Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB

Die Seite wird erstellt Maximilian Geier
 
WEITER LESEN
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
Verrückt nach Minze
Die Bedeutung der Echten Katzenminze für Mensch und Tier

                           Diplomarbeit

            zur Erlangung des akademischen Grades einer

          Magistra der Naturwissenschaften
               an der Karl-Franzens-Universität Graz

                           vorgelegt von

                       Lisa JAKLITSCH

          am Institut für Biologie (Pflanzenwissenschaften)
         Begutachterin: Ao. Univ.-Prof. Dr.phil Maria Müller

                             Graz, 2021
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder
inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in
gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde
vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der
eingereichten elektronischen Version.

___________________                                       _________________________
       Datum                                                      Unterschrift

                                                                                               I
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während des Verfassens dieser
Diplomarbeit und im Laufe meines gesamten Studiums unterstützt haben.

Ganz besonders möchte ich meiner Betreuerin Ao. Univ.-Prof. Dr.phil. Maria Müller danken,
die mich beim Entstehungsprozess dieser Diplomarbeit mit ihrer herzlichen Art ermutigt hat
und mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Vielen herzlichen Dank für diese Zeit und Mühe!

Weiters möchte ich mich von ganzem Herzen bei meinen Eltern und bei meinen Großeltern
bedanken, die mich immer unterstützt haben und ohne die mein Studium niemals möglich
gewesen wäre. Danke für alles.
Großer Dank geht auch an all meine FreundInnen und StudienkollegInnen, die meine
Studienzeit mit Leben gefüllt haben und immer für mich da waren.

Einen letzten Dank richte ich an meinen Kater Maunz, der mir beim Testen der Echten
Katzenminze all seine Unterstützung geboten hat.

Herzlichen Dank!

                                                                                           II
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
Kurzbeschreibung

Bereits seit dem Altertum ist die wundersame Wirkung der Echten Katzenminze (Nepeta
cataria) auf Menschen und Tiere bekannt. Die Pflanzenart besitzt eine unwiderstehliche
Anziehungskraft auf Katzen, welche bei Kontakt mit der Pflanze eine Abfolge
charakteristischer Reaktionen („catnip response“) zeigen. Zudem werden der Echten
Katzenminze Eigenschaften zugeschrieben, die vor allem im Mittelalter die Volksmedizin
bereicherten.
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich zu Beginn mit einer allgemeinen Definition der
Echten Katzenminze, gefolgt von der Beschreibung des Lebensraums der Pflanze. Weiters wird
der Fokus in diesem Kapitel auf die Erzählungen des Volksglaubens über Nepeta cataria
gerichtet und die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten wird geschildert. Auf diese Weise soll
anhand des ersten Kapitels ein allgemeiner Überblick über die vielseitige Verwendung und
Bedeutung der Echten Katzenminze gegeben werden.
Anschließend werden in einem weiteren Kapitel die systematische Zugehörigkeit und die
Anatomie der Echten Katzenminze erläutert. Das nächste Kapitel stellt eine Analyse der
wichtigsten Inhaltsstoffe des ätherischen Öls von Nepeta cataria dar. Darauffolgend wird der
Blick auf die biologischen Aktivitäten der Echten Katzenminze gelenkt, die mit
Forschungsergebnissen gestützt werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den bioaktiven
Eigenschaften der Echten Katzenminze, die für deren Verwendung in der Medizin, als
Repellent gegen Insekten und Auslöser des „catnip response“ verantwortlich sind.
Abschließend wird noch auf die Zukunftsperspektiven verwiesen, die die Echte Katzenminze
aufgrund ihrer Wirkungen für die Forschung bereithält.
Ziele dieser Arbeit sind eine ausführliche Beschreibung der Echten Katzenminze zu liefern und
ihre   biologischen   Aktivitäten   zu   analysieren.    Weiters   soll   anhand   relevanter
Forschungsergebnisse das Rätsel um den „catnip response“ gelöst werden und die Bedeutung
der Echten Katzenminze für Medizin, Insektenschutz, Kosmetik-, Lebensmittelindustrie und
Landwirtschaft diskutiert werden.

                                                                                           III
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
Abstract

The magical effect of catnip (Nepeta cataria) on humans and animals has been known since
ancient times. The plant species has an irresistible attraction to cats, which is expressed by a
sequence of characteristic reactions ("catnip response"). In addition, catnip is said to have
properties, which enriched folk medicine, especially in the Middle Ages.
This diploma thesis begins with a general definition of catnip, followed by a description of the
plant´s habitat. Furthermore, the focus in this chapter is placed on the folk tails about Nepeta
cataria and the variety of possible medicinal treatments is described. In this way, a general
overview of the use and importance of catnip will be presented in the first chapter.
Subsequently, the systematic classification and the anatomical and morphological structure of
catnip are described in more detail. The next chapter presents an analysis of the most important
constituents in the essential oil of Nepeta cataria. This is followed by a look at the biological
activities of catnip, which are supported with research results. The focus is on the bioactive
properties of catnip, which are responsible for its use in medicine, as an insect repellent and for
the "catnip response". Finally, the future perspectives that catnip holds for research due to its
effects are mentioned.
The aims of this paper are to provide a detailed description of catnip and to analyze its biological
activities. Moreover, the mystery of the "catnip response" shall be solved on the basis of
relevant research results and the importance of catnip for medicine, insect protection, cosmetics,
food industry and agriculture shall be discussed.

                                                                                                  IV
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
Inhaltsverzeichnis

1.      Einleitung ............................................................................................................................ 1
2. Die Echte Katzenminze (Nepeta cataria) – ein magisches Kraut .......................................... 2
     2.1. Etymologie und Definition .............................................................................................. 2
     2.2. Vorkommen ..................................................................................................................... 3
     2.3. Volkglauben und medizinische Anwendung im historischen Kontext ........................... 4
     2.4. Droge und Dosierung....................................................................................................... 7
3. Anatomie und Morphologie ................................................................................................... 9
     3.1. Systematik ....................................................................................................................... 9
        3.1.1. Eudikotyledone Pflanzen (Echt-Zweikeimblättrige) .............................................. 10
        3.1.2. Lamiales (Lippenblütlerartige) ............................................................................... 11
        3.1.3. Lamiaceae (Lippenblütler) ...................................................................................... 11
        3.1.4. Nepetoideae/ Mentheae ........................................................................................... 14
     3.2. Anatomie der Echten Katzenminze ............................................................................... 15
4. Inhaltsstoffe .......................................................................................................................... 18
     4.1. Ätherisches Öl der Echten Katzenminze ....................................................................... 20
        4.1.1. Isoprenoide .............................................................................................................. 21
           4.1.1.1. Monoterpene: ................................................................................................... 22
           4.1.1.2. Sesqui- und Triterpene: .................................................................................... 30
        4.1.2. Polyphenole (Phenolsäuren und Flavonoide) ......................................................... 32
           4.1.2.1. Phenolcarbonsäuren ......................................................................................... 33
           4.1.2.2. Flavonoide ........................................................................................................ 35
5. Biologische Aktivität............................................................................................................ 38
     5.1. Anti-nozizeptive und anti-inflammatorische Wirkung der Echten Katzenminze.......... 39
     5.2. Zytotoxische Aktivität der Echten Katzenminze ........................................................... 40
     5.3. Antioxidative Aktivität der Echten Katzenminze .......................................................... 41
     5.4. Spasmolytische und bronchodilatorische Aktivitäten der Echten Katzenminze ........... 43
     5.5. Auswirkungen der Echten Katzenminze auf das Zentralnervensystem ........................ 45
     5.6. Antimikrobielle und antimykotische Aktivität der Echten Katzenminze ...................... 47
     5.7. Antiparasitische Aktivitäten der Echten Katzenminze .................................................. 52
     5.8. Insektenschutzmittel und insektizide Wirkung der Echten Katzenminze ..................... 54
        5.8.1. Sicherheit und Giftigkeit des ätherischen Öls der Echten Katzenminze ................ 60
     5.9. Die Echte Katzenminze als Auslöser des „catnip response“ ......................................... 62
6. Zukünftige Forschungsperspektiven .................................................................................... 72

