ARTENSCHUTZRECHTLICHER FACHBEITRAG - Bebauungsplan Stadt Haigerloch Zollernalbkreis - Stadt ...

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ARTENSCHUTZRECHTLICHER FACHBEITRAG - Bebauungsplan Stadt Haigerloch Zollernalbkreis - Stadt ...
Stadt Haigerloch
              Zollernalbkreis

             Bebauungsplan
          „Hinter den Gärten ll“

             in Haigerloch-Hart

ARTENSCHUTZRECHTLICHER FACHBEITRAG

          Fassung vom 11.03.2021
ARTENSCHUTZRECHTLICHER FACHBEITRAG - Bebauungsplan Stadt Haigerloch Zollernalbkreis - Stadt ...
Bebauungsplan
„Hinter den Gärten ll“
in Haigerloch-Hart

Inhaltsübersicht

I.     Einleitung und Rechtsgrundlagen....................................................................................................... 1

1.     Untersuchungszeitraum und Methode..................................................................................................... 2

2.     Rechtsgrundlagen.................................................................................................................................... 5

II.    Beschreibung der vom Vorhaben betroffenen Biotop- und Habitatstrukturen................................6

1.     Lage des Untersuchungsgebietes........................................................................................................... 6

2.     Nutzung des Untersuchungsgebietes...................................................................................................... 7

3.     Schutzgebiete im Bereich des Untersuchungsgebietes.........................................................................10
       3.1.   Ausgewiesene Schutzgebiete nach dem Naturschutzrecht...........................................................10
       3.2.   Ausgewiesene FFH-Lebensraumtypen außerhalb von FFH-Gebieten...........................................11
       3.3.   Biotopverbund................................................................................................................................ 12
       3.4.   Nach § 33a NatSchG geschützte Streuobstbestände....................................................................14

III.   Vorhabensbedingte Betroffenheit von planungsrelevanten Arten..................................................15

1.     Farn- und Blütenpflanzen (Pteridophyta et Spermatophyta)..................................................................17

2.     Fledermäuse (Microchiroptera).............................................................................................................. 19

3.     Vögel (Aves).......................................................................................................................................... 26

4.     Reptilien (Reptilia)................................................................................................................................. 32

5.     Wirbellose (Evertebrata)........................................................................................................................ 35
       5.1. Käfer (Coleoptera)......................................................................................................................... 35
       5.2. Hautflügler (Hymenoptera)............................................................................................................. 39
       5.3. Schmetterlinge (Lepidoptera)......................................................................................................... 40

IV.    Ergebnis der artenschutzrechtlichen Prüfung..................................................................................41

V.     Zielartenkonzept des Landes Baden-Württemberg für Haigerloch.................................................45

VI.    Literaturverzeichnis............................................................................................................................. 48
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Bebauungsplan
„Hinter den Gärten ll“
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I.   Einleitung und Rechtsgrundlagen
Anlass für den vorliegenden Artenschutzbeitrag ist die Aufstellung des Bebauungsplanes ‚Hinter den Gärten
ll‘ in Haigerloch-Hart im Zollernalbkreis.

Abb. 1: Übersichtskarte mit der Lage des Plangebietes (schwarz gestrichelt).

                                                              Durch die Planaufstellung könnten Eingriffe vorbe-
                                                              reitet werden, die auch zu Störungen oder Verlus-
                                                              ten von geschützten Arten nach § 7 Abs. 2
                                                              BNatSchG oder deren Lebensstätten führen kön-
                                                              nen. Die Überprüfung erfolgt anhand des vorliegen-
                                                              den artenschutzrechtlichen Fachbeitrages.

                                                              Nachdem mit der Neufassung des Bundesnatur-
                                                              schutzgesetzes (BNatSchG) vom Dezember 2007
                                                              das deutsche Artenschutzrecht an die europäi-
                                                              schen Vorgaben angepasst wurde, müssen bei al-
                                                              len   genehmigungspflichtigen   Planungsverfahren
                                                              und bei Zulassungsverfahren nunmehr die Arten-
Abb. 2: Ausschnitt aus dem Abgrenzungsplan mit dem
Geltungsbereich des Bebauungsplanes (schwarz                  schutzbelange entsprechend den europäischen Be-
gestrichelt)
                                                              stimmungen durch eine artenschutzrechtliche Prü-
                                                              fung berücksichtigt werden.

Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag                                                                        Seite 1
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1.    Untersuchungszeitraum und Methode
Die artenschutzrechtlich relevanten Untersuchungen erfolgten zwischen dem 18.04.2019 und 15.09.2020
(Tab. 1).

In der nachfolgenden Tabelle sind alle Begehungstermine innerhalb des Untersuchungsraumes aufgeführt, in
denen das angetroffene Inventar an biotischen und abiotischen Strukturen auf eine mögliche Nutzung durch
artenschutzrechtlich indizierte Spezies untersucht und die angetroffenen relevanten Arten dokumentiert wur-
den. Neben der fortlaufenden Nummer sind die Erfassungszeiträume (Datum und Uhrzeit), der Bearbeiter
und die Witterungsverhältnisse angegeben. Den Erfassungsterminen sind jeweils die abgehandelten The-
men in Anlehnung an die arten- und naturschutzrechtlich relevanten Artengruppen und Schutzgüter zugeord-
net. Die Angabe Übersichtsbegehung wird für eingehende Kartierungen gewählt, bei welchen eine Einschät-
zung des Gebietes anhand der vorhandenen Habitatstrukturen hinsichtlich der Eignung als Lebensraum für
Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie, für europäische Vogel- und Fledermausarten sowie für die nach
dem Bundesnaturschutzgesetz besonders oder streng geschützten Arten erfolgt. Während der Begehungen
im Untersuchungsraum wird zudem grundsätzlich immer auf Beibeobachtungen aller planungsrelevanter Ar-
ten geachtet, wenngleich die Artengruppe in der Themenspalte nicht aufgelistet wird.

Während der Begehungen wurde das vorhandene Inventar an biotischen und abiotischen Strukturen auf
eine mögliche Nutzung durch artenschutzrechtlich indizierte Spezies untersucht und die vorgefundenen rele-
vanten Arten dokumentiert. Innerhalb des Acker-, Grünland-, Streuobst- und Gebäudebestandes als Haup-
teinheiten wurden Kleinstrukturen definiert, die als Habitate für Arten des Anhanges ll und IV der FFH-Richtli -
nie, für europäische Vogel- und Fledermausarten sowie für die nach dem Bundesnaturschutzgesetz beson-
ders oder streng geschützten Arten geeignet sein könnten.

So wurden auch sämtliche Strukturen nach vorjährigen Neststandorten, nach Bruthöhlen, nach Rupfplätzen
etc. abgesucht. Die Einstufung von Bäumen als Habitatbaum erfolgt in Anlehnung an die Definition des Alt-
und Totholzkonzeptes Baden-Württemberg (z. B. Bäume mit Stammhöhlen, Stammverletzungen, mit hohem
Alter oder starker Dimensionierung, stehendes Totholz mit BHD > 40 cm, Horstbäume).

Im Vordergrund der Ermittlung von potenziellen Arten stand auch die Selektion des Zielartenkonzeptes des
Landes Baden-Württemberg (ZAK). Diese erfolgt durch die Eingabe der kleinsten im Portal des ZAK vorge-
gebenen Raumschaft in Verknüpfung mit den Angaben des Naturraumes und der im Gebiet vorkommenden
Habitatstrukturen. Im Ergebnis lieferte das ZAK die zu berücksichtigenden Zielarten.

Außer 16 europäischen Vogel- und 16 Fledermausarten standen nach der Auswertung des ZAK zunächst bei
den Säugetieren die Haselmaus (Muscardinus avellanarius), bei den Reptilien die Zauneidechse (Lacerta
agilis) sowie bei den Schmetterlingen der Dunkle Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling (Maculinea nausithous),
der Große Feuerfalter (Lycaena dispar) und der Nachtkerzenschwärmer (Proserpinus proserpina) im Vorder-
grund. Von den Arten des Anhanges II der FFH-Richtlinie sollten nach dem ZAK der Hirschkäfer (Lucanus
cervus) berücksichtigt werden.

