Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...

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Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg

Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein

                                                                                 erinnen
                                                                       o r s c h
                                                              r J u ngf
                                                            ü
                                                a t e rial f orscher
                                               M Jungf
                                               und
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
LIFE+ ist ein Förderprogramm der Europä-        Mit dem Naturschutzkonzept Natura 2000          Das umfangreiche LIFE+-Naturschutzpro-
    ischen Union zur Unterstützung von Projek-      haben sich die Europäische Union und ihre       jekt „Rheinauen bei Rastatt“ wird 2011
    ten im Umwelt- und Naturschutz und steht        Mitgliedstaaten zur Aufgabe gemacht, in         bis 2015 in der Rhein- und Murgaue bei
    als Abkürzung für L‘Instrument Financier        Europa charakteristische Lebensräume so-        Rastatt durchgeführt. Das Projektziel be-
    pour l‘Environnement (das Finanzierungs-        wie gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu       steht in der Sicherung und Entwicklung von
    instrument für die Umwelt). Es besteht aus      schützen. Herzstück von Natura 2000 ist ein     Lebensraumtypen und Arten der FFH- und
    den drei Programmkomponenten‚ Natur             Netzwerk von Gebieten, die nach der euro-       der Vogelschutz-Richtlinie im Projektgebiet.
    und biologische Vielfalt‘, ‚Umweltpolitik       päischen Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) Richtli-   Daneben ist die Information und Sensibili-
    und Verwaltungspraxis‘ sowie ‚Information       nie und der Vogelschutzrichtlinie geschützt     sierung der Bevölkerung in Bezug auf die
    und Kommunikation‘. Das Vorläuferpro-           sind. Baden-Württemberg mit seinen viel-        Naturschutzbelange im Projektgebiet ein
    gramm bis 2007 hieß LIFE. LIFE+ Natur und       gestaltigen Landschaften und einer reichen      wichtiges Projektziel.
    biologische Vielfalt ist ein Teilbereich des    Artenausstattung trägt durch die Meldung        Informationen zum LIFE+-Projekt finden Sie
    LIFE+-Förderprogramms         der    Europä-    von 17,3 Prozent der Landesfläche zum           unter www.rheinauen-rastatt.de.
    ischen Union, das insbesondere für Natura       Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 und
    2000-Gebiete verschiedenste Maßnahmen           damit zum Erhalt der Artenvielfalt im Land
    finanziert, die dazu dienen, Lebensräume zu     und in der Europäischen Union bei.
    erhalten und zu entwickeln sowie bedrohte       Informationen zu Natura 2000 in Baden-
    Tier- und Pflanzenarten auch für kommen-        Württemberg finden Sie unter
    de Generationen zu bewahren. Die Europä-        www.mlr.baden-wuerttemberg.de

    ische Union fördert die LIFE+-Projekte mit                                                      Anstöße geben, neue Strukturen schaffen
    50 Prozent, die restlichen Kosten teilen sich                                                   und vielfältige Kooperationen ins Leben
    Antragsteller, Projektpartner und weitere                                                       rufen, das sind die kennzeichnenden Merk-
    Kofinanzierer, wie beispielsweise die Stif-                                                     male für Projekte, die von der Stiftung Na-
    tung Naturschutzfonds.                                                                          turschutzfonds Baden-Württemberg unter-
    Informationen zu LIFE/LIFE+ in Baden-Würt-                                                      stützt werden. Seit ihrer Gründung im Jahr
    temberg finden Sie unter                                                                        1978 hat die Stiftung Naturschutzfonds fast
    www.mlr.baden-wuerttemberg.de                                                                   3.500 Projekte mit rund 97 Millionen Euro
                                                                                                    gefördert.
                                                                                                    Informationen zur Stiftung Naturschutz-
                                                                                                    fonds finden Sie unter
                                                                                                    www.stiftung-naturschutz-bw.de.
                                                                                                    Diese Broschüre wird zu 50 Prozent aus
                                                                                                    LIFE+ und 50 Prozent aus Mitteln der Stif-
                                                                                                    tung Naturschutzfonds aus zweckgebunde-
                                                                                                    nen Erträgen der Glücksspirale finanziert.

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Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Vorwort

Liebe Jungforscherinnen und Jungforscher,
liebe Betreuerinnen und Betreuer,

der Oberrhein ist heutzutage wieder geprägt von einer faszinierenden
Fischvielfalt. 52 Fischarten und Neunaugen leben aktuell im Oberrhein und
dessen Auen, von denen 42 für den Rhein als heimische Arten gezählt
werden. Diese Vielfalt ist nicht selbstverständlich. Der Rhein war in seiner
wechselvollen Geschichte zeitweise wenig mehr als ein lebensfeindlicher
Abwasserkanal. Durch die stetige Verbesserung der Wasserqualität in den
letzten Jahrzehnten ist ein Teil der ursprünglichen Vielfalt zurückgekehrt.
Was unter Wasser geschieht, ist für die Menschen allerdings schwer er-
fahrbar – dabei hängt die Bereitschaft, zum Schutz von Lebensräumen
beizutragen, wesentlich von deren Kenntnis ab.

Ziel dieses Heftes ist es daher, Schülerinnen und Schülern rund um das
LIFE+-Projektgebiet ‚Rheinauen bei Rastatt‘ die Fischvielfalt und deren
Schutzwürdigkeit erlebbar zu machen und sie somit zu verantwortungs-
vollem Handeln zu motivieren. Dabei ist es wichtig, die Vereinbarkeit ei-
nerseits von ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten – also der wirt-
schaftlichen Nutzung und der Sicherung von Arbeitsplätzen – und ande-
rerseits der ökologischen Belange wie dem Schutz von Lebensräumen und          Minister Alexander Bonde informiert sich über das
                                                                               Modellvorhaben der Stiftung Naturschutzfonds zur
ihren Arten nachvollziehen zu können.
                                                                               faszinierenden Fischvielfalt am Oberrhein.

Die Broschüre bietet nicht nur einen Überblick über die Fischvielfalt am
Oberrhein und deren Entwicklung. Sie verknüpft diese Entwicklung auch
eng mit dem menschlichen Handeln am Oberrhein während der letzten
200 Jahre. Darüber hinaus zeigt sie Handlungsfelder für die Zukunft auf,
sie ermöglicht Schülerinnen und Schülern den direkten Zugang zu Fischen,
sowohl durch die Haltung heimischer Arten in der Schule als auch durch
Handlungsvorschläge für Projekte außerhalb des Klassenzimmers.

Alexander Bonde
Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Vorsitzender der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg

                                                                                                                                   3
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Inhaltsverzeichnis

    Einführung..................................................................................... 05
    Vernetztes systemisches Denken..................................................... 06
    LIFE+-Projektgebiet, Maßnahmen für Fische.................................... 07
    Erfassungsmethoden...................................................................... 08
    FFH-Fische und -Neunaugen im Projektgebiet................................. 09
    Fische und ihre Lebensräume am Oberrhein................................... 10
    Vampir auf Wanderschaft: Meerneunauge..................................... 12
    Der Lachs – Mythos und Menetekel................................................ 13
    Rheinfische im Wandel der Zeit.......................................................... 14
    Die Jagd auf den Salm – Fischerei in der Vergangenheit.................. 15                                 Entwicklung eines Flachufers am Rhein
    Artenhilfsmaßnahmen.................................................................... 16
    Kaltwasseraquarium....................................................................... 17
    Landesfischereigesetz und Naturschutzrecht................................... 25
    Mit dem Elektrokescher auf Flusssafari ........................................... 26
    Bildungsangebote in der Region............................................. ........ 27
    Aktion Tümpelexpedition: Fischfutter selbst fangen........................ 28
    Superköder oder Trojanische Pferde? – Grundeln........................... 30
    Aktion Brutbox: Forelle .................................................................. 31
    Die Lachspatenschaft – Start in eine bessere Zukunft?.................... 32
    Kinderstube in der Wiese............................................................... 33                 Evakuierung von Meerneunaugenlarven
    Nachhaltige Fischerei..................................................................... 34
    Fischerei am Rhein heute............................................................... 35
    Fischnetzwerk – Was kann ich tun?................................................ 36
    Netzwerk – Institutionen & Verbände............................................. 37
    Literatur und weitere Links............................................................... 38
    Impressum..................................................................................... 39

                                                                               1. Rückenflosse

                                           Seitenlinie

            Schwanzflosse

                                                                                                         Kiemendeckel
                                               Afterflosse
                                                                                                Brustflosse
                                                                                   Bauchflosse

          Körperbau der Fische am Beispiel des Flussbarschs

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Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Einführung

