PERSPEKTIVEN DER EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE - Global Markets Real Estate

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PERSPEKTIVEN DER EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE - Global Markets Real Estate
Global Markets Real Estate
PERSPEKTIVEN DER
EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE

              Ihr Erfolg ist : unser Maßstab
PERSPEKTIVEN DER EINZELHANDELSIMMOBILIENMÄRKTE - Global Markets Real Estate
Redaktionsschluss: 30.08.2017

                       Verantwortlich für den Inhalt: Deutsche Hypothekenbank

                                          Ansprechpartner

            Andreas Pohl · phone + 49 511 3045-310 · email: andreas.pohl@deutsche-hypo.de
                                    – Vorsitzender des Vorstands –

    Prof. Dr. Günter Vornholz · phone + 49 511 3045-640 · email: guenter.vornholz@deutsche-hypo.de
                                      (V. i. S. d. P.; Markt-Analyse)

Olaf Petersen · COMFORT Research & Consulting · phone + 49 40 300858-22 · email: petersen@comfort.de

                                      www.Deutsche-Hypo.de
                                          Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Gliederung
Management Summary                                                                     4

1     Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland                                     5

1.1   Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung                                            5

1.2   Determinanten des Angebotes                                                      6

1.3   Determinanten der Nachfrage                                                      9

1.4   Mietentwicklung                                                                 10

1.5   Der Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien                                 12

2     Die Digitalisierung und ihre Folgen für Einzelhandelsimmobilien                 12

2.1   Digitalisierung                                                                 13

2.2   E-Commerce                                                                      15

2.3   Neue Anforderungen an Einzelhandelsimmobilien                                   17

Handelsimmobilien-Investmentmarkt:
Perspektiven im Lichte der zunehmenden Online-Bedeutung                               20
von Olaf Petersen, COMFORT Research & Consulting

                                           3
                                                 Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Management Summary                                Eine wichtige Einflussgröße für die zukünfti-
                                                  ge Entwicklung ist der Megatrend der Digita-
                                                  lisierung. Zum einen wird der stationäre Ein-
Der Einzelhandelsimmobilienmarkt in Deut­         zelhandel vom E-Commerce belastet. Auch
schland befindet sich auf einem nachhaltigen      wenn der Anteil des E-Commerce noch eher
Aufschwungspfad. Dies zeigt sich sowohl in ei-    gering ist, weist dieser hohe Wachstumsraten
ner steigenden Vermietungsnachfrage als auch      auf. Dennoch steigt der Umsatz im stationären
auf dem Investmentmarkt. Die Einzelhändler        Einzelhandel weiter, auch weil der stationäre
profitieren von einer günstigen konjunkturel-     Einzelhandel entsprechende Online-Angebote
len Entwicklung mit einem Beschäftigungszu-       macht. Zum anderen gibt es technische Neu-
wachs. Das wirkt sich insgesamt positiv auf die   erungen wie Virtual und Augmented Reality,
Umsätze aus. Allein in diesem Jahrzehnt ist der   die den Einzelhandel und die Immobilien selbst
Einzelhandelsumsatz um mehr als 20 v. H. ge-      grundlegend verändern werden.
wachsen. Die starke Entwicklung hat sich bis-
lang in diesem Jahr fortgesetzt und wird auch     In einem Gastbeitrag geht Herr Olaf Petersen,
in den kommenden Jahren noch anhalten.            verantwortlicher Geschäftsführer des Ein-
                                                  zelhandelsspezialisten COMFORT für den
Dagegen fällt das Flächenwachstum im Ein-         Bereich Research & Consulting, auf die lang-
zelhandel nur unterdurchschnittlich aus. Nach     fristigen Perspektiven des Handelsimmobili-
Angaben des HDE gab es 2016 rund 124 Mio.         en-lnvestmentmarktes ein. Er analysiert die
Quadratmeter Einzelhandelsfläche. Ursäch-         Aussichten dieser Assetklasse vor dem Hin-
lich für diese schwächere Flächenexpansion ist    tergrund der zunehmenden Bedeutung des
u. a. die starke Zunahme des E-Commerce,          E-Commerce.
der jährlich um gut zehn Prozent zulegen
konnte. Dabei erzielten die Einzelhändler ei-
nen durchschnittlichen Flächenumsatz von ca.
3.900 Euro pro m².

