LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
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LANDTAG LANDTAGS NACHRICHTEN Mecklenburg-Vorpommern 28. August 6 / 2020 www.landtag-mv.de +++ Erste Schlussfolgerungen aus der Corona-Krise +++ Landtag unterstützt Werftenhilfe +++ Was die Bürger bewegt +++ DDR-Verbrechen nicht zu rechtfertigen +++ Mehr Geld für Grundschullehrer +++ Elternzeit heißt Teilzeitplatz +++ Öffentliche Befragung +++ aufgeSCHLOSSen – Bühne frei +++
2 I n h a l t 3 - 22 AUS DEM PLENUM 3 Aktuelle Stunde Erste Schlussfolgerungen aus der Corona-Krise (auf Antrag der Fraktion DIE LINKE) 4-9 Auszüge aus der Simone Oldenburg (DIE LINKE), Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Original-Debatte Nikolaus Kramer (AfD), Jochen Schulte (SPD), Torsten Renz (CDU) 10 - 20 Berichte Landtag unterstützt Werftenhilfe Was die Bürger bewegt DDR-Verbrechen nicht zu rechtfertigen 30 Jahre Nationalparks Weniger Förderschulen Unternehmer suchen Nachfolger 21 - 22 Meldungen Neue Pachtkriterien geplant Enquete-Leitung gewählt Kein digitaler Fußabdruck bei Gesetzen Mehr Geld für Grundschullehrer Strategiefonds beschlossen Elternzeit heißt Teilzeitplatz Ja zum Wasserstoffausbau Corona-Tests im Landtag 23 - 24 Gesetzgebung Laufende und abgeschlossene Gesetzgebung 25 - 26 AUS DEN AUSSCHÜSSEN Neue Enquete-Kommission Öffentliche Befragung 27 - 29 PANORAMA Das Parlament handelt auch in schwierigen Zeiten – Interview mit Landtagspräsidentin Birgit Hesse Titelfoto: Landtag MV aufgeSCHLOSSen für Kultur 30 - 31 Das Schloss vor 30 Jahren „Helft, wo ihr helfen könnt!“ – Hans-Jochen Waack bereitete die erste konstitu- ierende Sitzung des Landtages MV vor 32 Chronik Impressum Herausgeber: Layout: Uwe Sinnecker Namentlich gekennzeichnete Beiträge Landtag mecklenburg-Vorpommern geben nicht in jedem Fall die Meinung des - Öffentlichkeitsarbeit - Druck: produktionsbüro TINUS Herausgebers wieder. Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin Gedruckt auf Recyclingpapier Alle Abbildungen sind urheberrechtlich Fon: 0385 / 525-2603, Fax 525-2151 geschützt. Nachdruck nur mit schriftlicher E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@landtag-mv.de Zugunsten des Leseflusses und aus Platz- Genehmigung des Herausgebers. Internet: www.landtag-mv.de gründen haben wir bei der Bezeichnung von Menschengruppen manchmal nur die Die LANDTAGSNACHRICHTEN können redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit, männliche Form verwendet. In solchen kostenlos bezogen werden. Bestellungen Anna-Maria Leistner Fällen ist die weibliche Form mitgedacht. sind an den Herausgeber zu richten. Redaktionsschluss 07.08.20 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
A k t u e l l e S t u n d e 3 Foto: Uwe Sinnecker Erkenntnisse dieser Krise so anfällig waren oder sind“, so Simone Oldenburg. Die Fraktions- „Da hätte ich so meine verfassungsrecht- lichen Bedenken.“ einer Krise chefin der Linken forderte weitreichende Reformen für die Zeit nach Corona. „Wir brauchen eine neue, eine bessere und Torsten Renz, Fraktionschef der CDU, wandte sich ebenfalls dagegen, die Wirt- Abgeordnete diskutieren über verlässliche Sozialpolitik.“ Ihre Vorschläge: schaftsordnung in Frage zu stellen. „Die Lehren aus Corona-Pandemie eine einmalige Abgabe für Millionäre, für soziale Marktwirtschaft ist unser Grund- jeden Kreis mindestens ein Krankenhaus kompass!“ Er räumte ein, dass sie nicht in öffentlicher Trägerschaft, dauerhafte frei von Schwachstellen sei. An ihnen Zuschüsse für Familien und mehr Geld werde aber bereits gearbeitet, zum Bei- Seit gut fünf Monaten bestimmt für Pflegekräfte. spiel mit zusätzlichen Milliardenbeträgen Corona unser Leben. Der wochenlange für Schutzausrüstungen, Investitionen in Lockdown traf Wirtschaft und Gesell- Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Krankenhäuser und Gesundheitsämter schaft hart. Und jeden auf ganz per- schlug vor, einen Corona-Zukunftsrat zu sowie mit Konjunkturprogrammen und sönliche Weise. Viele Beschränkungen gründen. Beratungsbedarf sieht sie vor einem Zukunftspaket. „Unsere soziale wurden inzwischen Schritt für Schritt allem in Bezug auf ein Frühwarnsystem, Marktwirtschaft funktioniert.“ gelockert. Gemessen an der Zahl der schnellere Digitalisierung, Verbesse- erkrankten oder verstorbenen Men- rungen im öffentlichen Gesundheits- Sozialistische Klassenkampf-Rhetorik aus schen ist Deutschland, insbesondere dienst sowie bei Schutzausrüstungen der Mottenkiste von Marx, Engels und MV, bislang vergleichsweise glimpflich und Medikamenten. „Wir dürfen uns Lenin helfe niemandem weiter, meinte durch die Pandemie gekommen. Doch nicht mehr abhängig machen von in- Holger Arppe (fraktionslos). Er forderte, auch hier hat sich gezeigt, wie verletz- ternationaler Produktion.“ Sie lud alle Steuern und Abgaben zu senken. So lich Wirtschaft und Gesellschaft sind. Fraktionen ein, sich mit eigenen Ideen könnten Bürger und Unternehmen bes- Welche ersten Schlussfolgerungen er- in den Zukunftsrat einzubringen. Auch ser Rücklagen bilden. geben sich daraus? Das stellte DIE LIN- Vorschläge zur Besetzung des Gremiums KE in der letzten Aktuellen Stunde vor hieß sie ausdrücklich willkommen. Jochen Schulte (SPD) sprach sich für mehr der Sommerpause zur Diskussion. Die Steuergerechtigkeit aus. Es könne nicht Vorschläge reichten von A wie Abga- AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer sein, dass große Konzerne einfach in an- ben für Reiche bis Z wie Zukunftsrat. stimmte den Schwerpunkten der Mini- dere Länder gehen können, um Steuern sterpräsidentin zu. Die Krise habe hier zu sparen. Dieses Geld werde an vielen Normalität. Ein Wort, das vermutlich sel- etliche Lücken aufgezeigt. Das bisherige Stellen dringend benötigt – so wie jetzt ten so oft gebraucht wurde wie in den Handeln der Landesregierung sei bis- zum Beispiel in der Krise. „Hier brauchen vergangenen Wochen. Gleicht es doch weilen jedoch von „blindem Aktionis- wir eine Lösung auf europäischer Ebene.“ einem wehmütigen Blick auf das, was so mus“ und „lächerlichen Verordnungen“ Zudem mahnte er finanzielle Verbesse- selbstverständlich schien im Leben vor geprägt gewesen. Als Beispiel nannte er rungen für Mitarbeiter in Krankenhäusern, Corona. Dahin zurückkehren? Nicht in die Pflicht, in Restaurants bis zum Tisch in der Pflege und im Einzelhandel an. „Bei jeder Hinsicht, mahnte DIE LINKE. „Diese eine Maske tragen zu müssen. Die For- allem Respekt, der damit verbunden ist, sogenannte Normalität hat dazu geführt, derungen der Linken bezeichnete er als wenn man für Menschen klatscht: Vom dass viele Bereiche unseres Lebens in Frontalangriff auf die Marktwirtschaft. Klatschen kann keiner leben.“ LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
