Die monopolistische Vorteilstheorie zur Erklärung internationaler Direktinvestitionen
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Die monopolistische Vorteilstheorie zur Erklärung internationaler Direktinvestitionen Der Markteintritt von Kentucky Fried Chicken in China Wolfgang Markus Gleich und Andreas Buder Dr. Wolfgang Markus Gleich ist Post-Dok- 1. Markteintritt in China trotz erheblicher torand am Lehrstuhl für Innovation und Hindernisse Internationales Management der Univer- sität Augsburg. Als Kentucky Fried Chicken (KFC) 1987 als erste Fast- Food-Kette nach China expandierte, konnte niemand ein- schätzen, ob sich die westliche Fast-Food-Kultur auch im Reich der Mitte etablieren würde. KFC verfügte zwar über diverse Markteintrittserfahrungen aus anderen Ländern, doch die chinesische Kultur unterschied sich deutlich von den Kulturen der bis dahin bearbeiteten Märkte. Zum einen herrscht dort eine andere Esskultur. Die chinesische Andreas Buder, B. Sc. ist Mitarbeiter am Küche gilt als fettarm, Hauptbestandteile sind Reis- und selben Lehrstuhl für Innovation und Gemüseprodukte, die man im KFC-Angebot bisher ver- Internationales Management der Univer- geblich suchte. Zum anderen galt und gilt der chinesische sität Augsburg. Markt immer noch als einer der schwierigsten Märkte weltweit. Ursachen sind einerseits die starke Abschirmung der chinesischen Wirtschaft durch protektionistische Maßnahmen der Regierung. Andererseits erschweren auch das behördliche Umfeld und das Fehlen von Patent- schutzgesetzen einen fairen Wettbewerb (vgl. DW, 2012). Diese und weitere Marktnachteile von Tochtergesellschaf- ten ausländischer Unternehmen bei Markteintritt in ein Die vorliegende Arbeit stellt die monopolistische Vor- fremdes Land werden in der monopolistischen Vorteils- teilstheorie von Hymer/Kindleberger dar. Diese stellt theorie von Hymer (1976) und Kindleberger (1969) ange- eine der grundlegenden Theorien des internationalen führt. Laut dieser Theorie kommt es anfangs zu einer wett- Managements dar und bietet einen Erklärungsansatz bewerblichen Benachteiligung neu eintretender Unterneh- für Direktinvestitionen von Unternehmen im Ausland. men, welche durch unternehmensspezifische, monopolisti- Zur Veranschaulichung wird die vorgestellte Theorie sche Vorteile kompensiert werden können. am Beispiel des Markteintritts der Fast-Food Restau- Diese Arbeit stellt die monopolistische Vorteilstheorie von rantkette Kentucky Fried Chicken in den chinesischen Hymer und Kindleberger dar und veranschaulicht deren Markt diskutiert. Anwendbarkeit am Praxisbeispiel des Markteintritts von This paper gives an overview of the monopolistic ad- Kentucky Fried Chicken in China. Im Anschluss erfolgt vantage theory of Hymer/Kindleberger. This theory is ein kurzer Vergleich mit dem Markeintritt von McDonald’s one of the cornerstones of the field of international in China, um Unterschiede in der spezifischen Vorteilsnut- management and offers an approach for analyzing a zung der Unternehmen sowie der Überwindung der Markt- firm’s motivation to invest abroad. In order to illustra- eintrittsbarrieren sichtbar zu machen. te the theory of monopolistic advantage we use it to analyze Kentucky Fried Chicken’s entry into the Chinese market. 2. Die monopolistische Vorteilstheorie Stichwörter: Direktinvestitionen, Monopolitische Vor- Hymer und Kindleberger haben sich mit dem Verhalten teilstheorie, liability of foreigness, Internationaler und Wachstum von multinationalen Unternehmen ausei- Markteintritt, China nandergesetzt. Ihre monopolistische Vorteilstheorie zählt zu den bis heute prominentesten Erklärungsansätzen für Direktinvestitionen in ausländischen Märkten. Die grundlegende Hypothese der monopolistischen Vor- teilstheorie besagt, dass Unternehmen in ihrem Heimat- 10 WiSt Heft 1 · Januar 2015 https://doi.org/10.15358/0340-1650_2015_1_10, am 07.10.2021, 17:13:44 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
