Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin

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Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
1. Quartal 2021

Engagement-Hauptstadt 2021
Wichtige Strukturen für das Ehrenamt
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LIGA Berlin                                   Zuwendungen                                     Opferschutz
Federführung für zwei Jahre                   Neuer Rahmenfördervertrag                       Mehr Serviceangebote

Berlin besser machen: Gelegenheit dazu bietet die Gemeinsame Sache – Berliner Freiwilligentage, Infos Seite 36
Foto: Isabell Köller
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12. BERLINER STIFTUNGSWOCHE
13. — 23. APRIL 2021

www.berlinerstiftungswoche.eu
Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
Vorwort

Engagement-Hauptstadt 2021
Wichtige Strukturen für das Ehrenamt

W
            as unterscheidet einen Wohlfahrtsverband wie den
            Paritätischen Berlin mit seinen Mitgliedern von
            staatlichen Institutionen? Ein wesentlicher Unter-
schied: Bei uns gibt es hauptamtlich – und ehrenamtliche Tä-
tige. Und zwar in einem interessanten Zahlenverhältnis: In den
Organisationen unter Paritätischem Dach gibt es etwa 55.000
Mitarbeitende und etwa 30.000 Ehrenamtliche.
   Da stellt sich doch gleich die Frage: Was bringen Ehrenamt-
liche mit ihrer Arbeit ein? Sie engagieren sich zumeist völlig
freiwillig, ohne eine eins-zu-eins-Gegenleistung zu erwarten.
Einfach, weil es anderen aber auch ihnen selbst Freude macht
zu helfen. Sie engagieren sich mit Hingabe.
   Eine »Hingabe« zur Aufgabe wird übrigens auch von Beam-
ten erwartet. So steht es jedenfalls im Beamtengesetz. Ehren-
amtliche praktizieren Hingabe. Sie packen an, sind spontan
und bringen neues Wissen mit in die Organisation. Sie fra-
gen nach der Aufgabe, nicht nach Zuständigkeiten. Sie fragen
aber durchaus nach Mitgestaltung und Weiterbildung in der
Organisation.
   Organisationen, die viele freiwillig Engagierte werben, be-
schäftigen deshalb inzwischen oft auch hauptamtliche Ko-
ordinatoren für Ehrenamtsarbeit, die etwa passende Einsätze
und Weiterbildungen organisieren. Für beide Seiten, Organi-              Barbara John          Foto: Holger Groß / Der Paritätische Berlin
sation wie Helfende, ist das unverzichtbar. Und in der Groß-
stadt überhaupt – wo Engagementwillige erst einmal einen
passenden Einsatzort finden müssen. Auf dem Land und in
kleineren Orten kennen sich alle und wissen, wo es nötig ist,     der Staat bietet, könnte gar nicht in dem Maße geleistet wer-
sich zu engagieren.                                               den, wenn es nicht die vorbereitenden und ergänzenden Leis-
   Gerade in der Großstadt braucht es dafür Strukturen. Die       tungen der Ehrenamtlichen gegeben hätte.
bieten neben den sozialen Organisationen etwa Freiwilligen-          Es ist sicher inspirierend, sich mit anderen Städten im Aus-
agenturen und Stadtteilzentren. Ob sie nun Vorlesepaten in        land über freiwilliges Engagement auszutauschen. Dafür
der Nachbarschaft vermitteln, Sterbebegleiter ins Hospiz oder     kann der Titel »Europäische Hauptstadt des freiwilligen Enga-
einen Charlottenburger in den Wedding oder umgekehrt.             gements 2021«, den Berlin in diesem Jahr trägt, Gelegenheit
   Und oft engagiert man sich dort, wo man Erfahrungen ge-        bieten. Mehr über die Auszeichnung als »Engagementhaupt-
macht hat. Auch Neugierde, Wissensvermittlung und Gleich-         stadt«, die Strukturen dafür in Berlin und praktische Beispiele
gesinnte zu treffen – all das kann eine Rolle spielen für Enga-   finden lesen Sie ab Seite 23.
gement. Oder das Wissen darum, dass es einem – ohne eige-
nes Zutun, einfach durch Zufall – selbst gut geht und anderen
nicht. Das ist besonders zu spüren bei unserer jährlichen Mit-
machaktionen der »Gemeinsamen Sache – Berliner Freiwilli-         Ihre
gentage«, die wir gemeinsam mit dem Tagesspiegel veran-
stalten und bei der sich viele Hauptstädterinnen und Haupt-
städter engagieren.
   Engagement wirkt. Ich denke zurück an 2015, als besonders
viele Geflüchtete zu uns kamen. Es wurde deutlich: Vieles, was    Barbara John

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                              3
Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
Inhalt

                                                                           Foto: Kathrin Zauter

                                                                                                                                                                            Foto: Thilo Schmülgen
     Landesgeschäftsstelle                                                                             Familie, Kinder und Jugendliche
#pia2020: Paritätischer Preis würdigt besonderes                                                  Neuer Rahmenvertrag für Familienhilfe ermöglicht
Engagement von Frauen mit Behinderungen                        Seite 12                          bessere Vergütung in Notsituationen                           Seite 38

6 – 15         Landesgeschäftsstelle                                                              37             Ältere Menschen und Pflege
          •   Herzlich willkommen beim Paritätischen Berlin!                                                • Bundeswehr leistet Amtshilfe in Pflegeeinrichtungen
          •   Was uns bewegt: Dr. Gabriele Schlimper
          •   Paritätischer Berlin hat LIGA-Federführung inne
                                                                                                  37             Arbeit und Beschäftigung
          •   Zuwendungspraxis vereinfachen: Handlungs­
              empfehlungen                                                                                  • Teilhabe am Arbeitsmarkt
          •   In eigener Sache: Gesellschafteranteile
          •   Land Berlin vergibt Erbbaurechte für soziale Träger
          •   Nachruf auf Gudrun Hirche                                                           38 – 46        Familie, Kinder und Jugendliche
          •   #pia2020: Preis für Frauen mit Behinderungen                                                  •   Familienpflege wird besser vergütet
          •   #berlinbessermachen: Engagierte im Portrait                                                   •   Kreatives Konzept für Zwischennutzung
                                                                                                            •   Neue Arbeitshilfen: Stärkung von Kinderrechten
16 – 17        Neues aus der Geschäftsstelle Bezirke                                                        •   Interview mit einer Koordinatorin in der
                                                                                                                Familienbildung
          •   Frauenprojekt FEMentoring wird weiter gefördert
                                                                                                            •   Fipp e. V. übernimmt Betrieb von Kreativhaus e. V.
          •   Stadtteilarbeit: Innovative Ansätze in Coronazeiten
                                                                                                            •   Broschüre: Kooperation in Ganztagsschulen
          •   Pankow: Sozialräumliche Ressourcen und Vernetzung
                                                                                                            •   Was macht das Tanzteam Step by Step im Lockdown?
          •   Fachkonferenz der Landesfreiwilligenagentur
          •   Neuer Rahmenfördervertrag sichert Zuwendungen                                                 •   Finanzierung der Interkulturellen Waldorfschule gesichert
                                                                                                            •   Verein Interkulturell-Aktiv will Bindeglied sein

18             Foren und Netzwerke
                                                                                                  46             Frauen
          • Zertifikatkurs Gemeinwesenarbeit: Start im April
                                                                                                            • Koordinierungsstelle gegen Genitalverstümmelung
19 – 22        Gesamtverband
                                                                                                  47 – 48        Gesundheit
          •   Kampagne: Mindestens 600 Euro
          •   Paritätischer Armutsbericht                                                                   • Café Seidenfaden schließt – Verein Frau Sucht Zukunft
          •   Eckpunktepapier: Frauen und Kinder vor Gewalt schützen                                          macht weiter
          •   Teilhabebericht: Menschen mit Behinderungen                                                   • Drogennotdienst mit Beratung per Chat und Video

  Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
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Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
Inhalt

                                 1. Quartal 2021                                                   SCHWERPUNKT
                                ParitaetBerlin
                                                                                                   Engagement-Hauptstadt 2021
                                                                                                   Wichtige Strukturen für das Ehrenamt

                                                                         Foto: Cengizhan Yüksel

                                                                                                                                                                 Foto: Gina Schmelter
     Menschen in Notlagen                                                                          Schwerpunkt
Genius schafft Wohnraum: Genossenschaft hat erstes                                                 Gemeinsam aktiv: Ehrenamt und Hauptamt
Mietobjekt an Mitglieder übergeben                           Seite 51                             am Beispiel der Wohnungslosenhilfe             Seite 28