Die guten Rahmenbedingungen auf den Ver-
mietungsmärkten sind für Investoren interes-
sant. Einzelhandelsimmobilien sind daher für
sie eine attraktive Anlageform. Nach Büroim-
mobilien sind diese das zweitbeliebteste Asset
für deutsche und vor allem für ausländische
Investoren. Die Attraktivität zeigt sich eben-
falls in einer Rendite, die auf dem Niveau von
Büroimmobilien liegt. Die Preise befinden sich
auf einem Rekordniveau.

Die Mieten entwickeln sich hingegen sehr dif-
ferenziert. In den 1a-Lagen einiger Top-Städte
stagniert die Spitzenmiete, was u. a. auf das
erreichte hohe Mietniveau zurückzuführen ist.
In schwächeren Lagen sind die Mieten teilweise
sogar gesunken.

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                                                          Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

1	Einzelhandelsimmobilien­                                Verantwortlich für die gute Beschäftigungs­­la­
                                                           ge ist vor allem die Zunahme sozialversiche­
   märkte in Deutschland                                   rungspflichtiger Arbeitsverhältnisse. Gering-
                                                           fügige Beschäftigungen und selbstständige
Der Markt für Einzelhandelsimmobilien wird                 Erwerbstätigkeit haben demgegenüber über-
wesentlich von der Entwicklung des Einzel-                 wiegend abgenommen. Wichtigste Stütze die-
handels bestimmt. Neben gesamtwirtschaftli-                ser positiven Entwicklung war der Dienstleis-
chen Einflüssen hängt diese vor allem von Ver-             tungssektor, gefolgt von der Baubranche und
änderungen des Angebots und der Nachfrage                  dem Produzierenden Gewerbe.
ab.
                                                           Die anhaltend hohe Beschäftigung in Deutsch-
                                                           land zeigt sich in einer entsprechend niedrigen
1.1	Die gesamtwirtschaftliche                             Arbeitslosenquote. Im Jahr 2016 sank diese auf
     Entwicklung                                           6,1 v. H. Für das laufende Jahr erwarten wir
                                                           eine Fortsetzung dieses Trends und damit eine
Im vergangenen Jahr zeigte sich die deutsche               Arbeitslosenquote von 5,7 v. H., in 2018 wird
Gesamtwirtschaft in einer guten Verfassung.                der Wert weiter zurückgehen. Die anhaltend
Das Bruttoinlandsprodukt stieg im Jahr 2016                hohe Beschäftigung ist ein wichtiger stützender
um 1,8 v. H. im Vergleich zum Vorjahr. Das                 Faktor für die Nachfrage im deutschen Einzel-
Wachstum konnte damit an Dynamik zule-                     handel.
gen. Für das laufende Jahr erwarten wir eine
Stabilisierung mit einer Zunahme des BIP                   Der Anstieg der Verbraucherpreise fiel mit
von 1,7 v. H. Im Jahr 2018 gehen wir von ei-               0,5 v. H. im Jahr 2016 sehr gering aus. Bereits
nem Wachstum von 1,8 v. H. aus. Neben dem                  zum Ende des Jahres zeigte sich aber bereits
Export ist die Inlandsnachfrage ein wichtiger              eine dynamischere Entwicklung. Im Juli 2017
Eckpfeiler der konjunkturell guten Lage in                 betrug die Inflationsrate im Vergleich zum
Deutschland. Hierzu zählt ebenfalls der priva-             selben Monat des Vorjahres 1,7 v. H. Einen
te Konsum, der von einer ausgesprochen guten               ähnlichen Anstieg der Preise erwarten wir
Beschäftigungssituation getragen wird.                     auch mittelfristig. Preistreiber waren vor allem
                                                           Nahrungsmittel und Nettokaltmieten. Insge-
Die Beschäftigungsdynamik bleibt anhaltend                 samt betrachtet bleibt die Inflationsrate damit
hoch. Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte                aber noch immer unterhalb des Inflationsziels
im März erstmals die 44 Mio.-Marke und steigt              der EZB von 2 v. H. und wirkt nicht wesentlich
weiter. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies             dämpfend auf das Konsumklima und damit die
eine Zunahme um gut 650.000 Erwerbstätige.                 privaten Konsumausgaben.

