SOLOTHURNER MEGALITHWEG - SOLOTHURNER MEGALITHWEG
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Solothurner Megalithweg Solothurner MEGALITHweg Ein Projekt des Solothurner Steinmuseums www.steinmuseum.ch im Wald der Bürgergemeinde Solothurn Steine als Zeugen der Urgeschichte
Willkommen auf dem Megalithweg 6 4 + 5 3 7 2 12 13 11 8 1 10 P 9 2 «Steinsetzungen mit astronomischer Ausrichtung» 1 «Rütschelistein» Sogenannte Rutschsteine gehören in die Kategorie der «Kindlisteine». Nach der Legende rutschten Frauen mit Kinder- wunsch auf diesen Steinen herunter. Dies Astronomisches Peilsystem geht nach unserer Annahme auf den Hier fällt zunächst ein grösserer Block mit jungsteinzeitlichen Glauben zurück, dass einem langen Grat und dreieckigem Steine der Verwandlungsort der Ahnen- Querschnitt auf (Stein 1). Neben diesem seelen in neue Kinderseelen sind und dass Block liegt ein zweiter, kleinerer Block man durch die Berührung mit dem Stein (Stein 2) mit ganz ähnlicher Form. Bemer- eine solche Kinderseele empfangen kann. kenswert ist, dass die Grate dieser beiden
Blöcke ziemlich genau einen rechten Win- N Grosse nördliche kel zueinander bilden. Dabei ist es nicht Mondwende irgendein rechter Winkel, vielmehr wei- 4 9 12 10 Quartalstage sen die beiden Grate auf die nördliche 11 42° 35m bzw. südliche Grosse Mondwende hin. 312° 3 63° 2 7 8 6 Weiter fällt auf, dass die Steine 1, 3 und 4 1 132° auf einer Linie liegen, die ziemlich genau 222° Grosse südliche Mondwende der Nord-Süd-Achse entspricht. Des Weiteren geht von Stein 1 eine Stein- N reihe aus (Steine 1, 6, 7, 8, 10), die mit W O 0 10 20 Azimut 63 Grad ungefähr auf die Quartals- 5 S S tage (ungefähre Mitte zwischen Tag-Nacht- Gleiche und Sommersonnenwende) aus- gerichtet ist. 3 «Schildchrott» Wir stehen einem gewaltigen erratischen Feldbrunnen Weierrain Block gegenüber, Planskizzeder auf einem Kalkstein- der Steinreihen Koordinaten Stein 1: 608562 230785 503 Messmittel: Peilkompass Suunto KB 14 sockel ruht.Laserdistanzmesser: Daneben Leica liegtDisto ein D3a kleinerer Aufgenommen: Juli–Okt. 11 Findling, ebenfalls auf einem Kalkstein Benjamin Fässler sockel ruhend. Zusammen erinnern die beiden Steinblö- cke an Panzer, Hals und Kopf einer über- dimensionalen Schildkröte. Der kleinere Stein wird nur dank des grösseren Blockes in seiner Position gehalten. Es stellt sich die Frage, ob es ein reiner Zufall war, dass sich beim Abschmelzen des Gletschers die beiden Blöcke genau in der Lage befan- den, dass der grössere den kleineren am Abkippen nach links hinderte.
