Bayerisches Zahnärzteblatt

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Bayerisches Zahnärzteblatt
3/2019

                                     Bayerisches Zahnärzteblatt

Schwerpunktthema:
Zahnerhaltung
Zahnerhalt gelingt – Reattachment von Kronenfragmenten nach dentalem Trauma
Aufhellung verfärbter Zähne – Möglichkeiten der Bleichtherapie
Die implantatgestützte Frontzahnkrone – Definitive prothetische Versorgung

BLZK
Niederlassung – Erfahrungen aus erster Hand
Deutliche Warnung – Bundesverfassungsrichter kritisiert Taktik der EU
Flexibel und effektiv – Die Leistungen der Bayerischen Ärzteversorgung

KZVB
Approbationsordnung – Bayern macht Druck
Digitalisierung – Apple und der Gesundheitsmarkt
„Spahn ist kein Fischfutter“ – Was den Minister antreibt

                                                   März 2019 · 56. Jahrgang · B 50499 · www.bzb-online.de
Bayerisches Zahnärzteblatt
60. Bayerischer Zahnärztetag
                                                         www.bayerischer-zahnaerztetag.de | www.twitter.com/BayZaet

                                                                                                                                      München, 17. bis 19. Oktober 2019
www.blzk.de | www.eazf.de | www.kzvb.de | www.dgpzm.de

                                                                                                                                      The Westin Grand München

                                                                                                                                             60 Jahre Bayerischer Zahnärztetag                                         Programmanforderung

                                                                                                                                                    60 Jahre Prophylaxe
                                                                                                                      Informationen: OEMUS MEDIA AG
                                                                                                                      Telefon: 0341 48474-308 · Fax: 0341 48474-290 · E-Mail: zaet2019@oemus-media.de · www.bayerischer-zahnaerztetag.de
Bayerisches Zahnärzteblatt
Editorial   |   BZB März 19   |   3

Druck im Digitalisierungskessel
Sehr geehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege,

das öffentliche Interesse an gesundheitspolitischen
Themen ist leider meist gering. Bei der Digitalisie-
rung stellt sich das mittlerweile erfreulicherweise
anders dar. Die Medien sind aus dem jahrelangen
Dornröschenschlaf erwacht. Der 18-jährige Schüler
aus Hessen, der höchst persönliche Daten Hunder-
                                                                                     Dr. Manfred Kinner
ter Politiker, Journalisten und anderer Prominenter                                  Mitglied des Vorstands
gehackt und ins Netz gestellt hat, ist daran nicht                                   der KZVB
unbeteiligt. Endlich hat eine gesellschaftliche Dis-
kussion darüber begonnen, was wir wem zugäng-            kussion. Seine Idee: Der Bund wird Hauptgesell-
lich machen wollen und aufgrund gesetzlicher Vor-        schafter, die Vertreter der Selbstverwaltung werden
gaben bald müssen.                                       entmachtet. Das konnte zwar vorerst verhindert
Auch der Blick ins Ausland zeigt, welche Risiken und     werden, der Druck im Digitalisierungskessel bleibt
Nebenwirkungen Projekte wie die digitale Patienten-      aber hoch. Spätestens bis zum 31. März müssen
akte mit sich bringen. Singapur galt lange als Muster-   alle Ärzte und Zahnärzte ihren Konnektor und die
schüler in Sachen Online-Verfügbarkeit von Patien-       neuen Kartenlesegeräte verbindlich bestellen. Sonst
tendaten. Doch in dem Stadtstaat wurden inner-           drohen Honorarabzüge.
halb von acht Monaten gleich zwei schwere Hacker-        Ich möchte an dieser Stelle festhalten: Weder ich
angriffe verübt. Im Juli 2018 wurden die Daten von       persönlich noch die zahnärztliche Selbstverwaltung
1,5 Millionen Patienten „gestohlen“. Betroffen war       in Bayern sind gegen eine stärkere Vernetzung des
auch der Ministerpräsident. Die Hacker haben so-         Gesundheitswesens. Bevor aber neben dem Stamm-
gar herausgefunden, welche Medikamente ihm ver-          datenabgleich weitere Anwendungen wie die elek-
schrieben wurden. Im Januar 2019 gelangten dann          tronische Patientenakte eingeführt werden, brauchen
die Daten von 14 200 HIV-positiven Patienten, da-        wir eine fundierte Risikofolgenabschätzung. Das
runter 8 800 Ausländer, an die Öffentlichkeit.           steht übrigens sogar in der Datenschutz-Grundver-
Auch in Deutschland gibt es erste Alarmsignale.          ordnung. In Artikel 35 heißt es: „Hat eine Form der
Jüngstes Beispiel dafür ist die von der Allianz PKV      Verarbeitung, insbesondere bei Verwendung neuer
und einigen gesetzlichen Krankenkassen initiierte        Technologien, aufgrund der Art, des Umfangs, der
elektronische Patientenakte „Vivy“. Bei einem Kon-       Umstände und der Zwecke der Verarbeitung voraus-
gress des Chaos-Computerclubs wurden etliche Si-         sichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten
cherheitslücken aufgedeckt. So wertete diese Smart-      natürlicher Personen zur Folge, so führt der Verant-
phone-App nicht nur das Nutzerverhalten aus und          wortliche vorab eine Abschätzung der Folgen der
leitete Daten in die USA und – ausgerechnet – nach       vorgesehenen Verarbeitungsvorgänge für den Schutz
Singapur weiter. Auch den Sicherheitsschlüssel fin-      personenbezogener Daten durch.“ Wo sind die Rechte
den Experten geradezu lächerlich. Dieser besteht         und Freiheiten natürlicher Personen stärker gefähr-
aus genau fünf Kleinbuchstaben. Insider wissen: Das      det als bei der Speicherung von Gesundheitsdaten?
wäre ungefähr so, wie wenn Fort Knox mit einem           Diese Folgenabschätzung erwarte ich, bevor ein Mi-
Vorhängeschloss gesichert wäre. Ein kleines Skript       nister öffentlich die Patientenakte auf dem Smart-
reicht, um in weniger als 24 Stunden alle denkbaren      phone und das elektronische Rezept verspricht.
Kombinationen auszuprobieren, und schon hat man
Zugang zu allen in der App gespeicherten Daten.          Ihr
Ungeachtet dessen treibt der ehrgeizige Bundes-
gesundheitsminister Jens Spahn die Digitalisie-
rung des Gesundheitswesens weiter voran. Selbst
eine „Entmachtung“ der gematik stellte er zur Dis-
Bayerisches Zahnärzteblatt
4   |   BZB März 19   |   Inhalt

    3                                                                             Editorial
               6 I   Politik

    6                                        Niederlassung – Erfahrungen aus erster Hand
                                                                        Isolde M. Th. Kohl
    9                                         Approbationsordnung: Bayern macht Druck
                                                                         Peter Knüpper
    10         Dr. Wolfgang Heubisch: „Wir halten an der Medizinfakultät in Passau fest“

                                                                                                                                              Foto: BLZK
    12                                          Die Säulen der Kammer – Ein Kommentar
                                                                          Sven Tschoepe
                                                                                              Kristine Gulde informiert neu niedergelassene
    13                                  Digitalisierung – Patientenwohl im Auge behalten
                                                                                              Zahnärzte in Bayern über die Serviceangebote
                                                                      Thomas A. Seehuber      von BLZK und eazf.
    14           Bestens versorgt – Christian Berger sieht keinen Bedarf für Zahnarztbus      Bericht Seite 6

    15                                       Gastkommentar: „Spahn ist kein Fischfutter“
                                                                      Sebastian Horsch
    16               Deutliche Warnung – Bundesverfassungsrichter kritisiert Taktik der EU
                                                                     Thomas A. Seehuber
    17        Für eine bessere (Mund-)Pflege – BLZK berät Ministerium und Pflegeaufsicht
                                                                            Ulrike Nover
    18           Flexibel und effektiv – Die Leistungen der Bayerischen Ärzteversorgung
                                                                       Dr. Michael Förster
    20                               Unabhängige Patientenberatung bleibt ein Zankapfel
                                                                           Leo Hofmeier
    21        Vorbild, Vermittler, Mentor – Dr. Anton Schweiger ist BDK-Ehrenvorsitzender
                                                                        Dr. Jochen Waurig

                                                                                                                                              Foto: privat
    22                                                            Nachrichten aus Brüssel
                                                                         Dr. Alfred Büttner
    23                                                                            Journal     Der langjährige Standespolitiker Dr. Wolfgang
                                                                      Thomas A. Seehuber      Heubisch ist seit November 2018 Vizepräsident
                                                                                              des Bayerischen Landtags.
              24 I   Praxis                                                                   Bericht Seite 10