                                                                                                                                               V
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
6.1. Pharmakologische Perspektive ...................................................................................... 72
   6.2. Aroma- und Lebensmittelkonservierungsstoff .............................................................. 74
   6.3. Anti-Stress- und Anti-Aging-Mittel .............................................................................. 75
   6.4. Grüne Synthese von Nanopartikeln ............................................................................... 75
   6.5. Schädlingsbekämpfung .................................................................................................. 75
   6.6. Biosynthese von Alkaloiden .......................................................................................... 76
7. Conclusio .............................................................................................................................. 77

                                                                                                                                           VI
Magistra der Naturwissenschaften - UNIPUB
1. Einleitung

                „Wenn man sie pflanzt, wird sie von Katzen umtanzt“ [Green: 1824].

Katzen wälzen sich euphorisch in ihrem Laub, tote Bienen erwachen durch sie wieder zum
Leben, Schadinsekten werden durch ihr ätherisches Öl vertrieben und Menschen werden durch
einen Tee aus ihren Blättern von jeglichen Leiden befreit. Diese vielseitigen Wirkungen sollen
alle auf eine Pflanze zurückzuführen sein, die als Echte Katzenminze (Nepeta cataria)
bezeichnet wird. Von den 250 bis 300 Arten der Gattung Nepeta (Katzenminze) verzaubert
besonders die Echte Katzenminze den menschlichen und tierischen Organismus mit ihrer
wundersamen Wirkung. Die Kenntnis über die heilende Kraft der Echten Katzenminze geht
weit zurück bis in die Antike und erlangt ihren Höhepunkt in der mittelalterlichen
Volksmedizin. Seitdem gilt die Echte Katzenminze als beruhigende, krampflösende,
fiebersenkende, schweißtreibende, euphorisierende und verdauungsfördernde Pflanze. Wie das
oben genannte Zitat aus dem „Universal Herbal“ bereits anführt, löst die Echte Katzenminze
vor allem bei Katzen eine charakteristische Verhaltensabfolge („catnip response“) aus, die
durch Rollbewegungen, Flehmen, Vokalisationen und dem euphorischen Verzehr der Pflanze
geprägt ist. Diese rauschähnliche Wirkung auf Katzen begründet ebenso die vielen Sagen und
Legenden, die um die Echte Katzenminze entstanden sind. Lange Zeit nahm man an, dass es
sich bei den Wirkstoffen der Echten Katzenminze um Sexualpheromone handle, die denen der
Katzen ähnlich sind. Aktuelle Forschungsergebnisse führen nun aber zu der Annahme, dass die
Echte Katzenminze den Katzen als Insektenschutz dient. Diese besonderen Eigenschaften sind
auf die chemische Zusammensetzung der Pflanze zurückführbar, wodurch die Echte
Katzenminze zu einem gefragten Forschungsgegenstand wurde. Die Pflanzenart besitzt eine
lange und besondere Geschichte als Heil- und Katzenpflanze, die jedoch aufgrund der
Bevorzugung synthetisch hergestellter Arzneimittel in Vergessenheit geraten ist. In dieser
Diplomarbeit soll die Echte Katzenminze vorerst genau analysiert werden, indem ihr
Vorkommen, ihre Anwendungsgebiete in der Volksmedizin als auch ihre systematische
Gliederung und anatomische Struktur erläutert werden. Weiters werden die Inhaltsstoffe des
ätherischen Öls analysiert und mit den bioaktiven Eigenschaften der Pflanze in Verbindung
gebracht. Dabei werden vor allem die Wirkungen der Echten Katzenminze als Heilpflanze im
medizinischen Bereich, als Repellent gegen Schadinsekten und als Katzenlockstoff hinterfragt,
indem relevante Forschungsergebnisse erläutert und zukünftige Forschungsperspektiven
geschildert werden.
                                                                                            1
2. Die Echte Katzenminze (Nepeta cataria) – ein magisches Kraut

2.1. Etymologie und Definition

Die Echte Katzenminze (Nepeta cataria) ist ein aromatisches, ausdauerndes Kraut, das zur
Gattung Katzenminzen (Nepeta) der Familie Lippenblütler (Lamiaceae) gehört. Bekanntheit
erlangte die Pflanzenart aufgrund ihrer medizinischen und therapeutischen Eigenschaften als
auch aufgrund der Wirkung auf gewisse Katzen- und Insektenarten. Diese Eigenschaften liegen
der chemischen Zusammensetzung der Pflanze zugrunde, wodurch die Echte Katzenminze als
die am meisten erforschte Art der Gattung Nepeta gilt [Sharma et al.: 2019].

In Deutschen wird Nepeta cataria oftmals auch als Steinmelisse, Katzenkraut oder
Katzenmelisse bezeichnet. Das lateinische Artepitheton cataria (lat. „auf Katzen wirkend“)
sowie der deutsche Name der Pflanze beziehen sich auf die besondere Wirkung des
Inhaltsstoffes Nepetalacton im ätherischen Öl der Pflanze auf Vertreter der Familie der Felidae
[Jagel und Unterladstetter: 2018]. Auf dieses Phänomen hinweisend wird vielfach davon
berichtet, dass der Name „Katzenminze“ sich durch die scheinbar magische Anziehung der
Pflanzen auf Katzen herleitet [Green: 1824, 166]. Aus diesem Grund besitzt die Echte
Katzenminze auch heutzutage als Zusatz in Katzenspielzeug (meist mit dem englischen Namen
„catnip“ gekennzeichnet) einen hohen Popularitätsgrad.

Während der deutsche Name der Echten Katzenminze auf die Vorliebe der Katzen für die
Pflanze verweist, ist die Herkunft des lateinischen Gattungsnamen Nepeta nicht vollständig
geklärt. Es wird angenommen, dass das Wort Nepeta etruskischer Herkunft ist, da eine
Ähnlichkeit zum Namen der etruskischen Stadt „Nepet“, dem heutigen „Nepi“ in der Toskana,
besteht [Genaust: 1996, 416]. Eine zweite Deutungsmöglichkeit des Namens ergibt sich in der
lateinischen Übersetzung des orthografisch ähnlichen Wortes „neptus“, welches „Nässe“ oder
„Feuchtigkeit“ bedeutet. In dieser Hinsicht lässt sich ein Bezug zum Meergott „Neptunus“
herstellen [Genaust: 1976, 260]. Da eine Verbindung zum Meergott jedoch keinen schlüssigen
Zusammenhang mit der Echten Katzenminze erzielt, wird auf die erste Theorie verwiesen.