Gleich/Buder, Die monopolistische Vorteilstheorie zur Erklärung internationaler Direktinvestitionen land gegenüber ausländischen Unternehmen anfänglich ternehmen meist in unterschiedlichen Währungsräumen prinzipiell Vorteile besitzen. Ausländische Unternehmen agieren, stellt sich u. a. die Gewinnkalkulation durch die müssen beim Markteintritt in ein fremdes Land erst unge- sich permanent ändernden Kurse als zunehmend komplex wisse Markteintrittsbarrieren überwinden, um im Wett- dar. bewerb mit nationalen Unternehmen bestehen zu können Schließlich führt auch die geographischen Entfernungen (vgl. Hymer, 1960). Diese Eintrittsbarrieren werden als „li- zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zu einem nicht ability of foreignness“ bezeichnet (vgl. Zaheer, 1995). zu unterschätzenden Nachteil (vgl. Hymer, 1976.). Durch Liabilities of foreignness können wie folgt untergliedert die meist großen Distanzen zwischen den Niederlassungen werden (vgl. Hymer, 1960): in den verschiedenen Ländern entstehen hohe Kommuni- ) Geringe Landes- und Marktkenntnisse kations- und Koordinationskosten. In den Kommunikat- ions-bereich fallen z. B. Reisekosten. Koordinationskosten ) Diskriminierung durch Regierung, Konsumenten und können dagegen durch entgangene Gewinne aufgrund von Lieferanten Reaktionslags der Tochtergesellschaften entstehen, die auf ) Wechselkursrisiken Anweisungen des Mutterunternehmens warten. Außerdem steigt aufgrund von Verständnisschwierigkeiten und ) Kommunikations- und Koordinationskosten Sprachbarrieren die Fehlerwahrscheinlichkeit. Dadurch Das Vorhandensein dieser Marktnachteile und die damit wird die Wettbewerbsstärke und Reaktionsgeschwindig- verbundenen niedrigeren Erfolgsraten ausländischer Un- keit des Unternehmens geschwächt. ternehmen konnten durch diverse Studien nachgewiesen Um die genannten Marktnachteile kompensieren zu werden (vgl. z. B. Shaver/Mitchell/Yeung, 1997). können, muss ein multinationales Unternehmen über spe- Beim Markteintritt in ein fremdes Land zeigen sich zu- zifische monopolistische Vorteile verfügen. Diese benöti- meist die ersten Hindernisse in starken kulturellen Unter- gen Zeit um sich zu entwickeln, sind in der Regel schwer schieden. Durch geringe Kenntnisse der Kultur, Gesetzge- kopier- und imitierbar und unvollständig mobil (z. B. un- bung, Rechtsform oder der soziopsychologischen Umwelt ternehmensspezifisches Wissen; vgl. Sethi/Guisinger, entstehen höhere Informationskosten für das neueintreten- 2002). Um diese monopolistischen Vorteile nutzen zu kön- de Unternehmen. Diese Informationskosten sind davon nen, ist die Existenz von Marktunvollkommenheiten not- abhängig, wie stark die Kulturen untereinander differieren. wendig, die durch folgende Ursachen bedingt sein können So gilt ein Markteintritt eines westlichen Unternehmens in (vgl. Kindleberger, 1969): ein anderes westliches Land als weit weniger riskant, als ) Unvollständige Faktor- und Gütermärkte der in ein asiatisches oder afrikanisches Land. Zusätzlich steigt das Gesamtrisiko der Investition, da aufgrund feh- ) Größenvorteile lender Informationen beispielsweise keine Aussage darü- ber getroffen werden kann, ob und wann sich das Unter- ) Markteintrittsbarrieren nehmen überhaupt in diesem Land etablieren kann (vgl. Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen nutzen Hymer, 1960). So zeigte sich z. B., dass ausländische vor allem unvollkommene Faktor- und Gütermärkte um Tochtergesellschaften mit einem kulturell divergenten sich Vorteile beim Markteintritt in ein neues Land zu ver- Hintergrund eine höhere Insolvenzrate verzeichnen, als schaffen. Im Gütermarktbereich können z. B. Vorteile aus Unternehmen mit ähnlichem oder identischem Hinter- der Monopolstellung eines Produktes in einem anderen grund (vgl. Li/Guisinger, 1991). Land resultieren. Des Weiteren gibt es auch eine Vielzahl Nach einem gelungenen Markeintritt in ein fremdes Land an Möglichkeiten der Produktdifferenzierung, z. B. über kann es zu einer weiteren Schwierigkeit kommen: Der Markennamen oder Produktqualität. Auch der „Country- Diskriminierung durch Regierung, Konsumenten und