteuer) des internationa- Belastung einkommensschwacher Haushalte ist meist len Luftverkehrs gering und kann durch Begleitmaßnahmen aufgefan- gen oder gar überkompensiert werden. Bei allen ist die Verteilungswirkung progressiv, wäh- rend die Betroffenheit einkommensschwacher Haus- Ansatz zum Vergleich der Verteilungswirkung halte gering ist und zum Teil sogar mit einer Entlas- Die Studie analysiert die Verteilungswirkungen des tung dieser Gruppe zu rechnen ist. Subventionsabbaus anhand von drei Indikatoren. Auffallend ist die Häufung der Subventionen des Ver- Diese stellen unterschiedliche Einkommensgruppen kehrssektors. Wie in der Betrachtung der einzelnen in den Fokus, um auf verschiedene Facetten der Ver- Subventionen mehrfach gezeigt wird, profitieren vor allem einkommensstarke Menschen vom Status Quo. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 5 von 67 Sie haben ein in der Regel klimaschädlicheres Mobili- Abbau der Strompreisausnahmen der Industrie ist tätsverhalten, das durch die Subventionen zulasten besonders sozialverträglich, da er zu Entlastungen der der Allgemeinheit zusätzlich vergünstigt wird. Der privaten Haushalte beim Strompreis führt. Ranking der Sozialverträglichkeit eines Abbaus der zehn klimaschädlichen Subventionen (ohne Begleitmaßnahmen und Anpassungsreaktionen) Verteilungswirkung bei Subventionsabbau Gesamt Subvention Verteilungswirkung Geringe Beitrag der Sozialverträglich- über alle Einkom- Betroffenheit der reichsten 20% keit der Reform mensgruppen ärmsten 10 % Steuervorteile Dienstwagen (Dienstwagenprivileg) Strompreisausnahmen Industrie Energiesteuervergünstigung Diesel (Dieselprivileg) Mehrwertsteuerbefreiung internationale Flüge Entfernungspauschale Energiesteuerbefreiung Kerosin Steuerbegünstigung Agrardiesel ** Energiesteuervergünstigungen ** Industrie Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung Reduzierter Mehrwertsteuersatz *** auf tierische Produkte progressiv >40 % 25 %
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 6 von 67 häufig sogar überkompensieren. Dies lässt sich mit viert. Darüber hinaus steht eine Vielzahl an Entlas- den erwarteten zusätzlichen Einnahmen des Staates tungsmöglichkeiten zur Verfügung, mit denen gerade aus dem Subventionsabbau problemlos finanzieren. vulnerable Gruppen wie Geringverdiener*Innen, Seni- Besonders am Beispiel der Angleichung der Mehr- or*Innen, Familien, etc. unterstützt werden können. wertsteuer auf tierische Produkte ist eine Anpassung Mit dem Ranking der Sozialverträglichkeit ist eine des Konsumverhaltens vergleichsweise leicht umzu- Zusammenschau mit den Ergebnissen aus der Vor- setzen, in dem ein Teil der Fleisch- und Milchprodukte gängerstudie zum Klimapotenzial und den fiskali- durch pflanzliche Lebensmittel ersetzt wird, was die schen Einnahmen möglich. zunächst negative Verteilungswirkung schnell relati- Zusammenfassung der Ergebnisse mit Vorgängerstudie FÖS2020a: Wirkungen eines Abbaus der zehn klimaschädlichen Subventionen auf Klimaziele, Staatshaushalt und Verteilungsgerechtigkeit Fiskalische Klimapotenzial Einnahmen Reformeffizienz Sozial- durch Reform Subvention durch Reform (t CO2e/Mio. verträglichkeit Gesamt (Mio. t CO2e pro (Mio. Euro pro Euro) der Reform Jahr) Jahr) Energiesteuerbefreiung Kerosin Strompreisausnahmen Industrie Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung Mehrwertsteuerbefreiung internationale Flüge Entfernungspauschale Steuervorteile Dienstwagen (Dienstwagenprivileg) Energiesteuervergünstigung Diesel (Dieselprivileg) Energiesteuervergünstigungen Industrie Reduzierter Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte Steuerbegünstigung Agrardiesel Notizen zum Bewertungsschema (4-Punkte-Skala): Die Gesamtbewertung ergibt sich aus dem Mittelwert der vier Bewertungskriterien (Fiskali- sche Einnahmen, Klimapotenzial Reformeffizienz und Sozialverträglichkeit). Für die Punktevergabe der Sozialverträglichkeit siehe Kapi- tel 4. Für die Punktevergabe der ersten drei Kriterien siehe (FÖS 2020a). In der Gesamtbetrachtung ist der Abbau der Energie- und rund 6 Mrd. Euro im Jahr 2030 reduziert werden steuerbefreiung von Kerosin und der Strompreisaus- können. Ein Restbetrag bleibt, weil für die Strompreis- nahmen der Industrie besonders positiv zu bewerten. ausnahmen der Industrie eine alternative Regelung Neben dem hohen Klima- und Einnahmenpotenzial angenommen wird. Diese begünstigt zielgerichtet schneidet der Abbau dieser Subventionen auch bei einen Teil des industriellen Energieverbrauchs (FÖS der Sozialverträglichkeit im Vergleich zu den anderen 2020a). Subventionen gut bis durchschnittlich ab. Aktuell ist nicht davon auszugehen, dass die amtie- rende Bundesregierung diesbezüglich noch aktiv wird Der Subventionsabbau ist kurzfristig möglich (u. a. weil der Subventionsabbau im Koalitionsvertrag Eine Analyse zur Umsetzbarkeit der notwendigen nicht festgehalten ist). Die nach den Bundestagswah- Reformen zeigt, dass ein Großteil der betrachteten len 2021 neu gewählte Regierung sollte dem Subven- zehn Subventionen kurzfristig und gemäß den Ver- tionsabbau deshalb als Sofortmaßnahme hohe Priori- einbarungen der G7-Staaten bis zum Jahr 2025 ab- tät einräumen und Reformen zügig angehen, um den gebaut bzw. vollständig reformiert werden kann. Die skizzierten Fahrplan einhalten zu können. Die Subven- Studie legt für alle zehn Subventionen einen konkre- tionen im Luftverkehr erfordern teils komplexere Ver- ten Abbauplan vor, mit dem die Subventionen von fahren und können zunächst schrittweise und spätes- rund 50 Mrd. Euro auf rund 12 Mrd. Euro im Jahr 2025 tens bis zum Jahr 2030 vollständig auslaufen. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 7 von 67 Vorgeschlagener Zeitplan für den Subventionsabbau, Mrd. Euro (schematische Darstellung) Quelle: eigene Darstellung; *mittlerer Wert Subventionsabbau: Gut für Klima, Staatshaushalt Auch zeigt sich, dass der Status Quo der klimaschädli- und soziale Gerechtigkeit chen Subventionen in vielen Fällen vor allem reiche- Der Gesamtvergleich der zehn klimaschädlichen ren Haushalten nutzt und der Subventionsabbau Subventionen verdeutlicht die unterschiedlichen sozialverträglich gestaltet werden kann. Zum Teil Dimensionen, die für einen Abbau der Subventionen wirkt der Abbau selbst bereits progressiv. In anderen zu berücksichtigen sind. Bei allen Reformen ist von Fällen können unerwünschte Verteilungswirkungen einem positiven Beitrag für den Klimaschutz auszu- durch entsprechende Begleitmaßnahmen effektiv gehen – jedoch in unterschiedlicher Größenordnung. abgemildert oder sogar überkompensiert werden. Fast alle Subventionen haben ein Volumen von meh- Der Abbau der betrachteten zehn klimaschädlichen reren Milliarden Euro. Der Subventionsabbau hat Subventionen ist kurz- bis mittelfristig umsetzbar, daher als Konsolidierungsmaßnahme das Potenzial birgt große Potenziale für Klimaschutz und Haus- Klimaschutz mit der Refinanzierung der Corona- haltskonsolidierung und kann dabei sozialverträg- bedingten Neuverschuldung zu kombinieren und lich ausgestaltet werden. Zukunftsinvestitionen für eine ökologische Transformation zu mobilisieren. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 8 von 67 A timeline for a socially just plan to phase out ten subsidies that accelerate cli- mate change SUMMARY Subsidies harmful to the climate could be phased out 1. distributional impact across all income groups; in the short to medium term, a plan key to mitigating 2. contribution of the most affluent 20% of house- climate change. Diverse misguided tax incentives in holds; and the energy, transport and agriculture sectors currently 3. impact on lowest-income 10% of households. block the ecological transformation of Germany’s economy and society—at the same time they burden Using these three indicators, we then compiled an the federal budget by billions of euros. overall assessment of the socially fair phaseout of This study is the second half of a two-part study series individual subsidies. The study systematically com- investigating the phaseout of ten subsidies in Germa- pared the social impact of subsidy program reduction. ny that distinctly accelerate climate change. The first Although this served as an important entry point into part (FÖS 2020a) selected and profiled ten subsidies, the debate, this approach should be complemented examining the effect of reducing or eliminating each by further research on the distributional effects (even one in order to mitigate climate change and increase beyond the costs for private households) to provide as the federal budget. We used our research results to complete a picture as possible. Potential adaptive rank those areas of action in subsidy reduction that responses and relevant measures should also be ex- show the greatest potential for protecting the climate plored in more depth. These were not investigated and increasing federal revenue from taxes. here, as only the direct effect of phasing out subsidies Our proposals for reducing subsidies have the poten- was taken into consideration. Since subsidy reduction tial to initially increase tax revenue by 46 billion euros would significantly increase Germany’s federal budg- per year (without including the incentive effect) and et, this contribution would make enough financial reduce emissions by almost 100 million tons of CO2 means available to finance the relevant measures equivalent (CO2e) per year. needed. Although we briefly outlined such measures The first study highlighted the relevance of subsidy in our specific proposals in Chapter 2, we did not take reduction in achieving climate protection targets them into account in our analysis of distributional and underlined the potential for financing needed effects. In many cases, they would make a significant future investments and refinancing the new debt contribution to the social fairness of subsidy reduc- generated by the COVID-19 pandemic. tions and, depending on their use, even help to relieve households financially. Distributional effects of subsidy reduction In the second part of this series, we have focused on Reducing