    24           Im Winter können die ersten Mieter einziehen – Bauvorhaben der KZVB
                                                                          Dirk Lörner
    25                                                       GOZ aktuell – Materialkosten
                                                                         Dr. Christian Öttl
    26                    Novum für Gutachter – Gemeinsame Tagung von BLZK und KZVB
    28           Digitalisierung soll Patienten nutzen – Nachholbedarf in IT-Infrastruktur
                                                                       Alexandra Lindner
                                                                                                                                              Foto: guteksk7/stock.adobe.com

    29               apoBank baut Angebote aus – Online-Plattform für Gesundheitsmarkt
    30         Erfolgreiche „Special Olympics Winterspiele Bayern 2019“ in Reit im Winkl
                                                                            Ulrike Nover
    32        „Berufsstand steht vor Umwälzungen“ – Interview mit Dr. Manuel Eichinger
                                                                        Ilka Helemann
    34         Die Macht ist mit Apple – Konzerne haben den Gesundheitsmarkt im Visier        Apple versucht, sich immer stärker mit dem
                                                                       Ilka Helemann          Leben seiner Käufer zu vernetzen. Ein großes
                                                                                              Geschäftsfeld: die Gesundheitsbranche.
    36          Zahnmedizin heute und morgen – 11. Fränkischer Zahnärztetag in Fürth          Bericht Seite 34
                                                                 Dr. Silvia Morneburg
    37                                          BLZK im Netz – Online-News der Kammer
Bayerisches Zahnärzteblatt
Inhalt   |   BZB März 19   |   5

                                                                                                                     Praxis       I 00

                                                  Datenschutz in der Praxis – Neuer Praxis-Check der eazf schafft Klarheit                 38
                                                  Dipl.-Volkswirt Stephan Grüner

                                                                                 Wissenschaft und Fortbildung                     I 40

                                                  Reattachment von Kronenfragmenten nach dentalem Trauma                                   40
                                                  Mona Shaghayegh Khoshmehr, Dr. Steffi Baxter
Zahn 21 nach Reattachment des Fragments
Bericht Seite 40                                  Fortbildung von A bis Z im „Spirit of Kempten“                                           45
                                                  Aufhellung verfärbter Zähne – Möglichkeiten der Bleichtherapie                           46
                                                  Dr. Jana Biermann, Prof. Dr. Annette Wiegand
                                                  Goldenes Doktordiplom                                                                    50
                                                  Rezension: Gute Zahnmedizin – Ein Leitfaden                                              51
                                                  Dr. Yorck Alexander Zebuhr
                                                  Die implantatgestützte Frontzahnkrone – Teil 2                                           52
                                                  Prof. Dr. Jürgen Manhart, Dr. Peter Randelzhofer, Uwe Gehringer
                                                  „Update Digitale Technologien“ in der Zahnklinik der LMU München                         62
                                                  Natascha Brand

                                                                                         Markt und Innovationen                   I 64

                                                  BioWin!- & Smart Grinder- und „MIMI“-Kurse der Future Dental Academy                     64
Lichthärtender Gingivaschutz bei Durchführung     Neuerscheinung zur IDS: Praktisches Nahtbuch                                             64
eines In-Office-Bleachings
Bericht Seite 46                                                                                    Reise und Kultur              I 65

                                                  Frauenpower im Mittelalter – Zahnstein weist auf Beruf einer Nonne hin                   65
                                                  Ilka Helemann

                                                                                Termine/Amtliche Mitteilungen                     I 66

                                                  eazf Tipp und Fortbildungen                                                              66
                                                  Betriebswirtschaftliches Curriculum / Veranstaltungskalender                             69
                                                  Aufstiegsfortbildungen und Weiterqualifizierungen für Praxispersonal                     70
                                                  Niederlassungsseminare 2019 / Praxisübergabeseminare 2019                                72
                                                  Vorläufige Prüfungstermine für Aufstiegsfortbildungen 2019/2020                          73
Ästhetische Einprobe des Keramikveneers an        Ungültigkeit von Zahnarztausweisen                                                       73
Zahn 21 mit Try-in-Paste                          Beitragsordnung der Bayerischen Landeszahnärztekammer                                    74
Bericht Seite 52
                                                  Satzung zur Änderung der Entschädigungsregelung der BLZK                                 75
                                                  Satzung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB)                              76
Titelbild: Mona Shaghayegh Khoshmehr, Göttingen   Aufwandsentschädigungsordnung Ia der KZVB                                                77
                                                  Reisekostenordnung (RKO) Ia der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns                 78
  Das BZB 4/2019 mit dem Schwer-
  punkt Funktion/Prothetik erscheint              Rubrikanzeigen                                                                           80
  am 15. April 2019.                              Impressum                                                                                82
Bayerisches Zahnärzteblatt
6   |   BZB März 19   |   Politik

BLZK

             Gründlich vorbereiten,
             um Fehler zu vermeiden
             Niederlassung: Erfahrungen aus erster Hand
             Die Bayerische Landeszahnärztekammer bie-
             tet einen Ser vice an, der im Kammerbereich in
             Deutschland einzigartig ist: Die BLZK-Mitarbei-
             terin Kristine Gulde besucht neu niedergelassene
             Zahnärzte in ganz Bayern. Bei ihren Vor-Ort-Ter-
             minen informiert sie über die Ser viceangebote
             von Kammer und eazf. Im Inter view mit dem
             BZB spricht sie darüber, was Zahnärzte über
             Er fahrungen bei der Niederlassung berichtet
             haben. Stephan Grüner, als Kaufmännischer Ge-
             schäftsführer der BLZK auch für die Existenzgrün-
             derberatung zuständig, ergänzt diese mit seinen

                                                                                                                                         Fotos: BLZK
             Erkenntnissen aus individuellen Beratungen und
             den Niederlassungsseminaren für Praxisgründer,
             die die eazf in Kooperation mit den zahnärztli-         Kristine Gulde informiert neu niedergelassene Zahnärzte in Bayern
             chen Körperschaften BLZK und KZVB anbietet.             über die Serviceangebote von BLZK und eazf.

             BZB: Frau Gulde, Sie informieren vor Ort über die       scheidung als positiv bewerteten. Nur sehr wenige
             Angebote von BLZK und eazf. Sie haben dabei gezielt     sahen den eingeschlagenen Weg eher negativ.
             Zahnärzte etwa ein Jahr nach der Niederlassung ein
             zweites Mal besucht. Warum?                             BZB: Wurde Ihnen auch darüber berichtet, was man
             Gulde: Wir wollten mehr über die persönlichen Er-       – im Nachhinein betrachtet – hätte besser machen
             fahrungen bei der Niederlassung wissen. Im Rück-        können?
             blick zeigt sich doch am besten, wo die meisten         Gulde: Eigentlich müsste es selbstverständlich sein:
             Probleme aufgetaucht sind. Das Wissen darüber           Es ist ganz wichtig, sich sehr gut und umfassend
             kann Zahnärzten, die sich aktuell niederlassen          auf die Niederlassung vorzubereiten. Das wurde
             wollen, sicher helfen.                                  immer wieder hervorgehoben. Man sollte zunächst
                                                                     selbst abschätzen, ob man sich der großen Aufgabe,
             BZB: Über die Erfahrungen aus wie vielen Praxen spre-   allein eine Praxis zu gründen, gewachsen fühlt.
             chen wir denn?                                          „Wenn man kein ‚Unternehmertyp‘ ist, sollte man
             Gulde: Ein zweites Mal gesprochen habe ich knapp        sich nicht niederlassen“, so brachte es ein Zahnarzt
             70 Zahnärzte. Sie hatten überwiegend Einzelpraxen       auf den Punkt. Allerdings spielen Praxisstandort
             in Städten übernommen. Bei den neu gegründeten          und Praxisgröße auch eine große Rolle. Auf keinen
             Praxen waren mehr Praxen auf dem Land als in            Fall sollte die Praxis zu klein geplant werden, um
             Städten. Berufsausübungsgemeinschaften mach-            spätere Wachstumspotenziale nutzen zu können.
             ten etwa ein Drittel aus, allerdings waren weit über
             die Hälfte in eine Berufsausübungsgemeinschaft          BZB: Welche Rolle spielt im Rückblick eine Beratung bei
             in einer Stadt eingestiegen. Die von mir besuchten      dem Schritt in die Selbstständigkeit?
             Zahnärzte haben im Durchschnitt etwa sieben Jahre       Gulde: Gute und umfassende Beratung lohnt sich.
             angestellt gearbeitet.                                  Das wurde immer wieder betont. Allerdings war
                                                                     auch immer wieder zu hören, dass man sich vor
             BZB: Und wie bewerteten die Zahnärzte ihre Entschei-    allem zunächst selbst umfassend mit Bereichen
             dung für die Selbstständigkeit im Rückblick?            wie Teamführung, Praxismanagement und Ab-
             Gulde: Hier konnte ich feststellen, dass die meisten    rechnung vertraut machen muss. Auch anfängliche
             voll oder mit wenigen Einschränkungen ihre Ent-         Schwierigkeiten in puncto Qualitätsmanagement
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Politik   |   BZB März 19   |     7

                                                                                                                                         BLZK

wurden mehrfach erwähnt. Die Wahl des richtigen
Steuerberaters wurde von einigen offenbar zunächst
unterschätzt. Im Rückblick wurde auch mehrfach
bedauert, nicht mit mehr Kollegen, die sich neu
niedergelassen haben, gesprochen zu haben.