of-origin-Effekt“ (d. h. positive oder negative Ausstrah- Lieferanten, welche die Konkurrenzfähigkeit des Unter- lung des Herkunftslandes auf ein Produkt) spielt hier eine nehmens stark einschränken kann (vgl. Hymer, 1960). Dis- wichtige Rolle, da so Imagevorteile erzielt werden kön- kriminierende Praktiken der Regierung sind meist auf nen, noch bevor die tatsächliche Produkteinführung im steuer-, arbeits- oder devisenrechtlicher Ebene zu finden neuen Markt erfolgt ist (vgl. Samiee, 1994; White/Cundiff, (vgl. Holtbrügge/Welge, 2006). Hierunter fallen beispiels- 1978). weise willkürliche behördliche Auflagen. Bei Konsumen- Multinationale Unternehmen können auch von unvoll- ten und Lieferanten äußert sich eine Diskriminierung da- kommenen Faktormärkten profitieren. So verfügen Unter- gegen primär in Produktablehnung durch die Konsumen- nehmen aus Industrieländern vielfach über ein überlegenes ten oder unvorteilhaften Lieferbedingungen. So konnte Technologie- und Management-Know-how. Zudem besit- z. B. festgestellt werden, dass sich Tochtergesellschaften zen diese Unternehmen meist Patente, welche ihnen zu ausländischer Unternehmen in den USA mit erheblich einer Vormachtstellung in gewissen Produktsegmenten mehr Arbeitsrechtsverfahren konfrontiert sehen, als deren verhelfen können. Nicht zu vernachlässigen sind auch inländische Konkurrenten (vgl. Mezias, 2002). Faktoren wie günstiger Kapitalzugang und niedrigere Prei- Ein weiterer Wettbewerbsnachteil ist in Wechselkursrisi- se auf Beschaffungsmärkten, bedingt durch eine hohe ken zu finden (vgl. Hymer, 1976). Da multinationale Un- Marktmacht (vgl. Kutschker/Schmid, 2011). WiSt Heft 1 · Januar 2015 11 https://doi.org/10.15358/0340-1650_2015_1_10, am 07.10.2021, 17:13:44 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
Wissenschaftliche Beiträge Marktmacht spielt auch bei den Größenvorteilen eine Um die Umsätze weiter zu steigern, setzt KFC auf eine ag- wichtige Rolle (vgl. Kindleberger, 1969). Da internationa- gressive internationale Wachstumsstrategie, mit dem Ziel le Konzerne meist um ein Vielfaches größer sind als lokale laufend neue Märkte zu erschließen. So expandierte das Unternehmen im Zielmarkt, können diese von Skalenef- Unternehmen 2012 unter anderem nach Nigeria, Kenia fekten (d. h. Reduktion der Durchschnittskosten durch und Sambia. 2013 ist eine weitere Expansion nach Tansa- Aufteilung von fixen Kosten auf eine größere Produk- nia, Uganda und Simbabwe geplant. Bei der Erschließung tionsmenge) profitieren. So kann in stark umkämpften dieser neuen Märkte trifft KFC immer wieder auf Markt- Märkten, in denen der Verkaufspreis eine wichtige Rolle eintrittsbarrieren, die es zu überwinden gilt. spielt, eine günstigere Kostenposition erlangt werden, was Dies traf vor allem auf den Markteintritt in China zu. KFC zu einem bedeutenden Wettbewerbsvorteil führt. Das Vor- wagte sich 1987 als erste westliche Gastronomiekette mit handensein von Skaleneffekten bei größeren Unterneh- Erfolg in das Reich der Mitte. Mittlerweile verfügt KFC men konnte durch diverse Studien nachgewiesen werden über 4260 Filialen in 860 chinesischen Städten und darf (vgl. z. B. Murray/White, 1983). Zusätzlich können durch sich somit als größte Fast-Food-Kette Chinas bezeichnen die Internalisierung von vor- und nachgelagerten Produk- (vgl. YUM!, 2012). Nirgendwo sonst konnte KFC ein der- tionsstufen (vertikale Integration) Kosten- und Zeitvorteile art großes Wachstum verzeichnen (vgl. Liu, 2008). Dies gegenüber nationalen Konkurrenten im Zielmarkt erreicht spiegelt sich auch darin wieder, dass China das einzige werden, denn durch die Internalisierung sinken der Abhän- Land weltweit ist, in dem KFC und nicht der Branchenpri- gigkeitsgrad zu den Lieferanten, sowie die Transaktions- mus McDonald’s Marktführer ist (vgl. Süddeutsche, 2011). kosten. Damit ist das Unternehmen reaktionsfähiger als Doch wie ist es KFC gelungen, trotz der erheblichen Konkurrenten ohne Vorteile durch internationale Produk- Markteintrittsbarrieren und der hohen kulturellen