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Zeitschrift des Schweizerischen Bühnenkünstlerverbandes NSEMBL Nummer 97 Juli –September 2017 Grosse Töne Besuch im Opernhaus Zürich Kulturland Kultur ausserhalb der Städte Aua wir leben! Ein Festival am Puls der Zeitl Hurra, es ist Sommer! Der Festivalkalender
Editorial Liebe SBKV-Mitglieder, liebe Leserschaft Inhalt Im letzten Heft hat das «Ensemble» die Leser- Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 schaft aufgefordert, uns konkrete Fälle von Opernstars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Lohndumping zu nennen. Der Rücklauf lag prak- Werkzeugkasten, Schweri macht's leicht . . . . . . . . . . 8 tisch bei Null. Lediglich drei E-Mails sind bei der SBKV-Delegiertenversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Redaktion eingegangen. Muss man also davon SBKV vor dem Aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 ausgehen, dass in der Schweiz schlecht bezahlte AUAWIRLEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Jobangebote die absolute Ausnahme sind? Mit- 70. Filmfestival Locarno . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 nichten. Festival-Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Helden des Kulturalltags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Offenbar ist aber das Interesse, sich über dieses Thema auszutauschen, Schweizer Theaterpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 erstaunlich gering, oder man sieht den Sinn nicht ein, was das Sammeln Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 von unterbezahlten Jobangeboten denn bewirken könnte. Lassen Sie Sprecherkasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 mich versuchen, Ihnen darauf eine Antwort zu geben. Tonstudio für Anfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Neues Mitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Dieses Heft hat es sich zum Ziel gesetzt, den Zusammenhalt unter den SBKV-Mitgliedern zu stärken, Solidarität zu fördern und die Leserschaft für gemeinsame Probleme zu sensibilisieren. Gerade in der freien Szene, wo Menschen nur in losen Konglomeraten zusammenarbeiten, kann das «Ensemble» einen Beitrag dazu leisten, ein Gemeinschaftsgefühl zu ent- wickeln. Ich bin überzeugt, dass wir zum Beispiel das Problem der sinken- den Gagen in Werbefilmproduktionen in den Griff bekommen könnten, wenn wir uns bewusst machen, dass wir alle im selben Boot sitzen. Herausgeber: Gründe für den Preiszerfall gibt es viele: Auftraggeber, die Schauspiel für Schweizerischer ein Hobby von Arbeitslosen halten; Werbeagenturen, welche unsere Ar- Bühnenkünstlerverband SBKV beit viel zu billig an diese Auftraggeber verkaufen; Castingbüros, welche Kasernenstrasse 15 · 8004 Zürich die Budgets der Werbeagenturen stillschweigend akzeptieren; und eine Telefon 044 380 77 77 Vielzahl an Darstellerinnen und Darstellern, die aus unterschiedlichen Telefax 044 380 77 78 Gründen bereit sind, für Dumpinglöhne zu arbeiten. www.sbkv.com · sbkv@sbkv.com Mit all diesen Akteuren suche ich den Dialog, denn ich möchte nicht nur mit Redaktion: dem Finger auf die Schuldigen zeigen sondern auch Massnahmen disku- Rolf Sommer (rs) tieren, was man gegen den Preiszerfall unternehmen kann: Zum Beispiel Katherine Waldvogel (kw) ein besseres Bewusstsein für die Richtlöhne des SBKV auf allen Ebenen, Valérie Mosimann (vm) eine mögliche Solidaritätsvereinbarung zwischen allen SBKV-Mitgliedern, welche besagt, dass wir selber diese Richtlöhne nicht unterschreiten, oder Gestaltung: eine Konfrontation mit jenen Arbeitgebern, welche unsere Gagen noto- Christian Knecht, www.vasistas.ch risch versuchen zu drücken. Auflage: Ihre Meinungen, Erfahrungen und Ideen sind mir deshalb enorm wichtig, 1‘350 Exemplare und ich lade Sie dazu ein, sich mit mir auszutauschen. Ich bin weiterhin gespannt auf Ihre Reaktionen. Titelbild: «Der Freischütz» von Carl Maria von Weber Herzliche Grüsse, Opernhaus Zürich Rolf Sommer Foto: Hans Jörg Michel 2
Hinweis Liebe SBKV-Mitglieder, liebe Leserschaft des «Ensembles» des SBKV: Der SBKV betreibt seit Ich freue mich riesig, neu in den Vorstand des SBKV eintreten zu dürfen. vielen Jahren einen Ich durfte bereits an der Delegiertenversammlung 2017 teilnehmen und Vermittlungskatalog für Mitglieder aus den bin vom grossen Engagement begeistert. Die Leistung aller Beteiligten ist Bereichen Schauspiel gross, viel grösser als ich gedacht habe. und Musical. Dieser ist in gedruckter Form erhält- lich sowie online unter Ich arbeite seit zwölf Jahren als freischaffende Schauspielerin und Re- PerformersOnStage.com gieassistentin, und während dieser Jahre passierte es manchmal, dass einsehbar. Er wird an viele Fernsehanstalten, ich mich leicht entmutigt gefühlt habe. Aber wenn man weiss, was für eine Unterstützung man Theater-, Film-, Fernseh-, vom SBKV bekommen kann, ist das erleichternd. An euch Künstler da draussen: wir sind im besten Besetzungs- und Händen! Castingbüros, Regis- seure, Choreographen etc. in Deutschland, Ein Teil des SBKV zu sein, ist mir sehr wichtig, und ich werde alles daran setzen, um meinen Beitrag Österreich und der Schweiz versandt. zu leisten. Die Arbeit von uns Künstlerinnen und Künstlern wird immer noch als etwas Esoterisches und nicht Greifbares wahrgenommen. Gerade hier in der Schweiz, wo der Markt nicht sehr gross Ab sofort können sich ist und sich das Kunstverständnis vielerorts noch nicht verinnerlicht hat, ist es wichtig, dass wir auch Mitglieder aus den Bereichen Gesang zusammenhalten und dieselben Ziele verfolgen. und Tanz eintragen lassen. Ich werde mich für Themen einsetzten wie zum Beispiel Mindestgagen: meiner Meinung nach eine Sie erscheinen im Selbstverständlichkeit! Des Weiteren sollte es eine Standardisierung der Verträge geben, denn wir gedruckten Katalog. Künstler sollten uns auf unsere Arbeit als Schauspieler, Tänzer und Sänger fokussieren können und Online werden die Angaben durch Links nicht nebenbei noch Juristen oder Pensionskassenexperten werden müssen. Gleichzeitig sollten zu Demovideos und wir keine Arbeit annehmen, welche zu einem zu tiefen Lohn angeboten wird. Ich weiss, das ist Homepages, Angaben zu Vita und Engage- schwierig. Ich bin selber auch in diese Falle getappt. Aber lieber keinen Lohn bekommen als sich ments sowie zwei für zu wenig Geld verkaufen! Nur wenn wir uns alle zusammentun, werden sich die Löhne erhöhen, zusätzlichen Fotos denn so funktioniert das bekannte Wirtschaftsprinzip von Angebot und Nachfrage. ergänzt. Nutzen Sie die Chance, Ein anderes Thema, das mir fest am Herzen liegt, ist die Gleichstellung zwischen Frauen und Män- Ihre Vermittlungs- fähigkeit zu erhöhen nern. Immer noch gibt es die alten Klischees. Manchmal höre ich Sätze wie: «Frauen sind halt ein- und melden Sie sich mit fach so». Da muss sich immer noch Vieles ändern. dem entsprechenden Anmeldeformular bis zum 31. Juli 2017 an. Als Vertreterin der italienischen Schweiz werde ich mich im Vorstand auch für das Tessin engagie- www.sbkv.com ren und die Verbindungsperson sein für unsere Mitglieder aus diesem Landesteil. Ich möchte die Kooperation zwischen dem Ticino und dem Rest der Schweiz verstärken, nicht nur auf der Ebene der Zusammenarbeit sondern auch im Sinne einer steigenden Quote der italienischsprachigen SB- KV-Mitglieder. Ich freue mich darauf. Catherine Pagani 3