subsidies increases the tax burden on the distributional effect of reducing subsidies. Social affluent households in particular concerns are often used as an excuse to maintain the In the overall assessment of social fairness, the subsidy present status of subsidy programs. In fact, however, reforms proposed below scored particularly well in most of the subsidies examined here are unsuitable as the ranking (each garnering more than three points): social policy measures. They are usually expensive, reduction of tax advantages for company cars; poorly targeted, and ineffective. In many cases, they primarily benefit affluent households. In most cases, reform of electricity price exemptions for industry; phasing out these subsidies would have a progressive reduction of energy tax breaks for diesel fuels; effect, meaning that a household’s relative tax burden taxation (VAT) on international flights. would increase with rising income. Taxes for low- In all cases, the distributional effect is progressive, income households are generally low and any increas- while the impact on low-income households is low, es here could be absorbed or even overcompensated and in some cases this income group can even expect for with relevant parallel measures. to experience tax relief. The clustering of subsidies in the transport sector is Our approach to comparing distributional effects striking. As shown several times in our analysis of indi- The study analyzes the distributional effects of sub- vidual subsidies, it is mainly those households enjoying sidy reduction, based on three indicators. These focus high income that benefit from the present situation. on different income groups to address various aspects Persons in this group are generally more mobile in of distributional impact when looking at private ways that accelerate climate change, and this mobility households: Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 9 von 67 is additionally rebated through subsidies—at the ex- also particularly socially beneficial, as it reduces elec- pense of the general public. Reforming the subsidy tricity costs for private households. program for electricity price exemptions in industry is Ranking: The social sustainability and fairness of phasing out 10 subsidy programs that accelerate climate change (not including relevant parallel measures or adaptive responses) Distributional effect of subsidy reductions Total Subsidy program Distributional Contribution of Impact on low- Social benefit effect across all most affluent 20% est-income 10% of reform income groups of households of households Tax advantage for company cars Electricity price exemptions for industry Energy tax reduction for diesel fuel Exemption of VAT on international flights Commuter travel allowance Exemption from energy taxes on kerosene Tax rebate for agricultural diesel ** Energy tax allowance for industry ** Energy tax relief for power generation Reduced VAT rates for animal products *** 40 % year 25 % Key* neutral or year progressive/ regressive
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 10 von 67 dy’s design). This can be easily financed with the gov- would also be a wide range of tax relief options availa- ernment revenue gained from reducing or eliminating ble to support vulnerable groups such as low-income subsidies. Regarding the value-added tax rates on earners, senior citizens, and families. animal products in particular, it would be comparative- This ranking of social fairness can be collated with the ly easy for consumers to replace some meat and dairy results of our earlier study on the potential of subsidy products with plant-based foods, which would quickly reform to mitigate climate change and increase tax recast an initially negative distribution effect. There revenues. Summary combining the results from this and the previous study (FÖS2020a), showing effects on climate targets, Germany’s national budget, and distributive fairness when 10 subsidies that accelerate climate change are reduced or eliminated Emissions reduction Gain in revenue Efficiency of Social Subsid through reform (mil- with reform (mil- reform (t CO2e/ fairness of Total lion t CO2e per year) lion Euro per year) million Euro) reform Exemption from energy taxes on kerosene Exemption from taxes and sur- charges on electricity prices for Energy tax relief for power generation Exemption of VAT on international flights Commuter travel allowance Tax advantage for company cars Energy tax reduction for diesel fuel Energy tax allowance for industry Reduced VAT rates for animal products Tax rebate for agricultural diesel Notes on the rating system (4-point scale): the overall assessment is derived from the mean value of four evaluation criteria (tax revenues, the potential to reduce emissions, the efficiency of the proposed reform, and social fairness). See Chapter 4 for a detailed description of scor- ing on social fairness. For the scoring of the first three criteria, see (FÖS 2020a). Overall, a particularly positive effect comes from