ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR - Fragen und Antworten APRIL 2014 AUSGABE 2/2014 Die elektronische Akte in Strafsachen Der elektronische ...
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APRIL 2014 · AUSGABE 2/2014 ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR Fragen und Antworten Die elektronische Akte in Strafsachen Der elektronische Rechtsverkehr in Frankreich
Vertrags- werkstatt. !"# Heussen/Pischel (Hrsg.), Handbuch Vertrags- verhandlung und Vertragsmanagement. Herausgegeben von RA Prof. Dr. Benno Heus- sen und RA Dr. Gerhard Pischel LL.M. Be- arbeitet von RA Dr. Jan Curschmann, RA Prof. Dr. Benno Heussen, RA Dr. Martin Imbeck, RA Dr. Markus Junker, RA Dr. Selim Keki, RA Dr. Dirk von dem Knesebeck, RAin Dr. Dagmar Knigge, RA Clemens Kochinke, Prof. Dr. Fredmund Malik, RA und StB Wolfram Meven, RA Dr. Thomas Pattloch LL.M.EUR., RA Dr. Gerhard Pischel, LL.M., RA Dr. Reiner Ponschab, RA Dr. Benno Schwarz, RA Mikio Tanaka, Notar Prof. Dr. Bernd Wegmann, RAin Gabrielle H. Williamson J.D., mit einem Geleitwort von RA Hans-Peter Benckendorff. 4., neu bearbeitete Auflage 2014, rd. 1.400 Seiten Lexikonformat, gbd. 149,– €. Erscheint im Mai. ISBN 978-3-504-06306-1 Wie Sie selbst schwierigste Vertragswerke fehlerlos entwerfen, souverän verhandeln und systematisch zum gewünschten Erfolg führen, lernt man seit jeher aus diesem Buch. Nach einem standardisierten Auf- bauschema, das Sie bei allen Vertragskonstellationen in fünf einfachen Schritten zum Erfolg führt. Verhandeln im Ausland – neben USA, Russland, China, Japan, Brasilien jetzt auch Türkei und Indi- en. Qualitätsmanagement von Vertragsprojekten. Neues Kapitel Vertragsenglisch. Mit vielen Beispielen, Tipps, Formulierungsvorschlägen und Checklisten. Für mehr Effizienz und weniger Fehler bei all Ihren Verträgen. Heussen/Pischel (Hrsg.), Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement. Jetzt Probe lesen und bestellen bei www.otto-schmidt.de !""#$#%&'#()*+,-*#$.#/0($12&33###( ,(1*/1,*($###,(4,/4$*
EDITORIAL STREITWERTE AM „RUNDEN TISCH“ RA Dr. Georg Jaeger, FA für Arbeitsrecht, Vorsitzender des Ausschusses Arbeitsrecht der BRAK Der bisherige Werdegang, den der Entwurf des worden und deshalb zu einem „Runden Tisch“ un- Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit ter Beteiligung von BRAK und DAV am 18.2.2014 genommen hat, kann aus anwaltlicher Sicht leider eingeladen worden. Dabei wurde gleich zu Beginn nicht als gelungen bezeichnet werden. Bekanntlich hervorgehoben, dass es sich bei dem im vergan- war im Mai 2012 durch die Konferenz der Präsiden- genen Jahr veröffentlichten Streitwertkatalog zu- tinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte nächst nur um einen Entwurf gehandelt habe und eine Streitwertkommission gebildet worden, wel- die Streitwertkommission für inhaltliche Kritik der che die – zum Teil je nach LAG-Bezirk erheblich dif- hiervon betroffenen Berufsverbände grundsätz- ferierenden – Streitwerte in Arbeitsrechtssachen lich offen sei. Dies wurde von allen Beteiligten des analysieren und im Anschluss hieran einen Vor- „Runden Tisches“ zunächst positiv aufgenommen, schlag zur Vereinheitlichung der Streitwertfestset- auch wenn der Entwurf des Katalogs durch seine zung unterbreiten sollte. So sehr die grundlegende Veröffentlichung in der seitherigen Festsetzungs- Zielsetzung der Rechtsvereinheitlichung durch die praxis bereits gewisse Fakten geschaffen hat. Streitwertkommission auf der einen Seite zu be- Da jedoch angekündigt wurde, dass die Mit- grüßen war, so misslich war auf der anderen Seite, glieder der Streitwertkommission die Anmerkun- dass die fachkundige Anwaltschaft bei den Erörte- gen und Vorschläge zu den einzelnen Richtbei- rungen der Streitwertkommission zunächst außen spielen aufnehmen und bei ihrer nächsten Sitzung vor blieb. Als im Sommer des vergangenen Jahres erörtern werden, bestand sicherlich auch aus dann der von dieser Kommission vorgeschlagene Sicht der Anwaltschaft begründeter Anlass dafür, Streitwertkatalog, auf welchen sich die Konferenz dieses – späte, aber nicht zu späte – Angebot ei- der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesar- ner Mitwirkung positiv aufzunehmen. beitsgerichte verständigt hatte, in Fachzeitschrif- Es ist sicherlich noch zu früh, um bereits po- ten veröffentlicht wurde, schien für einige Teile der sitive Rückmeldungen zu geben, da zunächst Arbeitsgerichtsbarkeit und auch der Anwaltschaft abgewartet werden muss, ob und wenn ja in wel- die sprichwörtliche „Messe gelesen“. Dies äußerte chen Punkten die einzelnen Anregungen durch die sich in der Folgezeit insbesondere darin, dass bei Streitwertkommission berücksichtigt und in einer arbeitsgerichtlichen Beschlüssen zur Streitwert- novellierten Fassung des Streitwertkatalogs auf- festsetzung zur Begründung bereits lapidar auf genommen werden. Auf jeden Fall kann man den die einschlägige Ziffer des veröffentlichten Streit- „Runden Tisch“ jedoch als ein positives Signal da- wertkatalogs verwiesen wurde. hingehend verstehen, dass die Anwaltschaft bei Erfreulicherweise ist durch den Präsidenten des der weiteren Tätigkeit der Kommission inhaltlich LAG Köln in seiner Eigenschaft als Vorsitzender beteiligt werden soll. Die BRAK wird von dieser der nächsten Konferenz der Präsidentinnen und Möglichkeit im Interesse einer angemessenen Be- Präsidenten der Landesarbeitsgerichte die Forde- rücksichtigung der Interessen der Anwaltschaft rung nach einer Beteiligung der Anwaltschaft an nach besten Kräften Gebrauch machen. der Streitwertkommission doch noch aufgegriffen BR AK MAGA ZIN 02/2014 3 ,/4$*
