Christliche Patientenvorsorge - Deutsche Bischofskonferenz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Christliche Patientenvorsorge durch Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Behandlungswünsche und Patientenverfügung Handreichung und Formular der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland in Verbindung mit weiteren Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland
Christliche Patientenvorsorge 3 Inhalt Kapitel 1 Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1. Wie können Sie unter den geltenden gesetzlichen Voraussetzungen Vorsorge treffen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1 Wer soll an Ihrer Stelle über Ihre medizinische Behandlung entscheiden, wenn Sie dazu nicht mehr imstande sind ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.2 Was haben Vertrauenspersonen und Ärzte bei Ihrer medizinischen Behandlung zu beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.3 Welche rechtlichen Grenzen müssen Sie beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4 Welche Form der Vorsorge ist für Sie am besten geeignet ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Kapitel 2 2. Was ist das Besondere an der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1 Der letzten Lebensphase ihre eigene Würde erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2 Fürsorge im Respekt vor der Selbstbestimmung des Anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.3 Zur Reichweite von Behandlungswünschen und Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE Kapitel 3 3. Was bestimmen Sie im Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE ? . . . . . . 15 3.1 Benennung einer Vertrauensperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.1.1 Die Vorsorgevollmacht in Gesundheits- und Aufenthaltsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.1.2 Die Betreuungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.2 Bestimmungen für Ihre medizinische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.2.1 Die Behandlungswünsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.2.2 Die Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.2.3 Zur Gültigkeit von Behandlungswünschen und Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.2.4 »Raum für ergänzende Verfügungen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.3 Unterschriften unter das Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE . . . . 22 Kapitel 4 4. Was ist noch wissenswert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.1 Wie sorgen Sie dafür, dass Ihre Wünsche bekannt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.2 Was ist zu beachten, wenn man bereits eine CHRISTLICHE Patientenverfügung ausgefüllt hatte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.3 Gibt es eine Pflicht, eine Vorsorgeverfügung zu verfassen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.4 Wie verhalten sich die CHRISTLICHE PATIENTENVORSORGE und ein Organspendeausweis zueinander ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.5 Was passiert in einer Notfallsituation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.6 Was umfassen Behandlung und Pflege am Lebensende? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.7 Wann und wie sind künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr geboten? . . . . . . . . . . . . . 26 4.8 Gibt es einen Anspruch auf seelsorgerlichen Beistand ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Geleitwort V iele Menschen blicken mit Sorge auf das Ende ihres Lebens. Manchmal sind es eine bestehende Krankheit oder hohes Alter, manchmal die Furcht vor einem Unfall oder einer plötzlich auftretenden Erkrankung, öglichkeiten der Patientenvorsorge zu intensi- M vieren. Wir hoffen, damit einen Weg zwischen unzumutbarer Lebensverlängerung und nicht verantwortbarer Lebensverkürzung aufzuzeigen. Die CHRISTLICHE PAtIENTENVORSORGE be die sie fragen lassen: Werden am Ende meines rücksichtigt theologisch-ethische Aspekte eines Lebens Menschen bei mir sein, mir beistehen christlichen Umgangs mit dem Ende des irdi- und Kraft geben? Werde ich zu Hause sterben schen Lebens und erläutert die wichtigsten juris- können oder wird man mich ins Krankenhaus tischen Gesichtspunkte. bringen? Werde ich unter starken Schmerzen lei- den? Werde ich noch selbst bestimmen können, Die vorliegende Handreichung mit ihrem For welche medizinischen Behandlungen an mir vor- mular ist eine Überarbeitung der 1999 in erster genommen werden sollen und welche nicht ? und 2003 in zweiter Auflage veröffentlichten CHRISTLICHEN PATIENTENVERFÜGUNG, die So schwer es ist, sich mit der eigenen Sterblich- sich einer außerordentlich großen Nachfrage keit und den damit verbundenen Fragen aus erfreute. Die erneute Überarbeitung wurde not- einanderzusetzen, so sinnvoll ist es, ihnen nicht wendig durch das am 1. September 2009 in Kraft auszuweichen. Mit der Handreichung CHRISTLI- getretene »Dritte Gesetz zur Änderung des Be- CHE PATIENTENVORSORGE DURCH VORSORGE treuungsrechts«. VOLLMACHT, BETREUUNGSVERFÜGUNG, BE- HANDLUNGSWÜNSCHE UND PATIENTENVER Die dort erfolgte umfassende rechtliche Neurege FÜGUNG und dem darin enthaltenen Formular lung machte zahlreiche Änderungen erforderlich. möchten wir eine Hilfestellung geben: Wir Schon der neue Titel »CHRISTLICHE PATIENTEN möchten dazu anregen, sich mit dem Sterben und VORSORGE« verdeutlicht dies. Er bezieht sich den eigenen Wünschen im Umgang mit einer le- nicht mehr nur auf die eigentliche Patientenver- bensbedrohlichen Erkrankung zu befassen. Wir fügung, sondern umfasst auch drei andere Mög- möchten dazu beitragen, den Dialog zwischen der lichkeiten der selbstbestimmten Vorsorge: Vor- Ärzteschaft, dem Pflegepersonal, der Kranken sorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Äuße- hausseelsorge, den Patientinnen und Patienten rung von Behandlungswünschen. Diese vier Mög- sowie ihren Angehörigen über die verschiedenen lichkeiten der Patientenvorsorge bringen den
Christliche Patientenvorsorge 5 Willen eines entscheidungsfähigen Menschen im eine Handreichung anzubieten, die sich in be- Vorfeld einer Erkrankung oder des Sterbens zum sonderer Weise dem christlichen Glauben ver- Ausdruck. Sie werden wichtig, wenn der Patient pflichtet weiß. CHRISTLICHE PATIENTENVOR entscheidungsunfähig wird, d. h. aufgrund einer SORGE bedeutet allerdings nicht, dass sie nur Erkrankung oder Verletzung außer Stande ist, von Christen benutzt werden kann, wohl aber, seinen aktuellen Willen zu äußern. dass sie von christlichen Überzeugungen geprägt ist, so beispielsweise von der deutlichen Ableh- Die CHRISTLICHE PATIENTENVORSORGE glie- nung der Tötung auf Verlangen und der ärzt dert sich in die Handreichung mit insgesamt vier lichen Beihilfe zur Selbsttötung. Kapiteln und das dazwischen geheftete Formular. Der Text der Handreichung ist so angelegt, dass Der christliche Glaube schenkt uns die Gewiss- die wesentlichen Gesichtspunkte in den Kapiteln heit, dass das Leben in der Gemeinschaft mit 1 und 2 konzentriert sind. Die Kapitel 3 und 4 sind Jesus Christus durch den Tod hindurch Bestand eine ergänzende Hilfe für den Umgang mit dem hat. Als Christen bezeugen wir, was in der Heili- Formular. Die Kirchen, die die CHRISTLICHE gen Schrift gesagt ist: »Gott wird in ihrer Mitte PATIENTENvORSORGE veröffentlichen, empfeh- wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, len, sich frühzeitig und intensiv darüber Gedan- Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ken zu machen, welche Vertrauenspersonen als ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr Bevollmächtigte und Betreuer benannt werden sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. können und welche medizinische Behandlung Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf gewünscht wird. Die Kirchen empfehlen darüber dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles hinaus eine ärztliche Beratung beim Ausfüllen neu.