GEBETSTAGE FÜR BEDRÄNGTE UND VERFOLGTE MENSCHEN
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26. DEZEMBER 2021 (STEPHANUSTAG) UND 13. MÄRZ 2022 (REMINISZERE) GEBETSTAGE FÜR BEDRÄNGTE UND VERFOLGTE MENSCHEN
GEBETSTAGE FÜR BEDRÄNGTE UND VERFOLGTE MENSCHEN
STEPHANUSTAG | SONNTAG REMINISZERE
Impressum:
Herausgegeben vom Evangelischen Oberkirchenrat
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
Redaktion: Cornelia Wolf
Foto: Wolf, privat
Übersetzung der englischen Texte: Christoph Hildebrandt-Ayasse
Gestaltung und Produktion: Evangelisches Medienhaus GmbH
Augustenstraße 124, 70197 Stuttgart
Rechte:
Wir bedanken uns bei:
Katja Dorothea Buck,
Religionswissenschaftlerin und Politologin
Raimund Hertzsch, Pfarrer,
Vorstandsvorsitzender der Herrnhuter Missionshilfe e. V.
Mary L. Kategile,
Pfarrerin der Moravian Church Tansania, Südwest-Provinz, FrauenbeauftragteSTEPHANUSTAG | SONNTAG REMINISZERE
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Inhalt
Vorwort Landesbischof 5
Stephanustag und Sonntag Reminiszere 6
Schwerpunktländer 7
Demokratische Republik Kongo – Dschihadisten
mischen sich in jahrzehntelangen Konflikt ein – 7
Mosambik – kein Beispiel für Christenverfolgung 15
Tansania – fragiler Friede zwischen den Religionen 23
Bildbetrachtung: das Gleichnis vom Senfkorn 30
Gottesdienst 33
Opferempfehlung 40
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Vorwort
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Leserinnen und Leser,
die Situation der verfolgten Christen ist unserer Landeskirche wichtig und seit vielen
Jahren ein großes Anliegen. In diesem Jahr stehen die verfolgten Christinnen und
Christen in Mosambik im Mittelpunkt. Aber auch die Situation in der Demokratischen
Republik Kongo und in Tansania. Mosambik zählt zu den ärmsten Ländern dieser Welt
und die Menschen dort kennen Bürgerkriege und andere Katastrophen zur Genüge.
Seit gut zwei Jahren wird vermehrt von der Verfolgung von christlichen Gemeinden
in diesem südafrikanischen Land berichtet.
Unsere Landeskirche setzt sich dafür ein, dass weltweit alle Menschen ihren Glauben
leben dürfen. Ganz gleich welcher Religion sie angehören. Diese Religionsfreiheit ist
ein hohes Gut, das es zu erhalten oder zu schaffen gilt. Ein Beitrag dazu soll das vor-
liegende Heft sein. Wir bitten Sie deshalb, den Predigtentwurf, die Gebete, die Lieder
und Fürbitten sowie die Informationen zu nutzen und an andere weiterzugeben.
Wir in Deutschland können unsere Stimme frei und offen erheben, um diesen be-
drohten und unterdrückten Menschen weltweit zu helfen und ihre Not in den Fokus zu
rücken. Wir können für sie eintreten im Gebet und auf politischer Ebene.
Alle Menschen auf dieser Erde sind Gottes Kinder. Das glauben wir. Darum wollen
wir uns für diese Kinder, Frauen und Männer einsetzen, die oft um ihr Leben fürchten
müssen.
Im Galaterbrief heißt es: „So lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an
des Glaubens Genossen“ (Gal.6,10).
Ihr
Dr. h.c. Frank Otfried July
Landesbischof
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Stephanustag und Sonntag Reminiszere
Die Evangelische Landeskirche in Würt- Der Sonntag Reminiszere (13. März
temberg hat den Stephanustag (26. De- 2022) ist seit 2010 EKD-weit der offizielle
zember) und den Sonntag Reminiszere Gebets- und Gedenktag für bedrängte
als Gebetstage für bedrängte und ver- und verfolgte Christen. Das Thema die-
folgte Christen festgelegt. ses Sonntags ist „Gedenke, Herr, an
deine Barmherzigkeit und deine Güte,
Stephanus war ein Diakon in der ur- die von Ewigkeit her gewesen sind“ (Ps
christlichen Gemeinde in Jerusalem. 25,6). Zum Sonntag Reminiszere 2022
Durch seinen christlichen Lebenswandel wird von der EKD voraussichtlich eben-
erregte er viel Aufsehen. Er wurde als falls Material veröffentlicht. Dieses kann
Gotteslästerer beschimpft und schließ- im Internet abgerufen werden.
lich wegen seines Glaubens gesteinigt.
Die Steinigung des Stephanus war Auf- Mit diesen beiden Gebetstagen nehmen
takt zu einer großen Christenverfolgung. wir Christen Anteil am Leid unserer Ge-
Mit dem Stephanustag verbindet die schwister. Wir verbinden damit auch un-
christliche Kirche seit ihren Anfängen ser Engagement an einer Verbesserung
Bedrängung und Verfolgung. der menschenrechtlichen Lage in den
betroffenen Ländern.
Schwerpunkt für den Stephanustag 2020
und den Sonntag Reminiszere 2021 sind die Länder
Demokratische Republik Kongo | Mosambik | Tansania
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Demokratische Republik Kongo – Dschihadisten
mischen sich in jahrzehntelangen Konflikt ein
Kurzinfo zum Konflikt
Im Osten der Demokratischen Republik DR Kongo aktiv sind. Für die Menschen
Kongo (DR Kongo) herrscht seit Jahr- in der Gesamtregion, die überwiegend
zehnten Krieg. Mehr als 200 Milizen Christen sind, bedeutet dies eine weitere,
terrorisieren die lokale Bevölkerung. Sie unberechenbare Gefahr.
plündern, töten, vergewaltigen und ver-
treiben die Menschen aus ihren Dörfern. Kurzinfo zum Land
In der Regel werden sie dafür nicht zur
Rechenschaft gezogen. Der kongole- 90 Millionen EinwohnerInnen
sische Staat ist in dieser Region so gut
wie nicht präsent. 2,344 Millionen km² Fläche (etwa
sechs Mal so groß wie Deutschland)
Vordergründig geht es in dem Krieg um
die Kontrolle über die Bodenschätze in Schätzungsweise 90 Prozent der Be-
der Region, die für die weltweite IT- und völkerung sind ChristInnen. Der Anteil
E-Auto-Industrie wichtig sind. Doch auch der MuslimInnen wird auf zwischen
ethnische und politische Motive spielen 1 und 10 Prozent geschätzt. Ethno-
bei den Konflikten eine Rolle. religiöse Gruppen bilden nur wenige
Prozent der Gesamtbevölkerung.