Die detaillierte Erfassungsmethode sowie die Ergebnisse der Kartierung sind in den jeweiligen nachfolgen -
den Kapiteln zu den einzelnen Artengruppen vermerkt.

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Tab. 1: Begehungstermine im Untersuchungsgebiet

Nr.        Datum         Bearbeit          Uhrzeit                          Wetter                       Thema
                           er
 (1)      18.04.2019       Kohnle      12:40 - 13:50 Uhr             17 °C, sonnig, windig         Übersichtsbegehung

 (2)      09.05.2019       Kohnle      10:40 - 11:35 Uhr             9 °C, Regen, windig           Prüfung Höhlenbäume

 (3)      10.05.2019       Kohnle      07:30 - 08:25 Uhr        7,5 °C, 90 % bewölkt, windstill    Prüfung Höhlenbäume

 (4)      13.05.2019       Kohnle      22:30 - 23:00 Uhr              5 °C, klar, windstill                 F, V

 (5)      04.12.2019       Kohnle      12:00 - 14:00 Uhr             1 °C, sonnig, windstill       Prüfung Höhlenbäume

 (6)      03.03.2020       Kohnle      19:10 - 20:10 Uhr         4 °C, 50 % bewölkt, windstill      V (v. a. Steinkauz)

 (7)      11.03.2020       Kohnle      08:00 - 09:00 Uhr   6 °C, 95 % bewölkt, schwach windig       V (v. a. Grauspecht)

 (8)      24.03.2020       Kohnle      08:00 - 08:45 Uhr        -2 °C, sonnig, schwacher Wind       V (v. a. Grauspecht)

 (9)      27.03.2020       Kohnle      14:20 - 15:00 Uhr    13,5 °C, sonnig, schwacher Wind                R, V

(10)      02.04.2020      Kohnle,      13:20 - 13:50 Uhr            12 °C, sonnig, windstill                 R
                          Reginka

(11)      15.04.2020      Kohnle,      12:30 - 13:20 Uhr        12 °C, sonnig, schwacher Wind                R
                          Mezger

(12)      21.04.2020       Kohnle      07:10 - 08:10 Uhr 8,5 °C, 50 % bewölkt, schwache Böen        V (v. a. Grauspecht)

(13)      23.04.2020       Kohnle      21:30 - 22:15 Uhr              12 °C, klar, windstill        V (v. a. Steinkauz)

(14)      12.05.2020      Mezger       11:00 - 11:40 Uhr   7 °C, 60 % bewölkt, schwacher Wind              R, V

(15)      27.05.2020       Kohnle      10:00 - 11:15 Uhr             16 °C, sonnig, windig                 R, V

(16)      09.06.2020       Kohnle      13:50 - 14:30 Uhr     11,5 °C, 100 % bewölkt, windstill             P, R

(17)      12.06.2020      Mezger       08:00 - 08:55 Uhr        10,5 °C, 80 % bewölkt, windstill           R, V

                          Mezger,
(18)      12.06.2020               21:40 - 22:40 Uhr                 21,5 °C, klar, windstill         F, V (Steinkauz)
                         Reinhardt

(19)      17.06.2020       Kohnle      04:30 - 05:20 Uhr        13 °C, 100 % bewölkt, windstill      V (v. a. Kuckuck)

(20)      22.06.2020       Kohnle      21:00 - 22:35 Uhr             18,5 °C, klar, windstill               F, V

(22)      29.06.2020      Kohnle,      21:15 - 22:30 Uhr        16,5 °C, klar, schwacher Wind               F, V
                          Mezger

(23)      07.07.2020      Kohnle,      04:00 - 05:10 Uhr              7 °C, klar, windstill                 F, V
                          Mezger

                                                            22,5 °C, 50 % bewölkt, schwacher
(24)      09.07.2020       Kohnle      09:50 - 10:20 Uhr                                                     S
                                                                          Wind

(25)      14.07.2020       Kohnle      04:25 - 05:15 Uhr             10,5 °C, klar, windstill               F, V

(26)      15.09.2020       Kohnle       21:25 – 21:55                17,5 °C, klar, windstill                F

Erläuterungen der Abkürzungen und Codierungen
Übersichtsbegehung: Erfassung aller angetroffenen artenschutzrechtlich relevanten Arten und Strukturen

F: Fledermäuse           P: Pflanzen             R: Reptilien               S: Schmetterlinge             V: Vögel

Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag                                                                                 Seite 3
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Ergänzend zu den eigenen Erhebungen wird das landesweite Zielartenkonzept (ZAK) für Haigerloch im Na-
turraum ‚Obere Gäue‘ dargestellt und bei der Ergebnisfindung mit diskutiert. Als zutreffende Habitatstruktu-
ren wurden ausgewählt:

    •    D2.2.1 Grünland frisch und (mäßig) nährstoffreich (typische Glatthaferwiesen und

                  verwandte Typen),

    •    D2.2.2 Grünland frisch und nährstoffreich (Flora nutzungsbedingt gegenüber D2.2.1 deutlich ver-
                  armt),

    •    D3.2     Streuobstwiesen frisch und (mäßig) nährstoffreich (typische Glatthaferwiesen und verwandte
                  Typen),

    •    D4.1     Lehmäcker,

    •    D6.1.2 Gebüsche und Hecken mittlerer Standorte,

    •    F1       Außenfassaden, Keller, Dächer, Schornsteine, Dachböden, Ställe, Hohlräume, Fensterläden
                  oder Spalten im Bauwerk mit Zugänglichkeit für Tierarten von außen; ohne dauerhaft vom
                  Menschen bewohnte Räume.

Im Zielartenkonzept für diese Auswahl sind 37 (38) Tierarten aus 4 (5) Artengruppen aufgeführt. Die zu be-
rücksichtigenden Arten nach dem Zielartenkonzept des Landes Baden-Württemberg (ZAK) sind in Tabelle 14
im Anhang dieses Gutachtens dargestellt. Die Angaben in Klammer schließen den Hirschkäfer aus dem An-
hang II der FFH-Richtlinie mit ein, welcher in jener Tabelle nicht mit aufgeführt ist.

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2.     Rechtsgrundlagen
Die rechtliche Grundlage für den vorliegenden Artenschutzbeitrag bildet der artenschutzrechtliche Verbotstat-
bestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG der folgendermaßen gefasst ist:
"Es ist verboten,
• wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten, nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre
  Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
• wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Auf-
  zucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn
  sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
• Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten der Natur zu entnehmen,
  zu beschädigen oder zu zerstören,
• wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen,
  sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören."

Die Verbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG werden um den Absatz 5 ergänzt, mit dem bestehende und von
der Europäischen Kommission anerkannte Spielräume bei der Auslegung der artenschutzrechtlichen Vor-
schriften der FFH-Richtlinie genutzt und rechtlich abgesichert werden sollen, um akzeptable und im Vollzug
praktikable Ergebnisse bei der Anwendung der Verbotsbestimmungen des Absatzes 1 zu erzielen. Danach
gelten für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des
§ 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, folgende Bestimmun-
gen:

1.     Sind in Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten oder europäische Vogelarten betroffen, liegt ein
       Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 (Schädigungsverbot) nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch
       den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signi-
       fikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen
       nicht vermieden werden kann. Weiterhin liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 (Störungsverbot)
       nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ru -
       hestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt bleibt. Die ökologische Funktion kann vorab durch vorge-
       zogene Ausgleichsmaßnahmen (so genannte CEF-Maßnahmen) gesichert werden. Entsprechendes gilt für Stand-
       orte wild lebender Pflanzen der in Anhang IVb der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten.
2.     Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eing riffs oder Vor-
       habens ein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- / Vermarktungsverbote nicht vor. Die artenschutzrechtlichen Verbote
       bei nach § 15 zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft sowie nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu-
       lässigen Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten somit nur für die in Anhang IV der FFH-RL aufgeführ-
       ten Tier- und Pflanzenarten sowie europäischen Vogelarten.