Bildung für nachhaltige Die Konzeption der Seiten geeigneter Aquarienarten befinden
Entwicklung & Fische    Besonders typisch und schützens- sich in der Mitte der Handreichung
Diese Broschüre richtet sich an          wert im LIFE+-Projektgebiet „Rhein-    – so können sie bequem herausge-
Schülerinnen und Schüler der 4.–13.      auen bei Rastatt“ werden die nach      nommen werden. Auch ohne Kalt-
Jahrgangsstufe, Lehrkräfte und wei-      einer EU-Richtlinie besonders ge-      wasseraquarien bietet sich ein brei-
tere Interessierte, die mehr über die    schützten Fischarten angesehen. Sie    tes Betätigungsfeld – vorrangig am
Fische als zentrale Tiergruppe der       bilden den thematischen Leitfaden      Wasser. Ein Beispiel hierfür ist etwa
(Unterwasser-) Welt vor der Haus-        der Broschüre: Zunächst werden ei-     die Kontaktaufnahme mit Angel-
türe erfahren wollen. Sie möchte         nige Arten porträtiert und ihre Le-    vereinen, die Bedarfsermittlung für
dabei nicht bloßes Faktenwissen          bensräume beschrieben. Im Weite-       den Einsatz von Forellenbrutboxen
bereitstellen, sondern einen ganz-       ren werden die Wechselwirkungen        sowie deren Bau und Betreuung am
heitlichen, handlungsorientierten        zwischen Ökosystem und Mensch          Gewässer.
Ansatz bieten. Es sollen Anstöße         aufgezeigt. Ausgehend hiervon
gegeben werden, die Vernetzung           werden aktuelle Fragen der nach-
der Bereiche Ökologie, Ökonomie          haltigen Entwicklung aufgeworfen
und Soziales im Sinne einer Bildung      und die Leserinnen und Leser zu ei-
für nachhaltige Entwicklung (BNE)        genem Handeln angeregt. Für den
zu begreifen und entsprechend zu         Rheinangler hingegen ist nur ein
handeln.                                 Teil der vorkommenden Fischarten
                                         von Bedeutung, die als Zielfisch
Inhalte des Heftes                       bzw. Speisefisch in Betracht kom-
Die Broschüre thematisiert neben         men (z.B. Flussbarsch, Hecht, Rot-
der Entwicklung der Fischfauna im        auge, Wels, Zander etc.).
Oberrhein die Nutzung natürlicher
Ressourcen durch den Menschen.           Handlungsorientierung
Sie zeigt auf, wie Formen der Nut-       als Prinzip
zung und des Schutzes von Fischen        Sechs Modellschulen im Projektge-
aussehen können, um einerseits           biet erhalten im Rahmen des LIFE+-
wirtschaftliche Interessen und an-       Projekts seltene oder geschützte
dererseits den Erhalt einer vielfälti-   Fischarten, die ausnahmsweise von
gen Fischfauna zu gewährleisten.         der Stiftung Naturschutzfonds zu       Zum Auftakt des LIFE+-Projekts wurden am Infostand der
Dabei wird nicht nur die Anfäl-          Forschungs- und Lehrzwecken be-        Stiftung Naturschutzfonds die FFH-Fischarten vorgestellt

ligkeit des Ökosystems Oberrhein         reitgestellt werden. Über Exkursio-
deutlich, sondern auch die tatsäch-      nen und durch den unmittelbaren
lichen Handlungsmöglichkeiten des        Kontakt über die Einrichtung eines
Einzelnen. Diese Broschüre steht         Aquariums sowie über die Pflege der
in einem Zusammenhang mit den            Fische sollen die Schülerinnen und
Schulmaterialien „Materie-Natur-         Schüler eine Vorstellung von deren
Technik-Wasser bewegt uns“ und           Ökologie sowie Kompetenzen wie
„Biologie: Rund ums Gewässer“            das Übernehmen von Verantwor-
der Reihe „Umwelterziehung und           tung entwickeln. Damit weitere
Nachhaltigkeit“, die als Download        Schulen ohne Ausnahmegenehmi-
zur Verfügung stehen (siehe Seite        gungen die Aquarienseiten nutzen
38).                                     können, wird mit dem Stichling
                                         zusätzlich auch eine Nicht-FFH-Art
                                         näher thematisiert. Die Aquarien-
                                         seiten sowie eine Übersicht weiterer   Fischexkursion an der Murg mit Fischexperten

                                                                                                                                     5
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Vernetztes systemisches Denken

                                                    Überwachung & Regelung
                                                                                                  Monitoring &
                                                                                                   Forschung
                                                         Kühlwasserentnahme
                       Fischrechen,                                                        Neozoen
                       Fischtreppe
                                      Energiegewinnung
                                                                                                                       Monitoring &
                                                                                                 Neue Parasiten
                                                                                                                        Forschung

         Nachhaltige      Fischerei
          Nutzung         & Angeln

                                                                                                                           Abwasserreinigung,
                                                                                            Verschmutzungsereignisse
                              Gewässer-                                                                                    Schadstoffvermeidung
                               ausbau                                                                                      und -überwachung
               Gewässer-
             renaturierung

                                              Transportwege                            Klimawandel
                                                                      Barrieren                         Monitoring &
                                    Ausbau                                                               Forschung
                                umweltverträglich
                                   gestalten                  Durchgängigkeit herstellen

                                                                                                     Der Aal in einem komplexen Spannungsfeld

    Vernetzt Denken                                  Rhein als Wasserweg                                Rhein und Wasserkraft
    Ein ökologisches System wie die                  Beginnend mit der Rheinbegradi-                    Da der Atomausstieg in Deutsch-
    Rheinauen ist in sich nicht ge-                  gung vor rund 200 Jahren begann                    land politischer Konsens ist, besteht
    schlossen, sondern unterliegt mit                man, den Strom zum Zwecke bes-                     die Notwendigkeit des Ausbaus
    all seinen Lebewesen und deren                   seren Hochwasserschutzes und ef-                   alternativer Energien. Die Wasser-
    Wechselwirkungen untereinander                   fizienterer Schiffbarkeit umzuge-                  kraft kann hierbei einen wertvollen
    einer Vielzahl äußerer Einflüsse.                stalten. Somit veränderte der Fluss                Beitrag leisten. Fossile Energien blei-
    Gleichzeitig interagiert das Öko-                stark sein Gesicht – Auenbereiche                  ben durch sie unberührt, Emissionen
    system mit menschlichem Tun in                   schrumpften, viele Fischarten ver-                 durch Ausstoß von Kohlenstoffdi-
    vielfältiger Form, so etwa durch die             schwanden. In unserer Zeit wurde                   oxid treten nicht auf. Andererseits
    Fischerei als Beruf oder Hobby, die              über Kanäle das Rheinsystem mit                    verändern Sperrbauwerke zum
    Trink-, Brauch- und Kühlwasserent-               dem Donausystem verbunden – die                    dafür notwendigen Aufstauen des
    nahme, die Nutzung des Rheins als                Durchgängigkeit von der Nordsee                    Wassers die natürlichen Strömungs-
    Transportweg, die Gewinnung von                  zum Schwarzen Meer war herge-                      verhältnisse im Fluss, als Folge sin-
    Energie, den Hochwasserschutz,                   stellt. Wassertiere, die vorher nicht              ken      Strömungsgeschwindigkeit
    den Naturschutz oder den Wasser-                 im Rhein vorkamen, wanderten ein                   und Sauerstoffgehalt, Laichplätze
    sport. Daher macht es Sinn, die Fi-              und tun dies aktuell noch. Die Ze-                 auf Kiesgrund werden durch Sedi-
    sche im Rhein in ihrer Vernetzung                bramuschel oder die Kesslergrundel                 ment bedeckt. Für Wanderfische
    mit verschiedensten Faktoren dar-                seien hier als Beispiele erwähnt. Bei              wie Lachse und Maifische stellen
    zustellen. Vernetztes Denken ist so-             diesen Neozoen stellt sich die Frage,              sie, wo kein Fischpass vorhanden
    mit Prinzip und Ziel der Broschüre               wie sie sich in das Ökosystem ein-                 ist, unüberwindbare Barrieren dar.
    zugleich. Dies sei an den Beispielen             gliedern und welche Auswirkungen                   Besonders gefährlich sind Turbinen
    Schiffbarkeit und Wasserkraftnut-                ihre Präsenz auf heimische Arten                   zur Stromgewinnung für ins Meer
    zung im Folgenden dargestellt.                   haben wird.                                        abwandernde Fische wie den Aal.

6
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Maßnahmen für Fische

1 Naturnahe
Umgestaltung DES
Riedkanals
Bachneunauge und Steinbeißer

2 Anbindung der
Hofwaldschlut an den
Riedkanal
z.B. Steinbeißer

3 Hochwasserschutz-
und Ökologieprojekt
(HÖP) Rastatt
Steinbeißer, Groppe,
Neunaugen und Maifisch

5 Anlage eines Natur-
nahen Flachufers am
rechten Rheinufer
Steinbeißer, Maifisch,
Meerneunauge und
Flussneunauge

6 Verbesserte Anbind-
ung Des Wintersdorfer
                                                                                Rheinauen bei Rastatt, Projektgebiet
Altrheins
Steinbeißer und Bitterling     DIE MASSNAHMEN
                               Mit mehreren Einzelprojekten im
                                                                          Für Jungforscher/innen
                               Rahmen des LIFE+-Projekts „Rhein-
                                                                          Wollt ihr mehr über die Maß-
                               auen bei Rastatt“ sollen seltene Ar-
                                                                          nahmen wissen?
                               ten und deren Lebensräume geför-
7 Naturnahe                                                               Im Internet
                               dert werden. Neun der Projekte (s.
Umgestaltung von                                                          http://www.rheinauen-rastatt.
                               Karte) sind praktische Naturschutz-
Grabensystemen                                                            de/de/einzelprojekte
                               maßnahmen vor Ort, bei sieben
z.B. Schlammpeitzger                                                      findet ihr weitere Informatio-
                               profitieren Fische und Neunaugen.
                                                                          nen.
                                                                          Die Stiftung Naturschutzfonds
                                                                          ist mit einem Mobilen Infor-
                                                                          mationszentrum (MIZ) immer
9 Naturnahe                                                               wieder vor Ort und erläutert
Umgestaltung DER                                                          Wanderern,     Spaziergängern
ALTMURG BEI STEINMAUERN                                                   und Besuchern die Ziele und
z.B. Schlammpeitzger                                                      Maßnahmen im LIFE+-Projekt.