Entwicklung der privaten Konsumausgaben
(preisbereinigt, 2005–2018)

         Kettenindex (2010 = 100)
120

100

    80
         2005             2007      2009            2011           2013         2015                 2017

                                           ab 2017 Prognosewerte                                             Schaubild 1
                                                                                Quelle: Stat. Bundesamt, eigene Prognose

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                                                     Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Diese stiegen im vergangenen Jahr um 1,6 v. H.        Landkreis Starnberg, das Schlusslicht bildet mit
an, womit sie ihr kontinuierliches Wachstum           ca. 17.000 Euro der Landkreis Görlitz. Tenden-
fortsetzen konnten (vgl. Schaubild 1). Auch für       ziell zeigen sich die höchsten Kaufkraftwerte
die nächsten Jahre erwarten wir vom privaten          im Südwesten Deutschlands. Die niedrigsten
Konsum positive Impulse für den deutschen             Werte sind vor allem im Osten und in einigen
Einzelhandel. Grundlage hierfür sind die gute         Randlagen im Westen zu finden.
Beschäftigungslage und das überdurchschnitt-
lich positive Konsumklima bei den privaten            Das gesamtwirtschaftliche Umfeld ist damit für
Haushalten. Ebenfalls einen Beitrag leistet das       den Einzelhandel insgesamt sehr günstig. Ver-
durch die EZB geschaffene Niedrigzinsum-              braucher und Unternehmen sehen optimistisch
feld. Da die Bildung von Ersparnissen durch           in die Zukunft, sodass die Konjunktur auch von
die niedrigen Zinsen unattraktiv ist, fließen         diesen Erwartungen getragen wird. Das größte
Einkommenszuwächse der privaten Haushalte             Risiko für die gesamtwirtschaftliche Entwick-
vermehrt in Konsumausgaben. Kurzfristig be-           lung sehen wir in möglichen exogenen Schocks.
lebt dies die Nachfrage im Einzelhandel. In der       Hier sind vor allem die Gefahr einer Hinwen-
langen Frist entstehen aber durchaus Risiken,         dung der US-amerikanischen Handelspolitik
wenn beispielsweise die private Altersvorsorge        zu einer eher protektionistischen Strategie und
hierunter leidet.                                     die Folgen des Brexit zu nennen, die beide die
                                                      Exportwirtschaft betreffen.
Die Nominaleinkommen werden aufgrund der
guten konjunkturellen Gesamtlage deutlich
steigen. Aufgrund der nur geringen Inflations-        1.2 Determinanten des Angebotes
rate sind daher in den kommenden Jahren über-
durchschnittliche Steigerungen der verfügba-          Die Entwicklung der Verkaufsflächen ist ein
ren Einkommen zu erwarten (vgl. Schaubild 2).         Indikator für die Veränderung des Flächenan-
                                                      gebots in Deutschland. Diese zeigt im gesamten
Neben der Dynamik der Kaufkraft ist für               Beobachtungszeitraum eine positive Tendenz.
den Einzelhandel deren regionale Verteilung           Lediglich im Jahr 2012 kam es, bedingt durch
von wesentlicher Bedeutung. Nach Daten der            den Sondereffekt der Insolvenz der Schlecker-
GfK GeoMarketing vereinen die 25 einwoh-              Gruppe, zu einem leichten Rückgang (vgl.
nerstärksten Kreise in Deutschland etwa ein           Schaubild 3).
Viertel der gesamten Kaufkraft. Die Pro-Kopf-
Kaufkraft beträgt 2017 gut 22.000 Euro und            Insgesamt hat das Flächenwachstum aber an
ist damit im Vergleich zum Vorjahr um rund            Dynamik verloren. Während es im Zeitraum
1,7 v. H. gestiegen. Die höchste Pro-Kopf-            2000 bis 2005 noch 6,4 v. H. betrug, nahm es in
Kaufkraft findet sich mit ca. 32.000 Euro im          den folgenden fünf Jahren noch um 4,3 v. H. zu.