phas- 2030. A residual amount remains because the study ing out both the energy tax exemption for kerosene assumes that alternative regulations are adopted that and the electricity price exemptions for industry. With continue to subsidize parts of the industrial sector´s high potential for mitigating climate change and in- power consumption (FÖS 2020a). creasing tax revenues, the phaseout of these subsidies But it is unlikely that the federal government will take also scores from average to well in terms of social fair- any action now (partly because subsidy phaseouts are ness when compared to other subsidies. not included in the coalition agreement). The new Subsidies can be reduced in the short term government elected after Germany’s 2021 parliamen- An analysis of the feasibility of subsidy reform shows tary elections should therefore give high priority to that a major share of the ten subsidies discussed here reducing subsidies as an immediate measure and then can be phased out or completely reformed by 2025, in tackle reforms quickly to adhere to the outlined compliance with G7 agreements. Our study describes roadmap. Some subsidies in the aviation sector require a specific reduction plan for all ten subsidies which more complex treatment; they can be phased out reduces them from some 50 billion euros to about 12 step-by-step until they are eliminated by 2030 at the billion euros by 2025 and around 6 billion euros by latest. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 11 von 67 Proposed timeline for phasing out subsidies (reduction shown in billions of euros) 55 billions of euros 50 Company cars* 45 VAT on flights 40 Commuter travel allowance* Kerosene 35 Diesel fuels 30 VAT on animal products 25 Agricultural diesel 20 Energy tax on power generation 15 Energy tax for industry 10 Price of power for industry 5 0 Source: own research; *average Phasing out subsidies is beneficial to the climate, It is also apparent that some subsidies that accelerate Germany’s federal budget, and social fairness climate change tend to benefit affluent households, Our overall comparison of ten subsidies that acceler- and that subsidy phaseouts can be designed to be ate climate change outlines various factors that need socially fair. In some cases, reducing a subsidy will to be taken into account when these subsidies are have a progressive effect of its own. In other cases, reduced or eliminated. Although all subsidy reforms undesirable distributional effects can be effectively are expected to make a positive contribution to cli- mitigated or even overcompensated for with relevant mate protection, some will make a significantly larger parallel measures. difference than others. Phasing out ten subsidies that accelerate climate Almost all subsidies have a volume of several billion change can be managed well in the short to medium euros each. As a consolidation measure, phasing out term, offering great potential for climate protection subsidy programs has the potential to combine cli- and budget consolidation at the same time its de- mate protection with the refinancing of new debt sign can be socially fair. related to the COVID-19 pandemic and the mobilizing of future investments in ecological transformation. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 12 von 67 1 Hintergrund: Zehn klimaschädliche Subventionen in Deutschland Die vorliegende Studie ist der zweite Teil der zwei- se zeigen deutlich, wie relevant der Subventionsab- teiligen Studienreihe zur Untersuchung des Sub- bau für das Erreichen der Klimaschutzziele ist. Selbst ventionsabbaus zehn besonders klimaschädlicher bei Umsetzung aller Maßnahmen des Klimaschutz- Subventionen in Deutschland. In der ersten Studie programms 2030 fehlen voraussichtlich weitere 71 vom November 2020 wurden die zehn Subventio- Mio. t CO2e zum Erreichen der Klimaziele 2030. Der nen zunächst ausgewählt und die Wirkung des Ab- Abbau der klimaschädlichen Subventionen kann baus auf Klimaschutz und Staatshaushalt unter- zum Erreichen des Klimaziels einen erheblichen sucht (FÖS 2020a). Die erste Studie enthält Hinter- Beitrag leisten. grundinformationen zum Subventionsbegriff und In der Gesamtbeurteilung sind der Abbau der Ener- politischen Beschlüssen zum Subventionsabbau, die giesteuerbefreiung für Kerosin, der Energiesteuer- hier daher als bekannt vorausgesetzt werden. begünstigung für die Stromerzeugung und die Re- Die in dieser ersten Studie vorgeschlagenen Refor- duzierung der Strompreisausnahmen für die Indust- men zum Abbau der zehn Subventionen haben ein rie besonders klimawirksam: sie weisen ein hohes Einnahmenpotenzial von anfänglich 46 Mrd. Euro Klimaschutzpotenzial aus und es werden pro einge- pro Jahr (ohne Lenkungswirkung) und können spartem Euro im Vergleich die höchsten CO2e- Emissionen in Höhe von fast 100 Mio. t CO2- Minderungen erzielt. Auch die fiskalische Wirkung Äquivalent (CO2e) pro Jahr einsparen. Die Ergebnis- ist groß. Tabelle 1 : Übersicht der betrachteten Subventionen inkl. Subventionsvolumen Subventions- Sektor