Geschäftsmodell-Innovation durch Industrie 4.0 - Chancen und Risiken für den Maschinen- und Anlagenbau - Dr ...
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März 2015 Geschäftsmodell-Innovation durch Industrie 4.0 Chancen und Risiken für den Maschinen- und Anlagenbau Studie
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Autoren Dr. Wieselhuber & Partner GmbH Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA Dr. mont. Volkhard Emmrich Univ.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl Geschäftsführender Gesellschafter Institutsleiter M. Sc. Dominik Paulus-Rohmer Dr.-Ing. Mathias Döbele Auftragsmanagement & Wertschöpfungsnetze Senior Manager Maschinenbau und industrielle Elektrotechnik Dipl. oec. soc. Anja Schatz Abteilungsleiterin, stellv. Geschäftsfeldleiterin Maschinen- und Anlagenbau Dipl.-Wirt.-Ing. Markus Weskamp Auftragsmanagement & Wertschöpfungsnetze Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 3 Vorwort Innovationsfähigkeit und Schnelligkeit in der Umsetzung sind Kernkompetenzen, die unserer Gesellschaft zukünftig den Wohlstand sichern, weil sie reale und nachhaltige Werte schaffen. Das Thema Industrie 4.0 und dessen Potenziale beschäftigen in die- sem Zusammenhang die Industrie, die Forschung und die Beratung gleichermaßen. Auf der einen Seite ermöglicht die intelligente Vernetzung und Interaktion von Maschi- nenbau, Elektrotechnik und Informationstechnologie ganz neue Optimierungsmöglich- keiten wie etwa die Produktivitätssteigerungen ganzer Wertschöpfungsketten. Hier gibt es bereits zahlreiche Umsetzungen in einzelnen Unternehmen, große laufende Forschungsinitiativen über alle beteiligten Branchen hinweg sowie viele Veranstaltun- gen, die Anwendungspotenziale der Industrie 4.0-Philosophie in die Breite tragen. Auf der anderen Seite eröffnen sich aber auch Möglichkeiten für radikale Neuerungen Univ.-Prof. Dr.-Ing. in den Geschäftsmodellen. Unternehmen können unter den Rahmenbedingungen von Thomas Bauernhansl Industrie 4.0 ihre Produkte auf ganz neue Weise anbieten oder zusätzlichen Kunden- nutzen durch Mehrwertservices über den Produktlebenszyklus hinweg erzeugen. Sogar das Aushebeln ganzer Branchenstrukturen wird über die Digitalisierung von Produkten und der eigenen Geschäftstätigkeit möglich, wie beispielweise im Buchhandel, in der Musikindustrie und in der Telekommunikation geschehen. Die vorliegende Studie be- leuchtet die Auswirkungen, Chancen und Risiken genau dieser, noch wenig beachteter Entwicklung auf den Maschinen- und Anlagenbau. Wir wünschen uns, dass wir mit unserer Studie Impulse setzen, indem wir Handlungs- optionen aufzeigen, wie durch tragfähige, auf Vernetzung und Digitalisierung basierende Geschäftsmodelle, auch in Zeiten von Industrie 4.0 der traditionsreiche Maschinen- und Anlagenbau wirtschaftlich erfolgreich bleiben kann. Wenn Sie weitere Informationen oder eine Beratung wünschen, freuen wir uns über Ihre Dr. mont. Anfrage. Volkhard Emmrich Univ.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl Dr. mont. Volkhard Emmrich Institutsleiter Geschäftsführender Gesellschafter Fraunhofer IPA
4 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Inhalt Vorwort 3 Management Summary 5 1 Einführung und Motivation 6 2 Technologische Grundlagen für Geschäftsmodell-Innovationen 10 2.1 Enabler der Industrie 4.0 13 2.2 Rahmenfaktoren der Industrie 4.0 17 3 Chancen und Risiken durch Industrie 4.0 – Ergebnisse der Studie 20 3.1 Perspektive des Maschinen- und Anlagenbaus 22 3.2 IT-Perspektive 27 3.3 Perspektiven an der Schnittstelle zwischen Maschinen-/Anlagenbau und IT 32 4 Szenarien der Branchen-Entwicklung auf Basis der Studienergebnisse 36 4.1 Weiterentwicklung durch „Digitale Veredelung“ (Geschäftsmodell – EVOLUTION) 38 4.2 Radikale Veränderung durch „Disruptive Erneuerung“ (Geschäftsmodell – DISRUPTION) 41 5 Ansätze für Industrie 4.0-Geschäftsmodell-Innovation 44 Literaturverzeichnis 52 Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 5 Management Summary Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Industrie 4.0 induzier- An der Schnittstelle zwischen Maschinen-/Anlagen- ten Veränderungen der Branchenmechanik im Maschinen- bau und IT und Anlagenbau durch die zunehmende Durchdringung mit IT und die sich dadurch ergebenden Anforderungen an W Durch Industrie 4.0 werden klassische Branchengren- neue Geschäftsmodelle zu untersuchen. Hierzu wurden zen zwischen Maschinenbau und IT verschoben. sowohl Experten aus dem Maschinen- und Anlagenbau als auch aus IT-Unternehmen befragt. Es konnten folgen- W Durch die Verschiebung der Branchengrenze zwischen de zentrale Erkenntnisse herausgearbeitet werden: IT und Maschinenbau sind Regelbrüche und Marktein- tritte durch Dritte wahrscheinlicher. Aus Perspektive des Maschinen- und Anlagenbaus W Zukünftige Geschäftsmodelle werden stärker auf eine W Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf Basis ei- umfassende Wertschaffung ausgelegt sein. ner Lebenszyklus- und Serviceorientierung steht noch am Anfang. Aufgrund dieser Erkenntnisse werden zwei gegensätzli- che Szenarien beschrieben, die die Bandbreite einer mög- W Der Maschinenbau konzentriert sich auf die digitale Ver- lichen zukünftigen Entwicklung von evolutionären bis hin edelung seiner jeweiligen Nischenprodukte. Die übergrei- zu disruptiven Geschäftsmodellen aufspannen. Schließlich fende Vernetzung/Optimierung ganzer Produktionssys- werden Ansätze entwickelt mit denen sich Unternehmen teme steht nicht im Fokus. der Herausforderung der Geschäftsmodell-Innovation für Industrie 4.0 stellen können. Im Wesentlichen geht es da- W Das disruptive Potenzial von Geschäftsmodell-Innova- bei um das Erkennen der individuellen neuen Erfolgslogik tionen wird vielfach unterschätzt. für ein Unternehmen, die unter den Rahmenbedingungen der Industrie 4.0 in der Lage ist, dem Kunden ein neues Aus Perspektive der IT Nutzenniveau durch die Verwendung von Daten zu offe- rieren. Im Mittelpunkt dabei steht in der Regel eine starke W Eine systematische Geschäftsmodellentwicklung wird Serviceorientierung der neu entwickelten Geschäftsmo- von Seiten der IT in Richtung produzierende Unterneh- delle und nicht selten ein strategisch zu definierendes men getrieben. Dabei wird jedoch die abzudeckende neues Verständnis von Partnerschaft und Wettbewerb. Vielfalt in den Fertigungstechnologien unterschätzt. Es wird deutlich, dass die mit Industrie 4.0 einherge- W Große unabhängige Softwareplattformen mit kleinen henden unternehmerischen Herausforderungen nicht zu Speziallösungen werden neu entstehen. unterschätzen sind und, dass diesem Thema eine hohe Beachtung geschenkt werden muss, um die Zukunftsfä- W Die unabhängige Steuerungs- und Optimierungs-Soft- higkeit der Unternehmen des Maschinen- und Anlagen- ware wird künftig im Wettbewerb mit proprietärer Ma- baus zu sichern. schinenbau-Software stehen. Fraunhofer IPA