Entwicklung der verfügbaren Einkommen
(preisbereinigt, 2005–2018)
                                                                       Veränderung gegenüber dem Vorjahr
    3
        in v. H.

    2

    1

    0

-1

-2
        2005       2007        2009            2011           2013        2015                2017
                                      ab 2017 Prognosewerte                                             Schaubild 2
                                                                           Quelle: Stat. Bundesamt, eigene Prognose

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                                                         Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Entwicklung der Verkaufsfläche in Deutschland
(2000–2016)

125
         in Mio. m²

120

115

110

105

100
      2000            2002   2004        2006           2008       2010       2012      2014         2016

                                    Verkaufsfläche in Mio. m²                                    Schaubild 3
                                                                                                Quelle: HDE

In der Zeit von 2011 bis 2016 schließlich sank             terhin die Anteile von SB Warenhäusern und
das Flächenwachstum auf 1,6 v. H. Eine Ursa-               Verbrauchermärkten. Demgegenüber konn-
che dieser Entwicklung ist das Ende der Boom-              ten Fachmärkte, Lebensmitteldiscounter und
phase bei den Shoppingcentern. Wurden in den               Supermärkte zuletzt ihre Position halten. Die
vergangenen zwei Jahrzehnten jedes Jahr noch               größten Steigerungen weist der Versandhandel
durchschnittlich mehr als zehn neue Shopping-              auf. Dieser konnte von 5,7 v. H. im Jahr 2000
center eröffnet, waren es im vergangenen Jahr              seinen Anteil auf 10,8 v. H. im Jahr 2015 erhö-
nur drei. Das laufende Jahr wird mit voraus-               hen. Da der klassische Versandhandel jedoch
sichtlich vier Neueröffnungen weit hinter den              stetig schrumpft, ist ausschließlich der dyna-
Zahlen der Hochphase zurückbleiben. Dies                   misch wachsende Onlinehandel für diese Ent-
trifft die Entwicklung der Verkaufsflächen                 wicklung verantwortlich.
in besonderem Maße, da Shoppingcenter mit
knapp 22.000 m 2 das Einzelhandelsformat mit               In einer Langfristprognose hat das BBSR un-
der größten durchschnittlichen Objektfläche                tersucht, wie sich die Anteile der Betriebsfor-
darstellen. Große Fachmarktzentren und Fach-               men bis 2025 entwickeln werden. So werden die
märkte folgen hier mit deutlichem Abstand.                 traditionellen Fachgeschäfte weiter verlieren,
                                                           ebenso wie die Warenhäuser. Die deutlichsten
Diese Veränderungen sind ebenfalls Folge des               Einbußen zeigen sich bei den SB-Warenhäu-
tiefgreifenden Strukturwandels der Branche.                sern und Verbrauchermärkten. Der filialisierte
Ehemals für den Einzelhandel typische For-                 Nonfood-Einzelhandel wird hingegen seine
mate verschwinden zunehmend und werden                     Position stabilisieren. Gleiches gilt für Fach-
durch alternative, moderne Konzepte ersetzt.               märkte, Lebensmittel-Discounter und Super-
Dies zeigt die Entwicklung der unterschiedli-              märkte. Die einzige Betriebsform mit einer
chen Betriebsformen anhand der Umsatzantei-                Steigerung ist der Versandhandel. Für diesen
le (vgl. Schaubild 4). Wichtige Ursachen für den           wird eine Verdreifachung des Umsatzanteils
Strukturwandel sind die Digitalisierung, sich              erwartet. Hierfür ist allein der E-Commerce
wandelnde Kundenpräferenzen und eine hohe                  verantwortlich. Damit werden sich die Trends
Wettbewerbsintensität.                                     der vergangenen Jahre weiter fortsetzen und die
                                                           Einzelhandelslandschaft nachhaltig verändern.
Einen stetigen Bedeutungsverlust weisen tra-
ditionelle Fachgeschäfte und Warenhäuser
auf. Diese haben im Beobachtungszeitraum
Umsatzanteile verloren. Seit 2008 sanken wei-