                                                                                             2
Im „Wiener Dioskurides“ ist die Echte Katzenminze des Weiteren unter dem griechischen
Namen „hedýosmon hêmeron“ als alte Heilpflanze zu finden. Allerdings wird sie dabei
fälschlicherweise für ihren nahen Verwandten, die Bergminze, gehalten [Genaust: 1996, 416].
Dass bei Nepeta cataria eine gewisse Verwechslungsgefahr aufgrund des äußeren
Erscheinungsbildes besteht, beweist sich ebenso in der Unani-Medizin. Auch hier taucht eine
Pflanze auf, die als „Badranjboya“ bezeichnet wird, wobei jedoch nicht vollständig geklärt ist,
ob es sich dabei wirklich um Nepeta cataria oder um Melissa officinalis handelt. Das Wort
„Badranjboya“ ist eine arabisierte Form der persischen Bezeichnung für „Zitronen-Duft“. In
Urdu wird dieselbe Pflanze als „billi lotan“ bezeichnet, was bedeutet, dass Katzen die Pflanzen
lieben. Aus diesem Grund lässt sich schlussfolgern, dass es sich bei „Badranjboya“ ebenso um
die Echte Katzenminze handeln muss [Akbar: 2020, 1282].

2.2. Vorkommen

Die Echte Katzenminze präferiert aride bis semiaride Lebensräume in Europa, Nord-Afrika
oder Asien und breitet sich vor allem in Südwest-Asien, im westlichen Himalaya-Gebiet als
auch in China aus [Jagel und Unterladstetter: 2018]. Als Neophyt kommt die Echte
Katzenminze durch europäische Besiedlung ebenso in Neuseeland und Nordamerika vor. Da
die Pflanzenart leicht zu kultivieren ist, verbreitet sie sich als Gartenpflanze sehr schnell
[Grognet: 1990]. In Europa sind von den 250 bis 300 Nepeta-Arten ungefähr 24 vertreten,
wobei in Mitteleuropa nur zwei Arten der Katzenminzen als heimisch betrachtet werden. Zu
diesen mitteleuropäischen Arten der Katzenminzen zählen Nepeta nuda (Kahle Katzenminze)
und die in dieser Arbeit analysierte Nepeta cataria (Echte Katzenminze). Von einigen Autoren
werden die beiden Arten jedoch als Archäophyten oder Neophyten bestimmt, wodurch
umstritten ist, ob die Pflanzen tatsächlich heimisch in Mitteleuropa sind [Jagel und
Unterladstetter: 2018].

Als alte Heilpflanze wurde Nepeta cataria bereits im Mittelalter von den Römern kultiviert.
Die Verwilderungen der krautigen und ausdauernden Pflanzenart, die seit dem 18. Jahrhundert
in Mitteleuropa auftreten, zählen zur typischen Flora der Klostergärten, der Siedlungen und
Dörfer [Bäumler: 2010, 390] [Jagel und Unterladstetter: 2018]. Die Pflanze bevorzugt trockene,
sandige, nährstoffarme, kalkarme Böden sowie halbschattige bis sonnige und warme Standorte
[Hirsch und Grünberger: 2005, 378]. Meist ist die Echte Katzenminze an Wegrändern,
Bachufern und Brachflächen auffindbar [Grognet: 1990].

                                                                                             3
Da die Pflanzenart schon seit geraumer Zeit nicht mehr als Heilpflanze in Gärten angebaut wird,
verwildert sie zudem nicht mehr so leicht. Heutzutage ist die Echte Katzenminze nur noch
selten auffindbar und kommt eher in Staudengärten oder in den Gärten von
KatzenliebhaberInnen vor [Jagel und Unterladstetter: 2018]. Überdies wird Nepeta cataria in
der Roten Liste Österreichs als „stark gefährdet“ eingestuft [Niklfeld und Schratt-Ehrendorfer:
1999, 88].

2.3. Volkglauben und medizinische Anwendung im historischen Kontext

Bereits seit der Jungsteinzeit ist die Echte Katzenminze, ausgehend von Südeuropa und
Vorderasien, in der Flora verbreitet [Stoffler: 2000, 114]. Das Wissen und die Kenntnis über
die heilende Kraft und die besondere Wirkung der Echten Katzenminze reichen weit bis in das
Altertum zurück [Jagel und Unterladstetter: 2018].

Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen zur Verwendung von Nepeta cataria lassen sich in
einem antiken Bericht des griechischen Arztes Dioskurides finden, der in Rom als Militärarzt
diente. Darin wird eine Pflanze namens „kalamínthā“ erwähnt, die von den Römern als Nepeta
überliefert ist [Jagel & Unterladstetter: 2018]. Aus diesen Aufzeichnungen geht hervor, dass
die heilende Kraft der Echten Katzenminze schon damals ein breites Anwendungsspektrum
aufweist [Bäumler: 2010, 390]. Dioskurides führt Nepeta cataria als Mittel gegen
Brechdurchfall, Fieber, Schüttelfrost als auch Bauchwürmer an. Weiters lässt er der Echten
Katzenminze eine wichtige Bedeutung in der Frauenheilkunde zukommen. Dazu verweist er
auf die menstruationsauslösenden Eigenschaften der Echten Katzenminze und empfiehlt diese
mit Wolle zu einem Zäpfchen zu formen. Darüber hinaus merkt Dioskurides an, dass das
angezündete Kraut Schlangen vertreiben könne [Bäumler: 2010, 390].

Eine besondere Bedeutung erhält Nepeta cataria schließlich vor allem im Mittelalter. Damals
wurde sie vielfach in Klostergärten gepflanzt und gegen unzählige Leiden als auch zur Abwehr
von Schlangen oder Nagetieren verwendet [Bäumler: 2010, 390]. Beispielsweise wird sie im
Lehrgedicht „Liber de cultura hortorum“ des Walahfrid Strabo angeführt, einem Mönch, der
im 9. Jahrhundert im Kloster Reichenau lebte und seine Kenntnis über die Pflanzen des
Klostergartens in Gedichten festhielt [Stoffler: 2000, 147]. Der Mönch verweist in diesem

                                                                                             4
Lehrgedicht auf die besondere Bedeutung der Pflanze für die Wundheilung und schreibt ihr
ebenso eine seelenheilende Wirkung zu [Stoffler: 2000, 113].

Auch Hildegard von Bingen, eine bedeutende Gelehrte der Klostermedizin des 12.
Jahrhunderts, beschreibt die Echte Katzenminze als wirksame Heilpflanze. In ihren Berichten
empfiehlt sie, Nepeta cataria in Form eines Pulvers bei Halsgeschwülsten anzuwenden. Dafür
sollen die frischen Blätter der Echten Katzenminze die Wunden der geplatzten Geschwülste
austrocknen [Bäumler: 2010, 390].

Die angeführten Aufzeichnungen unterstreichen die Bedeutung der Echten Katzenminze für die
Volksheilkunde. Ursprünglich wurde die Pflanze als Tee, Saft, Tinktur, Infusion oder Umschlag
verarbeitet als auch geraucht und gekaut [Grognet: 1990]. Die wichtigsten Wirkeigenschaften
von Nepeta cataria lassen sich als beruhigend, entspannend, kühlend, fiebersenkend und
schweißtreibend beschreiben [Hirsch und Grünberger: 2005, 378].

Darüber hinaus wurde die Echte Katzenminze zum Kochen verwendet. Beispielsweise fügte
man sie Brotaufstrichen bei oder verwertete sie in Form von Mus [Bäumler: 2010, 390]. In
Frankreich wurden die jungen Blätter und Triebe der Pflanzenart zum Würzen von Speisen
verwendet [Sharma et al.: 2019]. Selbst heute noch werden die frischen als auch getrockneten
Blätter und Blüten der Echten Katzenminze verwendet, um Saucen, Suppen und Käse zu
produzieren oder Fleisch zu würzen [Ashrafi et al.: 2018]. Zudem soll das Kraut dazu beitragen,
Vergärungsprozesse zu beschleunigen, wodurch es sich positiv auf die Verdauung auswirkt
[Hirsch und Grünberger: 2005, 378].