                                                                                                   Seite 23 – 36
                                                                                                   • Einführungstext: Engagement beim
49 – 50        Menschen in Notlagen                                                                  Paritätischen Berlin
          • Besuche im Gefängnis trotz Corona ermöglichen                                          • Was steckt hinter dem Titel: Europäische
          • Opferschutz verbessern                                                                   Hauptstadt des freiwilligen Engagements?
          • Genossenschaft Genius schafft Wohnraum                                                 • Gastbeitrag von Sawsan Chebli: Berliner
                                                                                                     Engagementstrategie bis 2025
51 – 54        Menschen mit Behinderungen                                                          • Nachbarschaftshilfe in der Coronakrise
          • Digitale Barrierefreiheit bis 2025                                                     • Ehrenamt und Hauptamt Hand in Hand:
          • Neuauflage des „Mosaik-Songs“                                                            Ein Beispiel der Wohnungslosenhilfe
          • Unterstützung für den Traumberuf Artistin                                              • Digitalisierung im Ehrenamt
                                                                                                   • Was motiviert Ehrenamtliche und was brauchen sie?
55             Queer
                                                                                                   • Inklusive Engagementstrukturen schaffen
          • Neues Regenbogenfamilienzentrum                                                        • Interview mit Carola Schaaf-Derichs:
                                                                                                     Netzwerke im Engagement
56 – 59        Paritätische Akademie Berlin
                                                                                                   • Jugendliche und ihr Weg zum Engagement
          • Termine Paritätische Foren                                                             • Älteren Hilfe in und vor Isolation bieten
          • Weitere Veranstaltungen
                                                                                                   • Save the Date: Gemeinsame Sache –
                                                                                                     Berliner Freiwilligentage 2021
60 – 61        Bildungswerk Brandenburg
          • Termine Weiterbildungen

62 – 67        Service
                                                                                                  Wir nutzen eine Gender­schreibweise, die auch
          •   Neue Mitglieder und Änderungen                                                      ­Barrierefreiheit und eine ­gute Lesbarkeit ermöglichen
          •   Paritätjob: Stellen suchen und finden                                                soll. Die Bezeichnung von Personengruppen schließt so-
          •   Beratung: Änderungen bei Fördermittelanträgen                                        wohl männliche, weibliche als auch lesbische, ­schwule,
          •   Impressum                                                                            bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche
          •   Fachgruppen und Arbeitskreise                                                        ­Menschen (LSBTI) explizit mit ein.
          •   Telefonverzeichnis

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                                                  5
Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
Landesgeschäftsstelle

Herzlich willkommen beim Paritätischen Berlin!
André Borgmann ist seit 1. August 2020 Fachberater für Kindertagesstätten im Referat Kinder und Kindertages­stätten
sowie Assistent im Bundesprojekt Partizipation und Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung

Mit welchen Erwartungen sind Sie                                                       die Kolleginnen und Kollegen in den
zum Paritätischen Berlin gekommen?                                                     Mitgliedsorganisationen, den Landes-
Als Referent werde ich mich gemein-                                                    verbänden, dem Bundesverband und
sam mit meinen Kolleginnen und Kol-                                                    weiteren Verbänden und Institutionen.
legen dafür einsetzen, im Sinne unse-                                                  Bisher komme ich ganz gut mit.
rer Mitgliedsorganisationen die Rah-
menbedingungen in Berliner Kinderta-                                                   Sind Sie auch neu in die Stadt gekom-
gesstätten kontinuierlich zu entwickeln                                                men, oder haben Sie nur den Job ge-
und zu verbessern. Zudem freue ich                                                     wechselt?
mich, wenn es durch meine Mitarbeit                                                    Berlin ist meine Heimat, und hier habe
im Bundesprojekt „Partizipation und                                                    ich alles erleben dürfen, was in den letz-
Demokratiebildung in der Kindertages-                                                  ten 35 Jahren zu Berlin gehört. Die Bran-
betreuung« gelingt, Kitaträger, Fach-                                                  denburgische Straße ist allerdings eine
beratungen und pädagogische Teams                                                      mir bisher unbekannte Berliner Ecke,
neugierig auf das ganzheitliche Quer-                                                  die es nun zu erkunden gilt.
schnittsthema Demokratiebildung zu              André Borgmann
machen. An den Landesverband habe                                  Foto: Boaz Arad    Wo hat man die besten Chancen, Sie
ich den Wunsch, hier eine neue beruf-                                                  nach Dienstschluss anzutreffen?
liche Heimat zu finden, in der ich mich                                                Hauptsächlich im Kreis meiner Familie
beweisen, entfalten und wachsen kann.       chen Kommunikation einzelner Senats-       oder bei einem ausgiebigen Spazier-
                                            verwaltungen werden.                       gang beziehungsweise an einem der
Auf welche Aufgaben freuen Sie sich                                                    wunderschönen Brandenburger Seen.
besonders? Was gehört eher zum              Was wünschen Sie sich für Ihr erstes       Ohne Covid-19-Beschränkungen: beim
Pflichtprogramm?                            Jahr beim Paritätischen Wohlfahrts-        Sport, in Gesellschaft von langjährigen
Auf das Kennenlernen, die Zusammen-         verband Berlin?                            Freunden oder auf dem Spielplatz mit
arbeit und den fachlichen Austausch         Wenn ich in einem Jahr das Gefühl habe,    meinem Sohn und befreundeten Fa-
mit den vielen Mitarbeiterinnen und         in einer Gemeinschaft zu arbeiten und      milien. Die meisten Wochenenden ver-
Mitarbeitern der Mitgliedsorganisatio-      meinen Platz darin gefunden zu haben,      bringe ich mit meiner Familie auf unse-
nen sowie den neuen Kollegeninnen           ist mein wichtigster Wunsch erfüllt.       rem Erholungsgrundstück am Stor-
und Kollegen innerhalb des Verbands                                                    kower See. Meine Berliner Lieblingsorte
freue ich mich. Eine gelingende Zusam-      Was haben Sie in Ihr neues Büro mit-       sind etwa der Landwehrkanal, das Funk-
menarbeit und das gemeinsame Entwi-         gebracht?                                  haus Berlin und das Holzmarktgelände.
ckeln von Ideen und deren Umsetzung         An meinem ersten Tag hatte ich einen
sind Aufgaben, die mir Freude bereiten.     kleinen Talisman bei mir, der mir gehol-   Was sollten die neuen Kollegen unbe-
   Hierbei bringe ich meine sehr diver-     fen hat, meine Aufregung in den Griff      dingt von Ihnen wissen?
sen, in mehr als 25 Jahren gesammelten      zu bekommen. Passend zum Jahr 2020         Dass ich Marzipan und Humor mag, ein
Erfahrungen, Perspektiven und fach-         hatte ich ein paar Mund-Nasen-Masken       guter Gesprächspartner bin, manchmal
lichen Qualifikationen ein. Darunter        dabei.                                     in die Rolle des Advocatus Diaboli gehe,
waren und sind Tätigkeiten wie Zivil-                                                  um eine ganzheitliche Debatte zu för-
dienstleistender in einem Altenpflege-      Wie viele Namen von Kolleginnen            dern. Zudem beende ich in diesem Jahr
heim, Sozialarbeiter in der Jugendarbeit,   und Kollegen konnten Sie sich bereits      meine Ausbildung zum systemischen
Vorstandsvorsitzender eines Berliner        merken?                                    Coach. Fachlich bin ich unter anderem
Sportvereins, Dozent im Bereich der         Da ich das Glück hatte, gleich zu Beginn   ein Anhänger der Idee, Kindertagesstät-
Fort- und Weiterbildung, systemischer       auch die Geschäftsstelle Bezirke und die   ten zu sozialräumlich arbeitenden Fami-
Organisationsberater und Coach und          Paritätische Akademie Berlin besuchen      lienzentren zu entwickeln. Das folgende
Leiter eines Kinder- und Familienzent-      zu können, waren es zusammen mit der       Zitat von Nelson Mandela hat mich sehr
rums. Pflichtprogramm könnte das Ver-       Landesgeschäftsstelle eine große An-       geprägt: „Es scheint immer unmöglich,
arbeiten der mitunter schwer verdauli-      zahl an neuen Namen. Hinzu kommen          bis es vollbracht ist.«

  Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
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Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
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Was uns bewegt
Von Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin

Schnelllebigkeit und Unplanbarkeit
Es fühlt sich gerade an, als wollten wir
Götterspeise an die Wand nageln. Was
gestern noch galt, gilt heute nicht mehr.
Oder anders gesagt: Kaum jemand
kommt noch nach, wenn es darum
geht, die Coronaverordnungen oder
einzelne Bestimmungen im Detail zeit-
nah zu lesen und zu verstehen: Schu-
len auf oder zu? 15 Kilometer von wo?
Was gilt für Kantinen? Was gilt im Bund,
was im Land und was im Bezirk? Diese
Schnelllebigkeit und Unübersichtlich-
keit bedeuten auch mehr Unplanbar-
keit, beruflich wie privat. Und da ist die-
ses dumpfe Gefühl: Dieser Zustand wird
sich noch eine Weile hinziehen. Wir wis-
sen nicht, wie lange es noch dauert.
Wann sind wir über die Spitze des Eis-
bergs hinweg? Das ist schwer auszuhal-
ten. Am Ende des Tunnels ist ein kleines
Licht, aber es wird kaum größer, es fla-           Dr. Gabriele Schlimper                                              Foto: Boaz Arad
ckert nur ständig. Das mag manchmal
zermürben. Wir brauchen zuverlässige
Informationen, Netzwerke und Aus-             sind Menschen aktiv, die Schutz brau-        der Spitzenverbände der Freien Wohl-
dauer. Ihnen und uns wünschen wir den         chen, Polizistinnen etwa oder Verkäu-        fahrtspflege in Berlin inne. Die Feder-
nötigen Langmut, die Pandemiezeit ge-         fer. Wir sollten nicht eine Berufsgruppe     führung wechselt alle zwei Jahre. Was
meinsam weiter gut durchzustehen.             gegen die andere ausspielen. Und             bedeutet das für uns? Wir sind nun zen-
                                              wenn endlich genügend Impfstoff vor-         traler Ansprechpartner für Politik und
Megaprojekt Impfen                            handen ist, wäre es ein nächstes wich-       Verwaltung und koordinieren die Ab-
Das Impfen gegen Corona ist ein außer-        tiges Etappenziel, dass zusätzlich Haus-     stimmung der sechs Wohlfahrtsver-
ordentlicher Logistikkraftakt. Als die        ärzte gegen Corona impfen, wie sie es        bände in wichtigen sozialen Fragen.
Impfzentren mit Ärztinnen und Hel-            bereits gegen Grippe tun.                    Unser Fokus: Zunächst müssen wir ge-
fern vor Ort bereitstanden, kam ein-             Auch das ist ein Thema: Nur wenn          meinsam die Coronapandemie bewäl-
fach nichts nach. Es mangelt schlicht         sich die allermeisten Menschen impfen        tigen.
und einfach an Impfstoff. Die Priori-         lassen, besteht eine gute Aussicht dar-      Langfristig setzen wir uns dafür ein,
täten der Ständigen Impfkommission            auf, dass wir wieder mehr von unserem        dass an Leistungen für Hilfebedürftige
sind eindeutig und nachvollziehbar: zu-       „alten« Leben zurückbekommen.                nicht gespart wird. Das geht nur mit
erst die hochbetagten Menschen schüt-            Übrigens: Toll, was unsere Mitglieder     Unterstützung von Politik und Verwal-
zen, dann das Pflegepersonal. Und wen         von jetzt auf gleich im Dezember auf         tung. Beide Aufgaben verfolgen wir in
danach? Das wird intensiv diskutiert.         die Beine gestellt haben. Nur zwei Bei-      diesem Jahr mit ganzer Kraft, denn am
Viele Berufsgruppen haben gute und            spiele: So hat die Volkssolidarität ältere   26. September sind Wahlen, sowohl die
richtige Argumente für einen Platz weit       Menschen bei der Organisation von            Berliner Abgeordnetenhaus- als auch
oben in der Liste. Ob Straßensozial-          Impfterminen unterstützt, der Arbeiter-      die Bundestagswahl. Dann legt die Poli-
arbeiter, Mitarbeitende in der Psychia-       Samariter-Bund ist in Impfzentren aktiv.     tik wichtige Prioritäten für die Finanzie-
trie, in Kitas, Schulen oder Wohngrup-                                                     rung sozialer Arbeit fest – wir werden
pen für Jugendliche oder Menschen             LIGA-Federführung und Wahlen                 Vorschläge einbringen, die Programme
mit Beeinträchtigungen und viele mehr.        Seit Jahresbeginn hat der Paritäti-          genau lesen und, wo nötig, Nachbesse-
Auch außerhalb der Sozialwirtschaft           sche Berlin die Federführung der LIGA        rungen fordern! 

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                          7
Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
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Paritätischer Berlin hat zwei Jahre LIGA-Vorsitz
Seit Jahresbeginn hat der Paritätische Berlin die Federführung der LIGA der Spitzenverbände
der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA Berlin) inne

              Videokonferenz der LIGA mit zugeschalteten Gästen aus der Politik: Übergabe der Federführung von der
              AWO an den Paritätischen Berlin                                                      Quelle: Sceenshot / Zoom

D
        ie Federführung wechselt alle          napandemie bewältigen. Aktuell geht            der sind unter anderem in der Bildung,
        zwei Jahre. Der Federführende          es darum, den Kranken zu helfen und            der Kinder- und Jugendhilfe, der ambu-
        ist Ansprechpartner für Politik        die besonders gefährdeten Personen             lanten und stationären Pflege, der psy-
und Verwaltung und koordiniert die Ab-         zu schützen. Langfristig setzen wir uns        chologischen Betreuung, der Behinder-
stimmung der Wohlfahrtsverbände in             dafür ein, dass Berlin eine soziale Stadt      ten- und Suchthilfe, der Gesundheits-
wichtigen sozialen Fragen – so wie die         bleibt und an Leistungen für Hilfebe-          förderung und -versorgung sowie in der
Verhandlungen von Rahmenverträgen              dürftige nicht gespart wird. Das geht          Stadtteilarbeit aktiv. Außerdem enga-
für die Finanzierung sozialer Angebote.        nur mit Unterstützung von Politik und          gieren sich die Mitarbeitenden der Mit-
Neben dem Paritätischen Wohlfahrts-            Verwaltung. Dafür setzen wir uns als           gliedsorganisationen in der Selbsthilfe,
verband Berlin sind in der LIGA Berlin         Wohlfahrtsverbände mit unseren Mit-            für obdachlose Menschen und Geflüch-
                                                                                              tete, setzen sich für queere Lebensweise
                                                                                              ein und helfen Menschen in Notlagen,
„Jetzt müssen wir gemeinsam die Coronapandemie bewältigen.                                    wie in der Schuldnerberatung oder der
Langfristig setzen wir uns dafür ein, dass Berlin eine soziale Stadt bleibt.«                 Straffälligen- und Opferhilfe.
                            Dr. Gabriele Schlimper, derzeit Federführung der LIGA Berlin         In den sozialen Einrichtungen, Diens-
                                          sowie Geschäftsführerin des Paritätischen Berlin    ten und Projekten der LIGA sind in Ber-
                                                                                              lin rund 107.000 hauptamtliche und
                                                                                              etwa 53.000 ehrenamtliche Mitarbei-
                                                                                              tende tätig. Die Wohlfahrtsverbände
der Arbeiterwohlfahrt Landesverband            gliedsorganisationen in allen sozialen         und ihre Mitgliedsorganisationen sind
Berlin, der Caritasverband für das Erzbis-     Bereichen ein.«                                damit einer der wichtigsten Arbeitge-
tum Berlin, das Diakonische Werk Berlin-          Zusammen mit ihren Mitgliedsorga-           ber in Berlin. Rund 150.000 Menschen
Brandenburg-schlesische Oberlausitz,           nisationen ist die LIGA Berlin der größte      sind zusätzlich persönliche Mitglieder
der DRK Landesverband Berliner Rotes           Anbieter sozialer Hilfen in der Stadt und      in den Verbänden der LIGA Berlin, die
Kreuz und die Jüdische Gemeinde zu             sichert einen wesentlichen Teil der so-        wiederum etwa 1200 Initiativen und
Berlin zusammengeschlossen.                    zialen Infrastruktur Berlins. Ihre Mitglie-    Träger vertreten.
  Die neue Vorsitzende der LIGA Berlin
und Geschäftsführerin des Paritätischen         Wissenswertes
Wohlfahrtsverbands Berlin, Dr. Gabriele
                                                Weitere Informationen und Positionen der LIGA der Spitzenverbände der
Schlimper, zu den kommenden Aufga-
                                                Freien Wohlfahrtspflege (LIGA Berlin) finden Sie unter: www.ligaberlin.de
ben: „Berlin und damit auch die LIGA
                                                Kontakt LIGA-Assistenz der Federführung:
stehen vor großen Herausforderungen.
                                                Clara Schmitz · Tel.: 030 86 001-186 · E-Mail: schmitz@paritaet-berlin.de
Jetzt müssen wir gemeinsam die Coro-

  Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
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Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
Landesgeschäftsstelle

Die Zuwendungspraxis vereinfachen
Broschüre mit Handlungsempfehlungen – unser Beitrag zur Entbürokratisierung und für mehr Wirkung

U
        nter dem Dach des Paritätischen                                                                                                und einfache transparente Förderver-

                                                                                                    Quelle: Paritätischer Berlin
        Berlin sind über 800 freie ge-                                                                                                 fahren zu schaffen, damit mehr Wirkung
        meinnützige Organisationen und                                                                                                 in der sozialen Arbeit entfaltet werden
Selbsthilfegruppen zusammengeschlos-                                                                                                   kann.
sen. Mit ihren rund 55.000 hauptamtlich                                                                                                  Klare und aufeinander abgestimmte
Mitarbeitenden und etwa 30.000 Ehren-                                                                                                  Vorgaben und Verfahren tragen zu
amtlichen übernehmen diese gemein-                                                                                                     einem gemeinsamen effizienteren
nützigen Organisationen unverzicht-                 Entbürokratisierung                                                                Arbeiten bei. Die Aufzählung der Hand-
                                                    der Zuwendungspraxis
bare Aufgaben im Sinne des Subsidia-                Handlungsempfehlungen
                                                                                                                                       lungsempfehlungen ist dabei nicht ab-
ritätsprinzips und stärken unsere viel-             für eine wirkungsorientierte
                                                    Zuwendungspraxis                                                                   schließend, sondern der Anfang eines
fältige, solidarische und demokratische                                                                                                Prozesses für eine wirkungsorientierte
Gesellschaft nachhaltig.                                                                                                               Entbürokratisierung der Zuwendungs-
   Die Mehrzahl der Mitgliedsorganisa-                                                                                                 praxis.
tionen erhält für die Umsetzung ihrer
                                                                                                                                                  Anika Göbel, Bezirksbeauftragte für Mitte, Spandau und
Arbeit Zuwendungen des Landes Ber-                                                                                                      Steglitz-Zehlendorf / Stadtteilarbeit in der Geschäftsstelle Bezirke
lin, der Bezirke sowie von anderen öf-
fentlichen und privaten Stellen. Von der    gularien und deren Auslegungen aus­                                                           Wissenswertes
Antragstellung über die Bewilligung         einandersetzen müssen.
                                                                                                                                          Die Broschüre finden Sie als Beilage im
bis zur Abrechnung ist dieses Verfah-          Der Paritätische Berlin hat nun eine
                                                                                                                                          gedruckten Rundbrief.
ren mit einem hohen administrativen         Übersicht mit Handlungsempfehlun-
Aufwand – auf beiden Seiten – verbun-       gen entwickelt, um ein Angebot zum                                                            Ein PDF zum Herunterladen::
den. Für die sozialen Träger von zuwen-     konstruktiven Austausch mit der Ver-                                                          https://bit.ly/3jTqDFj
dungsgeförderten Projekten bedeutet         waltung und politischen Verantwort-
                                                                                                                                          Infos per E-Mail:
dies, dass sie sich mit sehr unterschied-   lichen zu machen. Ziel ist es, die Büro-
                                                                                                                                          zuwendungsberatung@paritaet-berlin.de
lichen und teils widersprüchlichen Re-      kratie im Zuwendungsrecht abzubauen

     IN EIGENER SACHE

     Liebe Mitglieder,                                                             trakt sowie weitere Nebenräume. Später erfolgt dann
                                                                                   der Abriss des Altbaus auf dem Grundstück.
     in der Mitgliedschaft habe ich mitgeteilt, dass und                              Mit dieser Gesamtentscheidung zur Übertragung
     warum wir, der Landesverband, als bisheriger alleini-                         der Gesellschafteranteile und damit zur Einbindung
     ger Gesellschafter der Paritätisches Seniorenwohnen                           der Volkssolidarität Landesverband Berlin e. V. konn-
     gGmbH 60 Prozent unserer Gesellschaftsanteile an die                          ten nun mehrere Aspekte geregelt und zu einem guten
     Mitgliedsorganisation Volkssolidarität Landesverband                          Ende geführt werden. Die Gesellschaft und damit das
     Berlin e. V. zu Ende 2020 übertragen. Nun möchte ich                          Angebot der stationären Pflege konnten aufrechterhal-
     kurz davon berichten, wie wir gemeinsam das gemein-                           ten und weiterentwickelt sowie im Bereich der gemein-
     nützige Unternehmen stabilisieren konnten und gute                            nützigen Wohlfahrtspflege gehalten werden. Die Ge-
     Entwicklungschancen im Berliner Markt für die statio-                         sellschaft wird fit für die Zukunft, bleibt Mitglied im Pa-
     näre Pflege sehen.                                                            ritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin
       Wir konnten mit den zusätzlichen Mitteln den Neu-                           und zahlt damit weiter die Mitgliedsbeiträge. Der Pa-
     bau weitestgehend fertigstellen und die Platzzahl auf                         ritätische Berlin vollzieht damit im letzten Feld seinen
     144 erhöhen, wovon schon mehr als zwei Drittel belegt                         Grundsatz, wonach er keine Leistungen anbietet, die
     werden konnten. Das stabilisiert die Einnahmenseite.                          Mitgliedsorganisationen selbst auch tätigen können.
     Fertig gestellt werden muss noch der große Küchen-                                                                            Dr. Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin Paritätischer Berlin

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                                                                                               9
Engagement-Hauptstadt 2021 - Wichtige Strukturen für das Ehrenamt - Der Paritätische Berlin
Landesgeschäftsstelle

Grundstücke für soziale Organisationen
Land Berlin vergibt Erbbaurechte für Einfamilienhausgrundstücke an soziale Träger –
Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen

G
         rund und Boden sind nicht ver-
         mehrbar. Berlin hat den Verkauf
         landeseigener Liegenschaften
deshalb seit Langem gestoppt und ver-
gibt landeseigene Grundstücke grund-
sätzlich nur noch im Erbbaurecht. Auf
diesem Wege soll nun auf zahlreichen
unbebauten und bislang ungenutzten
landeseigenen Einfamilienhausgrund-
stücken eine neue, gemeinwohlorien-
tierte Nutzung durch soziale Träger rea-
lisiert werden. Für insgesamt rund 40
landeseigene Einfamilienhausgrundstü-
cke wurde eine grundsätzliche Eignung
bestätigt. Weitere Grundstücke werden
geprüft. Die Erbbaurechtsverträge wer-
den in der Regel für die Dauer von 90
Jahren geschlossen.
   Auf Initiative von Senator Sebastian
Scheel wurden, gemeinsam mit den
Spitzenverbänden der freien Wohl-
fahrtspflege, LIGA Berlin, den zustän-          Blick auf Berlin                                    Foto: Pavel Nekoranec / unsplash
digen Fachverwaltungen und in enger
Abstimmung mit der Senatsverwaltung
für Finanzen und der Berliner Immobi-      die Hilfe benötigen, wie obdachlose       lotgrundstücke liegen größtenteils in
lienmanagement GmbH (BIM) landes-          Menschen oder Menschen mit Behinde-       Treptow-Köpenick und Marzahn-Hel-
eigene       Einfamilienhausgrundstücke    rungen, werden durch soziale Organi-      lersdorf. Sie haben in der Regel eine Flä-
einer Eignungsprüfung unterzogen und       sationen unterstützt. Das geschieht oft   che von unter 1000 Quadratmetern und
durch den für die Liegenschafts-Clus-      in betreuten Wohnformen in sogenann-      sind nicht für die Errichtung von Schu-
terung des Landes Berlin zuständigen       tem Trägerwohnraum. Es wird immer         len, Kitas, bezahlbaren Wohnungen, wie
Portfolioausschuss einvernehmlich be-      schwieriger, dafür Wohnungen zu fin-      Geschosswohnungsbau, oder anderen
schlossen.                                 den. Die sozialen Organisationen haben    Landesbedarfen geeignet.
   Sebastian Scheel, Senator für Stadt-    schon lange darauf hingewiesen und           Am 14. Dezember 2020 hat sich ein
entwicklung und Wohnen: „Soziale Trä-      begrüßen es deshalb außerordentlich,      Fachbeirat konstituiert, dem Vertre-
ger haben es am angespannten Grund-        dass das Land Berlin nun Grundstücke      ter und Vertreterinnen der LIGA-Ver-
stücksmarkt besonders schwer, bezahl-      dafür zur Verfügung stellt. So können     bände, der Senatsverwaltung für Bil-
bare Grundstücke, beispielsweise für       soziale Organisationen Einrichtungen      dung, Jugend und Familie, der Senats-
betreutes Wohnen, zu finden. Ich freue     bauen, in denen Menschen gut unter-       verwaltung für Integration, Arbeit und
mich, dass es nun gelungen ist, gemein-    stützt und betreut werden. Das macht      Soziales sowie der Senatsverwaltung
sam eine Lücke in der optimalen Aus-       ein soziales Berlin aus.«                 für Gesundheit, Pflege und Gleichstel-
nutzung von Landesgrundstücken zu            Voraussichtlich ab März 2021 star-      lung und Vertreterinnen aus den Be-
schließen und auch sehr kleine Landes-     tet für die ersten zehn Pilotgrundstü-    zirken angehören. Der Fachbeirat wird
grundstücke gemeinwohlorientiert zu        cke ein Interessenbekundungsverfah-       die Interessenbekundungen bewerten
nutzen. Wir starten in Kürze die ersten    ren. Entscheidend sind die Qualität des   und eine Empfehlung an die zuständige
Pilotprojekte.«                            Konzepts und die Einordnung des Pro-      Fachverwaltung aussprechen. Der Trä-
   Dr. Gabriele Schlimper, Federführung    jekts in den Sozialraum. Zudem müssen     ger, der konzeptionell und wirtschaft-
der Spitzenverbände der Freien Wohl-       die Finanzierung nachgewiesen und         lich für das jeweilige Grundstück geeig-
fahrtspflege (LIGA Berlin): „Menschen,     ein Zeitplan vorgelegt werden. Die Pi-    net ist, erhält ein Erbbaurecht.

   Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
10	
Landesgeschäftsstelle

Nachruf auf Gudrun Hirche
Der Paritätische Berlin, Vorstand, Geschäftsführung und die Mitarbeitenden, trauern um die
Mitbegründerin und Ehrenvorsitzende des Vereins Miteinander Wohnen

G
        udrun Hirche ist am 28. Dezem-     Gründung der gemeinnützigen Gesell-           der nachhaltigen Umsetzung des Leit-
        ber 2020 im Alter von 96 Jahren    schaft Altenzentrum Miteinander Woh-          gedankens Miteinander Wohnen im Be-
        zu Hause im Kreise ihrer Lieben    nen mbH, Gründung des Seniorencafés,          zirk Lichtenberg.
verstorben. Seit vielen Jahren hatte sie   Gründung des Clubs der aktiven Neun-             Auch im hohen Alter war Gudrun Hir-
sich unermüdlich dafür eingesetzt, dass    zigjährigen, Gründung des Sozio-kultu-        che noch immer interessiert am Wohl
gebrechliche Menschen so lange wie         rellen Zentrums Friedrichsfelde, Eröff-       und an den Entwicklungen des Grün-
möglich in ihrem häuslichen Umfeld,        nung des Kiez-Service-Ladens Friede-          dungsvereins mit all den Projekten und
auch im hohen Alter, bleiben können        rike und vieles mehr.                         Folgegründungen. Sie netzwerkte noch
und gut versorgt werden. Und so hat sie       Gudrun Hirche hat die Messlatte hoch       immer gern und blieb „am Ball«. Ihr In-
es letztendlich auch für sich selbst ge-   gelegt, Akzente gesetzt und Impulse           teresse am Verein war vital. Sie brachte
schafft, bis zuletzt in ihrem Zuhause zu   gegeben. Ihre Initiativen haben sich          ihre Ideen ein und stand für Rat und Tat,
sein.                                      fruchtbar entwickelt und ihre Arbeit          soweit es ihre Kräfte im hohen Alter zu-
   Ihr Engagement begann schon mit         wurde anerkannt. 1997 erhielt sie die         ließen, zur Verfügung.
dem Fall der Mauer 1989. Gudrun Hir-       silberne Ehrennadel des Paritätischen            Jetzt hat sie uns verlassen, aber ihre
che entschied sich mit 65 Lebensjah-       Berlin und 1999 die Ehrennadel des            Botschaft bleibt erhalten und lebendig:
ren, im Stadtbezirk Lichtenberg lebend,    Landes Berlin.                                Aktiv und selbstbestimmt Altsein hat
dafür, die Veränderungen mitzugestal-         2014 verlieh ihr der Paritätische Berlin   Zukunft.
ten. Gemeinsam mit sechs weiteren          die goldene Ehrennadel für ihr heraus-           Allen Angehörigen, dem Verein Mit-
Frauen setzte sie sich zum Ziel, die Le-   ragendes, über Jahrzehnte andauern-           einander Wohnen und dem großen
bensqualität der älteren Menschen in       des ehrenamtliches Engagement bei             Freundeskreis gilt unser Mitgefühl.
Lichtenberg zu verbessern und mög-
lichst vielen gebrechlichen Menschen
den Verbleib in den eigenen vier Wän-            Gudrun Hirche                                              Foto: Miteinander Wohnen
den zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu
erreichen, gründeten die Frauen den
Verein Miteinander Wohnen.
   Gudrun Hirche übernahm Verant-
wortung und stand für das Amt der Ver-
einsvorsitzenden über 15 Jahre zur Ver-
fügung. Ihr Anliegen war, die Selbst-
hilfepotenziale der älteren Menschen
zu stärken, bei gesundheitlichen Be-
einträchtigungen Würde und Eigen-
ständigkeit zu erhalten und einer mög-
lichen Vereinsamung entgegenzu­
wirken.
   Mit ABM-Kräften und Ehrenamtlichen
begann die Arbeit. Als Rückblick hier
nur einige Stichpunkte zur Entwick-
lung des Vereins: Mitgliedschaften im
Arbeitskreis der Berliner Senioren und
im Paritätischen Berlin, Auszeichnung
als seniorenfreundliche Gemeinde,
Übernahme der Trägerschaft der Koor-
dinierungsstelle Rund ums Alter, Grün-
dung eines Förderkreises für den Ver-
ein, Übernahme der Trägerschaft für das
Pflegewohnheim Haus Abendsonne,

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                       11
Landesgeschäftsstelle

#pia2020
Paritätischer Berlin würdigt besonderes Engagement von Frauen mit Behinderungen

A
         m Internationalen Tag der Men-
         schen mit Behinderung, dem 3.
         Dezember, hat der Paritätische
Wohlfahrtsverband Berlin den Paritäti-
schen Preis für Frauen mit Behinderun-
gen in Aktion (pia) verliehen. Die #pia
wurde 2020 zum zweiten Mal vergeben.
Der Preis ist bundesweit einmalig.
   Die #pia2020 ging an die Preisträge-
rinnen: Bärbel Reichelt, Kirsten Bruhn,
Hildegard Wittur und Anita Borrusch.
   Dazu die Vorstandsvorsitzende des
Paritätischen Wohlfahrtsverbands Ber-
lin, Professorin Barbara John:
   „Wir wollen mit der Verleihung der
#pia2020 deutlich machen, dass viele
Frauen mit Behinderungen an ganz ver-
schiedenen Stellen gesellschaftliche                Vorstandsvorsitzende Professorin Barbara John gratulierte auf digitalem Weg
Aufgaben vorbildlich erfüllen. Wir wol-                                                                                Foto: Kathrin Zauter
len dafür sensibilisieren und die Teil-
habe von Frauen mit Behinderungen
stärken.«                                     Preisträgerinnen bekommen eine spe-
                                                                                                               Wissenswertes
   Aufgrund der Coronapandemie wur-           ziell angefertigte Bärin der Firma KPM.
                                                                                                               Die Bekanntgabe der Preisträgerinnen
den die Preisträgerinnen online be-           Außerdem erhalten sie 4.000 Euro und
                                                                                                               können Sie sehen im YouTube-Kanal
kannt gegeben. Eine unabhängige Jury          können damit ein Projekt unterstützen.
                                                                                                               bit.ly/pia_youtube und bei Facebook:
hat die Preisträgerinnen ausgewählt. Es                                Kathrin Zauter, Leiterin der Presse-    bit.ly/pia2020_facebook
wurden 16 Frauen vorgeschlagen. Die                     und Öffentlichkeitsarbeit beim Paritätischen Berlin

