Klimawandel als Herausforderung - Beiträge aus dem Programm KLIMOPASS L Risiken verringern, Chancen nutzen, handeln - KEA-BW

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Klimawandel als Herausforderung - Beiträge aus dem Programm KLIMOPASS L Risiken verringern, Chancen nutzen, handeln - KEA-BW
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                                                    Ravensburg

1900              1950                                            2000    2050

       Klimawandel als Herausforderung
                  L Risiken verringern, Chancen nutzen, handeln
                    Beiträge aus dem Programm KLIMOPASS
Klimawandel als Herausforderung - Beiträge aus dem Programm KLIMOPASS L Risiken verringern, Chancen nutzen, handeln - KEA-BW
VO RWO RT
Die Folgen des globalen Klimawandels sind         auf das Land war die Erprobung erster Anpas-
auch in Baden-Württemberg spürbar. So ist die     sungsmaßnahmen ein weiterer Schwerpunkt
Durchschnittstemperatur zwischen 1881 und         des Programms.
2015 um 1,3° C gestiegen. Der Klimawandel
bringt viele Herausforderungen mit sich. Des-     Im Jahr 2016 wurde KLIMOPASS einer Evalu-
halb ist engagierter Klimaschutz so wichtig, um   ierung unterzogen, die die Grundlage für die
die Treibhausgase zu begrenzen. Gleichzeitig      Weiterentwicklung zu einem Förderprogramm
müssen wir uns auch an die unvermeidbaren         bildete, das sich seitdem verstärkt mit der Um-
Folgen des Klimawandels anpassen.                 setzung von Anpassungsmaßnahmen befasst.

Das Klimaschutzgesetz von 2013 hat die beiden     Insgesamt wurden im Zeitraum von 2011 bis
Säulen der Klimapolitik im Land verankert. Das    2016 über 80 Projekte mit etwa 7,5 Millionen
Gesetz schreibt verbindliche Klimaschutzziele     Euro unterstützt. Alle Projekte wurden von
fest. Gegenüber dem Jahr 1990 sollen die Treib-   einem ressortübergreifenden Projektrat sowie
hausgasemissionen bis 2020 um 25 % und bis        externen Expertinnen und Experten bewertet
2050 um 90 % reduziert werden. Das Integrierte    und ausgewählt und von der Landesanstalt für
Energie und Klimaschutzkonzept (IEKK) zeigt       Umwelt Baden-Württemberg LUBW fachlich
dabei den Weg auf, wie die ehrgeizigen Ziele      betreut und begleitet. In dieser Broschüre
erreicht werden können. Gleichzeitig wurde die    werden die Ergebnisse ausgewählter Projekte
Entwicklung einer Strategie zur Anpassung an      dargestellt.
die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels
im Klimaschutzgesetz verankert.

Die Auswirkungen des Klimawandels werden
in Baden-Württemberg bereits seit den 1990er      Franz Untersteller MdL
Jahren im Rahmen verschiedener Forschungs-        Minister für Umwelt, Klima
vorhaben beobachtet. Im Jahr 2011 wurde           und Energiewirtschaft
schließlich das Programm „Klimawandel und         des Landes Baden-Württemberg
modellhafte Anpassung in Baden-Württemberg“
(KLIMOPASS) ins Leben gerufen. Aufgrund des
großen Themenspektrums der Klimaanpassung
wurde KLIMOPASS als ressortübergreifendes
Programm angelegt. Neben praxisnaher For-
schung zu den Auswirkungen des Klimawandels
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Zu den förderfähigen Themenfeldern zählten
                                                    alle neun Handlungsfelder der Anpassungs-
                                                    strategie. KLIMOPASS war somit sehr breit
                                                    aufgestellt. Bei Bedarf wurden in Workshops
                                                    mit Expertinnen und Experten aus Wissen-
                                                    schaft und Praxis spezielle Schwerpunktthemen
                                                    benannt.

                                                    Der KLIMOPASS-Projektrat nahm die Aufgabe
                                                    wahr, aus den vielen und fachlich teilweise
                                                    sehr unterschiedlich gelagerten Projektanträgen
VORWORT                                             geeignete KLIMOPASS-Projekte auszuwählen.
Die LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-           Die LUBW organisierte das Verfahren zur
Württemberg) unterstützt seit mehr als acht Jah-    Qualitätskontrolle dieser Anträge. Hierfür leitete
ren die über 80 Projekte im Programm KLIMO-         sie ein Bewertungsverfahren mit externen
PASS bei dessen Konzeption, Organisation und        Gutachterinnen und Gutachtern aus Praxis,
Koordination.                                       Wissenschaft und Verwaltung und legte dem
                                                    Projektrat die Ergebnisse vor. Die Entscheidung
In KLIMOPASS wird der Klimawandel mit               des Projektrats setzte die LUBW verwaltungs-
seinen Folgen untersucht. Darüber hinaus            technisch um und begleitete die laufenden
werden aber auch Möglichkeiten zur Anpassung        Projekte fachlich, z. B. durch die Bereitstellung
in den Handlungsfeldern der Anpassungsstrate-       von Daten oder Unterstützung bei Projekt-
gie des Landes erarbeitet. Mit den Projekten        veranstaltungen. Die Abschlussberichte der
sollen anwendungsorientierte Fragestellungen        einzelnen Projekte wurden von ihr veröffentlicht
bearbeitet werden, so dass die Ergebnisse helfen    und stehen im Publikationsdienst der LUBW zur
können, Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln           Verfügung.
und auch umzusetzen. Beispielweise werden
Fragen zur zukünftigen klimawandelgerechten         Nach über acht Jahren KLIMOPASS sollen die
Stadtplanung, zur Tierhaltung in der Landwirt-      Projekte mit dieser Broschüre einem breiteren
schaft oder zur Vulnerabilität der Wirtschaft des   Publikum kurz und verständlich präsentiert
Landes bearbeitet.                                  werden. Aus der großen Bandbreite und Vielzahl
                                                    der Themen haben wir einige Projekte ausge-
Bisher haben sich zahlreiche Partner aus            wählt und stellen Ihnen an dieser Stelle deren
Wissenschaft und Forschung beteiligt. Da sich       Ergebnisse in 24 Beiträgen vor. Für weitergehen-
der Klimawandel insbesondere auch auf der           de Informationen möchte ich auf das Interne-
regionalen und lokalen Skala auswirkt und hier      tangebot der LUBW verweisen. Dort stehen
Anpassungsmaßnahmen direkt greifen können,          die Berichte aller abgeschlossenen Projekte zur
spricht KLIMOPASS auch zunehmend die Ak-            Verfügung.
teurinnen und Akteure vor Ort an, insbesondere
Kommunen.

Für jedes Förderjahr erstellte die LUBW
thematische Ausschreibungen, in deren Rahmen        Eva Bell
Projektanträge gestellt werden konnten. Hierfür     Präsidentin der Landesanstalt für
wurde der aktuelle Forschungsstand und For-         Umwelt Baden-Württemberg
schungsbedarf von ihr ausgewertet.
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EIN F Ü HR U N G
 INH ALT
           Klimafolgenforschung in Baden-Württemberg                         6
           Leitplanken der zukünftigen Klimaänderungen                       8
           Anpassungsstrategie                                              10

           K L IMAF O L G EN / M ONI TOR I NG
           Ein Klimamonitoring für die Modellregion Freiburg                12
           Regionale Klimaänderungen und ihre Folgen                        14
           Klimaanpassung im Naturpark                                      16

           G ES U N DHEIT
           Wie warnt man am besten vor großer Hitze?                        18
           Besonders gefährlich: Das Hitzerisiko bei älteren Menschen       20
           Wärmeres Klima – unerwünschte Stechmücken                        22

           STADT- / R EG IO NA LP LA NUNG
           Mit Mathematik zu einer nachhaltigen Stadt                       24
           Unsere Städte werden immer heißer – was tun?                     26
           Siedlungsverdichtung und Bauen im Zeichen der Klimaerwärmung     28
           Abhilfe für Karlsruher Hitze-Hot-Spots                           30
           Wie anpassungsfähig ist eine Stadt?                              32
           Mit Grün gegen den Klimawandel                                   34
           Begrünte Dächer – besseres Klima                                 36
           Klimagerechte Landschaftsplanung: Das Beispiel Unteres Remstal   38

4 INHALT
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NATU RSCHUTZ / BIOD IVERS ITÄT
Wie Flora und Fauna auf den Klimawandel reagieren       40

WASSERHAUSHALT
Gibt es künftig noch genug Trinkwasser?                 42
Wie verwaltet man den Wassermangel?                     44

WIRTSCHAFT
Wie verwundbar ist die Wirtschaft im Land?              46

LAN DWIRTSCHAFT
Werden wir künftig mehr ernten?                         48
Bodenwasser: Mal zu wenig, mal zu viel                  50
Von Kirschen und Schweinen                              52

FORSTW IRTSCHAFT
Wald und Klima: Ohne Bewusstseinswandel geht es nicht   54
Wie klimagestresste Wälder besser wachsen               56
Wald im Wandel                                          58

RE SÜ MEE UND W EITER EN TW IC K L U N G                60

PRO J EKTÜBERSICHT                                      62

I MPRESSUM & BILDNAC HW EIS                             71

                                                             I N H A LT 5
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E IN F ÜHRUNG
                     Klimafolgenforschung
                     in Baden-Württemberg
                     L Der Klimawandel bedeutet nicht nur neue Gefahren. Für einige
                     Bereiche können sich auch Chancen ergeben. Doch welche Entwicklungen
                     sind wahrscheinlich? Mögliche Antworten kann die Klimafolgenforschung
                     geben.