Astronomisches Peilsystem Auch die Schildchrott scheint in ein astro- nomisches Peilsystem eingebunden zu sein, und zwar finden sich von ihr aus ge- sehen folgende Auffälligkeiten: Ein Stein liegt mit Azimut 90 Grad ge- nau im Osten. Ein zweiter Stein weist mit Azimut 45 Grad in Richtung nördliche Grosse Mond- 4 «Abris» wende. Die untere Felswand rechterhand zeigt Eine Gruppe von drei Steinen bildet auffällige Felsformen, und zwar im Sinne eine Linie, die von der Schildchrott aus von Felsdächern, die auch als «Abris» oder gesehen mit Azimut 135 Grad in Richtung «Balmen» bezeichnet werden. Unter sol- südliche Grosse Mondwende orientiert ist. chen Abris haben oft die Menschen der Altsteinzeit vorübergehend gelebt. Ob Die abgebrochene Fläche eines weite- dies an dieser Stelle der Fall war, ist nicht ren Steines bildet von der Schildchrott aus bekannt. gesehen mit Azimut 180 Grad die Süd- richtung. Der grösste Stein einer weiteren Stein- gruppe könnte mit ca. 244 Grad auf die Quartalstage hinweisen. Grosse nördliche Mondwende 45° Schildchrott 5 «Höhle» 90° In der oberen Felswand befindet sich eine Ost Quartalstage? 244° kleine Höhle, die ebenfalls ein Beispiel für einen Unterschlupf für die Altsteinzeit- Menschen darstellen könnte. Auch hier Grosse südliche 135° sind jedoch keine genaueren Untersu- Mondwende chungen gemacht worden. N W O 0 20 180° Süd S
6 «Pyramide» Der einer Pyramide ähnliche Block stellt ein weiteres Beispiel eines eindrücklichen Findlings dar. Die zahlreich in unserer Region vorkommenden Findlinge oder er- ratischen Blöcke (meistens Granit, selte- ner Gneis) wurden alle vor Zehntausen- den von Jahren mit dem Rhonegletscher aus den südlichen Walliser Tälern hierher transportiert. 8 «Chli Matterhorn» Der Name «Chli Matterhorn» erinnert neben der Gestalt des Findlings daran, woher dieser stammt: nämlich aus den südlichen Walliser Tälern. Wir erreichen nun bald eine asphaltierte Strasse, und zwar an der Stelle, an der der Kalchgrabenweg die Rehhubelstrasse trifft. Hier zeigt eine Hinweistafel den Weg zurück zum Parkplatz beim Schloss 7 «Namenloser Waldegg. Wenn wir dem Kalkgrabenweg Findling» folgen, gelangen wir zum Restaurant «Pintli». Es befindet sich an der Einmün- dung des Kalkgrabenwegs in die Ried- Die Besucher sind eingeladen, einen Na- holzstrasse – und kann auch von der men für diesen imposanten Stein zu fin- Rückseite her betreten werden. den. Ausserdem wird an die Entdeckerlust der Besucher appelliert: Finden Sie gera- de in dieser Gegend weitere eindrückliche Findlinge und versehen Sie diese mit ori- ginellen Namen. 9 «Gnappstein» Dieser Stein könnte in die Kategorie der sogenannten Gnapp-, Wackel- oder Waag steine gehören, die mit wenig Kraft in Be-
wegung gebracht werden können, was bei Der hintere der grösseren Steine ist ein diesem Stein allerdings nicht (mehr?) der neu entdeckter Schalenstein mit vier ein- Fall ist. Sie sollen als Orakelsteine, Kult- deutigen und einer wahrscheinlichen oder Opferplätze verwendet worden sein. künstlichen Schale. 10 «Froschstein» Schalensteine sind Felsblöcke, meist Find- linge, in die halbkugelförmige Vertie fungen eingearbeitet wurden. Es gibt verschiedene Deutungen des Zweckes solcher Schalensteine. Die wahrschein- lichste ist, dass sie kultisch-religiösen Zwecken dienten. Beim vorderen Teil des Steines, der dem Kopf eines Frosches oder einer Kröte gleicht, ist möglicherweise von Men- schenhand etwas nachgeholfen worden. Die im hinteren Teil des Steines sichtbare Öffnung, die als eine «Gebäröffnung» in- terpretiert werden kann, ist sicher künst- lich entstanden. 12 «Kleiner Steinkreis» Die Kröte oder der Frosch galt in verschie- denen Kulturen wegen seines Gestalt- Neben verschiedenen kleineren und grös- wandels von der Kaulquappe zum Frosch seren Steinen findet sich auf der Martins- oder zur Kröte als Symbol des Lebens und fluh ein kleiner Steinkreis mit einem de- als Begleiter und Symbol der alles Leben zentralen kleinen Mittelstein. spendenden Erdmutter. In jüngerer Zeit wurde eine ganze Reihe 11 «Schalenstein» ähnlicher Steinkreise in der Schweiz ent- deckt. Die Bedeutung dieser Steinkreise ist unklar.