Unter- tion schiedlichkeit eine derart starke Machtposition aufzubau- Ein weiterer Punkt sind Maßnahmen nationaler Regierun- en? Eine Erklärung liefert die monopolistische Vorteils- gen, mit dem Ziel inländische Unternehmen vor ausländi- theorie von Hymer und Kindleberger, die im Folgenden scher Konkurrenz zu schützen, aber dadurch eher Direkt- auf den Markteintritt von KFC in China übertragen wird. investitionen ausländischer Konzerne anregen (vgl. Kind- leberger, 1969). So kam es nach der Gründung der Euro- 3.2. Marktnachteile bei Markteintritt päischen Gemeinschaft und nach Abschluss des Vertrags Vor der Eröffnung der ersten Filiale 1987 in China galt von Maastricht zu einer erhöhten Gründungsrate von KFC in zweierlei Hinsicht als Pionier. Zum einen führte Tochtergesellschaften japanischer und amerikanischer Un- das Unternehmen das Fast-Food-Konzept ein und zum an- ternehmen in der EU; ein Effekt, der eigentlich nicht beab- deren waren den Chinesen Restaurantketten noch gänzlich sichtigt war (vgl. Holtbrügge/Welge, 2006). Man unter- fremd. scheidet hier zwischen tarifären, also direkt protektionis- tischen Maßnahmen durch den Staat, und nicht tarifären Barriere 1: Unterschiedliche Esskultur Handelshemmnissen, welche mit indirekten protektionisti- schen Maßnahmen gleichzusetzen sind. Eine Möglichkeit Das chinesische Essen ist bekannt für seine langwierige für eine direkte Maßnahme ist primär die Erhebung von und komplizierte Zubereitungsweise, was eine effiziente Zöllen, eine indirekte Maßnahme dagegen wäre z. B. die und schnelle Produktion, wie es bei westlichem Fast-Food Auferlegung einer Importquote, um so die inländische der Fall ist, fast unmöglich machte. Dies führt zum ersten Produktion zu fördern. Als Reaktion auf eine Erhöhung Marktnachteil: Kulturelle Unterschiede, die höhere Kos- der Zölle durch den australischen Staat konnte z. B. eine ten und Risiken bedingen. China besitzt eine ganz andere signifikante Steigerung der amerikanischen Direktinvesti- Esskultur, als die Länder, in die KFC bis dahin expandiert tionen festgestellt werden (vgl. Brash, 1966). hatte. Im Gegensatz zum Westen bevorzugen Chinesen selbst in Fast-Food-Restaurants eine familiäre Essatmo- sphäre. Des Weiteren waren Grundnahrungsmittel der Chi- 3. Praxisbeispiel: Der Markteintritt von KFC in nesen wie Reis, Fisch oder einfache Suppen bislang nicht China im Angebot von KFC vertreten. Die Herausforderung des Managements war es, die chinesische Esskultur mit der 3.1. Fallbeschreibung westlichen zu verknüpfen, jedoch gleichzeitig den Kernei- genschaften der Marke treu zu bleiben. Die amerikanische Restaurantkette Kentucky Fried Chi- cken gehört mit über 18.000 Filialen in 115 Ländern zu Das Menü von KFC wurde deshalb Schritt für Schritt den größten Franchise-Systemgastronomie-Unternehmen durch Produktinnovationen an die chinesische Kultur an- der Welt. Täglich bestellen bis zu 12 Millionen Kunden gepasst. So findet man mittlerweile typische chinesische Produkte wie Chicken Wraps oder Burger. 1930 gegründet Gerichte, wie z. B. Pilzreis oder Schmetterlingslangusten ist das Unternehmen mittlerweile Teil der YUM! Brands- in den Menüs. Zudem wurden von KFC weitere Produkte Konzerngruppe, zu der u. a. auch Pizza Hut und Taco Bell lanciert, die effizient und schnell hergestellt werden kön- zählen. KFC macht hierbei ca. 50 % des Konzernumsatzes nen und gleichzeitig der chinesischen Kultur entsprechen. aus, welcher 2012 13,6 Milliarden Dollar betrug (vgl. Auch die Einrichtung der Filialen wurde so angepasst, YUM!, 2012). dass eine typisch chinesische familiäre Essatmosphäre ent- 12 WiSt Heft 1 · Januar 2015 https://doi.org/10.15358/0340-1650_2015_1_10, am 07.10.2021, 17:13:44 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