BZB: Herr Grüner, die Kammer bietet spezielle Kurse zur
Praxisgründung an. Es gibt auch das Existenzgründer-
und Beratungszentrum mit individueller Beratung für
die Niederlassung. Inwieweit decken sich die Erkennt-
nisse aus Ihrer Arbeit mit den Erfahrungen, die Frau
Gulde schildert?
Grüner: In den individuellen Beratungsgesprächen
bestätigen sich die Eindrücke von Frau Gulde. Die
Existenzgründer sind dankbar für Tipps und Hin-
weise, die sie aus den oft zwei- bis dreistündigen
                                                          Trafen sich zu einem Interview für das BZB: Isolde M. Th. Kohl, Leiterin des
Beratungsgesprächen mitnehmen können. Viele               Geschäftsbereichs Kommunikation der BLZK, und Dipl.-Volkswirt Stephan
fühlen sich von der Vielzahl der naturgemäß mit           Grüner, Kaufmännischer Geschäftsführer der BLZK
Verkaufsinteressen verbundenen Seminare und
Beratungen zum Beispiel von Banken oder Dental-           bindung beiträgt. Themen und Trainings zur Perso-
depots einseitig informiert. Da wird die Unabhän-         nalführung sind ebenfalls sehr wichtig. Mangelnde
gigkeit der Beratung der BLZK sehr positiv bewertet.      Wertschätzung ihrer Arbeit ist ein häufig zu hören-
                                                          des Argument von Mitarbeitern, wenn es um den
BZB: Fachkräftemangel in Zahnarztpraxen – was haben       Wechsel oder die Auswahl des Arbeitgebers geht.
Sie darüber gehört?
Gulde: Das ist ein ganz großes Thema. Insbeson-           BZB: Frau Gulde, haben Sie auch über Probleme ge-
dere in größeren Städten ist das Finden und Halten        sprochen, die sich im Praxisalltag stellen?
von gutem Personal ein Riesenproblem. Außerdem            Gulde: In den Gesprächen wurde erschreckend
sind dort die Gehälter auch sehr hoch. Das muss           deutlich, wie sehr die Praxen wirtschaftlich um
unbedingt mit einkalkuliert werden, wenn die Pra-         ihre Existenz ringen müssen und wie groß die Be-
xis gut laufen soll. Im Nachhinein hat sich für den       lastungen durch die Bürokratie beziehungsweise
einen oder anderen Praxisinhaber auch gezeigt,            Verwaltung in den Praxen sind. Auch wenn man
dass man die Teams bei einer Übernahme vorher             schon länger eine Praxis führt, sind Betriebswirt-
möglichst gut kennenlernen sollte. Denn wenn              schaft und Marketing keine Bereiche, die sich „so
das Team sich nicht mit dem neuen Praxiskonzept           nebenher“ machen lassen.
identifizieren kann, dann gibt es schnell Probleme.
Die bestehenden Arbeitsverträge von zu überneh-           BZB: Welche Angebote gibt es denn bei Kammer oder
mendem Personal sollte man auf jeden Fall auch            eazf, um die Zahnärzte in diesen Bereichen zu unter-
genau anschauen. Aus der Erfahrung wurde auch             stützen und zu entlasten?
berichtet, dass es vorteilhaft gewesen wäre, vorher       Grüner: Da ist zuallererst die schon angesprochene
schon mal in der Praxis mitzuarbeiten.                    Möglichkeit einer kostenfreien individuellen Bera-
                                                          tung über das Existenzgründer- und Beratungszen-
BZB: Mitarbeiterbindung und Teambuilding sind             trum der BLZK. Dieses richtet sich übrigens nicht
Schwerpunkte in den von Kammer und eazf angebo-           nur an Existenzgründer. Viele Gespräche führe ich
tenen Fortbildungen. Was sind für Sie in diesen Be-       auch mit Praxisabgebern oder Zahnärztinnen und
reichen die „Big Points“?                                 Zahnärzten, die mit der wirtschaftlichen Entwick-
Grüner: Zentrales Thema ist natürlich die Arbeits-        lung ihrer Praxis nicht so zufrieden sind und des-
marktsituation. Es fehlt an qualifizierten Mitarbei-      halb Rat suchen. Je nach Bedarf können wir über
terinnen und Mitarbeitern. In den Seminaren und           die eazf Consult Zahnarztpraxen zum Beispiel bei
Beratungen geht es um flexible Personalkonzepte in        der Einführung von QM, Arbeitssicherheitsprozes-
den Praxen. Dazu gehört auch eine systematische           sen und Hygienemanagement unterstützen. Wir
Personalentwicklung, die wesentlich zur Mitarbeiter-      bieten über die BLZK eine kostenfreie Analyse des
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8   |   BZB März 19   |   Politik

BLZK

              Existenzgründung leicht gemacht
              Die Bayerische Landeszahnärztekammer                                                                                                 Qualifizierung ist eine effiziente und
              und ihre Tochtergesellschaft eazf unter-                     Curriculum                                                              umfassende Vermittlung von Kenntnis-
                                                                           Betriebswirtschaft
              stützen Zahnärzte in unternehmeri-                                                                                                   sen für die freiberufliche und unterneh-
              schen Fragen. Neben dem Internetpor-
                                                                           2019
                                                                            Assistenten
                                                                                                                                                   merische Tätigkeit als Zahnarzt. Diese
                                                                            Existenzgründer
              tal www.blzk-compact.de gibt es eine                          Niedergelassene                                                       von BLZK und KZVB empfohlene Quali-
                                                                             Zahnärzte
              kostenfreie Beratung für Existenzgrün-                                                                 Praxisgründung
                                                                                                                                                   fizierung richtet sich an Assistenten so-
                                                                                               Zulassungsverfahren
              der. Bei den etwa zweistündigen Ge-                                          Praxisformen
                                                                                                               Arbeitsrecht
                                                                                                                               Finanzierung

                                                                                                                                  Steuern
                                                                                                                                                   wie an angestellte und niedergelassene
              sprächsterminen werden deren Fragen                                         Businessplan

                                                                                           Kostenmanagement
                                                                                                               BWL         Ausbildung
                                                                                                                                                   Zahnärzte. Die Aufteilung in individuell
                                                                                                                        Arbeitssicherheit

              systematisch und individuell bespro-                                             Marketing       QM

                                                                                                   Personalführung
                                                                                                                           Patientenrechte         wählbare Bausteinseminare zu unter-
                                                                                                                              Vertragsgestaltung
              chen und weiterführender Beratungs-                                                          Abrechnung
                                                                                                                                                   nehmerischen, betriebswirtschaftlichen,
                                                         Abbildung: eazf

                                                                                                                          Haftung

              bedarf festgestellt. Gegenstand der                                                                                                  rechtlichen und steuerlichen Themen
              Beratung sind auch die Praxisplanung                                                                                                 ermöglicht ohne Zeitdruck die ausführ-
              (Räume, Ausstattung, Technik) sowie                                                                                                  liche Behandlung des gesamten Spek-
              die Erarbeitung eines Zeitplans für die Existenzgründung.
                                                          tenzgründung                                   trums von der Pra
                                                                                                                       Praxisgründung über die Niederlassung bis
              Kontakt und Terminvereinbarung:                                                            zur Praxisführung. Die wichtigsten Themen für Assistenten
              Existenzgründer- und Beratungszentrum der BLZK                                             und Praxisgründer aus dem „Curriculum Betriebswirt-
              Dipl.-Volkswirt Stephan Grüner                                                             schaft“ werden bei jeweils eintägigen Niederlassungssemi-
              Telefon: 089 230211-410, Fax: 089 230211-488                                               naren von BLZK und KZVB in München, Nürnberg, Regens-
              E-Mail: sgruener@blzk.de                                                                   burg und Würzburg vorgestellt.