« (Offb 21,3–5) des Formulars, auch wenn diese gesetzlich nicht Die Gegenwart Jesu Christi gibt Menschen den vorgeschrieben ist. Mut und die Hoffnung, selbst in den schwierigs- Die Kirchen tragen mit der von ihnen heraus ten Situationen ihres Lebens Zeichen des kom- gegebenen CHRISTLICHEN PATIENTENVERFÜ menden Reiches Gottes wahrzunehmen und wei- GUNG seit 1999 und nunmehr auch mit der hier terzugeben. Sie gibt auch die Kraft, Menschen vorliegenden CHRISTLICHEn PATIENTENVOR auf der letzten Wegstrecke ihres Lebens zu be- SORGE der vielfältig geäußerten Bitte Rechnung, gleiten. Hannover / Bonn / Frankfurt am Main, im Dezember 2010 Präses Nikolaus Schneider Erzbischof Dr. Robert Zollitsch Landesbischof Vorsitzender des Rates der Vorsitzender der Dr. Friedrich Weber Evangelischen Kirche in Deutschland Deutschen Bischofskonferenz Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland
Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir, wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür; wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein. Paul Gerhardt; Evangelisches Gesangbuch 85,9 / Gotteslob 179,6
Christliche Patientenvorsorge 7 1. Wie können Sie unter den geltenden gesetzlichen Voraussetzungen Vorsorge treffen? Das deutsche Recht bietet verschiedene richt Folge zu leisten. Das Gericht be- Möglichkeiten an, mit deren Hilfe Sie für stimmt, für welche Aufgabenkreise der den Fall Ihrer Einwilligungsunfähigkeit im rechtliche Betreuer zuständig ist (Nä Rahmen einer schweren oder tödlich ver- heres siehe Abschnitt 3.1.2). laufenden Krankheit Vorsorge treffen kön- nen. Sie berühren unterschiedliche Fragen: 1.2 Was haben Vertrauenspersonen und Ärzte bei Ihrer 1.1 W er soll an Ihrer Stelle über medizinischen Behandlung Ihre medizinische Behandlung zu beachten? entscheiden, wenn Sie dazu Vertrauenspersonen und Ärzte haben stets nicht mehr i mstande sind? Ihren Willen als Patient zu beachten. Sie Wir empfehlen Ihnen, eine Person Ihres können Ihr Selbstbestimmungsrecht auf Vertrauens zu bestimmen, die Sie persön- verschiedene Weise für den Fall vorsorg- lich kennt und der Sie die Aufgabe anver- lich ausüben, dass Sie nicht mehr selbst trauen können, Ihre Wünsche und Interes- entscheiden können: sen im Rahmen Ihrer medizinischen Be- ► So können Sie konkrete Behandlungs handlung und den damit verbundenen Fra- wünsche über Art, Umfang und Dauer gen zu vertreten. Ihre Vertrauensperson sowie die Umstände Ihrer Behandlung wird an Ihrer Stelle mit entscheiden, falls äußern. Diese Behandlungswünsche Sie selbst dazu nicht mehr imstande sind. sind dann verbindliche Richtschnur für Eine Person Für die Auswahl und die Bestellung einer Ihre Vertrauensperson. Ihre Vertrauens- Ihres Vertrauens Vertrauensperson kommen in Betracht: person hat Ihre Wünsche gegenüber ► die Vorsorgevollmacht, mit der Sie Ärzten und Pflegepersonal geltend zu selbst Vertrauenspersonen zu Ihrem machen und durchzusetzen (Näheres Vertreter (Bevollmächtigten) in Angele- siehe Abschnitt 3.2.1); genheiten Ihrer Gesundheit und Ihres ► Sie können als einwilligungsfähige, er- Aufenthalts bestellen. Der oder die Be- wachsene Person schriftlich eine Pa vollmächtigte handelt als Ihr Beauftrag- tientenverfügung verfassen. Mit die- ter (Näheres siehe Abschnitt 3.1.1); ser können Sie selbst im Vorhinein in ► die Betreuungsverfügung, mit der Sie bestimmte ärztliche Maßnahmen, die das Betreuungsgericht bitten, die von in Zukunft aus ärztlicher Sicht erfor- Ihnen vorgeschlagene Vertrauensper- derlich werden mögen, einwilligen oder son zu Ihrem Vertreter (Betreuer) zu diese untersagen (Näheres siehe Ab bestellen. Ihrem Vorschlag hat das Ge- schnitt 3.2.2).
8 Christliche Patientenvorsorge Kapitel 1 Sie können sich auch Ihrer Vertrauens Als Patient können Sie verlangen, dass person bzw. den behandelnden Ärzten an- Maßnahmen zur Verlängerung Ihres Le- vertrauen und ihnen die Aufgabe überant- bens in der Sterbephase unterlassen oder worten, die in der jeweiligen Situation an- beendet werden, wenn diese lediglich den gemessene Art und Weise Ihrer ärztlichen Todeseintritt verzögern und sich die Behandlung festzulegen. Vertrauensper- Krankheit in ihrem zum Tode führenden Ihr Wille zählt son und Ärzte haben nach Ihrem mut Verlauf nicht mehr aufhalten lässt. Das be- maßlichen Willen zu handeln, d. h. der zeichnet man als Behandlungsverzicht Behandlung dann zuzustimmen, wenn Sie bzw. Behandlungsbegrenzung oder auch es nach Lage der Dinge selbst in dieser »passive Sterbehilfe«. In einem juristisch Situation auch getan hätten. Dafür sind weit gefassten Sinn wird verschiedentlich u. a. Ihre früheren Äußerungen, ethischen auch dann von passiver Sterbehilfe gespro- und religiösen Überzeugungen und Wert- chen, wenn der Sterbeprozess oder das vorstellungen heranzuziehen. Im Zweifels- Endstadium einer tödlich verlaufenden fall werden Vertrauensperson und Ärzte Krankheit noch nicht begonnen hat und davon ausgehen, dass Sie den ärztlich ge- eine lebenserhaltende medizinische Maß- botenen Maßnahmen zustimmen würden. nahme nicht durchgeführt oder beendet wird, weil der Patient seine Einwilligung in die medizinische Maßnahme nicht erteilt 1.3 Welche rechtlichen Grenzen oder widerrufen hat. Dies kann besondere müssen Sie b eachten? ethische Probleme aufwerfen (Näheres Sie können keine Anordnung treffen, die siehe Abschnitt 2.3). gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen Davon grundlegend zu unterscheiden ist würde; so können Sie z. B. nicht verlangen, die Beihilfe zur Selbsttötung, die auch dass der Arzt Ihnen ein Medikament verab- »assistierter Suizid« genannt wird. Da reicht, das Sie tötet. Eine solche Tötung auf runter versteht man die Unterstützung Verlangen – auch »aktive Sterbehilfe« ge- eines Menschen bei der Durchführung nannt – ist die gezielte Tötung eines Men- seiner Selbsttötung. Dies kann durch die schen. Sie ist in Deutschland gesetzlich Beschaffung tödlich wirkender Mittel verboten und wird strafrechtlich verfolgt. erfolgen oder auch durch die Anleitung zu Zulässig ist dagegen die Gabe von Schmerz- ihrer Handhabung. Sie ist nicht nur auf die mitteln oder anderen Medikamenten, unmittelbare Sterbephase beschränkt, wenn sie zur Leidensminderung medizi- sondern findet oft schon nach der Diagno- nisch angezeigt sind und der Patient bzw. se einer schweren Erkrankung oder der sein Bevollmächtigter oder Betreuer ihrer Prognose eines belastenden Krankheits Verabreichung zustimmt. Das gilt auch in verlaufes statt. Aus ethischer Sicht ist die den Fällen, in denen diese Medikamente Beihilfe zur Selbsttötung, die in manchen als unbeabsichtigte Nebenwirkung das Ländern (z. B. Schweiz oder die Nieder Leben des Patienten verkürzen können lande) von so genannten Sterbehilfe-Orga (»indirekte Sterbehilfe«). nisationen praktiziert wird, abzulehnen.