8 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Weltweit wird das Thema der Vernetzung verschiedener keit in der horizontalen Integration der Wertschöpfung so- Produktionsressourcen und der entsprechenden Produk- wie im Engineering zu erreichen. Die Studie des BITKOM te mit Hochdruck von Forschung und Industrie vorange- und des Fraunhofer IAO zu den volkswirtschaftlichen Po- trieben – ob unter dem Begriff Industrie 4.0, Internet of tenzialen durch Industrie 4.0 rechnet mit einem konstan- Things and Services (Deutschland, Europa) oder dem In- ten Wachstum der Bruttowertschöpfung im Maschinen- dustrial Internet (USA). Innovations- und Wachstumsim- und Anlagenbau: Diese wird durch Anwendung und Ange- pulse werden in diesem Zusammenhang insbesondere bot von Industrie 4.0-Technologien und -Services bis 2025 durch die Entwicklung internetfähiger Produkte und ent- auf 99,8 Mrd. Euro geschätzt. Das entspricht einer jährli- sprechender Geschäftsmodelle erwartet. Dabei wird eine chen Steigerung von 2,2 %. duale Strategie verfolgt, die eine Leitanbieterperspektive und eine Leitmarktperspektive unterscheidet. Das Fraunhofer IPA hat auf Basis seiner Projekterfahrung in verschiedenen Publikationen Kostenpotenziale durch Deutsche Unternehmen mit ihren technischen Lösungen den Einsatz von Industrie 4.0-Technologien in der Wert- gelten im Bereich der Fabrikausrüstung als weltweit füh- schöpfung dargestellt. Insbesondere im Bereich der Be- rend und haben beste Voraussetzungen, als Leitanbieter standskosten und Komplexitätskosten sind hohe Kosten- durch Entwicklung, Betrieb und globale Vermarktung von senkungspotenziale zu erwarten. Industrie 4.0-Produkten eine herausragende Rolle einzu- nehmen. Jedoch erst wenn der Vernetzungsgrad zwischen Durch Echtzeitinformationen können Sicherheitsbestände Unternehmen, deren Produktionsressourcen und Produk- über Lieferketten hinweg kontinuierlich gesenkt werden ten ausreichend gewährleistet ist, ist eine Durchgängig- (abgeschätztes Potenzial: -30 % bis -40 %). Auch im Be- Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 9 reich der Komplexitätskosten können durch die Erhöhung den. Insgesamt wurden 20 Führungskräfte von führenden von Transparenz Entscheidungen beschleunigt und fundier- Maschinen- und Anlagenbauern sowie 13 Experten aus ter getroffen und so ein hohes Maß an Verschwendung ver- der IT-Branche befragt. mieden werden (abgeschätztes Potenzial: -60 % bis -70 %). Die Befragung von IT-Unternehmen (vorwiegend Anbie- Im Rahmen der vorliegenden Studie des Fraunhofer-Insti- ter von Unternehmenssoftware über alle Ebenen der tuts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und Unternehmenssteuerung sowie Anbieter von Hardware- der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner Systemen) diente in diesem Zusammenhang vor allem zur GmbH wurde untersucht, inwieweit sich dem Maschinen- Bewertung der Geschäftsmodellorientierung in der IKT- und Anlagenbau durch Industrie 4.0-Technologien neue Branche sowie der Vernetzungsaktivitäten in Richtung Ma- Geschäftsmodellpotenziale eröffnen und inwieweit diese schinen- und Anlagenbau. Ergänzend wurde mit einem Teil in der Branche bereits erkannt und adressiert werden. der Studienteilnehmer aus beiden Branchen potenzielle Dabei wurden neben den Potenzialen der Produktionsopti- Geschäftsmodellszenarien für den Maschinen- und Anla- mierung im Unternehmen selbst im Schwerpunkt die Po- genbau unter den Rahmenbedingungen der Industrie 4.0 tenziale aus der eher strategischen Geschäftsmodellpers- erarbeitet. pektive im Sinne der Leitanbieterperspektive beleuchtet. Das Studiendesign umfasst einen Interviewteil, in dem die Aufnahme der Geschäftsmodellorientierung und Innova- tionspotenziale durch Industrie 4.0 im Vordergrund stan- Thesen Extrem-Szenarien Literatur & Szenario 1: Diskussion Geschäftsmodell- Maschinen-/Anlagen- Beispiel-Szenario EVOLUTION bau, IT, I4.0 Interview Thesenliste Mit IT/MB-Experten und Workshop entwickelte Konkretisierung Fragebogen Antworten Szenario 2: aus den Interviews Geschäftsmodell- Maschinen-/Anlagen- DISRUPTION bau, IT Abb. 1: Bestandteile der Studie Fraunhofer IPA
2 10 GeSchäFtSmodell-InnovAtIon durch InduStrIe 4.0 Technologische Grundlagen für Geschäftsmodell- Innovationen © vege-Fotolia.com dr. WIeSelhuber & PArtner Gmbh
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 11 Fraunhofer IPA
12 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Im nachfolgenden Kapitel wird ein Überblick über die re- Definition Geschäftsmodelle levanten technologischen Grundlagen und Rahmenbedin- gungen zur Gestaltung innovativer Geschäftsmodelle im Bei der Definition seines individuellen Geschäftsmodells Umfeld der Industrie 4.0 gegeben. muss sich jeder Marktteilnehmer die gleichen Fragen stel- len. Dabei sind die äußeren Rahmenbedingungen für alle gleich. Es liegt am Unternehmer selbst, ob er es schafft, ei- ne für den Kunden attraktive Leistung am front end anzu- bieten und gleichzeitig diese Leistung am back end so zu erbringen, dass er kommerziell erfolgreich ist. Sprich: Die Kernfragen bei der Definition eines Geschäftsmodells be- treffen zunächst die Leistung, die dem Kunden geboten wird (front end) und die Art und Weise, wie diese erzeugt wird (back end). Wie wird der Markt in Zukunft sein? „front end“ Was verkaufe ich (wie) an wen? Historie Typischer Maschinen-/Anlagenbauer Wettbewerbs-Vergleich Zum Beispiel Wie erbringe ich diese Leistung, so dass am Ende Zum Beispiel W > 100 Jahre ein auf/über dem Branchendurchschnitt liegender Gewinn W bekannte Wettbewerber erzielt wird? W größter Arbeitgeber der Region W potenzielle Neue aus W … – anderen Regionen „back end“ – nahen/artverwandten Branchen Wenn der Markt in Zukunft – eher fremden Branchen Abb. 2: Definition von Geschäftsmodellen „so“ sein wird … . Was muss ich heute W … Quelle: W&P, Fraunhofer IPA schon in die Wege leiten? Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 13 Zur detaillierten Ausarbeitung eines Geschäftsmodells 2.1 Enabler der Industrie 4.0 sind folgende fünf Fragen grundsätzlich zu bearbeiten und die jeweilige Ausgestaltung aufeinander abzustimmen: Die Informationstechnik an sich und das Internet sind ver- antwortlich für die enorme Produktivitätssteigerungen, wel- W Was wird angeboten, wem, mit wem gemeinsam? che unsere Ökonomie in den letzten Jahrzehnten ge- prägt haben. Nach heute etabliertem Stand der Technik W Wie wird diese Leistung gegen Wettbewerber abgesi- sind diese Produktivitätssteigerungen der dritten indus- chert? triellen Revolution, also der Automatisierung von Produk- tionsprozessen durch Informationstechnik zuzuordnen. W Wie wird die Leistung erstellt? Versteht man eine durch Technologie getriebene sprung- hafte Produktivitätszunahme als Grundlage einer industri- W Womit wird die Leistung erstellt, was ist differenzie- ellen Revolution, so sind diese in der Vergangenheit im- rend gegenüber dem Wettbewerb? mer dann aufgetreten, wenn die jeweiligen Potenziale der aktuellen Technologie ausgeschöpft waren und sich der W Wie werden Erlöse erzielt? Produktivitätszuwachs spürbar verlangsamt hat. Dies ist bei der klassischen heute üblichen Automatisierung ge- Das Ziel einer strategischen Ausgestaltung eines Ge- paart mit Lean-Production-Konzepten zu beobachten und schäftsmodells muss ein über dem Branchendurchschnitt daher sprechen wir bei den zu erwartenden Potenzialen liegender Gewinn sein. Die Praxis zeigt, dass dieser für der Zukunft wieder von einer Revolution – eben der vier- denjenigen Marktteilnehmer erreichbar ist, der sein Ge- ten industriellen Revolution. Dass die technologischen schäftsmodell ganzheitlich optimal konfiguriert. Unter dem Grundlagen dieser Entwicklung – wie zur Zeit vielfach dis- Gesichtspunkt der Potenziale, die Industrie 4.0 dabei er- kutiert – nicht revolutionär, sondern die kontinuierliche öffnet, sind vielfältige technologische Gestaltungsoptio- Weiterentwicklung des Standes der Technik also eher nen festzulegen. Wegweisende Entscheidungen betreffen evolutionär sind, spielt in dieser Betrachtung keine Rolle. zum einen die Hard- und Softwareanteile im Produkt, die In den Mittelpunkt der Diskussion müssen viel mehr die Modularisierung, die Vernetzung mit anderen Produkten enormen neuen Möglichkeiten gerückt werden, die mit und den möglichen Individualisierungsgrad. Andererseits dem technologischen Fortschritt verbunden sind. gilt es, die richtige Innovationsstrategie im Sinne einer Po- sitionierung zwischen schrittweiser digitaler Veredelung Seit 2000 Cyber-physische Systeme vernetzen reale und des bestehenden Geschäftsmodells und dessen radikaler 4. Ind. Revolution virtuelle Welt und bieten neue Möglichkeiten Änderung zu wählen. für wert- und kundenzentrierte Innovationen Etablierte Industrie- und Dienstleistungsunternehmen bli- ~ 1960 Elektronik und IT ermöglichen automatisie- 3. Ind. Revolution rungsgetriebene Rationalisierung sowie die cken hier mit Bangen auf die großen und relativ jungen In- variantenreiche Serienproduktion ternetunternehmen wie Google oder Amazon, die ihre Ge- schäftsmodelle und Businessstrategien rasend schnell wei- ~ 1870 Wohlstand durch arbeitsteilige Massen- terentwickeln. Sie haben keine starren Strukturen – weder 2. Ind. Revolution produktion mit Hilfe elektrischer Energie in der Organisation noch im Produkt oder in der Infrastruk- tur und sind so in der Lage, neue Geschäftspotenziale ~ 1750 Arbeits- und Kraftmaschinen ermöglichen flexibel und explorativ auszuschöpfen. Insbesondere drin- 1. Ind. Revolution die Industrialisierung und verhindern gen sie dabei als starker Wettbewerber auch in fremde Hungerkatastrophen Branchen ein. Aus diesem Grund sind in der Studie viele Praxisbeispiele aus dem Bereich der Internetökonomie Abb. 3: Die vier industriellen Revolutionen aufgeführt. Quelle: W&P, Fraunhofer IPA Fraunhofer IPA
14 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Abb. 4: Technologiefelder der Industrie 4.0 Industrie 4.0 Technologiefelder Quelle: W&P, Fraunhofer IPA Cloud Computing Embedded Systems CPS Smart Factory W IPv6 W Intelligente Produkte W Social Machines W Apps W Sensoren & Aktoren W Plug & Produce W Big Data W Machine2Machine W Low-Cost-Automatisierung W Echtzeitdaten W Virtualisierung (Digitaler Schatten) W Human Machine Interface Die Grundlage des Wandels bildet das sich zunehmend heit von hoher Bedeutung. Eine weitere Herausforderung ausbreitende Internet der Dinge (IoT) und damit die Etablie- zur Nutzung von Big Data liegt in der Übertragung klassi- rung cyber-physischer Systeme durch die Vernetzung phy- scher Konzepte der Datenauswertung, wie beispielsweise sischer Systeme sowohl untereinander als auch mit inter- des Data Mining sowie der Business Intelligence, auf die netbasierten Software-Services. Durch die Anreicherung neu verfügbaren enormen Datenmengen. der realen Welt um digitale Informationen wird die Fabrik der Zukunft zur Smart Factory. Vernetzte Embedded Sys- Gleichzeitig ergeben sich neue Anforderungen im Bereich tems, das Cloud-Computing sowie die Smart Factory stel- der kontextbasierten Informationsbereitstellung. Wesent- len somit die drei tragenden Grundpfeiler der Industrie 4.0- liche Herausforderung hierbei ist es, die benötigten Infor- Technologie dar. mationen zeitnah und vollständig in geeigneter Weise dem jeweiligen Nutzer zur Verfügung zu stellen. Technologien Cloud Computing der Industrie 4.0 bieten neue Möglichkeiten der orts- und zeitunabhängigen Informationsbereitstellung. Die Verlage- Cloud Computing ermöglicht die dezentrale und bedarfs- rung lokaler Services und Prozessabläufe in die Cloud er- gerechte Bereitstellung von Daten, Services und ganzen möglicht dabei die bedarfsgesteuerte und echtzeitnahe Geschäftsmodellen über das Internet und kann dazu ge- Auswertung und Bereitstellung von Informationen über nutzt werden, eine Plattform für das Speichern von Da- das Internet. ten sowie zur Ausführung von Software-Diensten (z. B. Apps) zu bilden. Die intelligente internetgestützte Vernet- Ergänzt werden die technologischen Aspekte im Bereich zung von Objekten, Maschinen und Menschen mit Infor- der Big-Data-Analysen um Fragestellungen der Sicherheit mations- und Kommunikations-Systemen gilt als nächster und der Verfügbarkeit von Daten. Das vom Fraunhofer IPA großer Schritt. Das hierdurch entstehende »Internet der entwickelte „Virtual Fort Knox“ beispielsweise stellt eine Dinge« ermöglicht die Integration der realen und der vir- sichere, föderative Plattform für serviceorientierte Anwen- tuellen Welt. Hieraus sind hoch verfügbare, echtzeitfä- dungen bereit. hige und robuste Kommunikationsnetzwerke von essen- tieller Bedeutung. Die Entwicklung zur Industrie 4.0 bringt Die Plattform ermöglicht eine einfache, flexible und ska- ein unvorstellbares Datenwachstum mit sich. Um die- lierbare Aufbereitung, Vernetzung und Verwendung hete- se wachsende Datenmenge verwalten und zielgerichtet rogener Datenquellen. Letztlich stellen sich auch zahlrei- nutzen zu können, sind neue Ansätze zum Umgang mit che rechtliche und moralische Fragen der Datennutzung. Massendaten (Big Data) notwendig. Unter dem Begriff Die Analyse großer Datenmengen ermöglicht es beispiels- Big Data wird die wirtschaftlich