Weiters ist anzumerken, dass fast alle Kräuterbücher des Mittelalters die einzigartige Wirkung,
die Nepeta cataria auf Katzen zu haben scheint, erwähnen [Bäumler: 2010, 390]. Durch die
auffällige Verhaltensänderung, die Katzen bei Kontakt mit der Echten Katzenminze aufweisen,
nahm man an, dass es sich bei der Pflanze um ein Aphrodisiakum handle und bezeichnete die
Pflanze als Liebestrank [Grognet: 1990]. Doch Katzen sind nicht die einzigen tierischen
Vertreter, bei denen diese Pflanze eine besondere Reaktion hervorzurufen scheint. Auch auf
Bienen soll die Echte Katzenminze eine anziehende Wirkung haben, wodurch Bienenkörbe mit
dem Kraut eingerieben wurden, um die Insekten an der Flucht zu hindern. Es wird sogar davon
berichtet, dass tote Bienen durch die Echte Katzenminze zum Leben erweckt wurden [Bäumler:
2010, 390].

                                                                                             5
Aufgrund dieser wunderlichen Schilderungen wurde die Echte Katzenminze zum Stoff vieler
Sagen und Legenden des Mittelalters. Damals galt die Pflanze als sogenanntes „Henkerkraut“
[Hoffmann-Krayer und Bächtold-Stäubli: 1931, 1125]. Diesen Namen erhielt die Echte
Katzenminze, da man vermutete, dass ihre Wurzeln Zorn erregen. Um zur Hinrichtung fähig zu
sein, nahmen die damaligen Henker daher Pflanzen wie Salbei, Katzengamander und Echte
Katzenminze zu sich [Hirsch und Grünberger: 2005, 378]. Zudem wurde die Echte
Katzenminze als „weißer Dorant“ bezeichnet und galt als geister- und hexenvertreibend
[Hoffmann-Krayer und Bächtold-Stäubli: 1931, 1125]. In diesem Zusammenhang wird von
Ritualen berichtet, in denen Echte Katzenminze dazu beiträgt, einer Kuh, die aufgrund von
Hexerei keine Milch mehr geben konnte, die Milch zurückzubringen. Beispielsweise wurden
vor Sonnenaufgang im zunehmenden Mond drei Stängel des Krauts gepflückt und das
Melkgefäß damit gereinigt. Indem anschließend ein Zauberspruch genannt und die gesalzene
Pflanze von der Kuh verzehrt wurde, sollte die Kuh wieder Milch geben können [Hoffmann-
Krayer und Bächtold-Stäubli: 1931, 1125].

Diese mystischen Erzählungen über Nepeta cataria spiegeln sich ebenso in der Kultur einiger
UreinwohnerInnen wider. Die Echte Katzenminze gilt nämlich als „Schamanenpflanze“, deren
zerriebene Blätter in einer Pfeife geraucht werden. Der daraus entstehende Rauch besitzt eine
schwach psychoaktive Wirkung und soll einen leichten Rausch herbeiführen [Hirsch und
Grünberger: 2005, 378]. Aufgrund dieser Wirkung wurde die Echte Katzenminze in den
1960ern anstelle von Marihuana oder als Füllstoff in Marihuana verwendet. Da Nepeta cataria
sehr entzündlich ist, vermischte man sie mit Tabak. Besonders intensive Effekte konnten erzielt
werden, wenn Alkohol auf den Tabak gesprüht wurde. Das Rauchen der Echten Katzenminze
soll eine berauschende Wirkung haben und ebenso zu leichten visuellen als auch auditiven
Halluzinationen führen können [Grognet: 1990]. Diese Annahme ist jedoch umstritten, da die
psychoaktive Wirkung der Echten Katzenminze auf den Menschen als zu schwach eingestuft
wird [Hirsch und Grünberger: 2005, 378]. Aufgrund der zuverlässigeren Wirkung und der
besseren Verfügbarkeit von Marihuana, verschwand das Interesse an Echter Katzenminze als
Rauschmittel jedoch bald wieder.

Rückblickend besitzt die Echte Katzenminze eine lange und besondere Geschichte als
Heilpflanze bei unzähligen Beschwerden und galt zudem für eine kurze Zeit als populäre
halluzinogene Droge. Als Arzneimittel wird die Echte Katzenminze heutzutage jedoch kaum
noch verwendet, obgleich sie wieder vermehrt in Kräutergärten als Zier- und Duftpflanze

                                                                                             6
angepflanzt wird [Stoffler: 2000, 114]. In den letzten Jahrzehnten wurde Nepeta cataria vor
allem aufgrund ihrer besonderen Inhaltsstoffe vermehrt zum Gegenstand vieler Forschungen.
Besonders die Auswirkungen der Echten Katzenminze in Bezug auf das Verhalten der Felidae
stellen bis heute ein Phänomen dar, das noch nicht gänzlich geklärt ist.

2.4. Droge und Dosierung

Zur medizinischen Anwendung von Nepeta cataria verwendet man das Kraut -
Katzenminzenkraut (Nepetae catariae herba). Dieses wird zur Blütezeit (Juni bis September)
geerntet und besitzt einen minzartigen Geruch und bitteren Geschmack. Angebaut wird die
Droge in europäischen Ländern, wie Deutschland oder Frankreich, als auch in Nordamerika.
Die empfohlene Dosierung beträgt 1–4 Gramm Droge als Infusion, 2–4 Milliliter als
Flüssigkeitsextrakt (1:1) oder 3–6 Milliliter als Tinktur (1:5). Es gibt jedoch keine
internationalen Angaben zur Dosierung der Echten Katzenminze [Bäumler: 2021, 391].

Zur Zubereitung des Tees fügte man ursprünglich ungefähr 28 Gramm der getrockneten Blätter
und Stängel der Echten Katzenminze für zehn Minuten in 473 Milliliter gekochtes Wasser
[Grognet: 1990]. Dabei ist anzumerken, dass Kinder stets nur die halbe Menge zu sich nehmen
und den Tee auch nur die halbe Zeit ziehen lassen sollten. Da es keine Erfahrungswerte über
Wirkung auf das unausgereifte Immunsystem gibt, sollte die Droge zudem nicht von
Schwangeren, stillenden Müttern und Kindern unter drei Jahren konsumiert werden. Der
Geschmack des Tees wird als erfrischend beschrieben und soll zu Entspannung und
Glückseligkeit führen [Hirsch und Grünberger: 2005, 378]. Es wird empfohlen, den Tee zwei
Mal am Tag zu trinken, jedoch kann ein übermäßiger Konsum des Tees zum Erbrechen führen
[Bäumler: 2007, 235] [Grognet: 1990]. Die milde euphorisierende Wirkung soll nach dem
Genuss des Tees für etwa einer Stunde andauern [Alberts und Mullen: 2015, 162]. Interaktionen
oder Kontraindikationen der Pflanzenart sind nicht bekannt [Bäumler: 2021, 391].