Gleich/Buder, Die monopolistische Vorteilstheorie zur Erklärung internationaler Direktinvestitionen stand. Diese Annäherung an die chinesische Esskultur von Wechselkursverlusten für die Muttergesellschaft sorgte für eine steigende Beliebtheit in der Bevölkerung. YUM! Brands. Die derzeit sehr unsichere Lage auf den Fi- So denken mittlerweile viele Chinesen, dass KFC eine ein- nanzmärkten verstärkt dieses Risiko noch einmal. Es heimische Kette sei (vgl. FTD, 2012). Diese Maßnahmen bleibt abzuwarten, wie sich der Dollar der hoch verschul- sorgten dafür, dass kulturelle Barrieren abgebaut und Ver- deten Vereinigten Staaten im Gegensatz zum Yuan der im- trauen in das Unternehmen aufgebaut wurde. Resultierend mer stärker werdenden Wirtschaftsmacht China halten daraus wurde KFC in einer Umfrage von ACNielsen im kann (vgl. Zeit, 2013). Um diesem Risiko zu begegnen be- Jahr 1999 in 30 Großstädten Chinas vor McDonald’s, Co- treibt das Mutterunternehmen YUM! financial hedging, ca Cola und Nike zu der am häufigsten frequentierten in- d. h. es sichert die Schwankungen der Wechselkurse durch ternationalen Marke ernannt (vgl. Time Magazine, 2003). Finanzprodukte ab (vgl. Yum, 2013). Darüber hinaus be- treibt YUM! auch natural hedging, d. h. durch den (teil- Barriere 2: Diskriminierung weisen) Bezug von Vorprodukten direkt aus China vermei- det das Unternehmen ein Risiko durch Wechselkurs- Auch im Personalbereich erfolgten Umstellungen, um die schwankungen, welches beim Bezug von Vorprodukten etwaige Diskriminierung durch Kunden, Lieferanten oder aus den USA entstehen würde. die Regierung zu verhindern. Hierzu benötigte man Perso- nal, welches über großes Wissen über den chinesischen Barriere 4: Kommunikations- und Koordinationskosten Markt und Erfahrung mit dem operativen Fast-Food-Ge- schäft verfügte. Vor diesem Hintergrund wurde die so ge- Der letzte von Hymer und Kindleberger proklamierte nannte „Taiwan Gang“ zusammengestellt, KFC’s zukünf- Marktnachteil, die Kommunikations- und Koordinations- tige Unternehmensführung für China, die ein Querschnitt kosten, spielte auch bei KFC eine nicht zu vernachlässi- aus erfahrenen Restaurantmanagern aus Taiwan, Hong- gende Rolle. Als KFC 1987 in den Markt eintrat, war ein kong, Indonesien und den USA war. Dieses Team besaß Joint Venture die einzig realisierbare und legitimierte das notwendige Wissen über die kulturellen Eigenheiten Möglichkeit in China eine Niederlassung zu eröffnen. Dies Chinas und beherrschte gleichzeitig überwiegend chine- erhöhte die Koordinations- und Kommunikationskosten sisch als Muttersprache. Um die Gewinnung von talentier- immens, da man sich mit allen beteiligten Unternehmen ten chinesischen Nachwuchskräften zu gewährleisten, über jede Entscheidung einig werden musste. Durch den wurden Programme wie „KFC China First Light Founda- hohen Anteil von chinesischen Muttersprachlern im KFC- tion“ lanciert, die Stipendien an Studenten vergaben. Viele Management konnten die Kosten zwar eingedämmt wer- der geförderten Studenten blieben nach ihrem Abschluss den, trotzdem wurde die Entscheidungsfindung erheblich bei KFC. So erhielt man positive Publicity und gleichzei- verlangsamt. Die Fähigkeiten und Eigenschaften der loka- tig hervorragend ausgebildete Nachwuchskräfte (vgl. Liu, len Unternehmen, mit denen man zusammen arbeitete, 2008). entschieden oftmals über Erfolg oder Insolvenz des Joint Ventures. Somit war es für KFC wichtig, lokal erfolgrei- Doch es galt auch, die Regierung auf seine Seite zu brin- che Unternehmen mit guten Verbindungen zur Regierung gen um eine Diskriminierung zu verhindern; denn diese zu finden. Daraus resultierte das erste Joint Venture KFC verfügt im Vergleich zu anderen Ländern über einen er- Bejing, unter anderem mit einer staatlichen Bank und heblich größeren Einfluss auf die Wirtschaft. KFC’s Lö- einem Nahrungsmittelhändler. Im Zeitverlauf erwarb das sung hierfür war naheliegend: Ein Einheimischer aus KFC-Management das Wissen der lokalen Partner. Shanghai mit umfangreichem Wissen über die Nahrungs- industrie, regen Kontakten zu Industrie und Regierung und Nachdem Anfang der 90er Jahre eine Öffnung der chinesi- sehr versiert in chinesischer Politik wurde eingestellt, um schen Märkte erfolgte und auch Investments ohne Joint sich mit Regierungsangelegenheiten und den daraus