                                                     Das MIZ im Einsatz

                                                                                                                       7
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Erfassungsmethoden

    MIT STROM IM STROM
    Grundsätzlich kann beim Fang von
    Fischen zwischen dem Fang zum
    Verzehr und dem Fang zu wissen-
    schaftlichen Zwecken unterschieden
    werden. Bei letzterem sollten die Fi-
    sche möglichst schonend gefangen
    werden, damit sie wieder unver-
    letzt zurückgesetzt werden können.
    Wissenschaftliche Zwecke sind z. B.
    die Erfassung der Artenzusammen-
    setzung in einem Gewässer, die Er-
    mittlung der Größenklassen oder
    das Anbringen von Markierungen
    oder Sendern, um Wanderwege
                                                                                             Zugnetzeinsatz am Flussufer
    nachvollziehen zu können.

    Bei wissenschaftlichen Gutachten
    zu kleineren Fließ- und Stillgewäs-
    sern wird oft ein Elektrofischerei-
    gerät verwendet. Dabei werden die
    Fische mittels Strom kurzzeitig be-
    täubt, sodass sie mit einem Kescher
    dem Gewässer entnommen und
    untersucht werden können. Einige
    Minuten später ins Wasser zurück-
    gesetzt, erholen sich die Fische wie-
    der.
                                                                                                       Reuse

                                                                               In strömungsarmen, flachen Ufer-
                                                                               bereichen von Flüssen und Seen
                                                                               kommen oft Zugnetze – vor allem
                                                                               zur Erfassung von Jungfischen –
                                                                               zum Einsatz. Dabei wird ein Netz im
                                                                               Halbkreis um eine Uferpartie gelegt
                                                                               und dann an Land gezogen.

                                                                               Das Stellen von Reusen über Nacht
                                                                               ist eine weitere Möglichkeit zum
                                                                               Fang von Fischen und wird vor al-
                                                                               lem bei Aalbeständen eingesetzt.
                                                                               In klaren Seen können Fische auch
                                                                               durch Zählung während Tauchgän-
                                                                               gen erfasst werden.

                                            Elektrofischereigerät im Einsatz

8
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
FFH-Fische und -Neunaugen im Projektgebiet

Die Europäische Union beschloss im            die im Anhang II der FFH-Richtlinie     jektgebiets „Rheinauen bei Rastatt“
Jahr 1992 die FFH-Richtlinie (Fauna:          aufgeführt sind, wurden von jedem       gehören: es besitzt damit europa-
Tierwelt, Flora: Pflanzenwelt, Habi-          EU-Mitgliedsstaat     Schutzgebie-      weit einen herausragenden Schutz-
tat: Lebensraum). Ziel ist es, seltene        te ausgewiesen. Diese bilden ge-        status. Bei der Ausweisung des Ge-
oder bedrohte Tier- und Pflanzen-             meinsam mit den Schutzgebieten          bietes spielten die hier abgebildeten
arten sowie deren natürliche Le-              der EU-Vogelschutz-Richtlinie das       Fische und Neunaugen eine große
bensräume zu bewahren, damit ihr              europaweite Natura 2000-Schutz-         Rolle. Dieses hat auch Auswirkun-
Fortbestand auch für die Zukunft              gebietsnetz, wozu auch die Natura       gen auf den Artenschutz (siehe Sei-
gesichert werden kann. Für Arten,             2000-Schutzgebiete des Life+-Pro-       te 25 und Seite 35).

              Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)                                  Groppe (Cottus gobio)

                 Steinbeißer (Cobitis taenia)

                                                                                 Lachs (Salmo salar)

                     Maifisch (Alosa alosa)

                                                                              Bitterling (Rhodeus amarus)

               Bauchneunauge (Lampreta planeri)

                                                                            Meerneunauge (Petromyzon marinus)

               Flussneunauge (Lampreta fluviatilis)

                                                                                                                              9
Faszinierende Fischvielfalt am Oberrhein Rheinauen bei ...
Fische und ihre Lebensräume am Oberrhein

                          Bachforelle
                                                                       Flussbarsch
                                                                                                         Schlammpeitzger

              Steinbeißer

                                                                                                            Stichling

                                                                         Hecht

                   Bachneunauge
                                                                                                             Steinbeißer

                               Stichling                               Rotauge

              Gründling

                                                                         Brasse

                                                                        Aal

      Bach der Oberrheinebene:               Kiesgrube/BAGGERSEE:                    Graben:
      Kleines Fließgewässer unter 5 m        Durch Kiesabbau entstandener tie-       Künstlich angelegtes Gewässer zur
      Breite, je nach Gefälle, Querschnitt   fer See mit meist steilen Ufern. Die    Ent- oder Bewässerung, mehr oder
      und Abflussmenge mehr oder we-         Flachufer können vegetationsreich       weniger strömend, meist gerade
      niger starke Strömung. Häufig stark    sein. Auf der Niederterrasse mit ge-    mit einheitlichem Profil und steilen
      ausgebaut. Unbeschattete Bereiche      ringen Wasserstandsschwankungen         Ufern. Oft entwickelt sich reicher
      sind reich an Wasserpflanzen, be-      und an Flachufern mit Unterwasser-      Pflanzenbewuchs, der regelmäßig
      schattete Bereiche sind meist arm      pflanzen und Röhrichten, im Tiefge-     entfernt wird.
      an Wasserpflanzen.                     stade mit stärkeren Wasserstands-
                                             schwankungen und wechselndem
                                             Pflanzenbewuchs.

10
Meerneunauge
                              Bitterling

                                                                                                   Nase

                                 Wels

                                                                                                                   Flussbarsch
                                                                                       Döbel

                                      Hecht

                                                                                                   Lachs

                                                       Aal

                   Rotfeder                                                                                Barbe

                                           Schleie                                                Brasse

                                                                                                           Aal

                                                                                               Groppe

Für Jungforscher/innen                         Altarm/Altwasser:                     Rhein/Hauptstrom:
1. Findet Beispiele für die fünf be-           Durch natürliche oder künstliche      Großer Fluss, heute ausgebaut mit
schriebenen Gewässertypen in eu-               Einwirkung vom fließenden Haupt-      geradlinigem Verlauf mit Buhnen
rer Umgebung! Karten und Luftbil-              strom des Rheins abgekoppelter        und Uferbefestigungen, starke
der aus dem Internet können euch               Gewässerteil. Altarme sind dauer-     Wasserstandsschwankungen und
bei der Recherche helfen.                      haft an den Hauptstrom angebun-       starke Strömung, deshalb kaum
                                               den. Dagegen sind Altwasser vom       Wasserpflanzen, je nach Wasser-
2. Überlegt, wie die unterschied-              Hauptstrom abgeschnitten und be-      stand zwischen den Buhnen Still-
lichen Gewässertypen durch den                 sitzen nur noch bei Hochwasser Ver-   wasserverhältnisse.
Menschen genutzt werden!                       bindung zum Rhein. Starke Wasser-
                                               standsschwankungen. Wechselnde
3. Erstellt eine Gewässerkarte, in
                                               Wasserpflanzenbesiedlung. Häufig
der ihr die Gewässertypen kenn-
                                               durch Kiesabbau vertieft.
zeichnet!

                                                                                                                                 11
Vampir auf Wanderschaft: Meerneunauge
              Wissenschaftlicher Name: Petromyzon marinus.
              Auf der anderen Rheinseite: Lamproie marine.
              Aufgepasst: „Kieferlose“– keine echten Fische!                                                 Saugmaul mit Hornzähnen

                                                                                              MEERNEUNAUGE
                                                                                              FFH-Art. Merkmale: Größe 50–100
                                                                                              cm, aalförmiger Körper ohne paa-
                                                                                              rige Flossen, fleckige Zeichnung,
                                                                                              charakteristische Bezahnung der
                                                                                              Mundöffnung. Von der Seite be-
                                                                                              trachtet hat das Tier scheinbar 9
                                                                                              Augen, wenn man die 7 Kiemen-
                                                                                              öffnungen hinter und die Nasen-
                                                                                              öffnung über dem Auge mitzählt.

                                                                                              Biologie: Ausgewachsene Tiere le-
                                                                                              ben 3–4 Jahre im Meer als Blutsau-
                                                                                              ger an Fischen. Sie wandern zum
                                                                                              Ablaichen in die Oberläufe von
                                                                                              Flüssen und sterben anschließend.
                                                                                              Es werden zwischen 34.000 und
                                                                                              240.000 Eier in eine flache Grube
                                                                                              abgelegt. Nach dem Schlüpfen le-
                                                                                              ben die blinden Larven 2–5 (8) Jah-
                                                                                              re als Filtrierer im Sand eingegra-
                                                                                              ben, sie werden Querder genannt.