                                                           7
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Betriebsformen im deutschen Einzelhandel
(Umsatzanteile, 2000–2015 und 2025)

           100 %                                                                                                                                        SB-Warenhäuser /
                                                                                                                                                        Verbrauchermärkte
            90 %
                                                                                                                                                        Supermärkte

            80 %                                                                                                                                        Lebensmittel-Discounter

            70 %                                                                                                                                        Warenhäuser

                                                                                                                                                        Fachmärkte
            60 %
                                                                                                                                                        Traditionelle
            50 %                                                                                                                                        Fachgeschäfte

                                                                                                                                                        Filialisierter Nonfood-
            40 %                                                                                                                                        Einzelhandel

                                                                                                                                                        Versandhandel
            30 %

            20 %

            10 %

              0%

                                                                                                    2011
                      2000
                             2001
                                    2002
                                           2003
                                                  2004
                                                         2005
                                                                2006
                                                                       2007
                                                                               2008
                                                                                      2009
                                                                                             2010

                                                                                                           2012
                                                                                                                  2013
                                                                                                                         2014
                                                                                                                                2015

                                                                                                                                          2025
                                                     2025 Prognosewerte                                                                                                      Schaubild 4
                                                                                                                                Quelle: GfK GeoMarkteting, BBSR, BBE, eigene Berechnung

Anteil der Einzelhandelsumsätze an den inländischen
privaten Konsumausgaben
40,0
           in v. H.

35,0

30,0

25,0

20,0

15,0

10,0

    5,0

    0,0
          2000   2001        2002      2003        2004         2005          2006      2007         2008         2009      2010       2011      2012    2013     2014     2015     2016

                                                                                                                                                                               Schaubild 5
                                                                                                                                   Quelle: Statistisches Bundesamt, HDI, EHI Retail Institute

8
                                                                            Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

1.3 Determinanten der Nachfrage                                              2010 nahmen die Umsätze damit um 65,4 Mrd.
                                                                             Euro bzw. 15,3 v. H. zu und erreichen 2017 vo-
Für die Nachfrage im Einzelhandel gehen von                                  raussichtlich 492,6 Mrd. Euro.
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung posi-
tive Impulse aus. Es ist aber zu berücksichtigen,                            Die Umsatzzuwächse der vergangenen Jahre
dass nicht alle privaten Konsumausgaben dem                                  liegen weiterhin deutlich über dem langjähri-
Einzelhandel zu Gute kommen. Schau­bild 5                                    gen Durchschnitt. Die Einzelhandelsumsätze
zeigt die Entwicklung des Anteils der Einzel-                                profitieren nachhaltig vom guten gesamtwirt-
handelsumsätze an den gesamten privaten Kon-                                 schaftlichen Umfeld der vergangenen Jahre.
sumausgaben.                                                                 Bleibt die gesamtwirtschaftliche Entwicklung
                                                                             von externen Risiken verschont und das Kon-
Der Anteil zeigt in der Dekade 2000 bis                                      sumklima und die Einkommenserwartungen
2010 einen abnehmenden Trend. Er sank von                                    weiterhin positiv, werden auch die Einzelhan-
36,5 v. H. im Jahr 2000 auf gut 30 v. H. im Jahr                             delsumsätze steigen können. Allerdings wird
2010. Seither hat er sich aber auf diesem Ni-                                sich das Wachstumstempo etwas verlangsamen,
veau stabilisiert. Die Abnahme war dadurch                                   wie es schon die vergangenen beiden Jahre zei-
begründet, dass vermehrt Ausgaben außerhalb                                  gen.
des Einzelhandels getätigt wurden. Hier sind
einerseits steigende Energiepreise zu nennen,                                Die Entwicklung des Umsatzes blieb nicht
andererseits aber ebenfalls steigende Ausgaben                               ohne Folgen für die Flächenproduktivität im
z. B. im Bereich Touristik und Freizeit. Die                                 deutschen Einzelhandel. Nach dem krisenbe-
zuletzt festzustellende Stabilisierung lässt sich                            dingten Tiefststand stieg diese wieder kontinu-
darauf zurückführen, dass die Verbraucher ihre                               ierlich an (vgl. Schaubild 7).
gestiegenen Einkommen wieder im Einzelhan-
del ausgeben.                                                                Die Flächenproduktivität erreichte 2016 einen
                                                                             Wert von knapp 3.900 Euro/m 2, was seit 2009
Ein Blick auf die Entwicklung der Umsätze                                    eine Zunahme von beachtlichen 11,6 v. H. be-
des Einzelhandels bestätigt dies. Seit 2010 sind                             deutet. Getragen wird diese Entwicklung von
deutlichere Zuwächse zu verzeichnen, für das                                 den steigenden Umsätzen des Einzelhandels,
Jahr 2017 werden nach Schätzungen des HDE                                    während die Verkaufsflächen nur noch mode-
knapp 2 v. H. erwartet (vgl. Schaubild 6). Seit                              rat expandierten.