Bei den nur nach nationalem Recht geschützten Arten ist durch die Änderung des NatSchG eine Vereinfa-
chung der Regelungen eingetreten. Eine artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist für
diese Arten nicht erforderlich. Die Artenschutzbelange müssen insoweit im Rahmen der naturschutzrechtli-
chen Eingriffsregelung (Schutzgut Tiere und Pflanzen) über die Stufenfolge von Vermeidung, Minimierung
und funktionsbezogener Ausgleich behandelt werden. Werden Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i.V.m.
Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten erfüllt, müssen die Ausnahmevor-
aussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt sein.

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II.   Beschreibung der vom Vorhaben betroffenen Biotop- und Habitatstrukturen

1.    Lage des Untersuchungsgebietes
Das Untersuchungsgebiet befindet sich auf ca. 480 m ü. NHN am nordöstlichen Ortsrand des Haigerlocher
Stadtteiles Hart. Im Westen grenzt es an die bestehende Bebauungsgrenze an. Nach Norden, Süden und
Osten hin öffnet es sich in die freie Landschaft mit Acker-, Grünland- und Streuobstbeständen. Im Norden
und Süden des Gebietes verläuft jeweils ein direkt angrenzender Feldweg.

Abb. 3: Ausschnitt aus der topografischen Karte (Plangebiet schwarz gestrichelt)
(Geobasisdaten © Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, www.lgl-bw.de, Az.: 2851.9-1/19).

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2.    Nutzung des Untersuchungsgebietes
Das Plangebiet gliedert sich in die Nutzungstypen ‚Acker‘, ‚Streuobstbestand mit Wiesen- und Weidebewirt -
schaftung‘ sowie ‚Gebäudebestand‘.

Der mit Sommergetreide (2019) und einer einjährigen Blühmischung (2020) eingesäte Acker nimmt einen
Großteil des Untersuchungsgebietes im Osten ein. Westlich dieses Ackers befindet sich eine ausgedehnte
Streuobstwiese. Der Unterwuchs ist relativ artenarm und starkwüchsig und wird von Löwenzahn, Wiesen-
fuchsschwanz, Wiesen-Rispengras, Goldhahnenfuß, Zaunwicke, Spitzwegerich sowie vereinzelt Ruchgras
und Schnittlauch aufgebaut. Im Süden des Gebietes befindet sich eine vergleichbar aufgebaute Fettwiese
sowie eine Fettweide mit noch artenärmerer Zusammensetzung der Vegetation. Beide sind mit Obstbäumen
bestanden. Der Fettweidenbestand im Süden weist kleinflächig auch ausgemagerte Bereiche auf, wo ver-
mehrt Feld-Hainsimse (Luzula campestris), Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) und Knolliger Hahnenfuß (Ra-
nunculus bulbosus) vorkommen.

Bei dem Streuobstbestand handelt sich v. a. um Apfel- und Birnbäume; nur ganz vereinzelt sind Zwetschgen
eingestreut. Die Stammdurchmesser bewegen sich v. a. im Bereich zwischen 40 und 60 cm in Brusthöhe.
Drei Birnbäume im Südwesten und Südosten des Gebietes heben sich allerdings mit Stammdurchmessern
zwischen 80 und 100 cm besonders hervor.

Relativ zentral im Plangebiet ist ein niedriges Gebüsch aus Hartriegel und Rosensträuchern aufgewachsen.

Im Nordwesten des Gebietes steht eine Scheune, welche u. a. zur Lagerung von Holz verwendet wird.

Abb. 4. Mit Sommergetreide eingesäter Acker im Osten des Geltungsbereiches (Jahr 2019)

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Abb. 5. Streuobstbestand und Scheune im Nordwesten des Geltungsbereiches

Abb. 6. Bestand der Fettwiese, es dominieren Löwenzahn, Wiesenfuchsschwanz und Gold-Hahnenfuß

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Abb. 7: Südwestlicher Teil des Plangebietes mit Streuobstbestand über Fettwiese und Fettweide; zentral im Bild zwei
Birnbäume mit Stammdurchmessern von ca. 80 und 90 cm (Pfeile)

Abb. 8: Südöstlicher Teil des Plangebietes; links im Bild ein Birnbaum mit ca. 1 m Stammdurchmesser

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3.       Schutzgebiete im Bereich des Untersuchungsgebietes

3.1. Ausgewiesene Schutzgebiete nach dem Naturschutzrecht

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                                                                                             2

                                         6
                                                                       1

             7
     3                                                                                                 5

Abb. 9: Orthofoto des Planungsraumes mit Eintragung der Schutzgebiete in der Umgebung
(Geobasisdaten © Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, www.lgl-bw.de, Az.: 2851.9-1/19).

Tab. 2: Schutzgebiete in der Umgebung des Geltungsbereiches

Lfd. Nr. Biot.-Nr.            Bezeichnung                                                                           Lage
(1)        1-7619-417-8192 Offenlandbiotop: Uferschilfröhrichte im Gewann Brühläcker östlich von Hart               140 m S
(2)        1-7619-417-0564 Offenlandbiotop: Gehölze nordöstlich Hart                                                330 m O
(3)        176194170544       Offenlandbiotop: Salenhofweiher und östlich angrenzende Feuchtflächen                 940 m SW
(4)        1-7619-417-0563 Offenlandbiotop: Doline nordöstlich Hart                                                 580 m NO
(5)        1-7619-417-8197 Waldbiotop: Feldhecke im Gewann Ziegeläcker östlich von Hart                             680 m SO
(6)        84170250106        Naturdenkmal: 1 Linde, 1 Eiche, 2 Ahorn, 1 Esche                                      440 m SW
(7)        84170250027        Naturdenkmal: Salenwiesen                                                             870 m SW

Erläuterungen der Abkürzungen und Codierungen
Lage : kürzeste Entfernung vom Mittelpunkt des Geltungsbereiches zum Schutzgebiet mit der entsprechenden Richtung

Innerhalb des Geltungsbereiches bestehen keine Schutzgebiete. Das nächst gelegene ist ein Offenlandbio -
top in 140 m in südlicher Richtung. Es wird konstatiert, dass vom Vorhaben keine erheblichen negativen Aus-
wirkungen auf die Schutzgebiete und ihre Inventare in der Umgebung ausgehen.

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3.2. Ausgewiesene FFH-Lebensraumtypen außerhalb von FFH-Gebieten

                                                     1                        2

                                                                                   3

Abb. 10: Orthofoto mit Eintragung der Mageren Flachland-Mähwiesen (gelbe Flächen) in der Umgebung
(Geobasisdaten © Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, www.lgl-bw.de, Az.: 2851.9-1/19).

Tab. 3: Magere Flachland-Mähwiesen (FFH LRT 6510) in der Umgebung des Geltungsbereiches

Lfd. Nr. Biot.-Nr.                   Bezeichnung                                                              Lage
(1)       65108-000-46054614         Glatthafer-Wiese nordöstlich von Hart                                    angrenzend
(2)       65108-000-46054613         Glatthafer-Wiese nordöstlich von Hart                                    150 m NO
(3)       65108-000-46054668         Glatthafer-Wiese östlich von Hart                                        190 m SO

Erläuterungen der Abkürzungen und Codierungen
Lage : kürzeste Entfernung vom Mittelpunkt des Geltungsbereiches zum Schutzgebiet mit der entsprechenden Richtung

Innerhalb des Geltungsbereiches befinden sich keine ausgewiesenen FFH-Lebensraumtypen. Die nächst
gelegene Magere Flachland-Mähwiese grenzt direkt in nordwestlicher Richtung an. Vom Vorhaben gehen
keine erheblichen negativen Wirkungen auf die FFH-Lebensraumtypen und deren Inventare in der Umge-
bung aus.