Die Droge der Echte Katzenminze besitzt ein vielfältiges Wirkspektrum, das vor allem auf den
Nepetalactonen im ätherischen Öl beruht [Bäumler: 2021, 391]. Während die Blätter und Blüten
eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem haben soll, soll die Wurzel leicht stimulierend
wirken. Daher wurde die Echte Katzenminze schon seit vielen Jahren zur Behandlung nervöser
Beschwerden, Hysterie und Wahnsinn angewandt [Grognet: 1990]. Ähnlich wie bei Baldrian
besitzt Nepeta cataria eine mild sedative Wirkung, wodurch sie als beruhigende und

                                                                                           7
schlaffördernde Heilpflanze gegen Nervosität und Schlafstörungen gilt. Weiters führt das
ätherische Öl der Echten Katzenminze in größeren Mengen zu einer Dämpfung des Zentralem
Nervensystems. Auch in der Aromatherapie wird das ätherische Öl der Pflanzenart zur
Behandlung von Depressionen, Nervosität und stressbedingten Beschwerden sowie
Schlafstörungen eingesetzt und gilt als stimmungsaufhellendes Mittel. Möglicherweise ist
darüber hinaus aufgrund eines nootropen Potenzials ein günstiger Einfluss auf kognitive
Funktionen bei Alzheimer-Demenz gegeben [Bäumler: 2021, 391].

Zudem fungierte Nepeta cataria aufgrund des angenehmen Geschmacks und der milden
Wirkung als eines der ersten Arzneimittel für Kinder, das bei Koliken und Blähungen Abhilfe
schaffen sollte [Grognet: 1990]. Die entspannende und krampflösende Wirkung der Echten
Katzenminze machten sie daher zu einem wirksamen Mittel bei Magen- und Darmbeschwerden
[Hirsch und Grünberger: 2005, 378].

Weiters soll der Saft der Blätter gegen Zahnschmerzen wirken als auch durch seine kühlende
Wirkung Schwellungen reduzieren [Hirsch und Grünberger: 2005, 378]. Bei Zahnschmerzen
soll aber auch das Kauen der frischen Blätter Linderung verschaffen. Daher können
Zubereitungen der Echten Katzenminze bei Infektionen im Mund- und Rachenraum zur
Anwendung kommen [Bäumler: 2021, 391].

Mithilfe eines Umschlags soll der Tee der Echten Katzenminze bei Entzündungen der Haut,
Insektenstichen, Verbrennungen und zur Desinfektion von Wunden eine lindernde Wirkung
auslösen. Das Kraut stellt außerdem ein wichtiges Mittel bei Erkältungskrankheiten oder
Atemwegsinfektionen dar. Bei Asthma, Husten, verstopften Nebenhöhlen oder grippalen
Infekten fungiert ein starker Aufguss als antiseptisch wirkendes Inhalationsmittel [Hirsch und
Grünberger: 2005, 378]. Doch auch bei Nesselsucht, Rheuma, als Diaphoretikum oder als
Kältemittel, bei Keuchhusten und Masern, Asthma, Gelbsucht und Schmerzen aller Art tritt die
Echte Katzenminze als Heilpflanze in der Volksheilkunde in Verwendung [Grognet: 1990].

                                                                                            8
3. Anatomie und Morphologie

3.1. Systematik

Der vierkantige Stängel, die gegenständigen Blätter und die zygomorphen, zweilippigen
Blütenblätter der Echten Katzenminze sind repräsentative Merkmale der Familie der Lamiaceae
(Lippenblütler) [Fischer et al.: 2008, 779]. Die Lippenblütler besitzen innerhalb der
Eudikotyledonen (Echt-Zweikeimblättrigen) 236 Gattungen mit 7123 Arten, von denen die
Gattung Katzenminzen (Nepeta) ungefähr 300 Arten ausmachen. Eine weitere systematische
Einordnung zählt die Katzenminzen zur Unterfamilie der Minz-Ähnlichen (Nepetoideae) und
zur Tribus der Minzen (Mentheae). Die Mentheae verfügen über viele heimische Garten- und
Heilpflanzen wie zum Beispiel die Gattungen Salbei (Salvia) oder Gundermann (Glechoma)
[Jagel und Unterladstetter: 2018].

Die folgende Tabelle (Tab. 1) zeigt die systematische Gliederung von Nepeta cataria,
ausgehend vom Reich der Eukaryoten, die sich durch das Vorhandensein von Zellkernen
auszeichnen. Zum besseren Verständnis der Anatomie und Systematik von Nepeta cataria
werden im Anschluss die charakterisierenden Merkmale der eudikotylen Pflanzen als auch der
Ordnung, der Familie und der Unterfamilie der Echten Katzenminze beschrieben.

                            Tabelle 1: Systematik von Nepeta cataria

                                           Systematik
 Domäne                                 Eukaryota (Organismen mit echtem Zellkern)
 Reich                                  Embryophyta (Pflanzen)
 Abteilung bzw. Stamm                   Tracheophyta (Gefäßpflanzen)
                                        Euphyllophyta (Pflanzen mit echten Blättern)
 Unterabteilung                         Spermatophytina (Samenpflanzen)
 Klasse                                 Magnoliopsida (Bedecktsamer)
 Unterklasse                            Asteriden
 Ordnung                                Lamiales (Lippenblütlerartige)
 Familie                                Lamiaceae (Lippenblütler)
 Unterfamilie                           Nepetoideae (Minz-Artige)
 Tribus                                 Mentheae (Minzen)
 Gattung                                Nepeta (Katzenminzen)
 Art                                    Nepeta cataria (Echte Katzenminze)

                                                                                         9
3.1.1. Eudikotyledone Pflanzen (Echt-Zweikeimblättrige)

Die   Angiospermen        (bedecktsamige          Pflanzen)       werden       in     die    Einkeimblättrigen
(Monokotyledonen), die Einkeimöffnungspollen-Zweikeimblättrigen (frühe Angiospermen
inklusive   Magnolienähnliche)           und     die     Mehrkeimöffnungspollen-Zweikeimblättrigen
(Eudikotyledonen) gegliedert. Nepeta cataria zählt zu den Eudikotyledonen, die eine
monophyletische Gruppe darstellen und einen Großteil der zweikeimblättrigen Pflanzen
ausmachen (Abb. 1). Sie unterscheiden sich von den zweikeimblättrigen frühen Angiospermen
durch fehlende ätherische Öle in den Idioblasten, die meist wirtelig angeordneten Blütenorgane
und die tri- oder polyaperturaten Pollenkörner [Kadereit et al.: 2014, 670].

             Abbildung 1: Zwei Keimblätter von Nepeta cataria [Jagel und Unterladstetter: 2018]

Zu den eudikotylen Pflanzen zählt man krautige als auch holzige Pflanzen, deren Leitbündel
sich in den Sprossachsen als Eustele ausbilden. Sie entwickeln in der Regel eine Primärwurzel,
von dieser untergeordnete Seitenwurzeln entspringen (Allorrhizie). Die Blätter sind bis auf
wenige Ausnahmen mit einer netzförmigen Aderung versehen. Ein weiteres wichtiges Merkmal
der Eudikotyledonen sind die meist fünfzähligen Organwirtel und die Gliederung der
Blütenhüllen in einen Kelch (Calyx) und eine Krone (Corolla) [Kadereit et al.: 2014, 653].

Im Allgemeinen kann man diese zweikeimblättrige Pflanzengruppe in Rosiden und Asteriden
einteilen. Letztere besitzen in der Regel verwachsene Kronblätter und meist nur einen
Staubblattkreis. Zudem weisen die Asteriden tenuincucellate Samenanlagen mit einem
Integument und zellulärer Endospermbildung auf. Obwohl es innerhalb der Eudikotyledonen
auch viele holzige Arten gibt, sind unter den mitteleuropäischen Vertretern meist krautige

                                                                                                           10
Pflanzen, wie zum Beispiel die Tollkirschen (Atropa, Familie: Solanaceae) oder die in dieser
Arbeit analysierte Minzen (Mentha, Familie Lamiaceae), zu finden [Kadereit et al.: 2014, 653].