                     Baden-Württemberg hat früh begonnen, die          auf weitere Handlungsfelder vergrößert. Hierzu
                     Folgen des Klimawandels zu erforschen. Das        zählen u. a. die menschliche Gesundheit, der
                     bislang letzte Glied in der Kette der program-    Tourismus, die Land- und die Forstwirtschaft. Es
                     matischen Klimafolgenforschung ist das            wurde untersucht, welche klimatischen Ände-
                     Programm KLIMOPASS. Es steht für „Klima-          rungen zu erwarten sind und welche Verwund-
                     wandel und modellhafte Anpassung in               barkeiten je Handlungsfeld eintreten können,
                     Baden-Württemberg“. Am Beginn der Kette           beispielsweise die Zunahme an Hitzeereignissen.
                     steht das Programm KLIWA „Klimaveränderung        Für die menschliche Gesundheit bedeutet das
                     und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft“. In    die Verschärfung der thermischen Belastung.
                     KLIWA wird seit 1999 in Kooperation mit den       Eine besonders verletzliche Bevölkerungsgruppe
                     Ländern Bayern und Rheinland-Pfalz sowie dem      sind die älteren Menschen, bei denen das Risiko
                     deutschen Wetterdienst gezielt der Wassersektor   hitzebedingter Todesfälle ansteigt.
                     untersucht. Mit den folgenden Programmen
                     KLARA (Klimawandel – Auswirkungen, Risiken,       WI S S E NS LÜC K E N S C H LI E S SE N
                     Anpassung) und „Herausforderung Klimawandel       Die Folgen des Klimawandels sind mittlerweile
                     in Baden-Württemberg“ wurde der Blickwinkel       vielfach gut einschätzbar. Umso stärker rücken

6 E INF Ü H RU N G
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Fragen nach geeigneten Anpassungsmaßnah-             Das Ministerium stellt jährlich ein Förderbudget
men und ihrer Umsetzung in den Vordergrund.          von rund einer Million Euro zur Verfügung. Im
KLIMOPASS wurde ins Leben gerufen, um                Durchschnitt konnte damit bisher fast die Hälfte
genau an dieser Stelle anzusetzen. Es sollen         der beantragten Projekte gefördert werden.
anwendungsorientierte Fragestellungen bearbei-
tet werden, die helfen, gezielt Anpassungsmaß-       EIN MA LI GE S FÖR D E R KONZ E P T UND
nahmen zu entwickeln und pilothaft umzuset-          PO S IT I V E R AUS B LI C K
zen. Dementsprechend beschäftigen sich die           Die thematische Vielfalt und kontinuierliche
Projekte beispielsweise damit, wie und wo sich       Fördermöglichkeit lassen KLIMOPASS auf Län-
unsere Städte aufheizen und was dagegen getan        derebene als bislang einmalig erscheinen. Die
werden kann. Aber auch wie effektiv vor Hitze        hohe Zahl von insgesamt 174 Anträgen unter-
gewarnt werden kann, ist ein Thema. Möglich ist      streicht sowohl den bestehenden Forschungs-
auch die Analyse positiver Effekte, zum Beispiel     bedarf als auch die Bedeutung des Themas
auf den landwirtschaftlichen Ertrag. Auch bei der    Klimaanpassung im Land. Das Ministerium hat
Entwicklung und pilothaften Umsetzung von            daher beschlossen, KLIMOPASS ab dem Jahr
Anpassungsmaßnahmen können Akteurinnen               2018 eine Förderrichtlinie zu geben. Mit der
und Akteure unterstützt werden.                      Richtlinie wird das Programm verfestigt und
                                                     stärker auf die Umsetzung von Anpassungsmaß-
81 PRO J EKTE VON 2011 - 2 01 6                      nahmen ausgerichtet. Weiterhin soll aber auch
Zwischen 2011 und 2016 wurden 81 Projekte            bedarfsorientiert eine Begleitforschung erfolgen.
bewilligt, die sich zehn Handlungsfeldern zu-
ordnen lassen. Häufig weisen KLIMOPASS-
Projekte Querbezüge auf und können deshalb
mehreren Handlungsfeldern zugeordnet werden.
Im Auftrag des Umweltministeriums organisiert
und koordiniert die LUBW das Programm und
begleitet die einzelnen Projekte fachlich. Die
Förderentscheidung trifft ein interministerieller
Projektrat. Vorangestellt ist ein Bewertungsver-
fahren, das die Qualität der Projektanträge prüft.

                                                                                                         EI N F Ü H R U N G 7
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E IN F ÜHRUNG
                                  Leitplanken der
                                  zukünftigen
 PROJ E K T
 Zukünftige Klimaentwicklung in
 Baden-Württemberg
                                  Klimaänderungen
 LUBW Berichts-ID 201308021
                                  L Klimaforscherinnen und -forscher nutzen viele unterschiedliche Klimamodelle,
                                  um das Klima der Zukunft zu berechnen. Jedes Modell besitzt Stärken und
                                  Schwächen bei der Simulation des komplexen Klimasystems. Deswegen werden
                                  in der Klimaforschung mittlerweile mehrere Modelle in einem „Ensemble“
                                  eingesetzt, um möglichst solide Informationen über das Klima der Zukunft zu
                                  erhalten.

                                  In einem Forschungsprojekt hat die LUBW          wahrscheinlich verlaufen wird. Diese Bandbreite
                                  29 Simulationen regionaler Klimamodelle für      stellt die Leitplanken der zukünftigen Klimaver-
                                  einen nahen Zukunftszeitraum bis 2050 und        änderungen in Baden-Württemberg dar.
                                  für einen fernen Zukunftszeitraum bis 2100
                                  ausgewertet. Für insgesamt 28 Klimakennzahlen,   I N JE D E M FA LL
                                  wie die Jahresmitteltemperatur, die Anzahl der   Je nach untersuchtem Klimaelement variieren
                                  Frosttage, die Anzahl der Sommertage, die Jah-   die Ergebnisse unterschiedlich stark, aber mit
                                  resniederschlagssumme und die Anzahl der Tage    großer Sicherheit zeigen alle Modelle eine
                                  mit Starkniederschlag, wurde die Entwicklung     deutliche Wärmezunahme für die Zukunft. Die
                                  für die Zukunft untersucht. Durch den Einsatz    Jahresmitteltemperatur in Baden-Württemberg
                                  vieler Modelle wird die Bandbreite aufgezeigt,   könnte demnach von heute 8,4 °C in der nahen
                                  innerhalb der die klimatische Entwicklung        Zukunft (2021 – 2050) um 0,8 °C bis 1,7 °C und
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in der fernen Zukunft (2071 – 2100) um 2,5 °C                                                                                                                     Belastender für Mensch und Natur könnte die                                                                                                        AU F D EN PU N K T

  bis 3,6 °C ansteigen.                                                                                                                                             Entwicklung der Heißen Tage mit mindestens
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       • Für solide Informationen werden
                                                                                                                                                                    30 °C sein. Diese steigen möglicherweise von                                                                                                        mehrere Klimamodelle in
  Anschaulicher wird es, wenn die Zunahme der                                                                                                                       heute landesweit durchschnittlich vier Tagen                                                                                                        „Ensembles“ eingesetzt.

  Sommertage mit mindestens 25 °C betrachtet                                                                                                                        in der nahen Zukunft um einen bis neun Tage
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       • Die Auswertung eines Ensembles
  wird. Heute werden landesweit durchschnittlich                                                                                                                    an. Bis 2100 wird von einem Anstieg zwischen                                                                                                        mit 29 Simulationen bestätigt
  30 Tage gezählt. Für die nahe Zukunft muss im                                                                                                                     fünf bis 28 zusätzlichen Tagen ausgegangen. Die                                                                                                     die weitere Erwärmung in Baden-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Württemberg.
  Landesschnitt mit zusätzlichen 4 bis 18 Tagen                                                                                                                     Änderungen werden in den einzelnen Landes-
  und in der fernen Zukunft mit 20 bis 44 Tagen                                                                                                                     regionen jedoch unterschiedlich stark ausfallen.                                                                                                   • Bis Ende des Jahrhunderts ist

  gerechnet werden.                                                                                                                                                 Der Oberrheingraben und der Rhein-Neckar-                                                                                                           im Landesschnitt ein Anstieg der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Durchschnittstemperatur um 3,6°C
                                                                                                                                                                    Raum werden wohl auch weiterhin die wärmsten                                                                                                        auf 12°C möglich.
                                                                                                                                                                    Regionen des Landes bleiben.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       • Die Anzahl der Sommertage wird
                                                                         Beobachtete Temperaturentwicklung                                                                                                                            Zukunftsszenario                                                                  deutlich ansteigen und kann sich
                  12
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        bis zum Ende des Jahrhunderts
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        verdoppeln.