sinnvolle Sammlung und weise, personenbezogene Bewegungsprofile zu erzeugen Anwendung entscheidungsrelevanter Erkenntnisse aus und erlaubt intime und unter Umständen ungewollte Ein- qualitativ vielfältigen, unterschiedlich strukturierten Infor- blicke in Verhaltensweisen einzelner Menschen. mationen verstanden. Big Data vereint somit verschiede- ne Disziplinen rund um die Verwaltung und Verwendung großer Datenmengen. Insgesamt haben sich als charak- Meinungen aus der Industrie: terisierende Merkmale für Big Data vor allem die Aspekte Big Data und Data Mining sind wichtige Treiber für die Masse, Vielfalt und Geschwindigkeit (volume, variety, ve- Industrie 4.0 und werden deren Entwicklung maßgeblich locity) sowie Wert und Vertrauenswürdigkeit (value, vera- mitbestimmen. Um die Akzeptanz der Technologien zu city) von Daten herauskristallisiert. stärken, wird es nötig sein, Anwendungsfelder auch für Nicht-IT-Experten nutzbar zu machen. Es werden neuartige Technologien der Datenspeicherung (Senior VP Engineering; IT-Unternehmen) (z. B. Cloud-Technologien) sowie der Integration und Aus- wertung beispielsweise in Form neuartiger Algorithmen entwickelt. Hierbei sind vor allem Schnittstellenproblema- tiken sowie Fragen der Datenverfügbarkeit und der Sicher- Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 15 Cyber-Physische Systeme Um eine Grundlage für die intelligente Vernetzung zu schaffen, werden bisher passive Objekte mit Mikrocon- trollern, Kommunikationssystemen, Identifikatoren sowie Sensoren und Aktoren ausgerüstet. So entstehen intelli- gente Objekte und damit Cyber-Physical Systems (CPS), die eine Vernetzung von Menschen, Maschinen und Pro- dukten ermöglichen. In kaum einer Branche wird das Po- tenzial und die Relevanz von CPS klarer als in der Automo- bilbranche. Der weitaus größte Teil der Innovationen, die der Nutzen und die Möglichkeiten derartiger Services ex- Sicherheit, Komfort oder Effizienz steigern, entsteht heute ponentiell ansteigen, je mehr Teilnehmer an das Netz an- durch Cyber-Physical Systems. Die Fahrzeuge werden un- geschlossen sind. Daher sind die tatsächlich revolutionä- tereinander vernetzt mit Objekten im Umfeld und zuneh- ren Ansätze dann zu erwarten, wenn eine kritische Masse mend auch mit externen Informationssystemen oder den in der vernetzten Welt angekommen ist. Auf der höchsten mobilen Endgeräten der Fahrer und anderer Beteiligter. Ausbaustufe dieser Entwicklung agieren vernetzte Pro- dukte komplett eigenständig, da sie aufgrund ihres ange- Das Neuartige an dieser cyber-physischen Architektur sammelten Wissens und der Möglichkeit sich mit anderen technischer Produkte ist nicht nur die Vernetzung an sich, Komponenten direkt abzustimmen in der Lage sind, eigen- sondern es sind vor allem auch die Möglichkeiten, die ständige Entscheidungen zu Gunsten eines zuvor definier- durch die Verteilung von Rechenleistung bis in die einzel- ten Zielzustandes zu treffen (System of Systems). nen Komponenten entstehen und die Vielfalt und Menge der dadurch erzeugten Daten. Aufgrund der Eigenschaft Diese höchste Stufe intelligenter Produkte, wie auch die dieser Komponenten, Informationen zu erzeugen und zu vieldiskutierte Industrie 4.0-Vision der Produkte, die ihre verarbeiten, wird von sogenannten „Smarten Produkten“ eigene Herstellung steuern, ist jedoch nicht das Maß al- gesprochen. Ein solches smartes Produkt besteht in der ler Dinge. Als Vision ist dieses Zukunftsszenario durchaus Regel aus drei Elementen: legitim, doch sollten zunächst die kurz- und mittelfristig re- alisierbaren Nutzenpotenziale der Industrie 4.0 in den Fo- W Das physische Element gibt die Grundfunktionalität des kus des unternehmerischen Handelns rücken. Sicherlich Produkts vor und ist der Teil, der aus der Kenntnis heu- sind noch einige technische Herausforderungen, wie etwa tiger Produkte am vertrautesten scheint. standardisierte Schnittstellen, einheitliche Datenformate und das essentielle Thema der Sicherheit zu meistern. W Das intelligente Element verstärkt zukünftig den Wert Doch bereits heute besteht die Möglichkeit, erste Schrit- und die Leistung des physischen Elements und te in Richtung Industrie 4.0 zu gehen. Es ist zu erwarten, dass sobald der damit verbundene Nutzen beim Kunden W wird durch das Vernetzungselement noch einmal erwei- angekommen ist, die Etablierung einheitlicher Standards tert, wodurch Teile der Intelligenz sogar aus dem Pro- von den Kunden vehement eingefordert werden und ver- dukt herausgelöst werden können. mutlich einen Großteil der heute geführten Diskussionen sehr schnell obsolet wird. Die vorliegende Studie geht aus Neben einer solchen Auslagerung von Produktfunktiona- diesem Grund davon aus, dass ein Großteil der notwendi- litäten in die Cloud erfüllt die Vernetzung den Zweck des gen Basistechnologien kurzfristig verfügbar sein wird und Datenaustauschs zwischen dem Produkt und dem Be- fokussiert auf die daraus hervorgehenden neuen Möglich- triebsumfeld, dem Hersteller, dem Nutzer und anderen keiten für Leistungen und Geschäftsmodelle – eben den Systemen. möglicherweise revolutionären Teil der vierten industriel- len Revolution. Derartige smarte Produkte sorgen in produzierenden Un- ternehmen für eine deutliche Steigerung der Produktivität Smart Factory in der Wertschöpfung, bei gleichzeitig stärkerer Kunden- orientierung. Beispielsweise kann durch eine Fernüber- Cyber-physische Systeme ermöglichen eine unterneh- wachung von Geräten und die Sammlung von Einsatz- und mensweite oder gar unternehmensübergreifende Vernet- Erfahrungsdaten deren Ausfall verhindert oder eine schnel- zung von smarten Objekten und bilden somit die techno- le und gezielte Fehlerbeseitigung erreicht werden. Ein wei- logische Grundlage für die Smart Factory. Die Interaktion teres Nutzenpotenzial kann darin bestehen, die Leistung verschiedener Objekte in einem Produktionssystem nach der eingesetzten Produkte für ein kundenspezifisches dem Prinzip Industrie 4.0 erfolgt dabei einerseits zwischen Nutzungsprofil zu verbessern und z. B. deren Energiever- Maschine und Maschine sowie andererseits zwischen brauch zu optimieren. Dazu muss angemerkt werden, dass Mensch und Maschine. Fraunhofer IPA