3.1.2. Lamiales (Lippenblütlerartige)

Mit 24 Familien, 1059 Gattungen und 23.810 Arten macht die Pflanzenordnung der
Lippenblütlerartigen (Lamiales) 12,3 % der Eudikotyledonen aus. Vertreter dieser Ordnung
sind oft krautig wachsend, besitzen gegenständige Blätter und Drüsenhaare. Generell sind die
zum größten Teil zwittrigen und zygomorphen Blüten vier- bis fünfzählig mit zwei bzw. vier
Staubblättern, die oft mit den Blütenblättern verwachsen sind [Gemeinholzer: 2018, 292].

Der Fruchtknoten besitzt zwei bis fünf verwachsene Fruchtblätter, die falsche Scheidewände
aufweisen können. Neben ätherischen Ölen kommen bei den Lamiales auch Iridoide als
sekundäre Inhaltsstoffe vor [Kadereit et al.: 2014, 293]. Anstatt von Stärke besitzen die
Pflanzen in den Samen Oligosaccharide wie zum Beispiel Stachyose [Kadereit et al.: 2014,
706].

3.1.3. Lamiaceae (Lippenblütler)

Die Pflanzenfamilie der Lamiaceae besteht aus 236 Gattungen mit 7173 Arten [Kadereit et al.:
2014, 706]. Die Vertreter der Familie sind kosmopolitisch verbreitet und sind bei uns häufig
auf feuchten Wiesen und in Wäldern zu finden [Gemeinholzer: 2018, 299].

Aufgrund der Bildung von ätherischen Ölen (Mono- und Sesquiterpene) gehören viele Heil-,
Gewürz-, und Duftpflanzen zu den Lippenblütlern [Gemeinholzer: 2018, 297]. Dazu zählen
wichtige Gattungen wie beispielsweise Lavandula (Lavendel), Melissa (Melisse), Mentha
(Minze) oder Salvia (Salbei) [Hess: 2005, 180].

Während die systematische Gliederung der Lamiaceae heutzutage logisch erscheint, war diese
im 18. Jahrhundert umstritten. Zu dieser Zeit konnte man die Familie der Eisenkrautgewächse
(Verbenaceae) nicht deutlich genug von den Lippenblütlern abgrenzen, da in beiden
Pflanzenfamilien Gruppierungen mit identen Übergangsmerkmalen auftraten [Jagel und
Unterladstetter: 2018]. Meistens sitzt der Griffel der Verbenaceae auf dem Scheitel des
Fruchtknotens auf, während sich der Griffel bei den Lamiaceae tief zwischen den Klausen

                                                                                           11
befindet. Heute werden die Lamiaceae breiter gefasst und enthalten einen großen Teil der
damaligen Verbenaceae [Weberling und Schwantes: 2000, 191].

In der Regel sind die Vertreter der Lamiaceae ein- bis mehrjährige Kräuter und Sträucher, selten
findet man innerhalb der Familie aber auch Bäume und Lianen. Die Pflanzen besitzen einfache,
kreuzweise gegenständige Blätter mit glatten, gezähnten, gekerbten oder gesägten Rändern und
keine Nebenblätter. Bezeichnend für die Lamiaceae sind der meistens vierkantige Stängel und
die hohle Sprossachse. Weiters sind die Stomata (Spaltöffnungen) der Pflanzen anicotisch und
oft befinden sich Drüsen und mehrzellige Haare auf den oberirdischen Pflanzenorganen
[Gemeinholzer: 2018, 299].

Die zygomorphen Blüten stehen einzeln oder befinden sich in trauben- bzw. ährenähnlichen
Blütenständen oder achselständig in dichten Scheinqirlen. Der Kelch aus fünf verwachsenen
Sepalen kann zwei- oder fünfzipflig sein und verbleibt bis zur Fruchtreife auf der Pflanze. Von
den fünf Kronblättern sind in der Regel zwei zu einer Oberlippe und drei zu einer Unterlippe
und basal zu einer Röhre verwachsen [Gemeinholzer: 2018, 299]. Die Unterlippe fungiert meist
als Landeplatz für Insekten, kann jedoch auch nur reduziert vorhanden sein oder ganz fehlen.
Meist sind vier Staubblätter (das mediane Staubblatt fehlt) vorhanden, die mit den Kronblättern
verwachsen sind. Der oberständige coenokarpe Fruchtknoten mit einem Griffel wird aus zwei
Fruchtblättern gebildet, die in der Regel eine falsche Scheidewand aufweisen und sich zu einer
vierteiligen Klausenfrucht entwickeln. Diese Frucht zerfällt bei der Reife in vier einsamige,
nüsschenartige Teilfrüchte (Klausen) [Hess: 2005, 180].

Weiters ist anzuführen, dass die Lippenblütengewächse von Insekten oder Vögeln bestäubt
werden, wofür komplexe Anpassungsmechanismen, wie z.B. der Hebelmechanismus beim
Salbei, ausgebildet sind. Andere Arten haben Saftmale auf den Blütenblättern der Unterlippe,
die UV-reflektierend sind und Insekten auf diese Weise zum Nektar führen. Eine weitere
Anpassung, die speziell für langrüsselige Insekten bzw. Kolibris ausgebildet wird, stellen
basale Nektardrüsen in der Kronröhre dar [Gemeinholzer: 2018, 299].

Die Verbreitung vollzieht sich teilweise durch die Ausbildung von Elaiosomen und
anschließender Myrmekochorie. Auch der Mensch spielte bei der Verbreitung der Lamiaceae
eine Rolle, indem Nutzpflanzen aus dem mediterranen Zentrum über die Alpen in die
Klostergärten des Mittelalters transportiert wurden [Hess: 2005, 180].

                                                                                             12
Die Bildung von ätherischen Ölen in den Drüsenhaaren und -schuppen stellt eine weitere
Besonderheit der Lamiaceae dar und begründet die Verwendung vieler Arten als Küchenkräuter
oder Heilpflanzen. Zum Großteil handelt es sich dabei um Mono- und Sesquiterpene wie z.B.
Menthol aus Mentha oder Thymol aus Thymus. Einige Taxa weisen Rosmarinsäure auf, die aus
zwei Einheiten Kaffeesäure besteht. Charakteristisch für die Lippenblütler sind ebenso die
Oligosaccharide der Stachyose-Reihe, die als Transport- und Speicherkohlenhydrate fungieren.
Hierbei handelt es sich um Saccharose, an welche ein bis drei Einheiten Galactose gefügt sind
[Hess: 2005, 180].

                                                                                          13
3.1.4. Nepetoideae/ Mentheae

Als artenreichste Unterfamilie der Lamiaceae besitzt die Unterfamilie Nepetoideae mehr als
130 Gattungen, die weltweit verbreitet sind. Durch die hexacolpaten, dreikernigen Pollenkörner
und die nährgewebslosen Samen lassen sich die Nepetoideae von den anderen Vertretern der
Lamiaceae abgrenzen. Die Nepetoideae weisen keine Iridoide auf, verfügen jedoch über
Rosmarinsäure und ätherisches Öl. Außerdem befindet sich eine Schleimepidermis auf den
Klausenfrüchten, durch welche unter Wassereinwirkung eine Schleimhülle (Myxocarpie) um
die Früchte entsteht [Linder: 2001, 14].