BERUFSRECHT WIESO, WESHALB, WARUM…..? Fragen und Antworten zum Elektronischen Rechtsverkehr Rechtsanwältin Peggy Fiebig, LL.M. BRAK Im vergangenen Jahr hat der Bundestag das Gesetz über Schnittstellen möglich aber nicht zwingend zur Förderung des Elektronischen Rechtsverkehrs notwendig sein. mit den Gerichten (ERV-Gesetz) verabschiedet. Suk- zessive werden jetzt die Voraussetzungen dafür WIE SICHER WIRD DIE KOMMUNIKATION geschaffen, dass spätestens ab 2022 jeder Rechts- ÜBER DAS BEA SEIN? anwalt und jede Rechtsanwältin mit jedem Gericht Sicherheit ist das oberste Gebot bei der Ent- in der Bundesrepublik ausschließlich elektronisch wicklung des beA. § 31a BRAO fordert, dass kommuniziert. Die BRAK wird entsprechend ihrem der Zugang nur „durch ein sichereres Verfah- gesetzlichen Auftrag zum 1.1.2016 für alle Kollegin- ren mit zwei voneinander unabhängigen Siche- nen und Kollegen ein besonderes elektronisches An- rungsmitteln möglich“ sein darf. Wie diese Si- waltspostfach einrichten. cherungsmittel konkret aussehen, wird im Laufe der weiteren Systemkonzeption geklärt werden WAS GENAU IST DAS BESONDERE – denkbar sind beispielsweise Signaturkarten ELEKTRONISCHE ANWALTSPOSTFACH? oder auch der neue maschinenlesbare Personal- Das besondere elektronische Anwaltspostfach ausweis. (beA) ist für die Anwaltschaft das „Tor zum Das beA und das dahinterliegende System wer- elektronischen Rechtsverkehr“. Die Anmeldung den so gestaltet sein, dass Nachrichten, die ver- erfolgt entweder direkt über das Internet oder sendet werden, nachweisbar manipulationsfrei über die individuell benutzte Anwaltssoftware. und geheim übermittelt werden. Auch die BRAK Die BRAK wird das beA so konzipieren, dass die selbst wird technisch nicht in der Lage sein, die Nutzung ohne weitere technische Voraussetzun- Nachrichten zu öffnen und zu lesen. gen möglich ist – ein leistungsfähiger Internet- Durch die ebenfalls vom Gesetz vorgegebene zugang und ein Computer werden genügen, um Anbindung an das tagesaktuelle bundeseinheit- über das beA zu kommunizieren. Alle gängigen liche Rechtsanwaltsregister wird zudem auch Betriebssysteme werden zum beA kompatibel sichergestellt, dass die versandten Nachrichten sein. Die Verwendung von Anwaltssoftware wird tatsächlich nur von Rechtsanwälten stammen. § 31a BRAO Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (1) Die Bundesrechtsanwaltskammer richtet nach Überprüfung der Zulassung und Durchführung eines Identifizierungsverfahrens in dem Gesamtverzeichnis nach § 31 für jeden eingetragenen Rechtsanwalt ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach ein. Das besondere elektronische Anwaltspostfach soll barrierefrei ausgestaltet sein. (2) Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sicherzustellen, dass der Zugang zu dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nur durch ein sicheres Verfahren mit zwei voneinander unab- hängigen Sicherungsmitteln möglich ist. Sie kann unterschiedlich ausgestaltete Zugangsberech- tigungen für Rechtsanwälte und für andere Personen vorsehen. (3) Sobald die Zulassung erloschen ist, hebt die Bundesrechtsanwaltskammer die Zugangsberechti- gung zu dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach auf und löscht dieses. BR AK MAGA ZIN 02/2014 4
den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, die WIRD DURCH DEN ELEKTRONISCHEN elektronische Erreichbarkeit ihrer Gerichte bis RECHTSVERKEHR DER ANWALTLICHE zum 1. Januar 2020 zu verschieben. ARBEITSALLTAG EINFACHER? Die Strafgerichtsbarkeit ist derzeit noch vom Klare Antwort: Ja! Es wird einfacher und kosten- elektronischen Rechtsverkehr ausgenommen. günstiger. Die heute in den meisten Kanzleien Ein entsprechender Gesetzentwurf soll jedoch übliche Arbeitsteilung wird auch beim Elektro- noch in der laufenden Legislaturperiode ver- nischen Rechtsverkehr möglich bleiben. Bei der abschiedet werden (siehe dazu BRAKMagazin Nutzung des Postfachs bleibt es Ihnen und Ihrer 2/2014, S. 10, in diesem Heft). Kanzleiorganisation überlassen, ob bzw. wann Sie bei der Bearbeitung des elektronischen Post- WAS KOSTET DER ELEKTRONISCHE eingangs Ihre Kanzleikollegen und nichtanwaltli- RECHTSVERKEHR DIE ANWALTSCHAFT? chen Mitarbeiter einbinden und welche Berech- Die Einrichtung der besonderen elektronischen tigungen Sie ihnen in Ihrem Anwaltspostfach Anwaltspostfächer für alle 163.000 Kollegin- einräumen. Die Zugangsberechtigungen können nen und Kollegen und des dahinterliegenden IT- auch so organisiert werden, dass faktisch ein System ist eine technisch höchst anspruchsvolle „virtuelles Kanzleieingangspostfach“ gebildet Aufgabe. Gleiches gilt für den laufenden Betrieb, werden kann. der durch die BRAK reibungslos sichergestellt sein muss. Es müssen nicht zuletzt leistungsfä- AB WANN KANN MIT WEM hige Rechenzentren bereitgestellt werden, die ELEKTRONISCH KOMMUNIZIERT gewährleisten, dass auch zu Spitzenzeiten jede WERDEN? einzelne Nachricht ihren Empfänger zuverlässig Ab 1.1.2016 ist die elektronische Kommunika- erreicht. tion von Anwalt zu Anwalt bundesweit, zu den Das alles kostet selbstverständlich nicht uner- Bundesgerichten und zu den Zivil-, Finanz-, Ver- heblich finanzielle Mittel. Durch die Beteiligung waltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichten in Sach- der gesamten Anwaltschaft wird jedoch der Bei- sen, Berlin, Hessen und Brandenburg möglich. trag des Einzelnen überschaubar bleiben. Und In einigen anderen Bundesländern gibt es aus- selbstverständlich wird die BRAK entsprechend gewählte Pilotgerichte, mit denen auf elektroni- ihrem gesetzlichen Auftrag die wirtschaftlich schem Weg kommuniziert werden kann. sinnvollste Lösung wählen. Und eines ist sicher, Sukzessive werden alle Bundesländer ihre Ge- letztendlich wird der Nutzen, den der elektro- richte für den elektronischen Rechtsverkehr öff- nische Rechtsverkehr jedem einzelnen Rechts- nen. Ab dem 1. Januar 2018 soll, so das Gesetz, anwältin und jedem einzelnen Rechtsanwalt der elektronische Zugang zu allen Gerichten bringt, den Aufwand deutlich übersteigen. grundsätzlich eröffnet sein. Allerdings wurde BR AK MAGA ZIN 02/2014 5