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3.3. Biotopverbund

Der Fachplan „Landesweiter Biotopverbund‟ versteht sich als Planungs- und Abwägungsgrundlage, die ent-
sprechend dem Kabinettsbeschluss vom 24.04.2012 bei raumwirksamen Vorhaben in geeigneter Weise zu
berücksichtigen ist. Die Biotopverbundplanung ist auf der Ebene der kommunalen Bauleitplanung eine Ar-
beits- und Beurteilungsgrundlage zur diesbezüglichen Standortbewertung und Alternativen-Prüfung sowie
bei der Ausweisung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen-Flächen.

Der Fachplan „Landesweiter Biotopverbund‟ stellt im Offenland drei Anspruchstypen dar – Offenland trocke-
ner, mittlerer und feuchter Standorte. Innerhalb dieser wird wiederum zwischen Kernflächen, Kernräumen
und Suchräumen unterschieden. Kernbereiche werden als Flächen definiert, die aufgrund ihrer Bioto -
pausstattung und Eigenschaften eine dauerhafte Sicherung standorttypischer Arten, Lebensräume und Le-
bensgemeinschaften ermöglichen können. Die Suchräume werden als Verbindungselemente zwischen den
Kernflächen verstanden, über welche die Ausbreitung und Wechselwirkung untereinander gesichert werden
soll.

Abb. 11: Biotopverbund (farbige Flächen) in der Umgebung des Geltungsbereiches (schwarz gestrichelte Linie)

Der Geltungsbereich tangiert zwei Kernflächen innerhalb eines Kernraumes des ‚Biotopverbundes mittlerer
Standorte‘. Bei diesen Kernflächen handelt es sich um Streuobstbestände, welche vollständig beansprucht
(überbaut) werden. Bei den betroffenen Anteilen des Kernraumes handelt es sich um eine Ackerfläche sowie
ebenfalls um Streuobstwiesen.

Die innerhalb der Kernflächen und des Kernraumes befindlichen Streuobstbestände enthalten zahlreiche Ha-
bitatbäume. Diese stellen ein Brut- und Nahrungshabitat für die Avifauna mit z. T. streng geschützten Arten
dar, sowie ein Quartier- und Jagdhabitat mit Leitstrukturen in Ost-West- und Nord-Südrichtung für Fleder-
mäuse. Mit dem Streuobstbestand verschwindet ein wichtiges verbindendes Element des Streuobstgürtels
um Hart. Kernflächen des Biotopverbundes sind potenzieller Lebensraum für standorttypische Arten, zu de-
nen beispielsweise die Zauneidechse zählt, die im Gebiet auch nachgewiesen wurde. Es handelt sich hierbei

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um eine wenig mobile Art, die bei Habitatverlust nicht ohne Weiteres entfernte Lebensräume aufsuchen
kann. Ein Ausgleich des Zauneidechsenhabitates erfolgt als CEF-Maßnahme auf den Flurstücken Nr.
267/268 und 4633.

Im Landschaftsplan zum FNP Haigerloch 2025 wird angeregt, dass Eingriffe in den Streuobstbestand 1:1
ausgeglichen werden müssen. Der § 33a NatschG schreibt nun Neupflanzungen im Verhältnis 1:1 vor. Er-
folgt die Anlage sinnvoll im Verbund mit bereits vorhandenen Streuobstflächen um Hart, entstehen mittel- bis
langfristig wieder neue Biotopverbundflächen in der Raumschaft. Die Neupflanzungen sind direkt östlich des
Plangebietes vorgesehen. Durch Großbaumverpflanzung der wertvollsten Habitatbäume aus dem Eingriffs-
bereich in diese Ausgleichsflächen hinein kann der zeitweilige Verlust an Biotopverbundfläche an Ort und
Stelle abgemildert werden, indem hierdurch kurzfristig ein verbindendes Element aus erwachsenen Bäumen
in Nord-Süd-Richtung geschaffen wird. Zudem erfolgt die Erschließung in zwei Bauabschnitten. Dabei wird
der Großteil des bestehenden Streuobstbestandes für die nächsten 5 Jahre erhalten bevor dann frühestens
der 2. Bauabschnitt realisiert wird. So können die neu gepflanzten Bäume bereits eine gewisse Wertigkeit er-
reichen. Unabhängig von diesem Verfahren wird angemerkt, dass gemäß des neuen §22 im NatSchG für die
Gemeinden über die Berücksichtigung des Biotopverbundes in Planungsangelegenheiten hinaus eine Ver-
pflichtung besteht, eigene Biotopverbundpläne zu erstellen und die im Fachplan Landesweiter Biotopverbund
dargestellten Elemente „durch Biotopgestaltungsmaßnahmen und durch Kompensationsmaßnahmen mit
dem Ziel zu ergänzen, den funktionalen Biotopverbund zu stärken“.

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3.4. Nach § 33a NatSchG geschützte Streuobstbestände

Nach dem Naturschutzgesetz sind Streuobstflächen, die eine Mindestfläche von 1500 m² umfassen, zu er-
halten. Mit Genehmigung können solche Bestände in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden. Die
Genehmigung soll jedoch versagt werden, wenn die Erhaltung des Streuobstbestandes im überwiegenden
öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Streuobstbestand für die Leistungsfähigkeit des Natur -
haushalts oder für den Erhalt der Artenvielfalt von wesentlicher Bedeutung ist. Eine Umwandlung eines
Streuobstbestandes in eine andere Nutzungsform erfordert einen Ausgleich, welcher vorrangig durch eine
Neupflanzung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen muss.

Die Streuobstfläche im Plangebiet beträgt exakt 8848 m². Somit wird für deren Umwandlung eine Genehmi-
gung benötigt. Diese ist an einen 1:1-Ausgleich der beanspruchten Fläche gebunden. Dabei ist es sinnvoll,
die Flächen für die Neupflanzung so zu wählen, dass bestehende Teile des Streuobstgürtels um Hart neu
verbunden werden bzw. verstärkt werden.

Die Untere Naturschutzbehörde geht bei ihrer Vermessung des Bestandes von rund 0,88 ha Streuobstfläche
aus und fordert einen Ausgleich von 1:2 um zusätzlich auch der Bedeutung als Jagdhabitat für Fledermäuse
Rechnung zu tragen. Aufgrund der Bedeutung des Streuobstbestandes als Jagdhabitat für Fledermäuse wird
ein Ausgleich von 1:2 notwendig.

Abb. 12: Luftbild mit Darstellung des vom Eingriff betroffenen Streuobstbestandes (rote Linie)

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III. Vorhabensbedingte Betroffenheit von planungsrelevanten Arten
Im Nachfolgenden wird dargestellt, inwiefern durch das geplante Vorhaben planungsrelevante Artengruppen
betroffen sind. Bezüglich der streng geschützten Arten, der Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie sowie
den europäischen Vogelarten (= planungsrelevante Arten) ergeben sich aus § 44 Abs.1 Nr. 1 bis 3 i.V.m.
Abs. 5 BNatSchG für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe folgende Verbote:

Schädigungsverbot:

Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten und damit verbundene vermeidbare
Verletzung oder Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsformen.

Abweichend davon liegt ein Verbot nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vor -
haben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gewahrt wird.

Störungsverbot:

Erhebliches Stören von Tieren während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wan-
derungszeiten.

Abweichend davon liegt ein Verbot nicht vor, wenn die Störung zu keiner Verschlechterung des Erhaltungs -
zustandes der lokalen Population führt.