Zu den Nepetoideae zählen meistens Kräuter als auch Sträucher und Halbsträucher. Weitere
Merkmale dieser Unterfamilie sind gegenständige Blätter und Cymen in den Achseln der
Hochblätter. Kelch und Krone sind an der Basis miteinander verwachsen. Meistens bilden sich
vier Staubblätter aus, die sich in der Kronröhre befinden. Der vierteilige Fruchtknoten besteht
aus zwei Karpellen mit einem gynobasischen Griffel und bildet die vierteilige trockene Frucht
aus, die bei Reife in vier einsamige Teilfrüchte (Klausen) zerfällt. Man kann die Unterfamilie
der Nepetoideae in vier Tribus einteilen: Lavanduleae, Ocimeae, Elsholtzieae und Mentheae.
Die Mentheae besitzen in den Blütenkronen eine 2-3-Symmetrie. Zudem ist anzuführen, dass
die Staubblätter nah an der Oberlippe stehen. Oft besitzen Vertreter der Mentheae auf der
Unterlippe zwei Haarleisten am Eingang zur Blütenröhre [Linder: 2001, 15].

Von den weltweit ungefähr 250 - 300 Arten der Gattung Nepeta (Katzenminze) ist Nepeta
cataria die verbreitetste Pflanzenart [Jagel und Unterladstetter: 2018]. Ein besonderes Merkmal
der Nepeta-Arten ist der Reichtum an ätherischen Ölen, die sich in den Pflanzen befinden. Meist
sind Nepeta-Arten sehr widerstandsfähig und weisen aufgrund der ätherischen Öle kaum
Schädlingsbefall oder Erkrankungen auf [Bäumler: 2021, 391].

                                                                                            14
3.2. Anatomie der Echten Katzenminze

Die Echte Katzenminze (Abb. 2) ist eine krautige
mehrjährige Pflanze, die 40 Zentimeter bis zu einem Meter
hoch werden kann [Bäumler: 2007, 235]. Die Pflanzenart
ist in Südeuropa, Asien und Afrika verbreitet und kommt
als Neophyt ebenso in Neuseeland und Nordamerika vor.
Nepeta cataria ist vor allem im Bereich von einstigen
Kulturen wie z.B. auf trockenen Standorten bei
Schuttplätzen,   Wegrändern        und      Gärten      auffindbar
[Schmeil et al.: 2003, 549]. Oftmals zeigt sie sich ebenso
in der Nähe von Felsen auf bis zu 1500 Meter Höhe.
Generell bevorzugt Nepeta cataria leichte, sandige Böden
im Halbschatten oder in sonnigen Lagen. Zudem vermehrt                  Abbildung 2: Nepeta cataria [Jagel und
                                                                        Unterladstetter: 2018]
sich die Pflanzenart vegetativ durch Wurzelteilung,
wodurch sie leicht verwildert [Hirsch und Grüneberger:
2005, 378].

Als Vertreter der Familie der Lippenblütler besitzt Nepeta cataria einen vierkantigen, hohlen
und verzweigten Stängel, gegenständige Blätter und zygomorphe, zweilippige Blüten [Jagel
und Unterladstetter: 2018]. Der kantige, aufrechte und zumeist grüngräuliche Stängel ist, wie
die gesamte Pflanze, dicht mit einem Flaum bewachsen (Abb. 3) und trägt 2-8 Zentimeter große
Laubblätter. Der Stängel wird 40 bis 100 Zentimeter lang und ist meist verzweigt. Abhängig
von den Bedingungen des Standortes prägen sich Durchmesser, Verzweigungsmuster und
Farbe des Stängels unterschiedlich aus. Die Färbung reicht von graugrün bis rotgrün [Bäumler:
2007, 235].

                 Abbildung 3: Behaarter Stängel von Nepeta cataria [Jagel und Unterladstetter: 2018]
                                                                                                                 15
Die 2 bis 8 Zentimeter großen, aromatisch duftenden
Laubblätter sind mit einem 0,5 bis 4 Zentimeter langen Stiel
versehen und weisen eine gekerbte beziehungsweise
gesägte, herzförmige Blattspreite auf (Abb. 4). Weiters sind
die Blätter beidseitig behaart, wobei sie auf der Oberseite
mit der Zeit verkahlen [Jagel und Unterladstetter: 2018].
Meist werden die Blätter der Echten Katzenminze 5 bis 7,5
Zentimeter lang [Fischer et al.: 2008, 792]. Die Hochblätter
der Echten Katzenminze sind 1,5 bis 2,5 Millimeter groß
und eiförmig. Die Vorblätter sind kürzer als der Kelch und
                                                                          Abbildung 4: Oberseits verkahltes Blatt von
besitzen eine linear-pfriemliche Struktur [Pădure: 2006, 54].             Nepeta cataria [Jagel und Unterladstetter: 2018]

Die Blüten von Nepeta cataria entsprechen dem charakteristischen Aufbau der Lamiaceae
(Abb. 5). Dementsprechend teilen sie sich in eine Unterlippe und eine Oberlippe auf, wobei die
Oberlippe etwas kürzer als die Unterlippe ist. Weiters besitzt die Unterlippe eine muschel- oder
schlüsselförmige Ausprägung. Die Kronröhre ist ungefähr gleich lang wie der Kelch oder
überragt diesen minimal [Jagel und Unterladstetter: 2018]. Der Mittellappen der
Kronenunterlippe ist breiter als er lang ist und besitzt eine konkave Wölbung. Die Krone ist
meistens 7-zähnig. Die röhrenförmigen Kelche der Blüten sind ca. 0,5 bis 1 Zentimeter lang
und die Blütenkrone misst 7 bis 10 Millimeter. Die Blüten der Echten Katzenminze sind
cremeweiß, rosa bis schwach blasspurpurn [Fischer et al.: 2008, 792]. Oft lassen sich purpurne
Flecken und Punkte auf den Blütenblättern erkennen [Jagel und Unterladstetter: 2018]. Die
Blüten sind in Scheinquirlen angeordnet und stehen in ährenähnlichen, kurz gestielten
Blütenständen [Bäumler: 2021, 390].

              Abbildung 5: Blüten von Nepeta cataria mit muschelförmig gefleckter Unterlippe, links im
              männlichen Stadium (proterandrisch) und rechts im weiblichen Stadium (Griffel und geöffnete
              Narbe sichtbar) [Jagel und Unterladstetter: 2018]

                                                                                                                  16
Als Vertreter der Lamiaceae entwickelt Nepeta cataria Klausenfrüchte, die in vier einsamige
Teilfrüchte (Klausen) zerfallen, wenn sie reif werden. Die eiförmigen Klausen sind 1 bis 1,5
Millimeter groß und zeigen zwei weißen Flecken (Abb. 6) [Jagel und Unterladstetter: 2018].

        Abbildung 6: Klausenfrüchte von Nepeta cataria mit zwei weißen Punkten [Jagel und Unterladstetter: 2018]

Die Pflanzen blühen von Juni bis September und besitzen einen stark ausgeprägten Duft und
Geschmack nach Minze und Zitrone [Grognet: 1990]. Da die Pflanze nach Zitrone riecht, wird
sie oft auch fälschlicherweise als „Katzenmelisse“ bezeichnet [Fischer et al.: 2008, 792]. Des
Weiteren ist die Echte Katzenminze proterandrisch (vormännlich) und wird meist von Bienen,
Hummeln und Schmetterlingen bestäubt [Jagel und Unterladstetter: 2018].