4 A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e Simone Oldenburg, DIE LINKE: (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) „Das öffentliche Gesund- […] Das öffentliche Gesundheitswesen gehört endlich wie- der in öffentliche Hand. heitswesen gehört endlich (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) wieder in öffentliche Hand.“ Niemals darf die Gewinnmaximierung vor der Gesund- heit stehen oder gar auf ihre Kosten gehen. Wir haben es doch selbst erlebt: Wir waren abhängig von Importen, ob Fotos: Uwe Sinnecker: Medikamente oder Schutzbekleidung, weil die Profite und die Rendite wichtiger waren als die Gesundheit […] Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen keine Zuschüsse für Autokäufe, wir brauchen dauerhafte Zuschüsse für Fami- lien, für Kinder und für Eltern […] Deshalb laden wir die Mi- nisterpräsidentin ein, gemeinsam mit meiner Fraktion und der Koalition und den Sozialverbänden einen Familiengipfel durchzuführen, um die Chancen der Kinder zu erhöhen und Familien nicht im Regen stehen zu lassen […] (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! […] Ja, wir haben verstanden, dass nichts selbstverständlich ist. Und ja, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig: wir haben auch verstanden, dass es die Verlässlichkeit in un- serem Alltag ist, die wir brauchen, um gut und sicher mitei- „Nichtsdestotrotz […] nander zu leben und Krisen zu überstehen. Aber eine neue Normalität ist das, was wir auf gar keinen Fall brauchen. Die- müssen wir uns die Zeit se sogenannte Normalität hat dazu geführt, dass viele Be- reiche unseres Lebens in dieser Krise so anfällig waren und nehmen zu überlegen, sind. Denn es war normal, dass das Gesundheitswesen pri- vatisiert wurde, es deshalb keine Reserven an Schutzbeklei- was können wir aus der dung, an Masken und an Beatmungsbetten zugelassen hat, weil Reserven nur Lager füllen, aber nicht die Taschen der Corona-Krise lernen.“ Aktionäre. Normal war es auch, dass die Digitalisierung eine viel zu geringe Rolle gespielt hat, sie mehr als Luxus denn als Grundversorgung verstanden wurde. Und es war eben auch normal, dass vor allem Beschäftigte in Krankenhäusern, in Pflege- und Altersheimen und in den Geschäften für ei- nen viel zu geringen Mindestlohn gearbeitet haben in der Hoffnung, es wird schon irgendwie gehen […] nein, diese Normalität soll nicht zu uns zurückkommen. Wir brauchen sie auch nicht in einem neuen Gewand, wir brauchen einen anderen, einen neuen Inhalt. Wir brauchen eine neue, eine bessere und verlässliche Sozialpolitik. (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) […] Es darf nicht sein, dass genau die Beschäftigten, die für 9,35 Euro knüppeln, wieder die Zeche zahlen, genau wie 2008. Um das zu verhindern, fordern wir, dass eine einmalige […] Ich finde, dass man schon eine Schlussfolgerung zie- Abgabe für jene eingeführt wird, die über ein Vermögen in hen kann: Wenn Mecklenburg-Vorpommern das Land in Millionenhöhe verfügen. In Deutschland gibt es mehr Ver- Deutschland ist, das von Anfang an bis Stand heute die mögensmillionäre, als Mecklenburg-Vorpommern Einwoh- geringsten Infektionen hat und damit auch die wenigsten ner hat. Sie hier mit fünf Prozent auf ihr Vermögen einmalig Erkrankten und zum Glück die wenigsten Toten […] dann zur Kasse zu bitten – das sind mindestens 150 Milliarden haben wir auch einiges richtig gemacht. Denn wir haben Euro –, das muss ihr solidarischer Beitrag sein. sofort gehandelt […] Wir haben konsequent gehandelt […] und wir haben vor allem eine Bevölkerung, die für mich in LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e 5 beeindruckender Weise sofort verantwortungsvoll und im Nikolaus Kramer, AfD:: Großen und Ganzen geschlossen bereit war, alles gegen die- se Pandemie zu tun. Deshalb herzlichen Dank an die Bevöl- „Diese Krise hat uns jedoch kerung und an alle, die bei diesem Weg mitgeholfen haben! auch Lücken im System (Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Nikolaus Kramer, AfD) aufgezeigt.“ Gleichzeitig gab es eben nicht nur die Bedrohung durch das Corona-Virus für die Gesundheit der Bevölkerung, sondern Foto: Uwe Sinnecker eben für die Wirtschaft, für das soziale Zusammenleben. Und deshalb haben wir sofort im Krisenmanagement Schluss- folgerungen gezogen und gesagt, es reicht nicht, dass wir auf Abstand gehen, dass wir Dinge schließen, sondern wir müssen gleichzeitig auch Hilfen organisieren. Das haben wir gemeinsam hier fraktionsübergreifend in Parlament und Re- gierung getan mit einem Schutzfonds in einer Größe, wie sie dieses Land noch nie gesehen hat: 1,1 Milliarden Euro zum Schutz von Soloselbstständigen, von Unternehmerinnen und Unternehmern, von Arbeitsplätzen, zum Schutz von so- zialen Vereinen, zur Unterstützung zum Beispiel im Bereich Kinderbetreuung […] en wir uns die Zeit nehmen zu überlegen, was können wir aus der Corona-Krise lernen: […] Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Erstens […] Nie wieder darf es passieren, dass wir als reiches Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute! „Erste Schlussfolge- Land nicht genug Schutzausrüstungen haben: […] Solche rungen“ heißt, nicht nur nach hinten zu schauen, so, wie es Vorräte brauchen wir aber in Arztpraxen, in Krankenhäusern, die Kollegin Oldenburg tat, sondern eben auch, einen Blick im Land, in der Bundesrepublik. Wir müssen Schutzausrü- in die Zukunft zu wagen. […] ist es an der Zeit zu analysieren, stungen zurückhalten, also sozusagen aufbewahren. Und was ist gut gelaufen, was ist schlecht gelaufen. was ganz wichtig ist, wir müssen es in Deutschland wieder produzieren, und nicht nur Schutzausrüstungen, sondern (Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: auch notwendige Medikamente. Wir dürfen uns nicht mehr Also doch auch mal zurückgucken?!) abhängig machen von internationaler Produktion, die dann im Zweifel bei uns nicht ankommt. Gut war, dass der MV-Plan unabhängig der Parteizugehörig- keit gemeinsam entwickelt wurde. Das ist ein Beleg dafür, (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD dass dieses Parlament sachorientiert arbeiten kann, wenn es und Burkhard Lenz, CDU) denn möchte. Meine AfD hat sich von Anfang an mit Vor- schlägen und Anträgen dazu eingebracht. Zweitens. Wir müssen den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken. Der öffentliche Gesundheitsdienst