Tab. 4: Durch das Vorhaben potenziell betroffene Artengruppen und die Eignung des Gebietes als Habitat

Arten / Artengruppe      Habitateignung                                                 § gesetzlicher Schutzstatus

Farn- und                potenziell geeignet – Das Vorkommen von planungsrelevan- besonders / streng geschützt,
Blütenpflanzen           ten Farn- und Blütenpflanzen war nicht grundsätzlich auszu- Anhang IV FFH-RL
                         schließen. Der Untersuchungsraum liegt innerhalb des Haupt-
                         verbreitungsgebietes der Dicken Trespe (Bromus grossus)
                         und Bestände von der Art in der weiteren Umgebung sind be-
                         kannt. Die Ackerflora im Gebiet wurde erfasst.
                             ➢   Es erfolgt eine nachfolgende Darstellung der Er-
                                 gebnisse (Kap. III.1).

Säugetiere               potenziell geeignet – Eine potenzielle Nutzung durch Fleder- besonders / streng geschützt,
(inkl. Fledermäuse)      mäuse als Jagdhabitat, Leitstruktur und Quartier war gegeben. Anhang IV und II FFH-RL
                         Begehungen mit Ultraschall- und Aufzeichnungsgerät wurden
                         vorgenommen.
                             ➢   Es erfolgt eine nachfolgende Darstellung der Er-
                                 gebnisse (Kap. III.2).
                         nicht geeignet – Ein Vorkommen der im ZAK aufgeführten
                         Haselmaus (Muscardinus avellanarius) kann im Plangebiet
                         ausgeschlossen werden. Die Art benötigt als Lebensraum
                         dichte Hecken und Gebüsche in gutem Verbund, mit einem
                         hohen Anteil an früchtetragenden Gehölzarten. Im Geltungs-
                         bereich kommt lediglich ein kleinflächiges Hartriegelgebüsch
                         vor, welches nicht an größere Heckenstrukturen angebunden
                         ist. Auch Streuobstbestände werden gelegentlich von der Art
                         genutzt. Der Streuobstbestand im Plangebiet ist jedoch von
                         weiteren Streuobstwiesen durch Wege bzw. dazwischen lie-
                         gende Freiflächen abgetrennt.

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Tab. 4: Durch das Vorhaben potenziell betroffene Artengruppen und die Eignung des Gebietes als Habitat

Arten / Artengruppe      Habitateignung                                                  § gesetzlicher Schutzstatus

Säugetiere               Zudem stehen die Bäume überwiegend so locker, dass eine         besonders / streng geschützt,
(inkl. Fledermäuse)      Fortbewegung für die Haselmaus in der Kronenschicht nicht       Anhang IV und II FFH-RL
                         durchgehend möglich ist.
                             ➢   Es erfolgt keine weitere Prüfung.

Vögel                    geeignet – Es stehen potenzielle und tatsächlich genutzte     alle Vögel mind. besonders
                         Nistgelegenheiten für Höhlenbrüter, Zweigbrüter, Nischenbrü- geschützt, VS-RL, BArtSchV
                         ter sowie für wenig störungsempfindliche Bodenbrüter zur Ver-
                         fügung.
                             ➢   Es erfolgt eine nachfolgende Darstellung der Un-
                                 tersuchungsergebnisse (Kap. III.3).

Reptilien                potenziell geeignet – Planungsrelevante Reptilienarten konn- besonders / streng geschützt,
                         ten in Teilen des Plangebietes erwartet werden.              Anhang IV FFH-RL
                         Die im ZAK aufgeführte Zauneidechse (Lacerta agilis) wurde
                         mithilfe künstlicher Verstecke und per Sichtbeobachtung nach-
                         gesucht.
                             ➢   Es erfolgt eine nachfolgende Darstellung der Un-
                                 tersuchungsergebnisse (Kap. III.4).

Amphibien                nicht geeignet – Das Vorkommen von planungsrelevanten      besonders / streng geschützt,
                         Amphibienarten kann aufgrund fehlender Biotopeigenschaften Anhang IV FFH-RL
                         (keine Laichgewässer, keine geeigneten Überwinterungsplät-
                         ze) ausgeschlossen werden.
                             ➢   Es erfolgt keine weitere Prüfung.

Wirbellose               nicht / ggf. geeignet – Ein Auftreten der vom ZAK genannten besonders / streng geschützt,
                         Falterarten Großer Feuerfalter (Lycaena dispar), Dunkler Wie- Anhang IV FFH-RL
                         senknopf-Ameisen-Bläuling (Maculinea nausithous) und
                         Nachtkerzenschwärmer (Proserpinus proserpina) im Plange-
                         biet wird ausgeschlossen. Es kommen keine nennenswerten
                         Bestände der von diesen Arten benötigten Fraßpflanzen
                         (nicht-saure Ampfer-Arten, Großer Wiesenknopf, Nachtkerzen-
                         und Weidenröschenarten) im Gebiet vor und zudem sind auch
                         nicht die entsprechenden Biotoptypen vorhanden (Frischwie-
                         sen, Wiesen- oder Ackerbrachen, trockene und feuchte Stau-
                         denfluren). Auf Vorkommen besonders geschützter Vertreter
                         der Artengruppe wurde geachtet.
                             ➢   Es erfolgt eine nachfolgende Darstellung der Er-
                                 gebnisse (Kap. III.5.3).

                         potenziell geeignet – Ein Vorkommen des Hirschkäfers im
                         Plangebiet kann ausgehend von den vorhandenen Biotop-
                         strukturen nicht völlig ausgeschlossen werden.
                             ➢   Es erfolgt eine nachfolgende Diskussion
                                 (Kap. III.5.2).

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„Hinter den Gärten ll“
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1.       Farn- und Blütenpflanzen (Pteridophyta et Spermatophyta)
Ein Vorkommen von planungsrelevanten Arten dieser Gruppe im Wirkungsbereich wird aufgrund der Lage
des Planungsraumes außerhalb des Verbreitungsgebietes der Art (V) und aufgrund nicht vorhandener Le-
bensraumstrukturen für ein Habitat der Art im Planungsraum (H) abgeschichtet.

Der Status der Dicken Trespe (Bromus grossus) (gelb hinterlegt) wird überprüft.

Tab. 5: Abschichtung der Farn- und Blütenpflanzen des Anhanges IV der FFH-Richtlinie nach dem Verbreitungsgebiet
        und den Habitat-Eigenschaften (ggf. mit Angabe zum Erhaltungszustand) 1
Eigenschaft                                                                                                               Erhaltungszustand
                   Deutscher Name                                        Wissenschaftliche Bezeichnung
     V       H                                                                                                        1     2       3       4        5
     !       ?     Dicke Trespe                                          Bromus grossus                               +      -       -       -        -
     X       X     Frauenschuh                                           Cypripedium calceolus                        -      -      +       +         -
     X       X     Sumpf-Siegwurz                                        Gladiolus palustris                          +     +       +       +        +
     X       X     Sand-Silberscharte                                    Jurinea cyanoides                            -     +        -       -        -
     X       X     Liegendes Büchsenkraut                                Lindernia procumbens                         -     ?        -       -        -
     X       X     Sumpf-Glanzkraut                                      Liparis loeselii                             +     +        -       -        -
     X       X     Kleefarn                                              Marsilea quadrifolia                         -      -       -       -        -
     X       X     Bodensee-Vergissmeinnicht                             Myosotis rehsteineri                         +     +       +       +        +
     X       X     Biegsames Nixenkraut                                  Najas flexilis                               ?     ?       ?       ?        ?
     X       X     Sommer-Schraubenstendel                               Spiranthes aestivalis                        +     +       +       +        +
     X       X     Europäischer Dünnfarn                                 Trichomanes speciosum                        +     +       +       +        +

