Gelebte Utopien Für mehr Zukunft im Hier und Jetzt - Christliche Initiative Romero eV
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www.ci-romero.de Bulletin der Christlichen Initiative Romero 1/2020 Eine Stimme für Gerechtigkeit ALA GUATEM Ein Dorf t verbann ik last Einwegp ) (Seite 24 Gelebte Utopien Für mehr Zukunft im Hier und Jetzt
Editorial Liebe Leser*innen, liebe Freund*innen, Durch den Klimawandel ausgelöste Kata- Und auch wir, als Christliche Initiative strophen, das auf globaler Ausbeutung fuß- Romero, haben eine Vision, zu deren Errei- ende Wirtschaftssystem und der Zerfall der chen wir mit unserer Arbeit beitragen wollen. demokratischen Ordnung in vielen Ländern Es ist die Vision von einer gerechten und soli- der Welt… Es fällt schwer, sich von diesen Re- darischen Welt, in der ein Gutes Leben für alle alitäten nicht erdrücken zu lassen und optimi- möglich ist. Es ist eine Welt frei von Diskrimi- stisch in die Zukunft zu blicken. Noch größer nierung und Gewalt, die von einer vielfältigen ist die Hürde, mutig zu sein und selbst für Gesellschaft getragen wird. In dieser Welt steht Veränderung zu sorgen. der Mensch im Mittelpunkt eines anderen Doch genau in diesen Zeiten sind Visionen Wirtschaftssystems, das allen Zugang zu wür- – und konkrete, gelebte Modelle – einer diger Arbeit bietet und die natürlichen anderen Zukunft wichtig. Lebensgrundlagen erhält. Und sind zudem nicht gerade jetzt die Be- Dies lässt sich sicherlich leicht als „reine dingungen günstig, um Gegenentwürfe zur Utopie“ belächeln. Doch wir glauben, dass aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sich gesellschaftlicher Fortschritt nur errei- und politischen Ordnung zu zeichnen? Um im chen lässt, wenn wir den Status-Quo kritisch Kleinen oder Großen einen alternativen Weg in Frage stellen und Gegenentwürfe ent- einzuschlagen? Kurz: Um Utopien zu wagen? wickeln. Wir meinen: Ja! Mit eben dieser Perspektive setzt sich diese Denn trotz der multiplen globalen Krisen Ausgabe auseinander: Sind Utopien immer gab es auf der Welt noch nie zuvor so viel undurchführbare Modelle? Oder können sie Sicherheit, Freiheit und Bildung wie zum ge- ganz praktisch gelebt werden? Um das zu genwärtigen Zeitpunkt. Das sind förderliche beleuchten, stellen wir unter anderem die Voraussetzungen; mindestens, um alterna- Bewegung selbstverwalteter Wassergenos- tive Konzepte zu skizzieren, wenn nicht gar, senschaften in El Salvador sowie ein alterna- um diese zu leben. tives Wohnprojekt in Deutschland vor, lassen Unsere Partnerorganisationen in Mittel- unsere Partner*innen aus Mittelamerika zu amerika engagieren sich täglich für eine an- Wort kommen und sprechen mit dem Politik- dere Welt in ihrem Widerstand gegen das zer- wissenschaftler Ulrich Brand über die Not- störerische Wirtschaftsmodell, welches zu wendigkeit radikaler Alternativen auf dem Landraub, Umweltschäden und der Priva- Weg zu einer gerechteren, besseren Zukunft. tisierung kommunaler Güter führt, oder in In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine ihrem Einsatz für die Überlebenden von sexu- motivierende Lektüre! eller Gewalt in einer machistischen Gesell- schaft. Ihr CIR-Team www.ci-romero.de Bulletin der Christlichen Initiative Romero 1/2020 Eine Stimme für Gerechtigkeit ALA GUATEM Ein Dorf verbannt stik Einwegpla ) 4 (Seite2 „Die Welt wieder großartig machen“: Die Titelseite zeigt eine Szene einer Fridays for Future-Demonstration im September 2019 im italienischen San Remo. Foto von Tommi Boom,flickr.com, CC BY-SA 2.0 Gelebte Utopien 2 Für mehr Zukunft im Hier und Jetzt presente 1/2020 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0).