Seit einiger Zeit häufen sich die Anzei-
chen, dass nun auch dschihadistische
Gruppen sowie die weltweite Terrororga-
nisation Islamischer Staat im Osten der
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Allgemeine Entwicklung Minderheiten. In östlichen Regionen al-
lerdings ist der muslimische Anteil an
Die Demokratische Republik Kongo (DR der Bevölkerung höher und wird auf bis
Kongo) gehört nicht zu den Ländern, die zu 25 Prozent der lokalen Bevölkerung
einem sofort in den Sinn kommen, wenn geschätzt. Bisher stand das friedliche
es um das Thema bedrängte und ver- Miteinander von Christen und Muslimen
folgte ChristInnen geht. bis auf einige kleinere Konflikte um Wei-
degründe zwischen christlichen Bauern
Nach der Verfassung von 2006 ist das und muslimischen Nomaden im Nordos-
Land ein säkularer Staat. Religiöser Plu- ten des Landes nicht in Frage.
ralismus wird respektiert. Diskriminie-
rung aufgrund ethnischer Abstammung, Dschihadistische Agenda
religiöser oder persönlicher Ansichten
ist verboten. Jeder darf seine Religion Beunruhigend sind seit einiger Zeit Mel-
öffentlich und privat bekunden, ausüben dungen über dschihadistische Gruppen
und dafür werben. Religionsgemein- im Ostkongo. Im Juni 2021 explodierte
schaften dürfen Gotteshäuser errichten eine Bombe in einer katholischen Kir-
und sich von in- und ausländischen Part- che in Beni in der Provinz Nord-Kivu,
nern in ihrer Arbeit unterstützen lassen. nahe der Grenze zu Uganda. Zwei Frauen
Kirchliches Leben gedeiht seit vielen wurden verletzt. Die Bombe explodierte,
Jahren, so dass die Kirchen heute im kurz bevor in der Kirche ein Firmungs-
Bildungs- und Gesundheitsbereich eine gottesdienst mit vielen Kindern und ihren
tragende Säule für die ganze Gesellschaft Familien hätte stattfinden sollen. Wenige
darstellen. Rund zwei Drittel der Schulen, Stunden später sprengte sich ein Selbst-
Gesundheitsstationen und Waisenhäuser mordattentäter in der Nähe einer Mo-
sind in kirchlicher Hand. schee in Beni in die Luft. In den Wochen
davor hatten Islamisten nach Angaben
Mit rund 90 Prozent stellen die Christen des kongolesischen Zentrums für Frie-
in der DR Kongo die große Mehrheit in densforschung (CEPADHO) bei verschie-
der Gesamtbevölkerung dar. Muslime denen Terrorakten in Beni 22 Menschen
und ethno-religiöse Gruppen sind kleine getötet.
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Verantwortlich für die Attentate zeichnet raub und Mord aktiv gewesen. Jetzt
häufig die islamistische Miliz Allied De- wollten sie aber das Gebiet besetzen, das
mocratic Forces (ADF), hinter der Beo- sie als ihr Eigentum beanspruchten.
bachter ein breites dschihadistisches
Netzwerk vermuten. Sie ist aus einer der Auch die katholische Bischofskonferenz
ugandischen Rebellengruppen entstan- bescheinigt der ADF eine eindeutig religi-
den, die im Ostkongo aktiv sind. 2017 ös-extremistische Agenda. „Alle, die von
bekannte sie sich zum Islamischen Staat. diesen Terroristen entführt wurden und
fliehen konnten, berichten dasselbe: Sie
Immer wieder nimmt die ADF gezielt wurden vor die Wahl gestellt zwischen
Geistliche ins Visier. So wurde am 8. Juli Tod und Konversion zum Islam“, sagt
2021 eine Ordensfrau in Goma entführt. Melchisedec Sikuli Paluku, der Bischof
Im November 2018 drangen bewaffnete von Butembo-Beni. Und die Bischofs-
Männer in das Haus eines Pastors in konferenz schreibt in einer Stellungnah-
Beni ein und töteten ihn und seine Toch- me im April 2021, dass die Islamisierung
ter. Drei weitere Kinder wurden bei dem der Bevölkerung eine weitreichendere
Angriff getötet, sieben Christen entführt. Strategie sei, um langfristig auf die all-
Sie gelten bis heute als vermisst. Kurz gemeine Politik des Landes Einfluss zu
darauf überfiel die ADF ein weiteres Dorf nehmen.
in der Gegend, entführte einen Pastor
und fünf Mitglieder seiner Gemeinde und Die weltweit agierende Terrororgani-
setzte zwölf Häuser in Brand. Der Pastor sation Islamischer Staat (IS) sieht den
und seine Frau wurden später tot aufge- Ostkongo seit April 2019 als offizielles
funden. Kampfgebiet an. Nach einem Anschlag
mit drei Toten in der Nähe von Beni er-
Im März 2019 verübten die ADF einen klärte der IS die gesamte Region zur
Anschlag auf das Dorf Kalau. Sie töteten „zentralafrikanischen Provinz des Ka-
sechs Menschen und zwangen Hunderte lifats“. Das Auftreten des Islamischen
zur Flucht. Ein Sprecher der Dorfgemein- Staats und anderer islamistischer Grup-
schaft sagte über die islamistischen Mi- pen in der DR Kongo verkompliziert die
lizionäre, sie seien lange mit Menschen- Situation in einem Land, das seit Jahr-
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zehnten bereits massiv von Gewalt und dem Rohstoffhandel können die Milizen
Terror betroffen ist. sich Waffen kaufen und ihren weiteren
Kampf finanzieren.
Bald drei Jahrzehnte Krieg im Ostkongo
Experten sprechen von einer Kultur der
Seit bald drei Jahrzehnten herrscht im Gewalt in der DR Kongo, deren Wurzeln
Ostkongo ein Krieg, von dem hierzulan- bis in die Kolonialzeit reichen. Mehr als
de nur wenig Notiz genommen wird. In acht Jahrzehnte beutete das belgische
der Region sind schätzungsweise bis zu Königshaus den Kongo mit brutaler Ge-
200 Milizen aktiv, die alle unterschied- walt aus. Historiker schätzen, dass seit
liche Interessen und oft keine stringente Beginn der Kolonialzeit 1876 Millionen
Strategie haben. Einige kommen aus Menschen massakriert oder verstüm-
den Nachbarländern, manche gehen auf melt wurden. Dörfer wurden beim ge-
den Genozid in Ruanda zurück oder auf ringsten Widerstand gegen die Koloni-
politische Vorgänge in Uganda vor Jahr- alherren niedergebrannt. Auch nach der
zehnten. Wieder andere sind entstanden Unabhängigkeit 1960 herrschte diese
aus ethnischen Konflikten in der Region. Kultur der Gewalt weiter.
Und schließlich gibt es noch Gruppen,
die sich gegen die kongolesische Zen- In einem Bericht aus dem Jahr 2010 hal-
tralregierung richten. Die Koalitionen ten die Vereinten Nationen fest, dass in
zwischen den Milizen wechseln ständig. Ostkongo allein zwischen 1993 und 2003
Es ist kaum möglich, sich ein klares Bild insgesamt 617 schwerstwiegende Ver-
über die Akteure zu verschaffen. brechen wie Massenvergewaltigungen
oder Massentötungen stattgefunden
Vordergründig spielt das Interesse am haben. Das heißt, dass alle sechs Tage
Gewinn aus den Rohstoffminen in der solche Massaker stattgefunden haben –
Region eine Rolle. Der Ostkongo ist reich und das über zehn Jahre hinweg. Doch
an seltenen Mineralien, die für die welt- selbst mit der Stationierung von UN-
weite Herstellung von Computerchips Friedenstruppen 1999 hat sich die Situa-
und Batterien für E-Autos bzw. E-Bikes tion nicht verbessert. Nach Angaben der
gebraucht werden. Mit dem Gewinn aus kongolesischen Bischofskonferenz sind
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seit 2013 allein in der Stadt Beni mehr Amin galt über die Region hinaus als
als 6.000 Menschen von Milizen getötet Versöhner und unerschrockener Kritiker
worden. 2.000 seien in Bunia ermordet des islamischen Extremismus und Terro-
worden. 7.500 seien verschleppt worden rismus. „Wir finden keine Ruhe, solange
und drei Millionen Menschen auf der sich nichts ändert. Ein hoher Geistli-
Flucht im eigenen Land. cher wurde getötet. Er war ein Muslim.