Subvention Jahr volumen (Mio. Euro) Strompreisausnahmen Industrie (EEG-Umlage und Stromsteuer)* 2019 12.415 Energie Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung 2019 1.800 Energiesteuervergünstigungen Industrie 2019 1.137 Energiesteuerbefreiung Kerosin 2019 8.262 Energiesteuervergünstigung Diesel (Dieselprivileg) 2019 8.190 Verkehr Entfernungspauschale 2017 4.000 - 5.600 Mehrwertsteuerbefreiung internationale Flüge 2017 4.191 Steuervorteile Dienstwagen (Dienstwagenprivileg) 2019 3.210 - 5.580 Land- und Reduzierter Mehrwertsteuersatz auf tierische Produkte 2012 5.200 Forstwirtschaft Steuerbegünstigung Agrardiesel 2019 450 Summe 48.855 – 52.825 Quellen: Subventionsbericht der Bundesregierung (BMF 2019), eigene Berechnungen (vgl. Steckbriefe im Anhang) *inkl. Subventionen außerhalb des Staatshaushalts bei EEG-Umlage In Ergänzung zur ersten Studie werden in der vorlie- Wie in der ersten Studie dargelegt, hat Deutschland genden zweiten Studie zwei weitere Aspekte des bereits etliche nationale und internationale Ab- Subventionsabbaus näher beleuchtet: sichtserklärungen für einen Abbau umweltschädli- Verteilungswirkung: Welche sozialen Auswir- cher Subventionen unterzeichnet. Der G7- kungen sind mit dem Subventionsabbau ver- Beschluss von 2015 sieht einen Abbau solcher Sub- bunden und wie können sie abgefedert werden? ventionen bis 2025 vor. Einen konkreten Abbauplan oder nennenswerte Fortschritte gibt es aber nicht. Abbauplan: Wie schnell könnten die vorge- Diese Studie dient daher dem Zweck, die praktische schlagenen Reformen für den Abbau umgesetzt Umsetzung und Wirkung des Subventionsabbaus werden? zu konkretisieren und in einen zeitlich realistischen Rahmen zu setzen. Mit dieser Grundlage können Reformen schnellstmöglich umgesetzt werden. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 13 von 67 1.1 Verteilungswirkungen von nimmt, aber unterproportional zum Einkommen. Subventionen und deren Abbau Das bedeutet, dass der Anteil der Stromkosten am Einkommen bzw. den Haushaltsausgaben Es liegen bereits zahlreiche Studien vor, die die bei den einkommensschwächeren Haushalten Verteilungswirkungen von Subventionen analysie- größer ist. ren. Sie verdeutlichen, dass Subventionen häufig nicht zielgerichtet ausgestaltet sind und bestehen- Heizstoffpreise wirken leicht progressiv und de Einkommensunterschiede verstärken (The New somit wirken auch Energiesteuern auf Heizstoffe Climate Economy 2015). Eine Überprüfung ergab leicht progressiv: Die absolute und relative Be- beispielsweise, dass die reichsten 20 Prozent der lastung steigt mit dem Einkommen. Eine Erklä- Haushalte sechsmal mehr Subventionen erhalten als rung dafür ist, dass einkommensschwächere die ärmsten 20 Prozent (IMF 2015). Das ist bemer- Haushalte über geringere Pro-Kopf- kenswert, da viele Subventionen ursprünglich aus Wohnflächen verfügen und ggf. ihre Heizungen sozialpolitischen Gründen eingeführt wurden – um stärker regulieren bzw. ausschalten, um Heizkos- beispielsweise die Verbraucher*innenpreise und ten zu sparen. damit die Konsumausgaben privater Haushalte zu Kraftstoffpreise wirken meist progressiv und verringern. somit auch die Energiebesteuerung von Kraft- Vor diesem Hintergrund kann der Abbau von Sub- stoffen. Einkommensstarke Haushalte weisen ventionen auch unerwünschte Wirkungen auf ein- ein tendenziell energie-intensiveres Mobilitäts- kommensschwache Haushalte haben, weshalb die verhalten auf. Die Steuerbelastung ist in höheren Verteilungswirkungen eine wichtige Rolle in der Einkommensgruppen also tendenziell absolut Diskussion um Reformen spielen. In den Fällen, in und relativ höher als in den unteren Dezilen. denen zunächst Mehrkosten für Haushalte mit ge- Gründe dafür sind u. a. ein höherer Motorisie- ringen Einkommen entstehen, lassen sich uner- rungsgrad und ein damit einhergehend höherer wünschte Belastungen durch gezielte Begleitmaß- Verbrauch an Benzin und Diesel im motorisierter nahmen (wie z.B. Entlastungen an anderer Stelle Individualverkehr (MIV), generell höhere Fahr- oder eine andere Ausgestaltung der Subvention) leistungen sowie häufigere Flugreisen. In unte- reduzieren und häufig sogar überkompensieren. ren Einkommensgruppen ist hingegen der Anteil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) am mobilitätsbedingten Energieverbrauch hö- Energieverbrauch und Einkommen: her. Verteilungswirkung von Energiepreisen und -steuern Abbildung 1: Bereichsspezifische Energie- verbräuche nach Einkommensdezilen (in Ein Großteil klimaschädlicher Subventionen be- Kilowattstunden je Person und Jahr) günstigt direkt den Verbrauch fossiler Energien. Dazu gehören verschiedene Energiesteuervergüns- tigungen für Diesel, Kerosin, Agrardiesel, die Strom- 20.000 erzeugung oder das produzierende Gewerbe (vgl. Tabelle 1). 