Christliche Patientenvorsorge 9 1.4 Welche Form der Vorsorge ► Vorsorgevollmacht und/oder Betreu ist für Sie am besten geeignet? ungsverfügung verbunden mit Be handlungswünschen oder Patienten Es ist nicht unbedingt notwendig, alle For- verfügung: Zusätzlich zur Bevollmäch- mularteile der CHRISTLICHEN PATIENTEN tigung einer Person Ihres Vertrauens VORSORGE (also Vorsorgevollmacht, Be- oder zum Vorschlag eines Betreuers Vier treuungsverfügung, Behandlungswünsche können Sie über Ihre künftige Behand- Möglichkeiten und Patientenverfügung) auszufüllen. Dies lung vorab durch eine Patientenver der Vorsorge liegt in Ihrer Entscheidung. Aus unserer fügung entscheiden oder Behandlungs- Sicht sind folgende Möglichkeiten sinnvoll wünsche festlegen. Dadurch wird ge- und empfehlenswert: währleistet, dass im Falle Ihrer Ent ► Vorsorgevollmacht mit Betreuungs scheidungsunfähigkeit eine Person Ih- verfügung: Wir empfehlen, Ihre Ver- res Vertrauens zusammen mit dem be- trauensperson in einer Vorsorgevoll handelnden Arzt Ihre Patientenver macht zum Bevollmächtigten zu er fügung und Ihre Behandlungswünsche nennen. Dies bringt Ihr Selbstbestim- prüft und ihnen Geltung verschafft. mungsrecht und die in der jeweiligen Sollten diese Festlegungen nicht auf die Behandlungssituation gebotene Für aktuelle Behandlungs- und Lebenssitu- sorge gleichermaßen zur Geltung. Denn ation zutreffen, kann Ihre Vertrauens- eine Vertrauensperson, mit der Sie sich person die erforderlichen Entscheidun- ausführlich ausgetauscht haben und die gen über Ihre ärztliche Behandlung in Ihre Behandlungswünsche kennt, ist am Ihrem Sinne treffen. ehesten in der Lage, in den kaum vor- ► Behandlungswünsche und Patien hersehbaren Situationen einer Krank- tenverfügung allein: Wenn Sie keiner heitsentwicklung in Ihrem Sinn eine Ihnen bekannten Person die Verant- gute Entscheidung für Ihre Behandlung wortung für weitere Entscheidungen in zu treffen. Es ist sinnvoll, Ihre Vertrau- Ihrem Krankheitsfall in Form einer ensperson zusätzlich mittels einer Be- Vorsorgevollmacht bzw. Betreuungsver treuungsverfügung als Betreuer vorzu- fügung übertragen möchten oder nie- schlagen. So stellen Sie sicher, dass Ihre mand bereit oder in der Lage ist, diese Vertrauensperson stets in allen Angele- Aufgabe zu übernehmen, dann ist es genheiten für Sie handeln kann. sinnvoll, zumindest Ihre Wünsche für ► Betreuungsverfügung allein: Statt die künftige Behandlung niederzulegen Ihre Vertrauensperson zu bevollmäch- oder eine Patientenverfügung zu ver- tigen, können Sie sie auch mit einer Be- fassen. So wird dafür Sorge getragen, treuungsverfügung als Betreuer vor- dass im Ernstfall nach Ihren Vorstellun- schlagen. Sie kann dann allerdings erst gen gehandelt wird, selbst wenn der für Sie handeln, wenn das Gericht sie behandelnde Arzt und gegebenenfalls zum Betreuer bestellt. ein vom Betreuungsgericht eingesetzter Betreuer Sie und Ihre Vorstellungen nicht persönlich kennen. In Situatio- nen, die diese Erklärungen nicht abde- cken, muss Ihr mutmaßlicher Wille er- mittelt werden.
Aus Gottes Hand empfing ich mein Leben, unter Gottes Hand gestalte ich mein Leben, in Gottes Hand gebe ich es zurück. Augustinus
Christliche Patientenvorsorge 11 2. Was ist das Besondere an der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE ? 2.1 D er letzten Lebensphase hasen verantwortlich zu gestalten. Dazu P ihre eigene Würde erhalten gehört, sowohl für das tätige Leben als auch für das Sterben Vorsorge zu treffen. Die fortschreitende Ausweitung der medi- Bis zuletzt soll ein Leben als lebenswert zinischen Möglichkeiten wirft zunehmend und sinnvoll erfahren werden. Dazu ge- Fragen auf, die sich früher so nicht gestellt hört: teilhaben zu können an dem, was in haben: Ist die Ausschöpfung aller Möglich- Familie, Nachbarschaft und Welt ge- keiten zur Lebenserhaltung in jeder Le- schieht, Entscheidungen treffen zu dürfen, bensphase gleichermaßen geboten? Oder Zeit zum Durchdenken und Klären von sollen wir darauf verzichten, wenn die be- Fragen zu haben, Abschied zu nehmen von absichtigte Lebensverlängerung zu einer den uns lieben und wichtigen Menschen belastenden Sterbeverlängerung zu führen und den eigenen Tod annehmen zu lernen. droht oder bereits geführt hat ? Was ist Dies ist häufig ein schwieriger Prozess. Das besser: in der vertrauten Umgebung zu Bereitwerden zum Sterben kann durch sterben, auch wenn dadurch nicht alle starke Schmerzen, quälende körperliche technisch-medizinischen Möglichkeiten Symptome und nicht minder durch massi- jederzeit verfügbar sind und eine Lebens- ve medikamentöse Dämpfung erschwert verkürzung die Folge sein kann, oder auf werden. Schmerztherapie, Palliativmedi- Ihre Bedürfnisse der Intensivstation so lange wie möglich zin, Hospizarbeit, pflegerische Maßnah- stehen im zu leben? men, mitmenschliche und geistliche Be- Vordergrund Solche Fragen lassen sich nicht immer ge- gleitung sollen die Voraussetzung schaf- nerell beantworten. Dies mahnt auch zur fen, auch die letzte Lebensstrecke in Wür- Vorsicht, im Einzelfall nur eine einzige de leben zu können. Handlungsweise als christlich geboten an- Wir können über unser eigenes Leben zusehen. Letztlich muss die Entscheidung nicht grenzenlos verfügen. Genauso wenig aus der konkreten Lage des sterbenden haben wir das Recht, über den Wert eines Menschen heraus, von seinen Bedürfnis- anderen menschlichen Lebens zu entschei sen her und in Übereinstimmung mit sei- den. Jeder Mensch hat seine Würde, seinen nen Wünschen und Vorstellungen getrof- Wert und sein Lebensrecht von Gott her. Er fen werden. ist darum ungleich mehr, als er von sich Wir nennen die hier angebotene Hand selbst weiß. Kein Mensch kann genau wis- reichung eine CHRISTLICHE PATIENTEN- sen, was er für andere bedeutet. Im Glau- VORSORGE, weil sie sich von den Überzeu- ben an den Gott des Lebens wissen wir, gungen des christlichen Glaubens leiten dass jeder Mensch mit seinem Leben – wie lässt. Das Leben ist uns von Gott gegeben. immer es beschaffen ist – unentbehrlich Er befähigt uns dazu, es in allen seinen und wertvoll ist.