ELEK TRONISCHER RECHTSVERKEHR ACHT SCHRIFTSÄTZE PRO SEKUNDE Umfrage der BRAK zur Vorbereitung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches TEILNEHMER 78,3 % Nur Zivilrecht 10,0 % Zivilrecht und Öffentliches Recht Über 84 Millionen Schriftsätze werden jährlich in Deutschlands Anwaltskanzleien versandt bezie- 5,7 % keine Angabe hungsweise empfangen. Das ist das Ergebnis zwei- er großer Online-Umfragen der BRAK, an denen 6,0 % Nur öffentliches Recht insgesamt mehr als 7.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte teilgenommen haben. Ziel der Befra- gung war es, die Bedürfnisse der Anwaltschaft zu erfassen und diese bei der Entwicklung des neuen Klare Mehrheit: Verteilung der an der Umfrage teilnehmenden Rechts- elektronischen Systems einzubeziehen. anwälte nach Rechtsgebieten ZWEI GROSSE ONLINE-BEFRAGUNGEN Wie viele Schreiben versenden Rechtsanwälte im Durchschnittlich kommen im Übrigen auf rund sie- Durchschnitt in einem gerichtlichen Verfahren? ben Berufsträger etwa elf Kanzleimitarbeiter, was Wie viel Porto ließe sich durch die digitale Kom- einem Schlüssel von 1:1,5 entspricht. In Kanzleien munikation einsparen? Und wie sind die Kanzleien für öffentliches Recht liegt die Zahl der Mitarbei- IT-technisch eigentlich ausgestattet? Antworten ter dabei leicht über der von Büros für zivilrechtli- auf diese und weitere Fragen erhielt die Bundes- che Belange. rechtsanwaltskammer zwischen November 2013 und Januar 2014 durch zwei große Online-Umfra- Bei gerichtlichen Verfahren fällt auf Anwalts- gen zur Einführung des Elektronischen Rechtsver- seite mehr Schriftverkehr an als bei außergericht- kehrs (ERV). lichen Verfahren: gut zwölf Schriftsätze gegen- Schon in wenigen Jahren wird die elektroni- über weniger als sechs im direkten Vergleich in sche Kommunikation zwischen Gerichten und den Kanzleien. Zudem summiert sich der Schrift- Rechtsanwälten Pflicht sein. Die Ergebnisse der verkehr zwischen Gericht und Anwaltschaft auf Befragungen sollen daher sicherstellen, dass das durchschnittlich 21 Schriftstücke pro Verfahren. besondere elektronische Anwaltspostfach ab Bei geschätzten 3,2 Millionen gerichtlichen Ver- 1. Januar 2016 technisch entsprechend ausgerüs- fahren jährlich ergibt das die beeindruckende Zahl tet sein wird, um die Anforderungen der Rechts- von 67,2 Millionen Schreiben. Zählt man die für au- anwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland ßergerichtliche Verfahren hinzu, sind es gar über zu erfüllen. 84 Millionen Nachrichten. Das macht in Zukunft täglich über 230.000 Schriftsätze. Wochentags zu GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHT- den üblichen Arbeitszeiten wären das knapp acht LICHER SCHRIFTVERKEHR elektronische Dokumente pro Sekunde. In der ersten Umfrage konnten die Rechtsanwäl- te Angaben zur Kommunikation während der EINSPARPOTENZIALE BEIM PORTO täglichen Kanzleiarbeit machen. Von den 3.977 Die durchschnittlichen monatlichen Portokosten teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen ist der für Anwälte und Mandanten unterscheiden sich überwiegende Teil im Zivilrecht tätig (siehe Grafik). in den Kanzleien nicht unerheblich. Unabhängig BR AK MAGA ZIN 02/2014 6
vom Rechtsgebiet belaufen sie sich jedoch mehr- Rechtsanwälten arbeitet rund die Hälfte in einer heitlich auf unter 500 Euro, bei knapp der Hälfte Einzelkanzlei. Im Durchschnitt gehören auch hier auf unter 100 Euro. Selten liegen sie im vierstel- jedem Büro rund sieben Anwälte an. Identisch zur ligen Bereich. Im Zivilrecht tätige Rechtsanwälte ersten Umfrage ist auch das Verhältnis zwischen haben insgesamt höhere Ausgaben als ihre Kolle- Rechtsanwälten und Mitarbeitern (1:1,5). gen im öffentlichen Recht. Auf das Jahr gerechnet, Fast die Hälfte der verwendeten Computer würden sich durch die elektronische Übermittlung hat Windows 7 als Betriebssystem, das entspricht damit signifikante Einsparpotenziale ergeben. dem Durchschnitt in Deutschland. Windows 8 ver- wenden rund 14 Prozent der Befragten, deutsch- landweit sind es unter 8 Prozent. Allerdings arbei- PORTOKOSTEN ten noch über 28 Prozent der Anwälte mit dem Vorgängersystem Windows XP – deutlich mehr als unter 100 EUR der Durchschnitt der Bundesbevölkerung. Da der 100 bis 499 EUR Support für Windows XP im April 2014 endet, wer- 5,1 % 500 bis 999 EUR den in den nächsten Monaten vermutlich immer 8,2 % über 999 EUR mehr Nutzer auf Windows 8 umsteigen. Apple- und Linux-User sind mit ca. 8 bzw. 2 Prozent klar in der Minderheit. KLARE TENDENZ ZU MEHR MOBILITÄT 46,0 % Überraschend ist die heute schon hohe Mobilität unter den Rechtsanwälten. Für viele von ihnen ist 40,7 % die eigene Tätigkeit nicht mehr ausschließlich an ein festes Büro gebunden. Zwar verfügen rund 83 Prozent der Befragten über einen Desktop-PC, nahezu zwei Drittel besitzen aber entweder aus- schließlich oder neben einem Desktop-Rechner Kostenfaktor Briefmarke: Monatliche Ausgaben für Porto in den befragten einen Laptop. Mehr als die Hälfte nutzt zudem Kanzleien ein Smartphone. Auch Tablets finden zunehmend Einzug in den Arbeitsalltag: Gut ein Fünftel der Be- ARBEIT AM COMPUTER – TECHNISCHE fragten gibt an, diese zu verwenden. AUSSTATTUNG Bei der zweiten Umfrage stand die technische ELEKTRONISCHE AKTENFÜHRUNG Infrastruktur in den Kanzleien im Fokus. Von den Wie alltäglich sind elektronische Akten in Deutsch- 3.259 teilnehmenden Rechtsanwältinnen und lands Kanzleien? Die Ergebnisse der Umfrage zei- BR AK MAGA ZIN 02/2014 7