presente 1/2020 Inhalt THEMA Gelebte Utopien 4 JOANA EINK (CIR) 12 PEDRO CABEZAS Von der Vorstellung einer Lokale Selbstverwaltung und besseren Zukunft landesweite Mobilisierung Eine thematische Kurzeinführung Wasserversorgung in den Händen der Bevölkerung – El Salvador 6 CHRISTIAN WIMBERGER (CIR) „In den Widerständen 15 MARITZA PAREDES scheinen Bestandteile eines Ein Leben frei von Gewalt besseren Lebens auf“ Reine Utopie für Frauen in Honduras? Im Gespräch mit Politikwissenschaftler Ulrich Brand KAMPAGNE 9 JOHANNA FINCKE (CIR) Das ist unser Haus 27 PATRICK NIEMANN (CIR) Wohnen vom Kopf auf die Füße FAIR TOYS ORGANISATION – gestellt – Deutschland ein großer Schritt für würdige Arbeitsbedingungen MITTELAMERIKA Länderberichte ÜBER UNS 18 MAIK PFLAUM (CIR) 30 Neues aus der CIR EL SALVADOR 31 Bestellschein El Presidente más cool? FOTO: GERD ALTMAN AUF PIXABAY 21 KIRSTEN CLODIUS (CIR) NICARAGUA Wenn die Ausnahme zur Regel wird Diese presente könnte auch andere Personen oder Gruppen in Ihrem Umfeld interessieren? Bestellen Sie 24 FRANZISKA MENGE (CIR) gerne mit einer Mail (cir@ci-romero.de) oder einem GUATEMALA Anruf (0251-674413-0) gratis weitere Exemplare zum Verteilen im Kollegium, der Freizeitgruppe und dem Ein Dorf verbannt Bekanntenkreis! Einwegplastik Impressum Redaktion: Spenden an die CIR Kirsten Clodius, Joana Eink (V.i.S.d.P.) , DKM Darlehnskasse Münster Johanna Fincke, Lou Gerlach, IBAN DE67 4006 0265 0003 1122 00 Eine Stimme für Gerechtigkeit Franziska Menge, Thorsten Moll, BIC GENODEM1DKM Anne Nibbenhagen, Patrick Niemann, Herausgeberin: Maik Pflaum, Albrecht Schwarzkopf, Geprüft und empfohlen. Christliche Initiative Romero (CIR) Tabitha Triphaus, Christian Wimberger Das DZI bescheinigt der Schillerstraße 44a Christlichen Initiative D-48155 Münster Lektorat: Joana Eink, Romero einen verant- Telefon +49 (0) 251 - 67 44 13 -0 Melanie Ulrich-Märsch wortungsvollen Umgang Fax +49 (0) 251 - 67 44 13 -11 Druck: Druckservice Roxel, mit Spendengeldern. cir@ci-romero.de Münster, März 2020 www.ci-romero.de Layout: Edith Jaspers > Gedruckt auf 100% Recyclingpapier Teile der Veröffentlichung wurden durch ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des BMZ gefördert. Für den Inhalt dieser Publikation ist allein die Christliche Initiative Romero e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbH presente 1/2020 3 und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.