ist hier sozusagen (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – unser Fundament in der Pandemiebekämpfung. Ohne diese Peter Ritter, DIE LINKE: „Meine AfD“!) Gesundheitsämter wären wir in dieser Pandemie nichts, Schlecht war in diesem Zusammenhang der teilweise blinde (Zuruf von Minister Harry Glawe) Aktionismus der Landesregierung, und deshalb ist es richtig, dass auch im Konjunkturpaket des (Peter Ritter, DIE LINKE: Bundes Unterstützung für die öffentlichen Gesundheits- Wie ist es denn mit der anderen AfD, ämter drin ist. wenn Sie von „Ihrer AfD“ sprechen?) Drittens. Wir haben gesehen, wie wir auf die Digitalisierung insbesondere der Ministerpräsidentin, die teilweise Maßnah- angewiesen sind, und deshalb ist der Einsatz des Landes men beschlossen und verkündet hat, ohne ihren Koalitions- Mecklenburg-Vorpommerns, auch der Landesregierung, partner in die Beratungen mit einzubeziehen. schnelles Internet an jeder Milchkanne, richtig. […] (Zurufe von Torsten Renz, CDU, (Beifall vonseiten der Fraktionen und Wolfgang Waldmüller, CDU) der SPD und CDU) So wurde zum Beispiel die Osterreiseregelung der einheimi- schen Bevölkerung vom Gericht kassiert – LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
6 A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e (Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht zurückblicken, ellen Stunde eher ein Frontalangriff auf unsere verfassungs- Herr Kramer, immer nach vorne!) rechtlich geschützte Marktwirtschaft gewesen, teilweise also blinder Aktionismus, um des Agieren willens. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE) (Torsten Renz, CDU: Das war das Beispiel jetzt für die Einbeziehung.) und da hätte ich so meine verfassungsrechtlichen Beden- ken, meine Damen und Herren. Ein skurriles Beispiel der teilweise lächerlichen Verordnung ist, dass man als Gast in Restaurants mit Atemschutzmaske Fazit dieser Aktuellen Stunde ist oder Fazit sollte sein, die selbiges betreten muss, um diese am Tisch dann abnehmen Schlagworte, […] „Krisenmanagement“ und „Digitalisierung“. zu dürfen, Jeder kennt noch den Spruch „5G an jeder Milchkanne“. […] Herzlichen Dank, meine Damen und Herren! (Zuruf von Tilo Gundlack, SPD) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) nicht ohne aber seine personenbezogenen Daten der All- gemeinheit preiszugeben. Was ist denn mit dem zu Recht hoch angebundenen Datenschutz, der uns bislang so heilig gewesen ist? Jochen Schulte, SPD: Auch zeigten sich bisher Vor- und Nachteile des Födera- „Aber vom Klatschen lismus. Gut an dieser Stelle ist, dass wir individuell auf die aktuelle Entwicklung reagieren konnten […] und somit auf kann keiner leben.“ die Bedürfnisse der Bevölkerung und auch der Wirtschaft eingehen konnten. Schlecht jedoch war, wenn man aus Angst oder übertriebener Sorge Lockerungen zu spät voll- Foto: Uwe Sinnecker zogen hat. […] Da wären bundeseinheitliche Standards an- gebracht gewesen. Oder kennen Sie, meine Damen und Herren, aktuell alle 16 Verordnungen der Bundesrepublik? Wie ist das zum Beispiel, wenn ich meine erkrankten Eltern in Brandenburg besuchen möchte oder meine Großmutter auf der Palliativstation in Hessen? Diese Krise hat uns jedoch auch Lücken im System aufge- zeigt. […] Bislang wurde nur von der Notwendigkeit der Digitalisierung gesprochen. Was die praktische Umset- zung bedeutet, haben wir erst jetzt schmerzhaft erfahren müssen. Vom Schüler über den Mittelständer bis hin zum Wissenschaftler wurde in einem Flächenland wie Mecklen- burg-Vorpommern insbesondere durch Homeoffice und Homeschooling deutlich, wie wichtig der Breitbandausbau […] Meiner festen Überzeugung nach hat diese Krise, diese in unserem Land ist. Dieser muss weiter vorangetrieben Pandemie zunächst einmal eins gezeigt, wir leben trotz al- werden. ler Kritik, die immer wieder in der Vergangenheit geäußert worden ist, in der Bundesrepublik Deutschland in einem fö- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) deralen System, und der Föderalismus hat sich in der Krise bewährt. […] […] Frau Oldenburg hat auch das Konjunkturpaket ange- sprochen und auch den MV-Plan, […] die Bundesrepublik (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) arbeitet nicht wertschöpfend. Das heißt, das Geld dieser Pa- kete und auch das, das M-V zahlt, kommt vom Steuerzahler, Es ist, […], es ist ein Zeichen der Stärke gewesen, dass die und dieser bekommt jetzt ein paar Krümel zurück. Und wer Bundesländer, vertreten durch ihre Ministerpräsidentin, zahlt diese Pakete am Ende? Der Steuerzahler und nachfol- durch ihre Ministerpräsidenten, gemeinsam mit dem Bund gende Generationen. […] versucht haben, ein Vorgehen abzustimmen, aber trotzdem jedes Land, jedes Bundesland für sich am Ende die Entschei- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – dung getroffen hat, was vor Ort regional an Entscheidungen Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wir müssen doch getroffen werden muss. Und wir sollten uns dieses Pfund zusehen, dass sie das nicht finanzieren werden.) des Föderalismus daher auch in Zukunft nicht kleinreden lassen. Im Übrigen, Frau Oldenburg, ist Ihr Redebeitrag dieser Aktu- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e 7 Zweitens, […] hat sich aus meiner Sicht die Stärke auch in (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Einmalig!) diesem Landtag des parlamentarischen Systems gezeigt. Wir hier als Landtag, gemeinsam mit der Landesregierung, […] Und, […], wohin wir nicht verfallen sollten, und ich sage haben deutlich gemacht, und zwar über die Grenzen der das in aller Deutlichkeit noch mal und ich bin auch dank- Regierungsfraktionen hinaus, dass wir in der Lage sind, bar dafür, dass die Bundesvorsitzende der CDU das gleich schnell und wichtige Entscheidungen gemeinsam hier zu klargestellt hat, als die Äußerung von Herrn Merz kam, man tragen. Und ich glaube, das ist etwas, was für dieses System, sollte doch über die Höhe des Mindestlohns diskutieren: für diese Demokratie immens wichtig ist, dass die Menschen in diesem Land auch erlebt haben, dass wir uns in der Krise (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Tja!) nicht zerstreiten, sondern gemeinsam agieren. Das ist der völlig falsche Weg. Gerade wir in Mecklenburg- (Beifall vonseiten der Fraktionen Vorpommern müssen nicht darüber diskutieren, dass wir der SPD und CDU) eventuell den Mindestlohn oder Tariflöhne oder sonstige Einkommenssituationen in diesem Land senken, wir müssen […] Was mich persönlich auch immens positiv betroffen ge- darüber diskutieren, wie wir die