16 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Die Netze der Maschine-zu-Maschine-Anwendungen set- zen sich aus Datenendpunkten für die Sensor- und Aktor- netzwerke, den Backend-Servern, die alle Daten aggre- gieren, dem Datennetzwerk, der zur Kommunikation not- wendigen Middle Ware sowie den Steuerungskompo- nenten zusammen. Beim Datennetz kann es sich um ein lokales Netz (LAN), ein Weitverkehrsnetz, das Internet res- pektive das Internet of Things (IoT), um ein Wireless Inter- net of Things (WIoT), um ein WLAN oder ein Mobilfunknetz handeln. Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine erfolgt durch Benutzerschnittstellen, sogenannte Human- im Produktionsprozess relevanten Services und CPS die Machine-Interfaces (HMI), welche die Brücke zwischen vertikale Integration. Auf Unternehmens- und Netzwerk- Mensch und Maschine bilden. Für den Menschen sind die ebene kommen analog für eine horizontale Integration so- komplexen Prozesse in einem cyber-physischen System genannte Enterprise Service Buses zum Einsatz. nicht mehr problemlos nachvollziehbar, weswegen ergono- mische HMIs von großer Bedeutung sind. Für den Anwen- Eine wichtige Voraussetzung für die Smart Factory stellt der ist nicht die Technologie oder Funktionsweise, sondern die Verteilung und Bereitstellung von Informationen dar. viel mehr der Nutzen entscheidend. Das HMI hilft dabei, Diese können auftragsspezifisch sowie produkt-, oder pro- die jeweiligen Vorgänge zu verstehen und richtige Ent- zessbezogen sein oder auch Wissen zur Fabrikstruktur so- scheidungen zur Steuerung zu treffen. Für die Interaktion wie den Ressourcen beinhalten. Produktbezogene Infor- steht heute eine Reihe von innovativen Technologien zur mationen können beispielsweise während der gesamten Verfügung. Durch Erkennung von Sprache oder Gesten und Nutzungsdauer gesammelt und dem Hersteller am Ende der Bedienung von Touch-Bildschirmen kann der Mensch des Lebenszyklus durch Produktrückgabe z. B. zur Wieder- mit der Maschine kommunizieren. Außerdem können oder Weiterverwertung bereitgestellt werden. Auftragsbe- die Plan-/Absichtserkennung, Nutzer-/Mensch-Modelle und zogene Informationen entstehen im Rahmen der Auftrags- Apps eingesetzt werden, um die Schnittstelle zwischen erzeugung und werden im Laufe der Auftragsabwicklung Mensch und Maschine ergonomischer zu gestalten. In der erweitert und verwendet. Systeme des Informations- und Zukunft wird sich die Interaktion zwischen Mensch und Wissensmanagements unterstützen die Integration der Maschine durch Multimodalität weiter verbreiten. Multi- verschiedenen Informationsquellen. Offene Standards hel- modalität ist die Kommunikation über mehrere Ein- und fen dabei, die Informationen zwischen verschiedenen Sys- Ausgabekanäle. Beispielsweise wird die Kommunikation temen auszutauschen und aufwandsarm neue Systeme durch die Kombination von Gesten und Sprache noch ein- zu ergänzen. deutiger und intuitiver. Ziel ist es, dass der Mensch den Umgang mit dem Computer weniger als Anlagensteue- Im Bereich der Bereitstellung von Informationen bieten rung, sondern vielmehr als Kooperation wahrnimmt. mobile Endgeräte und Smart Devices völlig neue Anwen- dungsgebiete. Fällt beispielsweise eine Maschine aus, Kommunikations- und Integrationsplattform der Smart kann der Instandhalter über ein mobiles Endgerät unmit- Factory ist der sogenannte Manufacturing Service Bus. Er telbar informiert werden. Kommuniziert die Maschine dar- übernimmt die Funktion der Middleware und gewährleis- über hinaus die Ausfallursache sowie Schadensart, kann tet über die Workflow-Steuerung und die Anbindung aller der Mitarbeiter alle Ersatzteile, die zur Reparatur erforder- lich sind, direkt zum Einsatzort mitbringen und somit den Reparaturvorgang beschleunigen. Meinungen aus der Industrie: Durch eine Virtual und Augmented Reality lässt sich die „Industrie 4.0 wird den Menschen nicht verdrängen; Realität um virtuelle Informationen anreichern oder sogar ganz im Gegenteil wird sie seine Bedürfnisse und An- vollständig virtuell abbilden. Derartige Konzepte eignen forderungen in den Mittelpunkt rücken. Das Eco-System sich beispielsweise, um Monteuren bei komplexen Pro- Industrie 4.0 besteht eben nicht nur aus intelligenten Pro- dukten Montageanleitungen bedarfsgerecht bereitzustel- dukten, die die Produktion steuern. Es geht darum, den len. Hierzu lassen sich Informationen zu den einzelnen Menschen hochwertige und kreative Arbeit verrichten zu Montageschritten beispielsweise in entsprechenden Aug- lassen und ihm die Möglichkeit zur Ausbalancierung des mented-Reality-Brillen abbilden. Die Smart Factory bietet Lebens zwischen Arbeit und Freizeit zu geben; genauso mit der Vielfalt an neuen technologischen Möglichkeiten flexibel, wie die von Menschen beherrschten Produk- somit sowohl für den Anlagenbetreiber als auch für den tionssysteme der Zukunft.“ Fabrikausrüster ein attraktives Feld für innovative Ge- (Leiter Produktmanagement; IT-Unternehmen) schäftsmodelle. Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 17 Technologie- Reifegrad Politische (IKT-)Standards Unterstützung IT-Sicherheit Wettbewerb 2.2 Rahmenfaktoren der Industrie 4.0 Rechtssicherheit Marktakzeptanz Die nachfolgend beschriebenen Rahmenfaktoren der In- Abb. 5: Rahmenfaktoren der Industrie 4.0 (mit beispielhaften Wechselwirkungen) dustrie 4.0 stellen externe für die Marktteilnehmer nicht Quelle: W&P, Fraunhofer IPA beeinflussbare Größen dar, deren Ausprägungsform je- doch starken Einfluss auf die Ausgestaltung von innova- blierter Verhältnisse schaffen wird, ermöglicht ein reger tiven Geschäftsmodellen hat. Die kurz- und mittelfristige Wettbewerb neuartige und wertsteigernde Angebote für Entwicklung dieser Rahmenfaktoren ist somit maßgeblich den Kunden. für die Etablierung neuer Geschäftsmodelle sowohl durch die IT als auch durch den Maschinenbau. Grundlage für die Marktakzeptanz Auswahl der Faktoren sind Recherchen in einschlägiger Literatur zum Thema Industrie 4.0 (z. B. Positionspapiere Die Marktakzeptanz charakterisiert, wie schnell und durch- der Plattform Industrie 4.0, Studien und White-Papers der gängig sich neuartige Technologien am Markt etablieren beteiligten Verbände VDMA, ZVEI, BITKOM) sowie die Ex- können. Neben der reinen Verfügbarkeit der Technologie pertengespräche. Insgesamt wurden die folgenden sieben sind für deren Verbreitung zwei weitere wesentliche Fak- Faktoren als relevant erachtet, die in einer gegenseitigen toren entscheidend. Diese sind zum einen das Vertrauen Wechselwirkung zueinander stehen. in die neue Technologie sowie zum anderen das Erkennen von deren Mehrwert. Sieht der potenzielle Anwender in Technologie-Reifegrad der Nutzung der neuen Möglichkeiten einen Mehrwert im Vergleich zur momentanen Situation, wird er bei ausrei- Der technologische Reifegrad ist ein Haupttreiber für die chendem Sicherheitsmaß bereit sein, diese anzuwenden. Entwicklung hin zur Industrie 4.0. Die Verfügbarkeit ent- sprechender Technologien ist dabei entscheidend für die Wurden früher neue Technologien eher aus einem industriel- zunehmende Vernetzung sowie eine verbesserte Kommu- len Anwendungsfeld in den Consumer-Bereich diffundiert, nikation