                                                                                                                   17
4. Inhaltsstoffe

Pflanzen haben im Laufe der Evolution chemische Schutzmaßnahmen gebildet, um ihr
Bestehen auch an ungünstigen Standorten zu sichern. Dazu werden durch den
Sekundärstoffwechsel Substanzen mit ökochemischen Funktionen hergestellt, die entweder
präventiv gebildet und gespeichert werden oder erst bei Bedarf (z.B. durch eine Infektion mit
einem Krankheitserreger) induziert werden. Da diese sekundären Pflanzenstoffe einen
Stoffwechsel aufweisen, sind sie keine Stoffwechselendprodukte. Es gibt eine große Vielfalt an
pflanzlichen Sekundärstoffen, wobei jede Pflanze eine hohe Zahl an verschiedenen Substanzen
herstellen kann. Unterschieden werden die Verbindungen hinsichtlich ihrer Funktionen und
ihrer chemischen Strukturen. Die sekundären Pflanzenstoffe fungieren einerseits als chemische
Waffen und wirken dabei als Schreck- oder Bitterstoffe, als Gifte oder entwicklungsstörende
hormonähnliche Substanzen. Andererseits können sekundäre Pflanzenstoffe auch die Funktion
von Schutz-, Lock- oder Speicherstoffen übernehmen [Weiler und Nover: 2008, 345-348].

Zur Unterfamilie Nepetoideae zählen großteils aromatische Pflanzenarten, die ätherische Öle
enthalten. Besonders die Gattung Nepeta ist reich an sekundären Pflanzenstoffen, die auf eine
Vielfalt von chemischen und biologischen Aktivitäten verweisen. Bereits im Jahre 1955
konnten durch erste biochemische Untersuchungen der Gattung Nepeta viele chemisch
interessante Inhaltsstoffe wie Monoterpenderivate, Sesquiterpene, Di- und Triterpene,
Flavonoide und Phenole in den Vertretern der Gattung dokumentiert werden. Bis zum Jahre
2010 wurden ungefähr 193 chemische Verbindungen in Nepeta-Arten aufgefunden, wovon
sekundäre Pflanzenstoffe, vor allem Terpenoide und Polyphenole, sich als dominierend
erweisen [Formisano et al.: 2011].

Die wichtigsten Inhaltsstoffe der Echten Katzenminze sind Iridoide, Gerbstoffe und ätherisches
Öl, welches vor allem Monoterpene wie Nepetalacton, Actinidin, Citronellol und Geraniol
enthält [Alberts und Mullen: 2015, 162]. Da besonders das ätherische Öl der Echten
Katzenminze Wirkstoffe enthält, die bedeutend für die biologische Aktivität der Pflanze sind,
liegt der Fokus dieser Arbeit auf den Inhaltsstoffen des ätherischen Öls.

                                                                                           18
Um nun die Inhaltsstoffe des ätherischen Öls von Nepeta cataria genauer zu entschlüsseln, ist
vorerst anzumerken, dass die Zusammensetzung der Wirkstoffe je nach Entwicklungsstadium
der Pflanzenart variiert. Im vegetativen Stadium, im Knospen- als auch im Blütenstadium
weisen die Pflanzen unterschiedliche Prozentanteile an Inhaltsstoffen auf, wodurch die Werte
vieler Studien voneinander abweichen. Zudem hängt die chemische und biologische Vielfalt
dieser Heilpflanze von Faktoren wie Anbaufläche, Klimabedingungen, Erntezeit und
genetischen Veränderungen ab. Beispielsweise zeigen Untersuchungen des ätherischen Öls von
Nepeta-Arten im Blütenstadium hohe Mengen an α-Pinen, β-Pinen und 4aα,7β,7aα-
Nepetalacton, während Thymol, 4aα,7α,7aβ-Nepetalacton und α-Humulen im Fruchtstadium
die höchsten Werte im ätherischen Öl annehmen. Des Weiteren lassen sich einige Sesquiterpene
wie Spathulenol und Caryophyllenoxid zwar in hohen Mengen im vegetativen
Entwicklungsstadium finden, sind jedoch im Fruchtstadium nicht mehr präsent. Darüber hinaus
gibt es Studien, in denen Wirkstoffe in Pflanzenteilen auftauchen, die bei anderen Studien nicht
nachweisbar sind. Demzufolge sind solche Schwankungen in Quantität und Qualität der
Inhaltsstoffe in derselben Art auf äußere Faktoren (z.B. Entwicklungsstadium und Erntezeit)
zusammen mit Parametern wie Klima, Standort oder dem Auftreten eines Chemotyps
zurückzuführen. Dies zeigt, dass es große Differenzen in Gehalt und in der Zusammensetzung
der Wirkstoffe von Nepeta cataria während ihres Entwicklungszyklus gibt. Die
unterschiedliche Zusammensetzung des ätherischen Öls verweist auf Modifikationen im
Sekundärstoffwechsel, die mit dem Pflanzenwachstum und der Pflanzenentwicklung gekoppelt
sind [Mohammadi and Saharkhiz: 2011].

                                                                                             19
4.1. Ätherisches Öl der Echten Katzenminze

Als ätherisches Öl bezeichnet man Stoffgemische, deren Hauptbestandteile die mit
Wasserdampf flüchtigen, lipophilen, niedermolekularen Mono- und Sesquiterpene sind, die zur
Naturstoffgruppe der Terpenoide gehören [Hänsel und Sticher: 2010, 941]. Ätherische Öle
bestehen aus pflanzlichen Ausgangsstoffen, sind schwer löslich und verbreiten einen starken
Geruch. Meist liegen ätherische Öle in kleinen Tröpfchen vor, die stark lichtbrechend sind
[Weiler und Nover: 2008, 123]. Sie setzen sich aus ungefähr 20 bis 200 Substanzen zusammen,
die je nach Konzentration in Haupt-, Neben- und Spurenkomponenten einteilbar sind [Hänsel
und Sticher: 2010, 941]. Die ökochemische Funktion ätherischer Öle besteht vor allem in der
Abwehr von Arthropoden (Gliederfüßer). Dagegen wirkt der Duft der meisten ätherischen Öle
anziehend auf viele höhere Tiere bzw. Menschen [Weiler und Nover: 2008, 359-360].

Das ätherische Öl von Nepeta cataria ist zu 0,2 – 0,7% in der gesamten Pflanze enthalten und
besteht bis zu über 90 % aus Nepetalactonen, welche zu den stereoisomeren Iridoid-Lactonen
zählen und deren biologische Aktivität von besonderer Bedeutung ist [Suschke et al.: 2007].
Weitere wichtige Inhaltsstoffe des ätherischen Öls sind Actinidin, Citronellol, Thymol und
Geraniol [Alberts und Mullen: 2015, 162]. Daneben sind Nepetalsäure, α- und β-Pinen und
Citral in höherer Konzentration in der Pflanzenart aufzufinden. In geringeren Konzentrationen
kommen unter anderem Kampfer, Thymol, Humulen, Caryophyllen, Caryophyllenoxid,
Nepetasid und Nepetariasid vor. Außerdem sind in Nepeta cataria auch Hydroxyzimtderivate
wie Rosmarinsäure und Kaffeesäure als auch Flavonoide vorhanden [Bäumler: 2021, 391].

Diese große Menge an Inhaltsstoffen signalisiert eine Vielfalt an interessanten Auswirkungen
auf den menschlichen bzw. tierischen Organismus. In den folgenden Unterkapiteln werden nun
die wichtigsten Wirkstoffe des ätherischen Öls der Echten Katzenminze angeführt, wobei die
Wirkungen einiger Inhaltsstoffe genauer erläutert werden. Die Daten der Zusammensetzung
des ätherischen Öls der Echten Katzenminze wurden den Ergebnissen mehrerer
Untersuchungen ([Ashrafi et al: 2018] [Formisano et al: 2011] [Salehi et al: 2018] [Sharma et
al: 2021] [Tucker and Tucker: 1988]) entnommen und zusammengeführt.

                                                                                          20
Sie können auch lesen