12 Christliche Patientenvorsorge Kapitel 2 2.2 Fürsorge im Respekt vor der psychologischen, sozialen und spirituellen Selbstbestimmung des A nderen Wünsche und Vorstellungen des Patienten einbeziehen. »Fürsorge im Respekt vor der Die ethische und rechtliche Grundlage Freiheit des Anderen«, ein Leitmotiv der aller Vorsorgeverfügungen ist das Selbst- Hospizbewegung, trifft auch auf die An- bestimmungsrecht. Der Wille des Patien- wendung von Vorsorgeverfügungen zu. ten ist die Grundlage jeder Behandlung. Für die Durchführung oder Unterlassung 2.3 Zur Reichweite von einer Behandlung ist entscheidend, ob Behandlungswünschen der Patient den ärztlich vorgeschlagenen und Patientenverfügung Diagnose- und Therapiemaßnahmen nach einer angemessenen Aufklärung zustimmt. Der Begriff der Reichweite bezieht sich im Selbstbestimmung kann jedoch nicht ge- vorliegenden Zusammenhang auf die Fra- dacht werden, ohne die Abhängigkeit von ge, ob die Behandlungswünsche oder Ver- der eigenen Leiblichkeit, von der Fürsorge fügungen eines Patienten uneingeschränkt anderer Menschen und von Gottes Wirken Geltung beanspruchen können oder ob sie zu erkennen und zu bejahen. Selbstbestim- – und wenn ja, welchen – Einschränkungen mung darf nicht als völlige Unabhängigkeit unterworfen sind. Diese Frage spielte be- Selbst missverstanden werden. Sie gewinnt nur reits eine Rolle bei der Klarstellung, dass bestimmung in sozialen Kontexten Gestalt, d. h. der die Tötung auf Verlangen schon wegen ih- und Fürsorge Mensch ist und bleibt eingebunden in die res gesetzlichen Verbotes nicht vom Pati- mitmenschliche Gemeinschaft und ist auf enten verfügt werden kann (Näheres siehe sie angewiesen. Die Gesellschaft hat ihrer- Abschnitt 1.3). Das am 1. September 2009 seits eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren in Kraft getretene »Dritte Gesetz zur Ände- Mitgliedern. Hieraus ergibt sich die Pflicht rung des Betreuungsrechts« teilt diese spe- des Staates zum Schutz des Lebens seiner zielle Begrenzung der Reichweite, nimmt Bürger. In diesen Zusammenhang gehört aber keine weiteren Einschränkungen vor. auch die Pflicht des Arztes, das Beste für Das heißt, dass die Bestimmungen der den Patienten zu wollen. Für eine sorgsa- Vorsorgeverfügungen sowohl Krankheiten me und angemessene medizinische Be- betreffen können, die voraussichtlich in treuung ist es wichtig, ein vertrauensvolles kurzer Zeit zum Tode führen (z. B. Herz- Verhältnis zwischen Arzt und Patient auf- Kreislauf-Erkrankungen, Organversagen, zubauen. fortgeschrittene Krebserkrankung), als auch solche, bei denen die Sterbephase – Selbstbestimmung des Patienten und Für- medizinisch betrachtet – noch weit ent- sorge für den Patienten sind miteinander fernt ist (z. B. die unfallbedingte Quer- zu verbinden und aufeinander zu bezie- schnittslähmung, anhaltende schwere hen. Selbstbestimmung ist auf Fürsorge Schmerzzustände, das so genannte Wach- angewiesen. Ebenso gehört es zu recht koma, Demenz). verstandener Fürsorge, die Selbstbestim- mung eines Patienten zu achten und ihr so Nach dem Gesetz kommt Behandlungs- weit wie möglich Folge zu leisten. Fürsorge wünschen und Patientenverfügungen, von muss daher immer die körperbezogenen, den genannten Ausnahmen abgesehen,
Christliche Patientenvorsorge 13 immer bindende Wirkung zu – unabhängig c) Ein besonders schwieriges Thema ist von Art oder Stadium der Erkrankung. Im das so genannte Wachkoma (auch »an- Gegensatz dazu wurde gefordert, die dauernder vegetativer Status« genannt). Reichweite auf bestimmte Stadien einer Ausgangspunkt für die ethische Bewer- Erkrankung zu begrenzen, nämlich auf das tung ist die Feststellung: Menschen im Endstadium tödlich verlaufender Krank- so genannten Wachkoma sind keine Entscheidend heiten und auf den Sterbeprozess selbst. Sterbenden (Näheres siehe Abschnitt ist der konkrete Die Frage nach Reichweite und Reichwei- 3.2.4). Ein Wachkoma kann sich bei ent- Einzelfall tenbegrenzung geriet in den Jahren der sprechender Betreuung über Jahre hin- öffentlichen Debatte über eine gesetzliche ziehen, bis der Patient vielleicht an einer Regelung von Patientenverfügungen zu anderen, akuten Ursache stirbt. Eine einem Hauptstreitpunkt − auch unter ethische Pflicht dieses Patienten, eine Christen. auftretende akute Zweiterkrankung be- handeln zu lassen und auf diese Weise Aus heutiger Sicht kann – unbeschadet der der Anwendung »außergewöhnlicher Vielfalt individueller Urteilsbildung zur Mittel« zuzustimmen, kann schwerlich Reichweitenbegrenzung – zwischen den geltend gemacht werden. Eine Basisbe- Kirchen folgender Konsens festgehalten treuung, zu der u. a. menschenwürdige werden: Unterbringung, Zuwendung, Körper- a) Das Gesetz sieht keine Reichweitenbe- pflege, Lindern von Schmerzen, Atem- grenzung vor. Der Diskussionsbeitrag not und Übelkeit sowie das Stillen (der der Kirchen sollte sich deshalb auf die Gefühle) von Hunger und Durst gehö- ethische Frage konzentrieren, ob man ren, ist jedoch aufrecht zu erhalten. die bestehenden rechtlichen Möglich- keiten in Anspruch nimmt oder aus guten Gründen darauf verzichtet. b) Die Krankheitszustände und -diagnosen sind gerade zum Lebensende hin von sehr komplexer Natur. Entsprechend geht es im Blick auf sie um besonders Und ob ich schon schwierige und höchst individuelle Ent- scheidungen. Um unter diesen schwieri- wanderte im finstern Tal, gen Bedingungen zu einer moralisch überzeugenden Urteilsbildung gelangen fürchte ich kein Unglück; zu können, müssen allgemeine Regelun- gen und Ratschläge daher immer auch denn du bist bei mir, auf den konkreten Einzelfall angewen- det werden. dein Stecken und Stab trösten mich. Psalm 23,4
14 Christliche Patientenvorsorge Die beiden Formulare sowie die Hinweiskarte zur ChristlicheN Patientenvorsorge finden Sie in dieser PDF-Datei ab Seite 29.