Opern Seit der Fertigstellung des neugestalteten Sech- delt sich für den Chor bereits um die zwei- seläutenplatzes 2014 scheint auch das Opern- te Probe an diesem Tag), führt mich Kai kurz haus in einem neuen Glanz zu erstrahlen. Es hoch in den ersten Stock, wo sich die Garde- wirkt grösser und prächtiger als je zuvor und roben befinden. Nach dreimal abbiegen habe grüsst mit seiner wunderschönen weissen Fas- ich die Orientierung bereits komplett verlo- sade die vielen Menschen, die über den weit- ren. Kurz darauf betreten wir den Saal für die läufigen Valser Quarzit schlendern. Etwas be- Chorproben. Dieser sieht aus wie die moder- scheidener wirkt das Gebäude erst, wenn man ne Variante eines griechischen Amphiethe- den Bühneneingang auf der Rückseite sucht. aters. Steil steigen die Ränge nach oben, wo An der Pforte fragt man sich, ob die zwinglia- die Chorleute hinter ihren Notenpulten Platz nische Nüchternheit Zürichs dem Haus an die- nehmen. Das Notenmaterial liegt schon bereit. ser Stelle vielleicht doch einen Finger auflegt. Die Arena unten ist kaum grösser als der Flü- gel, der darauf steht, und an welchem sich nun Kai Bischoff, Sänger im Chor des Opernhauses Ernst Raffelsberger zum Spielen bereit macht. und SBKV-Obmann, holt mich dort ab. Anders Der gebürtige Österreicher ist einer der bei- als ich, der mit einer stillen Ehrfurcht durch den Chordirektoren, überlässt das Dirigieren den Bühneneingang ins Innere dieser heiligen aber vorerst seinem neuen slowenisch-kana- Hallen hineingelangt, wirkt Kai absolut tiefen- dischen Kollegen Janko Kastelic, der die Stel- entspannt. Es gibt keinen Grund, davon über- le erst vor wenigen Wochen angetreten hat. rascht zu sein. Immerhin geht Kai seit über sie- ben Jahren hier täglich ein und aus. Dennoch Geprobt wird «Un ballo in maschera» von spiegelt sich an seiner Ruhe meine Nervosität, Giuseppe Verdi – eine Wiederaufnahme. Auf- was mir durchaus etwas peinlich ist. Kai hat geboten zur Probe sind lediglich die Männer, mich eingeladen, eine Chorprobe zu besu- mit denen Kastelic nun in einem beeindru- chen. Alltag für den aus dem deutschen Görlitz ckenden Tempo durch die Partitur brettert. stammenden Bassbariton, Neuland für mich. Man hält sich nicht lange an einzelnen Stellen Bevor die Probe um 18:15 Uhr beginnt (es han- auf sondern klärt Auftakte, Lautstärken und 4
nstars (rs) Das Opernhaus Zürich ist ein Haus von Weltrang. Die grössten Stars ihres Fachs sind hier zu Besuch. Grund genug, den vielen Menschen, die dort täglich arbeiten einen Besuch abzustatten. Tempi. «Die Bässe singen an dieser Stelle zu aussen hat. «Unser Beruf ist einem sozialen dunkel», erklärt Kastelic. «Ich möchte, dass sie Leben nicht sehr zuträglich», sagt er lako- heller singen. Weiter bei Takt 187.» Die Kon- nisch, als er mein entgleistes Gesicht bemerkt. zentration und die Präzision, mit welcher hier gearbeitet wird, faszinieren mich. Gleichzeitig Wir gehen zurück in den Proberaum, wo nun fusst die Probe auf einer allgemeinen stoi- auch die Damen des Chors zur Probe dazu- schen Gelassenheit. Kunst, so scheint es mir stossen. Gearbeitet wir an «Das Land des Lä- einmal mehr, ist ein wohlgeübtes Handwerk. chelns» von Franz Lehár. Die beiden Chordirek- toren haben die Plätze getauscht: Kaselic sitzt In der Probepause führt mich Kai Bischoff er- am Flügel, Raffelsberger dirigiert. Es herrscht neut durch die Gänge, und plötzlich stehen einiges Amüsement, weil einige Sängerinnen wir zu meiner völligen Verwunderung auf der und Sänger parallel zum Gesang auch die ein- Seitenbühne. Die Vorstellung läuft. Nur wenige studierten Arm-Choreografien andeuten, die Meter vor mir steht ein dramatisch geschmink- offenbar noch nicht allen ganz in Fleisch und ter Tenor mit langen Haaren im Scheinwer- Blut übergegangen sind. Doch die Aussage ferlicht und schmettert seine Arie in Rich- von Kai geht mir nicht mehr aus dem Kopf. tung Zuschauersaal. Ich will von Kai wissen, Ich betrachte die bunt zusammengewürfelte ob er selber manchmal auch als Zuschauer in Truppe aus allen Herren Ländern und kann die Oper geht. Er schaut mich verwundert an mich auf einmal des Eindrucks nicht erwehren, und lacht: «Wann denn bitte?» Meine Frage dass diese Menschen von ihrem prächtigen kommt mir augenblicklich blöd vor. Als Fami- Opernhaus verschluckt wurden. Sie leben im lienvater verbringt man die seltenen freien fein tapezierten ornamentreichen Magen ei- Fotos: Sandra Then, Simon Hallström Abende zwischen Proben und Vorstellungen ner fantastischen und hoch präzisen Spieluhr gewiss nicht dort, wo man arbeitet. Gleich- und bringen diese mit ihren göttlichen Stim- zeitig erschaudere ich beim Gedanken, dass men zum Klingen. Gleichzeitig scheinen sie da- man als Chorsänger am Opernhaus Zürich rin auf eine seltsame Weise gefangen zu sein. kaum eine Chance auf kulturelles Futter von 5
Andreas Homoki Intendant Opernhaus Zürich Das Opernhaus Zürich wurde am 30. September 1891 mit der Auffüh- rung von Wagners «Lohengrin» eröffnet Eine Woche später bin ich Gast auf einer sze- Die Tatsache, dass man zwischen all den Opern und bietet Platz für nischen Probe von «Das Land des Lächelns». auch mal eine Operette einstudieren darf, 1100 Personen. In den Anfangszeiten Diese findet nicht im Opernhaus selbst statt scheint den Beteiligten grossen Spass zu berei- diente es als Musik- sondern auf der Probebühne im Kreis Fünf, ten. Das bestätigen nicht nur diverse Chormit- und Sprechtheater ganz in der Nähe des Prime Towers und des glieder sondern auch die beiden Solistinnen und wurde deshalb «Stadttheater» Schiffbaus. Die Inspizientin Katharina Kühnel von Weltformat Julia Kleiter und Rebeca Ol- genannt. Nach dem erwartet mich am Eingang und nimmt mich mit vera: «Das ist eine sehr willkommene Abwechs- Bau des Schauspiel- hauses im Jahr 1926 hinein in die gigantische Halle. «Ja, das ist schon lung!» Es wird gelacht, getanzt, geschmachtet, konzentrierte man einmalig», sagt sie als Reaktion auf mein Stau- in Ohnmacht gefallen und natürlich gesungen, sich auf Oper, Ope- nen. «Wir verfügen hier drin sogar über eine voll dass es eine Freude ist. Auch Ernst Raffelsber- rette und Ballett. Den Namen «Opernhaus» funktionsfähige Drehbühne. Das erleichtert die ger ist sichtlich angetan: «Man müsste an den erhielt es aber erst Proben ungemein.» Ich kann es kaum fassen. Hochschulen mehr Operetten dirigieren lernen. 1964. 1984 wurde es nach einer zweijähri- Da muss man viel agiler sein.» Er bremst den gen Renovationszeit Katharina weist mir einen Platz zu. Ich sitze di- Chor präzise zur Fermate hin und beschleunigt wiedereröffnet. rekt hinter dem Chordirektor Ernst Raffelsber- dann energisch. Trotzdem ist er mit dem Wie- ger und Vladimir Junyent, dem «Maestro sugge- ner Walzer-Gefühl noch nicht ganz zufrieden: ritori» oder wie man profan sagt: Souffleur. «Ich «Das Problem ist, dass ich Österreicher bin», Zuschauer pro Jahr: gebe den Sängerinnen und Sängern nicht nur sagt er grinsend. «Alle anderen wissen viel- ca. 245’000 die textlichen sondern auch die musikalischen leicht, wie’s geht. Aber das nützt ihnen nichts.» Auslastung: Einsätze», erklärt er mir. «Deshalb dirigiere ich ca. 83% die ganze Vorstellung mit.» Unzählige weitere Nach der Probe spreche ich mit den hinzugecas- Subventionierung: Menschen sitzen hinter dem Regiepult entlang teten Gasttänzerinnen. Sowohl Stefanie Gygax ca. 80 Mio. der Wand. Katharina deutet mir an, wer zu als auch Sarah Madeleine Kappeler haben im Eigenfinanzierung: welcher Abteilung gehört: Regieassistenz, Büh- Musical- und Operettenbereich bereits diverse ca. 21% nenbildassistenz, Kostümassistenz, Hospitanz. Hauptrollen in grossen Produktionen gespielt. Festangestellte: Dann kommt Andreas Homoki, der Interndant Auf meine Frage, weshalb sie bereit waren, ca. 600 des Hauses und Regisseur von «Das Land des Lä- nun einen Vertrag als Ensembletänzerin zu • Orchester: 108 chelns». Er beginnt die Probe mit den gut gelaun- unterzeichnen, antworten beide mit dersel- • Chor: 60 • Ballettensemble: 36 ten Worten: «Sollen wir einfach mal machen?» ben Antwort: «Hallo? Das ist das Opernhaus!» 6