ELEK TRONISCHER RECHTSVERKEHR gen, dass der überwiegende Teil der Befragten diese bereits vollständig oder wenigstens teilweise nutzt. 43 Prozent der Sozietäten geben an, bislang keine elektronischen Akten angelegt zu haben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die elektroni- sche Bearbeitung mit Einführung des ERV weiter zunehmen wird. Die elektronische Aktenführung wird jedoch nicht Voraussetzung für die Teilnah- me am ERV sein. sonderen elektronischen Postfachs im Mittelpunkt ELEKTRONISCHE AKTENFÜHRUNG stehen. Es ist daher geplant, die Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches soweit wie möglich unabhängig von technischen Ja Bedingungen zu gestalten – Computer und Inter- teilweise netanschluss werden genügen. 20 % Nein 43 % BROWSEN, DOWNLOADEN, SCANNEN – KANZLEIEN IN DER PRAXIS 70 Prozent der Kanzleien sind per ADSL mit dem 37 % Internet verbunden, 15 Prozent verwenden einen ISDN- Anschluss. Nur zwei Prozent verfügen über geschäfts- kundenoptimierte synchrone SDSL-Anschlüsse. Mit durchschnittlich 24,6 MBit/s wird allgemein eine Tendenz steigend: Schon heute nutzt eine deutliche Mehrheit die elektro- gute Downloadgeschwindigkeit erreicht. Allerdings ha- nische Aktenführung zumindest anteilig ben mehr als 42 Prozent der Kanzleien bisher noch eine Uploadgeschwindigkeit von unter 1 MBit/s. SUMMA SUMMARUM Der am häufigsten genutzte Browser ist Firefox (ca. 40 Auf das besondere elektronische Anwaltspostfach Prozent), knapp vor dem Internet Explorer (38 Prozent) kommen hohe Anforderungen zu. Mehrere Hun- und Chrome (11 Prozent). Zum Vergleich: Bundesweit derttausende elektronische Dokumente täglich er- hat Chrome den Explorer bereits überholt (23,5 zu 23,2 fordern entsprechende Vorkehrungen, besonders Prozent). in Spitzenzeiten. In den Sozietäten zeichnet sich bereits eine ein- 0,4 Prozent der Anwälte geben an, spezielle Hardware für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu nutzen. deutige Tendenz zu elektronischer Kommunikation 1,4 Prozent nutzen entsprechende Software. ab: Zwei Drittel der befragten Anwälte sind zu- mindest teilweise mit elektronischer Aktenführung Fünf von 3.259 Kanzleien verfügen über keinen vertraut und auch die berufliche Nutzung mobi- Internetzugang. ler Endgeräte nimmt beständig zu. Für die BRAK gilt: Die Interessen der Rechtsanwältinnen und Um IT-Belange kümmern sich die meisten Kanzleien Rechtsanwälte sowie deren Mitarbeiterinnen und selbst. Knapp ein Drittel nimmt IT-Dienstleister in Anspruch. Mitarbeiter werden bei der Entwicklung des be- BR AK MAGA ZIN 02/2014 8
FACH IN ST ITU T FÜ R ER BR EC H T Aktuelle Veranstaltungen im Erbrecht Der Erbrechtsprozess 6. Jahresarbeitstagung Erbrecht 13. Juni 2014 · Bochum 16. bis 17. Mai 2014 · Hamburg Stephan Rißmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Potsdam Kostenbeitrag: 310,– € (USt.-befreit) 5 Zeitstunden – § 15 FAO · Tagungsnummer: 142117 Die Erbengemeinschaft in der anwaltlichen Praxis 2. Juli 2014 · Frankfurt Tagungsleiter: Hans Christian Blum, Rechtsanwalt, Stephan Rißmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Erbrecht, Stuttgart Potsdam Kostenbeitrag: 310,– € (USt.-befreit) Aktuelles Höchstrichterliches zu Bindungen und 5 Zeitstunden – § 15 FAO · Tagungsnummer: 142119 Lösungen von letztwilligen Verfügungen Roland Wendt, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe Optimierung der Stufenklage im Pflichtteilsrecht Auskunftsansprüche im Erbrecht Dr. Claus-Henrik Horn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für effektiv geltend machen Erbrecht, Düsseldorf 3. September 2014 · Bochum Aktuelles zur lebzeitigen Übertragung in der Nachfolgeplanung (Privatvermögen) Walter Krug, Vors. Richter am Landgericht a. D., Stuttgart Dr. Paul Richard Gottschalk, Rechtsanwalt, Wirtschafts- Kostenbeitrag: 345,– € (USt.-befreit) prüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales 5 Zeitstunden – § 15 FAO · Tagungsnummer: 142125 Steuerrecht, Saarbrücken Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar, Dresden DAI-Late-Nite – Erbrechtliche Aspekte bei Aktuelles zur lebzeitigen Übertragung in der Nachfolgeplanung (Unternehmensvermögen) Scheidung und Patchworkfamilie Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar, Dresden 10. September 2014 · Frankfurt Dr. Paul Richard Gottschalk, Rechtsanwalt, Wirtschafts- Christina Brammen, Rechtsanwältin, Fachanwältin für prüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Erbrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin, Steuerrecht, Saarbrücken D.E.A. (Toulouse I), Bochum Kunst und Urheberrechte im Nachlass Kostenbeitrag: 95,– € (USt.-befreit) Prof. Dr. Winfried Bullinger, Rechtsanwalt, Berlin 2,5 Zeitstunden – § 15 FAO · Tagungsnummer: 142130 Aktuelle Rechtsprechung zum Erbschaftsteuerrecht Hermann-Ulrich Viskorf, Vizepräsident des Bundesfinanzhofs, München Immobilien im Nachlass 20. September 2014 · Frankfurt WW W. A N WA LTS I NST IT UT.D E Internationales Erbrecht nach EuErbVO Prof. Dr. Christopher Keim, Notar, Bingen Johannes Schulte, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Kostenbeitrag: 645,– € (USt.-befreit) Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Berlin 10 Zeitstunden – § 15 FAO · Tagungsnummer: 142111 Kostenbeitrag: 345,– € (USt.-befreit) 5 Zeitstunden – § 15 FAO · Tagungsnummer: 142127 Deutsches Anwaltsinstitut e. V. Weitere Informationen: Einrichtung von Bundesrechtsanwaltskammer, Universitätsstr. 140 · 44799 Bochum Bundesnotarkammer, Rechtsanwaltskammern Tel. 0234 970640 · Fax 0234 703507 und Notarkammern erbrecht@anwaltsinstitut.de