                                                           Lebenszyklus des Meerneunauges     Verbreitung: Küsten des Nord-
                                                                                              atlantiks und dessen Zuflüsse.

     Für Jungforscher/innen                                                                   Gefährdung: Verbauung und Ver-
     Recherchiert im Internet, wie sich       ANADROME WANDERARTEN                            schmutzung. Werden in einigen
     die Neunaugen-Population am              Arten, die zum Ablaichen aus dem                Ländern mit Netzen und Reusen
     mittleren Oberrhein entwickelt           Meer die Flüsse hochwandern, wie                zum Verzehr gefangen.
     hat. Nutzt dazu die Statistiken          Lachs, Maifisch und Meerneunau-
     vom Fischpass in Iffezheim. Fertigt      ge, werden als anadrom bezeich-
     eine Grafik an und diskutiert Ursa-      net. Den umgekehrten Weg nimmt
     chen für die Entwicklung.                der Aal (katadrom).
     Aus den gleichen Statistiken könnt
     ihr auch erfahren, in welchen Mo-
     naten die Rückwanderung erfolgt,
     also wann der beste Beobach-
     tungszeitraum ist.
     Mit welchen Maßnahmen wird
     das Vorkommen im Raum Rastatt
     gefördert?
     Warum ist der Nachweis von Kie-
     ferlosen schwieriger als der von
     Fischen?                                                                               Aktuelle Vorkommen in Baden-Württemberg.
                                              Niedrigwasser an der Murgmündung mit          Quelle: Fischartenkataster der
                                              Meerneunauge im Schlamm                       Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg

12
Der Lachs – Mythos und Menetekel*
                                                                               * Menetekel (biblischer Begriff): unheilverkün-
                                                                               dende Warnung, Vorzeichen drohenden Unheils.

                                                                                 Atlantischer Lachs
                                                                                 FFH-Art. Merkmale: Länge: 40–100
                                                                                 (max. 120) cm, Gewicht: 2–12
                                                                                 (max. 26) kg; Körper langgestreckt
                                                                                 mit kleinen Schuppen, Färbung
                                                        Lachs, Weibchen          ausgewachsener Tiere silbern mit
                                                                                 schwarzen Flecken, Männchen zur
                                                                                 Laichzeit zusätzlich mit roten Flec-
                                                                                 ken sowie mit hakenförmigem Un-
                                                                                 terkiefer.

                                                                                 Biologie: Anadromer Wander-
                                                                                 fisch, der zum Laichen aus dem
                                                                                 Meer in Flüsse wandert und dabei
                                                                                 auch Stromschnellen und bis zu
     Lachs, Männchen zur Laichzeit
                                                                                 3 m hohe Wasserfälle überwindet.
                                                                                 Laichzeit: – je nach Fluss – vor al-
DER LACHS IM RHEIN                                                               lem November bis Februar.
Von allen aus dem Rhein bekann-        satzmaßnahmen und perfektio-              Innerhalb einiger Tage schlägt das
ten Fischarten hat der Atlantische     nierte Fangtechniken führten 1885         Weibchen mit der Schwanzflosse
Lachs die größte Symbolkraft. Die in   jedoch zu einem Rekordergebnis:           mehrere 2–3 m lange Laichgruben
den 1950er Jahren im Rhein ausge-      etwa 240.000 Tiere wurden in              aus, in die insgesamt bis zu 20.000
storbene Art war bis in die 1910er     Deutschland und den Niederlan-            Eier gegeben werden. Große
Jahre der Brotfisch vieler Fischer     den gefangen. Danach gingen die           Männchen kämpfen gegeneinan-
am Hochrhein. Wie groß seine Be-       Fänge kontinuierlich zurück, bis in       der um die Möglichkeit, die Eier zu
deutung war, kann man daran er-        den 1940er Jahren praktisch kei-          besamen; kleine Männchen dage-
messen, dass die Rhein-Lachse, je      ne Lachse mehr da waren. War es           gen versuchen, sich die Vaterschaft
nach ihrem zeitlichen Auftreten im     anfangs die Überfischung, die für         ohne Kämpfe zu „erschleichen“.
Jahresverlauf, unterschiedliche Na-    den Rückgang sorgte, taten zu Be-
menszusätze erhielten (siehe Seite     ginn des 20. Jahrhunderts der Bau         Jungfische bleiben meist 1–3 Jahre
15). Das Rheinsystem wiederum          von Wasserkraftwerken, das Aus-           im Süßwasser und wandern dann,
hatte für den Lachs eine große Be-     baggern von Kiesbänken sowie              bei einer Körperlänge von ca. 20
deutung, da es aufgrund seiner         die starke Gewässerverschmutzung          cm, ins Meer ab. Nach einem 1 bis
Größe viele zum Laichen günstige       (z. B. durch Kokereiabwässer) ihr         6 Jahre andauernden Aufenthalt
Abschnitte, vor allem in Mittel- und   Übriges.                                  im Meer kehren sie wieder in ihren
Oberläufen der Rheinzuflüsse, auf-                                               Geburtsfluss zurück.
wies. Lachse wanderten – vor dem        Für Jungforscher/innen                   Verbreitung: Nordatlantik und sei-
Bau der Kraftwerke an Hoch- und         Recherchiert im Internet (z. B. mit-     ne Zuflüsse.
Oberrhein – bis zu den unüberwind-      hilfe von Google Earth), wie weit
baren Rheinfällen bei Schaffhausen      die maximale Strecke ist, die Lachse
oder die Aare hinauf bis nach Bern      bei ihrer Laichwanderung rheinauf-
und noch weiter.                        wärts allein im Süßwasser zurück-
                                        legten, also von der Einmündung
Rückgang in Raten                       des Rheins in die Nordsee bis nach
Im 19. Jahrhundert gingen die Be-       Innertkirchen oberhalb von Bern.
stände im Rhein stark zurück. Be-

                                                                                                                                 13
Rheinfische im Wandel der Zeit

                       1817-1876 Rheinkorrektur

                       Rheinverschmutzung durch Indu-
     19. JAHRHUNDERT   strialisierung

          1900
                       1907 Rheinregulierung zur Schiff-
                       barmachung
          1920
                       1928 Beginn des Baus von Staustu-
                       fen, eingeschränkte Aufstiegsmög-
                       lichkeiten für Wanderfische
          1940
                       Höhepunkt der Gewässerver-
                       schmutzung, Verschwinden zahlrei-
                       cher Fischarten aus dem Rhein
          1960

                       Verstärkter Bau von Kläranlagen,
                       Verbesserung der Wasserqualität
                       Rückkehr von Fischarten

          1980
                       1986 Sandoz-Katastrophe

                       1987 Projekt Lachs 2000
                       www.iksr.de
          1990
                       1993 Eröffnung des Rhein-Main-
                       Donau-Kanals, Beginn der Einwan-
                       derung gebietsfremder Fischarten

                       Bau von Fischpässen an den
          2000
                       Staustufen

                       2001 Projekt Lachs 2020
                       www.iksr.de

                       2005 erste Lachslaichgruben in der
          2010         Murg

14
Jagd nach dem Salm – Fischerei in der Vergangenheit

Geschenk des Meeres                    Wippbäumen, die das Netz im Was-               Lachsbezeichnungen
Der Lachs war der wertvollste Spei-    ser hielten. Bewegte sich das Netz             im Jahresverlauf
sefisch im Rheinsystem, zum einen      durch den Fang, löste der Fischer              ‚Salm‘ war am Oberrhein auch die
aufgrund seiner Größe, zum ande-       eine Sperre aus: die Gegengewichte             Bezeichnung für Exemplare, die
ren aufgrund seines Geschmacks.        an den Enden der Wippbäume lie-                zwischen Weihnachten und Hoch-
Die Rheinfischer unterschieden         ßen diese hochschnellen und rissen             sommer gefangen wurden. Als
den aufwärts wandernden, wohl-         das Netz aus dem Wasser. Speziell              ‚Lachs‘ bezeichnete man Fänge aus
schmeckenden ‚Salm‘ vom ‚Lachs‘.       am Hochrhein und am südlichen                  der anderen Jahreshälfte.
Unter ‚Lachs‘ verstand man deutlich    Oberrhein wurden ähnliche Kon-
                                                                                      Jakobs- bzw. Bartholomäus-Lachs:
weniger schmackhafte Tiere, die das    struktionen benutzt, die aber am
                                                                                      Gewicht: 2 kg, Aufenthaltsdauer
Laichgeschäft überlebt hatten und      Rheinufer fest installiert und oft mit
                                                                                      im Meer: wohl nur ein Jahr; Auf-
wieder abwärts wanderten (andere       einer Schutzhütte kombiniert waren
                                                                                      stieg: kurz vor der Laichphase
Bedeutung: siehe Infokasten). Zum      und je nach Bauweise, Epoche und
Fangen des Salms entwickelten die      Landstrich Salmenwa(a)gen, Fischer-            Kleiner Sommerlachs: Gewicht:
Rheinfischer die im Folgenden be-      galgen oder Galgenbähren hießen.               5–7 kg; Aufenthaltsdauer im Meer
schriebenen Fangmethoden und           Bis heute haben einige der Schutz-             ca. 2–4 Jahre; Aufstieg kurz vor der
Geräte.                                hütten dieser Fangeinrichtungen                Laichphase
                                       am Rheinufer von Basel überdauert.
Abfachen                               Die Zünfte der Berufsfischer jedoch            Großer Wintersalm (oder großer
Die effektivste Methode, stromauf-     verschwanden mit dem Salm/Lachs                Sommerlachs): Gewicht: >10 kg;
wärts wandernde Fische zu fangen,      aus den Rheinstädten.                          Aufenthaltsdauer im Meer bis zu 6
war das Absperren des Flusses mit-                                                    Jahre; Aufstieg z. T. schon ein Jahr
tels eines Dammes aus Pfählen und                                                     vor der Laichphase
Weidengeflecht. Dieses sogenannte        Für Jungforscher/innen
Abfachen verursachte aber oft Strei-     Erstellt eine Liste mit den Vor- und
tigkeiten mit den weiter oberhalb        Nachteilen der heute zugelassenen
ansässigen Fischern, da für diese        Fangeinrichtungen und Fanggerä-
kaum noch Salme übrigblieben.            te (siehe auch S. 8 und 35).

