Auf der Reise durch die Immobilienwirtschaft
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Hackesche Höfe © Berlin Partner/FTB-Werbefotografie 3 interview Auf der Reise durch die Immobilienwirtschaft 13° östliche Länge, 52° nördliche Breite, Zielpunkt: Berlin. Im Visier: Philipp C. Tabert, Geschäftsführender Gesellschafter, Winters & Hirsch Property Consultants GmbH Ausgabe 16/2006 ➠ ➠
Das Deutsche Theater 4 interview Herr Tabert: Die Restitution war für uns ein sehr erfolgreiches Geschäft. Der Grund PROPERTY MAGAZINE: Herr Tabert, bitte dafür liegt sicherlich u. a. darin, dass charakterisieren Sie für unsere Leser Winters & Hirsch jüdische Wurzeln hat und kurz den Aufgabenbereich von Winters & somit auch seit je her gegenüber anderen Hirsch. Immobiliendienstleistern eine gesonderte PROPERTY MAGAZINE: Im Jahr 1990 star- Rolle innerhalb der jüdischen Gemeinde Herr Tabert: Winters & Hirsch ist ein inha- tete Winters & Hirsch mit einem Büro in spielte. Wir sind in vielen Charity- bergeführtes Familienunternehmen. Wir Berlin. Tätigkeitsschwerpunkt nach der Organisationen tätig und haben über die sind ein klassischer Full-Service-Dienst- Wende waren vor allem Restitutionsfälle. Jahre hinweg – natürlich insbesondere leister, der schwerpunktmäßig in Berlin Besonders bekannte Projekte, die Ihr durch die jeweils erfolgreich abgeschlos- tätig ist. Wir beraten im Bereich Unternehmen begleitet hat, waren zum senen Projekte – eine hohe Reputation in Investment Advisory, im An- und Verkauf Beispiel das Mosse-Zentrum, das Spree- diesen Kreisen erlangt. Insgesamt können von Immobilien sowie im Valuation dreieck an der Friedrichstraße und das die Restitutionsfälle von 1990 bis 2000/01 Advisory. Zudem sind wir auch im Property Deutsche Theater. Mittlerweile sind die als Kerngeschäft von Winters & Hirsch Management tätig, d.h. dass wir für unse- Restitutionsfälle zu großen Teilen abge- bezeichnet werden, was im Laufe der letz- re Kunden – insbesondere unserem inter- handelt. Wie hat sich infolgedessen der ten Jahre aber aufgrund der Gegeben- nationalem Kundenstamm – Immobilien- Tätigkeitsschwerpunkt Ihres Unterneh- heiten zu einem auslaufenden Geschäfts- besitz, der in Berlin erworben wurde, nach mens verändert? bereich geworden ist. Natürlich bearbeitet internationalen kaufmännischen Richt- Winters & Hirsch auch jetzt noch Restitu- linien verwalten. tionsfälle, dieses sind aber nur noch Ausgabe 16/2006 ➠ ➠
5 Das Mosse- Zentrum Einzelfälle, die über Jahre hinweg aufgrund der anhängigen Rechts- interview treitigkeiten verschiedene Gerichtsinstanzen durchlaufen haben. PROPERTY MAGAZINE: Welches Berliner Objekt ist hierfür ein Beispiel? Herr Tabert: Das Wertheim-Grundstück in Berlin zum Beispiel. In diesem Fall waren sehr viele Rechtstreite anhängig. Um zurück zur Ausgangsfrage zu kommen, die Restitutionsfälle machen mittlerweile noch ungefähr zehn Prozent des Jahresumsatzes aus. „Aus der Restitution heraus“ ist unser Unternehmen zu einem Full-Service-Anbieter herangewachsen. Mittlerweile betreuen wir einen hohen Anteil an internationalen Kunden, die auf dem Berliner Markt einen lokalen Immobiliendienstleister mit klassischem Immobilien-Know-how benötigen. Hier berät Winters & Hirsch insbesondere große Investment-Banken, internationale Private-Equity-Fonds, vermögende Privatgesell- schaften, Stiftungen, die ORCO Property Group, die derzeit einer der größten Investoren auf dem Berliner Markt ist, Versicherungs- gesellschaften, die ihren Besitz umstrukturieren möchten etc. PROPERTY MAGAZINE: Wie schätzen Sie prozentual das Verhältnis zwischen nationalen und internationalen Kunden bei Winters & Hirsch ein, Herr Tabert? Herr Tabert: Rund 95 Prozent unserer Käufer sind internationales Klientel. Bis zum dritten Quartal 2006 führte Winters & Hirsch bereits über 60 Transaktionen durch, wovon lediglich zwei Transaktionen auf den Auftrag deutscher Kunden zurückzuführen Im Dialog: Philipp C. Tabert sind. mit Michaela Schroer (l.), Ausgabe 16/2006 ➠ ➠ Chefredakteurin PROPERTY MAGAZINE