                  11

                                                                                                                                                                                                                                                                                    2071 – 2100

                  10
Temperatur [°C]

                  9
                                                                                                                                                                                                              2021 – 2050

                  8

                  7

                                                                                              1901 – 2015

                  6
                                                                                                                                                                    2000
                                                                                                                                                                           2005
                       1900

                                                                                                                                                                                                2020
                                                                                                                                                                                                       2025
                                                                                                                                                                                                              2030
                                                                                                                                                                                                                     2035
                                                                                                                                                                                                                            2040
                                                                                                                                                                                                                                   2045
                                                                                                                                                                                                                                          2050
                                                                                                                                                                                                                                                 2055
                                                                                                                                                                                                                                                        2060
                                                                                                                                                                                                                                                               2065
                                                                                                                                                                                                                                                                      2070
                                                                                                                                                                                                                                                                             2075
                                                                                                                                                                                                                                                                                    2080
                                                                                                                                                                                                                                                                                           2085
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  2090
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2095
                              1905

                                             1915
                                                    1920
                                                           1925
                                                                  1930
                                                                         1935
                                                                                1940
                                                                                       1945
                                                                                              1950
                                                                                                     1955
                                                                                                            1960
                                                                                                                   1965
                                                                                                                          1970
                                                                                                                                 1975
                                                                                                                                        1980
                                                                                                                                               1985
                                                                                                                                                      1990
                                                                                                                                                             1995

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                2100
                                                                                                                                                                                         2015
                                      1910

                                                                                                                                                                                  2010

                                     Gemessene Werte;                              30-jähriger gleitender Mittelwert, nach Daten des DWD berechnet

                        Bandbreite des 30-jährigen Mittelwertes                                                           Untere Bandbreite                                          Median                                    Obere Bandbreite

                        Entwicklung der Durchschnittstemperatur in Baden-Württemberg bis 2015 und Bandbreite der möglichen
                        zukünftigen Entwicklung bis 2100 (Quelle LUBW)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            EI N F Ü H R U N G 9
Klimawandel als Herausforderung - Beiträge aus dem Programm KLIMOPASS L Risiken verringern, Chancen nutzen, handeln - KEA-BW
E IN F ÜHRUNG
                      Anpassungsstrategie
                      L Mit dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg hat der Landesgesetzgeber
                      auch der Anpassung an den Klimawandel einen gesetzlichen Rahmen gegeben.
                      Die unvermeidbaren Auswirkungen sollen im Rahmen einer landesweiten Strategie
                      durch vorsorgende Anpassungsmaßnahmen begrenzt werden.

                      DER W EG ZU R ANPAS S UNGS -
                      STR ATEG IE
                      Im Juli 2015 hat die Landesregierung eine
                      Strategie zur Anpassung an den Klimawandel
                      in Baden-Württemberg verabschiedet, die sich
                      mit den neun Handlungsfeldern Wald und
                      Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Boden, Natur-
                      schutz, Wasserhaushalt, Tourismus, Gesundheit,
                      Stadt- und Raumplanung sowie Wirtschaft
                      und Energiewirtschaft befasst. Damit werden
                      zahlreiche Bereiche des menschlichen Handelns
                      und unserer Umwelt angesprochen, die durch            Überflutete Straße mit Warnschild

                      den Klimawandel beeinflusst werden. Aufgrund
                      dieser breiten Betroffenheit soll mit der Strategie
                      ein gesamtgesellschaftlicher Anpassungsprozess
                      angestoßen werden.

10 EINF Ü H R U N G
Von Beginn an wurden Betroffene aus den           U MS E T Z UNG
verschiedenen Handlungsbereichen in die           In den kommenden Jahren gilt es nun, die
Erstellung der Strategie eingebunden. In einem    Anpassungsstrategie mit Leben zu füllen. Die
ersten Schritt wurde gemeinsam mit den zu-        Umsetzung liegt dabei häufig nicht nur im
ständigen Ressorts sowie Fachgutachterinnen       direkten Handlungsbereich des Landes, sondern
und -gutachtern die klimainduzierte Verwund-      auch auf kommunaler und regionaler Ebene.
barkeit (Vulnerabilität) der Handlungsbereiche    Daneben gibt es Anpassungsmaßnahmen, die
aufgezeigt. Dabei standen Fragen im Mittelpunkt   von privaten Akteurinnen und Akteuren um-
wie: Welche Auswirkungen hat Hitze auf ältere     gesetzt werden müssen, die aber vielfach durch
Menschen? Wie müssen die Städte der Zukunft       staatliche Maßnahmen begleitet und unterstützt
aussehen? Welche Bäume müssen heute ge-           werden können. Das Land möchte durch Aus-
pflanzt werden, die auch noch in 100 Jahren       weisung verschiedener Handlungsschwerpunkte
wachsen können? Wie werden sich Extremwet-        die verschiedenen Akteurinnen und Akteure zur
terereignisse entwickeln und welche Vorkehrun-    Anpassung zusammenbringen. Dazu zählen die
gen könnten getroffen werden? Weiter wurden       Bewusstseinsbildung und die Sensibilisierung
Anpassungsziele erarbeitet und Maßnahmenvor-      von Betroffenen. KLIMOPASS konnte dank des
schläge auf einem Kongress diskutiert.            anwendungsbetonten Charakters des Programms
                                                  eine wichtige Brücke von der Wissenschaft zur
Die wichtigsten Ergebnisse dieses Prozesses       Praxis schlagen. Ein weiterer wichtiger Baustein
sind in der „Strategie zur Anpassung an den       ist das Monitoring zur Anpassungsstrategie,
Klimawandel in Baden-Württemberg“ zusam-          das mit einem ersten Bericht im Jahr 2017 und
mengefasst. Für jedes Handlungsfeld werden        danach alle drei Jahre erfolgt. Es soll helfen,
die Auswirkungen des Klimawandels dargestellt     die Klimafolgen auf das Land darzustellen und
und bis zu zehn Maßnahmenempfehlungen             möglichst zeitnah erfolgreiche und weniger
gegeben.                                          erfolgreiche Ansätze in der modellhaften An-
                                                  passung an den Klimawandel zu identifizieren.
                                                  Nicht zuletzt wird auch weiterhin ein Schwer-
                                                  punkt sein, die jeweiligen Akteurinnen und
                                                  Akteure durch die Bereitstellung von Informatio-
                                                  nen oder Fortbildungen zu sensibilisieren.

                                                                                                     EI N F Ü H R U N G 11
K LIM AFOLGEN/
   MO NITORING                            Ein Klimamonitoring
                                          für die Modellregion
   PROJ E K T 1
   Entwicklung eines Konzepts zum
   Monitoring von Klimafolgen und An-
                                          Freiburg
   passungsmaßnahmen anhand eines
   Modellraums in Baden-Württemberg       L Ohne Anpassungsmaßnahmen wird der Klimawandel nicht zu bewältigen
   Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,   sein. Um aber den Erfolg solcher Maßnahmen beurteilen und gegebenenfalls
   Professur für Landespflege

   LUBW Berichts-ID U13-W03-N12
                                          nachjustieren zu können, bedarf es eines gezielten Monitorings. Wie das aussehen
                                          kann, zeigt ein Projekt am Beispiel der Modellregion Freiburg.
   PROJ E K T 2
   Etablierung eines regionalspezifi-
   schen Monitorings von Klimafolgen
   und Anpassungsmaßnahmen im
   Modellraum Freiburg / Dreisamtal

   Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,
   Professur für Landespflege             WAR U M R EG IO N A LE A NPAS S UNGS -             flexible Strategie muss zudem nachjustiert,
   LUBW Berichts-ID U13-W03-N13           STR ATEG IEN ?                                     also an künftige ökologische, ökonomische
                                          Der Klimawandel betrifft die verschiedenen         und soziale Entwicklungen angepasst werden
                                          Regionen Deutschlands in unterschiedlichem         können, die im Zuge des sich dynamisch ent-
                                          Maße. Entsprechend müssen Anpassungsmaß-           wickelnden Klimawandels zu erwarten sind. Eine
                                          nahmen an die veränderten klimatischen Bedin-      wichtige Voraussetzung hierfür ist die kontinu-
                                          gungen auf regionale Erfordernisse zugeschnitten   ierliche Erfassung klimarelevanter Indikatoren
                                          werden. Baden-Württemberg stellt einen sehr        sowie ein Prüf- und Kontrollsystem für die
                                          vielfältigen Lebensraum dar. Daher ist eine an     vorgenommenen Anpassungsmaßnahmen.
                                          die jeweilige Region angepasste Strategie er-
                                          forderlich, die aus Bausteinen mit Maßnahmen
                                          unterschiedlicher Priorität besteht. Diese

1 2 K L IM A FO LG EN /M O N ITO RIN G
zählen wie Naturschutz und Biodiversität, aber      AU F D EN PU N K T

                                                       auch innerstädtische Grünflächen, Gesundheit,
                                                                                                           • Das Fortschreiten des Klimawan-
                                                       Bevölkerung und Arbeitsschutz sowie der Tou-         dels sowie der Erfolg von Klima-
                                                       rismus. Von einer Vielzahl möglicher Indikatoren     anpassungsmaßnahmen sollten im
                                                                                                            Zuge eines regionalen Monitoring-
                                                       wurden bereits 72 in das regionalbezogene
                                                                                                            systems überwacht werden.
                                                       Monitoringsystem integriert. 36 Indikatoren
                                                       wurden bisher verworfen, 184 werden noch            • Ein solches System ist auch erfor-
                                                                                                            derlich, um gegebenenfalls bei
                                                       geprüft. Dabei gibt es sowohl Einflussindikato-
                                                                                                            den Maßnahmen nachjustieren zu
                                                       ren, die klimawandelbedingte Veränderungen           können.

                                                       aufzeigen, als auch Anpassungsindikatoren, mit
                                                                                                           • Das in der Modellregion Freiburg
                                                       denen sich die Wirkungen von Anpassungs-             erarbeitete Indikatorsystem mit
Anpassungsindikator Wasserhaushalt: Stand Ausbau des   maßnahmen des jeweiligen Sektors beschreiben         Einfluss- und Anpassungsindika-
technischen Hochwasserschutzes                                                                              toren stellt eine gute Basis für das
                                                       lassen.
                                                                                                            Monitoring dar.

EIN V IE LFÄLTIGER M O DEL L R AU M                    Im Gesundheitssektor gelten beispielsweise          • Die Erkenntnisse lassen sich mit
                                                                                                            Anpassungen auch auf andere
Wie ein solches Monitoring aussehen könnte,            die Anzahl der Heißen Tage, der Tropennächte
                                                                                                            Regionen übertragen.
hat eine Arbeitsgruppe der Universität Freiburg        sowie der Tage mit schwüler Hitze als Ein-
untersucht: „Entwicklung eines Konzepts zum            flussfaktoren. Auch Fallzahlen hitzeinduzierter
Monitoring von Klimafolgen und Anpassungs-             Erkrankungen oder gar Todesfälle gehören dazu.
maßnahmen anhand eines Modellraums in                  Anpassungsindikatoren sind in diesem Sektor
Baden-Württemberg“ hieß das Initialprojekt,            etwa das Funktionieren von Hitze-Frühwarn-
dem sich ein Folgeprojekt zur Etablierung dieses       systemen oder von baulichen Maßnahmen zur
regionalspezifischen Monitorings im Modell-            Hitzeminderung in öffentlichen Gebäuden.
raum Freiburg / Dreisamtal anschloss. Die ausge-       Teilweise bestanden im Untersuchungsgebiet
wählte Region reicht vom Gipfel des Feldbergs          bereits solche Systeme. So gibt es beispielsweise
entlang des Flusses Dreisam bis zur Rheinaue           in der Forstwirtschaft ein institutionalisiertes,
und repräsentiert eine Vielzahl landschaftlich         intensives Monitoring, zu dem auch die Waldzu-
und klimatisch unterschiedlicher Lebensräume.          standsberichte gehören. Im Gesundheitswesen
Diese sind einerseits aus Sicht des Naturschutzes      werden dagegen viele Daten erhoben, diese sind
und des Tourismus wertvoll, andererseits werden        allerdings noch nicht in wünschenswerter Weise
sie wirtschaftlich in vielfältiger Weise genutzt.      räumlich miteinander verknüpft. Im Bereich
                                                       Wasserhaushalt gilt die Errichtung von Hochwas-
Die wichtigste Basis für die Entwicklung des           serschutzmaßnahmen als Pflicht der Kommune.
Monitoringsystems waren Experteninterviews             Als Anpassungsindikator im Rahmen eines
vor allem mit Vertreterinnen und Vertretern            Monitorings werden solche Maßnahmen häufig
der zuständigen Fachbehörden im Regierungs-            nicht erfasst.
präsidium Freiburg, in der Stadt Freiburg
sowie in den Landratsämtern der Landkreise             Das in Freiburg erarbeitete Monitoringsystem
Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen.              dürfte sich im Hinblick auf das methodische
Darüber hinaus gab es Gespräche mit dem                Vorgehen mit entsprechenden Anpassungen
Staatlichen Weinbauinstitut, der Forstlichen           und gegebenenfalls weiteren Indikatoren gut
Versuchs- und Forschungsanstalt sowie der              auf andere Kommunen übertragen lassen.
Schutzgemeinschaft Libellen.                           Die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Erar-
                                                       beitung dieses Projekts flossen in den ersten
GUTES INDIKATORSYSTEM                                  Monitoringbericht zum Klimaschutzgesetz
Neun Handlungsfelder haben die Autorinnen              Baden-Württemberg Teil 1 „Klimafolgen und
und Autoren der Studie bearbeitet, wozu Was-           Anpassung“ 2017 ein.
serhaushalt, Land- und Forstwirtschaft ebenso
                                                                                                           K LI MA FO LG EN / MO NI TO R I N G 1 3
K LIM AFOLGEN/
   MO NITORING                           Regionale Klimaände-
                                         rungen und ihre Folgen
   PROJ E K T                            L Wenn man Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel planen und
   Ensembles hoch aufgelöster regio-
   naler Klimasimulationen zur Analyse   durchführen will, muss man wissen, welches Klima künftig auf die betreffende
   regionaler Klimaänderungen in
                                         Region und ihre Bewohnerinnen und Bewohner zukommt. Einen solchen Blick
   Baden-Württemberg und ihre Aus-
   wirkungen                             in die Zukunft ermöglichen Simulationen mit numerischen Klimamodellen.
   Karlsruher Institut für Technolo-
   gie, Institut für Meteorologie und
   Klimaforschung

   LUBW Berichts-ID U41-W03-N13

                                         EN S EMB L ES B R IN GE N E I NE H ÖH E R E       Bandbreite möglicher Klimaentwicklungen zu
                                         S IC HER HEIT                                     erfassen, reicht eine Simulation nicht aus, viel-
                                         Die Entwicklung des Klimas hängt von vielen       mehr muss eine ganze Reihe von Simulationen
                                         Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören in        durchgeführt werden (ein sogenanntes Ensemble
                                         jüngster Zeit vor allem die von den Menschen      von Simulationen, siehe Beitrag „Leitplanken
                                         verursachten Treibhausgas-Emissionen. Deren       der zukünftigen Klimaänderungen“). Damit
                                         Entwicklung wiederum hängt von der demo-          werden Aussagen über die Wahrscheinlichkeit
                                         graphischen, politischen und wirtschaftlichen     einer vorausgesagten Klimaänderung möglich:
                                         Entwicklung ab, welche nur innerhalb gewisser     Je größer die Ensemblekonsistenz, also die Über-
                                         plausibler Grenzen und auf dem derzeitigen        einstimmung der einzelnen Ensemblemitglieder
                                         Wissensstand abschätzbar ist und als Ergebnis     ist, desto sicherer ist die Aussage. Als Faustregel
                                         sogenannte Klimaszenarien liefert. Daneben gibt   gilt, dass man bei einer Ensemblekonsistenz von
                                         es noch weitere, durch den Charakter des Klima-   über 50 Prozent von einer „wahrscheinlichen
                                         systems bedingte zufällige Faktoren, welche die   Änderung“ sprechen kann.
                                         Entwicklung des Klimas beeinflussen. Um diese

1 4 K L IM A FO LG EN /M O NITO RIN G
AU F D EN PU N K T
                                                                                     Anzahl Tage

                                                                                                                  • In Klimaszenarien werden auf
                                                                                            9
                                                                                                                   Grundlage von Annahmen zur
                                                                                            8
                                                                                                                   künftigen Entwicklung der Treib-
                                                                                                                   hausgaskonzentration mögliche
                                                                                            7                      klimatische Zustände für die
                                                                                                                   Zukunft mit Klimamodellen
                                                                                            6
                                                                                                                   berechnet. Bei Ensemble-Berech-
                                                                                                                   nungen wird eine Reihe von
                                                                                            5
                                                                                                                   Simulationen durchgeführt, um die
                                                                                            4                      Bandbreite der möglichen Klimaän-
                                                                                                                   derungen zu erfassen.
                                                                                            3

                                                                                                                  • Die Qualität der Simulationen wird
                                                                                            2
                                                                                                                   durch den Vergleich mit den
                                                                                            1                      Klimabeobachtungen der jüngeren
                                                                                                                   Vergangenheit (1971 – 2000)
                                                                                            0                      überprüft.