Erläuterungen der Abkürzungen und Codierungen
V        mit [ X ] markiert: Plangebiet liegt außerhalb des Verbreitungsgebietes der Art.
H        mit [ X ] markiert: Habitat-Eigenschaften für ein Artvorkommen fehlen im Wirkungsbereich des Plangebietes.
[!]      Vorkommen nicht auszuschließen; [ ? ] Überprüfung erforderlich
LUBW: Die Einstufung erfolgt über ein Ampel-Schema, wobei „grün“ [ + ] einen günstigen, „gelb“ [ - ] einen ungünstig-unzureichenden und „rot“ [ - ] einen
ungünstig-schlechten Erhaltungszustand widerspiegeln. Lässt die Datenlage keine genaue Bewertung eines Parameters zu, wird dieser als unbekannt
(grau) [ ? ] eingestuft. Die Gesamtbewertung, also die Zusammenführung der vier Parameter, erfolgt nach einem festen Schema. Beispielsweise ist der
Erhaltungszustand als ungünstig-schlecht einzustufen, sobald einer der vier Parameter mit „rot“ bewertet wird.
1        Verbreitung                                   2    Population                                  3   Habitat
4        Zukunft                                       5    Gesamtbewertung (mit größerer Farbsättigung)

Der Geltungsbereich befindet sich innerhalb des südwestdeutschen Hauptverbreitungsgebietes der Dicken
Trespe (Bromus grossus). Die Art beansprucht grundsätzlich einen ‚extensiven‘ Feldfruchtanbau, bei wel-
chem zunächst auf eine tiefe Bodenbearbeitung (z.B. Schälpflügen) zugunsten einer flachgründigen Stoppel-
bearbeitung (z.B. durch Scheibeneggen) verzichtet wird. Darüber hinaus sollte der Dünger- und Herbizidein -
satz vor allem in den Randlagen dosiert werden bzw. nur bei Ausfall-Gefahren angewandt werden. Als
Fruchtanbau ist vor allem Wintergetreide geeignet und innerhalb diesem bevorzugt der Dinkelanbau, da die-
ser Anbau-Zyklus dem biologischen Zyklus von Bromus grossus am nächsten kommt.

Im Untersuchungszeitraum wurde die Ackerfläche mit Sommergetreide sowie einer einjährigen Blühmi-
schung bewirtschaftet. Es erfolgte Mitte Juni 2020 eine Nachsuche der Dicken Trespe auf dem Acker im Os-
ten des Plangebietes. Die Art wurde nicht festgestellt, dafür eine Vielzahl anderer Ackerbeikräuter, v. a. da
der südliche Teil des Ackers noch mit Stoppeln brach lag. Die Arten sind in Tab. 6 dargestellt.

1 gemäß: LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (Hrsg.) (2013): FFH-Arten in Baden
  Württemberg – Erhaltungszustand 2013 der Arten in Baden-Württemberg.

Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag                                                                                                               Seite 17
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Der als Einzelexemplar festgestellte Acker-Hahnenfuß (Abb. 14) gilt in Baden-Württemberg als gefährdet
(Rote Liste BaWü: 3).

Tab. 6: Festgestellte Ackerbeikräuter im Plangebiet

Name wissenschaftlich         Name deutsch                    Name wissenschaftlich       Name deutsch
Alopecurus myosuroides        Acker-Fuchsschwanz              Myosotis arvensis           Acker-Vergissmeinnicht

Anagallis arvensis            Acker-Gauchheil                 Papaver rhoeas              Klatschmohn

Centaurea cyanus              Kornblume                       Polygonum aviculare         Vogelknöterich

Chenopodium album             Weißer Gänsefuß                 Polygonum maculosa          Floh-Knöterich

Convolvulus arvensis          Ackerwinde                      Ranunculus arvensis         Acker-Hahnenfuß

Elymus repens                 Kriechende Quecke               Rumex crispus               Krauser Ampfer

Equisetum arvense             Ackerschachtelhalm              Sonchus asper               Raue Gänsedistel

Euphorbia helioscopia         Sonnwend-Wolfsmilch             Sonchus oleraceus           Kohl-Gänsedistel

Euphorbia peplus              Garten-Wolfsmilch               Thlaspi arvense             Acker-Hellerkraut

Fumaria officinalis           Gewöhnlicher Erdrauch           Tripleurospermum inodorum   Geruchlose Kamille

Geranium dissectum            Schlitzblättr. Storchschnabel   Veronica arvensis           Feld-Ehrenpreis

Lactuca serriola              Kompass-Lattich                 Vicia tetrasperma           Viersamige Wicke

Abb. 13; Stoppelacker im Süden des Plangebietes mit reichhaltiger Beikrautflora

                                                                  ✔    Aufgrund des Vergleichs der artspezifi-
                                                                       schen Habitatansprüche mit den Gegeben-
                                                                       heiten vor Ort sowie aufgrund der Untersu-
                                                                       chungsergebnisse wird ein Vorkommen
                                                                       der indizierten Arten ausgeschlossen. Da-
                                                                       mit wird auch ein Verstoß gegen die Ver-
                                                                       botstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 und
                                                                       1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG und § 44 Abs. 1
                                                                       Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG ausgeschlos-
                                                                       sen.
Abb. 14: Acker-Hahnenfuß

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2.     Fledermäuse (Microchiroptera)

Die nachfolgenden Nennungen der Fledermausarten für den Bereich des Messtischblattes 7619 (NW) stam-
men entweder aus der Dokumentation der LUBW, Ref. 25 – Arten- und Flächenschutz, Landschaftspflege
oder sind dem Zielartenkonzept (ZAK) entnommen.

Wie in Tab. 7 dargestellt, liegen der LUBW für das Messtischblatt-Viertel jüngere Nachweise (l) von 12 Fle-
dermausarten vor. Die Artnachweise in den Nachbarquadranten sind mit "NQ" dargestellt, die aus dem ZAK
stammenden Arten sind mit "ZAK" angegeben. Datieren die Meldungen aus dem Berichtszeitraum vor dem
Jahr 2000, so ist zusätzlich "1990-2000" vermerkt.

Tab. 7: Die Fledermausarten Baden-Württembergs mit der Einschätzung eines potenziellen Vorkommens im Untersu-
        chungsraum sowie der im ZAK aufgeführten Spezies (Quadranten der TK 1:25.000 Blatt 7619 NW) mit den An-
        gaben zum Erhaltungszustand. 2

Deutscher Name              Wissenschaftliche             Vorkommen3 4 bzw.         Rote Liste FFH-                    Erhaltungszustand
                            Bezeichnung                       Nachweis                B-W 1)   Anhang
                                                                                                                 1           2   3   4       5
Mopsfledermaus              Barbastella barbastellus     l / ZAK                           1        II / IV      -           -   -   -        -

Nordfledermaus              Eptesicus nilssonii          ZAK                               2          IV         +           ?   ?   ?       ?

Breitflügelfledermaus       Eptesicus serotinus          l / ZAK                           2          IV         +           ?   ?   +       ?

Nymphenfledermaus           Myotis alcathoe              NQ                               k.A.        IV         -           -   -   -        -

Bechsteinfledermaus         Myotis bechsteinii           l / ZAK                           2        II / IV      +           +   -   -        -

Wasserfledermaus            Myotis daubentonii           l / ZAK                           3          IV         +           +   +   +       +

Großes Mausohr              Myotis myotis                l / ZAK                           2        II / IV      +           +   +   +       +

Kleine Bartfledermaus       Myotis mystacinus            l / ZAK                           3          IV         +           +   +   +       +

Fransenfledermaus           Myotis nattereri             l / ZAK                           2          IV         +           +   +   +       +

Kleiner Abendsegler         Nyctalus leisleri            l / ZAK                           2          IV         +           ?   -   -        -

Großer Abendsegler          Nyctalus noctula             l / ZAK                           i          IV         +           -   +   ?        -

Rauhhautfledermaus          Pipistrellus nathusii        l / ZAK                           i          IV         +           +   +   +       +

Zwergfledermaus             Pipistrellus pipistrellus    l / ZAK                           3          IV         +           +   +   +       +

Mückenfledermaus            Pipistrellus pygmaeus        NQ (1990-2000) / ZAK              G          IV         +           ?   +   +       +

Braunes Langohr             Plecotus auritus             l / ZAK                           3          IV         +           +   +   +       +

Graues Langohr              Plecotus austriacus          NQ / ZAK                          G          IV         +           ?   -   -        -

Zweifarbfledermaus          Vespertilio murinus          NQ (1990-2000) / ZAK              i          IV         +           ?   ?   ?       ?