Morgen wird es ein Katholik sein oder
Bis heute wird so gut wie kein Angriff ein Protestant. Deswegen sind wir alle
strafrechtlich verfolgt. Der Staat ist in besorgt“, heißt es in einem Bericht der
den betroffenen Regionen so gut wie Bischofskonferenz.
nicht präsent. Und die Kritik an der Untä-
tigkeit der Blauhelme reißt nicht ab. Seit Die Kirchen sind wichtige
Jahrzehnten sind die Menschen schutz- politische Akteure
los den vielen marodierenden Gruppen
ausgesetzt, die skrupellos plündern, ver- Die Kirchen gelten in der DR Kongo
gewaltigen und morden. als moralische Instanz. Dieses Pfund
spielen sie auch politisch immer wie-
Dass in dieser undurchsichtigen Situ- der aus, womit sie sich oft Ärger mit
ation nun offenbar dschihadistische den Machthabern einhandeln. Bereits in
Gruppen sowie der Islamische Staat der Unabhängigkeitsbewegung spielten
mitwirken, bedeutet nicht nur für die christliche Vertreter eine wichtige Rol-
ChristInnen in der Region eine große Ge- le. Während der Langzeitdiktatur von
fahr. Auch einheimische MuslimInnen, Mobutu Sese Seko (1965–1997) sowie
die sich für Frieden einsetzen und die dessen Nachfolger Laurent-Désiré Kabila
Gewalt im Namen der Religion verurtei- (1997–2001) gehörten sie zu den lau-
len, geraten unter Druck. So wurde am testen Kritikern.
1. Mai der Vorsitzende der muslimischen
Glaubensgemeinschaft in Beni, Imam Ali Nach den ersten freien Wahlen in einem
Amin, von Unbekannten mit einem Kopf- Mehrparteiensystem 2006 schlugen
schuss getötet, während er in seiner Mo- die Kirchen einen Neutralitätskurs ge-
schee das Abendgebet anleitete. genüber der Politik ein. Mit politischen
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Positionierungen hielten sie sich zu- immer wieder deutlich zu Wort und wer-
rück und sprachen sich weder für die fen der Regierung (und auch den UN-
Regierung noch für die Opposition aus. Truppen) Unfähigkeit und Unwillen vor,
Das änderte sich, als Joseph Kabila, der die lokale Bevölkerung zu schützen.
Nachfolger seines verstorbenen Vaters,
nach seiner zweiten und damit verfas- Die Ökumene gibt Rückhalt für das
sungsrechtlich letzten Amtszeit 2016 die politische Engagement der Kirchen
Macht nicht aus der Hand geben wollte.
Am Beispiel der DR Kongo lässt sich gut
In der folgenden politischen Krise ver- zeigen, wie wichtig eine internationale
mittelte vor allem die katholische Kirche, Vernetzung für lokale Kirchen sein kann.
die mit rund 50 Millionen Mitgliedern Aufgrund des Rückhalts durch den Vati-
die größte und politisch einflussreichste kan oder den Ökumenischen Rat der Kir-
Kirche ist. Als Kabila die für 2017 anbe- chen können sich Kirchenvertreter in der
raumten Neuwahlen verhinderte, rief die Regel weiter aus dem Fenster lehnen als
katholische Laienbewegung zu Protest- zum Beispiel lokale Menschenrechtsor-
märschen auf, an denen Zehntausende ganisationen oder Oppositionspolitiker.
teilnahmen. Die Sicherheitskräfte trie- Außerdem haben die Kirchen einen sehr
ben mit großer Brutalität die Menschen guten Zugang zur Basis und können über
auseinander. Mindestens acht Menschen die Gemeindeebene schnell viele Men-
wurden getötet. Der kürzlich verstorbene schen erreichen.
Kardinal Laurent Monsengwo sprach da-
mals von einer „Barbarei“ und warf der Gemeinsam mit dem evangelischen Kir-
Regierung „staatsgefährdendes Verhal- chenverband Église du Christ au Congo
ten“ vor. Der damalige Erzbischof von (ECC) organisierte die katholische Kirche
Kinshasa war einer der größten Kritiker 2019 eine Unterschriftensammlung für
der Politik der verschiedenen Regie- Neuwahlen und konnte nach nur weni-
rungen. gen Wochen zwei Millionen Stimmen
vorlegen. Für eine Petition hätten laut
Auch im Zusammenhang mit dem Krieg Verfassung 100.000 Stimmen gereicht.
im Ostkongo melden die Kirchen sich
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Mit ihrem Engagement gegen Korruption Christ au Congo (ECC) die katholische
und für eine gute Regierungsführung ma- Kirche, die Kimbanguistenkirche, die or-
chen die Kirchen sich bei den Mächtigen thodoxe Kirche, die Heilsarmee sowie die
keine Freunde. Bei der Vorstellung der islamische Glaubensgemeinschaft.
Ergebnisse der Unterschriftensammlung
beispielsweise berichteten die katho- Die regierende Koalition unter Präsi-
lischen und evangelischen Kirchenführer dent Félix Tshisekedi forderten sie bei
von mehreren Fällen, in denen diejeni- dieser Gelegenheit auf, sich endlich für
gen, die Unterschriften in verschiedenen das Wohl des Volkes einzusetzen, die
Landesteilen gesammelt hatten, immer grassierende Korruption zu bekämpfen,
wieder bedroht und eingeschüchtert für den Schutz der nationalen Grenzen
worden seien von lokalen Führern und zu sorgen, der Instrumentalisierung der
Anhängern politischer Parteien, die in Justiz und der Bandenkriminalität sowie
der Durchführung von Wahlen die eigene der illegalen Ausbeutung von Rohstoffen
Macht gefährdet sahen. ein Ende zu setzen. Auch die katastro-
phale Sicherheitslage im Osten des Lan-
Interreligiöse Zusammenarbeit des prangerten die Religionsoberhäupter
an. Sie fordern die Freilassung politisch
Als Zeichen der Hoffnung ist sicherlich Gefangener und die Rückkehr exilierter
zu bewerten, dass die Kirchen nicht nur Politiker als Maßnahmen zur politischen
auf ökumenischer Ebene, sondern auch Entspannung.
interreligiös den Schulterschluss mit an-
deren Glaubensgemeinschaften suchen. Als informelle Vereinigung hatte die-
Anfang 2020 stellten acht Oberhäupter se interreligiöse Plattform bereits seit
verschiedener Religionen in der DR 1991 bestanden. Angesichts der äußerst
Kongo ihre bisher lose Zusammenarbeit schwierigen Lage in der DR Kongo hatte
mit einer gemeinsamen Charta auf eine man eine formellere Struktur angestrebt.
formelle Grundlage, um bei Themen von Auch über den Kongo hinaus wollen die
nationalem Interesse gemeinsam die Religionsvertreter der DR Kongo wirken.
Stimme zu erheben. Mit dabei sind der Im Januar 2020 hatten sich Repräsen-
evangelische Kirchenverband Église du tanten aller Konfessionen aus der DR
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Kongo, der Republik Kongo, aus Ruanda, oder ihre Flüchtlingshilfe finanziert wird.