und Wissensgenerierung. Hierbei steht zukünftig hat sich diese Entwicklung in den letzten Jahren umgekehrt. vor allem die Verschmelzung von Informations- und Kom- Im Vergleich privater und industrieller Anwendung neuar- munikations-, Automatisierungs- und Produktionstechno- tiger Informations- und Kommunikationstechnologien zeigt logien im Mittelpunkt. Technologische Bausteine in die- sich, dass vor allem Fragen der Datensicherheit im indus- sem Umfeld sind dabei oftmals entwicklungsgetrieben triellen Umfeld häufig größere Skepsis hervorrufen. Die (technology push), so dass neue Technologien am Markt Marktakzeptanz wird darüber hinaus wiederum beeinflusst verfügbar werden, auf deren Grundlage potenzielle Nutzer durch die gesellschaftliche und politische Diskussion. dann spezifische Anwendungsformen und Geschäftsmo- delle kreieren können. Politische Unterstützung Wettbewerb Die Bedeutung politischer Unterstützung spiegelt sich bereits in der Setzung des Begriffs „Industrie 4.0“ wider, Je mehr Anbieter Chancen in einem durch Industrie 4.0 welcher auf Basis der durch die deutsche Bundesregie- neu geschaffenen Markt sehen oder je stärker die Ein- rung gestarteten Hightech-Strategie etabliert wurde. Die griffsmöglichkeiten in die bestehenden Marktverhältnisse Förderung der Informations- und Fertigungstechnik steht eingeschätzt werden, desto stärker wird der Wettbewerb bei diesem Zukunftsprojekt im Fokus. Die Politik spielt bei um entsprechende Marktanteile sein. Zur flächendecken- der Gestaltung der Rahmenbedingungen wie beispiels- den Verbreitung Industrie 4.0-relevanter Technologien wird weise im Bereich der IT- und Rechtssicherheit eine ent- dabei ein Mindestmaß an Wettbewerb stattfinden müs- scheidende Rolle und steuert durch entsprechende Geset- sen. Vor allem in den Bereichen, in denen die Industrie 4.0 ze sowie Fördermaßnahmen maßgeblich die Entwicklung auf Grundlage disruptiver Technologien und Geschäftsmo- der Industrie 4.0. delle neue Möglichkeiten des Regelbruchs bezüglich eta- Fraunhofer IPA
18 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 Zentrale politische Initiative für eine intensive Vernetzung Die relevanten Sicherheitstechnologien beinhalten das industrieller Wertschöpfungsprozesse ist hier der Ausbau Verhindern (prevention) sowie das Erkennen (detection) der High-Speed-Netze. Ein flächendeckender Ausbau auf von Angriffen. Ein weiteres Vorgehen stellt die Wiederher- 50 Mbit ist bis 2018 geplant. Ob dies ausreicht, ist frag- stellung (recovery) dar, welche durch eine Selbstheilung lich. Bei knappen Netzkapazitäten kann die Netzneutralität die Tolerierung von Angriffen bis zu einem bestimmten gefährdet sein. So kann sich leicht ein Preismodell ent- Grad umfasst. Neben den Anforderungen an die Datensi- wickeln, das die Sicherstellung von Bandbreite zu hohen cherheit sind hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit der Preisen garantiert. Günstige Flatrates werden dann der Kommunikationskanäle zu realisieren, besonders dann, Vergangenheit angehören. Insbesondere für die industriel- wenn Daten in Echtzeit ausgetauscht werden. Neben der le Vernetzung konkurrieren Unternehmen dann um Band- Absicherung der Kommunikation müssen alle beteiligten breite, um ihre Kommunikation stabil sicherzustellen, da Systeme, Geräte und Komponenten, wie beispielsweise dies für eine zuverlässig vernetzte Wertschöpfung zwin- Bearbeitungsmaschinen abgesichert sein. gend ist. IKT-Standards Sicherheitsaspekte Heute übliche Konzepte der Informations- und Kommuni- Fragestellungen der IT-Sicherheit sind für die Industrie 4.0 kationstechnologie sind in der Regel auf klassische Com- von elementarer Bedeutung. Prinzipiell lassen sich die Be- putersysteme fokussiert. Zur Nutzung von cyber-physi- reiche der Betriebssicherheit (safety) und des Betriebs- schen Systemen im Produktionsumfeld ist somit eine schutzes (security) unterscheiden. Die Betriebssicherheit Anpassung notwendig. Um beispielsweise Technologien befasst sich z. B. mit dem sicheren Betrieb von smarten zur Absicherung cyber-physischer Systeme wie der Smart Objekten ohne menschlichen Eingriff (z. B. fahrerlose Factory zu entwickeln, müssen Hard- und Software in ei- Transportsysteme). Bereits die Möglichkeit, personenbe- nem sicheren Konzept integriert werden. An dieser Stelle zogene Daten aus dem Wertschöpfungsprozess aufzu- mangelt es noch oft an Best Practices und entsprechen- nehmen und zu interpretieren ist streng reglementiert und den Standards, welche die Verbreitung cyber-physischer limitiert. Hier schützen Betriebsräte und entsprechende Systeme erleichtern. Ein Voranschreiten allgemeingültiger Betriebsvereinbarungen die Rechte aller Mitarbeiter. In- Kommunikationsstandards vereinfacht darüber hinaus die wieweit der Einsatz von Industrie 4.0-Technologien, die die Kopplung der Systeme und erleichtert deren übergreifen- tägliche Arbeit der Mitarbeiter unterstützen und Belastun- de Vernetzung. gen reduzieren helfen können, zur Gesprächsbereitschaft führt, bleibt abzuwarten. Der Betriebsschutz umfasst da- Rechtssicherheit neben die Sicherheit und Vertraulichkeit aufgenommener Daten (privacy). Die hierzu eingesetzten Technologien sol- Bezüglich der Rechtssicherheit finden die größten Diskus- len vor Angreifern schützen und die oft drahtlose Kommu- sionen zurzeit im Kontext der Eigentumsverhältnisse von nikation absichern. Hierzu muss einerseits mit authentifi- Daten und Informationen statt. Die Industrie 4.0 steigert zierten und autorisierten Partnern (z. B. Menschen oder den Wert derartiger abstrakter Güter und schafft neue Fra- Maschinen) kommuniziert werden und andererseits die gen zur rechtlichen Situation. So ist in vielen Fällen nicht Integrität und Vertraulichkeit der übertragenen Daten ge- eindeutig geklärt, wem die erzeugten Daten gehören und währleistet sein. wer diese in welchem Umfang und zu welchem Zweck verwenden darf. Bei der Gestaltung innovativer Geschäfts- modelle stellt die Rechtssicherheit einen wesentlichen Einflussfaktor dar. Im Zuge einer verteilten Wertschöp- fung oder bei neuen Nutzungskonzepten (bspw. sharing economy) sind zudem zahlreiche Haftungsfragen (z. B. Produkthaftung) und Besteuerungsfragen (wo fallen z. B. Umsatzsteuern an?) noch ungeklärt. Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 19 Die in Abb. 4 dargestellten Technologiefelder bilden die Basis für die Entwicklungsmöglichkeiten neuartiger Ge- schäftsmodelle. Die Vielfalt verfügbarer Technologien ei- nerseits sowie die Notwendigkeit des individuellen An- passungsgrads andererseits stellen die wesentlichen Hür- den bei der Realisierung innovativer Geschäftsmodelle im Rahmen der Industrie 4.0 dar. Es gilt dabei, geeignete Technologien auszuwählen, zu kombinieren und zum Mehr- wert des Kunden an dessen individuellen Bedarf zu adap- tieren. Die in Abb. 5 dargestellten Rahmenbedingungen beschrei- ben externe Faktoren, die einen positiven oder negativen Einfluss auf das Voranschreiten der Geschäftsmodell-Inno- vation haben. Fraunhofer IPA