Menschen und ihre Einkom- macht hat, ist tatsächlich die Solidarität, die sich insbeson- menskraft in diesem Land stärken können. dere am Anfang dieser Krise auch in unserem Land gezeigt hat, wo auf einmal Menschen, die überhaupt nichts mitei- (Beifall vonseiten der Fraktionen nander zu tun hatten, aufeinander – im übertragenen Sinne der SPD und DIE LINKE) – zugingen und gefragt haben, wie kann ich dir helfen, wie kann ich aus meinem eigenen engen Bezugskreis heraustre- Und der Weg dorthin, das habe ich schon öfter gesagt, der ten und meinem Nachbarn behilflich sein, den ich vielleicht Weg dorthin ist am Ende des Tages Tariflohn und tariflohn- ansonsten nur einmal am Tag gesehen und gegrüßt habe. gerechte Bezahlung auch bei uns im Land. […] Ich will etwas Und das, […], bei aller Diskussion, die es immer wieder in ganz anderes ansprechen, was noch mal deutlich gemacht Deutschland gibt über soziale Kälte und was alles da eine worden ist, gerade vor dem Hintergrund der Beihilfen und Rolle spielt, sollten wir nicht vergessen, weil das zeigt die Unterstützung für große Konzerne, die jetzt auch in An- Stärke dieses Landes. Was dieses Land ausmacht, sind am spruch hier oder in Rede stehen. Was viel wichtiger, was Ende des Tages die Menschen, die hier leben. mindestens genauso wichtig ist wie die Diskussion über eine Vermögensabgabe, ist die Frage von Steuergerechtig- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) keit in der Bundesrepublik Deutschland. Es kann doch nicht angehen, dass eine Krankenschwester hier in diesem Land Und, […], ich will ein Beispiel aufgreifen, das ist hier auch ihre Steuern bezahlt schon genannt worden, wir sollten uns – nicht, weil wir das (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.) in der Vergangenheit vielleicht nicht schon getan haben, aber vielleicht, weil wir es nicht ausreichend getan haben – und auf der anderen Seite große Konzerne, die internatio- viel stärker und viel intensiver tatsächlich auch mit der Frage nal tätig sind und hier aus der Bundesrepublik Deutschland noch beschäftigen, was können wir für die Menschen in die- kommen – und dafür müssen sie nicht mal in Steueroasen sem Land tun, die so viel für dieses Land getan haben, egal, gehen, das können sie schon innerhalb der Europäischen an welcher Stelle sie sind, egal, ob sie Krankenschwester, Union tun –, in ein anderes Land gehen, um Steuern zu ver- im Pflegedienst sind, ob sie irgendwo, tatsächlich auch im meiden. Das ist das eigentliche Problem, und da brauchen Einzelhandel, gearbeitet haben, während andere Leute im wir eine Lösung auf europäischer Ebene, die diese Steuer- Homeoffice waren oder nicht arbeiten konnten, was wir für vermeidung tatsächlich verhindert. Dann haben wir, […], diese Menschen tun können. […] wie können wir auch die auch das Geld, das wir an vielen anderen Stellen brauchen finanzielle und die materielle Situation gerade dieser Men- und das wir auch gerne ausgeben. […] schen weiter verbessern, denn bei allem Respekt, der damit verbunden ist, wenn man für Menschen klatscht, aber vom (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Klatschen kann keiner leben. […], wir brauchen das Geld, weil diese Krise hat zwei Din- (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.) ge gezeigt, eines habe ich schon angesprochen, das ist tat- sächlich die Einkommenssituation in diesem Land. Aber wir Davon kann man seine Rechnungen nicht bezahlen, sehr haben noch eine zweite Situation, die hat sich gerade bei geehrte Damen und Herren. vielen kleinen Unternehmen und Selbstständigen gezeigt. Auch die haben nicht genug finanzielle Substanz gehabt, (Beifall vonseiten der Fraktionen um diese Krise alleine zu überleben, und deswegen ist es der SPD und DIE LINKE) auch gut gewesen, dass wir gerade für die kleineren Unter- nehmen und für die Selbstständigen in diesem Land auch Deswegen, sehr geehrte Frau Kollegin Oldenburg […], sollte durch das Land gemeinsam mit dem Bund dazu beigetra- es auch nicht kleingeredet werden, wenn es jetzt zum Bei- gen haben, dass sie diese Krise überleben können, betriebs- spiel diesen Kinderbonus, […], von einmalig 300 Euro gibt. wirtschaftlich und natürlich auch in ihrem eigenen Interesse LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
8 A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e tatsächlich dann wirtschaftlich überleben können, damit es, (Simone Oldenburg, DIE LINKE: in welcher Form auch immer, dann weitergehen kann mit Pan-de-mie, das wird mit „d“ geschrieben!) der wirtschaftlichen und übrigens auch der sozialen Ent- wicklung in diesem Land. – Vielen Dank für Ihre Aufmerk- […] gemeistert haben? Dann können wir das […] tun. Und samkeit! ich will […] sagen, durch entschlossenes Handeln (Beifall vonseiten der Fraktionen (Simone Oldenburg, DIE LINKE: der SPD und CDU) Hat doch keiner ein Problem damit.) ist der Kollaps für das Gesundheitssystem abgewendet wor- den, und wir haben […] Maßnahmen auf Bundes- und Lan- des […] ebene auf den Weg gebracht, Torsten Renz, CDU: (Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD) „Die soziale Marktwirtschaft um diese Krise […] zu meistern. ist unser Grundkompass.“ (Dr. Ralph Weber, AfD: Schauen wir mal!) […] Heute Morgen wurde die Sache […] klarer, […] es geht […] nicht darum, zu […] beschreiben, wie wir […] erfolgreich Foto: Uwe Sinnecker […] gehandelt haben. Es geht […] darum, […] die soziale Marktwirtschaft […] zur Diskussion zu stellen. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wenn man eine Vermögensabgabe fordert, stellt man das System infrage?) […] ich bin […] dankbar […], dass Frau Oldenburg die […] Stichworte […l]iefert: „Privatisierung Gesundheitswesen“, „Mindestlohn“, dann […] kam […] die politische Floskel […] „Arm und Reich“. Sehr geehrte Frau Präsidentin! […] Gestern Abend habe ich (Simone Oldenburg, DIE LINKE: mir […] Gedanken gemacht, in welche Richtung DIE LINKE Aber ist doch so!) dieses Thema treiben will. […] wenn ich […] Ihr Papier, […] vom 4. Mai, das da lautet, (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wieso? „Corona-Krise verändert unseren Landtag“, [ansehe]*, dann Du hattest mich doch vorher gefragt!) finden Sie in den nachfolgenden […] Punkten alles […], was Sie […] systemrelevant zur Diskussion gestellt haben […]. Da Ich […] musste auf den 3:0-Sieg von Hansa Rostock verzich- könnte auch stehen „Klimawandel und deren Folgen“ oder ten. „Kapitalismus und deren Folgen“. (Zurufe aus dem Plenum: 3:1!) (Horst Förster, AfD: Genau.) 