Anlässlich des Probebesuchs bei «Das Land des Lächelns» haben Sie ein geheimes Motivationsrezept? am Opernhaus Zürich ergab sich für das «Ensemble» die Nein, unser Chor ist von sich aus sehr spielfreudig. Chorleute Gelegenheit, mit Opernhausintendant Andreas Homoki sind nicht einfach nur Musikbeamte. Natürlich ist es dennoch ein Interview zu führen. Im Gespräch ging es auch um wichtig, eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen - und eine gewerkschaftliche Themen. abwechslungsreiche Auswahl an Stücken hilft ebenfalls. Herr Homoki, bald schliessen Sie ihre fünfte Spielzeit am Sie haben gesagt, dass es nichts Langweiligeres gäbe, als Opernhaus Zürich ab. Wie hat sich das Haus in diesen fünf einen Chor von nur gleichaussehenden 25-Jährigen. Die Jahren verändert? Charaktertypen scheinen Ihnen sehr wichtig zu sein? Manche sagen, das Publikum hätte sich verjüngt, ich kann das Ich bin selber nicht involviert, wenn es darum geht, freigewordene nicht wirklich beurteilen. Ich habe allerdings neue Proben- Chorstellen zu besetzen. Das fällt in die Zuständigkeit der strukturen eingeführt: Aufgrund meiner frühen Nominierung Chordirektoren, wobei der Chor bei der Auswahl neuer Mitglieder konnte ich bereits vier Jahre vor meinem Antritt in Zürich mit angehört wird. Natürlich spielt bei der Auswahl auch eine Rolle, der Planung beginnen. Ich habe die Arbeitsabläufe unter die ob jemand eine gewisse Ausstrahlung hat. Eine tolle Stimme Lupe genommen und gemerkt, wie eng hier mit zwölf Opern- reicht sicher nicht. Neuproduktionen pro Spielzeit geplant wird. Das war für das Haus eine hohe Belastung und führte Janko Kastelic wurde ganz neu als teilweise zu Frustrationen. Mit unserem einer von zwei Chordirektoren ein- neuen Planungsschema machen wir heute «Das Opernhaus gestellt. Der Chor hat sich eher für Zürich ist etwas Fotos: Seite 4 & % © Judith Schlosser, Opernhaus Zürich, «Un ballo in mascera», Giuseppe Verdi · Seite 6 T+T Fotografie / Toni Suter, Opernhaus Zürich, « Das Land des Lächelns» · Foto Andreas Homoki © Frank Blaser neun Opern-Premieren und etwa achtzehn einen anderen Bewerber ausgesprochen. Wiederaufnahmen. Hinzu kommt natürlich Warum hat der Chor in solchen Fragen das ganze Ballett-Programm. Das funktioniert ganz Besonderes, nicht mehr Gewicht? jetzt sehr gut. denn historisch Die Meinung des Chores ist uns in solchen Fragen sehr wohl wichtig. Aber es liegt in der Konnten Sie die Ideen, die Sie bei betrachtet ist Natur der Sache, dass es zwischen Direktion Ihrem Antritt aus Berlin mitgebracht Zürich keine und Chormitgliedern auch unterschiedliche haben, am Opernhaus Zürich umsetzen? Auffassungen geben kann. Aber: Die künstle- Gab es Highlights? Enttäuschungen? klassische Opern- rische Gesamtverantwortung liegt letztlich Die Situation in Berlin mit drei kon- stadt wie Wien, beim Intendanten. Das ist auch gut so, denn kurrierenden Opernhäusern in ein dann weiss man immer, wer Schuld ist, wenn und derselben Stadt ist natürlich eine ganz Paris oder Mailand.» etwas schiefläuft andere als in Zürich. Deshalb lässt sich die Arbeit nicht einfach auf eine neue Stadt übertragen. Ich möchte Ich war erstaunt, dass Sie die Chorleute mit Sie ansprechen. Theater machen für den Ort, wo ich gerade bin, und mit der Stadt, Warum ist das so? in der ich lebe, in einen Dialog treten. Enttäuschungen gab es Mit einer grossen Gruppe von sechzig oder mehr Chorleuten, tatsächlich keine. Im Gegenteil war ich überwältigt, wie qualitativ mit denen man kontinuierlich arbeitet, geht man nicht mit allen hochstehend hier gearbeitet wird. Nehmen Sie die Mitarbeiter der so vertraut um wie in einem kleinen Team in der freien Szene. Bühnentechnik: Obwohl unsere Bühne relativ klein ist, laufen die Das «Sie» ist für mich vor allem Ausdruck von Respekt – auch Auf- und Abbauten mit einer weltweit einmaligen Effizienz. ausserhalb des Theaters. Ich persönlich bin kein Freund von Duzi-Gesellschaften wie etwa in Skandinavien. Wie unterscheidet sich das Opernaus Zürich von anderen Opernhäuser? Ist Zürich eine Opernstadt? Sie haben für «Das Land des Lächelns» eine ganze Gruppe Das Opernhaus Zürich ist etwas ganz Besonderes, denn historisch von externen Tänzerinnen angestellt. Ist die Arbeitsbelastung betrachtet ist Zürich keine klassische Opernstadt wie Wien, beim Ballett zu hoch, um in dieser Produktion mitzutanzen? Paris oder Mailand. Die spezifische Operntradition ist hier viel Ja, absolut. Sie können nicht auch noch in der Oper mitmachen. jünger und wurde erst seit etwa Mitte der Siebzigerjahre richtig Ausserdem wollte ich für diese Inszenierung speziellere Typen auf hochklassig. Heute gehört das Haus zur internationalen Top-Liga, der Bühne haben als klassische Ballerinas. obwohl es vergleichsweise klein ist und nur einen beschränkten Kartenumsatz generiert. Zürich beweist, dass Qualität mehr ist Letztes Jahr wurde der Hausvertrag zwischen dem als die Summe der Sängerinnen und Sänger auf der Bühne. Opernhaus Zürich und dem SBKV unterzeichnet. Sie waren selber nicht bei den Verhandlungen dabei, obwohl Sie den Die Arbeitsbelastung für den Chor ist verglichen mit anderen Vertrag mitunterzeichnet haben. Gibt es einen Grund dafür? Häusern in der Schweiz relativ hoch. Dennoch hatte ich Mein kaufmännischer Direktor Christian Berner und unser auf den beiden Proben, die ich besuchen durfte, den Rechtsanwalt Marc Meyer sind für solche Verhandlungen viel Eindruck, dass da ein ausgesprochen agiler und spiel- besser geeignet als ein Künstler-Intendant wie ich. Die Ver- freudiger Chor am arbeiten ist. Ist das pures Glück oder handlungslinie wurde aber ständig mit mir abgestimmt. 7
Werkzeugkasten Schweri macht‘s leicht! Die Rechtskolumne von Yolanda Schweri Junge Firmen zu Ihren Diensten Wir stellen junge Firmen vor, die ihre Arbeiten im Ausland – Dienstleistungen explizit im Kultur- bereich anbieten. Dieses Mal die Firma sozialversicherungsrechtliche «kulturjurist.ch». Hürden Was bietet kulturjurist.ch an? Viele Künstlerinnen und Künstler arbeiten immer wieder auch im Kulturjurist.ch ist eine auf das Kulturleben Ausland. Aufgrund der bilateralen Verträge Schweiz-EU gilt dabei spezialisierte Anwaltskanzlei. Ich konzentriere der Grundsatz, dass jede Person nur in einem einzigen Land sozial- mich bei meiner juristischen Arbeit auf Fragen versichert (auch krankenversichert!) ist. und Probleme aus dem Alltag von Kulturschaf- fenden. Im Vordergrund steht die Beratung Es gilt das Erwerbsortprinzip: Dort wo gearbeitet wird, ist man auch dem und Schlichtung, nicht die Auseinanderset- Sozialversicherungssystem unterstellt (Bsp.: Eine Schweizerin wohnt in zung. Unkonventionelle Lösungsansätze, ehr- Basel und arbeitet in Lörrach; zuständig ist Deutschland). liche Risikoeinschätzungen und faire Beratun- gen bilden die Basis meiner Herangehensweise Wenn in mehreren Ländern gearbeitet wird, ist grundsätzlich das an neue Aufgaben. Wohnland zuständig, falls auch im Wohnland gearbeitet wird (Bsp.: Die Schweizerin, wohnhaft in Basel, hat verschiedene