Burundi, Angola, Südsudan und der Zen- Auch stärkt die internationale Aufmerk-
tralafrikanischen Republik in der Schweiz samkeit für die Konflikte, unter denen
getroffen, um ein Bündnis zu gründen, die Menschen in Kongo leiden, den Frie-
das zur Prävention und Beilegung von densakteuren vor Ort den Rücken. Mit
Konflikten sowie zur Stabilisierung in internationaler Rückendeckung können
der Region beitragen will. Da in dem seit sie sich stärker für den Frieden und den
Jahrzehnten andauernden Konflikt im Schutz der Bevölkerung einsetzen und
Ostkongo auch Milizen aus den Nachbar- die Regierung zum Handeln auffordern.
ländern aktiv sind, die von unterschied-
lichen Seiten unterstützt werden, ist die Die Kirchen sind außerdem das eini-
überregionale Strategie, welche die Reli- gende Band in einer sehr heterogenen
gionsvertreter eingeschlagen haben, ein Gesellschaft. Sie sind an einem guten
vielversprechender Versuch. Miteinander mit der muslimischen Min-
derheit interessiert und haben erkannt,
Ausblick dass der weltweit agierende islamis-
tische Extremismus die Gesellschaft in
Als zivilgesellschaftliche Akteure spielen der DR Kongo spalten möchte. In ihrem
die Kirchen in der DR Kongo eine zentrale Engagement für einen interreligiösen
Rolle. Darin können sie von der weltwei- Frieden sind sie auf die Unterstützung
ten Ökumene unterstützt werden, indem und Ermutigung von außen angewiesen.
zum Beispiel ihre Versöhnungsarbeit
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Mosambik – kein Beispiel für Christenverfolgung
Kurzinfo zum Konflikt Kurzinfo zum Land
Seit 2017 kämpfen in der Provinz Cabo 30 Millionen EinwohnerInnen
Delgado im Norden von Mosambik isla-
mistische Milizen gegen die Regierung knapp 800.000 km² Gesamtfläche
und besetzen immer wieder Städte, (gut doppelt so groß wie Deutsch-
Siedlungen und ganze Regionen. Die land).
Regierung versucht bisher erfolglos, mit
Söldnern aus dem Ausland sowie der Der Süden und die großen Städte des
Unterstützung aus Nachbarländern den Landes sind überwiegend christlich
Aufstand niederzuhalten. Mehr als 2.500 geprägt (54 Prozent). Im Norden und
Menschen sind bereits gestorben. Nach entlang der Küste leben mehrheitlich
Schätzungen der Europäischen Union zumeist sunnitische Muslime (17,5
sollen knapp 800.000 Menschen intern Prozent). Vor allem in den länd-
auf der Flucht sein, viele weitere haben lichen Regionen sind traditionelle
Schutz in den Anrainerstaaten gesucht. afrikanische Religionen vertreten (28
Das Welternährungsprogramm warnt, Prozent).
dass wegen des anhaltenden Terrors und
der zunehmenden Gewalt in der Region Seit 1975 unabhängig. Davor
bald eine Million Menschen akut von fast 500 Jahre Kolonie, erst unter
Hunger bedroht sein wird. portugiesischer, später auch unter
britischer Herrschaft.
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Einleitung von gezielter Christenverfolgung im
Norden Mosambiks. Doch dem Konflikt
Bis vor wenigen Jahren hat sich um die liegen andere als religiöse Gründe zu-
Religionsfreiheit in Mosambik niemand grunde. In Cabo Delgado kann beobach-
Sorgen machen müssen. Das Verhältnis tet werden, wie in wenigen Jahren ein
zwischen Staat und Glaubensgemein- lokaler Konflikt um Ressourcen zu einem
schaften ist stabil. Laut Verfassung ist Brennpunkt islamistischen Terrors wer-
Mosambik ein säkularer Staat und es den kann. Wer sich für einen nachhal-
herrscht Religionsfreiheit. Diskriminie- tigen Frieden in Mosambik einsetzen will,
rung aus religiösen Gründen ist untersagt. muss daher genauer hinschauen.
„Es ist jedem Bürger selbst überlassen, ob
er seinen Glauben ausübt“ (Art. 54,19). Ursachen des Konflikts: Benachteili-
Zwar darf an staatlichen Schulen kein gung, Korruption, Indoktrination
Religionsunterricht stattfinden, Religions-
gemeinschaften können aber ohne Pro- Begonnen hat der Konflikt im Oktober
bleme eigene Schulen betreiben. 2017 mit einem Aufstand in der Hafen-
stadt Mocímboa da Praia im Norden von
Von den rund 30 Millionen Einwohne- Mosambik. Eine Gruppe junger Männer
rInnen gehört gut die Hälfte dem christ- besetzte zwei Tage lang den Hafen. Nicht
lichen Glauben an, 17,5 Prozent sind einmal Schusswaffen hatten sie bei sich.
Muslime. Seit jeher leben sie friedlich Sie wollten ihrer Frustration Ausdruck
miteinander, der gegenseitige Respekt verleihen, dass ihre Generation keine
hat Tradition. Doch mit der seit 2017 Perspektiven hat und vom erwarteten
zunehmenden Gewalt in der nördlichen Wirtschaftsboom in der Region ausge-
Provinz Cabo Delgado wächst auch das schlossen ist.
Risiko, dass die historisch gewachsene
religiöse Toleranz innerhalb der Gesell- Einige Jahre zuvor war vor der Küste
schaft zu bröckeln beginnt. Mosambiks eines der größten Gasfelder
der Erde entdeckt worden. Im Landesin-
Christliche Hilfswerke wie Open Doors neren hatte man außerdem enorme
und Kirche in Not sprechen mittlerweile Edelsteinvorkommen ausgemacht. Die
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Hoffnungen waren groß, dass es in der um die seit der Unabhängigkeit 1975
Region, die bisher zu den ärmsten in regierende Frelimo-Partei gemeinsame
Mosambik zählte, endlich aufwärts ge- Sache zu machen.
hen würde. Doch die Konzessionen für
die Gasförderung und die Edelsteinmi- Von einem lokalen Konflikt zum Brenn-
nen vergab die Regierung in Maputo an punkt islamistischen Terrors
ausländische Firmen. Lokale Bergarbei-
ter, die bisher in kleinem Stil Rubine ge- Die Besetzung des Hafens im Oktober
schürft hatten, wurden vertrieben; Bau- 2017 dauerte nicht lange. Nach zwei
ern, die ihre Felder über den Edelstein Tagen hatten Polizei und Regierungs-
führenden Gesteinsschichten hatten, truppen die Lage wieder im Griff. Doch
wurden umgesiedelt. der eigentliche Aufstand war damit nicht
beendet. Vielmehr bekamen die Aufstän-
Gleichzeitig passierte in der mehrheitlich dischen immer mehr Zulauf. Die Frustra-
muslimischen Provinz das, was auch in tion über die Perspektivlosigkeit wuchs
anderen muslimischen Regionen Afrikas vor allem unter den jungen Männern, die
schon viele Jahre zuvor passiert war. ohne Arbeit waren. In der Folgezeit kam
Junge Prediger, die in Ägypten, Katar, es zu weiteren Auseinandersetzungen
Saudi-Arabien oder Südafrika eine stren- mit den Sicherheitskräften. Dabei nahm
ge Auslegung des Islam studiert hatten, keine der beiden Konfliktparteien Rück-
bauten nach ihrer Rückkehr in die Heimat sicht auf die Zivilbevölkerung. Muslime
mit Spendengeldern aus dem Ausland und Christen gerieten immer wieder zwi-
neue Moscheen, griffen armen Familien schen die Fronten.
unter die Arme und lehrten die Gläu-
bigen, dass eine Gesellschaft unter der Mit der Zeit mehrten sich die Anzeichen,
Scharia fairer sei als das, was sie bisher dass die Aufständischen von auslän-
unter der säkularen Regierung im fernen dischen Kämpfern unterstützt wurden
Maputo erlebten. Sie verdrängten die lo- wie zum Beispiel den Al-Shabaab-Milizen
kalen Imame, die den Koran tolerant und in Somalia. Immer häufiger tauchten bei
barmherzig auslegten, und sagten ihnen den Überfällen die schwarzen Fahnen
nach, mit der korrupten Machtelite rund des Islamischen Staats auf. Unter dem
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Namen „Islamischer Staat in Mosam- dem es ihnen gelungen war, auch den für
bik“ (IS-M) bekannten sich die Kämpfer die Gasförderung wichtigen Hafen ein-
im Juni 2019 offiziell zum Islamischen zunehmen. Die zahlreichen Angriffe und
Staat (IS), der Dachorganisation der Plünderungen von Dörfern haben es in
weltweiten Dschihadisten-Bewegung. den letzten anderthalb Jahren eher selten
Der IS verkündete in einer Pressemittei- in die internationalen Medien geschafft.
lung, dass IS-M nun Teil des Islamischen Im April 2020 wurden 52 Menschen bei
Staats in der neu gegründeten zentralaf- Überfällen im Distrikt Muidumbe getötet.
rikanischen Provinz (ISCAP) sei. Gleich- Ende Oktober 2020 wurden sechs Dör-
zeitig reklamierte der IS offiziell die Ver- fer im gleichen Distrikt angegriffen, ge-
antwortung für 30 Anschläge im Norden plündert und 20 Menschen enthauptet,
Mosambiks. darunter 15 Jugendliche. Im März 2021
griffen die Dschihadisten die Stadt Palma
Wie eng die Verbindungen zwischen den an und töteten hunderte von Menschen.