13 «Einsiedelei und rechtstehende, an Menhire mahnende Verenaschlucht» Steine zu sehen, die im 19. Jahrhundert mit Inschriften versehen und so zu Ge- denksteinen für berühmte Solothurner wurden. Sie zeigen uns, dass der Brauch, grosse Steine als Symbole zu nutzen, auch beim modernen Menschen noch üblich ist. Gut zu wissen Zeitdauer ca. 4 Stunden inklusive Verweilzeiten an Hinter der Martinskapelle befindet sich den Stationen eine Höhle, von der vermutet wird, dass sie eine vorchristliche Kultstätte war. Im Wegmarkierung Zuge der Bekämpfung vorchristlicher, Folgen Sie den weissen Richtungszeigern «heidnischer» Heiligtümer wurden viele mit den Routenfeldklebern «Solothurner von ihnen «christianisiert», indem sie mit Megalithweg», den weissen Rhomben und Kapellen und Kirchen überbaut wurden. weissen Pfeilen. Zudem wurden christliche Legenden ge- schaffen, um das Ganze glaubwürdiger zu Route gestalten – hier die Legende der heiligen Teilbar in 2 Teilrundwanderwege Verena. Im Laufe der Verenaschlucht sind (Stationen 1–8 / Stationen 9–13) im Bach resp. neben ihm zwei grosse auf- Verpflegungsmöglichkeiten Nach der Hälfte des Weges Restaurant Pintli (weitere Restaurants entlang der Route: Restaurant Einsiedelei, Restaurant Kreuzen) Flyer Dieser Flyer kann im Museum Schloss Waldegg, im Steinmuseum Solothurn, bei Solothurn Tourismus und auf unserer Website www.steinmuseum.ch bezogen werden. Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln Ab Hauptbahnhof Solothurn Bus Nr. 4 bis zur Station St. Niklaus, dann die Strasse neben der Kirche hinauf und gegen Osten bis zum Parkplatz, auf der linken Seite des Schlosses Waldegg ist der Ausgangspunkt des Megalithwegs.
Weitere komplexe Steinsetzungen Eine weitere interessante Stelle konnte nicht in den che Steinsetzung handelt. Solche Steinkreise, die Megalithweg integriert werden, da sie sich zu weit nicht immer einen genauen Kreis bilden, wurden von den Wegen entfernt befindet. Hier findet sich in ähnlicher Form an verschiedenen Orten der ein komplexes System von mutmasslichen Steinset- Schweiz in letzter Zeit neu entdeckt. Die Bedeutung zungen. Die hervorstechendsten sind: dieser kleinen Steinkreise ist nicht bekannt. 1 Steinreihe mit Azimut 62 Grad, was einer Orien- 2 Teilplan: tierung nach den Quartalstagen (ungefähre Mitte Ovaler Steinkreis 45° Grosse nördliche Mondwende zwischen Tag-Nacht-Gleiche und Sommersonnen- wende) entspricht. N Menhir? 1 W O 0 10m S 3 4 Vom Doppelstein mit dem Zwischenraum ausge- sehen liegt ein kleinerer Block genau auf der Nord- 2 Ovaler Steinkreis, darin dezentral und halb ein- Süd-Achse. Weiter westlich der Anlage liegen zwei gegraben ein grosser Stein, möglicherweise ein grosse Steine ebenfalls auf einer Nord-Süd-Achse. umgestürzter Menhir (bretonisch: langer Stein). Ein Stein der Steinreihe und ein ihm benachbarter Eingeschlossen in den ovalen Kreis ist ein kleinerer, Stein erwiesen sich als neu entdeckte Schalensteine. runder Steinkreis mit einem zentralen kleinen Stein. Der «Menhir» bildet mit dem Zwischenraum eines Übersichtsplan 0° Nord 45° 4 Grosse nördliche Doppelsteines eine Linie mit Azimut 45 Grad, die 0° Nord Mondwende auf die nördliche Grosse Mondwende orientiert ist. 62° Ovaler Quartalstage? Steinkreis Teilplan 3 Kleiner Steinkreis aus grösseren Steinen, darin Kleiner Steinkreis eingeschlossen ein kleiner Kreis aus kleinen Stei- Schalensteine nen. Die Tatsache, dass die kleinen Steine von ver- N schiedenem Material sind und solche Steine in der W O näheren Umgebung des Steinkreises nicht vorkom- 0 20 180° Süd S men, lässt vermuten, dass es sich um eine künstli-