                                                                                                                  • Für Baden-Württemberg steht
Änderung der mittleren Anzahl von Heißen Tagen pro Jahr (Tagesmaximaltemperatur >= 30°C)
                                                                                                                   nun ein Ensemble von Klimasimu-
zwischen 1971 - 2000 und 2021 - 2050 (Quelle: Karlsruher Institut für Technologie)
                                                                                                                   lationen mit einer räumlichen
                                                                                                                   Auflösung von 7 Kilometern für die
                                                                                                                   beiden Zeiträume 1971 – 2000 und
KL IMASIMULATIONEN F Ü R                                     WÄR M E R UND M E H R STA R K R E GE N
                                                                                                                   2021 – 2050 zur Verfügung.
BAD E N -WÜRTTEM BERG                                        Die regional differenzierten Simulationen
                                                                                                                  • Die Simulationen zeigen für die
Für das Projekt „Ensembles hoch aufgelöster                  zeigen, dass im Land in naher Zukunft sowohl
                                                                                                                   nahe Zukunft (2021 – 2050) Zunah-
regionaler Klimasimulationen zur Analyse regio-              die mittleren Jahrestemperaturen als auch die         men der Jahresmitteltemperaturen
naler Klimaänderungen in Baden-Württemberg                   minimalen und maximalen Tagestemperaturen             sowie der Tagesmaxima und
                                                                                                                   -minima der Temperatur.
und ihre Auswirkungen“ hat das Institut für                  steigen werden. Für das gesamte Bundesland
Meteorologie und Klimaforschung (IMK-TRO)                    kann es, jahreszeitlich variierend, zwischen etwa    • Deutlich häufiger werden extreme
am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)                 0,5 und 1,5 °C wärmer werden – wobei die              Niederschläge sowie, vor allem in
                                                                                                                   tieferen Lagen, die Kombination
ein Ensemble von zwölf Simulationen mit der                  stärkste Zunahme im Spätsommer, Herbst und
                                                                                                                   aus heißen und trockenen Extrem-
sehr hohen räumlichen Auflösung von 7 km,                    Winter stattfindet. Dazu passend zeigen               wetterperioden auftreten.

zugeschnitten auf unsere Region, berechnet.                  die Szenarien mehr heiße und weniger kalte
Verwendet wurde das regionale Klimamodell                    Extreme. Im Sommer und im Frühherbst wird
COSMO-CLM, das ein Modell für die Atmo-                      den Berechnungen zufolge die solare Einstrah-
sphäre mit einem Boden-Vegetationsmodell                     lung – eine Kombination aus diffuser und
kombiniert. Simuliert wurde die nahe Zukunft,                direkter Strahlung – zunehmen und in der Zeit
also die Zeit zwischen 2021 und 2050. Um                     von Dezember bis Mai abnehmen. Die Nieder-
die Qualität der Simulationen einschätzen zu                 schläge werden im Sommer leicht abnehmen,
können, und um einen Vergleich für künftige                  im Winter aber stärker zunehmen, so dass über
Klimaentwicklung zu haben, wurde zusätzlich                  das ganze Jahr gesehen eine leichte Zunahme zu
die jüngere Vergangenheit, d. h. der Zeitraum                erwarten ist. Ähnliches gilt auch für die klimati-
von 1971 bis 2000 gerechnet.                                 sche Wasserbilanz. Insgesamt zeichnen sich aber
                                                             bei Mittelwerten von Parametern wie Nieder-
                                                             schlag, Bodenfeuchte und Windgeschwindigkeit
                                                             keine großen Änderungen ab. Änderungen fin-
                                                             den sich dagegen bei extremen Niederschlägen,
                                                             die in naher Zukunft deutlich häufiger werden
                                                             können, und auch die Kombination aus heißen
                                                             und trockenen Extremwetterperioden wird den
                                                             Menschen verstärkt zu schaffen machen.

                                                                                                                  K LI MA FO LG EN / MO N I TO R I N G 1 5
K LIM AFOLGEN/
   MO NITORING                          Klimaanpassung im
                                        Naturpark
   PROJ E K T                           L Ein Naturpark lebt vom Miteinander von Natur und wirtschaftendem Mensch,
   Landschaft im Klimawandel –
   Anpassungsstrategie für den          der diese Landschaft geprägt hat. Sollen solche Regionen auch in Zeiten des
   Naturpark Südschwarzwald
                                        Klimawandels erhalten werden und touristisch attraktiv bleiben, sind Anpassungs-
   Naturpark Südschwarzwald e.V.
                                        maßnahmen an die sich ändernden Lebensbedingungen unerlässlich.
   LUBW Berichts-ID U83-W03-N24

                                        R EIZVO L L E L AN D S C H A FT                   Darüber hat sich ein Team aus Forscherinnen
                                        Rund 400 000 Hektar Fläche umfasst der Na-        und Forschern in enger Zusammenarbeit mit
                                        turpark Südschwarzwald und ist damit einer der    dem Naturpark Südschwarzwald und sechs land-
                                        größten Schutzflächen dieser Art in Deutsch-      und forstwirtschaftlichen Betrieben Gedanken
                                        land. Sicher ist, dass sich durch den Klimawan-   gemacht. Erklärtes Ziel war, „Erkenntnisse aus
                                        del auch in dieser Region die Bedingungen für     den Handlungsfeldern Boden, Naturschutz,
                                        Land- und Forstwirtschaft sowie Naturschutz       Wald, Landwirtschaft auf den Naturraum und
                                        und Tourismus ändern werden. Was aber kann        die dortigen land- und forstwirtschaftlichen Be-
                                        man tun, um trotz der sich bereits abzeich-       triebe zu übertragen“ (Projektbericht, S. 2) – und
                                        nenden Veränderungen diese strukturreiche         darauf aufbauend, eine integrierte Klimaanpas-
                                        Landschaft mit Wald, extensiv genutzten Weide-    sungsstrategie für den Naturpark zu entwickeln.
                                        flächen und Mähwiesen zu erhalten?

1 6 K L IM A FO LG EN /M O NITO RIN G
W IE B E D ROH T S I ND D I E B E T R I E B E ?     AU F D EN PU N K T

                                                   Der außergewöhnlich trockene Sommer im
                                                                                                       • Der Klimawandel wird auch für
                                                   Untersuchungszeitraum 2015 hat auch die land-        den Naturpark Südschwarzwald
                                                   und forstwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen        deutliche Folgen haben.