Preisträgerinnen #pia2020
Bärbel Reichelt –
in der Kategorie Menschenrechte und Selbstbestimmung

B   ärbel Reichelt wurde 1947 mit einer spastischen Lähmung geboren, nach dem
    Kinderwagen folgte der Rollstuhl. Sie engagierte sich bereits in den 1970ern
intensiv in der behindertenpolitischen Arbeit. So protestierte sie unter anderem
gegen den Ausschluss von Rollstuhlfahrern aus Versammlungsstätten und setzte
sich für die Anschaffung von mobilen Rampen an Geschäften ein. In ihrer lebendi-
gen und furchtlosen Art geht sie unerschrocken auf alle Widerstände zu. Bärbel Rei-
chelt ist 1. Vorsitzende von Cocas e. V.
   Aus der Begründung der Nominierenden: Bärbel Reichelt wurde mit einer spasti-
schen Lähmung geboren. Ihr ganzes Leben hat sie gegen Einschränkungen für Men-
schen mit Behinderungen gekämpft und das in allen Bereichen. Zu erwähnen sind
hier zum Beispiel die Spontis, ein Spontanzusammenschluss von Menschen, die in
den 1980ern mit spektakulären Aktionen Mobilität für alle forderten. Aktuell setzt
sich Bärbel Reichelt für Verbesserungen beim neuen Mobilitätsgesetz und beim
Sonderfahrdienst ein.                                                                                        Bärbel Reichelt               Foto: privat

   Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
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Landesgeschäftsstelle

                                                             Kirsten Bruhn – in der Kategorie Sport

                                                            K    irsten Bruhn wurde 1969 in Eutin, Schleswig-Holstein, geboren und war im
                                                                 Schwimmsport aktiv. 1991 hatte sie einen Motorradunfall und ist seitdem quer-
                                                             schnittsgelähmt. Seit 2002 nimmt sie wieder aktiv an Schwimmwettkämpfen teil.
                                                             Kirsten Bruhn ist unter anderem dreifache Paralympics-Goldmedaillen-Gewinnerin
                                                             im Schwimmen. Und sie ist Vorstandsmitglied des Präsidiums des Behinderten- und
                                                             Rehabilitations-Sportverbandes e. V.
                                                               Aus der Begründung der Nominierenden: Kirsten Bruhn zeigt uns, was es heißt, in-
                                                             klusiv zu denken. Sie hinterfragt und hat den Behindertensport verändert. In vielen
                                                             Organisationen des Behindertensports bringt sie sich ein und nicht nur dort. Sie ist
                                                             eine Kämpferin und ein Vorbild für viele Frauen und Mädchen. Kirsten Bruhns Bei-
Kirsten Bruhn              Foto: Kirsten Bruhn              spiel macht Mut.

Hildegard Wittur – in der Kategorie Kunst

H    ildegard Wittur ist 1948 in Berlin geboren, sie hat lange in psychiatrischen Ein-
     richtungen verbracht und musste viele Jahre für ein selbständiges und selbst-
bestimmtes Leben kämpfen. Aber sie hat sich nie unterkriegen lassen und ihren Le-
bensmut bewahrt. Hildegard Wittur schloss sich der Kunstgruppe der Lebenshilfe
Berlin an. Sie schafft selbst aktiv Kunst und vermittelt sie an Besuchende bei inklu-
siven Kunstführungen.
   Aus der Begründung der Nominierenden: Hildegard Wittur ist schon viele Jahre
künstlerisch tätig, sie malt, gestaltet und wirkt bei künstlerischen Projekten der Le-
benshilfe Berlin mit. Außerdem vermittelt sie Kunst unter anderem bei Führungen in
der Berlinischen Galerie. Dabei schafft sie es, alle mitzunehmen und zu begeistern,
jenseits akademisch-abstrakter Intellektualisierung, Kunst wird durch sie zum sinn-
lich-emotionalen Ereignis.                                                                            Hildegard Wittur                   Foto: privat

                                                                          Anita Borrusch –
                                                                          in der Kategorie Gesundheit und Selbsthilfe

                                                                         A    nita Borrusch ist heute 75 Jahre alt. Als Kind erkrankte sie an Kinder-
                                                                              lähmung. Sie ist seit Anfang der 1960er Jahre in verschiedenen Be-
                                                                         hinderteninitiativen aktiv, etwa im Nachbarschaftsheim Neukölln. Aber
                                                                         ihr Engagement geht weit über Neukölln hinaus. Sie organisierte Demos
                                                                         und Aktionen mit, um mehr Barrierefreiheit in Geschäften und im öffent-
                                                                         lichen Nahverkehr zu erreichen. Anita Borrusch ist in der Berliner Regio-
                                                                         nalgruppe des Bundesverbandes Polio e. V. aktiv.
                                                                            Aus der Begründung der Nominierenden: Anita Borrusch ist eine sehr
                                                                         aktive Frau, die sich seit rund 40 Jahren für die Rechte und die Selbst-
                                                                         bestimmung von Menschen mit Behinderungen einsetzt und das ganz
                                                                         kontinuierlich. Seit Langem ist sie in der Selbsthilfe aktiv, berät und
                                                                         unterstützt andere in ihrer beeindruckenden und offenen Art. Im vergan-
                                                                         genen Jahr wurde die Broschüre »LieblingsOrte Neukölln« veröffentlicht,
Anita Borrusch         Foto: Siegurd Seifert / inclusio medien          auch daran hat Anita Borrusch mitgewirkt.

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                                         13
Landesgeschäftsstelle

      berlinbessermachen

E
      s macht uns selbst große Freude, die Menschen aus unse-               und hören Sie sich die dazugehörige Podcastserie #berlinbes-
      ren Mitgliedsorganisationen vorzustellen, die #berlin-                sermachen auf Spotify oder Apple Podcasts an!
      bessermachen, egal, aus welchem sozialen Bereich, egal,
ob haupt- oder ehrenamtlich – es ist beeindruckend und es
inspiriert. Das ist auch das Ziel der Aktion: zu zeigen, dass es              Wissenswertes
sich lohnt, sich einzubringen, gemeinsam #berlinbesserma-                     Die Website finden Sie unter: www.berlinbessermachen.de
chen! Schauen Sie auf unsere Website berlinbessermachen.de

„Ehrenamt ist eine ganz wertvolle Sache –
gerade für jemanden, der noch jung ist.«
Hannah Kaline, Schülerin und freiwillig engagiert beim Förderverein Heerstraße Nord e. V.

C    orona war für viele Anlass für Solidari-
     tät und ehrenamtliches Engagement,
so auch für Hannah Kaline. Die Schülerin
aus Spandau ist seit April 2020 ehrenamt-
lich beim Fördererverein Heerstraße Nord
e. V. engagiert und geht einmal pro Woche
mit einer älteren Frau spazieren.
   Keine gewöhnliche Beschäftigung für
eine 18-Jährige: Dass sie einmal eine Se-
niorin betreuen würde, hätte Hannah An-
fang des Jahres auch noch nicht gedacht.
Doch dann kam Corona, und sie hatte
plötzlich Zeit, die sie sinnvoll nutzen wollte:
Die Schule war geschlossen, ihre Freunde
sah sie überwiegend über Skype und – für
Hannah eine große Einschränkung – die
Sportvereine mussten schließen. Hannah
macht Leistungssport und trainiert schon
seit Längerem ehrenamtlich Kinder. Als sie
sich beim FÖV meldete, dachte sie daher
eigentlich auch, dass ihr ein Ehrenamt mit               Hannah Kaline                                                        Foto: Patricia Kalisch
Kindern zugeteilt würde. „Dass sozusagen
genau das Gegenteil eintreffen würde, war
eine ganz schöne Überraschung«, lacht             fen fühlen sich an wie eine Auszeit«, er-          Hannah wünscht sich, dass mehr Ju-
Hannah. Dass sie sich trotzdem darauf ein-        zählt sie. „Mein Handy ist dann aus, wir        gendliche ein Ehrenamt ausprobieren –
ließ, stand außer Frage. „Ich wollte ja hel-      gehen ganz langsam, und ich erzähle da          nicht nur, weil das berlinbessermachen
fen«, sagt sie. Und dann den tollen Satz:         weiter, wo ich das letzte Mal aufgehört         würde, sondern auch, weil es sich lohnt:
„Ich kann ja nur aus Erfahrung lernen.            habe.« Mittlerweile kennen sich die beiden      „Ich kann da viel rausziehen, viel mitneh-
Bevor ich etwas ausprobiert habe, kann ich        recht gut. Hannah berichtet viel von ihrem      men. Man lernt einfach was und entwickelt
nicht sagen, ob es gut ist oder schlecht.«        Leben und manchmal erzählt Frau G. dann,        sich weiter. Das ist eine ganz wertvolle
   Ihre Offenheit hat sich gelohnt: Ihre Spa-     wie es bei ihr damals war: Die Schule, die      Sache – gerade für jemanden, der noch
ziergänge mit Frau G. sind für beide eine         im Krieg zerbombt wurde, wie Spandau            jung ist.«
willkommene Abwechslung. „Unsere Tref-            aussah, als sie ihren Führerschein machte.                                Nina Roßmann, Autorin

   Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
14	
Landesgeschäftsstelle

„Man darf nicht aufhören auf die Belange der Obdachlosen aufmerksam zu machen –
auch wenn es einigen unbequem ist.«
Anna Sommerfeld, selbstständige Kosmetikerin und Fußpflegerin und Ehrenamtliche im TagesTreff Weitlingstraße des
Humanistischen Verbands Berlin-Brandenburg

D    as einzige, was die Armut
     beseitigen kann, ist mitein-
ander zu teilen« – mit den Wor-
                                                                             Beschenkt wird Anna Som-
                                                                           merfeld auch mit Geschichten
                                                                           und Anekdoten. Manchmal ge-
                                                                                                                durch die Fußpflege eine Bezie-
                                                                                                                hung zu den Menschen auf der
                                                                                                                Straße habe, begegne ich ihnen
ten von Mutter Teresa beschreibt                                           schieht Überraschendes: Einen        auch in der Bahn ganz anders.«
Anna Sommerfeld, worum es ihr                                              Mann, der regelmäßig zu ihr          Ihr ist es wichtig, über ihr Ehren-
bei ihrem Engagement geht: Sie                                             kam, sah sie plötzlich im Fern-      amt zu sprechen: „Man darf nicht
möchte etwas von dem geben,                                                sehen wieder: Er hatte den Weg       aufhören, auf die Belange der
was sie hat beziehungsweise                                                zurück ins „normale« Leben ge-       Obdachlosen aufmerksam zu
kann. Inspiriert von Jenny De                                              schafft. Eine Frau habe sie ein-     machen – auch wenn es einigen
la Torre, beschloss sie vor zehn                                           mal „tief ins Herz getroffen«, er-   unbequem ist.« Nicht alle haben
Jahren, sich für Obdachlose ein-        Anna Sommerfeld                   zählt sie, weil sie die erste war,   Verständnis für Menschen, die
zusetzen – und Fußpflege ist                  Foto: Anna Sommerfeld        die sich erkundigte, wie lange       auf der Straße leben, einige
etwas, mit dem sie Menschen                                                ihr Anfahrtsweg eigentlich sei.      blocken ab. Anna Sommerfeld
auf der Straße helfen kann.                                                  Engagement schafft eine            spricht das Thema trotzdem
   Obdachlose haben häufig           aushalten, wenn sie mir in die        emotionale Verbundenheit, fin-       immer wieder an und konnte ihr
Hautkrankheiten. Die medizini-       Augen sehen. Aber es entsteht         det Anna Sommerfeld: mit dem         Engagement auf diese Art schon
sche Fußpflege verschafft ihnen      eine klitzekleine kurze Verbin-       Ort, an dem man lebt und mit         weitertragen: Einige ihrer Kun-
große Erleichterung, doch oft        dung, und die kann sehr schön,        den Menschen. „Wenn ich mit-         dinnen haben ihr bereits Winter-
kostet es sie Überwindung, ihre      sehr innig sein. Das sind Mo-         geholfen habe, den Friedhof          mäntel und Schuhe für die Weit-
geschundenen Füße zu zei-            mente, die einem geschenkt            zu pflegen, werfe ich dort kein      lingstraße mitgegeben.
gen. „Manche können es kaum          werden.«                              Papierchen weg. Und seit ich                            Nina Roßmann, Autorin

Wir schauen jeden Tag aufs Neue, was unsere Bewohner brauchen, was sie
glücklich macht.«
Janine Knospe, Pflegedienstleitung des Altenpflegeheims und Altenwohnhauses Haus Christophorus

B   ei uns wird der Mensch
    ganzheitlich gesehen, mit all
seinen individuellen Bedürfnis-
                                     gab das Team alles, um die Ein-
                                     schränkungen zu kompensie-
                                     ren, und organisierte ein Kon-
                                                                                                                in ihrer Branche sieht Knospe
                                                                                                                in der Leasingpraxis, die den
                                                                                                                Wettbewerb um knappes Per-
sen«, fasst Janine Knospe den        zert des RIAS-Kammerchor im                                                sonal zusätzlich anheizt. Lea-
anthroposophischen Ansatz des        Hof des Hauses. „Das war schon                                             singkräfte sollten für akute Eng-
Hauses Christophorus zusam-          etwas Besonderes«, findet sie.                                             pässe vorbehalten sein, findet
men. Konkret heißt das: Jeder           Janine Knospe ist seit 2018                                             sie, und nicht in die Fachkraft-
Tag ist individuell planbar. Früh-   Pflegedienstleiterin des Hauses                                            quote hineinzählen. Berlin bes-
stück gibt es mal um zehn und        Christophorus. „Gleich bei mei-                                            ser machen – da fällt ihr noch
mal um acht, je nachdem, wie         nem Vorstellungsgespräch hat             Janine Knospe                    etwas anderes ein: „‚Das haben
lange jemand schlafen möchte.        mich die Atmosphäre hier um-                               Foto: privat    wir schon immer so gemacht‘
   „Wir schauen jeden Tag aufs       gehauen,« erzählt sie, „alles ist                                          ist einfach ein schlechtes Argu-
Neue, was unsere Bewoh-              irgendwie sehr familiär.« Ein                                              ment. Vielleicht wollte ein Be-
ner brauchen, was sie glück-         weiteres „Wowerlebnis« hatte          schiednehmen, aber auch die          wohner immer um 8 Uhr ge-
lich macht.« Dazu zählen auch:       sie, als sie das erste Mal einen      Auseinandersetzung mit dem           waschen werden – und irgend-
spontane Grillfeste, Ausflüge        Sterbefall im Haus Christopho-        eigenen Ende. Möglich wird all       wann plötzlich erst um 10 Uhr.
oder ein Einkaufsbummel. Ein-        rus erlebte: „Hier gibt es eine Of-   dies durch einen ausgespro-          Den Blickwinkel wechseln, offen
mal im Monat gibt es Kultur-         fenheit gegenüber dem Thema           chen guten Fachkräfteschlüs-         sein für Veränderung und die
veranstaltungen, an denen            Sterben, von der alle profitie-       sel und ein motiviertes Team         Bedürfnisse des anderen – das
auch externe Besucher teilneh-       ren.« Zur Sterbekultur im Haus        mit geringer Fluktuation. Einen      tut uns allen gut.«
men. Während des Lockdowns           gehört das gemeinsame Ab-             Grund für den Qualitätsverlust                       Nina Roßmann, Autorin

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                                          15
Geschäftsstelle Bezirke

Geschäftsstelle Bezirke

Frauenprojekt mit Migrantinnen: GIZ setzt Erfahrungen mit dem gemeinsamen
Projekt FEMentoring erfolgreich um