3:1. […] Stimmt […], es wurde […] noch mal spannend mit Es geht Ihnen […] nicht darum, wie wir uns […] mit der Pan- dem Anschlusstreffer. demie hier auseinandergesetzt haben, […] es geht […] um Systemfragen. Und da sage ich, […] (allgemeine Heiterkeit) (Beifall vonseiten Da sehen Sie mal, wie ich […] abgelenkt war, der Fraktionen der CDU und AfD – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE) (allgemeine Heiterkeit) […] für die CDU-Fraktion: die soziale Marktwirtschaft ist un- weil dieses Thema mich beschäftigt […]: „Erste Schlussfol- ser Grundkompass […] Und die Ausführungen, […] gerungen aus der Corona-Krise“? Will DIE LINKE […] der Lan- desregierung […] eine Bühne bieten, damit wir darstellen (Zuruf von Minister Harry Glawe) […], dass wir die Folgen der Pandemie, LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e 9 […] Hilfspakete auf den Weg zu bringen, Konjunkturpro- Und der dritte […] Punkt ist, dass über ein Paket […] von gramme zu beschließen […], die haben dazu beigetragen, 7,75 Milliarden Euro […] Krankenhäuser, Gesundheitsämter, diese […] Herausforderungen […] zu meistern. Es ist in kür- […] mit Investitionen unterstützt werden, um neue […] He- zester Zeit gelungen, […] die Anzahl der Intensivbetten von rausforderungen – ob das jetzt das Corona-Virus ist oder […] 215 auf 500 zu erhöhen, die Beatmungsgeräte bereitzustel- andere Dinge […] – [zu]* meistern. len. Das heißt, unsere soziale Marktwirtschaft funktioniert. […] auch auf eine mögliche zweite Welle […] müssen wir vor- (Beifall Daniel Peters, CDU – bereitet sein. Ich will […] nicht [spekulieren]*, ob sie kommt Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wie denn?) […]. Fakt ist, dass wir […] auf Bundes- und auf Landesebene […] gehandelt haben, […] und ich kann Ihnen sagen, wenn Das heißt aber nicht, dass wir da nicht über Verbesserungen das Ihr Ansinnen war, […] wir haben diese Krisensituation nachdenken […]. Wir haben es geschafft […], den Kollaps angenommen, des Gesundheitssystems zu vermeiden. […] Wir haben die Wirtschaft wieder […] angekurbelt. Zielstellung: […] Arbeits- (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Es hat plätze erhalten. […]. doch auch gar keiner was anderes gesagt.) Und dann geht es […] darum, können wir heute schon […] […] mit […] einem Zukunftspaket, mit Lehren aus Schwach- ausreichend Schlussfolgerungen ziehen? […] Und da sage stellen […], können Sie sich darauf verlassen, dass da, wo die ich, wer heute schon […] definieren kann, was verbessert CDU […] Verantwortung trägt wir [den]* richtigen […] Weg werden muss […], [der]* wäre wohl ein Genie, zu denen ich beschreiten werden. – Herzlichen Dank! mich nicht zähle, (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Zu Recht! Zu Recht!) * redaktionell ergänzt […] ich sage, […] wir können die ersten Maßnahmen auf den Weg bringen, und zwar gemeinsam. [Ich] verweise […] auf das Paket der Bundesregierung, […] flankiert […] durch unser Land, […] [dort ist] definiert, dass es neben dem Hilfs- paket […] ein Zukunftspaket […] geben muss. Und dieses Zukunftspaket analysiert […] Schwachstellen. Und eine Schwachstelle ist […] die Digitalisierung […] – ins- besondere […] [in]* Schulen –, insbesondere […] in Meck- lenburg-Vorpommern mit seinen ländlichen Strukturen […]. Und jetzt reagieren wir […], indem wir sagen, Digitalisierung, das Thema Schulen, Mobilfunknetz mit 5 Milliarden – das sind […] Maßnahmen, (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ach, da passiert doch gar nichts!) die wir jetzt auf den Weg bringen […]. (Simone Oldenburg, DIE LINKE: Mobilfunknetz hat nichts mit Digitalisierung zu tun.) Nach jedem Redner wird das Pult desinfiziert. Foto: Uwe Sinnecker Oder […] der große Block Gesundheitssystem, diese […] Feststellung, […] dass wir nicht in der Lage sind, durch eige- ne Produktion medizinische Güter […] bereitzustellen […], (Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD) diese Schwachstelle […], da gehen wir […] ran, indem wir In der Debatte haben noch weitere Redner gesprochen. […] 1 Milliarde Euro […] zur Verfügung stellen […]. Genau- Die vollständigen Redebeiträge finden Sie zum Nachle- so stellen wir 1 Milliarde Euro – wir, die Bundesrepublik sen auf der Website des Landtags (Parlamentsdokumente/ Deutschland – zur Verfügung […], [weil wir] eben nicht aus- Plenarprotokolle) oder zum Nachhören auf dem YouTube- reichend Schutzausrüstung […] hatten. […]. Kanal unter www.landtag-mv.de LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
10 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e Foto: Uwe Sinnecker Am 18. Juni berieten die Abgeordneten des Landtages MV in einer Sondersitzung die Lage der MV Werften. Landtag „Covid-19 hat weltweit den Kreuzfahrt- tourismus zum Erliegen gebracht – mit Nikolaus Kramer, Fraktionschef der AfD. Einerseits habe der Einstieg des asiatischen unterstützt erheblichen Auswirkungen für Werften, die genau diese Schiffe bauen“, schilderte Konzerns viele Arbeitsplätze geschaf- fen und Steuern generiert. Andererseits Werftenhilfe Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Schiffe könnten nicht wie geplant ge- baut, Rechnungen nicht bezahlt werden. führten die weltweiten Versuche, das Co- rona-Virus einzudämmen, zur Einstellung der Werftarbeiten und Kurzarbeit. „Wenn Abgeordnete befürworten Ohne Unterstützung drohe ab 1. Juli es jetzt keine Hilfen für die MV Werften Freigabe von Sicherheitsreserven die Insolvenz und der Verlust tausender gibt, dann stehen sie vor dem Aus!“ Da- für MV Werften Arbeitsplätze. Die Werften bemühten mit wäre der Schiffbau in MV Geschichte. sich zwar, unter den Rettungsschirm Seine Fraktion werde den vorliegenden des Bundes zu gelangen. Die Entschei- Beschluss daher mehrheitlich mittragen. dung darüber werde jedoch erst im „Wir sind zuversichtlich, dass der Bau von 175 Millionen Euro oder Insolvenz? September getroffen. „Bis dahin ist eine Kreuzfahrtschiffen in unserem Land eine 175 Millionen Euro! Mit dieser einstim- Zwischenfinanzierung von 175 Millionen Perspektive hat.“ Mit der Finanzhilfe ver- migen Entscheidung unterstützte der Euro nötig.“ Geld, das Genting als Sicher- schaffe das Land Genting nun Zeit, ein Landtag den Kurs der Landesregie- heitsreserve bei Banken hinterlegt habe. tragfähiges Zukunftskonzept zu erarbei- rung, den MV Werften eine Finanzhilfe „Es geht also nicht um neue Gelder des ten. Das sei Voraussetzung für Hilfen vom zu gewähren. Hintergrund der Schwie- Landes, sondern um Geld des Unter- Bund. Kritik übte er an den Forderungen, rigkeiten ist die Corona-Krise: Mit ihr ist nehmens.