16.000 Um die Verteilungswirkung dieser Subventionen 12.000 und ihres Abbaus zu verstehen, ist daher zunächst ein Blick auf die Ausgangslage beim Energiever- 8.000 brauch sinnvoll. Abbildung 1 nach Held (2019) zeigt Energieverbräuche in den Bereichen Haushalts- 4.000 strom, Wärme und Verkehr nach Einkommensdezi- len. Einkommensdezile stellen die Bevölkerung in 0 zehn gleich großen Einkommensgruppen dar – von 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 den ärmsten 10 % bis zu den reichsten 10 %. Daraus Haushaltsstrom Wärme lassen sich erste generelle Aussagen zur Vertei- lungswirkung der Energiepreise und -steuern ablei- ÖPNV MIV Benzin ten: MIV Diesel Flugzeug Strompreise wirken regressiv und somit hat auch die Stromsteuer eine regressive Vertei- Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage Held (2019) lungswirkung. Zwar steigt die absolute Belas- tung mit den Dezilen, jedoch fällt sie in Relation Die ungleiche Verteilung der Strom- und Energie- zum Einkommen. Das liegt daran, dass der verbräuche spiegelt sich entsprechend in den Steu- Stromverbrauch über die Dezile zwar leicht zu- erausgaben wider (vgl. Abbildung 2, Thomas/Flues Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 14 von 67 2015). Die Abbildung zeigt den Anteil der Haus- ment für eine soziale Verteilung frei werdender haltsausgaben für Steuern auf Strom, Heiz- und Mittel darstellt. Kraftstoffe. Die Belastung der Stromsteuer sinkt Die folgende Aufzählung zeigt weitere Fragestel- relativ zu den Haushaltsausgaben über die Dezile. lungen und bestehenden Forschungsbedarf auf: Bei der Besteuerung der Kraftstoffe ist es umge- Soziale Auswirkungen des verschleppten Sub- kehrt. Die Besteuerung der Heizstoffe wirkt neutral ventionsabbaus und verfehlter Klimaziele bis leicht progressiv und fällt in Relation gering aus. Nicht nur der Subventionsabbau selbst, sondern Abbildung 2: Strom- und Energiesteuer- auch ein Erhalt der Subventionen mit der Folge ausgaben in Prozent der Haushaltsausgaben einer sich verschärfenden Klimakrise hat sub- vor Steuern nach Dezilen stanzielle Verteilungswirkungen. Allein die direk- ten gesundheitlichen Folgen des Klimawandels betreffen nicht alle Menschen in Deutschland im gleichen Maße. Die Gefahr eines Hitzetodes ist bei Menschen mit niedrigen sozialen Status und unter sozialer Isolation überdurchschnittlich hoch (Rey u. a. 2009). Doch auch durch Auswir- kungen des Klimawandels auf andere Lebensbe- reiche, wie steigende Lebensmittelpreise oder steigende Transportkosten, werden Haushalte mit niedrigem Einkommen überproportional be- Quelle: Thomas/Flues (2015) lastet. Sektorale Verteilungswirkung Umgekehrt bedeutet dies, dass alle Subventionen, Neben einer Verteilungswirkung innerhalb der die im Rahmen der Strom- und Energiebesteuerung Gruppe der privaten Haushalte ist auch die Ver- als Ausnahmen, Vergünstigungen etc. gewährt teilungswirkung zwischen weiteren Gruppen re- werden, einen gegenteiligen Effekt haben. Vom levant: Wie verschieben sich Kostenbelastungen Dieselprivileg (Kapitel 2.2.1) und der Kerosinsteuer- zwischen Unternehmen und privaten Haushal- befreiung (Kapitel 2.2.3) beispielsweise profitieren ten, welche Wirtschaftsbereiche sind wie stark überproportional einkommensstarke Haushalte und betroffen (Gewerbe, Industrie)? Wie „ge- die Verteilungswirkung dieser Subventionen ist recht“ sind die Verschiebungen? Bei der Ver- weitestgehend regressiv. Gleichzeitig werden diese schiebung von Kosten ist eine Vielzahl möglicher Begünstigungen von der Allgemeinheit finanziert, Indikatoren denkbar. also auch von den einkommensschwachen Haushal- ten. Optionen für Anpassungsreaktionen Für die Sozialverträglichkeit einer Reform ist auch die Frage relevant, inwiefern Menschen Weitere Aspekte der und Unternehmen in der Lage sind, der Kosten- sozialverträglichen Ausgestaltung belastung auszuweichen. Sind alternative Tech- Diese Studie nimmt erstmals eine systematische nologien oder Infrastrukturen kostengünstig Bewertung der Verteilungswirkungen über eine verfügbar? Mit welchem Aufwand und in wel- Reihe von Subventionen vor. Der besondere Fokus chem Zeitraum lässt sich das Verhalten ändern? liegt dabei auf privaten Haushalten und der Wirkung Beschäftigungseffekte des Subventionsabbaus auf unterschiedliche Ein- Auswirkungen des Subventionsabbaus auf die kommensschichten. Beschäftigung werden in dieser Studie nicht Eine umfängliche Analyse von Verteilungswirkun- analysiert. Viele bestehende Subventionen wer- gen könnte dabei potenziell noch weitere Aspekte den unter anderem damit begründet, dass sie einbeziehen, die im Rahmen dieser Studie nicht Arbeitsplätze erhalten (BMF 2019). Diese These weiter untersucht werden konnten. Die Vertei- wird allerdings selten in wissenschaftlichen Stu- lungswirkungen der Reformen werden in ihrem dien untersucht und es besteht weiterer For- jeweiligen Kontext bewertet. Die Einordnung der schungsbedarf. Sozialverträglichkeit ist somit nicht uneingeschränkt Unbestritten ist, dass der Subventionsabbau übertragbar auf andere Diskussionen um Vertei- Auswirkungen auf Arbeitsplätze in bestimmten lungsgerechtigkeit. Anders ausgedrückt: Nur weil Branchen haben kann (wie z. B. der Automobil- eine Strompreissenkung als Folge eines Subventi- branche, der Luftfahrtbranche oder dem produ- onsabbaus eine positive