Von der Vorstellung einer BESSEREN ZUKUNFT Im 19. und 20. Jhd. waren viele Denker*innen überzeugt, dass der technologische Fortschritt das Leben der Menschen immer angenehmer machen würde. Heute erzeugen manche Technik- Visionen bei vielen Menschen Unbehagen. Progressive Bewegungen sind sich einig: Der Schlüssel für eine bessere Zukunft liegt in der Veränderung sozialer Strukturen im Einklang mit der Umwelt. Seit jeher beschäftigt sich die Menschheit mit mal mehr, mal weniger fantastischen, von der Realität entrückten Ideen einer anderen Gesellschaft. Gegenwärtig werden die Visionen konkreter. Es geht nicht mehr vorrangig um unrealistische Vorstellungen, deren Erreichen gar nicht Teil der Idee sind, sondern zunehmend um konkrete, gesellschaftsverändernde Modelle. Utopien werden tatsächlich „machbar“, was in Zeiten des Kapitalismus, der unaufhaltsam FOTO: scheint, von großer Bedeutung ist. TEXT: JOANA EINK (CIR) 4 presente 1/2020
Thema Gelebte Utopien D er Begriff „Utopie“ wurde zum ersten Mal im Jahr 1516 verwendet, als der englische Humanist zentrale und vielzitierte Aussage Greta Thunbergs: „I want you to panic“ („Ich will, dass ihr in Panik geratet“). Auf die Thomas More, auch Morus genannt, seinen Ziele könnten sich Fridays for Future und ILLUSTRATION: ADOBE STOCK, RADOMAN DURKOVIC; FOTOS: ZIKO VAN DIJK UNTER CC BY-SA 4.0 (HTTPS://CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY-SA/4.0/DEED.DE), UNCLIMATECHANGE FLICKR.COM; 21©GRETA PRESS CONFERENCE COP25 DAY 9 UNTER CC BY-NC-SA 2.0 (HTTPS://CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY-NC-SA/2.0), Roman „Utopia“ veröffentlichte. Er erzählt Welzer hingegen wahrscheinlich einigen. Er von der Insel Utopia, auf der eine Staatsord- fordert z. B. eine Abkehr vom Wachstums- nung herrscht, die keinerlei Gemeinsamkeiten zwang der Wirtschaft. Eine konkrete Vorstel- mit dem in Europa zur damaligen Zeit gül- lung ist die der autofreien Städte. tigen politischen und gesellschaftlichen Sys- Laut Welzer braucht es (mehr) positive Zu- tem aufweist. Eine ganz und gar fantastische kunftsszenarien, damit wir Menschen unser Vorstellung, die nicht zum Ziel hatte, als er- „Gestaltungsmandat“2 wahrnehmen. Da ist reichbares Ideal zu fungieren, sondern die viel Wahres dran. Umgekehrt kann es auch Fehler und Schwächen des bestehenden frustrierend sein, wenn gewagte Alternativen Systems aufzeigen sollte. immer wieder als weltfremd abgetan werden. BOND VAN NEDERLANDSE ARCHITECTEN UNTER CC BY 2.0 (HTTPS://CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY/2.0/DEED.DE) Doch in den vergangenen 500 Jahren hat Hier verweist der niederländische Histori- sich vieles verändert. Auch heute noch sind es ker Rutger Bergman ermutigend auf die als unzulänglich und untragbar empfun- den Faktor Zeit: „Echte Verände- denen Symptome einer Gesellschaftsform, rung kommt immer von den ge- die die Entwicklung alternativer Konzepte sellschaftlichen Rändern. Dann erst motivieren. Der heutige Gebrauch des werden die Ideen erst als lächer- Wortes Utopie entfernt sich jedoch immer lich und irrelevant abgetan, be- öfter von seiner ursprünglichen Bedeutung vor sie sich verbreiten. Vor zehn (Utopie ist ein griechisches Jahren wäre es unvorstellbar gewesen Kunstwort, welches über- für einen Historiker, mit einer Rede über Steu- setzt „Nicht-Ort“ heißt), in ern einen viralen Hit im Internet auszulösen. dem er die Realisierbarkeit Vor fünf Jahren hat fast niemand auf der Welt von Entwürfen einer bes- über die Idee eines bedingungslosen Grund- seren Zukunft impliziert. einkommens geredet – nun hat es mich nach So ruft uns der Sozial- Davos gebracht.