Umsatzentwicklung im deutschen Einzelhandel
(2000–2017, nominal)
                                                                                                   Veränderungen gegenüber dem Vorjahr
    3,5
          in v. H.
                                                                                                                       2,9
    3,0
                                                                                           2,5                                2,4
    2,5                                   2,2
            2,2
                                                                                    2,0                                                 2,0
    2,0                                                                                           1,7           1,6
    1,5                                                                                                  1,2
                                                                      1,1
                     0,9                         0,9
    1,0
                                                        0,6
    0,5

    0,0

–0,5

–1,0

–1,5                                                           –1,2
                                   –1,4
–2,0
                            –2,1
–2,5

–3,0
                                                                             –3,1
–3,5
           2000      2001   2002   2003   2004   2005   2006   2007   2008   2009   2010   2011   2012   2013   2014   2015   2016     2017

                                                                                                                                     Schaubild 6
                                                                                                                                    Quelle: HDE

                                                                             9
                                                              Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Einzelhandelsflächen und Flächenproduktivität

130                                                                                                              4.000
      in Mio. m²                                                                                  in Euro

125                                                                                                              3.900

                                                                                                                 3.800
120

                                                                                                                 3.700
115

                                                                                                                 3.600

110
                                                                                                                 3.500

105
                                                                                                                 3.400

100                                                                                                              3.300
      2000         2002         2004          2006      2008        2010      2012      2014           2016

        Verkaufsfläche in Mio. m²
        Flächenproduktivität in Euro pro m²
                                                                                                             Schaubild 7
        Flächenproduktivität ohne E-Commerce in Euro pro m²                              Quelle: HDE, eigene Berechnung

Die zunehmende Bedeutung des E-Commerce                        Das höchste Mietniveau unter den Top-Städten
für den Einzelhandel wird deutlich, wenn bei                   hat trotz der letztjährigen Stagnation noch im-
der Berechnung der Flächenproduktivität der                    mer München. Berlin hat sich auf Platz zwei
Gesamtumsatz um die Umsätze des E-Com-                         vorgeschoben und damit Frankfurt a. M. über-
merce bereinigt wird. Seit 2000 geht die Sche-                 holt. Auf Platz vier rangiert Düsseldorf, gefolgt
re zwischen der Flächenproduktivität mit und                   von Hamburg und Köln, das Schlusslicht bildet
ohne E-Commerce-Berücksichtigung immer                         Stuttgart.
weiter auseinander. So reduziert sich die Zu-
nahme der Flächenproduktivität von 11,6 auf                    Die Mietsteigerungen haben insgesamt an
6,9 v. H. Wesentliches Wachstum der Verkaufs-                  Schwung verloren. Im Jahr 2016 konnten
flächen ist in den kommenden Jahren nicht zu                   nach Angaben von BNP Paribas nur in Berlin
erwarten, sodass wir von einer weiteren Zu-                    (+9,7 v. H.) und Düsseldorf (+1,8 v. H.) noch
nahme der Flächenproduktivität ausgehen, de-                   steigende Mieten beobachtet werden. In den
ren Dynamik sich aber abschwächen wird.                        anderen Top-Standorten stagnierten die Preise
                                                               auf dem Niveau der beiden Vorjahre, in Frank-
                                                               furt a. M. war 2016 sogar ein leichter Rückgang
1.4 Mietentwicklung                                            zu verzeichnen. Diese Entwicklung hat ver-
                                                               schiedene Ursachen.
Die Mieten für den deutschen Einzelhandel
weise sehr differenzierte Trends auf. In Abhän-                Zum einen haben die Mieten in den Spitzen-
gigkeit von Lage und Sortiment sind die Mieten                 lagen ein Niveau erreicht, welches für einige
unterschiedlich stark gestiegen.                               Handelskonzepte wirtschaftlich nicht mehr
                                                               tragbar ist. Sie wandern daher eher in schwä-
Aufgrund der hohen Nachfrage wuchsen in                        chere Lagen ab. Zudem tritt das standortbe-
der Vergangenheit die Mieten für Verkaufs-                     zogene Marketingziel verstärkt zugunsten
flächen in den sieben A-Städten stärker (vgl.                  des Wirtschaftlichkeitsaspekts in den Hinter-
Schaubild 8), sodass sich auch der Abstand                     grund. Dies reduziert den Spielraum für Miet-
zwischen den verschiedenen Lagen erhöht hat.                   zahlungen, da ein den modernen Kundenwün-
Die Spitzenmiete lag in den A-Städten 2016 um                  schen entsprechendes Ladenlokal inzwischen
gut 170 Euro/m 2 über der Durchschnittsmiete.                  mit hohen Investitionskosten verbunden ist.
Diese Differenz fällt für Gesamtdeutschland
mit knapp 80 Euro/m 2 wesentlich geringer aus.