soziale Wirkung entfaltet, zierenden Gewerbe). Allerdings ist dies ein er- bedeutet dies nicht, dass es das optimale Instru- wünschter Effekt des notwendigen Struktur- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 15 von 67 wandels: Wirtschaftszweige und Unternehmen, gieerzeugung oder der Maschinen- und Fahr- die nachhaltig produzieren und auf klimafreund- zeugtechnik müssen Möglichkeiten geschaffen liche Technologien setzen, können wachsen und werden, um die Übergänge in neue Beschäfti- klimaschädlichere Bereiche verdrängen. Im Ide- gungen zu gestalten. Es ist auch Aufgabe der alfall schaffen es Unternehmen, diesen Wandel Politik, die geeigneten Rahmenbedingungen innerhalb der eigenen Produktpalette und Pro- dafür zu schaffen. duktionsmethoden zu vollziehen. Der Struktur- Verschiedene gesamtwirtschaftliche Modellie- wandel bringt es mit sich, dass an der einen Stel- rungen kommen zu dem Ergebnis, dass Ener- le Arbeitsplätze entstehen, und an der anderen giewende und Klimaschutz insgesamt positive Stelle abgebaut werden. Für die Beschäftigten Beschäftigungseffekte haben (BCG/Prognos z. B. in den Branchen der konventionellen Ener- 2018; FES 2020; UBA 2020). Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 16 von 67 2 Reformvorschläge zum Subventionsabbau und deren Verteilungswirkungen Kapitel 2 betrachtet die konkreten Reformvorschlä- form mit Blick auf die Betroffenen (Haushalte und ge der Vorgängerstudie (FÖS 2020a) in den Sekto- Unternehmen) sowie die Verteilungswirkung über ren Energie (2.1), Verkehr (2.2) und Landwirtschaft alle Einkommensgruppen hinweg (nur Haushalte) (2.3). Für jede Subvention wird zunächst der konkre- untersucht. Dezidiert wird dazu die Wirkung am te Reformvorschlag erklärt und dessen direkte Aus- oberen und unteren Ende der Einkommensgruppen wirkungen betrachtet. Für die konkrete Umsetzung betrachtet und optionale Begleitmaßnahmen skiz- werden zentrale Herausforderungen beleuchtet ziert. und ein ambitionierter, aber realistischer Zeitplan dargelegt. Anschließend wird die Wirkung der Re- 2.1 Energie Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung Reformvorschlag Perspektivisch sollte die Reform einen weiteren Werden Kohle, Öl und Gas für die Stromerzeugung Anstieg der CO2-Preise verfolgen. verwendet, sind sie bisher von der Energiesteuer Verschiedene Gutachten haben gezeigt (u.a. befreit. Der Reformvorschlag sieht vor, die Befreiung FÖS/Klinski 2018), dass der Vorschlag umsetzbar ist, abzuschaffen und eine systematische Energiebe- da eine Doppelbesteuerung von Stromerzeugung steuerung anhand von CO2-Kriterien einzuführen. und Stromverbrauch (über die Stromsteuer) in Denn bei alleiniger Aufhebung der aktuellen Ener- Deutschland rechtlich möglich ist. giesteuerbegünstigungen würden die geltenden Mit der Abschaffung der Energiesteuerbefreiung Regelsätze zu einer einseitigen Verteuerung von könnte zugleich ein Mindestpreis für CO2- Erdgas führen, wohingegen die Kohlenutzung mit Emissionen im Stromsektor umgesetzt werden, sehr geringen Energiesteuersätzen verbunden wäre: wenn die Kosten für CO2-Zertifikate im EU-ETS mit Der Steuersatz auf Kohle von 0,33 Euro/GJ ent- der Steuerlast verrechnet würden (E&E Consult spricht einem CO2-Preis von ca. 3 Euro/t CO2, wäh- GbR/FÖS 2019). rend der Energiesteuersatz auf Erdgas umgerech- net ca. 30 Euro pro t CO2 beträgt. Zum Abbau der Subvention sollte für alle fossilen Brennstoffe eine einheitliche Energiesteuer von umgerechnet 30 Euro pro t CO2 gelten (Abbildung 3). Abbildung 3: Energiesteuer in Euro/tCO2 30 25 20 Euro/t CO2 15 30 30 30 30 10 5 4 3 0 Erdgas Steinkohle Braunkohle geltende Energiesteuer* empfohlene Energiesteuer Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an FÖS/Klinski 2018 *keine Anwendung bei Verwendung zur Stromerzeugung Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 17 von 67 Auswirkungen auf den Strompreis Dadurch erhöhen sich die Gestehungskosten für Durch die Reform erhalten CO2-Emissionen im Strom aus Gaskraftwerken um ca. 1,1 ct/kWh, die der Stromsektor einen Mindestpreis unabhängig von Steinkohle um ca. 2,6 ct/kWh und die der Braun- der volatilen Entwicklung von Zertifikatspreisen im kohle um ca. 3,4 ct/kWh. Folglich ist ein Anstieg der EU-ETS. Bei Umrechnung des auf die Primärenergie Großhandelspreise für Strom zu erwarten. Die ge- erhobenen Steuersatzes von 30 Euro/t CO2 auf die naue Höhe hängt davon ab, welches Grenzkraftwerk mit dem jeweiligen Energieträger produzierte in welchen Stunden an der Strombörse preissetzend Strommenge anhand der Emissionsfaktoren aus wirkt. Steigende Börsenstrompreise hätten jedoch UBA (2017) ergeben sich die in Abbildung 4 darge- gleichzeitig einen dämpfenden Effekt auf die EEG- stellten Steuersätze pro kWh Strom (Endenergie). Umlage. Zu den konkreten Effekten gibt es Schät- zungen auf Basis von Strommarktmodellen. Bei Abbildung 4: Energiesteuersätze durch einem CO2-Preis von ca. 30 Euro pro t CO2 wird der Reform (umgerechnet in ct/kWh Endenergie) Strompreisanstieg auf lediglich 0,3 bis 0,8 ct/kWh geschätzt (Energy Brainpool 2017, Öko-Institut 4 2014). 