Erläuterungen der Abkürzungen und Codierungen

1): BRAUN ET AL. (2003): Rote Liste der gefährdeten Säugetiere in Baden-Württemberg. In: BRAUN, M. & F. DIETERLEIN (Hrsg.) (2003): Die
Säugetiere Baden-Württembergs, Band 1.
1: vom Aussterben bedroht                               2: stark gefährdet                                    3: gefährdet
G: Gefährdung unbekannten Ausmaßes                      i: gefährdete wandernde Tierart
FFH-Anhang IV: Art nach Anhang IV der FFH-Richtlinie    FFH-Anhang II / IV: Art nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie
BNatSchG §§: streng geschützte Art nach dem Bundesnaturschutzgesetz.

2    gemäß: LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (Hrsg.) (2013): FFH-Arten in Baden
     Württemberg – Erhaltungszustand 2013 der Arten in Baden-Württemberg.
3    gemäß LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - Geodaten für die Artengruppe der
     Fledermäuse; Ref. 25 – Arten- und Flächenschutz, Landschaftspflege; Stand 01.03.2013
4    BRAUN & DIETERLEN (2003): Die Säugetiere Baden-Württembergs, Band I, Allgemeiner Teil Fledermäuse (Chiroptera). Eugen Ulmer
     GmbH & Co., Stuttgart, Deutschland.

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Tab. 7: Die Fledermausarten Baden-Württembergs mit der Einschätzung eines potenziellen Vorkommens im Untersu-
        chungsraum sowie der im ZAK aufgeführten Spezies (Quadranten der TK 1:25.000 Blatt 7619 NW) mit den An-
        gaben zum Erhaltungszustand.

Erläuterungen der Abkürzungen und Codierungen
LUBW: Die Einstufung erfolgt über ein Ampel-Schema, wobei „grün“ [ + ] einen günstigen, „gelb“ [ - ] einen ungünstig-unzureichenden und „rot“ [ - ] einen
ungünstig-schlechten Erhaltungszustand widerspiegeln. Lässt die Datenlage keine genaue Bewertung eines Parameters zu, wird dieser als unbekannt
(grau) [ ? ] eingestuft. Die Gesamtbewertung, also die Zusammenführung der vier Parameter, erfolgt nach einem festen Schema. Beispielsweise ist der
Erhaltungszustand als ungünstig-schlecht einzustufen, sobald einer der vier Parameter mit „rot“ bewertet wird.
1   Verbreitung                                    2    Population                                     3   Habitat
4   Zukunft                                        5    Gesamtbewertung (mit größerer Farbsättigung)

Untersuchungen zur lokalen Gemeinschaft von Fledermäusen innerhalb eines Untersuchungsraumes kön-
nen grundsätzlich nur im aktiven Zyklus der Arten vorgenommen werden. Dieser umfasst den Zeitraum von
(März -) April bis Oktober (- November) eines Jahres. Außerhalb diesem herrscht bei den mitteleuropäischen
Arten die Winterruhe.

Die aktiven Phasen gliedern sich in den Frühjahrszug vom Winterquartier zum Jahreslebensraum im
(März-) April bis Mai. Diese mündet in die Wochenstubenzeit zwischen Mai und August. Die abschließende
Phase mit der Fortpflanzungszeit endet mit dem Herbstzug in die Winterquartiere im Oktober (- November).

Diese verschiedenen Lebensphasen können allesamt innerhalb eines größeren Untersuchungsgebietes statt
finden oder artspezifisch unterschiedlich durch ausgedehnte Wanderungen in verschiedenen Räumen. Im
Zusammenhang mit einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sollten vor allem die Zeiträume der Wo-
chenstuben und des Sommerquartiers mit der Fortpflanzungsphase genutzt werden. Besonders geeignet
sind dabei die Monate Mai bis September.

Abb. 15: Höhle mit am Stamm herabgelaufener Flüssigkeit (links) sowie weiter oben am Baum befindliche flache
Astausfaulungen (Mitte, rechts)

Quartierkontrollen: Zur Ermittlung der lokalen Fledermausfauna wurden zunächst die Bäume im Gebiet
nach Höhlen und Spalten abgesucht. Die Höhlen wurden mit einer Endoskopkamera untersucht um eine
Nutzung oder Nutzungsspuren festzustellen. Es wurden keine konkreten Hinweise auf eine aktuelle Nutzung
gefunden. Ein Baum wies austretende Flüssigkeit aus einem Riss am Stamm auf. Da zunächst vermutet

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wurde, dass es sich hierbei um ausfließende Exkremente von Fledermäusen handeln könnte, wurde der
Baum eingehend auf eine weiter oben evtl. vorhandene Höhle untersucht. Da keinerlei Strukturen gefunden
wurden, kann eine Nutzung des Baumes durch Fledermäuse ausgeschlossen werden und die Flüssigkeit
deutet vmtl. auf einen Fäulnisprozess im Stamm hin. Weiterhin wurde in einem Apfelbaum eine potenziell als
Sommer- oder Wochenstubenquartier nutzbare Stammhöhle registriert. In einem weiteren, starkstämmigeren
Apfelbaum konnte ebenfalls eine Quartiernutzung zunächst nicht ausgeschlossen werden. Dieser Baum
weist am Stamm drei Höhlen an Astaustrittstellen auf, welche allesamt in größerer Höhe liegen (die unterste
etwa auf 2,5 m). Die unterste Höhle war gefüllt mit einer braunen zähen und unangenehm riechenden orga -
nischen Flüssigkeit (Abb. 15). Da zunächst nicht auszuschließen war, dass es sich hierbei um Exkremente
von Fledermäusen handelt, die von einer der oberen Höhlen im Stamminneren nach unten gesickert sind,
wurden diese Höhlen mithilfe einer Leiter und Endoskopkamera inspiziert. Dabei zeigte sich, dass keine der
beiden Höhlen einen Zugang ins Stamminnere bietet, sondern es sich lediglich um relativ flache Ausfaulun-
gen handelt (Abb. 15). Eine Eignung dieses Baumes als Sommerquartier oder Winterquartier für Fledermäu-
se ist somit nicht gegeben.

Abschließend erscheinen insgesamt 16 der gefundenen Strukturen po-
tenziell als Tageshangplätze für Fledermäuse geeignet, wobei es sich
um Spalten und kleine Höhlen im Stamm oder abstehende Rindenteile
handelte (Abb. 16). Eine weitere Höhle eignet sich vom Volumen her po-
tenziell als Sommerquartier (z. B. Wochenstubenquartier). Da aufgrund
der Höhe der Bäume im Gebiet die Kronenbereiche jedoch nicht voll-
ständig einsehbar sind, ist mit einem größeren Quartierpotenzial als an-
gegeben zu rechnen.

Die Scheune im Norden des Geltungsbereiches ist von außen für Fle-
dermäuse zugänglich (Abb. 17). Im Inneren konnten jedoch keine Spu-
                                                                           Abb. 16: Potenzielles Tagesquartier in
ren einer aktuellen oder früheren Nutzung entdeckt werden (übertagen- einer Stammspalte
de Tiere, Kotansammlungen, Sekretverfärbungen an den Balken, Mumi-
en).