Engagements sowohl Weshalb sollten einzelne Künstler, in der Schweiz als auch in anderen EU-Ländern; zuständig ist die Schweiz). Theatergruppen oder Produzenten den Alle Einkommen, auch die im Ausland erzielten, müssten also in einem Kulturjuristen engagieren? Nebst meiner einzigen Land bei den Sozialversicherungen abgerechnet werden. Wenn Ausbildung zum Juristen bin ich seit mehr als Sie in der Schweiz leben und arbeiten, und ein Engagement im Ausland 15 Jahren als Lichtdesigner und Produzent haben, gehen Sie wie folgt vor: für Theater-, Musical- und Konzertprojekte tätig. Dank dem langjährigen und vielseitigen Engagement im Kulturbereich und meinem 1 Bei der Sozialversicherungsanstalt Ihres Wohnsitzkantons ein Formular A1 beantragen. Mit diesem Formular wird bestätigt, dass die Schweiz für Sie zuständig ist (schreiben Sie der SVA oder erklären Crossover-Wissen weiss ich, welche Probleme Sie persönlich, dass Sie unselbständig erwerbstätig sind, diverse Arbeit- sich im Kulturbereich stellen und kann ein- geber in der Schweiz haben und nun für ein befristetes Ausland- fach, verständlich und zielorientiert helfen. Engagement ein Formular A1 benötigen). Wie wird der Aufwand berechnet? Mein Aufwand von Beratungen und Vertretun- 2 Das Formular A1 dem ausländischen Arbeitgeber vorlegen und mit ihm klären, wer die Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/ALV/EO, UVG, evtl. Pensionskasse) in der Schweiz abrechnet: gen wird mit einem Stundenansatz über Fr. − Arbeitgeber rechnet direkt ab (dann fällt Pkt. 3 weg), oder 220.00 berechnet. Mir ist bei meiner Tätigkeit − Arbeitnehmer rechnet selber ab (der Arbeitgeber zahlt zusätzlich zum die finanzielle Lage von Kulturschaffenden Bruttolohn seinen Arbeitgeberanteil aus; es erfolgen keine Lohnabzüge stets bewusst und Leerläufe oder Umwege ausser Quellensteuer). Dafür unterzeichnen Sie und Ihr Arbeitgeber eine kenne ich daher nicht. Vereinbarung. Erfragen Sie die Beitrags-Prozentsätze bei der AHV und ggf. bei Ihrer Pensionskasse. Wer steht hinter kulturjurist.ch und wann wurde die Firma gegründet? Hinter dem Label kulturjurist.ch stehe ich als 3 Falls Sie selber abrechnen, beantragen Sie bei der SVA (Ausgleichs- kasse) einen Anschluss als Arbeitnehmer, der Beiträge eines aus- ländischen Arbeitgebers abrechnet. Reichen Sie das Formular A1 ein, die Anwalt und mir vertraute Partner im rechtli- Vereinbarung mit dem Arbeitgeber und den Arbeitsvertrag oder eine chen Beratungsbereich. Ich habe im Herbst Lohnabrechnung, aus der die Bruttogage hervorgeht. Die SVA wird Ihnen 2015 nach dem Abschluss meiner Anwaltsprü- dann eine Rechnung für die AHV-Beiträge stellen. fungen die Kanzlei kulturjurist.ch gegründet. Seither arbeite ich auf beiden Berufen. Viele von Ihnen mussten bereits feststellen, dass die Theorie einfach Der Luzerner Markus Güdel klingt, in der Praxis aber nicht funktioniert, denn sowohl die schweize- vertritt als Rechtsanwalt rischen wie auch die ausländischen Behörden und Arbeitgeber sind mit Kulturschaffende rund um Rechtsfragen im Kulturbereich. der Handhabung überfordert oder geben falsche Auskünfte. Tatsächlich Zudem ist er seit 2003 als gefragter freischaffender Lichtdesigner wird deshalb auch heute noch meistens dort abgerechnet, wo man in der gesamten Schweiz tätig. gerade arbeitet. Der SBKV wird zum Ganzen eine ausführlichere Beschreibung und Hand- Kulturjurist.ch www.kulturjurist.ch lungsanleitung erarbeiten und berät Sie gerne weiter. 8
Bericht von der Delegierten- Anwendung des GAV bezahlen müssen. Dieser Beitrag geht je zur Hälfte an den versammlung des Schweizerischen SBKV und an den SBV. Alle Berichte wer- den von der Versammlung zur Kenntnis Bühnenkünstlerverbandes SBKV genommen, die Jahresrechnung wird ge- Samstag, 13. Mai 2017 nehmigt, und schliesslich erklären sich die Delegierten einstimmig mit der Ar- (rs) Am 13. Mai fand im Hotel Engimatt (E-Mail), über soziale Medien und durch beit des Vorstandes einverstanden. in Zürich die jährliche Delegiertenver- das neu gestaltete und inhaltlich überar- sammlung des SBKV statt. Grosses beitete Vereinsmagazin «Ensemble». Ebenfalls zur Kenntnis genommen wird Thema dabei waren die Subventions- ● Der SBKV gab erneut seinen jährli- das Budget für das Jahr 2017. Salva Leu- kürzungen des Bundesamtes für Kul- chen Vermittlungskatalog heraus und tenegger gibt Auskunft über einzelne tur (BAK) und die damit verbundene betreibt die Online-Plattform perfor- Punkte wie beispielsweise den neu ge- Frage eines Zusammenschlusses der mersonstage.com sowie schauspieler.ch schaffenen Posten «Kampagnen»: In Berufsverbände SBKV, SSRS und TASI. (zusammen mit SSFV und ACT) ● Auch im vergangenen Jahr gab es drei Übersicht über die Wahlen: Es herrscht eine fröhliche Stimmung an Mitgliederanlässe: am Zurich Filmfesti- Wahlberechtigte: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 diesem sonnigen Samstagmorgen im val, an den Solothurner Filmtagen und Konferenzraum des Hotels Engimatt. Be- am Filmvestival in Locarno Eingegangene Stimmzettel: . . . . . . . . . . . 19 vor die Versammlung um 10:30 Uhr los- ● Das Angebot an Weiterbildungen JA-STIMMEN: geht, stehen die gut dreissig Delegierten wurde ausgebaut. Der SBKV organisierte Bisherige: Matthias Albold: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Schlange an der Kaffeemaschine und be- Workshops zu den Themen Mikrofonar- Günter Baumann: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 dienen sich am üppigen Frühstücksbuf- beit, Steuern und Sozialversicherungen Oliver Dähler: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Cheyne Davidson: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 fet. Man begrüsst sich herzlich, und fast bis hin zu Verhandlungstechniken. Jedes Elisabeth Graf: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 wie in einer Theaterkantine entsteht so- Mitglied bekam bei Anfrage 100.– Fran- Lisa Lorenz: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Martin Krämer: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 fort ein herrliches Geplauder. Nachdem ken zu eigenen Ausbildungszwecken zur Irina Schönen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Adrian Schriel: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 alle im Sitzungszimmer Platz genommen Verfügung gestellt. Von diesem Angebot Neu: haben, begrüsst die SBKV-Präsidentin Gebrauch gemacht haben lediglich 69 Catherine Pagani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Elisabeth Graf die anwesenden Delegier- Mitglieder. Damien Ligier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Präsidium: ten und Gäste und eröffnet die Sitzung ● Der SBKV hat die Verhandlungen über Elisabeth Graf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 mit der traditionellen Schweigeminute den GAV abgeschlossen. Am Opernhaus Vizepräsidium: für die im letzten Jahr verstorbenen und Zürich, am Konzert Theater Bern sowie Oliver Dähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 namentlich erwähnten Schweizer Künst- am Theater Basel konnten Hausverträge Lisa Lorenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 lerinnen und Künstler. Die Delegierten abgeschlossen oder weiterverhandelt Die weiteren Wahlen erfolgen erheben sich von ihren Stühlen und so- werden. Die Mindestgagen wurden mit mittels Handheben und sind durchwegs einstimmig. fort entsteht eine andächtige Stille. dem SBV diskutiert - von echten Ver- handlungen kann leider nicht die Rede Mitglieder der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission: Nachdem die Stimmenzähler gewählt sein. Fay Kaufmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) Ingo Anders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) sind, die Tagesordnung geklärt und das ● Die Jahresrechnung 2016 des SBKV Reto Ziegler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (neu) Protokoll der Delegiertenversammlung schliesst mit einem erfreulichen Über- Vertragsausschuss Solo: 2016 genehmigt ist, folgen die Berichte schuss von gut 88‘000 Franken ab. Die- Oliver Dähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) über das vergangene Jahr der Präsiden- ser dient dazu, die Defizite der Jahre Cheyne Davidson . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) Günter Baumann . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) tin Elisabeth Graf sowie der Geschäfts- zuvor und den drohenden Wegfall der leiterin Salva Leutenegger. Beide bli- BAK-Subventionen abzufedern. Vertragsausschuss Chor und Ballett/Tanz: Agnes Fillencz . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) cken auf ein erfolgreiches Betriebsjahr ● Die Mitgliederzahl ist von 1164 auf Oliver Dähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) zurück. Hier die wichtigsten Punkte im 1151 leicht gesunken. Davon sind 854 Markus Moritz . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) Überblick: Freischaffende. Mitglied des Bühnenschiedsgerichts: Rolf Simmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) ● Die Rechtsberatung und der Rechts- Günter Baumann als Stellvertreter (bisher) schutz sind nach wie vor die Kernkompe- In der anschliessenden Fragerunde geht Tarifkommission tenz des SBKV. Im vergangenen Jahr gab es vor allem um die Verwendung des für die Festsetzung der Mindestgagen: es 10 Rechtsfälle, 87 Rechtsberatungen Vereinsvermögens und des Hilfsfonds. Elisabeth Graf . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) Kristof Dohms . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bisher) und ca. 80 telefonische Auskünfte. Diese Gelder sollen nicht angetastet wer- Stefan Lahr als Stellvertreter . . . . . (bisher) ● Der SBKV hat die Kommunikation mit den. Fragen gab es auch zum sogenann- Salva Leutenegger . . . . (von Amtes wegen) seinen Mitgliedern ausgebaut. Informa- ten «Solidaritätsbeitrag», den alle, die an Das offizielle Protokoll der SBKV-DV tionen werden über vier Kanäle verteilt: festen Häusern engagiert sind aber nicht 2017 kann beim SBKV bestellt werden: über die Homepage, via Newsletter SBKV-Mitglied werden möchten, für die sbkv@sbkv.com 9
Zusammenarbeit mit dem Kommunika- tionsprofi Mark Balsiger und verschiede- nen Mitgliedern des SBKV möchte man die Öffentlichkeit auf die schlechten Arbeitsbedingungen im Kunstbereich VORSTAND aufmerksam machen. Der Fokus soll auf den tiefen Gagen liegen, die nicht PRÄSIDENTIN dem entsprechen, was Künstlerinnen und Künstler in der Schweiz tatsächlich VIZEPRÄSIDENT VIZEPRÄSIDENTIN: leisten. Auf eine simple, klare Art soll die Elisabeth Graf (bisher) Botschaft verbreitet werden, dass die Schauspielerin (freischaffend) Mindestgagen zu tief angesetzt sind. Ge- Oliver Dähler (bisher) Lisa Lorenz (bisher) plant sind zwei Spots mit Schauspiel und Choreograf Sängerin (freischaffend) (Chor Opernhaus Zürich) Tanz, die aufrütteln und zum Denken an- VORSTANDSMITGLIEDER regen sollen. Dafür wurden 25'000 Fran- ken budgetiert. Danach geht es weiter zu den Wahlen. Matthias Albold (bisher) Günter Baumann (bisher) Cheyne Davidson (bisher) Martin Krämer (bisher) Schauspieler Schauspieler (Theater Sänger Sänger Anwesend sind neunzehn Wahlberech- (Stadttheater St. Gallen) Orchester Biel Solothurn) (Solist Opernhaus Zürich) (Chor Theater Basel) tigte, die dazu aufgefordert sind, mittels Wahlzettel die Vorstandsmitglieder und das Vereinspräsidium geheim zu wählen. Damien Liger (neu) Catherine Pagani(neu) Irina Schönen (bisher) Adrian Schriel (bisher) Alle bisherigen Vorstandsmitglieder wer- Regieassistent (Theater Schauspielerin Schauspielerin Regisseur Orchester Biel Solothurn) (freischaffend) (freischaffend) (freischaffend) den wiedergewählt und Elisabeth Graf als Präsidentin sowie Oliver Dähler und Lisa Lorenz als Vizepräsident und Vize- GESCHÄFTSSTELLE präsidentin souverän bestätigt. Insofern GESCHÄFTSLEITERIN bleibt alles beim Alten. Trotzdem gibt es eine markante Neuerung: der Vor- stand wird von neun auf elf Mitglieder vergrössert. Neu zur Wahl angetreten Salva Leutenegger und mit grosser Zustimmung gewählt wurden die Schauspielerin Catherine Pa- ADMINISTRATION gani (Tessin) und dem Regieassistenten Damien Liger (Romandie). Damit re- präsentiert der Vorstand nun die drei Zineb Benkhelifa Sandra Känzig grossen Sprachregionen der Schweiz. Nach dem Mittagessen wendet sich Eli- sabeth Graf mit den «Worten der Präsi- und Freischaffenden sondern dass die Zum Abschluss wird die Themenliste dentin» an die Delegierten. Sie schlägt Vielfalt eine Stärke des Verbands sei. Die unter dem Punkt «Varia» für einzelne einen Bogen vom Schweizerischen De- anstehende Statutenrevision sei nötig, Anliegen geöffnet. Irina Schönen teilt mokratieverständnis zum Minderhei- weil «sich einerseits die Verhältnisse ge- mit, dass es auch in diesem Jahr einen tenschutz, der auch innerhalb des SBKV ändert haben und andererseits die An- Kurs «Tonstudio für Anfänger» geben ein wichtiger Wert ist. Sie deutet darauf sprüche an die Statuten gestiegen sind». wird, Salva Leutenegger möchte wissen, hin, dass die freie Theaterszene in den wie der Newsletter bei den Mitgliedern letzten vierzig Jahren enorm gewachsen Nun folgt das mit Spannung erwartete ankommt, Heidi Diggelmann äussert ist, was sich auch in den Mitgliederzah- Traktandum «Info der Geschäftsleitung sich hoch erfreut über das neue Erschei- len des SBKV widerspiegelt: Die Festan- über die zukünftige Unterstützung des nungsbild des «Ensembles», Elisabeth gestellten bilden heute nur noch etwa Bundesamts für Kultur». Das «Ensem- Graf gratuliert Sandra Känzig zu ihrem einen Drittel aller Mitglieder, im Vor- ble» hat diesen Punkt auf der nächsten 5-jährigen Bürojubiläum beim SBKV und stand sind sie jedoch mit sechs von elf Seite zusammengefasst. Yolanda Schweri informiert über einen Personen vertreten. Elisabeth Graf be- Entscheid des Bühnenschiedsgerichts. tont, wie wichtig die Ensemble-Theater Nach diesem ausführlich diskutierten Die Delegiertenversammlung wird um seien, und dass es im SBKV nie Graben- Traktandum informieren die Delegier- 17:05 mit einer Einladung zu Kaffee und kämpfe gab zwischen Festangestellten ten über ihre jeweiligen Ortsgruppen. Kuchen für beendet erklärt. 10