20 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 © everythingpossible-Fotolia.com Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 21 und Risiken 3 Chancen durch Industrie 4.0 Ergebnisse der Studie Fraunhofer IPA
22 Geschäftsmodell-innovation durch Industrie 4.0 3.1 Perspektive des Maschinen- aus spezifischen Kundenanforderungen, für welche der und Anlagenbaus Maschinen- und Anlagenbauer die technisch beste Lö- sung innerhalb gegebener wirtschaftlicher Rahmenbedin- Der Maschinen- und Anlagenbau ist nicht zuletzt aufgrund gungen bietet. Hierzu sind die Erfahrung mit der Kunden- seiner Branchenstruktur das Rückgrat der deutschen Wirt- branche und der langjährige Aufbau des technologischen schaft und ein Garant für Nachhaltigkeit, der der steigen- Know-hows die typischen Schlüsselressourcen, welche denden Volatilität der Märkte bisher vergleichsweise gut den Markteintritt für neue Wettbewerber entsprechend trotzen konnte. Bemerkenswert ist, dass über 50 % der erschweren. Die besondere oder auch differenzierende ca. 6.400 Unternehmen gründer- oder nachfolgergeführte Leistung des Maschinen- und Anlagenbaus liegt häufig in Unternehmen sind, die häufig eine stark mittelständische der Flexibilität, d. h. der Möglichkeit, dem Kunden spezifi- oder sogar familiäre Unternehmenskultur aufweisen. Ty- sche Funktionalitäten für seinen individuellen Fertigungs- pisch für diese Unternehmen ist häufig ein starker Bezug prozess bieten zu können. Außerdem ist hier die Verfüg- zu Werten wie: barkeit der Maschinen und Anlagen durch höchste Qualität und/oder flächendeckenden Service zu nennen. W Qualität (Made in Germany) Trotz dieser hohen Kundenorientierung und ausgepräg- W Kundenorientierung und -nähe (Nischenfokus) ten Nischenstrategie geben viele Experten an, dass der Verkauf von Standardlösungen selbst für Komponenten- W Innovation und technologischer Führungsanspruch hersteller immer schwieriger wird. Zwar gibt es Marktseg- (Technologieführung) mente, in welchen Maschinen „von der Stange“ relativ einfach an die Kunden verkauft werden. Im Premium-Be- W Identifikation mit dem Produkt (Fokus auf die Produkte, reich (für den der deutsche Maschinen- und Anlagenbau Dienstleistung als Ergänzung) überwiegend steht) sind die Kundenanforderungen jedoch selbst innerhalb einer Kundengruppe häufig so speziell, W Umsetzung der Unternehmensentwicklung in kleinen, dass entsprechende Anpassungen oder Sonderlösungen verlässlichen Schritten (Risikoavers) mit dem Kunden abgestimmt, kalkuliert und erbracht wer- den müssen. Im Bereich der Dienstleitungen spielt daher Diese Werte spiegeln sich auch in den heute üblichen Ge- die Beratung und das Customizing/Engineering sowie die schäftsmodellen der Maschinen- und Anlagenbauer wider. Schulung eine bedeutende Rolle. Hinzu kommen Schu- lungen und typische After-Sales-Dienstleistungen wie In- Aufstellung Richtung Kunde und Markt heute standhaltung, Retrofit etc.. Mehrwertdienste wie zum Bei- spiel die Optimierung des Kundenprozesses oder auch die Grundsätzlich setzt sich das Angebot des Maschinen- und Übernahme von Logistik-Funktionen kommen zwar vor, Anlagenbaus aus einer Kombination von Produkten und sind aber laut den befragten Experten nicht überall ver- Dienstleistungen zusammen. In den überwiegenden Fäl- breitet oder gar vom Kunden gewünscht. len – das ergaben die geführten Experteninterviews – ent- steht dieses Angebot jedoch um ein bestimmtes „Hard- Der Nutzen für die Kunden des Maschinen- und Anlagen- ware-Produkt“ – also eine Komponente, Maschine oder baus entsteht durch die Verfügbarkeit hochintegrierter eine integrierte Systemlösung. Dienstleistungen werden oder verketteter Maschinen und Anlagen, im Kern beste- häufig nur angeboten, um dieses Hardware-Produkt an die hend aus Hard- und Software, die die spezifischen Ziel- spezifischen Kundenanforderungen anzupassen bzw. bei setzungen in optimaler Weise erfüllen. Dieses Know-how einem individuellen Kunden in Betrieb zu setzen und zu qualifiziert den Maschinen- und Anlagenbauer als kompe- halten. Das heißt, zunächst einmal denkt der typische Ma- tenten Problemlöser, wobei die unterschiedlichsten Anfor- schinen- und Anlagenbauer an Maschinen und Anlagen, derungen Teil dieser Problemlösung sein können: die technologisch hochentwickelt in einer engen Nische positioniert sind. Dabei definiert sich eine solche Nische Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
GeSchäFtSmodell-InnovAtIon durch InduStrIe 4.0 23 W Spezialisierte Leistung W Kundennähe/Partnerschaft W Qualität W Beste Lösung am Markt oder bestes Preis/Leistungs- Verhältnis Kundennutzen/ Abstand/Absicherung Innovation ggf. Wettbewerb Überdurchschnittlicher Gewinn Schlüsselressourcen & Wertschöpfungs- W Hohe Einsatzflexibilität Kernkompetenzen Architektur W Nachhaltigkeit/Energieeffizienz W Technologie-Know-how W Fokus auf Kernkompetenzen W Servicepakete (klassisch und digital) W Langjährige Kundenkenntnis W Finanzierungs-/Leasing-Angebote W System-/Prozess-Know-how Für die Lösung seines Problems tätigt der Endkunde – also Abb. 6: erfolgsfaktoren im maschinen- und Anlagenbau heute das produzierende Unternehmen – in der Regel ein Invest- Quelle: W&P, Fraunhofer IPA ment in die entsprechenden Maschinen und Anlagen. Im Mittelpunkt der überwiegenden Geschäftsmodelle des also Flexibilisierung, des Unternehmens zu sehen. Hinzu Maschinen- und Anlagenbaus steht demnach das Erzie- kommt die steigende technologische Komplexität, für die len von Erträgen aus dem Produktverkauf. Ergänzt wird teilweise sehr spezifische Kompetenzen notwendig sind. der Produktverkauf häufig durch margenstarke Dienstleis- tungsbündel oder es kommen vereinzelt auch leistungsori- Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf Basis entierte Geschäftsmodelle in Richtung von Betreibermo- einer Lebenszyklus- und Serviceorientierung steht dellen vor – allerdings ist heute nicht zu erkennen, dass noch am Anfang diese sich im großen Stil durchsetzen werden. Aktuell beschäftigen sich die Maschinen- und Anlagenbau- Aufstellung der Wertschöpfung heute er mit einer Reihe vom marktinduzierten Weiterentwick- lungen ihrer Geschäftsmodelle, die nur mittelbar etwas Das back end (Bereich der Leistungserbringung) eines ty- mit Industrie 4.0 zu tun haben, aber den Weg dahin ebnen pischen Maschinen- und Anlagenbauers konzentriert sich können. So nennen die befragten