Kämpfern in Mosambik und den IS-Füh- Knapp 70.000 BewohnerInnen mussten
rern tatsächlich sind, konnte bisher nicht fliehen.
geklärt werden. Eine Studie des Interna-
tionalen Zentrums für Radikalisierungs- Experten gehen davon aus, dass es den
studien am King’s College in London Kämpfern bei den Überfällen vor allem
kommt zu dem Schluss, dass es eine um zwei Dinge gehe: Sie wollen Raub-
Art versteckte formale Kommunikation gut erbeuten, mit dem sie ihren Eigen-
zwischen dem Netzwerk in Mosambik bedarf an Lebensmitteln abdecken und
und dem IS als globaler Bewegung gebe. ihren Kampf finanzieren. Zum anderen
Beide Seiten profitierten von der gegen- entführen sie Kinder und Jugendliche.
seitigen Propaganda. Die Jungen sollen zu Kämpfern ausgebil-
det werden und die Mädchen werden an
Seit Anfang 2020 nehmen die Angriffe Kämpfer verheiratet, zur (Sex-)Sklaverei
auf die Zivilbevölkerung zu. Internatio- gezwungen oder ins Ausland „verkauft“.
nal für Schlagezeilen sorgte der Sturm Wer sich weigert, mit ihnen mitzugehen,
der Dschihadisten auf die Hafenstadt riskiert enthauptet zu werden. Hilfsorga-
Mocímboa da Praia im August 2020, bei nisationen gehen davon aus, dass mitt-
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lerweile Hunderte Kinder und Jugendli- nisationen bezweifeln allerdings, dass
che verschleppt wurden. dies tatsächlich deren Strategie ist. Sie
berichten, dass die Kämpfer zwischen
Werden in Mosambik gezielt Christen den Opfern keine Unterschiede machten.
verfolgt? Von den Terrorattacken seien sowohl
Christen als auch Muslime betroffen. Ex-
Christliche Hilfswerke wie Open Doors perten gehen davon aus, dass die Selbst-
oder Kirche in Not berichten in ihren darstellung des IS-M, gezielt Christen zu
Newslettern von Übergriffen und Plün- verfolgen, Propaganda ist, mit der neben
derungen speziell auf Christinnen und Angst und Schrecken auch internationale
Christen, die in der Unruheregion in der Aufmerksamkeit erzeugt werden soll und
Minderheit sind. In ihren Berichten kon- ein Keil in die ansonsten religiös tole-
zentrieren sie sich auf die christlichen rante Gesellschaft des Landes getrieben
Opfer, berichten von der Zerstörung von werden soll.
Kirchen und von der Entführung von Or-
densleuten. Der Schweizer Ableger von In der Öffentlichkeit in Mosambik wird
Open Doors rief im Juli 2020 gezielt zur der Konflikt bisher nicht als ein religiöser
Unterstützung von traumatisierten Chris- Konflikt wahrgenommen. In den sozia-
ten auf. Hunderte von christlichen Fami- len Medien wird das Geschehen in Cabo
lien seien in Not. Mosambik sei eines Delgado als ein Versagen des Staates
der Länder, das kurz vor dem Einzug in gesehen, der nicht in der Lage ist, seine
den Weltverfolgungsindex stehe, mit eigene Bevölkerung zu schützen.
dem Open Doors jedes Jahr ein Ranking
der Länder veröffentlicht, in denen nach NGOs, lokale Medien und Menschen-
Angaben des Hilfswerks ChristInnen ver- rechtsorganisationen kritisieren immer
folgt werden. wieder das mitunter sehr harte Vorge-
hen der Regierungskräfte gegenüber der
Auch die Dschihadisten selbst behaupten muslimischen Bevölkerung, die bereits
immer wieder, es besonders auf Christen seit vielen Jahrzehnten marginalisiert
abgesehen zu haben. Journalisten vor wird und von der wirtschaftlichen Ent-
Ort und Mitarbeitende von Hilfsorga- wicklung des Landes bisher abgehängt
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war. Immer wieder kommt es im Norden eine militärische Ausbildungsmission für
des Landes zu willkürlichen (Massen-) die mosambikanische Armee.
Verhaftungen von Musliminnen und
Muslimen, die durch das Tragen von Doch genau vor einer solchen Einmi-
Kopftuch oder Bart sichtbar machen, schung warnen Kenner der Region. Für
dass für sie der islamische Glaube rele- den langjährigen BBC-Korrespondenten
vant ist. Joseph Hanlon besteht die Gefahr, dass
aus Mosambik ein „afrikanisches Afgha-
Internationale Reaktionen: Einmi- nistan“ werden könnte. Und die beiden
schung, ja oder nein? großen Hilfswerke Brot für die Welt und
Misereor bezeichnen die Lage in Mo-
International findet der Konflikt in Cabo sambik viel zu undurchsichtig, um sich
Delgado immer größere Aufmerksam- von außen einmischen zu können. Sie
keit. Das Nachbarland Tansania ist warnen davor, dass dadurch die Situati-
alarmiert, nachdem auch Dörfer in der on für die Menschen im Land nur noch
Grenzregion überfallen wurden. Beo- auswegloser werden könnte.
bachter sehen Anzeichen für eine „Iraki-
sierung“ der Region. Denn offenbar hat Zum einen verfüge die Region über rie-
der mosambikanische Staat in diesem sige Gas- und Kohlevorkommen. Zum
Teil des Landes die Kontrolle verloren. anderen böten extreme Armut, die syste-
Andere ziehen Vergleiche zu Boko Haram matische Benachteiligung ganzer Bevöl-
in Nigeria. kerungsgruppen seit der Kolonialzeit, die
Interessenkonflikte von lokalen, regio-
Seit einiger Zeit wird auch auf internati- nalen und internationalen Mächten sowie
onaler Ebene darüber diskutiert, welche von internationalen Gaskonzernen in der
Unterstützung Mosambik braucht. Mitt- Provinz Cabo Delgado einen Nährbo-
lerweile hat die Südafrikanische Staaten- den für radikale islamistische Gruppen.
gemeinschaft (SADC) Truppen entsen- Außerdem würden brutale Taten sowohl
det. Frankreich, Portugal und die USA von den Milizen als auch von der mo-
haben ihre Unterstützung angeboten. sambikanischen Armee begangen.