M
          it FEMentoring haben die GIZ gGmbH, der Rotary
          Club Berlin und der Paritätische Berlin ein gemeinsa-
          mes Projekt entwickelt, das nach zwei Jahren, am 30.
November 2020, planmäßig endete. Ziel des FEMentoringpro-
jekts war es, geflüchtete Mütter in zwei der vier Integrations-
ziele Gesundheit, Kinder, Arbeit und Sprache zu unterstützen.
  Die GIZ gGmbH entwickelte das Pilotprojekt weiter und
konnte nun auch die Deutsche Klassenlotterie Berlin über-
zeugen. Das Folgeprojekt wird ab dem 1. Januar 2021 für zwei
Jahre gefördert. Das neue Konzept setzt den Schwerpunkt
auf Sprache, Wissen sowie Teilhabe und entwickelt hierfür die      Kursteilnehmerinnen                                                    Foto: GIZ gGmbH
drei Handlungsformate Sprach- und Schreibwerkstatt, Selbst-
hilfe und Qualifizierung. Die Beraterinnen haben den gleichen
sprachlichen und kulturellen Migrationshintergrund wie die         tulieren der GIZ gGmbH zu diesem schönen Erfolg und ihrem
meisten Projektteilnehmerinnen und bringen ihre Erfahrung          20-jährigen Bestehen im Jahr 2020.
aus dem Projekt FEMentoring ein. Ein Projektbeirat, dem auch
                                                                                                 Markus Pleyer, Bezirksbeautragter für Marzahn-Hellersdorf /
der Paritätische angehört, wird das Projekt beraten. Wir gra-                            Arbeit und Beschäftigung / Datenschutz in der Geschäftstelle Bezirke

Digitaler Fachtag: innovative Ansätze und Gemeinwesenarbeit in der Coronazeit

G
        emeinsam mit Vertretern und Vertreterinnen der Or-            Im zweiten Teil betrachtete Elizabeth Caldéron-Lüning, Uni-
        ganisationseinheit Sozialraumorientierte Planungs-         versität der Künste Berlin, die Risiken und Chancen von digital
        koordination (OE SPK), der Stadtteilkoordination, der      vernetzten Nachbarschaften aus wissenschaftlicher Perspek-
Stadtteilzentren und der Sozialen Treffpunkte im Bezirk Lich-      tive. Ergänzt wurde dies durch einen Einblick in die Beziehun-
tenberg führte die Geschäftsstelle Bezirke am 27. November         gen zwischen digitaler und analoger Vernetzung im Kiez im
2020 einen digitalen Fachtag mit 40 Teilnehmenden durch.           Rahmen von selbstorganisierten digitalen Plattformen.
Ziel war es, die Herausforderungen der Stadtteilarbeit in Co-         Abgerundet wurde dieser Teil durch Praxiseinblicke zweier
ronazeiten zu beleuchten und einen Austausch zu kreativen          Stadtteilkoordinatoren aus Hohenschönhausen, die eine
Ansätzen und Methoden anzuregen, um trotz der Einschrän-           Website, einen Podcast und einen digitalen Stadtteilspazier-
kungen weiterhin wirkungsvolle Stadtteilarbeit umsetzen zu         gang anschaulich vorstellten.
können.                                                               Digitale Pinnwände ermöglichten einen intensiven Aus-
  Nach Begrüßung durch Kai-Uwe Heymann, Leiter der OE              tausch in Workshops. So konnten zum einen der eigene Um-
SPK Lichtenberg, Anika Göbel, Bezirksbeauftragte, und Anne         gang mit der Pandemie und die verschiedenen Formen der Be-
Jeglinski, Leiterin der Geschäftsstelle Bezirke, gab es zwei In-   wältigung der Krise auf Seiten der Zielgruppen reflektiert, zum
puts und dazugehörige Workshops.                                   anderen der Blick auf Potenziale digitaler Nachbarschaften ge-
  Im ersten Input berichtete Yasemin El-Menouar, Bertels-          weitet werden. Aspekte der Inklusion, des trotz allem unver-
mann Stiftung, aus einer psychologischen Studie, wie Men-          zichtbaren physischen Raums oder des Rechts jedes Einzel-
schen die Coronakrise persönlich verarbeiten, und erläuterte       nen, nicht digital vernetzt sein zu wollen, wurden thematisiert.
unterschiedliche Bewältigungsstrategien, von Achtsamkeit,
                                                                                 Anika Göbel, Bezirksbeauftragte für Mitte, Spandau und Steglitz-Zehlendorf /
Verleugnung bis hin zu Rückzug und Neurose.                                                                       Stadtteilarbeit in der Geschäftsstelle Bezirke

   Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021
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Geschäftsstelle Bezirke

Partnerschaftliche Weiterentwicklung der Nachbarschafts-, Stadtteil- und
Selbsthilfearbeit in Pankow

W
           ie lassen sich wirksame Ansätze in der Nachbar-         Es gilt, die gezielte Nutzung sozialräumlicher Ressourcen zu
           schafts-, Stadtteil- und Selbsthilfearbeit gestalten?   sichern, Rahmenbedingungen zu verbessern, eine zielorien-
           In Pankow nimmt sich dieser Fragestellung ein Ko-       tierte Vernetzung und Abstimmung der Angebote herbeizu-
operationsgremium an, das sich aus der Sozialstadträtin Rona       führen sowie die Teilhabemöglichkeiten für Bürgerinnen und
Tietje, dem Gesundheitsstadtrat Dr. Thorsten Kühne, weite-         Bürger zu fördern.
ren Mitarbeitenden des Bezirksamts Pankow sowie Vertrete-             Die regelmäßige, intensive Zusammenarbeit zwischen dem
rinnen und Vertretern aus paritätischen Mitgliedsorganisatio-      Bezirksamt, den freien Trägern und den beiden Verbänden
nen zusammensetzt.                                                 zeigt, wie sich eine qualitative Weiterentwicklung der Nach-
   Der Paritätische Berlin und der Verband für sozial-kulturelle   barschafts-, Stadtteil- und Selbsthilfearbeit partizipativ um-
Arbeit gehören ebenso dem Gremium an und tragen dazu bei,          setzen lässt und somit auch andere Bereiche, wie Familien-
einen fachlichen und bereichsübergreifenden Austausch aller        arbeit, generationsübergreifende oder interkulturelle Arbeit,
beteiligten Akteure zu fördern. In den quartalsweise stattfin-     miteinbezogen werden können.
denden Sitzungen wird die bezirkliche Nachbarschaftsarbeit
                                                                           Anika Haußner, Bezirksbeauftragte für Pankow, Reinickendorf und Trepotw-Köpenick /
gemeinsam reflektiert und bedarfsgerecht weiterentwickelt.                                              Arbeit und Beschäftigung in der Geschäftsstelle Bezirke

Fachkonferenz der Landesfreiwilligenagentur:
Freiwilligenmanagement – welche Bedeutung hat es in unserer Gesellschaft?

F
      reiwilliges Engagement kann besonders dann Wirkung           Frauen und Jugend über den Wert von Freiwilligenmanage-
      entfalten, wenn es einen starken hauptamtlichen Rah-         ment.
      men gibt. Wie ein erfolgreiches Freiwilligenmanagement          Klar ist, Freiwilligenmanagement ist in vielerlei Hinsicht
aussehen kann und welche Herausforderungen bestehen, das           wichtig: um Engagement zu begleiten und wertzuschätzen,
diskutierten Praktikerinnen und Praktiker mit Politik, Verwal-     für die Netzwerkarbeit und um sichtbar zu machen, welchen
tung und Forschung auf Einladung unserer Mitgliedsorgani-          unverzichtbaren Wert freiwilliges Engagement für eine solida-
sation, der Landesfreiwilligenagentur Berlin e. V., am 14. Ok-     rische Gesellschaft hat. Mehr dazu lesen Sie auch im Schwer-
tober 2020, bei der 5. Fachkonferenz der Landesfreiwilligen-       punkt dieser Rundbriefausgabe.
agentur online.
                                                                                   Niklas Alt, Bezirksbeauftragter für Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg /
  Aus Hochschulsicht blickte Prof. Dr. Heinz Stapf-Finé von                                                Freiwilliges Engagement in der Geschäftsstelle Bezirke
der Alice Salomon Hochschule Berlin auf das Thema und
stellt dabei die aktuelle Studie zum freiwilligen Engage-
ment im Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin vor (siehe
auch Rundbrief 2/2020). In Workshops gaben unter ande-
rem Niklas Alt aus der Geschäftsstelle Bezirke und Daniel
Büchel von der Stiftung Unionhilfswerk Einblicke in die Pra-
xis bei Verband und Mitgliedsorganisation. Abschließend             Wissenswertes
diskutierten unter anderem Elke Breitenbach, Senatorin für
                                                                    Eine Dokumentation können Sie hier herunterladen:
Integration, Arbeit und Soziales in Berlin, und Dr. Christoph
                                                                    www.freiwillige-managen.de/startseite/das-programm-2020/
Steegmans vom Bundesministerium für Familie, Senioren,

Paritätischer Rundbrief — 1. Quartal 2021	                                                                                                                  17
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