              Curriculum Betriebswirtschaft                                                              Professionelle Praxisberatung
              Um Zahnärzte gezielt auf unternehmerische Herausforde-                                     Über das Netzwerk der Tochtergesellschaft eazf Consult
              rungen vorzubereiten, bieten die beiden zahnärztlichen                                     steht zudem eine Auswahl kompetenter, auf Heilberufe spe-
              Körperschaften über die eazf das „Curriculum Betriebs-                                     zialisierter Praxisberater zu betriebswirtschaftlichen, steuer-
              wirtschaft“ an, das eigens für die Anforderungen des                                       lichen und rechtlichen Themen zur Verfügung.
              Unternehmens Zahnarztpraxis konzipiert wurde. Ziel der                                                                                                                  Redaktion

             Versicherungsschutzes an und verfügen über ein                                                BZB: Zu den Angeboten der Kammer und der eazf: Was
             heilberuflich spezialisiertes Netzwerk von Fach-                                              nutzen die Zahnärzte, mit denen Sie gesprochen haben,
             leuten zu rechtlichen und steuerlichen Themen.                                                außerdem?
             Natürlich gibt es auch in den Körperschaften eine                                             Gulde: Das BZB wird gerne gelesen. Jetzt haben
             Vielzahl kompetenter Ansprechpartner zu Einzel-                                               wir auch noch BZBplus, das sich noch mehr mit
             fragen, auf die ich im Rahmen von Beratungen                                                  Praxisthemen beschäftigt. Wer diese beiden Pub-
             verweisen kann. Hervorzuheben ist hier insbeson-                                              likationen liest, ist immer auf dem neuesten Stand.
             dere die gute Zusammenarbeit mit der KZVB.                                                    Das betone ich bei jedem Praxisbesuch! Unsere
                                                                                                           Onlineangebote wie blzk.de und blzk-compact.de
             BZB: Die BLZK bietet mit QM Online ein eigenes                                                mit Informationen rund um die zahnärztliche
             QM-System. Sie informieren bei Ihren Praxisbesuchen                                           Berufsausübung sind ebenfalls hilfreich. Für das
             darüber. Wie ist das Feedback hierzu?                                                         Gespräch mit Patienten werden unsere Broschü-
             Gulde: Ich kann das schnell zusammenfassen:                                                   ren und die Website zahn.de gerne genutzt. Zum
             Wenn man weiß, wie es geht, ist das QM-System                                                 Bayerischen Zahnärztetag und den Angeboten der
             der Kammer ganz einfach. Das wird mir von vielen                                              eazf habe ich viele positive Rückmeldungen be-
             Zahnärzten bestätigt. Über solche Rückmeldungen                                               kommen. Und am meisten freut mich persönlich,
             können wir uns alle freuen. Unsere Referate Praxis-                                           dass ich bei meinen Besuchen vor Ort den Ange-
             führung und Qualitätsmanagement machen einen                                                  boten von Kammer und eazf noch mehr Aufmerk-
             tollen Job. Zusammen mit der von Herrn Grüner                                                 samkeit verschaffen kann.
             angesprochenen unterstützenden Dienstleistung
             der eazf Consult ist der bürokratische Aufwand                                                BZB: Vielen Dank für das Gespräch.
             gering. Das QM trägt so positiv zu einer erfolg-
             reichen Praxisentwicklung bei.                                                                                                               Das Interview führte Isolde M. Th. Kohl.
Bayerisches Zahnärzteblatt
Politik   |   BZB März 19   |   9

                                                                                                                    KZVB

Approbationsordnung:
Bayern macht Druck
BZÄK und KZBV verabschieden gemeinsame Resolution
Die Bayerische Landeszahnärztekammer und            Betreuungsrelation vorgesehen. Für die neue Aus-
die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns         bildungsverordnung macht sich seit Jahren auch
unterstützen die Initiative einiger Bundeslän-      der Dekan der Medizinischen Fakultät an der
der, die „Hängepar tie“ bei der Diskussion über     Ludwig-Maximilians-Universität München, Prof.
eine neue Approbationsordnung für Zahnärzte         Dr. Reinhard Hickel, stark. In einer Vielzahl von
(ZApprO) zu beenden und eine zeitgemäße,            Gesprächen hat er versucht, die Politik von der
der Weiterentwicklung im Fachgebiet Zahn-           Notwendigkeit einer Anpassung der Lernziele und
medizin entsprechende Ausbildungsverordnung         -inhalte zu überzeugen, was ihm zumindest mit
zu verabschieden.                                   Blick auf das Bundesministerium für Gesundheit
                                                    (BMG) auch gelungen war.
Mitte Februar legte BLZK-Präsident Christian Ber-
ger auf Bundesebene eine entsprechende Reso-        Dank an das Ministerium
lution vor, die sowohl vom Vorstand der Bundes-     Leider fand der zustimmungspflichtige Verord-
zahnärztekammer (BZÄK) als auch vom Beirat der      nungsentwurf dann aber keine Mehrheit im Bun-
Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV),      desrat. Insbesondere die Verbesserung der Betreu-
in dem alle Länder-KZVen vertreten sind, einstim-   ungsrelation und die damit verbundenen Kosten für
mig verabschiedet wurde. Damit ziehen nun alle      die Bundesländer waren dafür ausschlaggebend.
Akteure an einem Strang.                            Der Versuch der Bayerischen Staatsregierung, das
Die jetzige Approbationsordnung stammt aus dem      Thema im vergangenen Jahr erneut auf die Tages-
Jahr 1955. Bereits im Jahr 2010 hatte das Bundes-   ordnung des Bundesrates zu setzen, war ebenso
ministerium für Gesundheit „Eckpunkte für eine      erfolglos. Dies veranlasste den neuen Bundes-
Novellierung der Approbationsordnung für Zahn-      minister für Gesundheit, Jens Spahn (CDU), dazu,
ärzte“ vorgelegt, die von der Ständigen Konferenz   im Rahmen einer aktuellen Gesetzesinitiative vor-
der Kultusminister der Länder (KMK) noch im sel-    zuschlagen, dass die Approbationsordnung künftig
ben Jahr zur Kenntnis genommen wurden. Ziel der     auch ohne Beteiligung der Bundesländer vom BMG
neuen Approbationsordnung sollte danach nicht nur   erlassen werden kann.
die Einführung moderner Ausbildungs- und Prü-       „Wir sind sehr dankbar, dass unser Bayerisches
fungsformen sein, sondern auch eine Neugewich-      Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sich
tung der Ausbildungsinhalte, die der fachlichen     damit nicht zufriedengibt und das Thema erneut
Weiterentwicklung der Zahnmedizin zu Prävention,    anschiebt,“ sagt Christian Berger. Ziel müsse es
Zahnerhaltung und Erhaltung oraler Strukturen       sein, das Studium der Zahnmedizin an die Weiter-
Rechnung trägt und dabei auch die Entwicklung       entwicklungen des Fachgebiets anzupassen und bei
neuer Behandlungstechniken und -formen bein-        den Ausbildungsinhalten neuen Behandlungstech-
haltet. Ausdrücklich betonten diese „Eckpunkte“     niken und -formen Rechnung zu tragen. In der von
auch die Notwendigkeit der Beibehaltung zahn-       den bayerischen Zahnärzten vorgelegten Resolu-
technischer Inhalte im Studium der Zahnmedizin.     tion für eine neue Approbationsordnung heißt es
                                                    hierzu: „Eine hohe Qualität in der zahnärztlichen
Bessere Betreuungsrelation                          Versorgung hängt unmittelbar auch von der Quali-
Der Entwurf der Bundesregierung für eine „Ver-      tät der zahnmedizinischen Ausbildung ab. Qualität
ordnung zur Neuregelung der zahnärztlichen          gibt es nicht zum Nulltarif. Wir appellieren an die
Ausbildung“ aus dem Jahr 2016 konkretisierte die    Bundesländer, die Betreuungsrelation insbeson-
Lerninhalte der künftigen Ausbildung von Zahn-      dere bei der Ausbildung am Patienten deutlich zu
medizinern und wollte den vorklinischen Stu-        verbessern.“
dienabschnitt dem Studiengang in der Medizin                                                  Peter Knüpper
angleichen. Außerdem war eine Verbesserung der                                     Geschäftsführer der KZVB
Bayerisches Zahnärzteblatt
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KZVB

              „Wir halten an der
              Medizinfakultät in Passau fest“
              Dr. Wolfgang Heubisch über seine Arbeit im Bayerischen Landtag
              Bis zuletzt mussten die Liberalen am Wahlabend
              im Oktober 2018 zittern. Erst kurz nach Mitter-
              nacht stand fest, dass sie nach einer fünfjähri-
              gen Auszeit mit 5,1 Prozent den Wiedereinzug
              in den Bayerischen Landtag geschafft haben.
              Zu verdanken haben sie das auch Dr. Wolfgang
              Heubisch, der in seinem Stimmkreis München-
              Schwabing 13,0 Prozent der Erststimmen und
              damit das beste Direktergebnis für die FDP in
              Bayern erzielte. Wir sprachen mit dem Zahnarzt
              und langjährigen Standespolitiker über seine
              Ziele in der laufenden Legislaturperiode.

              BZB: Es ist kein Geheimnis, dass Sie über 70 sind. Trotz-
              dem haben Sie noch einmal für den Landtag kandi-
              diert. Was hat Sie dazu motiviert?