“ Sowohl das Land als auch die die das Land an die Freigabe der Mittel auch das Kreuzfahrtgeschäft, und da- Banken müssen dieser Entnahme jedoch knüpfe: Die Sicherheitsreserve wieder mit das wichtigste Geschäftsfeld der zustimmen, so Schwesig. Die Landes- aufzufüllen, sei ohnehin vorgeschrieben, MV Werften, zusammengebrochen. regierung habe sich die Entscheidung auf Umweltverträglichkeit zu achten, Formal wäre eine Zustimmung des nicht leicht gemacht. Hier gehe es aber bereits Teil der Schiffsplanung und eine Landtages zu den Hilfen nicht erfor- um das industrielle Herz des Landes, Abnahme aller geplanten Schiffe zu ver- derlich gewesen. Die Landesregierung das entgegen früherer Werftenkrisen langen, utopisch. bat die Abgeordneten jedoch in einer nicht durch Missmanagement aus dem Sondersitzung am 18. Juni darum, die Takt gekommen sei. „Deshalb ist für die Auch für seine Fraktion spreche alles für bereits erfolgte Zustimmung des Fi- Landesregierung klar: Wir stehen in die- die Freigabe der sogenannten Locked nanzausschusses zu bekräftigen. Da- sen schwierigen Zeiten an der Seite der Box, unterstrich Wolfgang Waldmüller bei stellten alle Redner auch klar, dass Werft und ihrer Beschäftigten.“ (CDU). „Natürlich haben wir keine Glas- es nicht um zusätzliches Geld vom kugel.“ Er sei jedoch zuversichtlich, damit Land gehe, sondern um die Freigabe „Das Geschehen um die MV Werften ist den richtigen Weg einzuschlagen. Vor von Sicherheitsreserven der Mutterge- eine eindrucksvolle Lektion von Fluch Ausbruch der Pandemie sei Genting ein sellschaft Genting Hong Kong. und Segen der Globalisierung“, sagte gesundes Unternehmen mit ausreichend LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e 11 Liquidität gewesen. „Dass Investoren argumentierte Jochen Schulte (SPD). an die Zukunft des Kreuzfahrtgeschäfts Im Gegensatz zu früheren Werfthilfen glauben, zeigen auch die Maßnahmen gehe es hier um ein Unternehmen, das anderer Kreuzfahrtreedereien am Kapi- nicht gesund werden, sondern gesund talmarkt zur Überbrückung der Corona- bleiben müsse. Davon profitierten nicht Krise.“ Die Gespräche zwischen Land nur die drei Standorte, sondern auch alle und Bund stimmten ihn ebenfalls opti- Zuliefererbetriebe. Er begrüßte, dass die mistisch. „Es gibt berechtigte Hoffnung Landesregierung neben dem Finanz- auf eine Finanzierungsperspektive. Es ausschuss auch den gesamten Landtag wäre töricht, diese Perspektive heute in die Entscheidung einbinde. Das un- faktisch auszuschlagen. Unser heutiger terstreiche die einheitliche Position der Landtagsbeschluss ist ein klares Signal an Landespolitik und sende klare Signale. den Bund – je einvernehmlicher, desto An die Banken. Und an den Bund. Von besser.“ Natürlich könne man die Frage ihm erwarte er, dass er sich nicht nur für Die MV Werften sind der größte Arbeitgeber der stellen, welche Auswirkungen die Frei- die Rettung einer Lufthansa AG oder von Schiffsbaubanche in MV. Foto: Jens Büttner gabe der Gelder auf die Bürgschaften Automobilkonzernen einsetzt, sondern haben. Im Falle einer Insolvenz wären die auch für den Schiffbau. „Er ist für dieses viel Emotion und eine ganz dünne Fak- finanziellen Folgen für das Land seiner Land, aber auch für Teile Niedersach- tenlage“. Das hätte ihn nicht mit einem Einschätzung nach jedoch größer, als das sens mindestens genauso wichtig wie guten Bauchgefühl in die Sommerpause Risiko aus dem Öffnen der Locked Box. vielleicht die Lufthansa AG für die Rhein- gehen lassen. Main-Region.“ Deswegen gehörten auch „Die Summe für die Rettung der MV die Werften in den Wirtschaftsstabilisie- Am 29. Juni gaben auch die Banken die Werften ist unbestritten hoch, sehr hoch“, rungsfonds. benötigten 175 Millionen Euro aus der räumte Henning Foerster (DIE LINKE) ein. Sicherheitsreserve frei. Mit der Freigabe der Gelder steige das Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) Antrag Landesregierung Ausfallrisiko für das Land um den Faktor lobte Genting als verlässlichen Partner, Drucksache 7/5107 3. Er könne verstehen, dass die Entschei- der stets Wort gehalten habe. Bis heute dung auch auf Kritik stoßen werde. „Vor habe der Konzern 1,6 Milliarden Euro in diesem Hintergrund ist es gut, dass es MV investiert, unter anderem in Gebäu- heute eine öffentliche Debatte dazu de, Technik und Tariflöhne. „Kein Investor gibt.“ Er erinnerte daran, dass Genting vorher hat das aufgebracht.“ seit Übernahme der Werften einen Milli- Nun sei die Genting-Gruppe wie viele an- ardenbetrag investiert und ohne Diskus- dere Unternehmen auch unverschuldet sionen Tariflöhne gezahlt habe. Ein Aus in Schwierigkeiten geraten. Er betonte, für Werftstandorte wäre eine wirtschafts- dass neben dem Land auch 17 Banken und arbeitsmarktpolitische Katastrophe. der Geldfreigabe zustimmen müssen. Gleichwohl mahne die Vergangenheit Der Minister versicherte, dass jede Rech- auch zur Vorsicht. „Alte Fehler sollten nicht nung genau geprüft und direkt an den wiederholt werden.“ Er begrüßte daher, Empfänger beglichen werde. „Es wird die Freigabe der Gelder an Bedingungen nicht das gesamte Geld sofort wie 1996 wie mehr Klima- und Umweltschutz an einen ominösen Ort geschickt.“ Im mV Werften zu knüpfen und mehr Eigenleistungen nächsten Schritt gehe es darum, die be- einzufordern. „Nur 20 bis 30 Prozent der antragten Hilfen – 570 Millionen Euro – Die Werften in Wismar, Rostock/ Wertschöpfung findet auf den Werften aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds Warnemünde und Stralsund gehören seit Frühjahr 2016 als „MV Werften“ statt, 70 bis 80 Prozent dagegen extern.“ des Bundes zu erreichen. Hier erwarte er zu Genting Hong Kong. Der Konzern Deutliche Worte richtete er auch an die noch schwere Verhandlungen. Wichtig hatte die Standorte von Nordic Yards Banken, die der Geldentnahme ebenfalls sei, dass Genting jetzt seine Hausaufga- übernommen. Kaufpreis: 240 Millionen zustimmen müssen: „Während der Fi- ben erledige und ein Zukunftskonzept Euro. Neben den finanziellen Mitteln nanzkrise hat der Staat Sie gerettet! Jetzt sowie diverse Gutachten erstelle. brachte der asiatische Konzern damals sind Sie dran, mitzuhelfen, dass es auf den auch Aufträge mit. Seit der Übernahme Werften weitergehen kann.“ Der Landtag hat den Antrag der Landes- wuchs die Belegschaft nach Angaben regierung einstimmig angenommen. des Wirtschaftsministeriums von weni- Das Engagement von Genting seit Über- Die Abgeordneten Prof. Dr. Ralph Weber ger als 2.000 auf 3.100 Mitarbeiter. Die nahme der Werften ist auch für die SPD und Jörg Kröger (beide AfD) haben an Investitionen beliefen sich inzwischen ein wichtiger Grund, der Hilfe zuzustim- der Abstimmung nicht teilgenommen. auf 1,6 Milliarden Euro. Kerngeschäft men. „Hier schmeißt man kein gutes Geld Prof. Dr. Ralph Weber begründete dies sind die Entwicklung und der Bau von schlechtem hinterher, sondern man hilft in einer persönlichen Erklärung mit einer Kreuzfahrtschiffen. dabei, dass gutes Geld als gutes Invest- fehlenden Arbeitsplatzgarantie. Für Jörg (Hauptquelle: Wirtschaftsministerium) ment in diesem Land erhalten bleibt“, Kröger steckte hinter dem Antrag „sehr LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