resul- Ventures möglich waren, hatte KFC das notwendige Wis- tierenden Komplikationen zu befassen (vgl. Liu, 2008). sen von seinen lokalen Partnern in das eigene Unterneh- Auch fast 30 Jahre später hat die Bedeutung der Regie- men transferiert und konnte nun eigenständig agieren. rungsbeziehungen für den wirtschaftlichen Erfolg nicht Folglich wurden ab Mitte der 90er Jahre keine Joint Ventu- abgenommen. So gab in einer Umfrage der europäischen res mehr eingegangen. Es wird begonnen, Anteile von Handelskammer in China 2012 fast jedes zweite europäi- noch bestehenden Joint Ventures zurück zu kaufen. Somit sche Unternehmen an, dass diesem wegen Hürden durch konnten Reaktionslags, z. B. aufgrund von Meinungsver- Regierung und Behörden bereits mögliche Geschäfte ent- schiedenheiten mit Joint Venture Partnern minimiert wer- gangen seien. Weiterhin schätzten 64 % dieser Gruppe den den, was eine Senkung der Koordinationskosten zur Folge Anteil der entgangenen Geschäfte auf mehr als 10 % ihres hatte. Einen weiteren Vorteil erlangte KFC durch den in- Geschäftsvolumens, was sich insgesamt auf einen Betrag ländischen Standort der Unternehmenszentrale in Shang- in mehrfacher Milliardenhöhe summiert (vgl. DW, 2012). hai. So kann das Unternehmen erheblich schneller auf Ver- änderungen reagieren (vgl. Liu, 2008). Barriere 3: Wechselkursrisiken 3.3. Unternehmensspezifische Vorteile Ein weiteres Risiko resultiert aus den Wechselkursschwan- kungen des Yuan zum Dollar. Da die Wechselkursentwick- Auch die unternehmensspezifischen monopolistischen lung nicht voraus gesagt werden kann, steigt das Risiko Vorteile konnte KFC in China sehr gut für sich nutzen. WiSt Heft 1 · Januar 2015 13 https://doi.org/10.15358/0340-1650_2015_1_10, am 07.10.2021, 17:13:44 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
Wissenschaftliche Beiträge Zum einen profitierte das Unternehmen von den unvoll- folgte erst 2005 eine Steuerung der chinesischen Aktivitä- kommenen Faktor- und Gütermärkten. Als KFC 1987 als ten aus dem Inland. Bis dahin wurden die Geschäfte aus First Mover im Fast-Food-Bereich in den chinesischen Hongkong geführt, was zu einer geringeren Reaktionsfä- Markt eintrat, gab es weder Fast-Food noch große Restau- higkeit und verminderten Wettbewerbsfähigkeit führte. rantketten, d. h. einen noch unbearbeiteten Markt mit gro- Zusätzlich verließ man sich zu stark auf vermeintliche un- ßem Umsatzpotential. Zudem war KFC eines der ersten ternehmensspezifische Vorteile. Das McDonald’s-Manage- westlichen Unternehmen, welches in den chinesischen ment vertrat die Auffassung, dass die Bearbeitung des chi- Markt eintrat und konnte so von positiven Country-of- nesischen Markts genauso erfolgen sollte wie in allen an- Origin Effekten profitieren. Auch die Kompetenz des Ma- deren bereits erfolgreich bearbeiteten Märkten. Also setzte nagements barg Vorteile. Durch diverse Markteintritte in man auf das gleiche Management, die gleiche Logistik und anderen Ländern konnte KFC von einem großen Erfah- Distribution und ließ keinen Platz für lokale Anpassun- rungsschatz profitieren (vgl. Liu, 2008). gen. So wurde ohne Berücksichtigung der lokalen Gege- benheiten mit hohen Investments das typische McDo- Einen weiteren Vorteil erzielte man durch die große Markt- nald’s-Vertriebsnetz aufgebaut. macht und die daraus resultierenden Skaleneffekte. Das gro- ße internationale Filialnetz (> 4000) ermöglicht es Fixkosten KFC dagegen arbeitete eng mit chinesischen Zulieferern auf eine sehr viel größere Produktionsmenge zu verteilen als zusammen und modernisierte nur gegebene Strukturen mit dies kleineren Konkurrenten möglich ist. Zudem hat man bei erheblich geringerem Kapitaleinsatz. Dadurch verfügte der Warenbeschaffung aufgrund der Einkaufsmenge einen KFC über eine bessere Kostenstruktur als McDonald’s und großen Verhandlungsvorteil. Daraus resultiert ein kompara- konnte so wirtschaftlicher arbeiten (vgl. Liu, 2008). tiver Kostenvorteil auf Stückkostenbasis, was wiederum die Gewinnmarge beim Verkauf erhöht (vgl. Liu, 2008). Nicht