                                                                                                                                            Foto: privat
              Heubisch: Der Hauptgrund ist, dass ich Gott sei
              Dank topfit bin und mich nicht wie ein Rentner
              fühle. Als ich 2009 zum ersten Mal in den Land-             Der langjährige Standespolitiker Dr. Wolfgang Heubisch ist seit
              tag gewählt wurde, war ich kurz darauf Wissen-              November 2018 Vizepräsident des Bayerischen Landtags.
              schaftsminister in der damaligen schwarz-gelben
              Koalition. Es freut mich bis heute, was wir damals          BZB: Anders als 2009 sind Sie nun in der Opposition.
              alles voranbringen konnten. Ich nenne nur die               Ist das frustrierend?
              Bewältigung des doppelten Abiturjahrgangs und               Heubisch: Auf keinen Fall. Eine starke Opposition
              den weiteren Ausbau der Hochschullandschaft.                ist existenziell für eine funktionierende Demokra-
              Ich habe nicht damit gerechnet, noch einmal am              tie. Und wir Liberalen sind ja die einzige bürgerli-
              Kabinettstisch zu sitzen. Aber ich wollte meinen            che Oppositionspartei. Die Grünen halte ich nach
              Beitrag dazu leisten, dass die FDP den Wieder-              wie vor für eine Partei, die gerade in Bayern nicht
              einzug in den Landtag schafft und das Wahlergeb-            für Realpolitik steht und zur AfD möchte ich mich
              nis zeigt, dass mir das gelungen ist.                       eigentlich gar nicht äußern. Hinzu kommt, dass
                                                                          ich einer der fünf Landtagsvizepräsidenten bin,
              BZB: Inwieweit hat sich Ihre standespolitische Erfahrung    und da hat man durchaus Einfluss auf die Politik
              positiv auf die politische Arbeit im Landtag ausgewirkt?    im Freistaat.
              Heubisch: Ohne die Zeit in der zahnärztlichen
              Standespolitik hätte ich mir weder die Landtags-            BZB: Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?
              kandidatur noch den Posten im Kabinett Seehofer             Heubisch: Wie bereits ausgeführt, will ich die
              zugetraut. Die Mechanismen in politischen Pro-              Interessen der Freiberufler, des Mittelstands, der
              zessen sind immer die gleichen: Man muss über-              Wirtschaft, der Wissenschaft und der Kultur in
              zeugend argumentieren, Mehrheiten hinter sich               besonderer Weise vertreten. Die FDP hat, bezogen
              vereinen und Entscheidungen auch durchsetzen.               auf die Zahl ihrer Abgeordneten, die meisten Frei-
              Das habe ich in der Standespolitik gelernt. Auch            berufler in ihren Reihen. Wir stellen mit Dr. Do-
              die breiten Netzwerke, die ich mir als Vertreter der        minik Spitzer auch den einzigen Arzt im Gesund-
              Zahnärzteschaft in Bayern aufgebaut habe, waren             heitsausschuss. Nur die Freien Wähler haben mit
              hilfreich. Ich sehe mich damals wie heute als An-           dem Zahnarzt Prof. Dr. Peter Bauer einen weiteren
              walt der Freien Berufe im Maximilianeum.                    Mediziner in diesem wichtigen Gremium. Ich habe
Politik   |   BZB März 19   |   11

                                                                                                                                KZVB

meine Zweifel, ob die Koalition aus CSU und Freien
Wählern Bayern fit für die Zukunft machen wird.
Bisher sehe ich hier viel zu viel Klein-Klein und
keinen echten Innovationsschub. Und das in einer
Zeit, in der die Globalisierung und die Digitalisie-
rung unseren Wohlstand ernsthaft gefährden.

BZB: Können Sie konkrete Beispiele dafür nennen, was
die FDP anders machen würde als die jetzige Staats-
regierung?
Heubisch: Mit unserem ersten Vorstoß sind wir ja
leider schon gescheitert. Wir wollten im Wissen-
schaftsausschuss durchsetzen, dass eine Experten-
kommission für die Gründung einer medizinischen

                                                                                                                                    Foto: Universität Passau
Fakultät an der Universität Passau eingerichtet
wird. Das lehnten CSU und FW aus Kostengrün-
den ab. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass
die Medizinerausbildung in Ostbayern ein wich-
                                                       Heubisch setzt sich für die Gründung einer medizinischen Fakultät an der
tiger Beitrag im Kampf gegen den Landarztman-          Universität Passau ein. Dies sei auch ein Beitrag im Kampf gegen den Land-
gel gewesen wäre. Soweit ich weiß, suchen auch         arztmangel.
viele Zahnärzte in dieser Region erfolglos einen
Nachfolger für ihre Praxen. Sind die jungen Leute      zu investieren, ist ein Alarmsignal. Auch bei der
erst einmal zum Studium in der Großstadt, ist es       Exzellenzinitiative sind andere Bundesländer an
schwer, sie für die Niederlassung in der Heimat        uns vorbeigezogen. Unter den 19 Hochschulen,
zu begeistern, weil sich ja auch das soziale Um-       die 2019 Exzellenzuniversitäten werden können,
feld verlagert. Leidtragende dieser Entscheidung       sind mit der LMU und der TU München lediglich
sind die Patienten in Ostbayern, wo schon heute        zwei bayerische Universitäten. Das deutlich klei-
vielerorts ein Haus- und Facharztmangel herrscht.      nere Baden-Württemberg bringt es dagegen auf
Diese Situation wird sich in den kommenden Jah-        sechs potenzielle Eliteuniversitäten. Im Start-up-
ren weiter verschärfen. Damit wird die Regierungs-     Ranking sind wir auf Platz 4 zurückgefallen. Auf
koalition ihrem eigenen Anspruch, für ein bürger-      Platz 1 steht Nordrhein-Westfalen.
nahes Bayern zu arbeiten, nicht gerecht. Die Ent-
scheidung widerspricht auch der Forderung nach         BZB: Sie wollten sich nicht zur AfD äußern. Dennoch
einheitlichen Lebensverhältnissen im Freistaat.        die Frage: Wie hat sich das Klima im Landtag durch
Finanzielle Argumente lasse ich nicht gelten, wenn     deren Einzug verändert?
Geld für ein Dorfwirtshausprogramm und eine            Heubisch: Ich habe den Eindruck, dass parlamen-
bayerische Reiterstaffel da ist. Wir werden nicht      tarische Arbeit nicht zu den Stärken dieser Partei
lockerlassen.                                          gehört. Bislang fällt die AfD-Fraktion vor allem
Ein weiteres Beispiel ist die dritte Startbahn am      durch Provokation und lautstarke Zwischenrufe
Münchner Flughafen, die wir Liberalen für un-          auf. Am Holocaust-Gedenktag kam es zu einem
bedingt erforderlich halten. Die Entscheidung          Eklat, über den die Medien ja ausführlich berich-
darüber wurde von Söder und Aiwanger auf un-           teten. Das Landtagspräsidium ist in besonderer
bestimmte Zeit vertagt, obwohl gerade die nie-         Weise gefordert, damit unsere Debattenkultur er-
derbayerische Region davon mit am meisten pro-         halten bleibt. Verbale Entgleisungen, Rassismus
fitiert hätte. In den Großstädten brauchen wir eine    und Fremdenfeindlichkeit werden wir im Parla-
Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes. Man          ment nicht dulden. Ich hoffe sehr, dass diese popu-
kann in München zwar bis 22 Uhr zum Zahnarzt           listische Bewegung ihren Zenit überschritten hat,
gehen, aber keine Semmeln kaufen. Das geht an          und dass alle Demokraten gemeinsam den Dema-
der Lebenswirklichkeit vorbei.                         gogen klare Grenzen aufzeigen. Als überzeugter
Generell warne ich vor einer Provinzialisierung        Liberaler ist mir das ein Herzensanliegen.
Bayerns. Die Entscheidung von Siemens, 600 Mil-
lionen Euro für einen Zukunftscampus in Berlin         BZB: Vielen Dank für das Gespräch!
12   |   BZB März 19   |   Politik