12 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e Foto: Cornelius Kettler Die Mitglieder des Petitionsausschusses v.l.n.r.: Eva-Maria Kröger (DIE LINKE), Thomas Würdisch (SPD), Nils Saemann (SPD), Christian Brade (SPD), Voritzender Manfred Dachner (SPD), Stephan J. Reuken (AfD), Maika Friemann-Jennert (CDU), Jens-Holger Schneider (AfD), Burkhard Lenz (CDU) - nicht auf dem Bild: Christiane Berg (CDU), Karen Larisch (DIE LINKE) Was die Bürger Manfred Dachner (Ausschussvorsitzen- der) bezeichnete den Petitionsausschuss titionsausschusses zu beschäftigen. „Wir können von den Hinweisen der Bürge- bewegt als Seismografen dafür, was die Bürger bewegt und wie sie auf politische Be- schlüsse reagieren. „Lebendige Demo- rinnen und Bürger sehr viel lernen.“ Stephan J. Reuken (AfD) verwies darauf, 410 neue Eingaben: kratie braucht die Anregungen und die dass die Zahl der Petitionen im Vergleich Petitionsausschuss stellt Kritik der Menschen.“ Die Anliegen ernst zum Vorjahr um rund 250 gesunken sei. Jahresbericht für 2019 vor zu nehmen, ihnen nachzugehen sei Kern „Es scheint auf den ersten Blick so, dass der Petitionsarbeit. „Das heißt nicht, dass viele Bürger aus MV enttäuscht sind vom wir alles erfüllen, was gefordert wird. Es Petitionsverfahren oder es gar für wir- geht darum: Wie reagieren wir darauf?“ kungslos halten.“ Dabei seien manche Ärger über doppelte Rundfunkbei- Im Bemühen, die Sachverhalte zu klären, Rechtslücken oder behördliche Fehlent- träge, Personalnot in der JVA Bützow, wünsche er sich manchmal mehr Kom- scheidungen allein durch die Nachfrage laute Festivals, Windeignungsgebiete promissbereitschaft seitens der Behör- des Petitionsausschusses gelöst worden. und die Abfuhr gelber Säcke – das sind den. Sein Appell an die Bürger: „Meckern Sie nur einige Anliegen, mit denen sich nicht in sich hinein, sondern schreiben Bürger im vergangenen Jahr an den Der Jahresbericht unterstreiche einmal Sie Petitionen! Zeigen Sie der Politik, wo Petitionsausschuss des Landtages ge- mehr die Wichtigkeit des Petitionsaus- der Schuh drückt!“ wandt haben. Insgesamt erreichten schusses, führte Thomas Würdisch (SPD) ihn 410 neue Bitten und Beschwerden. an. Viele Petitionen seien auch eine Rück- Maika Friemann-Jennert (CDU) konzen- Als Einzelzuschriften, über Massen- kopplung der Bürger an den Gesetzge- trierte sich auf die Petition zur Festung oder Sammelpetitionen. Dahinter ver- ber: „Sie in den Fachausschüssen haben Dömitz. Die darin geforderte Übernah- bergen sich mehr als 5.500 Menschen, vorwiegend mit der Entstehung und me des Bauwerks in Landeseigentum die von ihrem verfassungsrechtlich Evaluierung von Gesetzen zu tun. Wir lehne das Land zwar ab. „Im Ergebnis verankerten Petitionsrecht Gebrauch hingegen erhalten Hinweise, wie diese der Beratungen sagte der Finanzminister gemacht haben. sich dann letztlich vor Ort auswirken.“ aber eine Unterstützung bei der Förde- Er appellierte an die Abgeordneten, sich rung und Entwicklung eines Nutzungs- intensiv mit den Überweisungen des Pe- konzepts zu.“ Sie legte allen Abgeordne- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e 13 ten die Berichte des Petitionsausschusses ans Herz. „Sie beinhalten wirklich alle Le- benslagen. Und wenn man denkt, man hätte schon alles gehört, man wüsste schon alles, dann wird man eines Besse- Petitionsausschuss Petitionsausschuss Petitionsausschuss ren belehrt.“ Wie wird ein Petitionsverfahren Karen Larisch (DIE LINKE) machte deut- lich, dass sich der Unmut der Bürger nicht immer auf behördliche Entscheidungen Wie Wie läuft Wiewird ein einpetitionsverfahren läuftein Petitionsverfahren Petitionsverfahren ab?ab an sich beziehe, sondern auch auf die Art und Weise, wie sie erlassen werden. durchgeführt? durchgeführt? „Eine achtungsvolle Sprache ist oft zu Sie kritisieren eine Behörde oder vermissen, und auch die Dauer von Ver- Sie kritisieren eine Behörde oder Sie eine Verwaltungsentscheidung? kritisieren eine Behörde oder waltungsentscheidungen steht immer eine Verwaltungsentscheidung? Sie eine haben eine Anregung oder wollen eine Verwaltungsentscheidung? wieder in der Kritik.“ Das vermittle ein Sie wollen eine Gesetzesänderung vorschlagen? Sie wollen eineGesetzesänderung Gesetzesänderungvorschlagen? vorschlagen? Gefühl von Ignoranz. „Darum ist es umso wichtiger, dass es das Jedermanns-Recht der Beschwerde und der Petitionen gibt.“ …dann schreiben …dann Sie eine schreiben SiePetition eine Petition Sie würde sich wünschen, Petenten auch @ @ …dann schreiben Sie eine Petition an denanPetitionsausschuss im Ausschuss anhören zu können. @ den Petitionsausschuss an den Petitionsausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern des Landtages des Landtages Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern Für Manfred Dachner (SPD) zog die AfD die falschen Schlüsse aus den rück- läufigen Zahlen. In den vergangenen Eingangsbestätigung Ihrer Petition @ ! ! Eingangsbestätigung Ihrer Petition @ ! @ 20 Jahren hätten die Petitionen immer Eingangsbestätigung Beteiligung der Ihrer Petition betroffenen Behörden Beteiligung der betroffenen Behörden geschwankt. Jahre mit vielen Petitionen Beteiligung durch durch der betroffenen Einholung Behörden einer Stellungnahme seien in der Regel direkt mit politischen Einholung einer Stellungnahme durch Einholung einer Stellungnahme Entscheidungen und daraus resultie- render Unzufriedenheit verbunden. „Wenn Sie morgen Bahnstrecken stillle- Austausch mit Ihnen Austausch und ggf. mit Ihnen undweitere ggf. weitere gen, was denken Sie, wie viele Petitionen Austausch mit Ihnen und ggf. weitere Sachverhaltsaufklärung Sachverhaltsaufklärung Sie haben!“ Auch die politischen Ent- Sachverhaltsaufklärung scheidungen in der Corona-Pandemie werden die Zahl der Eingaben wieder erhöhen. „Daraus kann man die lebhafte Prüfung durch durch Prüfung die vomdieAusschuss beauftragten vom Ausschuss Abgeordneten beauftragten Abgeordneten Prüfung durch ggf. die ggf. vom Ausschuss Beratung Beratung beauftragten im Petitionsausschuss, im Petitionsausschuss, Abgeordneten evtl. Ortstermin evtl. Ortstermin Demokratie sehen.