ELEK TRONISCHER RECHTSVERKEHR AKTENEINSICHT UND ANDERE PROBLEME Der Elektronische Rechtsverkehr in Strafsachen Rechtsanwältin Peggy Fiebig, LL.M., BRAK Das Strafverfahren ist vom Gesetz zur Förderung individualisiert ausgewählt worden sind (§ 98c des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerich- StPO). ten ausgenommen. Grund dafür ist die gegenüber den übrigen Verfahrenszweigen noch einmal beson- FORDERUNGEN DER BRAK ders herausgehobene Sensibilität der betroffenen In Reaktion auf den Referentenentwurf 2012 hat- Akten. Darüber hinaus gibt es hier – anders als te die BRAK einen Forderungskatalog aufgestellt. beispielsweise im Zivilrecht – zahlreiche Aktenein- Der Begriff der ‚elektronischen Akte‘ müsse ein- sichtsrechte, teilweise auch für Dritte. deutig definiert werden, so eine der Forderungen. Das Bundesjustizministerium hatte daher vor zwei Die elektronische Akte dürfe keine Verweise auf Jahren einen Referentenentwurf veröffentlicht, der (dynamische) Datenbanken enthalten und es müs- den elektronischen Rechtsverkehr in Strafsachen se jederzeit nachvollziehbar sein, wie sich die in regeln sollte. Nach zwischenzeitlichen Beratungen der elektronischen Akte befindliche Informations- mit den Ländern hat das Ministerium jetzt ange- sammlung zusammensetzt und welche Teile zur kündigt, in den kommenden Wochen einen neuen Akte gehören. Und die klare Aktengliederung in Entwurf vorzulegen. Haupt- und Nebenakten, Beiakten, Hilfsakten, Beweismittelakten etc. müsse erhalten werden. REFERENTENENTWURF 2012 Außerdem solle es jederzeit möglich sein, die Voll- Der Referentenentwurf 2012 beruhte auf den ständigkeit der Akte zu prüfen, beziehungsweise Ergebnissen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Entnahmen oder Nachträge nachzuweisen. Er regelt nicht nur die Kommunikation mit den Der wohl sensibelste Punkt ist die Akteneinsicht Ermittlungsbehörden und den Strafgerichten für Dritte. Sowohl Gesuch als auch Gewährung sondern enthält auch umfangreiche Vorschriften von Akteneinsicht sollen nach den Vorschlägen zur elektronischen Führung der Strafakten. Der der BRAK dokumentiert werden. Die Verteidigung Entwurf sah vor, dass bereits mit Inkrafttreten muss Zugang zur Akte in gleicher Weise wie die der Neuregelung Strafakten grundsätzlich elek- Strafverfolgungsbehörden erhalten. Und auf kei- tronisch angelegt und geführt werden sollten. nen Fall dürfe es die Möglichkeit einer (versteck- Allerdings enthielt er auch eine Öffnungsklausel, ten) Kontrolle der Verteidigertätigkeit, etwa durch die den Ländern eine schrittweise Einführung der Dokumentation der von der Verteidigung besich- elektronischen Akte bis zum 31.12.2019 erlaubte. tigten Aktenteile, Dauer der Lektüre etc. geben. Ausdrücklich hieß es jedoch in der Begründung, dass eine Parallelität von Papier und elektroni- DER NEUE ENTWURF scher Akte nicht zulässig wäre. Auch dürfe es In den kommenden Wochen soll es einen neuen nicht der Entscheidung des einzelnen Bearbeiters beziehungsweise überarbeiteten Entwurf des Mi- (Staatsanwalt oder Richter) überlassen werden, in nisteriums geben. Danach soll der Elektronische welcher Form die Akte geführt wird. Rechtsverkehr grundsätzlich zum 1.1.2018 bei den Hinsichtlich der Kommunikation mit den Straf- Strafgerichten eröffnet sein. Geklärt werden muss verfolgungsbehörden und den Strafgerichten insbesondere noch, wie und wie lange originale verwies der Entwurf auf das (damals noch nicht Beweisdokumente aufbewahrt werden müssen verabschiedete) ERV-Gesetz: Es sollte eine weit rei- und wie die Akteneinsicht konkret ausgestaltet chende Übereinstimmung mit dessen Regelungen werden soll. Gerade die Frage der Aufbewahrung angestrebt werden, soweit Abweichungen nicht ist für Verteidiger wichtig, ist doch nur dann, wenn zwingend geboten seien. die Beweise auch über die Rechtskraft des Urteils Besondere Regelungen zum Datenschutz soll- hinaus aufbewahrt werden, ein Wiederaufnahme- ten insbesondere eine umfassende verfahrens- verfahren möglich. übergreifende Suche in elektronischen Akten ver- Auch wem in welchem Umfang und auf wel- hindern. Allerdings können verschiedene Akten chem Weg ein Akteneinsichtsrecht gewährt wird, miteinander abgeglichen werden, wenn sie zuvor ist wohl noch nicht endgültig entschieden. BR AK MAGA ZIN 02/2014 10