BLZK

              Die Säulen der Kammer
              Ein Kommentar von Sven Tschoepe

              Eine Kurve in der Mathematik ist                                     schen aber auch auf Bundesebene
              laut Wikipedia ein eindimensiona-                                    korrigiert worden ist. Ergänzend
              les Objekt, auf dem man sich nur in                                  muss der Berufsstand darauf drin-
              eine Richtung bewegen kann. Zwei                                     gen, eine effektive berufsrechtliche
              besonders steil ansteigende Kurven                                   Kontrolle über Z-MVZ zu erlangen,
              beschäftigen seit geraumer Zeit die                                  die die Trägergesellschaften mit
              zahnärztliche Selbstverwaltung.                                      einschließt. Hier sind die Gesetzge-
              Sie dokumentieren, wie rasant die                                    ber auf Bundes- und Länderebene
              Zahl der zahnärztlichen Medizini-                                    gefordert.
              schen Versorgungszentren (Z-MVZ)
              in den vergangenen Jahren zuge-                                       Zwei Seiten einer Medaille
                                                    Foto: BLZK

              nommen hat – und mit ihnen die                                        Eine weitere Säule der Kammer
              Zahl angestellter Zahnärzte.                                          fußt auf der Erkenntnis, dass die
                                                                                    Niederlassung nicht für jeden an-
              Dreistellige Zuwachsraten                             gehenden Zahnarzt der allein glücklich machende
              Während sich Z-MVZ in Bayern vor drei Jahren          Weg ist. Das heißt aber noch lange nicht, dass
              noch an einer Hand abzählen ließen, rechnen           junge Zahnärzte dauerhaft angestellt sein möch-
              heute 146 Versorgungszentren bei der KZVB ab.         ten. So attraktiv scheinen die Arbeitsbedingun-
              Lediglich sechs davon sind in Planungsberei-          gen an den „zahnmedizinischen Fließbändern“
              chen mit einem Versorgungsgrad von weniger als        wohl doch nicht zu sein. Vielmehr zeigen die Er-
              100 Prozent angesiedelt. Bundesweit erhöht sich       fahrungen, dass viele Zahnärzte mit den heute
              der Anteil von Z-MVZ seit 2016 um dreistellige Zu-    notwendigen konzeptionellen und betriebswirt-
              wachsraten pro Quartal. Da Bayern die Statistik       schaftlichen Anforderungen einer Praxisgrün-
              anführt, verwundert es nicht, dass inzwischen ein     dung zunächst einmal überfordert sind. Ihnen
              Drittel der im Freistaat tätigen Zahnärzte in einem   will die Berufsvertretung helfen, das zahnärzt-
              Anstellungsverhältnis steht.                          liche Entwicklungspotenzial voll auszuschöpfen.
              Bei seiner letzten Sitzung setzte sich der Vorstand   Gleichzeitig werden wir verdeutlichen, dass sich
              der Bayerischen Landeszahnärztekammer intensiv        Freiberuflichkeit und Angestelltendasein keines-
              mit dieser Thematik und den Auswirkungen auf          wegs ausschließen, sondern nur zwei Seiten einer
              die Kammerarbeit auseinander. Angemerkt sei           Medaille sind.
              an dieser Stelle: Die beiden zuvor beschriebenen      Intensiver denn je möchten wir uns um diejeni-
              Kurven und die Lernkurve der Vorstandsmitglie-        gen kümmern, die bereit sind, unternehmerische
              der lassen sich durchaus zur Deckung bringen.         Verantwortung zu übernehmen. Dazu werden das
              Vereinbart wurde eine auf mehreren Säulen be-         Existenzgründer- und Beratungszentrum der BLZK
              ruhende Strategie.                                    und die Dienstleistungen rund um die Gründung
                                                                    und Abgabe von Zahnarztpraxen neu ausgerich-
              Korrekturen auf Bundesebene                           tet. Denn, wie sagte der Schauspieler Ulrich Tukur
              Unter der Maßgabe „Gleiche Wettbewerbsbedin-          in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ auf
              gungen für alle“ müssen die Regularien für nie-       die Frage, warum er beabsichtige, seinen Wohn-
              dergelassene Zahnärzte und Z-MVZ vereinheitlicht      ort Venedig zugunsten von Hamburg oder Berlin
              werden. Denn die Mehrzahl der Z-MVZ ist inha-         aufzugeben: „Irgendwann ist aber jedes Stück ab-
              bergeführt. Sie sind entstanden, weil die Möglich-    gespielt. Das Leben lebt davon, dass Sie Haken
              keiten der Anstellung von Vorbereitungs- und Ent-     schlagen.“
              lastungsassistenten für Einzelpraxen beschränkt                                                 Sven Tschoepe
              waren. Ein Umstand, der zuerst in Bayern, inzwi-                                 Hauptgeschäftsführer der BLZK
Politik   |   BZB März 19   |   13

                                                                                                                                    BLZK

Patientenwohl im Auge behalten
Digitalisierung birgt Chancen, aber auch Risiken

Gesundheits-Apps liegen gerade bei jüngeren                    Ein positives Beispiel ist für Engel das gemeinsam
Menschen voll im Trend. Die Bundeszahnärzte-                   von der Bundeszahnärztekammer und der Kassen-
kammer beobachtet die rasante Verbreitung mit                  zahnärztlichen Bundesvereinigung betriebene Be-
Sorge – und mahnt zu einem verantwor tungs-                    richts- und Lernsystem „CIRS dent – Jeder Zahn
vollen Umgang mit Gesundheitsdaten.                            zählt!“. Seit 2016 haben Zahnärzte auf der Online-
                                                               Plattform www.cirsdent-jzz.de die Möglichkeit,
Bei der Auftaktveranstaltung zur Internationalen               sich mit Kollegen über unerwünschte Ereignisse
Dental-Schau (IDS) erneuerte der Präsident der                 aus dem Praxisalltag auszutauschen – anonym und
Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, seine                  geschützt vor Fremdzugriffen.
Bedenken gegen „Big Data“ im Gesundheitswesen.
„Es kann nicht sein, dass Versicherungsunterneh-               Zahnheilkundegesetz nicht unterlaufen
men und Krankenkassen die Daten der Patienten                  In einzelnen Bereichen der Zahnmedizin, so der
nutzen, um ihnen Behandlungsangebote vorzu-                    Präsident der Bundeszahnärztekammer weiter,
schlagen. Es ist Sache des Patienten, sich in Ab-              sei die Digitalisierung allerdings auch mit nega-
sprache mit seinem Arzt oder Zahnarzt für eine                 tiven Entwicklungen verbunden. Engel nannte in
medizinisch indizierte Behandlung zu entscheiden.              diesem Zusammenhang das Angebot verschiede-
Das obliegt nicht den Algorithmen einer Kranken-               ner Dentaldepots, Zahnmedizinische Fachange-
kassen-App“, zitierte das Online-Portal „zm online“            stellte in eineinhalbtägigen CAD/CAM-Kursen
den Chef der Bundesorganisation.                               vermeintlich für zahnärztliche Leistungen wie die
                                                               Konstruktion und Individualisierung von Zahn-
Herr über die eigenen Daten bleiben                            ersatz zu qualifizieren. Dies sei ein klarer Wider-
Engel ließ keinen Zweifel daran, dass die Bundes-              spruch zu den Bestimmungen des Zahnheilkunde-
zahnärztekammer großen Wert auf den Erhalt                     gesetzes.
der Patientensouveränität legt. Bei der Verarbei-                                                       Thomas A. Seehuber
tung der gewaltigen Menge an
immer noch unstrukturierten
Gesundheitsdaten komme es
vor allem darauf an, die Da-
tenhoheit der Patienten und
damit auch der Zahnärzte zu
wahren: „Diese Aufgabe hat
für uns oberste Priorität“, sagte
er bei der Pressekonferenz zur
IDS 2019. Grundsätzlich könn-
ten die deutschen Zahnärzte
der Digitalisierung gelassen
                                                                                                                                        Fotos: Rido/stock.adobe.com und BZÄK/axentis.de

entgegensehen, weil sie – wie
beim 3-D-Druck oder bei digi-
talen Therapieformen – längst
zum Tagesgeschäft in Zahn-
arztpraxen gehöre. Digitale
Innovationen dürften jedoch
                                  Trotz digitaler Möglichkeiten sollten sich Patienten auch weiterhin
kein Selbstzweck sein, sondern
                                  in Absprache mit ihrem Zahnarzt für eine zahnmedizinisch indizierte
müssten in erster Linie dem       Behandlung entscheiden. Diese Position vertritt der Präsident der
Patientenwohl dienen.             Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel (kleines Foto).
14   |   BZB März 19   |   Politik

KZVB

              Bayern ist bestens versorgt
              Christian Berger sieht keinen Bedarf für einen Zahnarztbus