Studienteilnehmer bei- heute in vielen Fällen auf die spielsweise einen Trend zum noch stärkeren Customizing in Richtung kundenspezifischer Individuallösungen. Dies W Produktentwicklung (technologisches Know-how) beinhaltet: und die W Angebot von Komplettlösungen, da der Kunde sich W Systemintegration (System- und Prozess-Know-how) nicht mit der Technik auseinandersetzen will inkl. der Montage. W Schnelle Verfügbarkeit von lebenszyklusweiten Paketlö- Diese Bereiche werden häufig Schlüsselkompetenzen der sungen, die der Kunde als Ganzes einkauft Branche genannt, die es ermöglichen, den geforderten Kundennutzen in optimaler Weise zu erbringen. Andere Bereiche wie etwa die mechanische Fertigung wurden Zentrale Erkenntnisse (sofern sie nicht als Kernkompetenz des jeweiligen Un- aus Maschinen- und Anlagenbau-Perspektive ternehmens anzusehen waren) in jüngster Vergangenheit eher outgesourct. Hintergrund ist hier beispielsweise Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auf die Fokussierung auf die tatsächlichen Stärken oder die Basis einer Lebenszyklus- und Serviceorientie- Steigerung der Unternehmensflexibilität bei Nachfrage- rung steht noch am Anfang. schwankungen. Jedoch sehen die Unternehmen aktuell Der Maschinenbau konzentriert sich auf die nicht nur im Bereich der Technologieentwicklung, sondern digitale Veredlung seiner jeweiligen Nischenpro- auch im Bereich der technischen Produktentwicklung im- dukte. Die übergreifende Vernetzung/Optimierung mer mehr die Notwendigkeit mit Partnern zusammenzu- ganzer Produktionssysteme steht nicht im Fokus. arbeiten. Im Durchschnitt wurde bei den befragten Unter- nehmen ein Anteil von ca. 20 % an eingekaufter Entwick- Das disruptive Potenzial von Geschäftsmodell- lungsleistung quer durch die gesamte Branche genannt. innovationen wird vielfach unterschätzt. Die Gründe hierfür sind auch in einer Verschlankung, FrAunhoFer IPA
24 GeSchäFtSmodell-InnovAtIon durch InduStrIe 4.0 I. Praxisbeispiel Das seit 2003 existierende amerikanische Online-Portal eMachineShop ermöglicht es jedem Kunden individuelle Teile zu fertigen – von Losgröße 1 bis 1.000.000. Dabei wird eine eigene, einfach zu nutzende CAD-Software verwen- det, die frei zum Download zur Verfügung steht. Der Kun- de zeichnet dort sein gewünschtes Teil und der Auftrag geht in die Fertigung. Die Betreiber des eMachineShops W Software- und Systemintegrationsangebote, um kom- digitalisieren jeglichen Input an Informationen, vom Ent- plexe Kundenprobleme schnell in Lösungen zu überfüh- wurf- bis zum Beauftragungsprozess. Auftragsdaten wer- ren den durch den Kunden mit Hilfe der eigenen CAD-Soft- ware und des Kunden-Interface, deren Grenzkosten bei W Flexibilisierung und Integrierbarkeit von Subsystemen hoher Kundenanzahl gegen null gehen, übernommen. (Hard- und Software), damit diese in unterschiedlichen Anwendungen wiederverwendbar sind Ähnlich geht auch shapeways vor, die seit 2008 ein ähnli- ches Geschäftsmodell mit 3D-Druck als Herstellungsver- Da ein Unternehmen nicht für alle notwendigen Bereiche fahren haben. Das Unternehmen hat darüber hinaus eine Kernkompetenzen ausbilden kann und die zu bewältigen- passende Infrastruktur für den Verkauf der Produkte in de Komplexität in Zukunft noch deutlich ansteigen wird, über 15.000 Onlineshops geschaffen. sehen die befragten Unternehmen die Notwendigkeit, ver- stärkt auf Kooperationen zu setzen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass derartige Kooperationen keinesfalls ein- Da in der vernetzten Welt der Industrie 4.0 gerade solche fach sind. Selbst wenn der Nutzen aus der Zusammen- Produkte und Leistungen besonders attraktiv positioniert arbeit für beide Partner klar auf der Hand liegt, fällt die werden können und das Potenzial haben, neuen Nutzen für die Zusammenarbeit notwendige Öffnung in der Regel beim Kunden zu schaffen, könnte sich diese Haltung in sehr schwer. Hierbei geht es nicht nur um den Schutz des naher Zukunft ändern. geistigen Eigentums und somit der Wettbewerbsvorteile, sondern vor allem um eine Kultur der Offenheit, die heute Der Maschinenbau konzentriert sich auf die digitale nicht sehr verbreitet ist. Demnach besteht bei der Mehr- Veredelung seiner jeweiligen Nischenprodukte, heit der Studienteilnehmer noch große Unsicherheit, ob die übergreifende Vernetzung/Optimierung ganzer sich Kooperationen tatsächlich nachhaltiger etablieren als Produktionssysteme steht nicht im Fokus heute. Ca. 80 % der Befragten halten sie aber in jedem Fall für in Zukunft strategisch erfolgsentscheidend. Wegen der hohen Spezialisierung, sowohl im Bereich der Kundenanforderungen als auch in der technologischen Dem Maschinen- und Anlagenbauer kommt vielfach die Kompetenz, ist der Maschinen- und Anlagenbau heute Aufgabe zu, die technologische Komplexität zu meistern, durch unzählige Nischenplayer geprägt. Wie eingangs er- um die Probleme des Kunden zu lösen und eine hohe tech- wähnt, spiegelt sich dies in der überwiegenden Anzahl nische Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit zu gewährleis- von kleinen und mittelständischen Unternehmen in der ten, ohne dass dieser sich mit (informations-)technischen Branche wider. Grundlage dieser Nischenstruktur sind die Details beschäftigen muss. Jedoch sind lebenszyklus- sehr unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen, orientierte, meist digitale Services und ergänzende Pro- teils sehr kleinen Kundensegmente des Maschinen- und duktangebote über diese lange Betriebszeit noch die Aus- Anlagenbaus, die aus den jeweils individuellen Fertigungs- nahme, da der Kunde diese bisher kaum aktiv einfordert prozessen resultieren. bzw. nicht gewohnt ist, für derartige Leistungen zu be- zahlen. Ca. 15 % der befragten Maschinen- und Anlagen- Aufgrund der zukünftigen Entwicklung mit stärker auto- bauer beschäftigen sich bereits mit der Erweiterung der matisierten Prozessen und deutlich gesteigerter Komple- aktuellen Geschäftsmodelle durch digitale Veredelung. Es xität der eingesetzten Technologie ist zu erwarten, dass die werden beispielsweise Produktfunktionen oder Services Anforderungen innerhalb der Nischen noch spezifischer gezielt digitalisiert, um in den Genuss gegen null gehender und die Nischen damit evtl. noch kleinteiliger werden. Ab- Grenzkosten zu kommen und so die Margen zu erhöhen. gesehen davon sind die kleinen und mittelständischen Un- ternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus auch nicht immer daran interessiert, aus ihren Nischenpositionen hin- auszuwachsen. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Nischenorientierung auch in Zukunft Bestand hat und die dr. WIeSelhuber & PArtner Gmbh
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