3. Was bestimmen Sie im Formular der CHRISTLICHEN PATIENTENVORSORGE ? Welche Vorsorge können Sie treffen? Wir wollen Ihnen an dieser Stelle weitere hilfreiche Informationen anbieten. Diese Wie Sie bereits wissen, können Sie mit dem For- Informationen stellen einige Begriffe aus- mular der CHRISTLICHEn PATIENTENVORSORGE führlicher dar und versuchen Fragen zu so umfassend wie möglich Vorsorge für die Zeit beantworten, die sich bei der Lektüre der treffen, in der Sie selbst nicht mehr über medizi- Handreichung oder beim Ausfüllen des nische Maßnahmen oder Ihren Aufenthalt ent- Formulars ergeben können. scheiden können. Dafür bietet Ihnen das vorlie- gende Formular der CHRISTLICHEn PATIENTEN Wenn Sie die verschiedenen Teile des hier ange- VORSORGE verschiedene Möglichkeiten, die Sie botenen Formulars ausfüllen wollen, empfehlen nach Ihren Bedürfnissen kombinieren können: wir Ihnen, sich ärztlich beraten zu lassen, wenn- gleich es gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Wir Sie können raten Ihnen dazu, weil Patientenverfügungen ► in einer Vorsorgevollmacht einen und Behandlungswünsche nur umgesetzt werden Bevollmächtigten ernennen, können, wenn sie so konkret verfasst sind, dass ► i n einer Betreuungsverfügung dem sie auf die später möglicherweise eintretende Betreuungsgericht einen Betreuer Situation zutreffen. Dies ist besonders wichtig, vorschlagen, falls Sie erwägen, eigene Ergänzungen für in dividuelle Krankheitssituationen im Feld »Raum ► B ehandlungswünsche formulieren für ergänzende Verfügungen« vorzunehmen. und eine Patientenverfügung ver- Eine fachkundige Beratung kann hier helfen, fassen. Widersprüche zwischen einzelnen Festlegungen zu vermeiden und die notwendige Genauigkeit zu In der Vorsorgevollmacht und der Betreuungs- erreichen. verfügung benennen Sie eine Person, die für Sie
16 Christliche Patientenvorsorge Kapitel 3 spricht und handelt, in der Patientenverfügung Eine Vorsorgevollmacht in Gesundheitsange und in den Behandlungswünschen legen Sie kon- legenheiten muss bestimmten Formvorschriften kret fest, welche medizinische Behandlung Sie genügen: Sie ist schriftlich zu erteilen und muss wünschen oder ausschließen möchten. die Befugnis zur Einwilligung bzw. Untersagung von ärztlichen Maßnahmen (Untersuchungen 3.1 Benennung einer Vertrauensperson des Gesundheitszustandes, Heilbehandlung oder ärztlicher Eingriff) ausdrücklich umfassen. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Entsprechendes gilt für eine Vorsorgevollmacht eine Person Ihres Vertrauens mit Ihrer in Aufenthaltsangelegenheiten. Die Befugnis zur Vertretung zu beauftragen, wenn Sie ent- Unterbringung mit freiheitsentziehender Wir- scheidungsunfähig werden: zum einen als kung und zu freiheitsentziehenden Maßnahmen Bevollmächtigten durch die Vorsorgevoll- (z. B. durch Bettgitter, Medikamente und Ähnli- macht und zum anderen als Betreuer durch ches) in einem Heim oder in einer sonstigen Ein- die Betreuungsverfügung. richtung muss ebenfalls schriftlich und aus- drücklich erteilt werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden Vorsor- geverfügungen besteht zum einen darin, dass ein Die hier angebotene Vorsorgevollmacht der Betreuer erst durch das Betreuungsgericht be- CHRISTLICHEn PATIENTENVORSORGE erfüllt stellt werden muss, während eine von Ihnen be- selbstverständlich diese Anforderungen. vollmächtigte Vertrauensperson sofort für Sie handeln kann, wenn dies erforderlich wird. Zum Bitte beachten Sie: anderen wird ein Betreuer vom Betreuungsge- Das Formular der Vorsorgevollmacht in richt kontrolliert, während ein Bevollmächtigter der CHRISTLICHEn PATIENTENVORSORGE nicht unter der Kontrolle eines Gerichtes steht. betrifft nur die Vorsorge für Ihre künftige Allerdings kann auch der Bevollmächtigte in medizinische Behandlung und Ihren Auf einigen besonderen Situationen nicht allein ent- enthalt! scheiden, sondern muss – wie ein Betreuer – beim zuständigen Betreuungsgericht eine Genehmi- Wenn Sie darüber hinaus auch eine Vertre- gung einholen (Näheres siehe Abschnitt 3.1.2). tung in Bank-, Vermögens- und Wohnungs- angelegenheiten, bei Behörden, im Post- und Fernmeldeverkehr oder vor Gericht 3.1.1 D ie Vorsorgevollmacht in wünschen, müssen Sie eine Vollmacht auch Gesundheits- und Aufenthalts für diese Bereiche erteilen. Sie muss in angelegenheiten manchen Fällen von einem Notar beurkun- Was ist eine Vorsorgevollmacht? det werden. Außerdem können Sie durch Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ermöglicht eine Verfügung zur Bestattung bestimmen, es, eine Person Ihres besonderen Vertrauens zu wie und wo Sie beigesetzt werden wollen, benennen, die für den Fall Ihrer Geschäfts- und und durch Testament oder Erbvertrag Ihre Einwilligungsunfähigkeit in Ihrem Namen wirk- Erbangelegenheiten regeln. Bitte machen sam handeln kann. Eine solche Vollmacht heißt Sie sich im Blick auf diese weiteren Verfü- Vorsorgevollmacht. Sie kann mit einer Betreu- gungen an anderer Stelle kundig. ungsverfügung, Behandlungswünschen und Diese Aspekte sind von dieser Broschüre einer Patientenverfügung verbunden werden. nicht umfasst!