SBKV vor dem Aus? Das Bundesamt für Kultur setzt Kulturverbände unter Druck SBKV nicht ändern und muss sich auf andere Akteure ver- Die Fakten: lassen. Auf politischer Ebene werden Suisseculture und der Seit 2012 ist der SBKV Teil des Kulturförderungskonzeptes Gewerkschaftsbund tätig. des BAK. Das Konzept unterstützt unter anderem kulturelle Organisationen, die sich für die Verbesserung der Rahmen- Salva Leutenegger stuft es als sehr problematisch ein, dass bedingungen von Künstlerinnen und Künstlern einsetzen. unter den neuen Voraussetzungen viele Arbeitnehmerver- Als klassischer Berufsverband erfüllte der SBKV bisher die bände aus der Förderung herausfallen und der Arbeitge- vorgegebenen Kriterien und wurde mit jährlichen Beiträgen berverband (SBV) von Fördergeldern profitiert. Zudem stellt zwischen 92‘000 und 98‘000 Franken unterstützt. 2016 muss- sich die Frage, weshalb der SBV die Kriterien allein dadurch ten die unterstützten Organisationen für die kommende erfüllt, dass er gesamtschweizerisch tätig ist. Der SBV ist Förderperiode 2017 bis 2020 ein neues, sehr umfangreiches kein Berufsverband wie SBKV, TASI und ACT, die ansons- Gesuch einreichen. Bis anhin gab es für Theaterverbände ten sämtliche Kriterien erfüllen. Insofern erscheint es will- eine Ausnahmeklausel, welche sie vom Zwang der gesamt- kürlich, dass nur das Kriterium der gesamtschweizerischen schweizerischen Tätigkeit befreit hat. Der Bundesrat hat für Tätigkeit (die der SBKV ja erfüllt, aber nicht in genügendem die neue Periode diese Ausnahmeklausel gekippt und die Umfang) ausschlaggebend ist. Evaluation der Gesuche an eine Firma ausgelagert. Obwohl der SBKV insgesamt über 40 Mitglieder in der französi- Der SBKV hat vor Jahren die Option einer Fusion mit ACT schen und italienischen Schweiz hat, wird seine gesamt- geprüft. Aufgrund unterschiedlicher Verbandsstrukturen schweizerische Tätigkeit nicht anerkannt. Dieselbe Nicht- und -kulturen sind aber beide Seiten übereinstimmend zum anerkennung haben andere Theater-Arbeitnehmerverbände Schluss gekommen, dass das keine geeignete Lösung ist. (SSRS, TASI, ACT) auch zu beklagen. Nicht betroffen ist als Geprüft wird nun eine Dachverbandlösung mit dem einzige Organisation der Arbeitgeberverband SBV (Schwei- SSRS und TASI. Eine Schwierigkeit dabei ist, dass das BAK zerischer Bühnenverband). und die Verbände nicht zwingend darin übereinstimmen, was die Definition eines Dachverbandes angeht. Das BAK Auf die Frage, weshalb der Bundesrat die Ausnahmeklausel gibt zudem klar vor, dass es sich nicht um eine Lösung han- fallen liess, wurden finanzielle Gründe und die Vision einer deln darf, die nur dem Zweck dient, immer noch Fördergel- in sich gesamtschweizerisch vernetzten Kulturlandschaft der zu erhalten. Die Dachverbandslösung muss auch inhalt- genannt. Dass es aber diese nationale Verbundenheit gera- lich überzeugen. Daran wird aktuell gearbeitet. de im Theaterbereich aufgrund der Sprachdominanz nicht gibt, wird vollständig ausgeblendet. Erklärungsversuche Diskussion an der von Seiten der Verbände, wonach sich Schauspieler aus der Deutschschweiz eher nach Deutschland und Österreich Delegiertenversammlung als in andere schweizerische Sprachregionen orientieren, In der Diskussion kommt die Frage auf, weshalb der SBKV wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. nicht direkt die Lösung anstrebt, mit SSRS und TASI zu fusio- nieren beziehungsweise eine Struktur zu gründen, die mit Das BAK fordert hingegen, dass die Verbände SSRS, TASI, Sektionen in den verschiedenen Regionen arbeitet. Salva ACT und SBKV im kommenden Jahr 2017 zu einem gros- Leutenegger erwidert, dass ein Dachverband die einfache- sen Verband fusionieren. Diese Forderung müsste bis Ende re Lösung darstellt und dass eine Verbandsfusion – insbe- 2017 umgesetzt sein. Mündlich wurde die Frist vom BAK bis sondere von drei Verbänden – ein extrem langwieriger und März 2018 verlängert. Die Zeit, eine Lösung zu finden, ist schwieriger Prozess darstellt. Salva Leutenegger hat im sehr knapp bemessen. Im Moment befindet man sich betref- Laufe ihrer Verbandsarbeit zwei Fusionsprozesse miterlebt, fend Förderbeiträgen in einem «Übergangsjahr», das heisst die beide nach sehr langen Verhandlungen gescheitert sind. der SBKV erhält aktuell 65’938 Franken Förderung. Auch die Gespräche mit ACT haben gezeigt, dass eine Fusion eben nicht so einfach ist. Schliesslich stellt Salva Leute- Einschätzung der Situation: negger fest, dass der SBKV auch ohne BAK-Gelder wei- Unter dem Deckmantel «Vision Gesamtschweiz» möchte das terbestehen könnte, dass dies aber mit massiven Ein- BAK vor allem Geld sparen. Diese Förderkriterien kann der schränkungen verbunden wäre. (vm) 11
«Ensemble»: AUAWIRLEBEN gibt es jetzt schon seit 35 Jahren. Hätte man sich damals schon vorstellen können, dass das Festival so lange Erfolg hat? Nicolette: Das Festival wurde ursprünglich von Peter Borchert am Stadttheater Bern als Reihe für zeitgenössische Dramatik entwickelt. Als Peter Borchert das Stadttheater verliess, nahm er das Format mit und betrieb es als freies Festival. Anfangs war es kleiner und hatte noch viel mehr den Charakter eines Szenetreffs, bei dem es stark um den Austausch unter Kunstschaffenden ging. Schön ist, dass es im Kern immer noch etwas davon hat. Ganz am Anfang war es vermutlich nicht angedacht, dass es DAS Theaterfestival von Bern wird. Es ist nach und nach gewachsen. Wo steht das Festival heute? Nicolette: Es gibt zwei Linien, die sich in den letzten zehn Jahren verstärkt haben. Das Eine ist eine grosse Offenheit gegenüber speziellen Formen. Wir zeigen zum Beispiel viele Produktionen ohne klare Akteur-Zuschauer-Trennung. Ich erinnere mich an ein Eins-zu-eins-Stück im Jahr 2011, wo jeder einzeln hinein musste und einen Performer zugewiesen bekam. Das war damals extrem schwierig zu verkaufen. Ich musste Vielleicht kommen ja einige Leute nicht zu uns, weil es eben meine Freunde anrufen und sie anflehen: Kommt doch, ich nicht sehr niederschwellig ist, in eine Dampfzentrale oder in ein schenke euch das Ticket! Inzwischen hat sich das etabliert und Schlachthaustheater zu gehen. Du gehst an einen Ort, wo du das Publikum hat ein grosses Vertrauen in uns entwickelt, was nicht weisst, wie du dich da verhalten musst. Formen angeht. Die andere Linie, die wir in den letzten Jahren sehr verstärkt haben, ist, das Festival noch zugänglicher zu Bettina: Ich glaube, es geht auch darum, überhaupt auf die machen. Ich glaube, das Festival ist schon sehr niederschwellig, Idee zu kommen, ins Theater zu gehen. In Bümpliz haben wir aber das muss man den Leuten auch klarmachen. probiert, wirklich zu den Leuten hinzugehen, beispielsweise mit den Projekten von Martin Schick. Darunter gab es ein Inwiefern? Tauschprojekt, wo sie an Haustüren klingeln gingen und Leute Nicolette: Wir haben sehr viel Produktionen im Programm, gefragt haben, ob sie etwas gegen einen Gegenstand, den sie für die man keine universitäre Bildung, keine besonderen dabei hatten, tauschen würden. Wir selbst waren in Bümpliz Sprachkenntnisse und keine Seherfahrung im Theater braucht, mit dem «Kaffiwägeli» unterwegs, haben Kaffee verschenkt um sie schauen zu können. Zum Beispiel dieses Jahr mit «The und mit den Leuten über Theater geredet. Das ist es auch, Money». Da muss man wissen, was Geld ist und man muss mit was wir mit dem Festivalzentrum versuchen. Wir laden zwar jemandem etwas verhandeln können, wie im Alltag auch. Aber ein internationales, professionelles Theater von Europa nach es braucht keine literarischen oder philosophischen Referenzen. Bern ein. Aber wir haben auch ein Festivalzentrum, das für alle Das, was in diesem Moment stattfindet in dem Raum, ist die Berner da ist. Auch wer nicht ins Theater geht, kommt vielleicht einzige Referenz. Seit letztem Jahr ergänzen wir das Festival hier einmal essen oder ein Konzert hören. zudem mit einigen Inklusionsmassnahmen und machen beispielsweise einen Teil der Stücke für Gehörlose zugänglich. AUAWIRLEBEN zeigt weniger klassische Dramen Dieses Jahr haben wir einen Kinderhütedienst ins Leben sondern – ich schmeisse mal mit Begriffen um mich – gerufen. Und wir haben ein einmaliges Projekt in Bümpliz postdramatisches Theater, dokumentarisches Theater, lanciert, um zu schauen: Was passiert, wenn wir die üblichen Off-Theater, Off-Off-Theater. Weshalb wählt ihr gerade Spielstätten verlassen und einfach mal an Orten spielen, die diese Formen? noch nicht so klar mit zeitgenössischer Kunst konnotiert sind? Nicolette: Wir sind eigentlich offen für die ganze strukturelle 12