“3 psychologe Harald Welzer regelrecht dazu Ein bestechendes Argument! auf, utopischer zu denken und zu handeln. Rutger ist Autor des internationalen Best- Dazu liefert er in seinem Buch „Alles könnte sellers „Utopien für Realisten“ und hat mit anders sein: Eine Gesellschaftsutopie für freie seiner „Wut-Rede“ über Steuern beim World Menschen“ sogar recht konkrete Anleitungen Economic Forum 2019 in Davos weltweite für viele kleine Schritte, die, so seine These, Aufmerksamkeit erlangt. Außerdem hat er zusammengenommen unsere Gesellschaft maßgeblich dazu beigetragen, dass ein transformieren können. bedingungsloses Grundeinkommen auf der „Die Uhr ist eh auf 5-vor-12 stehengeblie- politischen Agenda angekommen ist. ben“1, sagt er und meint damit, dass uns Eine erreichbare Utopie? Horrorszenarien nicht weiterbringen. Da Wir alle sollten mutiger sein, sollten uns das würden ihm wohl viele Aktivist*innen von dem Anschein nach Unvorstellbare vorstel- Fridays for Future widersprechen, die unsere len, und, im besten Falle, mit einigen enga- Politiker*innen auf die Dringlichkeit der gierten Wegbegleiter*innen ganz praktisch Klimakrise hinweisen wollen. So lautet eine an seiner Umsetzung arbeiten. 1 https://www.deutschlandfunkkultur.de/sozialpsychologe-harald-welzer-schluss-mit-der.990.de.html?dram:article_id=444470 2 https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/21948-rtkl-harald-welzer-im-interview-warum-wir-mehr-utopie-wagen-sollten 3 https://www.fr.de/wirtschaft/wir-muessen-biest-kapitalismus-zaehmen-11746721.html presente 1/2020 5
Eine Wandmalerei verbindet den Stolz auf die Wasser- genossenschaft mit der Erinnerung an die Gewalt des bewaffneten Konflikts. Lokale Selbstverwaltung und landesweite Mobilisierung Wassergenossenschaften in El Salvador Kann etwas so Grundlegendes wie die Versorgung mit Trinkwasser eine gelebte Utopie sein? Die Wassergenossenschaften in El Salvador zeigen, dass aus einem Mangel Neues entstehen kann. Da der Staat viele Gemeinden nicht mit Trinkwasser versorgt, organisieren sich diese selbst und verwalten solidarisch die nötige Infrastruktur. Für Pedro Cabezas von unserer Partnerorganisation CRIPDES sind die Wassergenossenschaften eine Gegenbewegung zum herrschenden System der kommerziellen Verwertung und Privatisierung natürlicher Ressourcen. TEXT: PEDRO CABEZAS (CRIPDES), ÜBERSETZUNG: CHRISTIAN WIMBERGER (CIR) E l Salvador befindet sich in einer Wasserkri- se. Das hängt mit der an sich geringen Ver- fügbarkeit von Wasser zusammen. Faktoren bei. Diese Knappheit hat die Qualität und Quantität der Trinkwasserversorgung in den urbanen Räumen im letzten Jahrzehnt deut- wie die hohe Bevölkerungsdichte, die Entwal- lich reduziert. Doch in ländlichen Regionen dung und die massive Wassernutzung durch kommt die Versorgungskrise noch massiver Unternehmungen wie Zuckerrohrplantagen zum Tragen. Hier erreicht die staatliche Was- tragen zur Verminderung der Wasserquellen serversorgung nur 51 Prozent der Haushalte. 12 presente 1/2020
Thema Gelebte Utopien Die ländliche Bevölkerung organisiert sich selbst Angesichts der Unfähigkeit des salvadoriani- schen Staates, der Bevölkerung ihr Menschen- recht auf sauberes Trinkwasser zu garantie- ren, spielen die Wassergenossenschaften (spanisch: Juntas de Agua) als praktische Al- ternative eine zentrale Rolle zur Versorgung der ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen. Die ca. 2.300 Genossenschaften erreichen ganze 500.000 Menschen, was ca. 40 Pro- zent der ländlichen Bevölkerung entspricht. Die gemeinschaftlichen Organismen werden von ehrenamtlichen Freiwilligen verwaltet ENGAGEMENT und versorgen ihre Mitglieder gegen eine klei- ne Gebühr mit Wasser, das selbst installierte NACH DEM DIENST Filteranlagen und Leitungssysteme durch- IM KRANKENHAUS läuft. Sie agieren unabhängig von staatlichen Behörden und Unternehmen oder werden als «Mein Name ist Marixa Janet Gonza- Teil der Vereine für kommunale Entwicklung lez. Ich bin ausgebildete Krankenpflege- von den kommunalen Regierungen gebilligt. rin und arbeite im Krankenhaus von Die Basis für eine Bewegung Suchitoto. Außerdem arbeite ich ehren- gegen Privatisierung amtlich im Vorstand der Wassergenos- Die Genossenschaften beschränken