Was sind Megalithe? primitiven Völkern oder Naturvölkern, weil wir annehmen, dass deren Denken Das Thema des Rundwegs sind Megalithe, dem unserer Vorfahren ähnlich ist. Zwei- also grosse Steine, und zwar in einem tens durch das Studium alter Mythen, je- weit gefassten Sinn. Die Wälder um Solo- ner Geschichten, die vom Ursprung der thurn beherbergen zahllose Findlinge Welt und ihrer Teile und vom Platz des oder erratische Blöcke, die vom Rhone- Menschen in dieser Welt berichten. Und gletscher im Laufe der letzten Eiszeiten drittens tragen manchmal auch archäolo- aus den Walliser Alpen hierher transpor- gische Funde einen Beitrag zum Ver- tiert wurden. Sie bestehen meistens aus ständnis von Religion und Kult unserer Granit und bilden Fremdlinge in unserer Vorfahren bei. von Jurakalk geprägten Landschaft. Unter diesen Findlingen gibt es nun besonders Merkmale des auffallende Steine: Einerseits solche mit «archaischen Denkens» besonders imposanter Gestalt («Natur- Das «primitive» oder «archaische» Denken denkmäler») und andererseits Exemplare, zeichnet sich unter anderem durch vier die mutmasslich von Menschen der Vor- Merkmale aus. Erstens ist es ganzheitlich- zeit für kultisch-religiöse Zwecke und/ analog: Der Mensch fühlt sich eingebun- oder für astronomische Beobachtungen den in seine Umwelt, die Gruppe ist wich- genutzt worden sind («Kulturdenkmäler»). tiger als das Individuum, das Wir-Gefühl ist stärker als das Ich-Gefühl. Er fühlt sich Vor allem im Mittelmeergebiet und ent- auch eingebunden in die übrige Umwelt, lang der atlantischen Küste haben Men- verbunden und eng verwandt mit Pflan- schen der Jungsteinzeit und der Bronze- zen und Tieren. Das analoge Denken be- zeit aus grossen Steinen eindrückliche ruht auf Ähnlichkeiten: Wie der Mensch Bauwerke mit kultischen und astronomi- sind auch Pflanzen und Tiere, ja die ganze schen Bezügen errichtet, die unter dem Natur, inklusive der Himmelserscheinun- Begriff «Megalithkultur» bekannt sind. gen wie Sonne und Mond, belebt und be- Wenn auch die Dimensionen der Steine seelt. Auch kennt er keine klare Trennung und Steinanordnungen in der Schweiz im zwischen heilig und weltlich, denn alles Vergleich etwa zu solchen in England und ist mehr oder weniger heilig, insbesonde- Frankreich viel bescheidener sind, darf re die Natur. Aus der Überzeugung der doch auch bei uns von einer «Megalith- tiefen Verbundenheit mit allem resultiert kultur» gesprochen werden. auch das magische Denken, nämlich die Vorstellung, dass man mit dem Denken Denken und Weltanschauung und dem Willen auf die Umwelt Einfluss unserer prähistorischen Vorfahren nehmen kann. Auch wenn wir nie Genaues über das Denken, die Weltanschauung und die Re- Ein zweites Merkmal des archaischen ligion unserer Vorfahren wissen können, Denkens besteht darin, dass es sehr stark besteht doch die Möglichkeit, gewisse an das Konkrete, an das mit den Sinnes Vorstellungen darüber zu gewinnen. Ers- organen Erfahrbare, gebunden ist. Die tens durch den Vergleich mit sogenannt Menschen zeichnen sich denn auch durch
eine ausserordentlich genaue Beobach- leben, und diese kennen sie sehr genau. tungsgabe aus und sie haben dadurch Auch hat die Sprache für sie nicht die grosses Wissen über die Natur gesam- Funktion, die Welt in Begriffen zu be- melt. Wahrnehmung und Denken sind auf schreiben und zu analysieren, sondern sie praktisches Handeln gerichtet, auf das ist vor allem da zur Übermittlung von In- Leben und auf den Alltag, auf das Hier formationen zum Zweck des Zusammen- und Jetzt. lebens. Symbole schaffen Sinnhaftigkeit Erste astronomische Kenntnisse Als Drittes ist das archaische Denken we- Was die astronomischen Kenntnisse unse- gen seines analogen Charakters bildhaft- rer