RECHTSPRECHUNG SIE HABEN POST Rechtsanwältin Katja Wilke, freie Journalistin Viele Menschen schauen lieber nicht zu oft in ih- Letztlich stolperte der Anwalt nicht nur über ren Spamordner. Reklame von Onlineshops, in de- seinen nachlässigen Umgang mit seinen E-Mails nen man vor Jahren mal eingekauft hat, dubiose und der dürftigen Kommunikation mit seiner Man- Investmenttipps aus exotischen Ländern, nervige dantin (Diese beklagte daneben noch, dass sie Kettenbriefe – regelmäßig läuft elektronisch über- von ihm nicht über die Prozessrisiken und Folgen mittelter Müll auf, der unbesehen gelöscht werden eines Rechtsbeschwerdeverfahren aufgeklärt wur- kann. de – Stichwort fortlaufende Zinsen). Zu allem Übel Einige Menschen sollten das Fach mit ver- meintlich unerwünschter Post dagegen öfter und genauer prüfen. Rechtsanwälte zum Beispiel. Für sie sollte der Blick in den Spamordner tägliche Routineübung sein - jedenfalls dann, wenn sie Geschäftspartnern ihre Mailadresse mitgeteilt haben. Denn damit liegt es in ihrem Verantwor- tungsbereich, dass die ihnen zugesandten E-Mails sie auch erreichen. Das Landgericht Bonn urteilte kürzlich, dass ein Rechtsanwalt andernfalls seine Pflichten aus dem Mandatsvertrag verletzt (LG Bonn, Urt. v. 10.1.2014 – 15 O 189/13). In dem Fall hatte sich ein Anwalt in einem Rechtsstreit mit einer früheren Mandantin damit entlasten wollen, er habe eine wichtige E-Mail nicht rechtzeitig zur Kenntnis genommen, weil sie in sei- nem Spamfach gelandet sei. Er hatte das – befris- tete – Vergleichsangebot des Klagegegners seiner Mandantin daraufhin nicht rechtzeitig weitergelei- tet. Noch vor Fristende hatte er dann allerdings ging er auch noch davon aus, dass das Gericht telefonisch von dem Angebot erfahren – weiterge- seinen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbe- leitet hat er es dann aber nicht. Als die Mandantin gründung einfach durchwinken würde - ohne dass dann das Angebot nach Fristende erhielt und auch er die zwingend nötige Zustimmung des Gegners annehmen wollte, fühlte sich die Gegenseite nicht seiner Mandantin nachweisen konnte. Dieser lehn- mehr daran gebunden. Vielmehr verwies sie auf te die Zustimmung dummerweise ausdrücklich das zuvor ergangene Urteil des Landgerichts Düs- ab. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen seldorf, durch das die Mandantin zur Zahlung von Stand, Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichts- 208.250 Euro verpflichtet wurde. hof – nichts half mehr. Die Mandantin verklagte ihren Anwalt darauf- Unterm Strich wäre eine andere Entscheidung hin auf Zahlung von 90.096,45 Euro – dem Dif- der Kammer schwer vorstellbar gewesen. Keine ferenzbetrag zwischen Vergleichsangebot und ge- Frage: Vergleichsangebote müssen unverzüglich zahlter Summe und den aufgelaufenen Gebühren. weitergeleitet werden. Und unter vermeintlichen Immerhin hatte der Anwalt aus ihrer Sicht mehr- Spam kann sich immer mal wieder ein wichtiges fach seine Pflichten verletzt. Das Landgericht Schreiben verirren, deshalb muss das Fach selbst- Bonn sah das genauso und sprach ihr die Summe verständlich regelmäßig geprüft werden. Hinzu zu. Das LG zitiert in den Gründen den BGH: Der kommt: Jeder halbwegs versierte Computernutzer Rechtsanwalt hat, im Rahmen einer allgemeinen kann selbst einstellen, wie scharf sein Filter die Vertragspflicht, seinen Auftraggeber vor voraus- eingehende Post aussortiert. Könnte man mit dem sehbaren und vermeidbaren Schäden zu bewah- Spamfilter als Entschuldigung vor Gericht punk- ren. So weit, so wenig überraschend. ten, wäre ein Missbrauch wohl programmiert. BR AK MAGA ZIN 02/2014 11
ELEK TRONISCHER RECHTSVERKEHR FRENCH CONNECTION Elektronischer Rechtsverkehr in Frankreich JR Heinz Weil, Rechtsanwalt u. Avocat, Paris Die französische Justiz ist aus deutscher Sicht we- mit Anwaltszwang Pflicht. Vom Umfang her ent- gen ihrer schlechteren materiellen und personellen spricht das etwa den Verfahren vor dem LG und Ausstattung in vielerlei Hinsicht kein Vorzeigeob- OLG in Deutschland mit Ausnahme der Handels- jekt. Beim elektronischen Rechtsverkehr ist Frank- sachen in erster Instanz. Entsprechendes gilt für reich jedoch Deutschland um einiges voraus. Ob es das verwaltungsgerichtliche Verfahren in allen sich dabei um ein empfehlenswertes Spitzenprodukt drei Instanzen. In absehbarer Zeit wird die elektro- handelt, kann ich mangels IT-Kenntnissen nicht be- nische Kommunikation auch die erstinstanzlichen urteilen, auf jeden Fall könnte es sich lohnen, dass Handelsgerichte umfassen. Fachleute näher betrachten, was in einem anderen In der anwaltlichen Praxis sieht dies folgender- europäischen Flächenstaat bereits umgesetzt ist. maßen aus: Es besteht keine Berufspflicht zur Teil- nahme am Anwaltsnetzwerk. Da jedoch die meis- Grundlage des elektronischen Rechtsverkehrs in ten gerichtlichen Verfahren nur noch elektronisch Frankreich sind zwei sog. virtuelle Datennetzwer- ke, einmal das der Gerichte der ordentlichen Ge- richtsbarkeit „Réseau privé virtuel justice (RPVJ)“ und zum anderen das der Anwaltschaft „Réseau privé virtuel avocat (RPVA)“ oder „e-barreau“. Die- se haben eine Schnittstelle, über die die Kommuni- kation Anwalt-Gericht abgewickelt wird (Eine gute Darstellung des Systems und der Rechtsgrundla- gen in Wikipedia „Réseau virtuel privé des avo- cats“). Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat ein ei- genes Netzwerk „Télérecours“, das ebenfalls über eine Schnittstelle mit dem Anwaltsnetzwerk RPVA verfügt, aber im Gegensatz zum Netzwerk der or- dentlichen Gerichtsbarkeit auch Nichtanwälten zugänglich ist. Rechtsgrundlage sind auf Gesetzesebene die Bestimmungen des Code Civil über die Beweis- kraft von Urkunden in elektronischer Form (Art. 1316 bis 1316-4) sowie des Code de Procédure Civile(Art. 748-1 bis 748-6), durch die die Möglich- keit des elektronischen Rechtsverkehrs eröffnet wurde. Alles Weitere wurde dem Verordnungsge- ber (Justizminister) überlassen und in einer Reihe von Verordnungen zwischen 2008 und 2013 ge- regelt. Auf Seiten der Anwaltschaft wurde deren nationaler Vertretung, dem in etwa der BRAK ver- gleichbaren Conseil National des Barreaux (CNB), die Aufgabe zugewiesen, das Netzwerk RPVA ein- zurichten. Eine Vereinbarung zwischen dem Justiz- minister und dem CNB regelt die Einzelheiten. Nach verschiedenen Pilotprojekten ist heute der elektronische Rechtsverkehr in Zivilsachen BR AK MAGA ZIN 02/2014 12