                                                   und Betriebsleiter für die Folgen des Klima-
                                                                                                       • Für die land- und forstwirtschaft-
                                                   wandels sensibilisiert. Und das nicht ganz zu        lichen Betriebe ist zumeist eine
                                                   unrecht: Über alle Betriebe und Nutzungsarten        moderate, in Einzelfällen stärkere
                                                                                                        Gefährdung zu erkennen. Teilweise
                                                   hinweg zeigt sich für vier von sechs Betrieben
                                                                                                        gibt es auch Verbesserungen.
                                                   eine stärkere Gefährdungstendenz. Die größ-
                                                   ten Gefahren durch Hitzestress, Sonnenbrand,        • Eine gute Ertragskraft der Betriebe
                                                                                                        ist eine wesentliche Vorausset-
                                                   erhöhtem Schädlingsdruck und anderen Folgen          zung, um die typische Naturland-
Teil der Untersuchung: Höfe mit Mutterkuhhaltung   der Klimaerwärmung ergaben sich dabei für den        schaft Südschwarzwald zu
auf 1.000 m Meereshöhe                                                                                  erhalten.
                                                   Beeren- und Obstbau. Auch beim Getreidean-
                                                   bau – außer beim Dinkel – sowie beim Waldbau        • Mögliche ertragssteigernde (Klima-
DAS G E FÄHRDUNGSPOTEN ZIAL                        – Risikofaktor Fichte – wurden Gefährdungs-          anpassungs-)Maßnahmen sind der
                                                                                                        Anbau neuer Sorten und Arten und
BE WE RTEN                                         potenziale festgestellt. Demgegenüber könnten
                                                                                                        die Bewässerung.
Um die Folgen des Klimawandels bewerten zu         Ackerflächen und Wiesen von verlängerten
können, muss man eine ganze Reihe von Fakto-       Vegetationsperioden und höheren Temperaturen
ren heranziehen. Dazu zählen typische klima-       profitieren.
tische Parameter wie Durchschnittstemperatur,
Spät- und Frühfrostgefahr, Heiße Tage, Stark-      Auch wenn zu bedenken ist, dass die Studie nur
regen und Dürreperioden. Aber auch Faktoren        431 Hektar (0,1 Prozent) der Naturparkfläche ab-
wie Bewirtschaftungsweise, Ertrag, Produkt-        deckt, so dürfte sie doch Signalwirkung für den
qualität und die Risiken durch Schädlinge wie      gesamten Naturpark Südschwarzwald haben. Da
Pilze, Insekten und andere Schaderreger, sind zu   die Land- und Forstwirtschaft in dieser Kultur-
berücksichtigen. Hinzu kommen der Stand-           und Naturregion eine prägende Wirkung hat, ist
ort – Höhe, Hangneigung, Beschaffenheit und        es wichtig, sie zu erhalten – und damit auch die
Speicherfähigkeit der Böden – sowie die mit der    Ertragskraft der Betriebe. Daher geben die
Lage verbundenen klimatischen Grundbedin-          Autorinnen und Autoren der Studie zu beden-
gungen. Damit ergeben sich für die einzelnen       ken, dass auch in einem Naturpark ertrags-
Betriebe ganz individuelle Bewertungen. So sind    steigernde Bewirtschaftungsformen wichtig
zum Beispiel im Zuge des Klimawandels bei          werden können. Dazu zählen das Experimen-
einem Waldgebiet ein zunehmender Hitze- und        tieren mit neuen Arten und Sorten, wie mit
Trockenstress für Fichtenbestände im Hoch-         dem Rhabarberanbau beispielhaft demonstriert
sommer und ein damit verbundener erhöhter          werden konnte. Auch die Bewässerung von
Befallsdruck, durch Schadinsekten zu erwarten.     Wiesen sowie eine partielle Umnutzung von
Bei Grünlandflächen zeichnen sich dagegen          Flächen können eine wichtige Rolle in der
neben negativen Folgen auch durchaus posi-         Zukunft spielen. Ihre Schlussfolgerung: „In dem
tive Effekte ab: So wird die Produktivität durch   Bestreben, die Betriebe vor dem Hintergrund
höhere Temperaturen und eine längere Vege-         des Klimawandels zu stärken, sollte eine wichtige
tationszeit zunehmen. Andererseits wird der        Komponente der Anpassungsstrategie des
Befallsdruck durch Mäuse und Pilze, z. B.          Naturparks Südschwarzwald an den Klima-
Schneeschimmel wachsen, was sich negativ auf       wandel liegen“ (Projektbericht, S. 80).
Ertrag und Qualität auswirken wird, genauso wie
Trockenheit im Sommer und mehr Nässe im
Winter.

                                                                                                       K LI MA FO LG EN / MO N I TO R I N G 17
GESUNDHEIT
                                     Wie warnt man am
                                     besten vor großer Hitze?
   PROJ E K T                        L Durch die Kessellage ist Stuttgart sehr windarm. Zusammen mit der dichten
   Optimierung der Hitzewarnung in
   Stuttgart (HITWIS)                Bebauung führt dies im Sommer häufig zu großer Hitzebelastung. Die Landes-
   Landeshauptstadt Stuttgart,       hauptstadt machte sich deshalb schon früh Gedanken, wie man die Bevölkerung
   Amt für Umweltschutz,
   Abteilung Stadtklimatologie
                                     am besten vor einer drohenden Hitzewelle warnen kann. Doch dazu muss man
   LUBW Berichts-ID U50-W03-N11      die Menschen auch auf den richtigen Wegen erreichen.

                                     DER HITZES O MM E R 20 03 UND
                                     DIE F O L G EN
                                     Die große Hitzewelle im Jahr 2003 hat auch
                                     in Stuttgart zu einem Umdenken geführt: Bei
                                     rechtzeitiger Warnung und geeigneten Gegen-
                                     maßnahmen hätte es damals vermutlich weniger
                                     Hitzetote gegeben. In der Folge entwickelte die
                                     Landeshauptstadt als eine der ersten Städte ein
                                     Klimawandel-Anpassungskonzept. Besonders
                                     wichtig dabei: die Bevölkerung rechtzeitig zu
                                     warnen, wenn extrem heiße Tage drohen. Mit
                                     dem Projekt „Optimierung der Hitzewarnung
                                                                                       Hitzeflyer Stuttgart mit Gesundheitstipps und
                                     in Stuttgart (HITWIS)“ hat die Abteilung          Verhaltenshinweisen bei Hitze
                                     Stadtklimatologie des städtischen Umweltamtes     (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart)

18 GES U N D H EI T
AU F D EN PU N K T

                                                                                                              • Zielgruppenspezifische Hitze-
                                                                                                               warnungen auf unterschiedlichen
                                                                                                               Medienkanälen erreichen viele
                                                                                                               Menschen.

                                                                                                              • Schwierig erreichbar sind ins-
                                                                                                               besondere ältere alleinstehende
                                                                                                               Menschen.

                                                                                                              • Ein kommunales Kompetenzteam
                                                                                                               sowie ein Netzwerk „Hitze“
                                                                                                               sind wichtige Voraussetzungen für

Smartphone-App zur Hitzewarnung in Stuttgart (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart)

das bereits bestehende Konzept überprüft und              im Internet (www.stuttgart.de/hitze) aktuelle
Verbesserungen angeregt.                                  Informationen. Social Media wie Facebook,
                                                          Instagram und Twitter wie auch lokal angepasste
W IE ERREICHT M AN D IE MEN S C HEN ?                     Hitze-Apps für Smartphones erreichen immer
Eine Umfrage der Stadtklimatologinnen und                 mehr Menschen. Wichtig ist auch das große
-klimatologen ergab, dass Krankenhäuser und               Display am Pragsattel, einer der am stärksten
Seniorenheime auf Hitzewellen inzwischen recht            befahrenen Kreuzungen in Stuttgart, das alle
gut vorbereitet sind. Hingegen gibt es im Schul-          Autofahrerinnen und Autofahrer auf gefährliche
bereich keine allgemeinen Richtlinien. Beson-             Hitzetemperaturen aufmerksam macht.
ders problematisch ist dies für ältere allein-
stehende Menschen: Sie sind nur schwer zu                 O HN E KOM P E T E NZ -NE T Z WE R K
erreichen, stellen aber eine besondere Risiko-            G EHT E S NI C H T
gruppe dar, die zudem wegen der demographi-               Eine wichtige Voraussetzung, dass dies alles auch
schen Entwicklung noch größer werden wird.                umgesetzt wird und Hitzewarnungen rechtzeitig
Auf diesem Gebiet, so ergab das Projekt, sollte           an die Bevölkerung ergehen, ist der Aufbau ei-
in Zukunft mehr getan werden, etwa ein Hitze-             nes zunächst kommunalen Kompetenzteams und
telefon für alleinstehende Seniorinnen und Seni-          dann eines Netzwerkes „Hitze“. Dazu gehören
oren organisieren und betreuen. Zudem sind gut            kommunale und externe Institutionen, wie etwa
bestehende Wärmesysteme wie das Hitze-                    der Deutsche Wetterdienst, aber auch Pflege-
warnsystem des Deutschen Wetterdienstes in der            dienste und Stadtteilorganisationen. Allerdings
Bevölkerung noch nicht genügend bekannt.                  ergab die Untersuchung, dass die Umsetzung
                                                          manch einer wünschenswerten, aber komplexen
I NFO R MATION AUF ALL EN K AN ÄL EN                      Maßnahme, gar nicht so einfach ist, weil sich die
Gedruckte Flyer und Infobroschüren sind ein               Zusammenarbeit verschiedener Institutionen
bewährtes Mittel, Menschen auf Gefahren und               schwierig gestaltet. Gleichwohl lohnt sich der
Zusammenhänge aufmerksam zu machen. Vor                   Aufwand: Schließlich geht es um Menschen-
allem im Hinblick auf die Risikogruppe der –              leben. Stuttgart jedenfalls ist gewillt, dies zu
größtenteils nicht internetaffinen – Älteren wird         tun – und hat aus den bisher gewonnenen
dieses Kommunikationsmittel auch in Zukunft               Erkenntnissen eine Liste mit Empfehlungen
unerlässlich sein. Andere Bevölkerungsgruppen             für andere Städte zusammengestellt. Beson-
lassen sich mit CityCards erreichen, die kurze            ders wichtig dabei sei, so die Autorinnen und
Hitze-Informationen liefern und beispielsweise            Autoren der Studie, „Hitzeinformationen und
in Restaurants und Bars ausliegen. Auf elek-              Hitzewarnungen zielgruppenspezifisch weiterzu-
tronischem Wege liefert die Hitze-Homepage                geben“ (Projektbericht, S. 6).