zuletzt hat jedoch auch die chinesische Regierung 4. Fazit durch Markteintrittsbarrieren dazu beigetragen, dass KFC sich derart gut entwickeln konnte. In den 80er Jahren ver- Dieser Artikel stellt die Theorie des monopolistischen Vor- suchte China die inländischen Unternehmen durch Mark- teils als ein mögliches Erklärungsmodell für ausländische eintrittsbarrieren vor ausländischer Konkurrenz zu schüt- Direktinvestitionen dar. Die Theorie kann als Ausgangs- zen. Zwar waren ab Anfang der 90er Jahre auch Direktin- punkt für die Analyse von Markteintrittsentscheidungen vestitionen ohne Beteiligung möglich, doch in Realität verwendet werden. Zur Festigung der theoretischen Er- führte ein Markteintritt fast zwangsläufig zu einem Joint kenntnisse wurde die Theorie am Beispiel des Marktein- Venture mit inländischen Unternehmen. Was den Hand- tritts der Restaurantkette Kentucky Fried Chicken in den lungsspielraum ausländischer Manager erheblich einengte. chinesischen Markt diskutiert. Durch geschickte Strategi- Des Weiteren scheiterten viele Konzerne schon nach kur- en ist es KFC gelungen, Marktnachteile zu überwinden zer Zeit aufgrund hoher Kommunikations- oder Koordina- und zum eigenen Vorteil zu nutzen. Der Vergleich mit tionsschwierigkeiten mit inländischen Partnern. (vgl. Wirt- McDonald’s zeigt, dass es wichtig ist, sich neuen Gege- schaftswoche, 2012). Für KFC hatte dies positive Folgen, benheiten anzupassen und nicht nur auf die Übertragung da das Unternehmen als eines der wenigen sehr vorteilhaf- der eigenen unternehmensspezifischen Vorteile zu setzen. te Joint Ventures einging und seine Vormachtstellung, oh- Dies verdeutlicht auch gewisse Limitationen, die diese ne von nennenswerten Konkurrenten bedroht zu werden, Theorie aufweist. Marktnachteile wie Kommunikations- ausbauen konnte. kosten sind aufgrund der fortschreitenden Technologien mittlerweile in den Hintergrund getreten. An deren Stelle 3.4. Vergleich der Markteintrittsstrategie McDonald’s – treten andere Aspekte, wie z. B. der Patentschutz. Zudem KFC in China verlagern Unternehmen heutzutage ihre Aktivitäten durch Obwohl McDonald’s nur drei Jahre später, 1990, in den Offshoring (geographische Verlagerung) oder Outsour- chinesischen Markt eintrat, konnte das Unternehmen bis cing (organisatorische Verlagerung) in Länder mit günsti- heute nicht an die Erfolge von KFC in China anknüpfen. geren Rahmenbedingungen. Die These, dass Unternehmen Doch wo liegen die Unterschiede in der Nutzung von un- nur expandieren, um bestehende Vorteile zu nutzen, rückt ternehmensspezifischen Vorteilen, beziehungsweise der somit in den Hintergrund. Vielmehr können Direktinvesti- Überwindung der Marktnachteile, die zu diesem Ergebnis tionen getätigt werden, um neue Vorteile zu erlangen (vgl. führten? Der erste Wettbewerbsnachteil resultierte aus der Teece, 2006). Produktpalette von McDonald’s. Während sich KFC durch Produktinnovationen auf die Vorlieben der Chinesen ein- Literatur stellte, versteifte sich McDonald’s auf die weltweit be- Brash, D. T., American Investment in Australian Industry: Hege- währten Burger. Erst viel zu spät stellte sich auch McDo- mony of International Business 1945–1970, Cambridge 1966. nald’s auf die andersartigen Anforderungen mit neuen Ge- DW, EU-Unternehmen unzufrieden mit China, 2012, Online im richten ein. Internet: URL: http://www.dw.de/eu-unternehmen-unzufrieden- mit-china/a-15982257 (Abrufdatum: 25.02.2013). Auch die Hürden bezüglich Kommunikation und Koordi- Financial Times, Vorbild Kentucky Fried Chicken: Produzieren nation fanden bei McDonald’s wenig Beachtung. So er- nach chinesischem Geschmack, 2012, Online im Internet: URL: 14 WiSt Heft 1 · Januar 2015 https://doi.org/10.15358/0340-1650_2015_1_10, am 07.10.2021, 17:13:44 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