Und die Europäische Union diskutiert
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Dass islamistische Kräfte tatsächlich 2020 hatten muslimische und christ-
versuchen, ihren Einfluss in Mosambik liche Geistliche zu einem landesweiten
auszubauen, bestreiten die Hilfswerke gemeinsamen Gebet für den interreligi-
nicht. Anders als von der mosambi- ösen Frieden eingeladen. Einig waren sie
kanischen Regierung behauptet, seien sich, dass das gute Miteinander der Re-
die bewaffneten Gruppen aber zumeist ligionen ein Schlüsselfaktor für die wirt-
„keine ‚Terroristen‘, ‚Extremisten‘ oder schaftliche und politische Entwicklung
‚Dschihadisten‘, sondern in der Mehr- des Landes ist.
heit junge Bewohner der Provinz, die
aufgrund von Armut, fehlender Bildung Andere Initiativen setzen sich ebenfalls
und geringen beruflichen Chancen so- aktiv für Toleranz ein. So hat zum Bei-
wie insgesamt fehlenden Perspektiven spiel eine Initiative aus zivilgesellschaft-
in den bewaffneten Kampf ziehen“, sagt lichen und religiösen Organisationen
Helle Dossing, Afrika-Abteilungsleiterin im letzten Sommer Lebensmittelpakete
bei Brot für die Welt. „Diese Menschen landesweit in Kirchen, Moscheen und
brauchen Alternativen, sie brauchen Hil- Gemeindezentren an Familien ausgege-
fe.“ Eine Ausweitung des Konflikts werde ben, die besonders von den Folgen der
die Lebensbedingungen der Bevölkerung Corona-Krise betroffen waren. Dabei
nur noch weiter verschlechtern. spielte es keine Rolle, ob die Familien
muslimisch, christlich oder animistisch
Interreligiöse Antworten geprägt waren. Allein 50 Tonnen Fleisch
wurden bei dieser Aktion verteilt.
Mosambik hat eine lange Tradition des
friedlichen Miteinanders von Chris- Im November 2020 gründeten der katho-
ten und Muslimen. Die Gewalt, die seit lische Bischof Luiz Fernando Lisboa von
einigen Jahren im Norden des Landes der Diözese Pemba und der islamische
geschieht, wird von prominenten mus- Führer Nassuralah Dula eine interreligi-
limischen Geistlichen immer wieder öse Initiative, die sich um die Flüchtlinge
deutlich verurteilt. Sie stellen öffentlich und Vertriebenen in der Region kümmert
klar, dass dies mit den Werten des Islam und gemeinsam nach Lösungen sucht.
nichts zu tun habe. Am 26. September
21GEBETSTAGE FÜR BEDRÄNGTE UND VERFOLGTE MENSCHEN
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Auch hat die Gemeinschaft Sant Egidio Bevölkerungsgruppen und ihre Ausgren-
im Dezember 2020 eine Gruppe von re- zung von der wirtschaftlichen und so-
ligiösen Führern und Vertretern der Zi- zialen Teilhabe muss dringend beendet
vilgesellschaft aus Mosambik zu einem werden.
Symposium eingeladen, bei dem es um
den gesellschaftlichen Frieden und den Muslimische Geistliche verurteilen be-
sozialen Zusammenhalt ging. reits die Gewalt im Namen von Religion.
Sie werden sich weiterhin klar und ein-
Ausblick deutig von den radikalen Kräften distan-
zieren und gemeinsam mit den Vertre-
Um die Situation im Norden Mosam- tern der christlichen Gemeinschaft zum
biks wieder in den Griff zu bekommemn, Frieden aufrufen und sich für religiöse
muss sich die Regierung stärker für die Toleranz einsetzen müssen. Dabei sind
Sicherheit der Zivilbevölkerung in der sie auf die Ermutigung ihrer Geschwister
Krisenregion einsetzen. Jede Unterstüt- im Ausland angewiesen.
zung von außen muss daraufhin geprüft
werden, mit welchen Interessen sie ins Damit Mosambik weiterhin ein religiös
Land gebracht wird. Des Weiteren müs- tolerantes Land bleibt, braucht es ver-
sen dringend die sozialen und wirtschaft- mehrt Angebote, die das interreligiöse
lichen Probleme im Norden des Landes Zusammenleben ganz konkret fördern.
an der Wurzel angegangen werden. Die Auch hier können Kirchen weltweit eine
jahrzehntelange Benachteiligung von unterstützende Rolle spielen.
22STEPHANUSTAG | SONNTAG REMINISZERE
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Tansania – fragiler Friede zwischen den Religionen
Kurzinfo zum Konflikt Kurzinfo zum Land
Tansania galt lange Zeit als afrikanisches 63 Millionen EinwohnerInnen
Vorzeigeland für ein gutes Miteinander
von Christen und Muslimen. Eine An- 947.000 km² (knapp drei Mal so groß
schlagsserie auf Kirchen und Priester wie Deutschland)
2012/2013 machte aber deutlich, dass
es dennoch Spannungen zwischen den Christen etwa 60 Prozent; Muslime
Religionsgruppen gibt. Auch wenn es in etwa 30 Prozent; ethno-religiöse
den letzten Jahren keine schlimmeren Gruppen und andere etwa 10 Pro-
Auseinandersetzungen zwischen Chris- zent. Diese Zahlen sind allerdings
ten und Muslimen in Tansania gegeben reine Schätzwerte, die auf den letzt-
hat, darf nicht übersehen werden, wie mals 1967 erhobenen Angaben zur
fragil der interreligiöse Friede ist. Hinzu Religionsverteilung beruhen. Seither
kommt, dass die Regierung, die lange wird bei Volkszählungen nicht mehr
die freie Religionsausübung und das nach der Religionszugehörigkeit
friedliche Miteinander gefördert hat, ver- gefragt. Die Schätzungen, wie groß
sucht, immer mehr die Kontrolle über die muslimische bzw. die christliche
die Religionsgemeinschaften zu bekom- Bevölkerungsgruppe heute tatsäch-
men. Und schließlich schwappt aus dem lich ist, unterliegen beträchtlichen
südlich angrenzenden Mosambik der in- Schwankungen, je nachdem welche
ternationale Islamismus nach Tansania. Gruppe die Mehrheit für sich rekla-
Das sind alles keine guten Perspektiven mieren möchte.
für den Religionsfrieden in Tansania.
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Allgemeine Entwicklung mand darf aufgrund seines Glaubens
diskriminiert werden. Der säkulare Cha-
Tansania hat eine lange Tradition des rakter des Staates wird zudem dadurch
friedlichen Miteinanders von Christen untermauert, dass bei Wahlkämpfen kei-
und Muslimen. Ein Grund dafür ist sicher ne Botschaften vermittelt werden dürfen,
die Tatsache, dass sich die christlichen die auf Stammesdenken oder religiösen
und muslimischen Bevölkerungsgrup- Vorurteilen basieren.
pen in Tansania so verteilen, dass es
sowohl Regionen mit einer deutlichen Alle religiösen Organisationen müssen
muslimischen Mehrheit (Küstenregion sich registrieren lassen, wobei die Na-
und Sansibar) gibt als auch Regionen, in men von mindestens zehn Mitgliedern,
denen die ChristInnen die überwiegende eine schriftliche Satzung, die Lebens-
Mehrheit darstellen (Binnenland). Ent- läufe der Leiter der Organisation sowie
sprechend gibt es für beide Religionsge- ein Empfehlungsschreiben des Präfekten
meinschaften auch Situationen, in denen jenes Distrikts vorzulegen ist, in dem die
sie sich in der Minderheit befinden und Organisation ansässig ist. Muslimische
auf ein gedeihliches Miteinander mit dem Organisationen müssen noch eine wei-
jeweils anderen angewiesen sind. Seit tere Zulassung einholen, auf dem Fest-
einigen Jahren untergraben verschie- land vom Nationalrat der Muslime in
dene Faktoren dieses Miteinander. Hinzu Tansania (Bakwata) und in Sansibar vom
kommt, dass die Politik sich zunehmend örtlichen Mufti.