Umgarnen & Locken
In Rheinabschnitten mit Laichplät-
zen wurden die über den Laichgru-
ben stehenden Salme mittels Net-
zen vom Boot oder vom Ufer aus
umgarnt. Auch Schlagfallen wurden
eingesetzt, wobei ein angebunde-
ner Salm als Lockfisch diente. Sich
dem Lockfisch nähernde Tiere be-
rührten die Falle und der Schnapp-
mechanismus wurde ausgelöst.

Salmwippen & Salmen-
waagen
Weiter flussabwärts kamen – bis ca.
1935 – Salmwippen zum Einsatz.
Dies waren Boote mit sogenannten                  Modell einer Salmwippe (Mit freundlicher Genehmigung des Rhein-Museums Koblenz)

                                                                                                                                    15
Artenhilfsmaßnahmen

                                                                                                 Aal
                                                                                          (Anguilla anguilla)

          Maifisch
        (Alosa alosa)

     Allgemeine MaSSnahmen                      Ein Hering im SüSSwasser              Tod in der Turbine
     Die Bestände vieler heimischer             Neben diesen Maßnahmen, die           Auch für den Europäischen Aal
     Fischarten entwickelten sich im Ver-       vielen Fischarten zugutekommen,       wurden Maßnahmen entwickelt:
     lauf des vergangenen Jahrhunderts          gibt es Projekte, die auf bestimm-    Aale wachsen im Süßwasser zur
     rückläufig. Damit sich diese Bestän-       te Arten abzielen: z. B. das LIFE+-   vollen Größe heran. Wenn sie
     de wieder erholen und vergrößern           Projekt „Die Wiederansiedlung des     genügend Fettreserven angelegt
     können, ergriff man verschiedene           Maifisches (Alosa alosa) im Rhein-    haben, wandern sie flussabwärts ins
     Maßnahmen: durch die Renaturie-            System“. Der Maifisch, der zur Ord-   Meer bis in die Sargasso-See östlich
     rung begradigter Bäche und Flüsse          nung der Heringsartigen zählt, galt   Floridas, um dort abzulaichen.
     wurde die Strukturvielfalt wieder          seit den 1920er Jahren im Rhein-      Bei der Wanderung flussabwärts
     erhöht. Für Wanderfische wurden            System als ausgestorben. Ehemals      geraten viele Aale in Turbinen
     Stauwehre rückgebaut oder Fisch-           zogen die geschlechtsreifen Tiere     von Wasserkraftwerken. Zur Ver-
     pässe („Fischtreppen“) zur Umge-           aus dem Meer den Rhein hinauf         ringerung der starken Verluste
     hung angelegt.                             bis Laufenburg sowie in die Mün-      beim Aal wird mit bisher noch
                                                dungsbereiche seiner Nebenflüsse.     eingeschränktem Erfolg an einem
                                                In mäßig strömenden Flussabschnit-    Frühwarnsystem gearbeitet: Dazu
                                                ten laichten sie in Gruppen über      werden erwachsene Aale in großen
                                                kiesigem Grund ab, vornehmlich in     von Flusswasser durchströmten
                                                Mainächten (daher der Name). Als      Becken gehalten. Wenn die Tiere
                                                Grund für das Verschwinden der Art    von der Wanderunruhe ergriffen
                                                wird neben Gewässerverschmut-         werden, schwimmen sie hin und her,
                                                zung, Zerstörung von Laichplätzen     was aufgezeichnet wird. In der Nähe
                                                und Bau von Wanderhindernissen        liegende Wasserkraftwerke werden
                                                vor allem die Überfischung ange-      alarmiert und die Turbinen für eine
                                                sehen. In Frankreich und Portugal     gewisse Zeit abgeschaltet. Da man
                                                haben einzelne Bestände überlebt.     annimmt, dass das Verhalten der
                                                Aufgrund der Einschätzung, dass       gehälterten Aale in etwa dem der im
                                                die Wasserqualität derzeit wieder     Freiland lebenden Aale entspricht,
                                                ausreichend gut ist und potentiel-    erhofft man sich so Voraussagen
                                                le Laichplätze im Rhein vorhanden     über die Wanderzeiten und damit
                                                sind, wurde das Wiederansied-         eine Schonung vieler Tiere.
                                                lungsprojekt gestartet. Millionen
                                                von Maifisch-Larven wurden ge-
                                                                                       Für Jungforscher/innen
                        Fischtreppe Gambsheim   züchtet, um sie ab dem Jahr 2008
                                                                                       Informiert euch darüber, was ein
                                                im Rheinsystem auszusetzen. Erste
                                                                                       Aalschokker ist. Woher hat er sei-
                                                Erfolge, nämlich der Nachweis von
                                                                                       nen Namen? Findet heraus, wo
                                                flussabwärts wandernden, her-
                                                                                       ihr einen Aalschokker besichtigen
                                                anwachsenden Jungfischen, sind
                                                                                       könnt.
                                                schon erkennbar.

16
Heimische Fische im Kaltwasseraquarium

Aquarien, bei denen auf eine Heizung verzichtet wird, nennt man Kaltwasseraquarien. Sie sind für einheimische
Tier- und Pflanzenarten geeignet, die nicht auf konstant hohe Temperaturen angewiesen sind. Trotz des Namens
kann sich das Wasser in ihnen allerdings stark erwärmen, wenn die Umgebungstemperatur im Sommer sehr
hoch ist und keine Kühlung vorhanden ist.

FISCHE
Für die Haltung im Kaltwasseraqua-
rium eignen sich besonders Fisch-
arten, die auch gegenüber hohen
Wassertemperaturen und dem da-
mit verbundenen geringeren Sau-
erstoffgehalt unempfindlich sind
(siehe Seite 24). Dies sind Arten, die
in kleinen Stillgewässern oder lang-
sam fließenden Gräben leben, also                                               Kaltwasseraquarium
Lebensräume besiedeln, die sich bei
hohen Lufttemperaturen schnell er-       SCHLAMMPEITZGER                        DREISTACHLIGER STICHLING
wärmen. Weniger geeignet sind Fi-        FFH-Art (s. S. 24 und S. 35). Boden-   Keine FFH-Art. Gestreckter, seit-
sche aus kühlen, schnellfließenden       fisch mit walzenförmigem Körper;       lich abgeflachter Körper; auf dem
Bächen und Flüssen.                      kleines unterständiges Maul mit        Rücken drei aufstellbare, kräftige
                                         10 Bartfäden; Körper hellbraun mit     Stacheln; besitzt statt Schuppen
BITTERLING                               mehreren dunklen Längsstreifen.        knöcherne Platten; Färbung sehr
FFH-Art (s. S. 24 und S. 35). Hoher,     Die Art bewohnt Altarme, Teiche,       variabel: meist schwarzbraune Mar-
seitlich stark zusammengedrückter        Tümpel und Wiesengräben mit            morierung auf silbrigem Grund,
Körper; Färbung: silberglänzend          schlammigem Grund und dichter          Männchen zur Brutzeit mit roter
mit blaugrün schillernder Binde von      Vegetation.
der Körpermitte bis zur Schwanz-
wurzel.

                                                  Schlammpeitzger                        Dreistachliger Stichling
                                                 (Misgurnus fossilis)                   (Gasterosteus aculeatus)

                                                                                Kehle und Bauch. Die Art besiedelt
                                         Wird der Sauerstoff im Wasser          flache, vegetationsreiche Bereiche
                                         knapp, kommt die Art an die Was-       stehender und langsam fließender
               Bitterling
           (Rhodeus amarus)
                                         seroberfläche, um Luft zu schluk-      Gewässer und kommt auch in brak-
                                         ken: im Darm gelangt dann der          kigen und salzigen Küstengewäs-
Die Art zeigt ein interessantes Fort-    in der Luft enthaltene Sauerstoff      sern vor, wobei die Tiere mariner
pflanzungsverhalten: Die Weibchen        durch eine dünne Schleimhaut hin-      Populationen im Frühjahr zum Lai-
setzen ihre Eier mithilfe einer lan-     durch ins Blut. Die verbrauchte Luft   chen in die Flüsse ziehen. Aufgrund
gen Legeröhre in das Innere von          wird über den After ausgeschieden,     ihres auffälligen Balz- und Nestbau-
Großmuscheln ab, wo sie sich ent-        was ein quietschendes Geräusch         verhaltens ist die Art ein attraktiver
wickeln, bis aus ihnen die Fischlar-     erzeugt. Dies und sein auffällig un-   Pflegling.
ven schlüpfen. Will man das Fort-        ruhiges Verhalten vor Gewittern ha-
pflanzungsverhalten im Aquarium          ben dem Fisch die Namen Quietsch-
beobachten, muss man auch die            aal, Gewitterfurzer und Wetterfisch
Muscheln pflegen.                        eingebracht.