10
                                                                    Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Mietpreise Einzelhandel in 1a-Lagen
(Nettokaltmiete in Euro pro m2, monatlich)

350
           in Euro/m²

300

250

200

150

100

    50

    0
         1990           1993       1996           1999       2002         2005         2008          2011      2014       2016

            Spitzenmiete 1a-Lage (A-Städte)              Durchschnittsmiete 1a-Lage (A-Städte)
            Spitzenmiete 1a-Lagen (Deutschland)          Durchschnittsmiete 1a-Lagen (Deutschland)
                                                                                                                        Schaubild 8
                                                                                                            Quelle: bulwiengesa AG

Zum anderen sind in den Top-Lagen in den                              Erlebnis verbinden, das verschiedene Angebo-
vergangenen Jahren zusätzliche Flächen auf                            te (z. B. Gastronomie) einschließt. Ohne dieses
den Markt gekommen. Dies waren vor allem                              Angebot an Erlebnisqualität verlieren Standor-
Projektentwicklungen und umfangreiche Re-                             te deutlich an Attraktivität.
furbishments. Es ist daher davon auszugehen,
dass die Mietentwicklung vorerst gebremst ist.                        Eine weitere Entwicklung des Marktes für
                                                                      Einzelhandelsimmobilien ist eine Zweiteilung
In den Top-Lagen bleibt die Nachfrage aller-                          der Nachfrage: zum einen auf das hochpreisige
dings auf hohem Niveau. Hierzu tragen vor                             Qualitätssegment und zum anderen nach Im-
allem internationale Marken bei, die aufgrund                         mobilien für Anbieter des unteren Qualitäts-
der hohen Attraktivität den Markteintritt in                          segmentes (z. B. Primark). Letztere benötigen
Deutschland realisieren wollen. Es treten der-                        vor allem großflächige Ladenlokale und sind
zeit vor allem skandinavische (z. B. Clas Ohl-                        expansiv ausgerichtet. Dies gilt bei geringe-
son) oder US-amerikanische Unternehmen                                rem Flächenbedarf ebenso für internationale
(z. B. Under Armour) auf. Diese haben hohe                            Luxus­labels, die ihre Nachfrage auf die deut-
Anforderungen an die Qualität des Standortes,                         schen Top-Städte konzentrieren. Sie sind bereit,
sodass sie kaum bereit sind, in schwächere La-                        für geeignete Ladenlokale die hohen Mieten zu
gen auszuweichen. Finden sie keinen geeigne-                          bezahlen. Verlierer dieser Konstellation ist das
ten Standort, werden diese Unternehmen eher                           mittlere Qualitätssegment, welches zudem un-
ihre Zeitplanung anpassen als Ladenfläche „um                         ter hohem Konkurrenzdruck durch Filialisten
jeden Preis“ anzumieten.                                              (z. B. H&M) steht.