Vorfahren anbelangt, weiss man heu- symbolisch. Was den Menschen unter te, dass sie schon erstaunlich weit gedie- anderem vom Tier unterscheidet, ist die hen waren. So kannten unsere Ahnen höhere Symbolisierungsfähigkeit: Er gibt nicht nur die Haupthimmelsrichtungen den Dingen um sich herum einen Sinn, Norden, Süden, Westen, Osten – in vielen eine Bedeutung, und zwar eine solche, Gräbern sind die Toten ziemlich genau in die über die biologischen Bedürfnisse hin- west-östlicher Richtung bestattet. Son- ausgeht. Ein Stein ist zum Beispiel nicht dern sie hatten auch Kenntnisse über die einfach ein Stein, sondern er hat eine Sommer- und Wintersonnenwende, über symbolische Bedeutung, einen Sinn. Der die Mondzyklen und sogar über die Gros- archaische Mensch sieht auch immer wie- se Mondwende: Das ist der nördlichste der Muster und Bilder, etwa in einer Land- bzw. südlichste Punkt des Mondaufgangs, schaft, zum Beispiel in einer Bergsilhouet- den man alle 18,6 Jahre beobachten te eine menschliche Gestalt oder in den kann. Man nimmt sogar an, dass die Re- Sternen am Himmel Gestalten von Tieren gelmässigkeit von Sonnen- und Mond- und Menschen, die Sternbilder. Zum sym- finsternissen bekannt war und dass man bolischen Denken gehört auch das Den- diese möglicherweise sogar vorhersagen ken in Geschichten. Zur Erklärung, warum konnte. Die Bestimmung der Sonnenwen- die Welt so und nicht anders ist, sind viele den hatte einerseits praktische Zwecke zur Geschichten geschaffen worden, die uns Bestimmung der Jahreszeiten für die als Mythen überliefert sind. Landwirtschaft und andererseits diente sie kultischen Zwecken im Rahmen der religi- Viertens ist für das archaische Denken ty- ösen Jahreszeitfeiern. Dabei hat es wenig pisch, dass eine gewisse Logik vorhanden Sinn, zwischen kultisch-religiösen und as- ist, dass aber rein abstrakte Argumentatio tronomischen Zwecken klar zu trennen, nen und Begriffe weitgehend fehlen. So denn wie oben ausgeführt, war der archa- gibt es «primitive» Völker, die keine abs- ische Mensch ein religiöser Mensch, das trakten Begriffe wie etwa «Zeit» oder heisst, dass praktisch alles auch eine reli- «Raum» kennen. Die Zeit ist für sie etwas giöse Bedeutung hatte. Konkretes, etwa die tägliche Bewegung der Sonne am Himmel oder der Ablauf ih- Die Natur als Religion rer täglichen Arbeiten. Und der Raum ist Die Religion können wir uns etwa folgen- für sie konkret die Umgebung, in der sie dermassen vorstellen. Sie kannte weder
einen abstrakten Gott noch mehrere Göt- ben, Sterben und Wiedergeburt. Alles Le- ter im Himmel, sondern das Heilige waren ben kommt aus der Erde und geht wieder die Natur und vor allem das Leben. Es war in sie zurück. Die Erde ist die Grosse Mut- – gemäss dem konkreten Denken – eine ter, die alles Leben gibt und wieder nimmt. ganz konkrete Religion, eine Naturreligi- on, die sich aus der Beobachtung der Na- Nun wirkt nichts so leblos, so tot – und tur ergab. Tag für Tag geht die Sonne auf gleichsam ewig – wie Stein. So wurde der und unter, die Jahreszeiten wechseln und Stein zum Symbol des Todes und gleich- kommen wieder, die Vegetation, die Tiere zeitig auch des Lebens, denn beide sind und die Menschen wachsen, sterben und untrennbar miteinander verbunden. Der es kommen immer wieder neue. Die Men- Stein wurde als Verwandlungsort des To- schen haben erkannt, dass die Natur in ten zum Lebendigen angesehen. Die See- Kreisläufen funktioniert. Der Tod ist nicht len der Toten gehen in den Stein und wer- einfach das Ende, das totale Nichts, son- den dort zu neuem Leben, zu Seelen der dern er ist der Übergang in neues Leben. Kinder, verwandelt. Dies könnte der Hin- Der Tod ist nicht