                                                                                                                         17
Wie richtet man ein Kaltwasseraquarium ein?                                                                   I

                                            aus Steinen und festen Holzplatten       Schulhof in großen Wannen so
        DAS BRAUCHT ihr:                    verwendbar. Um kleine Uneben-            lange waschen, bis keine Trübung
                                            heiten zu vermeiden, wird auf die        mehr auftritt. Für viele bodenleben-
       • Aquarium 200-400 Liter
                                            feste Unterlage eine Schaumstoff-        de Arten empfiehlt sich das Einrich-
       • 2 neue Eimer (ausschließlich       matte gelegt. Statt spezieller, teurer   ten nur einer Schicht aus stark ge-
         für das Aquarium, keine            Aquarienunterlagen sind Camping-         waschenem Sand. Die Mächtigkeit
         alten Putzeimer benutzen!)         isomatten genauso geeignet. An           der Sandschicht sollte nach hinten
       • 2 m Schlauch mit großem            warmen Orten sollte überlegt wer-        ansteigen, so dass der Eindruck grö-
         Durchmesser (16–22 mm)             den, ob man nicht die Rückwand           ßerer Tiefe (gemeint ist der Abstand
       • Mulmabsauger                       und die Seiten mit Styroporplatten       von der Vorder- zur Hinterkante des
                                            verkleidet, um die Energiekosten         Aquariums) entsteht. An den tief-
       • Scheibenreiniger (Magnet-
                                            für die Kühlung zu senken.               sten Stellen vorne lässt sich später
         reiniger in der Grund-                                                      leicht Schlamm absaugen. Je dunk-
         schule und Klingenreiniger         3. Hintergrund                           ler der Bodengrund ist, umso besser
         in der Sekundarstufe)              Im Handel wird eine Vielzahl an Hin-     kommen die Farben der Fische zur
       • Kescher zum Herausfangen           tergrundbildern angeboten. Man           Geltung. Auf weißem Grund ver-
         der Fische                         kann sich jedoch mit einfachen Mit-      blassen die Farben.
                                            teln eine Rückwand selbst gestalten.
                                            Im einfachsten Fall nimmt man eine       5. Steine und Holz
     1. Stellplatz aussuchen
                                            dunkle Korkplatte oder Rindenstük-       Viele Fische benötigen Verstecke.
     Je nach Größe kann ein Aquarium
                                            ke.                                      Je größer die Deko-Elemente, umso
     sehr schwer werden. Ein Standard-
                                                                                     weiter hinten sind sie zu platzieren
     200-Liter-Aquarium kommt einge-
                                            4. Bodengrund                            (Theaterkulisse). Die Steine kön-
     richtet mit fünf davor stehenden
                                            Der Grund des Aquariums wird             nen aus Gewässern oder Abbau-
     Personen auf ca. 600 kg/m2. Bei Alt-
                                            zunächst mit einer 2–3 cm dicken         gruben der Umgebung beschafft
     bauten sollte deshalb unbedingt die
                                            Schicht aus schwach gewaschenem          werden. In der Rheinaue kommt
     Statik überprüft werden. Der Platz
                                            Sand (Korngröße 0,2–2 mm) über-          vor allem abgerundetes Flussgeröll
     sollte kein direktes Sonnenlicht
                                            schichtet. Darüber folgt eine 3–4 cm     infrage. Aus flachen Steinen lassen
     bekommen. Spiegelungen stören
                                            dicke Schicht aus einer Mischung         sich Höhlen gestalten, wobei auf
     beim Blick in das Becken und die un-
                                            aus stark gewaschenem Sand und           eine stabile Lage geachtet werden
     gleichmäßige Belichtungsintensität
                                            Feinkies (Korngröße 2–4 mm). Den         soll. Große Steine sollten auf eine
     könnte ein zu starkes Algenwachs-
                                            Sand sollte man am besten auf dem
     tum fördern. Auch kann es zu einer
     zu starken Erwärmung führen, im
     Sommer könnte eine Kühlung nicht
     mehr ausreichen oder die Kühlung
     würde mehr Energie benötigen. In
     der Nähe des Beckens sollte sich
     auch eine Steckdose mit Fehler-
     stromschutzschalter befinden.

     2. Aufstellen des Beckens
     Das Aquarium sollte waagerecht auf
     einer ebenen Unterlage stehen, um
     Spannungen im Material zu vermei-
     den. Neben käuflichen Schränken
     sind auch einfache Konstruktionen
                                                                                     Beispiel zur Gestaltung des Bodengrundes
18
Wie richtet man ein Kaltwasseraquarium ein?                                                       II

                    RICHTIG		              FALSCH
                                                                           her im Wasser gelegen haben, erst
                                                                           kürzlich eingespültes Holz neigt sehr
                                                                           leicht zur Fäulnis und Verpilzung.
                                                                           Besser ist es, Moorkienholz aus dem
                                                                           Zoofachgeschäft zu besorgen.
                                                                           Als Schilfrohrersatz bietet sich im
                                                                           Handel erhältlicher imprägnierter
                                                                           Bambus an, durch seinen starken
                                                                           Auftrieb muss er allerdings in einer
                                                                           entsprechend tiefen Sandschicht
                                                                           stecken oder oben am Aquarium
                                                                           befestigt werden.

Unterlage und nicht direkt auf den   Wurzeln sind ein besonders wir-       6. Pflanzen einsetzen
Boden gelegt werden, so können       kungsvolles Element und sollten vor   Lebende Pflanzen sind im Aquarium
sie nicht untergraben werden und     dem Einsetzen gewässert werden.       ein sehr wichtiges Gestaltungsele-
die Scheiben beschädigen.            Holz sollte mehrere Wochen vor-       ment und besitzen große Bedeu-
                                                                           tung für die Wasserqualität. Sie
                                                                           dürfen nur aus nicht geschützten
                                                                           Gewässern entnommen werden.
                                                                           Pflanzen aus halbschattigen Lagen
                                                                           gewöhnen sich besser an die Licht-
                                                                           verhältnisse im Aquarium. Vor dem
                                                                           Einsetzen sollten sie mit Alaun (ein
                                                                           in der Apotheke erhältliches Mit-
                                                                           tel) und Sprudelwasser desinfiziert
                                                                           werden, um das Einschleppen von
                                                                           Krankheitserregern zu verhindern.
                                                                           Beim Bepflanzen ist darauf zu ach-
                                                                           ten, sofort möglichst viele Pflanzen
                                                                           einzusetzen, sonst etablieren sich
                                                                           konkurrenzstärkere Algen, was
                                                                           den Pflegebedarf erhöht. Wie bei
                                                                           der Dekoration sollte die Höhe der
                                                                           Pflanzen nach hinten ansteigen. Ei-
                                                                           nige heimische Arten bilden sich im
                                                                           Herbst zurück. Sie entwickeln Win-
                                                                           terknospen und die Pflanze löst sich
                                                                           auf, was zu organischer Belastung
                                                                           führen kann. Vor dem Einsetzen
                                                                           sind alte Blätter zu entfernen und
                                                                           die Wurzeln um die Hälfte zu kür-
                                                                           zen. So sorgt man dafür, dass die
                                                                           Wurzeln beim Einpflanzen nicht
                                                                           abknicken und zu faulen beginnen.
                                                                           (Fortsetzung Seite 22).

                    RICHTIG		              FALSCH                                                                  19
BESCHAFFUNG Der Fische                   Abdeckung
     Bei der Beschaffung der Fische           Die Abdeckung verhindert das Herausspringen der Fische und vermindert
     muss unbedingt darauf geachtet           die Verdunstung. Darüber hinaus enthält sie die Beleuchtung und evtl.
     werden, dass es sich auch tatsäch-       einen Futterautomaten für die Ferien. Die Beleuchtung besteht meist aus
     lich um heimische Arten handelt.         Neonröhren und den dazugehörigen Vorschaltgeräten. Letztere erzeugen
     Im Zoohandel werden häufig asia-         Wärme, die das Aquarium aufheizen. Die Leistung der Neonröhren lässt
     tische Schwesterarten angeboten          nach einiger Zeit nach, so dass sie regelmäßig ausgewechselt werden soll-
     und bei den meisten erhältlichen         ten. Moderne LED-Beleuchtungen sind zwar bislang teurer in der Anschaf-
     Muscheln handelt es sich ebenfalls       fung, aber günstiger im Unterhalt und erzeugen kaum Wärme. Verschließ-
     um exotische Arten. Immer wieder         bare Öffnungen verhindern, dass Unerwünschtes ins Aquarium gelangt.
     gelangen solche Arten leider auch
     ins Freiland und bilden dort heu-
     te selbsterhaltende Populationen,
     die für die angestammten Arten
     ökologisch schädlich sein können.
     Möchte man Fische aus einem
     Gewässer entnehmen, muss man
     dies mit dem zuständigen Fische-
     reiberechtigten absprechen und
     gegebenenfalls weitere Genehmi-
     gungen einholen (s. S. 24, 25 und
     34). Wildfänge sind häufig Träger
     von Parasiten und Krankheiten, die
     bei Stress (Umzug in ein Aquarium)
     ausbrechen könnten. Deshalb emp-
     fiehlt es sich, sie prophylaktisch mit                                    ➋
     einem Breitbandmedikament zu be-
     handeln (siehe rechte Seite).