              Die Meldung, dass die Zahnarztkette „Zahneins“          längst auch durch harte Zahlen untermauert. Laut
              in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn                Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung befan-
              einen „Zahnarztbus“ nach Südbayern schicken             den sich Ende September 2018 rund 81 Prozent der
              will, sorgte bei der KZVB für Kopfschütteln. „Bay-      Z-MVZ in städtischen Gebieten. Die 19 Prozent im
              ern ist zahnmedizinisch bestens versorgt. Insbe-        ländlichen Raum sind größtenteils nicht fremd-
              sondere die Aussage, dass der Raum Südbayern            kapitalgesteuerte Z-MVZ, sondern in zahnärztli-
              ein mögliches Einsatzgebiet wäre, ist für uns           chem Besitz. Hier schließen sich niedergelassene
              nicht nachvollziehbar“, erklärte der KZVB-Vorsit-       Kollegen zu größeren Einheiten zusammen, was
              zende Christian Berger in einer Pressemitteilung.       durchaus sinnvoll sein und die Patientenversor-
              Wir sprachen mit ihm darüber, was hinter dieser         gung verbessern kann.
              Aktion stecken könnte.
                                                                      BZB: Warum stehen die KZVen als Körperschaften den
              BZB: Was dachten Sie, als Sie von der Idee des Zahn-    Z-MVZ ablehnend gegenüber?
              arztbusses hörten?                                      Berger: Wir haben vom Gesetzgeber den Sicher-
              Berger: Als ich las, dass Südbayern als mögliches       stellungsauftrag übertragen bekommen. Das heißt,
              Einsatzgebiet genannt wurde, musste ich mich            wir sind dafür verantwortlich, dass es überall in
              wundern. Gerade in dieser Region herrscht mit           Bayern ausreichend Zahnärzte gibt. Bislang gelingt
              Sicherheit keine Unterversorgung. Im Landkreis          uns das, wie unsere Zahlen belegen, in vollem Um-
              Starnberg haben wir einen Versorgungsgrad von           fang. Wenn junge Kollegen von fremdkapitalfinan-
              139,9 Prozent, in Bad Tölz – Wolfratshausen von         zierten Z-MVZ abgeworben werden, sehe ich die
              126,0 Prozent und in Rosenheim von 117,8 Prozent.       flächendeckende Versorgung gefährdet. Außerdem
              In Bayern benötigen wir noch mehr aufsuchende           ist ein rein renditeorientiertes Unternehmen nicht
              Betreuung, aber keinen Ausgleich einer angebli-         mit meiner Vorstellung einer dem Gemeinwohl ver-
              chen Unterversorgung.                                   pflichteten, freien Berufsausübung vereinbar. Im
                                                                      Mittelpunkt unseres Handelns steht der Patient,
              BZB: Wie kommt „Zahneins“ auf die Idee, Südbayern       nicht der Gewinn eines Hedgefonds in den Ver-
              zum unterversorgten Gebiet zu erklären?                 einigten Arabischen Emiraten.
              Berger: Das müssen Sie diese Zahnarztkette fra-
              gen. Ich vermute dahinter aber in erster Linie eine     BZB: Zurück zum Zahnarztbus: Gibt es hier auch berufs-
              PR-Aktion. Sowohl „Zahneins“ als auch die Deut-         rechtliche Bedenken?
              sche Bahn haben zurzeit ein Imageproblem und eine       Berger: KZVB und BLZK haben in einer gemeinsa-
              schlechte Presse. Zudem läuft gerade das Gesetz-        men Pressemitteilung klargestellt, dass die zahn-
              gebungsverfahren für das Terminservice- und Ver-        ärztliche Behandlung im Umherziehen ohne festen
              sorgungsgesetz. Die zahnärztlichen Körperschaften       Praxissitz grundsätzlich nicht zulässig ist. Zahn-
              fordern strengere Regeln für fremdkapitalfinanzierte,   medizinische Behandlungen müssen nach den
              zahnmedizinische Versorgungszentren (Z-MVZ), zu         allgemein anerkannten Regeln der Hygiene und
              denen auch „Zahneins“ gehört. Vielleicht möchte         Infektionsprävention durchgeführt werden. Die
              das Unternehmen davon ablenken, dass Z-MVZ              Einhaltung aller Regeln, zum Beispiel auch für chi-
              vorwiegend in Ballungsgebieten tätig sind.              rurgische Eingriffe, ist in einem Bus schwierig. Ich
                                                                      kann mir solche Behandlungen wie in Entwick-
              BZB: Und dafür braucht es einen Bus für den länd-       lungsländern oder Krisengebieten zwar vorstellen,
              lichen Raum?                                            aber nicht als Regelversorgung zu den bekannten
              Berger: Offensichtlich! Denn die von uns immer          Gebührenziffern.
              wieder geäußerte Befürchtung, dass sich Z-MVZ
              vor allem in den Großstädten ausbreiten, wird           BZB: Vielen Dank für das Gespräch!
Politik   |   BZB März 19          |   15

                                                                                                                                       KZVB

„Spahn ist kein Fischfutter“
Gastkommentar von Sebastian Horsch

Es ist rund ein Jahr her, da war in den Kommen-
tarspalten vieler Zeitungen zu lesen, die Kanzle-
rin habe ihren neuen Gesundheitsminister nur er-
nannt, um ihn den Haien zum Fraß vorzuwerfen.
Das klang zunächst ganz plausibel. Denn das Amt,
mit dem Angela Merkel (CDU) ihren parteiinternen
Kritiker Jens Spahn betraute, gilt traditionell nicht
gerade als Karrieresprungbrett. Eher im Gegenteil.
Doch dann sollte sich schnell herausstellen, dass
Spahn nicht so recht zum Fischfutter taugt. Statt-
dessen hat der junge Minister (38) in seinem ersten
Jahr schon mehr gesundheitspolitische Instanzen

                                                                                                                        Foto: privat
vor den Kopf gestoßen, als es andere in einer ge-
samten Amtszeit wagen.
Den heftigsten Streit trägt er mit den Ärzten aus.      Der Autor ist Politikredakteur beim Münchner Merkur mit dem
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz            Schwerpunkt Gesundheit und Soziales.
will der Minister niedergelassene Kassenärzte un-
ter anderem dazu verpflichten, ihre Sprechstun-         für nutzlose Behandlungen zu schützen – scheint
denzeiten zu erhöhen – von 20 auf mindestens            ihn nicht zu stören.
25 Stunden wöchentlich. Für die Mediziner ist das
ein Eingriff in ihre Selbstbestimmung. Sie laufen       Konfrontativer Stil
Sturm dagegen.                                          Spahn hat politisch noch viel vor. Und um weitere
                                                        Karrierestufen zu zünden, muss er als erfolgrei-
Fettabsaugung auf Kasse                                 cher Gesundheitsminister in Erinnerung bleiben.
Doch den Minister scheint Protest wenig zu be-          Er weiß, dass es bei den Wählern ankommt, wenn
eindrucken. Er regiert mit harter Hand – und            er Funktionären und Lobbyisten zeigt, wer das Sa-
das auf allen Feldern. Spahn diktiert den Klini-        gen hat. Zudem steht er mit seinem konfrontativen
ken, wie viele Pflegekräfte sie einsetzen müssen.       Stil dauerhaft im Licht der Öffentlichkeit und hat
Er verpflichtet die Kassen, neue Pflegestellen zu       auch die finanziellen Möglichkeiten, dort Akzente
bezahlen und Tariferhöhungen zu refinanzieren.          zu setzen. Er muss sich allerdings auch Urteile wie
Obendrein sollen sie durch Beitragssenkungen            das des einstigen Wirtschaftsweisen Bert Rürup
ihre Rücklagen abbauen. Er droht den Apothekern         gefallen lassen. Der wirft dem Minister vor, er
und lockt sie gleichzeitig mit neuen Verdienstmög-      befasse sich vor allem mit publikumswirksamen
lichkeiten. Der Selbstverwaltung macht er klar:         Randthemen, statt endlich wirklich große Baustel-
Wenn sie bei der Digitalisierung trödelt, reißt         len wie die Krankenhausfinanzierung anzupacken.
das Ministerium das Ruder an sich. Immer wie-           Auch in der Pflege hat Spahn zwar auf viele Büsche
der zeigt sich: Wer nicht will wie er, den zwingt       geklopft, aber noch nicht viel verbessert. Und der
der Minister einfach. Selbst als der Gemeinsame         Minister hat ein Problem: Er weiß nicht, wie viel
Bundesausschuss – immerhin das höchste Gre-             Zeit ihm noch bleibt. Die wackelige Koalition mit
mium im Gesundheitswesen – Fettabsaugungen              der SPD droht zu kippen. Spätestens im Herbst
gegen Spahns Willen nicht zur Kassenleistung er-        kommt es wohl zum Showdown. Ob er danach noch
klären will, droht der damit, solche Dinge künftig      Minister ist, ist völlig unklar. 2019 könnte für ihn
einfach selbst zu entscheiden. Dass das mitunter        somit zum Schicksalsjahr werden. Spahn hat mit
träge Verfahren einem durchaus sinnvollen Zweck         seiner aggressiven Politik einigen vieles zugemutet.
dient – nämlich die Beitragszahler vor den Kosten       Er muss nun liefern.
16   |   BZB März 19                        |   Politik

BLZK

                                     Deutliche Warnung
                                     Bundesverfassungsrichter kritisiert Taktik der EU

                                                                                                                                         Ab
                                                                                                                                           bil
                                                                                                                                              du
                                                                                                                                              ng
                                     Als „Mann klarer Worte“ galt Peter Müller

                                                                                                                                                : fo
                                                                                                                                                    toh
                                     schon zu Zeiten, als er noch Ministerpräsident

                                                                                                                                                       an
                                                                                                                                                      sel
                                     des Saarlands war. Diesen Ruf hat der frühere

                                                                                                                                                         /  sto
                                                                                                                                                                c
                                                                                                                                                              k .a
                                     CDU-Politiker und heutige Bundesverfassungs-

                                                                                                                                                                do
                                                                                                                                                                    be
                                                                                                                                                                     .co
                                     richter beim Saarländischen Medizinrechtstag

                                                                                                                                                                      m
                                     einmal mehr bestätigt – mit einer deutlichen
                                     Warnung an freiberuflich tätige Mediziner.