Christliche Patientenvorsorge 17 Wer sollte bevollmächtigt werden? In einigen besonderen Situationen kann der Be- Eine Vorsorgevollmacht hat weitreichende Be- vollmächtigte nicht allein entscheiden, sondern deutung. Sie sollten diese nur einer Person ertei- muss beim zuständigen Betreuungsgericht eine len, der Sie besonders vertrauen. Sicherlich wird Genehmigung einholen. Dazu gehören zum einen bei der Auswahl eine Rolle spielen, mit wem Sie die Unterbringung in einer geschlossenen Ein- Ihre Vorstellungen am besten besprechen kön- richtung oder Abteilung oder die Einwilligung in nen und wer voraussichtlich auch emotional mit andere, die Freiheit entziehende Maßnahmen wie der eventuell später eintretenden Situation um- z. B. das Anbringen von Bauchgurten und Bettgit- gehen kann. Bei der Auswahl der Person Ihres tern oder die Freiheitsentziehung mit Hilfe von Vertrauens zum Bevollmächtigten kommen bewusstseinsverändernden Medikamenten. neben Angehörigen (Ehepartner, Kinder, Ge- Zum anderen muss das Betreuungsgericht im schwister) auch langjährige oder enge Freunde, Rahmen Ihrer medizinischen Behandlung ange- vertraute Bekannte oder auch ein Arzt Ihres Ver- rufen werden, wenn trauens in Betracht. ► Arzt und Bevollmächtigter sich nicht über den Sie können auch mehrere Personen in der Weise Patientenwillen einig sind und bevollmächtigen, dass jeder einzelne von ihnen Sie vertreten kann (Einzelvollmacht). Damit kön- ► der Patient aufgrund der geplanten ärztlichen Maßnahme oder aufgrund der Weigerung des nen Sie sicherstellen, dass möglichst jederzeit Bevollmächtigten, der vom Arzt vorgeschla- ein Vertreter erreicht werden kann. Dabei ist al- genen Maßnahme zuzustimmen, in die Gefahr lerdings zu bedenken, dass die Personen im kon- des Todes oder eines schweren und länger kreten Fall verschiedener Meinung sein können dauernden gesundheitlichen Schadens gerät. und dadurch eventuell die Wahrnehmung Ihrer Interessen gefährden. Die Bevollmächtigung mehrerer Personen empfiehlt sich deshalb nur, 3.1.2 Die Betreuungsverfügung wenn Sie davon ausgehen können, dass diese sich Was ist eine Betreuungsverfügung ? untereinander abstimmen und einigen werden. Sollten Sie eines Tages aufgrund einer psychi- Es kann sinnvoll sein, eine Ersatzperson zu be- schen Krankheit oder einer körperlichen, geisti- nennen für den Fall, dass der oder die Bevoll- gen oder seelischen Behinderung Ihre Angele- mächtigte ausfällt. genheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst besorgen können und keine Vorsorgevollmacht Was ist die Aufgabe eines Bevollmächtigten? ausgestellt haben, wird vom Betreuungsgericht Der Bevollmächtigte hat die Aufgabe, im Rahmen für Sie ein Betreuer bestellt. der erteilten Vollmacht Ihre Interessen in Gesund- Eine Betreuungsverfügung ermöglicht Ihnen, für heits- und Aufenthaltsangelegenheiten wahr diesen Fall Ihre Wünsche hinsichtlich der Person zunehmen. Sie sollten deshalb mit ihm über Ihre des Betreuers zu äußern. Das Betreuungsgericht Vorstellungen reden. Je nachdem, in welchem prüft, ob die vorgeschlagene Person als Betreuer Maße Sie sich Ihrem Bevollmächtigten anver- geeignet ist. Ist das der Fall, wird es die vorge- trauen oder bestimmte Vorgaben machen wol- schlagene Person zum Betreuer bestellen. An- len, können Sie Ihre Vorsorgevollmacht um Be- dernfalls wählt das Gericht eine andere geeigne- handlungswünsche oder eine Patientenverfü- te Person aus, nach Möglichkeit aus Ihrem per- gung ergänzen. sönlichen und familiären Umfeld.
18 Christliche Patientenvorsorge Kapitel 3 Eine Betreuungsverfügung bedarf keiner be- Bettgittern oder die Freiheitsentziehung mit Hilfe stimmten Form. Aus praktischen Gründen sollte von bewusstseinsverändernden Medikamenten. sie aber schriftlich verfasst werden. Zum anderen muss das Betreuungsgericht im Eine Betreuungsverfügung kann jederzeit wider- Rahmen Ihrer medizinischen Behandlung ange- rufen werden. Auch der Widerruf kann in jeder rufen werden, wenn Form erfolgen. Es genügt, dass Ihre Willensände ► A rzt und Betreuer sich nicht über den Patien rung deutlich zum Ausdruck kommt. tenwillen einig sind und Wer sollte Betreuer werden? ► d er Patient aufgrund der geplanten ärztlichen Für die Auswahl eines Betreuers gilt grundsätz- Maßnahme oder aufgrund der Weigerung des lich dasselbe wie für die Auswahl eines Bevoll- Betreuers, der vom Arzt vorgeschlagenen mächtigten für die Vorsorgevollmacht. Sie kön- Maßnahme zuzustimmen, in die Gefahr des nen die Person, die Sie für die Vorsorgevollmacht Todes oder eines schweren und länger dau- bevollmächtigt haben, zugleich zum Betreuer ernden gesundheitlichen Schadens gerät. vorschlagen. Es ist aber auch möglich, eine ande- re Person als den Bevollmächtigten vorzuschla- 3.2 Bestimmungen für Ihre gen. Außerdem können Sie Personen benennen, medizinische Behandlung die Sie nicht als Betreuer haben möchten. Wenn Sie konkret regeln wollen, was im Was ist die Aufgabe eines Betreuers? Fall Ihrer Entscheidungsunfähigkeit im Der vom Gericht bestellte Betreuer ist gesetz Einzelnen medizinisch getan werden soll, licher Vertreter der betreuten Person. Ihm wer- können Sie Behandlungswünsche nieder- den vom Gericht bestimmte Aufgabenkreise zu- legen und/oder eine Patientenverfügung gewiesen. Der Betreuer muss sich um die Angele- ausfüllen. genheiten und Wünsche der betreuten Person so kümmern, wie es deren Wohl entspricht. In der Sie können auch Ihre Vorsorgevollmacht und/ Betreuungsverfügung können Sie dem zukünfti- oder Betreuungsverfügung um Behandlungs gen Betreuer mitteilen, wie Sie sich Ihre Lebens- wünsche und/oder eine Patientenverfügung er- gestaltung wünschen. Je nachdem, in welchem gänzen. Ihr Bevollmächtigter oder Betreuer hat Maße Sie sich Ihrem Betreuer anvertrauen oder dann Ihre Patientenverfügung bzw. Ihre Wün- ihm bestimmte Vorgaben machen wollen, kön- sche gegenüber Ärzten und Pflegepersonal gel- nen Sie Ihre Betreuungsverfügung um Behand- tend zu machen und durchzusetzen. lungswünsche oder eine Patientenverfügung er- Behandlungswünsche und Patientenverfügung gänzen. unterscheiden sich darin, inwieweit Sie Ihrem In einigen besonderen Situationen kann der Be- Bevollmächtigtem oder Betreuer Handlungsspiel treuer nicht allein entscheiden, sondern muss raum einräumen wollen. Behandlungswünsche beim zuständigen Betreuungsgericht eine Ge- sind eine Richtschnur für die Entscheidung Ihres nehmigung einholen. Dazu gehören zum einen Bevollmächtigten oder Betreuers über Ihre Be- die Unterbringung in einer geschlossenen Ein- handlung in der konkreten Situation. Demgegen- richtung oder Abteilung oder die Einwilligung in über treffen Sie mit einer Patientenverfügung be- andere, die Freiheit entziehende Maßnahmen reits selbst die Entscheidung über Ihre künftige wie z. B. das Anbringen von Bauchgurten und Behandlung.