     FUTTER
                                                                ➊
     Einfach und relativ preiswert ist das
     Füttern mit Trockenfutter. Der Vor-
     teil dabei ist die gute Verfügbarkeit.
     Einige Fischarten nehmen aber kein
     Trockenfutter an, ihnen fehlen für
     das Zuschnappen und Fressen die
     Reize, die von Bewegungen der
     Beutetiere ausgehen. Ist ein gut sor-
     tiertes Zoofachgeschäft in der Nähe,       Hornkraut ➊                           Wasserpest ➋
     kann man Lebendfutter kaufen, was          Die meterlangen Sprosse des           Die Wasserpest-Arten stammen
     aber nicht allzu lange haltbar und         Hornkrauts können frei unter der      aus Amerika. An den Stängeln be-
     relativ teuer ist. Eine weitere Mög-       Wasseroberfläche treiben oder im      finden sich drei- bis vierblättrige
     lichkeit ist das Verfüttern tiefge-        Boden verankert sein. Spross und      Blattquirle. Die Pflanzen sind im
     frorener Nahrung, was aber einen           Blätter sind relativ starr und bre-   Boden verankert oder freischwim-
     Gefrierschrank erfordert. Alternativ       chen leicht. Die gabelig geteilten    mend. Die Vermehrung erfolgt in
     kann man Lebendfutter fangen und           Blätter sitzen in Quirlen aus 4-12    Europa vegetativ über Sprossab-
     auch züchten (siehe Aktionsseite).         Blättern.                             schnitte.

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Filter                                                                               Fischkrankheiten
Filter enthalten Materialien wie z. B. Filterwatte, auf der Mikroorganismen          Bei richtiger Haltung treten Krank-
wachsen können, die bei der Wasserreinhaltung helfen. Man unterschei-                heiten seltener auf. Ist der Fischbe-
det zwischen Innen- und Außenfiltern, die mithilfe von Luftpumpen (Luft-             satz sehr hoch, schwanken die Was-
hebern) oder elektrischen Wasserpumpen betrieben werden. Innenfilter                 serwerte (Temperatur, Chemie) oder
benötigen keinen weiteren Platz und sind einfach in der Handhabung.                  werden neue Tiere in das Aquarium
Durch die Verwendung von Außenfiltern wird die benötigte Wassermenge                 gesetzt, kann es zum Ausbruch ei-
zwar vergrößert, es kann jedoch zusätzlich ein Kühlaggregat angeschlossen            ner Krankheit kommen.
werden. Die Pumpe wird benötigt, um das Wasser im Aquarium kontinu-                  Verhaltensänderungen können ein
ierlich durch den Filter zu befördern; die dabei erzeugte Wasserbewegung             Anzeichen für Krankheiten sein:
sorgt für ständigen Sauerstoffeintrag und verhindert Temperaturgefälle.              z. B. ungewöhnliches schaukelndes
                                                                                     oder hüpfendes Schwimmverhal-
                                                                                     ten, Anlegen der Flossen oder häu-
                                                                                     figes Scheuern an Gegenständen.
                                                                                     Äußere Symptome sind Verfärbun-
                                                                                     gen, weißlicher (pelziger) Belag auf
                                                                                     der Haut, abstehende Schuppen
                                                                                     und weiße Pünktchen auf der Haut.
                                                                                     Zahlreiche Internetseiten und Foren
                                                                                     helfen bei der Diagnose und geben
                                                                                     Tipps für die Behandlung. Auch der
                                                                                     Fachhändler kann geeignete Medi-
                                                                                     kamente empfehlen.
                                                                                     Durch Fang, Transport und Einge-
                                                                                     wöhnung im Aquarium kann es
                                                                                     zu Verletzungen kommen, die bei
➌                                                                                    geschwächten, gestressten Fischen
                                                                                     und einer schlechten Wasserqua-
                                                                                     lität zu Verpilzungen führen. Hier
                                                                                     hilft eine Desinfektion.

                 ➍
                           Kaltwasseraquarium

    Tausendblatt ➌                              Muscheln ➍
    Kennzeichnend für die Tausend-              Muscheln dürfen wie Fische nur in Absprache mit den Naturschutz- und Fi-
    blatt-Arten sind die gefiederten            schereibehörden aus Gewässern entnommen werden. Sie sollten auschließ-
    Blätter. Sie stehen zu dritt oder           lich zur Fortpflanzungszeit des Bitterlings im Aquarium gehalten werden.
    zu viert in Quirlen. Die bis zu             Danach werden sie wieder im Heimatgewässer ausgesetzt. Als Filtrierer ist
    2 m langen Stängel sind weich und           ihre dauerhafte Haltung schwierig. Außerdem durchpflügen sie den Boden
    elastisch und mit einem Rhizom im           und ziehen dabei Wasserpflanzen und Dekoration in Mitleidenschaft. Vor-
    Gewässerboden verankert.                    sicht vor exotischen Muschelarten, die im Handel angeboten werden!

                                                                                                                             21
Wie richtet man ein Kaltwasseraquarium ein?                 III

                                        7. Einbringen der Technik
                                        Filter – und evtl. ein Thermometer
                                        – werden so angebracht, dass sie
                                        möglichst wenig stören. Ein- und
                                        Auslauf des Filters sollten für eine
                                        Durchströmung des gesamten
                                        Aquariums sorgen.

                                        8. Wasser einlassen
                                        Im Leitungswasser kann zur Abtö-
                                        tung von Keimen Chlor enthalten
                                        sein. Die empfindlichen Schleimhäu-
                                        te der Fische werden durch Chlor
                                        gereizt. Durch starkes Aufwirbeln
                                        beim Einlassen in den Eimer kann
                                        es schneller ausgetrieben werden.
                                        Um das Aufwirbeln des schon ein-
                                        gesetzten Sandes mitsamt Wasser-
                                        pflanzen zu verhindern, wird wäh-
                                        rend des Eingießens des Wassers
                                        ein flacher Gegenstand, z. B. eine
                                        feste Folie oder ein alter Teller über
                                        den Bodengrund gehalten (notfalls
                                        reicht auch eine Hand).

                                        9. Filter anstellen
                                        Der Filter wird mit Filtersubstrat und
                                        Wasser befüllt.

                                        10. Abdeckung anbringen
                                        Die Abdeckung sollte über eine in-
                                        tegrierte Beleuchtung verfügen, die
                                        über eine Zeitschaltuhr ca. 12 Stun-
                                        den lang angeschaltet ist. Je weiter
                                        vorn an der Frontscheibe sich die
                                        Beleuchtung befindet, umso besser
                                        kommen die Farben der Fische zur
                                        Geltung.

22
Wie richtet man ein Kaltwasseraquarium ein?                                                           IV

11. Aquarium mehrere                     13. Pflege und Wartung – Häufige Handgriffe
Wochen in Betrieb stehen                 Wasser und Verunreinigungen können mit einem Schlauch abgesaugt
lassen                                   werden. Dazu muss der Schlauch zunächst einmal mit Wasser gefüllt wer-
Einer der häufigsten Anfängerfehler      den. Ein kleines, vorgesetztes Röhrchen verhindert, dass zu große Partikel
ist das zu schnelle Einsetzen der Fi-    den Schlauch verstopfen. Kleinere Steinchen, die sich im Röhrchen fest-
sche. Obwohl unser Leitungswasser        gesetzt haben, können leicht mit einem Stäbchen durchgedrückt werden.
strengsten Maßstäben entspricht,         Eine Mulmglocke ermöglicht das Absaugen von feinen Partikeln, während
ist es für Fische nur bedingt geeig-     größere sich noch innerhalb der Glocke durch die Schwerkraft wieder ab-
net. Im eingerichteten Aquarium          setzen. Die verschiedenen Schichten des Aquariumfilters werden unter
stellt sich erst langsam eine Mikrole-   fließendem Wasser gereinigt.
bewelt ein, die für Fische schädliche
Stoffe abbaut. Gelegentlich sollten
abgestorbene Pflanzenteile entfernt
werden. Man kontrolliert so auch,
ob die Technik funktioniert.

12. Fische einbringen
Die Fische gibt man nicht direkt in
das Aquarium. Man hängt erst das
Transportgefäß in das Becken und
gibt immer wieder Aquarienwasser
hinzu. So gleichen sich die Tempe-
ratur und die Wasserwerte langsam
an und die Fische gewöhnen sich
daran. Wildfänge lässt man eine
Zeit lang ungestört, evtl. verdeckt
man die Frontscheibe mit einer
Pappe. Erst am Tag nach dem Ein-
setzen sollten die Tiere – und zwar
sparsam – gefüttert werden. In den
folgenden Tagen sollte täglich kon-
trolliert werden, ob sich die Fische
evtl. auffällig verhalten und krank
sein könnten.
Zu Beginn die Fische täglich auf
Krankheiten kontrollieren!