                                     Bei der Fortbildungsveranstaltung in Saarbrücken       kerte Berufsfreiheit beispielsweise Aspekte wie die
                                     rief Müller die Ärzte auf, vor Einschränkungen ih-     Organisations-, Wettbewerbs-, Preis- und Therapie-
                                     rer Berufsfreiheit durch die Europäische Union auf     freiheit. „Die Entscheidung über Diagnose und Be-
                                     der Hut zu sein. „Die EU steht der Freiberuflichkeit   handlung ist grundsätzlich verfassungsrechtlich ge-
                                     außerordentlich skeptisch gegenüber. Hier wer-         schützt“, stellte Müller klar. Zwar könne auch die
                                     den die Freien Berufe Schritt für Schritt sturmreif    Berufsfreiheit eingeschränkt werden. Dafür müss-
                                     geschossen“, zitierte die „Ärzte Zeitung“ den Karls-   ten aber klare Regeln eingehalten werden. „Jeder
                                     ruher Richter. Bisher seien die Ärzte unter den        Grundrechtseingriff braucht eine gesetzliche Grund-
                                     Freiberuflern noch geschont worden, doch Brüssel       lage“, erklärte der Richter am höchsten deutschen
                                     setze offenbar auf eine „Salami-Taktik“. „Ich emp-     Gericht. Voraussetzungen seien eine ausreichende
                                     fehle Ihnen, sehr genau hinzuschauen“, sagte er.       Begründung und eine demokratische Legitimation.

                                     Verfassungsrechtlicher Schutz                          Überregulierung im Gesundheitswesen
                                     Für Mediziner gebe es gute Gründe, die Freiberuf-      Kritisch sieht Müller auch die zunehmende Re-
                                     lichkeit zu verteidigen, so Müller weiter. Sie küm-    gelungsdichte im Gesundheitswesen: „Wenn ein
                                     merten sich um die Gesundheit der Bevölkerung          Problem auftaucht, wird sofort nach Regelungen
                                     und nähmen daher ein öffentliches Interesse wahr.      gerufen. Ich halte das für eine schlimme Fehl-
                                     Dies stehe der Gleichstellung mit einem Gewerbe        entwicklung.“
                                     entgegen. So beinhalte die im Grundgesetz veran-                                               Thomas A. Seehuber
             Foto: BZÄK/axentis.de

                                                                                                                  Vor möglichen Kompetenzüber-
                                                                                                                  schreitungen der Europäischen Union
                                                                                                                  warnt der Bundesverfassungsrichter
                                                                                                                  Peter Müller (hier als Festredner beim
                                                                                                                  Deutschen Zahnärztetag 2016).
Politik   |   BZB März 19   |     17

                                                                                                                                    BLZK

Für eine bessere (Mund-)Pflege
BLZK berät Ministerium und Pflegeaufsicht

Bereits vor der geplanten Gründung der Landes-
                                                          Mundgesundheit von älteren Senioren mit Pflegebedarf
arbeitsgemeinschaft für Pflegebedürftige (LAGP)                                                                        83,0 %

                                                                                                                                         Quelle: Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie
                                                                    Kariessanierungsgrad
intensivier t die Bayerische Landeszahnärzte-                                                                      69,2 %
                                                                                                             46,5 %
kammer ihre Bemühungen, die Mundgesundheit                              Zahnfleischbluten
                                                                                                                  64,3 %
von älteren und pflegebedür ftigen Menschen                          völlige Zahnlosigkeit
                                                                                                       32,8 %
                                                                                                             53,7 %
zu verbessern. Der Referent Patienten der BLZK,
                                                           Kontrollorientierte Inanspruch-                       68,2 %
Prof. Dr. Christoph Benz, ging dafür auf Vor-               nahme zahnärztlicher Dienste                38,8 %
tragsreise.                                                           Hilfe bei der Mund-    6,7 %
                                                                     hygiene erforderlich             29,8 %

                                                                   Mundgesundheit                 Mundgesundheit ältere Senioren
Bei der jährlichen Besprechung des Bayerischen                     ältere Senioren                mit Pflegebedarf

Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege mit        Ältere Senioren mit Pflegebedarf (75- bis 100-Jährige) weisen eine schlechtere
den Regierungen und Fachstellen für Pflege- und         Mundgesundheit auf und benötigen mehr Hilfe bei der Mundhygiene.
Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung
und Aufsicht (FQA) der Landratsämter und kreis-         Ein weiterer Irrtum: Zahnersatz ist nicht per se
freien Städte hielt Benz einen Vortrag zum Thema        pflegeleicht, mahnte der Referent und wies auf
„Zahngesundheit im Alter“. Die FQA beraten und          die Probleme älterer Menschen hin, sich an eine
prüfen unter anderem vollstationäre Pflegeeinrich-      Prothese zu gewöhnen. „Das gelingt nur fitten Se-
tungen – auch in puncto Mundhygiene. Das Thema          nioren und muss begleitet werden.“ Durch gezielte
„Mundhygiene bei Pflegebedürftigkeit“ ist dem Ge-       Mundpflege in der Pflege lassen sich nachweislich
sundheitsministerium ein wichtiges Anliegen. „Mein      Notfallbehandlungen, Schmerzen und Extraktionen
Ziel ist es, die Zahn- und Mundhygiene von Pflege-      verhindern oder zumindest reduzieren.
bedürftigen zu verbessern. Hier sind neue Wege er-      Benz riet den Einrichtungen, die Kooperation mit
forderlich“, betont Staatsministerin Melanie Huml.      Zahnärzten zu suchen. Seit 2013 gibt es eine Be-
                                                        suchsgebühr für die aufsuchende zahnärztliche
Mundhygiene lohnt sich                                  Betreuung. 2018 wurden die Leistungen für Pflege-
Die wichtigste Botschaft, die Benz gleich zu Beginn     bedürftige ausgeweitet, sodass nun auch Schu-
übermittelte, lautete: Auch wenn der Mundhygiene        lungen des Pflegepersonals durch einen Zahnarzt
im Pflegealltag nicht die oberste Priorität zukommt,    möglich sind. Sollte kein Zahnarzt zu finden sein,
lohnt es sich, eigene Zähne, aber auch Zahnersatz       empfahl der Referent, sich an den zuständigen
konsequent zu pflegen. Denn die Mundhöhle ist die       Zahnärztlichen Bezirksverband oder das Referat
Haupteintrittspforte für Bakterien. Der Referent, der   Patienten der BLZK zu wenden.
auch Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer            Schwieriger sieht es aktuell bei Hausbesuchen und
ist, warb für eine enge Zusammenarbeit von Pflege-      der Schulung von ambulanten Pflegediensten aus.
personal und Zahnarzt: „Auf diese Weise lässt sich      In dieser Frage bemüht sich die Zahnärzteschaft,
die Mundpflege bei Pflegebedürftigen ohne gro-          Versorgungsstrukturen aufzubauen. Benz berichtete
ßen Aufwand bewerkstelligen und gegebenenfalls          von den Bemühungen der beiden zahnärztlichen
auftretende zahnmedizinische Probleme können            Körperschaften, eine Landesarbeitsgemeinschaft
gemeinsam gelöst werden.“                               für Pflegebedürftige ins Leben zu rufen.
                                                        Im letzten Teil gab der Referent Tipps für die
Risikofaktor Pflegebedürftigkeit                        Mundhygiene bei Pflegebedürftigen. Bei Auffällig-
In seinem Vortrag räumte Benz mit einigen Irrtü-        keiten sollte unbedingt ein Zahnarzt hinzugezogen
mern auf. So stellt das Alter selbst keinen Risiko-     werden. Benz: „Lieber einmal zu viel als zu spät
faktor für Zahnerkrankungen dar. Anders dagegen         – oder gar nicht.“
Pflegebedürftigkeit: 82 Prozent der Pflegebedürf-                                                            Ulrike Nover
tigen leiden an der Volkskrankheit Parodontitis.              Leiterin Fachbereich Patienten/Soziales Engagement der BLZK
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