mehr Möglichkeiten der Kontrolle über
die Religionsgemeinschaften verschafft. Diese allgemeine Registrierungsregel,
die es in vielen Ländern gibt, wird von
Einschränkungen durch den Staat der Regierung zunehmend zum Kontroll-
instrument umfunktioniert. Im Juni 2019
Laut der Verfassung von 1977 ist Tan- brachte die Nationalversammlung einige
sania ein säkularer Staat, in dem jeder Gesetzesänderungen auf den Weg, die
Mensch das Recht auf Gewissens- und nach Ansicht von Menschenrechtsor-
Glaubensfreiheit hat und auch zu einer ganisationen die Meinungsfreiheit, die
anderen Religion wechseln kann. Nie- Versammlungsfreiheit und die Vereini-
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gungsfreiheit beschränken werden. Am- Allerdings ist die Frage berechtigt, ob
nesty International kritisierte, dass diese eine derart scharfe Trennung von Poli-
Änderungen „in unzulässiger Weise die tik und Religion, wie sie in Tansania von
Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organi- politischen Kräften befürwortet wird, in
sationen behindern und der Zensur Vor- der Praxis überhaupt umsetzbar ist. In
schub leisten werden“. Tansania gibt es zahlreiche Kranken-
häuser, Sozialeinrichtungen und Schu-
Das neue Gesetz wurde im Juni 2020 len, die von Religionsgemeinschaften
verabschiedet. Es räumt den Behörden betrieben werden. Wer sich aber sozial-
bei der Beurteilung und Überprüfung von diakonisch oder im Bildungsbereich en-
zivilgesellschaftlichen Organisationen gagiert, ist zwangsläufig auch von den
weitgehende Befugnisse ein. Nach An- allgemeinen Rahmenbedingungen, die
sicht des tansanischen Rechtsexperten der Staat verantwortet, abhängig. So
Jebra Kambole führen sie dazu, dass die sagte Bischof Benson Bagonza von der
staatliche Registrierungsstelle Kirchen, Evangelisch-Lutherischen Kirche von
Moscheen und anderen Einrichtungen Tansania bereits 2018 in einem Interview
ohne Angabe von Gründen die Zulassung mit der Deutschen Welle: „Wenn die Kir-
verweigern kann. chen Krankenhäuser und Schulen bauen,
Trinkwasser zur Verfügung stellen und
Nicht nur in Tansania, sondern auch in sich um die Kranken kümmern, gibt es
anderen Ländern Afrikas stellen Kirchen keine Widerworte. Wenn sie aber fragen,
oft den Raum dar, in dem Regierungskri- warum es in den Krankenhäusern keine
tik und oppositionelle Ideen Platz finden. Medikamente gibt, wird ihnen vorgewor-
Entsprechend gefährlich können sie für fen, sich in die Politik einzumischen.“
die Machthaber werden. Nach Auffas-
sung der Regierung in Dar es Salaam ha- Wie schwer es für Kirchen ist, sich nicht
ben die Kirchen aber allein die Aufgabe, in die Politik einmischen zu dürfen, zeigt
den Glauben weiterzugeben und die Bibel die Corona-Pandemie. Unter Präsident
zu lehren. Sie sollen sich nicht in die Po- John Magufuli, der im März 2021 ver-
litik einmischen. mutlich selbst an Covid 19 gestorben ist,
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gehörte die tansanische Regierung zu Januar 2021 ein, dass das Land vielleicht
den großen Corona-Leugnern. Von Be- doch ein Corona-Problem haben könnte.
ginn an hatte Magufuli das Virus als eine Maskentragen wurde fortan geduldet.
Erfindung ausländischer Kräfte abgetan, Sowohl die katholische als auch die
die Tansania seiner Reichtümer berau- evangelische Kirche im Land wagten sich
ben wollten. Folglich wurden keine Ab- schließlich aus der Deckung und riefen
standsgebote eingeführt und das Tragen die Menschen auf, den Ratschlägen von
von Masken verboten. Auch wurde es al- Gesundheitsexperten zu folgen und die
len untersagt, über Corona zu reden. Wer Hygienemaßnahmen einzuhalten.
es trotzdem tat, galt als oppositionsnah.
Religiöse Spannungen schwelen im
Im Frühjahr 2020 hatte der Präsident, der Untergrund
selbst zu einer charismatischen Freikir-
che gehört, die Bevölkerung durch einen In Tansania ist Religion im Allgemeinen
dreitägigen Gebetsmarathon gegen das kein spaltender Faktor. Christlich-mus-
Virus geführt und daraufhin das Land für limische Mischehen sind nichts Außer-
Corona-frei erklärt. Damit hatte er seine gewöhnliches. Auch werden Kinder aus
Rolle als Politiker in dem eigentlich sä- solchen Ehen nicht stigmatisiert. Ebenso
kularen Staat deutlich überschritten und ist es nicht ungewöhnlich, wenn Musli-
die Kirchen in die Bredouille gebracht. me einen originär christlichen Namen
Einerseits konnten sie als Kirchen nicht tragen und Christen einen muslimischen
anders, als Aufrufe zum Gebet gegen das Namen. Zu zentralen religiösen Feiern la-
Virus zu unterstützen. Zum Maskentra- den sich befreundete Familien und Nach-
gen in Gottesdiensten oder bei anderen barn mit großer Selbstverständlichkeit
kirchlichen Veranstaltungen aber durften gegenseitig ein.
sie nicht aufrufen.
Allerdings gibt es im säkularen Tansania
Erst als die Zahl der Corona-Toten mas- seit Jahrzehnten auch immer wieder Dis-
siv zunahm und selbst hohe Regierungs- kussionen darüber, ob Muslime benach-
beamte und Militärangehörige ganz un- teiligt werden, sei’s beim Zugang zu Bil-
erwartet starben, räumte Magufuli Ende dung und wirtschaftlichen Ressourcen,
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GEBETSTAGE FÜR BEDRÄNGTE UND VERFOLGTE MENSCHEN
sei’s bei der politischen Teilhabe. Wäh- schäfte, in denen Alkohol verkauft wurde,
rend der Präsidentschaft von Ali Hassan wurden niedergebrannt. Da der Genuss
Mwinyi (1985–1995), der selbst Muslim von Alkohol Muslimen nach dem Koran
ist, gab es ähnlich gelagerte Beschwer- verboten ist, ist der Alkoholverkauf in
den von christlicher Seite. Zu direkten mehrheitlich muslimischen Gesellschaf-
Gewaltausbrüchen haben solche Diskus- ten oft den Christen vorbehalten.
sionen aber nie geführt.
Im Dezember 2012 wurde in Sansibar
Dass es im vielfach als vorbildlich be- ein Anschlag auf einen katholischen
zeichneten christlich-muslimischen Mit- Priester verübt, ein anderer Priester wur-
einander in Tansania aber auch tief lie- de im Februar 2013 vor seiner Kirche in
gende Spannungen gibt, wurde spä- Mtoni erschossen. In Arusha starben im
testens 2012 deutlich. Insbesondere der Mai des gleichen Jahres bei einem Bom-
Herbst jenes Jahres war geprägt von benanschlag auf eine katholische Kirche
gewaltsamen Auseinandersetzungen, die drei Menschen, 60 weitere wurden ver-
der Auftakt für eine ganze Serie von An- letzt. In Geita wurde im Juni 2013 ein
schlägen werden sollten. So verwüstete Pfarrer der Assemblies of God ermordet.
im Oktober 2012 eine Gruppe um den Und zwei britische Volontärinnen wur-
muslimischen Scheich Faridi Hadi Ah- den im August 2013 in Sansibar Opfer
med mehrere Kirchen im Distrikt Temeke eines Säureanschlags. Im gleichen Mo-
in der Region Dar es Salaam. Anlass war, nat wurde ein Brandanschlag auf eine
dass ein christlicher Junge auf einen Ko- Evangelisch-Lutherische Kirche in Dar es
ran uriniert hatte. Zur gleichen Zeit wur- Salaam verübt, im September wieder ein
de eine Kirche in der westlichen Region Säureanschlag auf einen katholischen
Kigoma niedergebrannt. Priester in Sansibar.