(vm) Vom 11. - 21. Mai 2017 fand in Bern zum 35. Mal das Theaterfestival AUAWIRLEBEN statt. Höchste Zeit einmal hinzufahren und zu gucken, was die da eigentlich so treiben! Das «Ensemble» hat sich im Festivalzentrum mit Nicolette Kretz (Leitung) und Bettina Tanner (Produktionsleitung & Administration) getroffen und nachgefragt. gesagt haben: Das kommt nicht in Frage, wir zahlen dir das Doppelte! Es ist uns sehr wichtig, dass faire Arbeitsbedingungen herrschen. Ich war schon in einigen Fördergremien und da hat man viel Einblick, wie das so läuft in der freien Szene. Ich finde es manchmal seltsam, wie manche freie Häuser argumentieren, sie können nicht mehr zahlen, weil sie kein Geld hätten. Ja, dann macht halt weniger Produktionen, dann könnt ihr es nämlich. Erzählt doch mal von der aktuellen AUAWIRLEBEN- Ausgabe! (Das Interview wurde am 16.05. geführt, Anm. d. Red.) Bettina: Ich wurde gerade gestern wieder gefragt: Worauf freust du dich jetzt noch? Und ich so: «The Money», weisst du, das ist wirklich ein neues Konzept! Und natürlich «69 Positions». Und «She She Pop», die kommen jetzt auch! Und Maria Marshal hat noch eine Premiere. Wir haben eine grosse Bandbreite. Das ist ja das Coole. Nicolette: Es läuft bei mir immer gleich, dass ich kurz vor Festivalbeginn denke: Ja, es wird gut, aber es wird nicht die beste von allen AUAWIRLEBEN-Ausgaben. Ich habe jedes Jahr Bandbreite von Stadttheater bis Off-Off. Es ist uns sehr dieses kurze Unsicherheitsmoment. Und sobald das Festival wichtig, dass wir uns keine Einschränkungen setzen. Wir begonnen hat, denke ich dann plötzlich: Shit, es ist cool! Dieses wollen einladen können, was wir spannend finden. Was mich Jahr haben wir insgesamt vielleicht viele eher sperrige Stücke. berührt ist, wenn ich das Gefühl habe, dass die auf der Bühne Wir programmieren selten «Wohlfühltheater». AUAWIRLEBEN ein Anliegen haben. Ich persönlich spüre das mehr heraus in ist nicht von ungefähr unser Titel. Es muss ein bisschen weh Ensemblekreationen als im Autorinnentheater. tun. Wir zeigen Theater, das sich selbst – und somit auch das Publikum – nicht schont. Als Festivalorganisatorinnen habt ihr eine Doppelrolle inne. Ihr seid einerseits selbst Kulturschaffende und Was ist eure Zukunftsvision für AUAWIRLEBEN? andererseits Arbeitgeberinnen, die Gagen zahlen und Nicolette: Noch eine grössere Niederschwelligkeit, damit auch eine soziale Verantwortung tragen. Wie Zugänglichkeit schaffen, ohne dass wir beim Programm geht ihr damit um? Einbussen machen müssen. Das ist ja ganz wichtig: Unser Bettina: Wir sind davon überzeugt, dass man faire Gagen Programm ist professionell und qualitativ sehr hochstehend. zahlen muss. Wir haben ein Jahresbudget und dann schauen Auch intellektuell fordernd. Aber es soll zugänglich sein. Das ist wir: Was passt alles rein? Zwischen zehn und fünfzehn kein Widerspruch. Oft scheut sich die kulturelle Vermittlung vor Produktionen plus Rahmenprogramm. Und halt lieber eine komplexen Inhalten, aber Theater muss nicht banal sein, um Produktion weniger und dafür richtige Gagen zahlen. Wir bei einem ungeübten Publikum anzukommen. Ich glaube, dass wollen das Kunstschaffen und Theater unterstützen, damit es das, was wir zeigen, eben sehr zugänglich und überhaupt nicht professionell ist und die Leute davon leben können. banal ist. Nicolette: Wir haben es durchaus schon erlebt – tendenziell eher bei Stadt- und Staatstheatern – dass die Gagenforderung so absurd hoch war, dass wir sagen mussten: Gut, merci, Foto: Anna Lupien Nicolette Kretz in dem Fall nicht. Ich finde, das muss man auch können. (Leitung) Umgekehrt hatten wir auch schon einen Künstler, der uns Bettina Tanner bei seinem ersten Solo eine Gage angegeben hat, wo wir (Produktionsleitung & Administration) 13
70. & die Würdigung auf der Zwanzigernote FILMFESTIVAL LOCARNO (kw) Das Internationale Filmfestival Locarno gehört zu dem Thema «Die vielseitige Schweiz». Die Zwanzigernote den frühesten seiner Art. Nur Venedig und Moskau sind symbolisiert die kreative, kulturelle und künstlerische Seite älter. Dieses Jahr findet es vom 2. – 12. August statt. der Schweiz. Marco Solari, Präsident des Filmfestivals, sieht in dieser Würdigung zeitgleich eine grosse Verpflichtung: Am 23. August 1946 fiel zum ersten Mal das Licht der «Die Repräsentation auf der Banknote freut uns ausser- Filmkunst auf die Leinwand, damals noch im Garten des ordentlich und ist eine enorme Verantwortung, die wir gerne Grand Hotel Locarno, das heute denkmalgeschützt und wahrnehmen. Nun muss das Festival noch weiter wachsen seit 2005 geschlossen ist. Über die Jahre nahm Locarno und wir können uns keine Fehler mehr erlauben. Wir eine einzigartige Position im Panorama der wichtigsten garantieren weiterhin höchste kulturelle und künstlerische internationalen Filmfestivals ein. Jeden August wird die Qualität, da wir unter den zehn besten Filmfestivals der Welt Kleinstadt Locarno während elf Tagen zur Hauptstadt des bleiben wollen», erklärt Marco Solari bei der symbolischen Films. Hierbei ist das Publikum die Seele des Festivals, Übergabe einer druckfrischen Zwanzigernote vom Präsi- wie die Bilder der Piazza Grande einstimmig beweisen. Im denten der Schweizer Nationalbank Thomas Jordan am magischen Szenario der Piazza werden jeden Abend bis zu 17. Mai in Locarno. «Ohne Publikum könnte kein Festival 8000 Filmbegeisterte aus aller Welt willkommen geheissen. bestehen», betont Solari. Aus diesem Grund gibt er diese Würdigung auch an seine treuen In diesem Jahr feiert das Filmfestival sein 70-jähriges Be- filmbegeisterten Gäste weiter. stehen. Offenbar war die Zeit für eine besondere Art der Am ersten Abend auf der Piazza Würdigung reif. Das Internationale Filmfestival Locarno ist Grande kosten die Tickets zwanzig auf der neuen Zwanzigernote verewigt. Die gesamte neue Schweizer Franken, sofern mit der Serie der Banknoten der Schweizer Nationalbank steht unter neuen Banknote bezahlt wird. AKKREDITIERUNG SBKV-Mitglieder haben wieder das Anrecht auf eine Akkreditierung (ohne Zutritt zum Ringbereich der Piazza Grande). Diejenigen Mitglieder, die erstmals am Festival teilneh- SSFV/SBKV- Frühschoppen men möchten, können das Formular ausschliesslich on- line bis zum 18. Juli 2017 mit folgendem Link ausfüllen: Der Berufsverband der professionellen http://accreditation.pardo.ch Passwort: SBKV70LA Schweizer Filmschaffenden (SSFV) organisiert erneut einen sogenannten «Frühschoppen», Mitglieder, die bereits in der Vergangenheit akkreditiert der vom SBKV mitfinanziert wird. Alle Mit- waren, haben bereits Anfang glieder sind herzlich eingeladen. Das sympa- April per Mail einen Link thische Get-Together von FilmtechnikerInnen, erhalten. SchauspielerInnen, ProduzentInnen und Re- Die Bearbeitungsgebühr gisseurInnen findet am So, 6. August 2017, beträgt 70 Franken. Für nach- trägliche Akkreditierungen 11 bis 14 Uhr im Caffé Festival an der Viale wird eine zusätzliche Gebühr Balli 2 in Locarno statt. von Fr. 30.– erhoben. 14