betrieben werden können, braucht die Mehrzahl Schriftsatz entspricht. In der Praxis erfolgt die der Anwälte den RPVA-Zugang. Zu diesem Zweck elektronische Übermittlung in vielen Fällen jedoch ist zunächst ein Zertifizierungsverfahren wie zur durch Hilfskräfte. Ein weiteres Problem ist, dass es Erteilung einer elektronischen Signatur zu durch- in einem solchen System Flaschenhälse gibt (be- laufen, die als Nebenprodukt erteilt wird. Damit sonders bei der Justiz!) und von häufigen Zusam- ist ein externer Dienstleister beauftragt. Sodann menbrüchen des Systems berichtet wird. Wenige unterscheidet sich, wie so oft in Frankreich, die Minuten vor Ablauf einer Berufungsfrist kann dies Welt zwischen Paris und der Provinz. Die Pariser zu anwaltlichen Schweißausbrüchen führen, denn Anwaltskammer hat in Ergänzung der nationa- wie soll man beweisen, dass man wollte aber nicht len Regelung eine Lösung geschaffen, die dem konnte. Interessant ist, dass die Anwaltschaft das einzelnen Anwalt den Zugang vereinfacht und System fast nur zur Kommunikation mit den Ge- erschwinglicher macht. Der Pariser Anwalt er- richten benutzt, nicht verfahrensbezogene Korre- hält einen USB-Stick (siehe Abbildung), der über spondenz dagegen weiterhin trotz der geringeren Zugangscodes den Zugang zum „e-barreau“ und Sicherheit über normale Emails oder mit dem alt- von dort zu den Gerichten verschafft. Der Anwalt gedienten Fax erfolgt. aus der Provinz muss zusätzlich ein Modem ins- Finanziert wird das anwaltliche Netzwerk von tallieren. der Anwaltschaft. Es ist von einer Erstinvestition in Soll ein Schriftsatz eingereicht werden, so Höhe von Euro 24 Mio die Rede (bei rund 65.000 muss dieser ins pdf-Format gebracht werden, aber französischen Anwälten). Die Nutzung kostet pro nicht vor der Übermittlung sondern erst innerhalb Anwalt in Paris 162,00 Euro für einen dreijährigen des gesicherten Übermittlungsverfahrens. Zusätz- Zugang. In der Provinz ist sie wesentlich teurer: liche Mitteilungen an das Gericht können direkt 69,00 Euro für den Anschluss und 26,00 Euro mo- eingegeben und die Prozessbevollmächtigten an- natlich für die Miete des Modems. derer Parteien in Kopie gesetzt werden. Sodann Aus deutscher Sicht interessant ist, dass es erhält der Absender nacheinander vier (!) Über- zwar in geringem Umfang Kritik gibt, vor allem mittlungs- oder Empfangsbestätigungen in Form wegen technischer Mängel, aber keine Proteste von vier Emails: vom System RPVA, vom System wegen Beschränkung der individuellen Selbstbe- RPVJ, vom Empfangsgericht und schließlich von stimmung des Einzelnen, Unverhältnismäßigkeit der zuständigen Geschäftsstelle. Allein letztere oder Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Das hat die prozessrechtliche Bedeutung eines Emp- oberste Zivilgericht, der Kassationshof, hat immer- fangsbekenntnisses. Hinzu kommen Empfangsbe- hin eine Stellungnahme zur Zulässigkeit der Pflicht stätigungen anderer Verfahrensbeteiligter. Das zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs ist eine Flut von Emails, in der ein Anwalt mit viel durch Rechtsanwälte abgegeben (Avis v. 09. 09. Prozesstätigkeit zu ertrinken droht. 2013 Nr. 13 70005). Darin heisst es bezeichnend: Die Gerichte sind verpflichtet, ausschließlich „Dans une profession réglementée comme celle auf elektronischem Weg mit den anwaltlichen Pro- d‘avocat, le choix de la voie électronique de devrait zessvertretern zu kommunizieren. In der französi- pas procéder du bon-vouloir individuel de chacun schen Praxis gibt es meist eine Reihe von Durch- de ses membres, mais d’une démarche organisée laufterminen bis zur mündlichen Verhandlung, in de ses représentants. (Bei einem reglementierten denen lediglich verfahrensleitende Verfügungen Beruf wie dem des Rechtsanwalts sollte die Ent- getroffen werden. Vor dem elektronischen Rechts- scheidung für die elektronische Kommunikation verkehr nahmen die Anwälte diese Termine wahr, nicht vom guten Willen des einzelnen Berufsange- während sie jetzt durch die elektronische Kommu- hörigen sondern von der Willensbildung der Stan- nikation ersetzt werden. Das ist sicher ein Zeitge- desvertreter abhängen.)“ Die Vertreter des Berufs- winn. standes haben die Einführung des elektronischen Die Vertraulichkeit der Kommunikation soll da- Rechtsverkehrs eindeutig begrüßt. durch sichergestellt sein, dass sie nicht über das Internet sondern ein Intranet (réseau virtuel privé) erfolgt, das außerdem mit hohen Sicherheits- schwellen ausgestattet ist. Es heißt, diese Kom- munikation sei besser geschützt als Banküberwei- sungen. Problematisch ist, dass die Zugangscodes anwaltsbezogen sind und deren Benutzung der Unterschriftsleistung des Anwalts unter einem BR AK MAGA ZIN 02/2014 13