                                                                                                                                  G ES U N D H E I T 19
GESUNDHEIT
                                   Besonders gefährlich:
                                   Das Hitzerisiko bei
   PROJ E K T
   Risiken von Raumtemperatur
   bei Hitze für ältere Menschen
                                   älteren Menschen
   in Stuttgart

   Robert-Bosch-Gesellschaft für
                                   L Die Menschen werden immer älter, mögliche Hitzeperioden wegen der
   medizinische Forschung mbH      Klimaerwärmung häufiger. Umso wichtiger wird es, dass ältere Menschen
   LUBW Berichts-ID U50-W03-N13
                                   zum Beispiel auch in Einrichtungen des Betreuten Wohnens bei Hitze optimal
                                   versorgt werden. Aber wie lässt sich das erreichen?

                                   VIER TEIL PRO J EK T E                             Verhalten bei Hitze befragt und in ein medizini-
                                   Klar, bei heißem Wetter zieht man sich luftig      sches Untersuchungsprogramm aufgenommen.
                                   an. Und man trinkt viel. Aber machen das ältere    Darüber hinaus sollte das Projekt „Risiken von
                                   Menschen auch tatsächlich? Dieser Frage ging       Raumtemperatur bei Hitze für ältere Menschen
                                   eine Arbeitsgruppe der Robert-Bosch-Gesell-        in Stuttgart“ weitere Erkenntnisse liefern: Wie
                                   schaft für medizinische Forschung, die am Stutt-   kann man Seniorenheime klimatisch besser
                                   garter Robert-Bosch-Krankenhaus tätig ist, nach.   bauen und ausrüsten? Was können die Einrich-
                                   Um die individuellen Risikofaktoren bei Hitze      tungen bei Hitze tun? Und wie hilfreich sind
                                   herauszufinden, konnten im Sommer 2015 rund        Kühlwesten?
                                   80 Menschen mit einem Durchschnittsalter von
                                   81 Jahren, die in insgesamt zehn Einrichtungen     B E LAST E ND E H I T Z E
                                   des Betreuten Wohnens leben, für das Projekt       Das Fazit der Studie ist eindeutig: „Insgesamt ist
                                   gewonnen werden. Sie wurden nach ihrem             festzustellen, dass die zwei Hitzewellen im Juli

2 0 GES U N D H EI T
und August 2015 die befragten Bewohner des              Potenzial zur Optimierung“ (Projektbericht,                                                           AU F D EN PU N K T

Betreuten Wohnens in Stuttgart sehr belastet            S. 52). Wichtig wäre zum Beispiel, einen Verant-
                                                                                                                                                              • Hitze belastet ältere Menschen
haben“ (Projektbericht, S. 41). Offenkundig             wortlichen zu benennen, der bei einer Warn-                                                            in vielfältiger Weise.
ist, dass neben direkten gesundheitlichen               meldung einen Aktionsplan in Gang setzt.
                                                                                                                                                              • Oft trinken ältere Menschen nicht
Beschwerden die älteren Menschen körperlich             Dieser sollte auch sicherstellen, dass jede
                                                                                                                                                               genug – auch weil trotz Hitze das
weniger aktiv sind und die „soziale Teilhabe“           Bewohnerin und jeder Bewohner erreicht wird,                                                           Durstgefühl fehlt.
deutlich abnimmt. Schwächere Personen, die              beispielsweise über Hauspost. Weiteres Potenzial
                                                                                                                                                              • Einrichtungen für Betreutes
durch eine geringere Gehgeschwindigkeit iden-           zur Optimierung der Situation älterer Menschen
                                                                                                                                                               Wohnen sollten strukturierte Hand-
tifiziert werden können, sind hier besonders be-        im Betreuten Wohnen sind bauliche Maß-                                                                 lungspläne bei Hitze entwickeln

troffen (siehe Grafik). Abgeschlagenheit und An-        nahmen. Dazu zählen klimatisierte Räume zur                                                            und umsetzen.

triebslosigkeit – das waren häufige Beschwerden.        Hitzeentlastung, die von jeder Bewohnerin und                                                         • Kühlwesten können bei Hitze in
Trotz der Hitze empfand nicht einmal die Hälfte         jedem Bewohner genutzt werden können – die                                                             akuten Fällen helfen.

der Befragten mehr Durst. Und nur etwa ein              aber nach den vorliegenden Erkenntnissen noch
Drittel nannte vermehrtes Trinken als Maß-              weitgehend fehlen. Hilfreich sind auch Vorrich-
nahme gegen Hitze. Umso wichtiger ist es, dass          tungen, mit denen sich die Wohnräume bei
Angehörige und Betreuungspersonal immer                 Hitze automatisch beschatten und lüften lassen.
wieder darauf hinweisen, doch bei Hitze mehr
zu trinken. Dabei können Trinkprotokolle hilf-          HEL F E N K ÜH LWE ST E N?
reich sein, um die tatsächlich getrunkene Flüssig-      Im Rahmen der Studie wurden versuchsweise
keitsmenge zu dokumentieren.                            20 Kühlwesten ausgewählten Einrichtungen als
                                                        Akutmaßnahme zur Verfügung gestellt. Fazit:
Weiterhin hat die Studie ergeben, dass schwä-           Die Westen senken die Köpertemperatur um
chere Personen bei Hitze schwerer von einem             durchschnittlich 0,2 °C, sind also wirksam. Auch
Stuhl aufstehen können und mehr Mühe haben,             die Westenträgerinnen und -träger waren in den
das Gleichgewicht zu halten – womit gerade              meisten Fällen zufrieden, bemängelten allerdings
auch bei Hitze die Sturzgefahr wächst. Interes-         teilweise, dass die Westen zu schwer seien und
sant ist, dass der Blutdruck mit zunehmenden            nicht lange genug kühlen würden. Für viele
Temperaturen sinkt. Dies stellt aber in vielen          hitzegeplagte Seniorinnen und Senioren sind die
Fällen keine Belastung dar. Dabei hat die Studie        Westen somit bei entsprechender Einweisung
gezeigt, dass Blutdruck regulierende Medika-            eine Möglichkeit, akute Beschwerden zu lindern.
mente generell zur Stabilisierung des Blutdrucks        Allerdings wirkt diese Maßnahme nur kurzfris-
auch bei Hitze beitragen. Eine Anpassung der            tig und kann im Zweifelsfall eine zusätzliche
Medikation bei Hitze wird nach Möglichkeit              ärztliche Betreuung nicht ersetzen.
empfohlen.                                                                          18
                                                     Soziale Teilhabe (WHO-Score)

WAS D IE SENIORENHEIME TU N                                                         16

KÖ NN E N
Inzwischen dürften die meisten Einrichtungen                                        14

dank der Warnungen des Deutschen Wetter-
dienstes sowie kommunaler Institutionen wissen,                                     12
                                                                                           < 22         22 - 23       24 - 25     26 - 27         >27
wenn eine Hitzewelle im Anmarsch ist. Doch
                                                                                                             Temperaturbereich (°C)
die Konsequenzen lassen offenbar noch oft
zu wünschen übrig: „Zusammenfassend ist zu                                          alle          höhere Geschwindigkeit         niedrigere Geschwindigkeit

vermuten, dass im Betreuten Wohnen kaum
                                                        Soziale Teilhabe älterer Menschen und Beziehung zu
strukturierte Handlungspläne für den Umgang
                                                        Gehgeschwindigkeit und Temperatur
mit einer Hitzewelle existieren“, heißt es in der       (Quelle: Robert-Bosch-Gesellschaft für medizinische
Studie. Damit aber besteht ein „erhebliches             Forschung mbH)

                                                                                                                                                                                    G ES U N D H E I T 2 1
GESUNDHEIT
                                       Wärmeres Klima –
                                       unerwünschte Stech-
   PROJ E K T 1
   Untersuchung der Einschleppung,
   Ausbreitung und Bekämpfung des
                                       mücken
   Japanischen Buschmoskitos