“ ggf. Beratung im Petitionsausschuss, Beschlussempfehlung Beschlussempfehlung evtl. Ortstermin des Petitionsausschusses des Petitionsausschusses an denanLandtag den Landtag Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses an den Landtag Am Ende der Debatte stimmte der Land- tag dem Tätigkeitsbericht einstimmig zu. Tätigkeitsbericht Petitionsausschuss Drucksache 7/4799 Beratung Beratung und Beschluss und Beschluss im Landtag im Landtag Beratung und Beschluss im Landtag 151 Petitionen in sechs Monaten @ !! @ ! abschließende abschließende Antwort Antwort an Siean Sie @ abschließende Antwort an Sie Der Landtag hat sich in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause noch ein zweites Mal mit der Arbeit des Pe- www.landtag-mv.de www.landtag-mv.de titionsausschusses befasst. Dabei ging www.landtag-mv.de es um die Petitionen, die er zwischen 1. November 2019 und 30. April 2020 ab- im Sinne der Petenten, erläuterte der Aus- Ein konkretes Beispiel für eine Petition, die schließend beraten hat. Laut Petitions- schussvorsitzende, Manfred Dachner. mit dieser Beschlussempfehlung abge- und Bürgerbeauftragtengesetz des Lan- 21 Eingaben wurden an den Deutschen schlossen wurde, finden sie auf Seite 15. des muss der Ausschuss seine Beschlus- Bundestag weitergeleitet. 21 Petitionen sempfehlung dem Landtag zur Abstim- konnten aufgrund von Formfehlern Beschlussempfehlung und Bericht mung vorlegen. Von den 151 behandel- oder fehlender Befugnisse nicht behan- Petitionsausschuss Drucksache 7/5028 ten Petitionen wurde in 117 Fällen ein delt werden. Die Beschlussempfehlung Änderungsantrag Manfred Dachner, Sachbeschluss gefasst, 19-mal gänzlich wurde einstimmig angenommen. Fraktion SPD Drucksache 7/5073 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
14 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e Ein Recht für alle! Was ist eine Petition? weiter. Nicht tätig werden darf der Aus- den sollte, empfiehlt er dem Landtag, schuss, wenn der Eingriff in ein schwe- die Petition an die Landesregierung zu Wer mit Entscheidungen von Behörden bendes Gerichtsverfahren oder die Über- überweisen. Will der Petitionsausschuss oder landesgesetzlichen Regelungen prüfung einer richterlichen Entscheidung erreichen, dass die Landesregierung nicht einverstanden ist, kann sich an den verlangt wird. Auch bei privatrechtlichen die Petition in Gesetzesvorhaben, Ver- Petitionsausschuss des Landtages wen- Auseinandersetzungen – beispielsweise ordnungen oder Initiativen einbezieht, den. Die Eingabe, also die Petition, muss im Nachbarrecht – kann er nicht tätig empfiehlt er ebenfalls eine Überwei- aber nicht zwingend eine Beschwerde werden. sung. Die Landesregierung ist anschlie- sein. Sie kann auch Vorschläge enthal- ßend verpflichtet, dem Petitionsaus- ten oder auf Missstände hinweisen. Der schuss über den weiteren Umgang mit Einsender einer Petition wird Petent ge- Ich habe eine Petition eingereicht. der Petition zu berichten. Die Petition nannt. Und dann? kann auch als Anregung für parlamenta- rische Initiativen an die Fraktionen wei- Um den Sachverhalt zu klären, holt der tergeleitet werden. Wer kann eine Petition einreichen? Ausschuss Stellungnahmen der zustän- digen Ministerien oder nachgeordneten Sich mit seinem Anliegen an den Aus- Behörden ein – auf die die Petenten dann Wussten Sie? schuss zu wenden, steht jedem frei. wiederum reagieren können. Mitunter ist Das in der Landesverfassung (Artikel 10) es auch nötig, Akten anzufordern, Regie- Die Corona-bedingten Einschränkungen verankerte Recht gilt für jeden – egal ob rungsvertreter anzuhören oder sich vor hatten auch Auswirkungen auf die Ar- Erwachsener, Kind oder ausländischer Ort selbst ein Bild zu machen, bis sich beitsweise des Petitionsausschusses: Mitbürger, Einzelperson oder Gemein- Puzzle für Puzzle ein Gesamtbild und Sämtliche Ausschussdokumente, vor schaft. Auch der Wohnsitz spielt keine Prüfergebnis ergibt. Eine Arbeit, die ohne allem Petitionsakten, aber auch Proto- Rolle. Die rechtlichen Grundlagen dafür die akribische Unterstützung der Peti- kolle und weitere Unterlagen, werden sind die Landesverfassung und das Pe- tionsverwaltung kaum zu bewältigen den Ausschussmitgliedern zukünf- titions- und Bürgerbeauftragtengesetz. wäre. tig ausschließlich in digitaler Form in einem virtuellen Hochsicherheitsfach zur Verfügung ge-stellt. Früher wur- Wie muss die Petition aussehen? Wie setzt sich der Petitionsausschuss den diese Dokumente in Papierform zusammen? verteilt, um die Ausschusssitzungen Eine Petition ist an keine Form gebun- vorzubereiten. In der Regel werden den. Sie muss lediglich schriftlich, unter- Ihm gehören elf Landtagsabgeordnete pro Sitzung ca. 15 Petitionen bearbei- schrieben und mit Absender eingereicht aus allen Fraktionen an. Die genaue Ver- tet, wobei eine Petitionsakte zwischen werden sowie ein konkretes Anliegen teilung richtet sich nach dem Stärkever- 20 und 50 Seiten, mitunter aber auch enthalten. Die Postadresse lautet: Land- hältnis der Fraktionen. Dadurch ergeben 100 Seiten und mehr umfasst. Pro Aus- tag Mecklenburg-Vorpommern, Peti- sich für die SPD vier Sitze, für die CDU drei, schusssitzung fielen daher zwischen 5 tionsausschuss, Lennéstraße 1, 19053 für die AfD und DIE LINKE je zwei Sitze. 000 und 6 000 Seiten Papier an, die nun Schwerin. Sie kann aber auch elektro- eingespart werden. nisch eingereicht werden. Das Formular dazu gibt es hier: https://www.petition. Habe ich einen Anspruch auf die landtag-mv.de/petition/elektronisch- Umsetzung meines Anliegens? uebermittelte-petition. Petitionsverfah- ren sind für die Bürger kostenfrei. Nein. Allerdings haben Petenten An- spruch auf die gewissenhafte Prüfung des Anliegens. Im Ergebnis kann das Ver- Wann kann der Petitionsausschuss fahren im Sin-ne des Petenten enden, zu helfen – und wann nicht? einem Kompromiss führen oder an der beanstandeten Entscheidung festhalten. Der Petitionsausschuss kann tätig wer- Wichtig: Der Petitionsausschuss kann le- den, wenn bei dem jeweiligen Problem diglich Empfehlungen aussprechen. Ein die Landesregierung oder eine Landes- Weisungsrecht gegenüber Behörden hat behörde zuständig ist. Eingaben, für er nicht. die der Petitionsausschuss nicht zustän- Kommt er zu dem Ergebnis, dass eine be- dig ist, leitet er an die zuständige Stelle hördliche Entscheidung geändert wer- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 6/2020
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