3,45 Auswirkungen auf den Staatshaushalt 3 Wiederum auf Basis von Strommarktmodellen und 2,59 den erwarteten Änderungen in der Einsatzreihen- folge der Kraftwerke können die verbleibenden ct/kWh 2 fossil erzeugten Strommengen geschätzt und auf dieser Basis die Einnahmen für den Staatshaushalt 1,17 ermittelt werden. Ein CO2-Preis über die Energie- steuer in Höhe von 30 Euro pro t CO2 würde im Jahr 1 2025 – unter Berücksichtigung der Lenkungseffekte und nach Verrechnung mit den CO2- Zertifikatspreisen im EU-ETS –zusätzliche staatliche 0 Einnahmen in Höhe von 3,2 Mrd. Euro einbringen Erdgas Steinkohle Braunkohle (Öko-Institut 2019). Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an FÖS/Klinski 2018 Abbildung 5 zeigt die Auswirkungen des Reform- vorschlags. Abbildung 5: Auswirkungen des Reformvorschlags „Abbau Energiesteuerbegünstigung für die Stromerzeugung“ Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an FÖS/Klinski 2018 Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abbauen - ein Zeitplan • Seite 18 von 67 Herausforderungen Verteilungswirkungen der Reform Bei Umsetzung des Vorschlags stellen sich zwei Betroffene wesentliche Herausforderungen: Der Staatshaushalt sowie Steuerzahler*innen Verlagerungseffekte: Um zu verhindern, dass profitieren von der Reform, da zusätzliche Ein- sich die CO2-intensive Stromproduktion von nahmen entstehen. Deutschland in Nachbarländer verlagert und Für fossil befeuerte Kraftwerke (insbesondere damit der Emissionsminderungseffekt im Saldo Kohlekraftwerke) erhöhen sich die variablen begrenzt wird, sollte die Reform in Absprache Kosten der Stromerzeugung. Vor diesem Hinter- mit Nachbarländern umgesetzt werden. Dazu grund sind geringere Einsatzzeiten der Kraftwer- gehören Dänemark, die Niederlanden, Belgien, ke und eine Verschlechterung der Wirtschaft- Luxemburg, Frankreich und Österreich (Öko- lichkeit zu erwarten (FÖS/Klinski 2018). Institut 2019). Am wirkungsvollsten wäre ein Die Stromerzeugung aus KWK-Gaskraftwerken Mindestpreis im EU-ETS auf europäischer Ebe- wird durch die CO2-Bepreisung gegenüber ne. Dafür will sich Deutschland laut Klima- KWK-Kohlekraftwerken relativ günstiger, so schutzprogramm 2030 der Bundesregierung dass zu erwarten ist, dass deren Anteile an der (BMU 2019) auch einsetzen. Bisher ist jedoch Stromerzeugung eher steigen (FÖS/Klinski nicht bekannt, welche konkreten Schritte die 2018). Bundesregierung dazu unternommen hat und noch plant. Die Wirtschaftlichkeit von Stromspeichern wird verbessert, wenn die Börsenstrompreise steigen. Umgang mit Stromimporten: Stromimporte Speicher werden in Zeiten hoher Nachfrage häu- verzerren die Preise, wenn sie keiner Besteue- figer zum Einsatz kommen (FÖS/Klinski 2018). rung unterliegen. Auf Stromimporte ist eine An- wendung der deutschen Energiesteuer jedoch Die (geringfügig) steigenden Strompreise erhö- nicht möglich. Die mit den zusätzlichen Stromi- hen die Stromkosten für Unternehmen und pri- mporten aus anderen EU-Ländern ggf. verbun- vate Haushalte. Im Folgenden werden die Kos- denen Effekte müssen daher genauer überprüft ten nach Haushaltseinkommen betrachtet. werden. Gegenwärtig exportiert Deutschland jedoch große Strommengen und würde Strom- Wirkung nach Haushaltseinkommen marktmodellierungen zufolge selbst nach Um- Wie Tabelle 2 zeigt, steigt der Stromverbrauch mit setzung der Reform sogar Nettoexporteur blei- dem Einkommen moderat an. Im einkommens- ben. stärksten Dezil ist er pro Person im Durchschnitt etwa 50 % höher als bei den 10 % niedrigsten Ein- Zeitplan kommen. Dementsprechend steigen auch die Für die Umsetzung gemeinsam mit europäischen Stromkosten mit dem Einkommen in gleicher Weise. Nachbarländern, mit der Verlagerungseffekte ver- mieden werden können, ist eine 1-2-jährige Ver- Tabelle 2: Stromverbrauch und Ausgaben für handlungsphase einzuplanen. Falls die Verhandlun- Strom je Person und Jahr gen nicht zum gewünschten Ergebnis führen, sollte Dezil kWh/Jahr Euro/Jahr Deutschland den Reformvorschlag unilateral ein- 1 1.089 345 führen. Dies kann dann schnell geschehen, denn 2 1.102 349 Änderungen bei der Energiesteuer liegen in der 3 1.178 374 Zuständigkeit des Bundes und erfordern keine Be- teiligung des Bundesrates; zudem sind keine EU- 4 1.201 381 rechtlichen Vorgaben zu beachten, da die EU Aus- 5 1.266 401 nahmen vom „Doppelbesteuerungsverbot“ des 6 1.256 398 Stroms explizit erlaubt, wenn diese aus Gründen des 7 1.323 420 Umweltschutzes erfolgen (FÖS 2017). Für die admi- 8 1.341 425 nistrative Umsetzung gibt es bestehende und seit langem etablierte Verfahren der Energiesteuerer- 9 1.383 439 hebung mittels der Zollbehörden, an die angeknüpft 10 1.630 517 werden kann. Quelle: Held (2019), eigene Berechnungen Der relative Anteil der Stromkosten an den Haus- haltseinkommen ist bei einkommensschwachen Haushalten jedoch größer (vgl. Thomas/Flues 2015), d.h. die Stromkosten privater Haushalte sind regres- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
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