20 Christliche Patientenvorsorge Kapitel 3 3.2.1 Die Behandlungswünsche Hinweise für eine künftige Behandlung ge nügen nicht den Anforderungen, die an Was sind Behandlungswünsche? eine Patientenverfügung gestellt werden, Sie können konkrete Behandlungswünsche über sind aber als Behandlungswünsche zu be- Art, Umfang und Dauer sowie die Umstände Ih- rücksichtigen. rer Behandlung äußern. Diese Behandlungswün- sche sind verbindliche Vorgabe für Ihren Bevoll- Handeln Ärzte der Patientenverfügung zuwider mächtigten oder Betreuer. Er hat diese Wünsche und missachten Ihren Willen, so kann dies als in den Behandlungsprozess einzubringen und Körperverletzung strafbar sein. Voraussetzung auf dieser Grundlage ärztlichen Maßnahmen zu- ist, dass die in der Patientenverfügung konkret zustimmen oder diese abzulehnen. Je konkreter beschriebene Krankheitssituation mit der tat- Sie Ihre Behandlungswünsche formulieren, des- sächlichen Lebens- und Behandlungssituation to enger sind die Vorgaben für Ihren Bevollmäch- übereinstimmt. Sofern ein Bevollmächtigter tigen oder Betreuer. oder Betreuer benannt wurde, ist er verpflichtet, Behandlungswünsche können Sie in jeder Form die Patientenverfügung zu prüfen, Ihren Willen zum Ausdruck bringen. im Blick auf die Behandlung festzustellen und diesem Geltung zu verschaffen. 3.2.2 Die Patientenverfügung Was ist eine Patientenverfügung? 3.2.3 Zur Gültigkeit von Behandlungs Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Er- wünschen und Patientenverfügung klärung einer einwilligungsfähigen volljährigen Behandlungswünsche und Patientenverfügung Person für den Fall einer späteren Einwilligungs- gelten solange, bis Sie diese widerrufen oder unfähigkeit. Sie ist eine vorweggenommene Ent- abändern. Der Widerruf kann in jeder Form er- scheidung über die Vornahme oder Nichtvornah- folgen. Es kann auch genügen, sich mit Zeichen me bestimmter Untersuchungen, Heilbehand- verständlich zu machen. Erforderlich ist aller- lungen und ärztlicher Eingriffe, die noch nicht dings, dass Ihre Willensänderung hinreichend unmittelbar bevorstehen. Sie soll sicherstellen, deutlich zum Ausdruck kommt. dass das Selbstbestimmungsrecht des Menschen auch dann beachtet wird, wenn er einwilligungs- Es gibt keine rechtlichen Bestimmungen, unfähig geworden ist. dass Behandlungswünsche und Patienten- Ist eine Patientenverfügung verfügungen in regelmäßigen Zeitabstän- rechtlich verbindlich? den erneuert werden müssen. Wir empfeh- Die schriftliche Patientenverfügung verpflichtet len Ihnen jedoch aus praktischen Gründen, Ihren Arzt, die dort getroffenen Festlegungen zu Ihre Verfügungen alle zwei bis drei Jahre beachten und Sie entsprechend zu behandeln durch eine weitere Unterschrift zu bestäti- oder nicht zu behandeln. gen oder zu erneuern. Zum einen können Sie so in regelmäßigen Abständen über- Dazu müssen die Festlegungen in der Pa prüfen, ob die einmal getroffenen Festle- tientenverfügung hinreichend konkret be- gungen noch immer Ihrer Auffassung ent- schrieben sein; hier ist eine sachkundige sprechen. Zum anderen bestätigen Sie Beratung bei einem Arzt gewiss sinnvoll denjenigen, die Ihrem Willen Geltung ver- und kann helfen, das notwendige Maß an schaffen sollen, dass Ihre Entscheidungen Bestimmtheit zu erreichen. Allgemeine weiterhin Bestand haben.
Christliche Patientenvorsorge 21 3.2.4 »Raum für ergänzende nannten Wachkomas. Bei Wachkoma-Patienten Verfügungen« handelt es sich um Menschen, deren leib- seelisch-geistige Verfassung durch eine schwere Hirnschädigung in unterschiedlichen Graden Im Formular der CHRISTLICHEn PATIEN stark beeinträchtigt ist. Der so genannte »vege- TENvORSORGE finden Sie im Teil B I. 4. ein tative Status«, der Wachkoma-Patienten zuge- Feld »Raum für ergänzende Verfügungen«. schrieben wird, darf nicht von vornherein als Hier besteht für Sie die Möglichkeit, weite- statisch unveränderbar verstanden werden. Bei re Wünsche zu formulieren. Wachkoma-Patienten kann die Fähigkeit zu Emp- findungen und einer nicht-sprachlichen Kommu- Die Absicht, den »Raum für ergänzende Verfü- nikation erhalten sein; ein Aufwachen aus die- gungen« zu nutzen, kann unterschiedliche Moti- sem Zustand ist nicht ganz sicher auszuschlie- ve haben. Ein Formular kann immer nur typische ßen, aber je nach Ursache, Verlauf und Dauer un- Situationen benennen und muss daneben Raum wahrscheinlich. Wachkoma-Patienten bleiben für individuelle Bestimmungen lassen. Sie kön- nach wie vor auf Kontakt eingestellt und bedür- nen beispielsweise eine Verfügung ergänzend fen der Einbeziehung in zwischenmenschliche hinzunehmen, Bezüge, z. B. durch körperliche Zuwendung. Dies ► w enn Sie an einer besonderen Erkrankung lei- gilt auch dann, wenn sich das »Wachkoma« in den und dafür bestimmte Behandlungswünsche seinem Verlauf zunehmend als nicht umkehrbar haben; erweist. ► w enn Sie die Anwendung bestimmter Behand- Es gibt, auch unter Christen, zwei sehr unter- lungsformen nur für eine begrenzte Zeit zulas- schiedlich akzentuierte Erfahrungen im Umgang sen wollen; mit Wachkoma-Patienten: ► w enn Sie Ihre Behandlungswünsche und Pa A. Auf der einen Seite stehen eindrucksvolle Bei- tientenverfügung auf andere als die im Formu- spiele dafür, wie Angehörige und/oder Freun- lar aufgeführten Situationen erstrecken wollen. de über viele Jahre eine Person, die sich im so genannten Wachkoma befindet, begleitet und Solche Ergänzungen können auch auf einem ge- betreut haben. Vor dem Hintergrund einer sonderten Blatt erfolgen und sollten dann mit solchen Erfahrung können Menschen ein Ort, Datum und Unterschrift versehen sein. Bitte lebhaftes Interesse daran haben, im »Raum berücksichtigen Sie, dass ergänzende Verfügun- für ergänzende Verfügungen« mit Nachdruck gen möglichst konkret gehalten sein müssen, da- festzuhalten, dass für den Fall des so genann- mit sie umsetzbar sind. Ebenso wie die Bundes- ten Wachkomas im Blick auf die Behandlung ärztekammer raten wir Ihnen in diesen Fällen nichts anderes gilt als für jeden anderen Pati- dazu, einen Arzt Ihres Vertrauens hinzuzuziehen enten. Erst wenn bei Wachkoma-Patienten und – wenn möglich – mit ihm Ihre Ergänzung eine Situation gegeben ist, in der der Tod in gemeinsam zu formulieren, um Widersprüche absehbarer Zeit eintritt bzw. eine akute Zweit zwischen einzelnen Formulierungen zu vermei- erkrankung hinzukommt, ist eine Änderung den und die notwendige Genauigkeit zu errei- des Therapieziels angebracht, so dass an die chen. Stelle von Lebensverlängerung und Lebenser- Von besonderer Bedeutung ist der »Raum für er- haltung Beschwerden lindernde (palliativ-me- gänzende Verfügungen« in der Frage des so ge- dizinische) und pflegerische Maßnahmen tre-