http://www.ftd.de/unternehmen/handel-dienstleister/:vorbild-ken- tucky-fried-chicken-produzieren-nach-chinesischem-geschmack/ So funktioniert unser 70043252.html?mo de=print (Abrufdatum: 07.04.2013). Holtbrügge, D., M. K. Welge, Internationales Management: Theo- Rechtssystem rien, Funktionen, Fallstudien, 5. Aufl., Stuttgart 2010. Hymer, S. H., The international operations of national firms: A study of direct foreign investment, Cambridge 1976. Kindleberger, C. P., American business abroad: Six lectures on di- rect investment, New Haven 1969. Kutschker, M., S. Schmid, Internationales Management, 7. Aufl., München 2011. Li, J., S. Guisinger, Comparative Business Failures of Foreign- Controlled Firms in the United States, in: Journal of Internatio- nal Business Studies, Vol. 22 (1991), S. 209–224. Liu, W. K., KFC in China: Secret Recipe for Success, Singapur, 2008. Mezias, J. M., Identifying liabilities of foreignness and strategies to minimize their effects: The case of labor lawsuit judgments in the United States, in: Strategic Management Journal, Vol. 23 (2002), S. 229–244. Murray, J. D., R. W. White, Economies of Scale and Economies of Scope in Multiproduct Financial Institutions: A Study of British Columbia Credit Unions, in: The Journal of Finance, Vol. 38 (1983), S. 887–902. Samiee, S., Customer Evaluation of Products in a Global Market, in: Journal of International Business Studies, Vol. 25 (1994), S. 579–604. Sethi, D., S. Guisinger, Liability of foreignness to competitive ad- vantage: How multinational enterprises cope with the interna- Von Prof. Dr. Claus Loos 2. Auflage. 2014. XVII, 169 Seiten. Kartoniert € 12,90 tional business environment, in: Journal of International Man- (dtv-Band 50764) agement, Vol. 8 (2002), S. 223–240. Shaver, M. J., W. Mitchell, B. Yeung, The Effect of own-firm and other-firm experience on foreign direct investment survival in the United States, 1987–92, in: Strategic Management Journal, Juristische Grundlagen einfach erklärt Vol. 18 (1997), S. 811–824. Der Band beantwortet die Fragen, die sich vor allem Nichtjuristen Süddeutsche Zeitung, Burger gegen Hähnchenschenkel, 2011, On- line im Internet: URL: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ im Zusammenhang mit Recht und Gerechtigkeit stellen: mcdonalds-in-china-burger-gegen-haehnchenschenkel- • Warum gibt es Recht und wer macht die Gesetze? 1.1125968 (Abrufdatum: 04.04.2013). Teece, D. J., Reflections on the Hymer thesis and the multinational • Warum und wie kann man von anderen etwas verlangen enterprise, in: International Business Review, Vol. 15 (2006), (Ansprüche)? S. 124–139. Time Magazine, Colonel Sanders’ March on China, 2003, Online • Wie findet man heraus, ob eine Vorschrift zum Problem passt im Internet: URL: http://www.time.com/time/magazine/article/ (Subsumtion)? 0,9171,543845,00.html (Abrufdatum: 07.04.2013). White, P. D., E. W. Cundiff, Assessing the Quality of Industrial • Was meint das Gesetz mit bestimmten Begriffen (Auslegung)? Products, in: Journal of Marketing, Vol. 42 (1978), S. 80–86. Wirtschaftswoche, Gründungen in China – Joint-Venture war ges- • Warum bekommt der, der Recht hat, nicht immer Recht tern, 2012, Online im Internet: URL: http://www.wiwo.de/poli- (Beweislast)? tik/ausland/gruendungen-in-china-gemeinschaftsunternehmen- heute-die-ausnahme/7077192-2.html (Abrufdatum: 10.04.2013). • Wofür ist ein Urteil nützlich (Rechtskraft und Vollstreckung)? Yum!, Jahresbericht 2012, 2013, Online im Internet: URL: http:// Der Autor Dr. Claus Loos ist Professor an der FH Kempten, www.yum.com/annualreport/(Abrufdatum 01.04.2013). Zaheer, S., Overcoming the liability of foreignness, in: Academy Studiengang Sozialwirtschaft. Er war zuvor im Landratsamt of Management Journal, Vol. 38 (1995), S. 341–363. Regensburg und am Verwaltungsgericht Regensburg tätig. Die Zeit, Der Yuan auf dem Weg zur Weltwährung, 2013, Online im Internet: URL: http://blog.zeit.de/china/2013/04/08/der-yu- an-auf-dem-weg-zur-weltwahrung/(Abrufdatum 07.04.2013). Preis inkl. MwSt. / 163736 Beck-Texte im WiSt Heft 1 · Januar 2015 15 https://doi.org/10.15358/0340-1650_2015_1_10, am 07.10.2021, 17:13:44 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
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