er Festivalkalend Freilichtspiele Luzern Tribschen St. Galler Festspiele 23.06. – 07.07.17 Tellspiele Interlaken 29.06. – 16.09.17 mmt, die Der Sommer ko eht an! 13.06. – 29.07.17 st Festivalsaison hat die e» Das «Ensembl ivals st wichtigsten Fe le rund Die 12. St. Galler Festspiele warten auf mit ei lic ht sp ie und Fr Die Luzerner Freilichtspiele zeigen mit der Oper «Loreley» von Alfredo Catalani n Film, um die Sparte einkunst Stadt der Vögel eine luftige Komödie, in im Klosterhof, dem Tanzstück Kranzrede Die traditionellen Tellspiele gehen neue Kl Theater, Tanz , gesucht. der die Vögel sich mit den Göttern und von Jörg Weinöhl in der Kathedrale und Wege. Das neue Stück «Tell - Ein Stück us und Oper hera nen den Menschen anlegen und ihr eigenes Konzerten in der Kirche St. Laurenzen. Wie Schweiz» wird inszeniert durch Ueli «Wolkenkuckucksheim» erschaffen. Von immer auch mit Werkeinführungen und Bichsel. Speziell: Zum ersten Mal an den ei Wir wünschen Sommer! Gisela Widmer, inszeniert von Annette Klosterrundgängen. Tellspielen wird auf der Bühne Mundart en unterhaltsam Windlin. www.freilichtspiele-luzern.ch www.stgaller-festspiele.ch gesprochen. www.tellspiele.ch Neuchâtel International Freilichtspiele Göschenen Landschaftstheater Freilichtspiele Zermatt Fantastic Film Festival 30.06. – 19.08.17 Ballenberg 06.07. – 27.08.17 30.06. – 08.07.17 05.07. – 19.08.17 Das 2000 gegründete Festival des Wer hat noch nicht von einem Meeran- Nach zwei sehr erfolgreichen Theater- Fantastischen Films, kurz NIFFF, ist schluss für die Schweiz geträumt? Die saisons mit «Ueli der Knecht» und «Ueli der mit über 45’000 Zuschauern zu einem Produktion «Göschenen am Meer» dreht Pächter» wagt sich das Landschaftstheater Nach der Matterhorn Story zeigen die der grössten Filmfestivals der Schweiz sich ganz um die grossen Dimensionen. Ballenberg an einen neuen Stoff. Freilichtspiele Zermatt dieses Jahr geworden. Es behandelt vordergründig Um 1900 wollte der italienisch-schweizeri- «Veronika Gut - Aufruhr in Nidwalden» Shakespeare. Aber natürlich darf das den Fantastischen Film – wobei unter sche Ingenieur Pietro Caminada die erzählt die Geschichte einer mutigen und Lokalkolorit nicht fehlen – und so wird der «fantastisch» die Grenzüberschreitung Schweiz mit einem Kanal durch die Alpen umstrittenen Frau, die vor 200 Jahren der originale Stoff ein bisschen angepasst. der naturgesetzlich definierten Realität schiffbar machen. Wenn das mal kein französischen Besatzung die Stirn bot und Et voilà: «Romeo & Julia am Gornergrat - verstanden wird – sowie das asiatische grosses Freilichtspektakel verspricht! dafür einen hohen Preis bezahlte. Eine andere Geschichte». Kino und digitale Bilder. www.nifff.ch www.goeschenen-am-meer.ch www.landschaftstheater-ballenberg.ch www.freilichtspiele-zermatt.ch Walensee-Bühne Thunerseespiele Karl May Freilichtspiele Festival del Film Walenstadt 12.07. – 29.08.17 Engelberg Locarno 09.07. – 26.08.17 15.07. – 13.08.17 02.– 12.08.17 Dieses Festival bedarf keiner grossen Worte – es steht für sich selbst. Das geschichtsträchtigste und grösste internationale Filmfestival der Schweiz Die Kombination Obwalden und Wild West findet zum 70. Mal statt und lockt Die Walensee-Bühne entführt in die Dieses Jahr gibt’s Katzenmusik am liegt jetzt nicht unbedingt auf der Hand, ist jährlich rund 160’000 Zuschauer, Seventies und bringt mit dem Musical Thunersee. Vor altbekanntem alpinem aber mit Sicherheit spannend. In Engelberg 1000 Medienleute und über 3’000 «Saturday Night Fever» mit der Musik Panorama zeigen die Thunerseespiele finden mit dem Stück «Winnetou 1» zum Branchenvertreter auf die malerische der «BeeGees» den Disco Groove auf die das Erfolgsmusical «Cats». ersten Mal die Karl May Freilichtspiele Piazza Grande. Bühne. www.walenseebuehne.ch www.thunerseespiele.ch statt. www.winnetou.ch www.pardolive.ch Schlossoper Haldenstein Festival International du NordArt Theaterfestival Zürcher Theater Chur Film Alpin des Diablerets Stein am Rhein Spektakel 04. – 19.08.17 05. – 12.8.17 09. – 19.08.17 17.08. – 03.09.17 Das charmante, kunterbunte Nischenfestival für allerlei Theatrales Veranstaltet von der Kammerphilharmonie Das FIFAD geht dieses Jahr bereits in geht zum siebten Mal über die vier wird zur neunten Ausgabe der Schlossoper die 48. Runde und kümmert sich um Bühnen. Gezeigt wird so ziemlich alles: Haldenstein Mozarts Singspiel «Die Ent- die kinematographische Behandlung Theater, Comedy, Poetry Slam, Literatur, Das Zürcher Theaterspektakel wurde führung aus dem Serail» aufgeführt. Regie des Alpinismus. Das Nischenfestival hat Artistik, Kindertheater, Musik, Kabarett, 1980 als internationales Treffen freier führt Anthony Pilavachi, die musikalische eine lange Tradition und ist im relativ Strassentheater, you name it! Apropos Theater gegründet. Heute ist es eines der Leitung hat Philippe Bach inne. Mit dem unbekannten Genre des Alpinistischen Namen: Es sind doch immer wieder auch wichtigsten europäischen Festivals für Chor der Schlossoper Haldenstein. international von Bedeutung. namhafte Künstler zu entdecken. zeitgenössische Formen der darstellenden www.kammerphilharmonie.ch www.fifad.ch www.nordart.ch Künste. www.theaterspektakel.ch Gässli Film Festival La Bâtie Festival Fantoche Internationales Jugend Theater Festival Basel de Genève Festival für Animationsfilm Schweiz 31.08. – 03.09.17 01. – 16.09.17 Baden 05. – 10.09.17 Aarau 06. –10.09.17 Das Animationsfilmfestival, das 1995 ganz Das kleine, feine Schweizer Kurzfilm- Ein genreübergreifendes Festival oder klein gestartet hat, geht dieses Jahr zum Zum vierten Mal lädt das Festival junge festival mit internationalem Flair findet doch eher ein riesengrosses Event- 15. Mal über die Bühne. Mit nationalem Ensembles nach Aarau in die Alte zum 9. Mal im Gerbergässlein statt. Unter Spektakel? Zu sehen, hören, spüren und internetionalem Kurzfilmwettbewerb, Reithalle und das Theater Tuchlaube ein. anderem verschreibt sich das Gässli Film und erleben sind Tanz, Musik, Theater, einer Auswahl an animierten Langfilmen Junge Spielerinnen und Spieler treffen Festival der Nachwuchsförderung junger Performance, Restaurants, Bars, Lounges und Einblicken in das Medium Animation aufeinander sowie auf professionelle und regionaler Filmschaffender. und Dancefloors. und Game. international tätige Theaterschaffende. www.baselfilmfestival.ch www.batie.ch www.fantoche.ch www.jugendtheaterfestivalschweiz.ch Festival du Film Français FigurenTheaterFestival Upcomping Filmmakers Zürich Film Festival d’Helvétie Biel + Bern Basel Luzern 28.09. – 08.10.17 13. – 17.09.17 21. – 24.09.17 22. & 23.09.17 Das FFFH, das letztes Jahr 14’500 Das zweitägige Schweizer Jungfilmfestival Zuschauerinnen und Zuschauer anzog, mit rund 1’000 Zuschauerinnen und Das Zürich Film Festival ist das geht 2017 in die 13. Ausgabe. Das Festival Zuschauern ist zwar ein ganz kleines zweitgrösste internationale Filmfestival lädt französische Filme und Künstler in die Festival. Dennoch hat es Tradition: Es im Land und so tummeln sich da auch Deutschschweiz ein. Auf dem Programm Noch gibt es nicht viele Informationen im existiert bereits seit 1986 und hat sich gerne mal die Promis. Es verzeichnete stehen französische Spiel-, Dokumentar- Netz. Aber auf dem schönen Münsterplatz die Förderung des Schweizer Filmkultur, 2016 rund 90’000 Eintritte und zog über und Animationsfilme sowie Begegnungen wird es stattfinden und Figurentheater für insbesondere des Nachwuchsfilms auf die 600 akkreditierte Filmschaffende sowie in Form von Podiumsgesprächen. Kinder und Erwachsene zeigen. Fahnen geschrieben. 500 Medienschaffende aus aller Welt an. www.fffh.ch www.figurentheaterfestival.ch www.upcoming-filmmakers.ch www.zff.com 15
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