22 Christliche Patientenvorsorge Kapitel 3 ten. Es handelt sich hierbei nicht um eine ak- Die unter 1. getroffenen Verfügungen sol- tive Herbeiführung des Todes, sondern um ein len über die dort genannten Situationen Zulassen des Todes in dem Sinne, dass dem hinaus entsprechend auch gelten, wenn in- Tod nichts mehr entgegengesetzt und auf »au- folge einer Gehirnschädigung meine ßergewöhnliche Mittel« verzichtet wird. Eine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen und Basisbetreuung ist selbstverständlich aufrecht Entscheidungen zu treffen, nach Einschät- zu erhalten. Sollten Sie dies verfügen wollen, zung zweier erfahrener Ärzte aller Wahr- bieten wir Ihnen hier einen Textbaustein, scheinlichkeit nach unwiederbringlich den Sie so in das Feld »Raum für ergänzende erloschen ist und dieser Zustand seit ei- Verfügungen« übernehmen können: nem Zeitraum von ……… (z. B. einem Jahr) besteht oder eine akute Zweiterkrankung hinzukommt, an der ich sterben könnte. Die unter 1. getroffenen Verfügungen Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z. B. sollen über die dort genannten Situatio- durch Unfall, Schlaganfall oder Entzün- nen hinaus entsprechend auch gelten, dung ebenso wie für indirekte Gehirnschä- wenn infolge einer Gehirnschädigung digung z. B. nach Wiederbelebung, Schock meine Fähigkeit, Einsichten zu gewin- oder Lungenversagen. nen und Entscheidungen zu treffen, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärzte aller Wahrscheinlichkeit nach un- Die katholische Kirche stellt fest, dass aus ihrer wiederbringlich erloschen ist und eine Sicht die erste Alternative dringend angeraten ist. akute Zweiterkrankung hinzukommt, an der ich sterben könnte. Dies gilt für 3.3 Unterschriften unter das Formular direkte Gehirnschädigung z. B. durch der Christlichen Patienten Unfall, Schlaganfall oder Entzündung vorsorge ebenso wie für indirekte Gehirnschädi- gung z. B. nach Wiederbelebung, Schock Wir empfehlen Ihnen, die Christliche oder Lungenversagen. Patientenvorsorge in allen Teilen, die Sie ausgefüllt haben, zu unterschreiben. Für die Vorsorgevollmacht und die Patien B. A uf der anderen Seite steht die Erfahrung, tenverfügung ist es rechtlich notwendig, dass in der Begleitung von Wachkoma-Patien für die Betreuungsverfügung und die Be- ten über ein Jahr, ja viele Jahre hinweg die handlungswünsche aus praktischen Grün- Frage auftaucht, ob es mit dem christlichen den ratsam. Glauben nicht durchaus vereinbar ist, durch Behandlungsbeschränkung und/oder durch Darüber hinaus raten wir, auch Ihre Vertrauens- die Beendigung künstlicher Ernährung bei personen durch ihre Unterschrift bestätigen zu Beibehaltung des Stillens von Hunger- und lassen, dass sie bereit sind, als Bevollmächtigte Durstgefühlen das Sterben zuzulassen. Sollten oder als Betreuer für Sie tätig zu werden. Sie dies verfügen wollen, bieten wir Ihnen hier einen Textbaustein, den Sie so in das Feld Wenn Sie Behandlungswünsche oder eine Patien- »Raum für ergänzende Verfügungen« über- tenverfügung verfassen und insbesondere, wenn nehmen können: sie den »Raum für ergänzende Verfügungen« aus- füllen wollen, sollten Sie den Inhalt mit einem Arzt Ihres Vertrauens besprechen und dies durch Unterschrift bestätigen lassen.
4. Was ist noch wissenswert? 4.1 W ie sorgen Sie dafür, dass Ihre des Formulars der Christlichen Patienten- Wünsche bekannt werden? vorsorge erhalten. Füllen Sie dieses Zweitex- emplar entsprechend Ihren Angaben im Formu- Notieren Sie bitte auf der Hinweiskarte lar aus und unterschreiben Sie es. Auch dieses (siehe Rückseite Ihres persönlichen Formu Exemplar ist – im Unterschied zu einer Kopie – lars), wo sich Ihre ausgefüllten und unter- wie die Erstschrift eine originale Vollmacht. schriebenen Formulare der Christlichen Möchten Sie Ihre Entscheidung ändern und je- Patientenvorsorge befinden, damit mand anderen zum Bevollmächtigten oder Be- diese umgehend aufgefunden werden kön- treuer bestimmen, lassen Sie sich alle Exemplare nen. Lösen Sie die Hinweiskarte von der zurückgeben und vernichten sie d iese. Rückseite Ihres persönlichen Formulars Darüber hinaus können Sie Kopien des Formu- und nehmen Sie diese zu Ihren Ausweis lars der Christlichen Patientenvorsorge papieren. Die Hinweiskarte gibt einen Hin- eventuell Angehörigen (Name, Adresse), einem weis auf Ihre Patientenvorsorge und ge Arzt Ihres Vertrauens oder dem Betreuungsge- gebenenfalls auf Ihren Bevollmächtigten richt geben. oder Betreuer. Diese Personen und der behandelnde Arzt setzen sich miteinander Sie können die Vorsorgevollmacht oder Betreu- in Verbindung und beraten – in Ihrem ungsverfügung gebührenpflichtig bei dem Sinne – über die zu veranlassenden Maß- Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotar- nahmen. kammer (Bundesnotarkammer, Zentrales Vor sorgeregister, Postfach 080151, 10001 Berlin; Bei der Aufnahme ins Krankenhaus emp- www.vorsorgeregister.de) registrieren lassen. Sie fiehlt es sich, zu Beginn der Behandlung auf können auch so verfahren, wenn Sie Ihre Vorsor- die Christliche Patientenvorsorge gevollmacht und/oder Betreuungsverfügung mit hinzuweisen. einer Patientenverfügung oder Behandlungs- wünschen kombiniert haben. Damit stellen Sie Für den Fall, dass Sie einen Bevollmächtigten be- sicher, dass das Betreuungsgericht von Ihrer Vor- nannt haben, sollte dieser das Zweitexemplar sorgeverfügung erfährt.
Sie können auch lesen