Bundesministerium des Innern © Land Berlin/Thie 6 interview PROPERTY MAGAZINE: Der Berliner Markt ver- zeichnete 2000 vor allem durch den Wechsel des Regierungsstandorts einen Boom im Bereich Vermietung. Wie schätzen Sie die Situation für 2006 ein? Herr Tabert: Natürlich waren die letzten Jahre stark durch große Verkäufe und Vermietungen auf dem Markt dominiert, doch aufgrund des starken Interesses gerade auch seitens internationaler Invest- oren am Berliner Markt als Hauptstadt, rechnen wir auch nach Abschluss des Auf der anderen Seite kommt hinzu, dass Jahres mit keinem Negativ-Trend. Speziell die Berliner Staatskassen leer sind und die im Bereich der Bürovermietung verzeich- Behörden in den nächsten Monaten dazu Herr Tabert: Dieses halten wir für keine net unser Research im Vergleich zu 2005 gezwungen sein werden, einige ihrer angemessene Lösung. Die Verschuldung bislang einem leichten Anstieg. Berlin als Objekte auf dem Markt anzubieten, um die Berlins liegt bei ca. 60 Milliarden Euro, der deutsche Metropole mit tiefgreifender Löcher in den Staatskassen zu kaschieren, Immobilienbestand der Stadt wird auf ca. Geschichte profitiert derzeit durch einen was zu einigen äußerst interessanten An- 12-15 Milliarden Euro geschätzt, die jährli- Boom im Bereich Tourismus, der auch wei- geboten im Bereich Wohnungsbaugesell- chen Zinsaufwendungen zur Bedienung teren Aufwind durch die Errichtung des schaften mit hohen Transaktionsvolumen der Verschuldung beläuft sich auf rund 2,5 internationalen Flughafens erfahren wird. führen wird. Milliarden. Das heißt, der Abverkauf des Die Verbesserung der Infrastruktur wird gesamten Portfolios wäre nur ein Tropfen sich aber natürlich zwangsläufig auch PROPERTY MAGAZINE: Wie stehen Sie zu auf dem heißen Stein. Hier müssen ganz positiv auf die anderen Bereiche auswirken den vielerorts diskutierten Forderungen andere Effekte eingebracht und wirt- und den gesamten Berliner Wirtschafts- den gesamten städtischen Wohnungs- schaftspolitische Bereiche seitens der standort stärken. bestand zu verkaufen, Herr Tabert? Regierung umstrukturiert werden. Ausgabe 16/2006 ➠ ➠
Potsdamer Platz © Land Berlin/Thie 7 Die Arbeitslosenquote muss gesenkt, der dramatische Wohnungs- leerstand muss durch die Zuwanderung von Bürgern entschärft werden, es müssen letztendlich noch stärkere Anreize für inter- interview nationale Investoren geschaffen werden. Denn sinkende Arbeits- losenquoten sowie sinkender Wohnungsleerstand werden auf der anderen Seite die Nachfrage nach Investitionen weiter stei- gen lassen und sich infolgedessen auch positiv auch auf andere Bereiche wie den Büromarkt auswirken. Viele Büroflächen in prominenter Lage stehen leer, weil die Büroflächen nicht den Bedürfnissen am Markt entsprechen und das Kapital fehlt, diese instand zu setzen. Vollvermietung verzeichnen derzeit nur Objekte, die auch einen bestimmten Standard aufweisen, der bei einem Großteil der Berliner Immobilien mangels ausreichender Investments nicht gegeben ist. In unseren Augen ist die Errichtung des neuen Flughafens Berlin- Brandenburg-International am Standort Schönefeld diesbezüg- lich schon einmal ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der internationale Flughafen wird wichtige Impulse für verschie- dene Bereiche geben, so wie es der neue Berliner Hauptbahnhof bereits pünktlich zur WM geschafft hat. PROPERTY MAGAZINE: Was war in 2006 bislang der größte Deal für Winters & Hirsch? Herr Tabert: Wir begleiteten eine Portfolio-Transaktion von fast 100 Millionen Euro, die vor wenigen Tagen abgeschlossen wor- den ist. Das Paket bestand aus 40 Häusern. Ausgabe 16/2006 ➠ ➠
Reichstagskuppel Berliner Dom, Schlossbrücke© Land © Land © Berlin Partner/FTB-Werbefotografie Berlin/Gläser 8 interview PROPERTY MAGAZINE: Blicken wir von Berlin aus nach London, Paris oder Mai- land und lassen wir die wirtschaftspoliti- schen Aspekte Deutschlands größtenteils einmal außen vor, Herr Tabert. Woran liegt es, dass der Berliner Investmentmarkt für Büroimmobilien so stark im Fokus der ausländischen Investoren ist? Herr Tabert: Der Erstellungspreis einer Immobilie ist in Deutschland momentan höher als der Kaufpreis einer Immobilie. PROPERTY MAGAZINE: Wenn Sie eine Prognose für den Berliner Markt für die nächs- D. h., wenn Sie eine Büroimmobilie bauen, ten fünf Jahre abgeben müssten, wie würde die aussehen? sind die Baukosten höher als die Rendite, die den Erwerb des Grundstücks und die Herr Tabert: Die Wohnungs- und Büromieten werden unterstützt durch die konjunk- Realisierung des Projekts durch den Kauf- turelle Entwicklung um ca. 10 bis 20 Prozent steigen. Berlin ist in Deutschland nicht preis oder die Mieten einbringen kann. nur kulturell ein Zugpferd, sondern auch im Bereich Immobilien. Im internationalen Dieses verhält sich auf den anderen euro- Ranking wird die Stadt – auch über die Sprungmarke von fünf Jahren betrachtet – päischen Märkten wie London oder Paris nur sehr langsam aufholen, da die wirtschaftspolitische Situation, insbesondere genau umgekehrt und führt zu einem flo- auch die Verschuldung Berlins, ein großes Manko darstellt. rierenden Investmentmarkt. Nach unserer Meinung ist dieses derzeit der größte An- PROPERTY MAGAZINE: Vielen Dank für das freundliche Gespräch, Herr Tabert. reiz für ausländische Investoren. Weitere Infos: redaktion@property-magazine.eu Ausgabe 16/2006 ➠ ➠
Sie können auch lesen