DAI AK TUELL DAIVENTS IM SOMMER 2014 Rechtsanwältin Dr. Katja Mihm, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Geschäftsführerin des Deutschen Anwaltsinstituts e. V. Die DAIvent-Reihe geht im Sommer 2014 in die Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Preis (Universität zu Köln) nächste Runde und bietet mit Feldafing und Lü- sind auch Autoren der Arbeitsunterlage, die die beck-Travemünde zwei neue attraktive Veranstal- Teilnehmer zu Veranstaltungsbeginn erhalten. tungsorte. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Weitere neue Entwicklungen im Arbeitsrecht wird erhalten dabei nicht nur einen fundierten Überblick Fachinstituts- und Tagungsleiter Bernd Ennemann, über die jeweiligen bedeutsamen Fragestellungen: RA und Notar, FA für ArbeitsR, in einer „Aktuellen Für das beliebte 10- bzw. 12-stündige Format sind Stunde“ ansprechen. auch ausreichend Diskussionsmöglichkeiten cha- rakteristisch. Tagungshotels in bester Lage und das MIET- UND WOHNEIGENTUMSRECHT anschließende Wochenende bieten sich so für die Zum ersten Mal bietet das Fachinstitut für Miet- Kombination von Fortbildung und Urlaub an. und Wohnungseigentumsrecht ein DAIvent Miet- recht an. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ aktuellen Rechtsprechung zum Wohnraummiet- Den Auftakt bildet im Juli das DAIvent Gewerbli- recht und auf aktuellen Praxisschwerpunkten im cher Rechtsschutz in Feldafing. Neu in das Veran- Gewerberaummietrecht. Neben Fachinstitutslei- staltungsprogramm aufgenommen, bietet es ein ter Kai-Jochen Neuhaus, RA und FA für Miet- und Forum für den intensiven Erfahrungs- und Informa- WEG-Recht, wird Dr. Klaus Lützenkirchen, RA und tionsaustausch zu aktuellen Themen des Wettbe- FA für Miet- und WEG-Recht, als Referent sein werbsverfahrensrechts sowie des Wettbewerbs-, Fachwissen und seine langjährige Erfahrung in die Marken- und Internetrechts. Fachinstituts- und Ta- Beiträge einfließen lassen. gungsleiter ist Dr. Jürgen Apel, RA und FA für Ge- werblRS; als Referenten konnten mit RiBGH Prof. Dr. Wolfgang Büscher, RiOLG Jörn Feddersen und DAIVENT: STARNBERGER GESPR ÄCHE GEWERB - Vors. RiOLG a. D. Dr. Emil Schwippert drei erfahre- LICHER RECHTSSCHUT Z ne Vertreter der Gerichtsbarkeit gewonnen werden. 10. bis 12. Juli 2014 · Feldafing FAMILIENRECHT DAIVENT: AK TUELLES FAMILIENRECHT AN DER Im August wird die Reihe dann an der Ostsee wei- OSTSEE tergeführt: Beim DAIvent Familienrecht werden 7. bis 8. August 2014 · Lübeck-Travemünde aktuelle Praxisprobleme des Unterhaltsrechts un- ter Berücksichtigung von verfahrensrechtlichen DAIVENT: ARBEITSRECHT AN DER OSTSEE – Aspekten sowie das Familienvermögensrecht im KÜNDIGUNGSSCHUT ZRECHT Fokus stehen. Michael Klein, RA und FA für FamR 14. bis 15. August 2014 · Lübeck-Travemünde und RiAG Dr. Wolfram Viefhues werden die The- men unter besonderer Berücksichtigung der an- DAIVENT: AK TUELLES MIETRECHT AN DER waltlichen Praxis darstellen. Die Moderation des OSTSEE Seminars übernimmt wie in den letzten Jahren – AK TUELLE RECHTSPRECHUNG WOHNR AUM- Fachinstituts- und Tagungsleiter Dr. Norbert Kleff- MIETRECHT mann, RA und FA für FamR. – AK TUELLE PR A XISSCHWERPUNK TE GEWERBE- R AUMMIETRECHT ARBEITSRECHT Sonderzahlungen, Kündigungsschutzrecht, Social 21. bis 22. August 2014 · Lübeck-Travemünde Media und Arbeitsrecht sowie Aktuelles zum Be- triebsverfassungsgesetz sind Schwerpunkte beim INFORMATION UND ANMELDUNG: DAIvent Arbeitsrecht, das wie sein Vorgänger in Deutsches Anwaltsinstitut e. V. Lübeck-Travemünde stattfindet. Die Referenten Tel.: 0234 970640 · www.anwaltsinstitut.de Prof. Dr. Stefan Lunk, RA und FA für ArbeitsR und BR AK MAGA ZIN 02/2014 14
Absolute Informationspflicht. Ab dem 13. Juni 2014 gilt ein Ebenso eingehend behandelt neues Verbrauchervertragsrecht. werden das neue Widerrufsrecht In Umsetzung der bereits 2011 und die Widerrufsfolgen bei Ver- erlassenen EU-Verbraucher- braucherverträgen, die Beson- rechterichtlinie werden das BGB derheiten im Kaufrecht, bei der und weitere Gesetze teilweise Wohnungsvermittlung und bei gravierend geändert und um- Fernunterrichtsverträgen sowie strukturiert. Vor allem sind neue die Übergangsvorschriften. Eine Informationspflichten bei Ver- synoptische Wiedergabe des braucherverträgen im Direktver- neuen und alten Rechts rundet trieb und beim Fernabsatz, ein das Buch ab. neues Widerrufsrecht und neue Die Autoren haben das Regeln beim Verbrauchsgüter- !"#$%&'()) Gesetzgebungsverfahren in kauf zu beachten. Brüssel und Berlin als Experten Dieser Leitfaden stellt das neue bzw. Sachverständige intensiv Recht umfassend dar, kommen- begleitet und verfügen über tiert die neuen Pflichten und gibt jahrelange Praxiserfahrung. wertvolle Hinweise für die Ver- Fazit: Dieser Leitfaden ist ein triebspraxis: Dargestellt werden Muss für Internethändler, die neuen Informationspflichten Bittner/Clausnitzer/Föhlisch Das neue Verbraucher- Direktvertriebsunternehmen im elektronischen Geschäftsver- vertragsrecht. Leitfaden für die Beratungspraxis. und Rechtsanwälte. 2014, ca. 300 Seiten Lexikonformat, brosch. kehr und im stationären Handel 39,80 €. ISBN 978-3-504-47107-1. Erscheint im Eine kleine Leseprobe gefällig? inklusive deren Verletzungs- April. Dann schlagen Sie nach bei folgen. www.otto-schmidt.de Bestellschein ausfüllen und faxen (02 21) 9 37 38-943 Ja, ich bestelle mit 14-tägigem Rückgaberecht plus Versandkosten Bittner/Clausnitzer/Föhlisch Das neue Verbrau- chervertragsrecht. Leitfaden für die Beratungspraxis. 2014, brosch. 39,80 €. ISBN 978-3-504-47107-1. Erscheint im April. Name Straße PLZ Ort Telefon Fax Datum Unterschrift 03/14 B e s t e l l e n S i e b e i I h r e r B u c h h a n d l u n g o d e r b e i m Ve r l a g D r. O t t o S c h m i d t · P o s t f a c h 5 1 1 0 2 6 · 5 0 9 4 6 K ö l n
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