sich nicht senschaft „Marianella García Villas“. auf technische Fragen der Wasserversorgung. Ich bin die Sekretärin und schreibe z. B. Als Strukturen der Selbstverwaltung können sie Hundertausende Menschen für den sozia- die Protokolle der Vollversammlungen. len Wandel und einen anderen Umgang mit Meine Aufgabe ist es auch, die der Umwelt mobilisieren. In den 1970ern ar- Quittungen zu erstellen. Wenn manche beiteten die Genossenschaften z. B. mit dem Haushalte schon drei Monate nicht für Gesundheitsministerium in Kampagnen für die Müll- und Abwasserentsorgung zusam- ihr Wasser gezahlt haben, weise ich die men. 50 Jahre nach ihrer Gründung setzen sie Mitarbeiter*innen an, die Wasser ver- sich immer noch für die Rechte ihrer Mitglieder sorgung einzuschränken. Manchmal FOTO: CHRISTIAN WIMBERGER (CIR) und für Bedingungen ein, unter denen sie muss ich auch Nachforschungen anstel- ihnen sauberes Wasser zur Verfügung stellen können. Auch heute spielen die Genossen- len, wenn wir vermuten, dass Wasser schaften eine wichtige Rolle bei der Bildung geraubt wird. Als Vorstand gehen wir multisektoraler Koalitionen der Zivilgesell- dann mit den Mitarbeiter*innen zu den schaft wie zum Beispiel des Wasserforums Familien und bitten sie, den Diebstahl und der Allianz gegen die Privatisierung des Wassers. Regelmäßig schaffen es diese Bünd- einzustellen.» nisse, Tausende von Menschen auf die Stra- > > presente 1/2020 13
Thema Gelebte Utopien Eine Filteranlage – einige Genossenschaften zapfen unterirdische Adern an, andere holen das Wasser aus Bächen. an den Rand drängen. Die Zivilgesellschaft stellt diesem Szenario Gesetzesentwürfe ent- gegen, welche die Rolle der öffentlichen und der genossenschaftlichen Verwaltung stärken und das Menschenrecht auf Wasser fest- schreiben. Eine gelebte Alternative mit vielen Herausforderungen Aufgrund ihrer Effektivität und Langlebigkeit stellen die Wassergenossenschaften ein prak- tisch gelebtes Modell einer alternativen Ent- wicklung dar. Die unmittelbare Wirkung die- ser Zusammenschlüsse trägt dazu bei, eine andere Erzählung über den Besitz und die Verwaltung von Gemeingütern zu schaffen. Die Gemeinschaften organisieren sich aus sich heraus und eröffnen damit einzigartige Parti- zipationsmöglichkeiten für die Bevölkerung, sowohl was den Umgang mit Ressourcen, als auch die Einforderung von Rechten betrifft. In Der Vorstand der Genossenschaft „Marianella García der Praxis sehen sich die Zusammenschlüsse Villas“, links: Sekretärin Marixa Janet Gonzalez. aber mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Viele nationale Entwicklungs- ßen zu bringen. Aktuell wehrt sich die Bewe- programme sind hierarchisch organisiert und gung der Wassergenossenschaften gegen die unterlaufen so die gemeinschaftlichen Struk- Versuche rechter Parteien, die Wassernutzung turen. Ihre Wirksamkeit variiert von Ort zu zu privatisieren bzw. teilweise der Kontrolle Ort und hängt von den politischen und sozia- des Verbands privater Unternehmen zu unter- len Dynamiken wie z. B. Wahlentscheidungen FOTOS: CHRISTIAN WIMBERGER (CIR), KIRSTEN CLODIUS (CIR) stellen. Dieser Ansatz würde die 2.300 Juntas und der Präsenz staatlicher Institutionen ab. Für Trinkwasser – Gegen die Agroindustrie Z uckerrohrplantagen verbrauchen in vielen Regionen El Salvadors enorme Wassermengen und führen durch den Einsatz von Agrochemikalien wie Glyphosat zudem zu einer Kontaminierung des Wassers. Doch die finanzstarken Zuckerbarone können ihre politischen Interessen dennoch durchsetzen. Unsere Partnerorganisation CRIPDES kämpft gegen dieses System des ausbeuterischen Extraktivismus. Sie berät und mobilisiert Gemeinden, Wassergenossenschaften und landwirtschaft- liche Kooperativen, sodass diese ihre Gemeingüter verteidigen können. Bitte unterstützen Sie den Einsatz von CRIPDES mit einer Spende. Stichwort «CRIPDES» 14 presente 1/2020
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