                                                                                                                      23
Geeignete Fischarten in der Übersicht

                                        FFH-       Rote       Größe /
                                                                            Futter3        Bezugsquelle           Bemerkungen
                                        Art1       Liste2       cm
         Schlammpeitzger                An-                                                                      Bodenbewohner,
                                                     1         15-25        L, G, T        LIFE+-Projekt4
         Misgurnus fossilis            hang II                                                                     Stillgewässer
                                                                                                                Zur Fortpflanzung
         Bitterling                     An-
                                                     2          5-6         L, G, T        LIFE+-Projekt4           Muscheln
         Rhodeus amarus                hang II
                                                                                                                   notwendig
                                                                                           Angelverein
         Elritze
                                          –          3          7-10        L, G, T      (Achtung! Keine           Fließgewässer
         Phoxinus phoxinus
                                                                                         Dickkopfelritze4)
         Moderlieschen                                                                     Angelverein/
                                          –          3          6-9         L, G, T                                Stillgewässer
         Leucaspius delineatus                                                              Selbstfang
         Dreistachliger
                                                                                           Angelverein/            Zur Laichzeit
         Stichling                        –           –         5-8            L
                                                                                            Selbstfang              aggressiv
         Gasterosteus aculeatus
         Schleie
                                          –           –        20-30        L, G, T          Fischzucht          Wühlt im Boden
         Tinca tinca
         FluSSbarbe                    An-                                                 Angelverein/
                                                     3           25         L, G, T                              Bodenbewohner
         Barbus barbus                hang V                                                Selbstfang
         SteinbeiSSer                   An-                                                                      Bodenbewohner,
                                                     2          5-10        L, G, T        LIFE+-Projekt4
         Cobitis taenia                hang II                                                                     Sandgrund
         Schmerle                                                                          Angelverein/          Bodenbewohner,
                                          –           –         8-12        L, G, T
         Barbatula barbatula                                                                Selbstfang             Sandgrund
         Gründling                                                                         Angelverein/
                                          –           –        10-15        L, G, T                              Bodenbewohner
         Gobio gobio                                                                        Selbstfang
                                                                                                                  Sehr zäh und
         Karausche
                                          –          2        max. 15       L, G, T        LIFE+-Projekt       anspruchslos, laicht
         Carassius carassius
                                                                                                               auch im Aquarium
                                                                                                                Raubfisch, nur als
                                                                          L, G + T
         FluSSbarsch                                                                       Angelverein/         Jungfisch mit an-
                                          –           –       max. 20     nach Ge-
         Perca fluviatilis                                                                  Selbstfang           deren Arten zu
                                                                          wöhnung
                                                                                                                vergesellschaften
         Rotauge                                                                           Angelverein/
                                          –           –       max. 20       L, G, T                                Schwarmfisch
         Rutilus rutilus                                                                    Selbstfang
         Rotfeder
                                                                                           Angelverein/
         Scardinuis erythrophthal-        –           –       max. 15       L, G, T                                Schwarmfisch
                                                                                            Selbstfang
         mus
     1
       Arten dieser Kategorie besitzen einen besonderen Schutzstatus und können ausschließlich nach Genehmigung durch die
     zuständigen Behörden zu Lehr- und Lernzwecken entnommen werden!
     2
       Rote Liste der Neunaugen und Fische des Baden-Württembergischen Rheinsystems. In: Dußling & Berg (2001): Fische in Baden-Württem-
     berg. Einstufung 1: Vom Aussterben bedroht, 2: Stark gefährdet, 3: Gefährdet, –: Nicht gefährdet
     3
       L: Lebendfutter, G: Gefrierfutter, T: Trockenfutter
     4
       Aus Ostasien stammende, ähnlich aussehende Arten, die im Handel angeboten werden, sollten auf keinen Fall eingesetzt
     werden! Vom Kauf im Handel wird dringend abgeraten!!
     Für den Erstbesatz sollte man nicht mehr als 3 (max. 4) Arten vorsehen. Eine Liste der miteinander zu vergesellschaftenden
     Arten findet sich auf der LIFE+-Internetseite.

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Landesfischereigesetz und Naturschutzrecht
                                                                                                         §
Was Fische, Krebse                      gibt es aber auch eine Alternative:       Außerdem stehen wild lebende Tie-
und Muscheln                            den Jugendfischereischein. Diesen         re unter einem allgemeinen Schutz.
gemeinsam haben                         können Jugendliche ohne Prüfung           Es ist verboten, sie mutwillig zu
Im Umgang mit Fischen und Neun-         erhalten. Allerdings berechtigt er        beunruhigen oder ohne vernünfti-
augen sowie ihren Lebensräumen          nur zur Ausübung der Fischerei im         gen Grund zu fangen, zu verletzen
ist zum einen das Fischereirecht,       Beisein eines Erwachsenen mit gül-        oder zu töten sowie Lebensstätten
zum anderen das Naturschutzrecht        tigem Fischereischein.                    wild lebender Tiere und Pflanzen
zu beachten. Da Fische und Neun-                                                  ohne vernünftigen Grund zu beein-
augen – ebenso wie zehnfüßige           Erlaubnisschein                           trächtigen oder zu zerstören (§ 39
Krebse und Muscheln – dem Fi-           Zusätzlich zum Fischereischein be-        BNatSchG*).
schereirecht unterliegen, darf man      nötigt man zum Angeln aber auch           Was in einem Naturschutzgebiet
sie nicht fangen, es sei denn, man      noch für jedes Gewässer einen Er-
ist im Besitz eines Fischereischeins.   laubnisschein, den man vom Ei-
Alle heimischen Neunaugen-Arten         gentümer der Fischereirechte des
gelten überdies gemäß Bundesna-         betreffenden Gewässers bzw. vom
turschutzgesetz (BNatSchG) als be-      Pächter (oft der Angelverein vor
sonders geschützte Arten und dür-       Ort) erwerben kann.
fen nicht gefangen oder gar getötet
werden.                                 Naturschutzrecht
                                        Im Naturschutz gibt es eine Viel-
Fischereirecht                          zahl von Gesetzen, Verordnungen
Das Fischereirecht und seine Aus-       und Richtlinien. In diesen Vorschrif-
übung sind im Landesfischereige-        ten sind u.a. der Schutzstatus von        verboten oder erlaubt ist, kann man
setz Baden-Württembergs gere-           Gebieten und Arten, die Möglich-          in der Verordnung zum jeweiligen
gelt. Weiterführende Bestimmun-         keiten von Eingriffen in die Natur        Schutzgebiet einsehen. Infos zu den
gen und Beschränkungen, wie z.          sowie die Ahndung von Verstößen           NSGs im LIFE+-Projektgebiet finden
B. Schonzeiten und Mindestmaße,         gegen geltendes Recht festgelegt.         sich unter www.rheinauen-rastatt.
sind der Landesfischereiverord-         Die Vorschriften richten sich z. T. an    de.
nung (LFischVO) zu entnehmen.           Privatpersonen, aber auch an Trä-         (Zu weiteren rechtlichen Aspekten
Einige Fischarten wie der Bitterling    ger öffentlicher Vorhaben sowie an        siehe www.lfvbw.de/86.0.html und
oder Schlammpeitzger sind ganz-         Behörden und – in Bezug auf EU-           zum Naturschutzrecht http://www.
jährig geschont. Deshalb darf man       Richtlinien – auch an EU-Mitglieds-       mlr.baden-wuerttemberg.de/).
diese Arten auch als Besitzer eines     staaten.
Fischereischeins nur fangen, wenn       Nach dem Bundesnaturschutzge-
man über eine entsprechende Aus-        setz ist es z. B. untersagt, natürliche
nahmegenehmigung verfügt (§22           und naturnahe Bereiche fließender
LFischVO).                              und stehender Binnengewässer
                                        einschließlich ihrer Ufer und der
Fischereischein                         dazugehörigen uferbegleitenden            * Früher war das Bundesnaturschutzgesetz
                                                                                  (BNatSchG) ein Rahmengesetz. Die eigent-
Wer angeln möchte, muss im Besitz       natürlichen und naturnahen Vege-
                                                                                  lich verbindliche Rechtsvorschrift war das
des Fischereischeins sein, der land-    tationszone, ihrer natürlichen und        Naturschutzgesetz des jeweiligen Bundes-
läufig auch als Angelschein bezeich-    naturnahen Verlandungsbereiche,           landes: in Baden-Württemberg das Landes-
net wird. Um den Fischereischein zu     Altarme und regelmäßig über-              naturschutzgesetz (NatSchG). Seit 2010 ist
bekommen, muss man mindestens           schwemmten Bereiche zu zerstören          das Bundesgesetz selbst Rechtsgrundlage
10 Jahre alt sein und die Fischerprü-   oder zu beeinträchtigen, da sie zu        und verdrängt als konkurrierendes Recht
                                                                                  das Naturschutzgesetz des Landes weitge-
fung bestehen. Für Jugendliche im       den gesetzlich geschützten Bioto-
                                                                                  hend.
Alter zwischen 10 und 15 Jahren         pen zählen (§ 30 BNatSchG*).

                                                                                                                               25
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