Baumfällungen und Gebäudeabrisse dürfen vorsorglich nur außerhalb der aktiven Phase der Fledermäuse
vorgenommen werden, also nicht in der Zeit vom 1. März bis 31. Oktober. Aufgrund der insgesamt 16 als Un-
terschlupf nutzbaren Spalten und Höhlen sind 32 Fledermauskästen (16 Tagesquartier-Flachkästen, 16 Fle-
dermaus-Höhlenkästen) sowie aufgrund von einem potenziellen Sommer-/Wochenstubenquartier 2 Sommer-
quartierkästen in der nahen Umgebung des Gebietes zu verhängen. Um als vorgezogene Ausgleichsmaß-
nahme wirksam zu werden, müssen die Kästen so bald wie möglich vor Beginn der Eingriffe verhängt wer-
den (CEF-Maßnahme). Die Kästen sind an geeigneter Stelle anzubringen. Dies bedeutet in mind. 3 m Höhe,
erschütterungsfrei und mit der Öffnung nach Süden, Südwesten oder Südosten orientiert. Zudem muss dar-
auf geachtet werden, die Kästen gleichmäßig in den umgebenden Streuobstbeständen zu verteilen.

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Abb. 17. Dachstuhl der Scheune ohne Hinweise auf eine
Nutzung durch Fledermäuse (links und rechts)

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                                                           Fledermäuse das Gelände als Jagdraum nut-
                                                           zen, wurden im Mai 2019 sowie im Juni, Juli und
                                                           September 2020 Transektbegehungen des Un-
                                                           tersuchungsgebietes mit einem Ultraschallde-
                                                           tektor (SSF BAT 3) durchgeführt. Ergänzend
                                                           wurde ein Batcorder (ecoObs GmbH: Batcorder
                                                           3.1) im Gebiet aufgestellt bzw. bei den o. g.
                                                           Transektbegehungen mitgeführt. Es konnten
                                                           insbesondere in den Abend- und frühen Nacht-
                                                           stunden sowohl akustisch, wie auch visuell,
                                                           starke Aktivitäten von Fledermäusen innerhalb
                                                           des Streuobstbestandes festgestellt werden. Die
Abb. 18: Erhaltungswürdige bzw. zu verpflanzende           gehäuften Signale zur Ausflugszeit nach Son-
Habitatbäume (gelb umrandet)
                                                           nenuntergang    stammen     allesamt   von   der
Zwergfledermaus (Tab. 8, Nr. 1 und 2). Die Nutzung eines der Bäume als Quartier liegt daher nahe, konnte
aber im Laufe der Aus- und Einflugskontrollen nicht weiter konkretisiert werden. Da Fledermäuse ihre Quar-
tiere wechseln, um den Parasitendruck zu minimieren, verläuft ein Quartiernachweis nicht immer erfolgreich.
Weitere, mit dem Batcorder im Gebiet mit einer Sicherheit zwischen 60 – 99 % festgestellte Arten, sind die
Fransenfledermaus (2 Signale), der Große Abendsegler (1 Signal), die Rauhhautfledermaus (2 Signale) und
die Mopsfledermaus (1 Signal), siehe Tab. 9. Die Mopsfledermaus ist vom Aussterben bedroht (Rote Liste:
1). Inzwischen ergaben sich im Rahmen einer anderen gutachterlichen Untersuchung im Ortsinneren von
Hart Nachweise auf Quartiernutzungen durch die Mopsfledermaus; auch den Naturschutzverbänden vor Ort
liegen Informationen über ein Wochenstubenquartier in Hart vor. Die Mopsfledermaus nutzt bis zu 10 ver-
schiedene Teiljagdgebiete, die im Allgemeinen Flächengrößen zwischen 0,05–0,7 km² haben, welche sich

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meist in einem Umkreis von bis zu 5 km um das Quartier befinden (Berg & Wachlin 2004). Diesen Angaben
folgend und aufgrund der Nähe des Streuobstbestandes zur Fortpflanzungsstätte und aufgrund des hohen
Gefährdungszustandes der Art, ist davon auszugehen, dass es sich bei dem 0,88 ha großen Streuobstbe-
stand im Plangebiet um ein essenzielles Teiljagdhabitat der Mopsfledermaus handelt. Da sich rund um Hart
noch Streuobstbestände im Umfang von ca. 14 ha befinden, wird davon ausgegangen, dass der Verlust des
Bestandes im Plangebiet vorübergehend von diesen aufgefangen werden kann, bis die Neupflanzungen ihre
Funktion als Jagdhabitat erfüllen. Um ausschließen zu können, dass aufgrund des Verlustes dieses Nah-
rungshabitates der Mopsfledermaus die erfolgreiche Reproduktion in der Fortpflanzungsstätte in Gefahr ist,
wird angeraten, Erhaltungs- und Optimierungsmaßnahmen im Bereich der Fortpflanzungsstätte im Ort vorzu-
nehmen, welche durch ein auf Fledermäuse spezialisiertes Fachbüro geplant und begleitet werden müssen.

Um das mögliche Quartier der Zwergfledermaus zu berücksichtigen, ist vorgesehen, durch Großbaumver-
pflanzung die struktur- und höhlenreichen Bäume zu sichern. Ergänzend sind 2 Sommerquartierkästen in der
Umgebung zu verhängen.

Es geht ein zusammenhängender und nicht unerheblicher Teil des östlich von Hart gelegenen Streuobstgür-
tels verloren. Durch die Inanspruchnahme des Streuobstbestandes werden ein zusammenhängendes Jagd-
habitat sowie Leitstrukturen zerschnitten bzw. entfernt, die Fledermäusen als Orientierung auf ihren Transfer-
flügen dienen können. Im Rahmen des § 33a NatschG wird ein 1:1-Ausgleich der in Anspruch genommenen
Streuobstfläche, also rund 8850 m², notwendig. Diese Neupflanzungen können zur langfristigen Minimierung
des Eingriffes beitragen. Es wird im Osten und Südosten an das Plangebiet angrenzend ein Streuobstgürtel
neu gepflanzt, weiterhin vorgesehen sind Neupflanzungen auf weiteren von der Stadt vorgeschlagenen Flur -
stücken, sodass insgesamt ein Ausgleich von 1:2 erzielt werden kann. Zudem erfolgt die Erschließung in
zwei Bauabschnitten. Dabei wird der Großteil des bestehenden Streuobstbestandes für die nächsten 5 Jahre
erhalten bevor dann frühestens der 2. Bauabschnitt realisiert wird. So können die neu gepflanzten Bäume
bereits eine gewisse Wertigkeit erreichen. Die wertvollsten Habitatbäume sollen durch eine Großbaumver-
pflanzung in die östlich ans Gebiet angrenzende zukünftige Streuobstfläche hinein gesichert werden. Ist eine
Verpflanzung des kompletten Baumes mit Krone nicht möglich, so sind zumindest die Stämme, ggf. auch mit
Hauptästen aufzustellen. Durch die Großbaumverpflanzungen kann kurzfristig wieder eine Leitstruktur in
Nord-Süd-Richtung geschaffen werden. In Abb. 18 sind die aus Sicht der Fledermaus- und Avifauna wert-
vollsten Habitatbäume vermerkt. Bei Verpflanzung der in Abb. 18 dargestellten Bäume verringert sich die Anzahl
notwendiger Kästen auf 2 Sommerquartierkästen, 7 Fledermaus-Flachkästen und 7 Fledermaus-Höhlenkästen.
Das Grünland in den Ausgleichsflächen ist als artenreiche Mähwiese zu entwickeln. Dies bedeutet die Ver-
wendung eines geeigneten Saatgutes (z. B. ‚Blumenwiese‘ der Fa. Rieger-Hofmann) sowie die angepasste
Pflege (je nach Aufwuchsstärke ein- bis mehrmaliges Mähen mit Abräumen, erster Schnitt etwa zur Haupt -
blütezeit der Gräser oder kurz danach). Eine zusätzliche Aufwertung erfolgt durch das jährliche Stehenlas-
sen von Altgrasstreifen.

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