   Gesellschaft zur Förderung der
                                       L Milde Winter und warme Sommer: So liebt es die Asiatische Tigermücke.
   Stechmückenbekämpfung e.V. - GFS    Trockene Sommer gefallen der Japanischen Buschmücke sehr. Im Zuge der
   LUBW Berichts-ID U51-W03-N12
                                       Klimaerwärmung haben sich beide bereits bei uns eingenistet. Damit aber
   PROJ E K T 2                        wächst die Gefahr, dass sie neue Krankheiten übertragen.
   Klimatische und infrastrukturelle
   Risikoanalyse für kommunale
   Maßnahmen in Bezug auf die
   Etablierung von Aedes albopictus
   in Baden-Württemberg
                                       EXOTIS C HE K R AN K H E I T S ÜB E RT R ÄGE R    Nun sind Stechmücken allein schon wegen der
   Gesellschaft zur Förderung der
   Stechmückenbekämpfung e.V. - GFS    Im Jahr 2000 ist die Japanische Buschmücke        unangenehmen Stiche eine Plage. Bei diesen
   LUBW Berichts-ID U50-W03-N15        (Ochlerotatus japonicus) in Europa angekom-       beiden Moskitoarten aber kommt ein weit
                                       men, höchstwahrscheinlich mit Zierpflanzen        größeres Problem hinzu: Sie können gefähr-
                                       oder Blumenvasen aus China. Seither hat sie       liche Krankheiten übertragen. So überträgt
                                       sich auch in Baden-Württemberg ausgebreitet.      die Tigermücke Viren, die für Dengue- sowie
                                       Ebenfalls auf dem Vormarsch ist die Asiatische    Chikungunya-Fieber-Ausbrüche auch in Europa
                                       Tigermücke (Aedes albopictus), die sich inzwi-    verantwortlich gemacht werden – Krankheiten,
                                       schen im Land fortgepflanzt und damit etabliert   gegen die es keine Medikamente gibt. Die
                                       hat. Jedenfalls wurden im Frühjahr 2016 in        Buschmücke wiederum kann unter anderem das
                                       Freiburg als auch in Heidelberg erstmals Eier     West-Nil-Virus und verschiedene Erreger von
                                       gefunden, aus denen Larven geschlüpft sind.       Gehirnentzündungen übertragen.

2 2 GES U N D H EI T
offensichtlich Friedhöfe zu den attraktivsten       AU F D EN PU N K T

                                                  Lebensräumen für diese Mücken – genauer
                                                                                                      • Milde Winter und warme Sommer
                                                  die Wasserbecken sowie die Grabvasen, in die         begünstigen die Ausbreitung
                                                  sie bevorzugt ihre Eier ablegen. Im direkten         exotischer Stechmücken in
                                                                                                       Baden-Württemberg.
                                                  Siedlungsbereichen scheint sich die Mücke aller-
                                                  dings nicht wohl zu fühlen, stark bebuschte und     • Die Japanische Buschmücke und
                                                  bewaldete Gebiete sind ihr lieber. Ferner sind       die Asiatische Tigermücke können
                                                                                                       gefährliche Krankheiten übertragen
                                                  auch Regentonnen beliebt, um dort Eier abzule-
                                                                                                       und sollten daher frühzeitig be-
                                                  gen. Sicher ist, dass die Buschmücke inzwischen      kämpft werden.

                                                  weite Teile Baden-Württembergs erobert hat
                                                                                                      • Japanische Buschmücken pflanzen
                                                  – was für die Tigermücke (noch) nicht gilt: Sie      sich vor allem in kleinen Wasser-
Kupfer in Blumenvasen oder Regentonnen            ist nämlich, anders als die Buschmücke, auf das      behältern auf Friedhöfen fort.
zerstört effektiv die Mückeneier
                                                  milde Klima des Oberrheingrabens angewiesen.
                                                                                                      • Gegen die Buschmücken helfen
                                                                                                       Bti-Präparate sowie das Besprühen
DE N STECHM ÜCKEN AU F DER S PU R                 DER KA M P F GE GE N D I E M ÜC K E N                von Grabvasen mit Kupferspray;
                                                                                                       Wasserbecken sollten im Winter
Beide Moskitoarten stellen somit eine bedeu-      Um den traditionellen Moskitoplagen Herr zu
                                                                                                       gereinigt und Regenfässer dicht
tende Gefahr für die Gesundheit der Menschen      werden, haben die Biologinnen und Biologen           abgedeckt werden.
dar. Grund genug, sich mit ihnen intensiv         in den vergangenen Jahren eine Reihe von
zu beschäftigen, wie das die Gesellschaft zur     Bekämpfungsmaßnahmen entwickelt. Die Japa-
Förderung der Stechmückenbekämpfung e.V.          nische Buschmücke lässt sich momentan wohl
(GFS) tut. „Untersuchung der Einschleppung,       am besten mit Bti-Tabletten, einem bewährten
Ausbreitung und Bekämpfung des Japanischen        biologischen Abwehrpräparat, in Schach halten,
Buschmoskitos“, heißt das Projekt, dem sich       das auf der für Mückenlarven tödlichen Wirkung
die Studie „Klimatische und infrastrukturelle     des Bacillus thuringiensis israelensis beruht.
Risikoanalyse für kommunale Maßnahmen in          Im Rahmen des Projekts wurde aber noch eine
Bezug auf die Etablierung von Aedes albopictus    andere interessante Methode erfolgreich getestet:
in Baden-Württemberg“ anschloss. Dabei werden     Wenn man Friedhofsvasen mit Kupferspray
nicht nur die Fundorte der exotischen Mücken      einsprüht oder einfach Kupfermünzen in die
kartiert, sondern es wurde auch nach Möglich-     Vase gibt, beispielsweise eine fünf Cent-Münze,
keiten gesucht, diese lästigen und potenziell     haben die dort lebenden Mückenlarven kaum
gefährlichen Insekten erfolgreich zu bekämpfen    eine Überlebenschance. Und die im Spätsom-
und sie so gut wie möglich in Schach zu halten.   mer in Wasserbecken abgelegten Eier lassen
                                                  sich durch gründliche Reinigung der Behälter
FR IED HÖFE BELIEBT                               vernichten. Teure Aktionen mit organisierten
Nachdem früher nur zwei getrennte Populatio-      Bekämpfungsteams halten die Expertinnen und
nen des Buschmoskitos in Baden-Württemberg        Experten derzeit aufgrund der nur geringen
bekannt waren, wurde nun im Rahmen                Populationsdichten der Buschmücken innerhalb
des Projekts eine mittlerweile großflächige       der Siedlungsbereiche nicht für erforderlich.
Verbreitung im Land nachgewiesen. So ist nun
der gesamte Schwarzwald betroffen. Die enorme
Verbreitungsgeschwindigkeit des Moskitos ent-
spricht der Geschwindigkeit der Verbreitung in
den USA. Allerdings braucht der Buschmoskito
nicht unbedingt Wärme. Wichtiger sind offen-
bar Veränderungen beim Niederschlag, wobei
insbesondere trockene Sommer vorteilhaft für
die Buschmücken sind. Zudem gehören ganz

                                                                                                                         G ES U N D H E I T 2 3
STADT-/
   R EG IONALPLANUN G                   Mit Mathematik zu einer
                                        nachhaltigen Stadt
   PROJ E K T                           L Immer mehr Menschen leben in Städten. Umso wichtiger ist es, diese dicht
   Klimawandel, Stadtklima und
   Gebäudeenergieeffizienz: Wechsel-    besiedelten Gebiete an den Klimawandel anzupassen – und zudem den Energie-
   wirkungen und Handlungskonzepte
                                        bedarf der Gebäude für das Heizen und Kühlen zu senken. Dazu müssen aber
   für eine nachhaltige Stadt –
   KLISGEE                              zunächst die bestehenden Stadtstrukturen möglichst detailgenau erfasst werden.
   TU Dortmund, Fakultät Architektur
   und Bauingenieurwesen

   LUBW Berichts-ID U83-W03-N27

                                        B EL IEB TE STÄDT E                                NE UE M E T H OD I S C H E A NS ÄT Z E
                                        Der Trend zur Stadt wird ungebrochen bleiben:      Umso wichtiger ist es, diese dicht besiedelten
                                        Laut Weltklimarat IPCC werden im Jahr 2030         Gebiete an den Klimawandel anzupassen – und
                                        mehr als die Hälfte der Menschen in Städten        zudem den Energiebedarf der Gebäude für das
                                        wohnen. Sie werden für 75 Prozent des Ener-        Heizen und Kühlen zu senken. Dazu müssen
                                        gieverbrauchs und für 80 Prozent der gesamten      aber zunächst einmal die Zusammenhänge
                                        Treibhausgasemissionen verantwortlich sein.        zwischen dem Außen- und Innenraumklima
                                        Ein erheblicher Teil dieser Energie wird für das   detailgenau erfasst werden. Für die Stadtplanung
                                        Heizen und Kühlen von Gebäuden benötigt.           ist es wichtig, eine Vorstellung zu bekommen,
                                        Andererseits beeinflussen die Gebäudestruk-        welche Wechselwirkungen zwischen dem künf-
                                        turen ganz wesentlich das Stadtklima, für das      tigen Energiebedarf von Gebäuden und dem
                                        beispielsweise Wärmeinseln typisch sind.           umgebenden Stadtklima im Wandel verantwort-
                                                                                           lich sind und wie diese durch planungsrelevante
                                                                                           Entscheidungen beeinflusst werden. Dies ist das
                                                                                           übergreifende Ziel des Projekts „Klimawandel,

2 4 STAD T- /REG I O N A LPL AN U N G
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