der Gegensatz zum Leben, tergrund zu einem Steinkult sein, bei dem sondern er ist Voraussetzung für neues der Stein nicht als solcher, sondern als Leben. Er ist kein Schrecken, sondern eine Symbol des Lebens verehrt wurde, und Übergangsphase in einen anderen Da- andererseits zu den Ritualen, nach denen seinszustand. Frauen mit Kinderwunsch einen bestimm- ten Stein hinunterrutschten, in der Hoff- Man nimmt an, dass die Idee von Tod und nung, eine Kinderseele zu empfangen. Auferstehung, von Tod und Wiedergeburt uralt ist – wahrscheinlich Zehntausende Aus dem ganzheitlichen Denken erwächst von Jahren alt. Die Idee geht demnach in ein magisches Denken, das auch typisch die Altsteinzeit zurück. Damals war der ist für den primitiven und archaischen Mond der wichtigste Himmelskörper, er Menschen. Dieses hat nicht nur die Mög- war ein Symbol von Werden und Verge- lichkeit bedeutet, die Natur zu beeinflus- hen, von Wachsen, Tod und Wiederge- sen. Vielmehr sah man es als Pflicht der burt: Er wächst, nimmt zu bis zum Voll- Menschen an, dafür zu sorgen, dass der mond, dann nimmt er wieder ab – und bei Kreislauf von Leben und Tod nicht er- Neumond sieht man ihn nicht mehr – er lahmt. So hat man die Steine bearbeitet, ist gestorben. Nach drei Tagen kommt indem man Schalen oder Symbole in den seine Wiedergeburt und der Zyklus fängt Stein gearbeitet hat – und so die «Scha- von vorne an – und dies jeden Monat. lensteine» geschaffen, mit dem Ziel, das schöpferische Lebensprinzip anzuregen. Der Stein als Sinnbild Auf diese Weise lässt sich ein Teil der für Leben und Tod Schalensteine, jener Steine mit halbkugel- In der Jungsteinzeit kam es dann zu einer förmigen Vertiefungen, erklären. Verschiebung, indem mit der Landwirt- schaft die Sonne wichtiger wurde und die Erde im Mittelpunkt stand. Aber immer noch ging es um das alte Thema, um Le-
Allgemeines zum Megalithweg Der Solothurner Megalithweg, der sich im kann in zwei Teilstücke aufgeteilt werden, Wald der Bürgergemeinde Solothurn be- die jeweils beim Schloss Waldegg begin- findet, führt zu einer Auswahl von 13 Na- nen und enden. Eine Tafel mit einem «P» tur- und Kulturdenkmälern. Er wurde von für Parkplatz nach Station 8 weist darauf Dr. Benjamin Fässler konzipiert und als hin, wo der Rundweg abgebrochen wer- Projekt des Steinmuseums vom Verein der den kann. Solothurner Steinfreunde eingerichtet. Für die Begehung des gesamten Weges Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen! ab dem Parkplatz Schloss Waldegg und Die Besucher des Megalithweges wieder zurück sollte man sich etwa 4 werden gebeten, Pflanzen, Tiere und Stunden Zeit nehmen – wobei eine ange- die unter Schutz des Kantons stehen- messene Verweildauer an den einzelnen den Findlinge zu schonen. Stationen einberechnet ist. Der Rundweg Ein Projekt von Das Steinmuseum befindet sich in Mitten der Altstadt. Es bietet Gelegenheit, verschiedene Sammlungen, Dokumentationen und Informationen rund um den Solothurner Stein zu besichtigen und sich aus handwerklich-technischer, aber auch kunsthistorischer Sicht ein umfassendes Bild zu machen. www.steinmuseum.ch Unterstützt durch Rosmarie und Armin Däster-Schild Stiftung Gemeinde S O LO THU R N Feldbrunnen – St.Niklaus Impressum Die Vermessungen, auf denen die Pläne beruhen, wurden zwischen Juli 2011 und Februar 2012 mithilfe folgender Messmittel durchgeführt: Peilkompass Suunto KB-14, Laserdistanzmesser Leica Disto D 3a. Der Verfasser dankt dem Leiter des Steinmuseums, Herrn Dr. Dieter Bedenig, für wertvolle Anregungen und vor allem für die Durchführung des Projektes. Text, Fotos und Pläne: Dr. Benjamin Fässler
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