Zusammenstöße zwischen Jugendlichen Doch nicht nur Christen wurden Opfer
und der Polizei gab es damals auch auf von Anschlägen. Auch Muslime litten
Sansibar, nachdem ein prominenter unter der zunehmenden Gewalt. Im
Scheich zur Abspaltung Sansibars von April 2013 musste die Polizei im Süden
Tansania aufgerufen hatte. Bars und Ge- Tansanias 200 Christen mit Tränengas
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auseinandertreiben, die eine Moschee spielsweise in Sansibar im Mai 2018
anzünden wollten nach einem Streit, bei der Bischof der pfingstlichen Missions-
dem es um das Schlachten von Tieren gesellschaft Pentecostal Evangelistic
gegangen war. Und im Dezember 2013 Fellowship of Africa und dessen Tochter
wurde der Sekretär des Muftis von San- während eines Gottesdienstes verhaftet.
sibar Opfer eines Säureanschlags. Sie kamen zwar am nächsten Tag wieder
frei, wurden aber aufgefordert, die Kir-
Diese interreligiösen Konfrontationen che zu schließen. Muslimische Geistliche
lassen sich nicht einfach mit einer zuneh- hatten sich darüber beschwert, dass es
menden religiösen Radikalisierung erklä- bei den christlichen Gottesdiensten zu
ren. Denn weder Christen noch Muslime laut zugegangen sei.
bilden einen homogenen Block in Tansa-
nia. Innerhalb beider Religionsgruppen Auch die Pfingstbewegung Pentecostal
existieren unterschiedliche Strömungen, Assemblies of God (PAG) geriet 2018 in
die sich nicht nur in theologischen Fra- Streit mit Muslimen in Sansibar über die
gen voneinander unterscheiden, sondern geplante Errichtung einer Kirche. Vertre-
auch in ihrer Sicht auf die künftige Ent- ter der Kirche warfen den muslimischen
wicklung der Gesellschaft. Problema- Behördenvertretern vor, ihnen die freie
tisch ist zudem, dass es in den meisten Ausübung ihres Glaubens zu verweigern,
Fällen keine Strafverfolgung gibt bzw. die und berichteten gegenüber den Medien,
Öffentlichkeit nicht erfährt, wer hinter dass ihre Gemeinde von Muslimen be-
den Anschlägen steckt. Häufig sind we- droht werde.
der die Täter noch ihre Motive bekannt
und werden auch nicht zur Rechenschaft Ausblick
gezogen.
Wer die langfristige Entwicklung des
Nach der Welle von Anschlägen christlich-muslimischen Miteinanders in
2012/2013 blieb es einige Jahre ruhig. Tansania betrachtet, sieht, wie fragil der
Dass die Spannungen weiterbestehen, Friede ist. Damit Kräfte aus dem Aus-
wird aber immer wieder an kleineren land, die auch schon in anderen Ländern
Beispielen deutlich. So wurden bei- die Spaltung der Gesellschaft zum Ziel
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GEBETSTAGE FÜR BEDRÄNGTE UND VERFOLGTE MENSCHEN
haben, in Tansania nicht an Einfluss ge- fallen. 23 Menschen wurden getötet. Die
winnen, sollten insbesondere die Kräfte Küstenregion Mtwara ist für die tansa-
im Land gestützt werden, die sich be- nische Gasförderung bedeutend.
wusst für ein gedeihliches Miteinander
von Muslimen und Christen einsetzen. Besorgniserregend ist außerdem die
Kirchliche Partner sollten ermutigt wer- extreme Jugendarbeitslosigkeit sowie
den, den Dialog mit ihren muslimischen die Armut und Perspektivlosigkeit der
Kollegen zu suchen und zu pflegen. Dies jungen Menschen, die bereits zwei Drit-
ist umso wichtiger, weil jenseits der tel der Bevölkerung ausmachen. Auch
südlichen Grenzen des Landes islamis- der Boom im Rohstoffsektor, von dem
tische Milizen immer stärker werden. Im die Bevölkerung ausgeschlossen bleibt,
Oktober 2020 hatten von dort aus rund trägt zu einer Verstärkung der allgemei-
300 IS-Kämpfer das Dorf Kitaya in der nen Anspannung bei.
tansanischen Grenzregion Mtwara über-
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Das Gleichnis vom Senfkorn
Markus 4,30-32
Tingatinga-Malerei aus Tansania
Das Bild kann auf der Homepage der und kirchlicher Entwicklungsdienst in
Landeskirche unter Oberkirchenrat, De- Farbe heruntergeladen werden.
zernat 1 Theologie, Mission, Ökumene
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Das Gleichnis vom Senfkorn aus Mar- Das Leben in Afrika wird gemeinschaft-
kus 4,30-32 ist vielen Christinnen und lich geführt, wobei die Menschen sich
Christen in Tansania gut bekannt. Be- aufeinander verlassen und voneinander
kannt ist auch, dass Samenkörner in abhängen. Der afrikanische Philosoph
vielen Familien bei uns eine wichtige John Mbiti (1979)* hat diese Philosophie
Rolle spielen. In meinem eigenen Stamm Afrikas treffend so ausgedrückt: „Ich bin,
„Nyamwezi“, einem Stamm aus dem weil du bist, und deshalb sind wir“.
westlichen Zentral-Tansania, haben
wir einen besonderen Brauch für junge Diese Philosophie Afrikas spiegelt sich
Menschen, wenn sie heiraten und ihr ge- gut hier in dem Bild der Künstlerin aus
meinsames Leben beginnen, Sobald die Tansania. Dieses Bild stellt das echte
übliche Regenzeit bevorsteht, sammeln afrikanische Leben dar mit den Vögeln
die Eltern von beiden Seiten des jungen im großen Baum, die glücklich aussehen
Paares allerlei Arten von Samenkörnern und einander ansehen als Zeichen von
und geben sie dem neu verheirateten Liebe, Einheit und Gemeinschaft. Der
Paar, damit es diese aussäht, wenn die Baum ist offensichtlich sehr groß und
Regenzeit beginnt. bietet Platz für alle. Und dieser Baum
kommt aus einem sehr kleinen Samen-
Dies dient als Hilfe, einen Hausstand zu korn, das zu einem großen Baum wächst.
gründen, in dem die Nahrung nicht aus-
geht. Hinter der Vorstellung, dass die Darüber denkt das Gleichnis vom Senf-
Nahrung nicht ausgehen soll, steht, dass korn nach: das Samenkorn ist winzig,
dieses Zuhause viele Menschen zu einem aber nachdem es gesät wurde, wächst
Besuch anregen kann, die sich sicher es zu einem großen Baum, der allen
sind, dass es dort Nahrung gibt. Die Leu- Schatten bietet. Das ist die Botschaft
te besuchen das Zuhause als ein Zeichen vom Königreich Gottes, gepflanzt durch
der Einheit, in dem sich das gesellschaft- Gottes Wort. Und das Wort hat die Kraft,
liche Zusammenleben widerspiegelt. zu wachsen und sich auszubreiten und
schließlich viele Menschen zu erreichen.
*
John Mbiti, Introduction to African religion. Oxford [England]; Portsmouth, N.H., USA : Heinemann
Educational Books, 1991
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