Der durch den Onlinehandel wachsende Kon-                             Insgesamt sehen wir den dynamischen Anstieg
kurrenzdruck für den stationären Einzelhan-                           der Mieten für Einzelhandelsflächen in den
del führt außerdem dazu, dass nur noch solche                         Top-Lagen zunächst gestoppt. Sie bleiben al-
Standorte nachgefragt werden, die wirtschaft-                         lerdings auf einem hohen Niveau, da eine an-
lich erfolgreich betrieben werden können.                             haltend hohe Flächennachfrage besteht.
Hierfür ist von wachsender Bedeutung, dass
den Kunden ein Einkaufserlebnis geboten wer-
den kann. Der anspruchsvolle Kunde sucht ein
Ladengeschäft nicht nur wegen des Kaufwun-
sches auf. Vielmehr möchte er dies mit einem

                                                                      11
                                                               Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Nettoanfangsrenditen bei Einzelhandelsimmobilien
(2000–2015)

    9,00
             in v.H.

    8,00

    7,00

    6,00

    5,00

    4,00

    3,00
           2000                 2003              2006                2009               2012          2015     2016

           Nettoanfangsrendite dezentrale Lagen     Nettoanfangsrendite zentrale Lagen
           (Deutschland)                            (Deutschland)
           Nettoanfangsrendite dezentrale Lagen     Nettoanfangsrendite zentrale Lagen
           (A-Städte)                               (A-Städte)
                                                                                                            Schaubild 9
                                                                                                Quelle: bulwiengesa AG

1.5 Der Investmentmarkt für                                      extrem hohe Transaktionsvolumen des Jahres
    Einzelhandelsimmobilien                                      2015 hat die Preise in die Höhe getrieben und
                                                                 damit die Renditen unter Druck gesetzt.
Die gute Situation des deutschen Einzelhan-
dels treibt daneben den Investmentmarkt für
Einzelhandelsimmobilien. Insgesamt wurden
2016 am Investmentmarkt 12,4 Mrd. Euro
umgesetzt. Im ersten Halbjahr 2017 wurden
nach Angaben von Jones Lang LaSalle bereits                      2	Die Digitalisierung und ihre
4,8 Mrd. Euro umgesetzt, was gegenüber dem                          Folgen für Einzelhandels­
ersten Halbjahr 2016 eine Zunahme von be-
achtlichen 20 v. H. bedeutet. Mitverantwort-                        immobilien
lich für die gute Entwicklung im ersten Halb-
jahr waren allein elf Transaktionen, die jeweils                 Der Megatrend der Digitalisierung betrifft alle
mehr als 100 Mio. Euro Volumen aufwiesen.                        Bereiche der Gesellschaft und wirkt sich auf
                                                                 vielfältige Weise genauso auf den Einzelhandel
Der größte Anteil der Transaktionen entfiel                      aus. Besonders die Entwicklung des Handelsfor-
mit 37 v. H. erneut auf Fachmärkte und Fach-                     mates E-Commerce zeigt, dass sich der Einzel-
marktzentren, wenngleich weniger deutlich als                    handel durch den technologischen Fortschritt
noch im Vorjahreszeitraum. Zulegen konnten                       grundlegend verändert. E-Commerce meint
gegenüber diesem Zeitraum Geschäftshäuser                        dabei den Verkauf von Waren und Dienstleis-
und Shoppingcenter. Sie kamen auf einen An-                      tungen mit Hilfe des Internets als Vertriebska-
teil von 32 v. H. bzw. 26 v. H. am Transaktions-                 nal. Die Veränderungen sind aber weit mehr als
volumen. Für den vergleichsweise hohen Anteil                    nur die Integration eines neuen Vertriebsweges
der Geschäftshäuser sind einige Portfoliotrans-                  zum Endkunden. Sie betreffen ebenfalls die Ge-
aktionen verantwortlich, sodass sich der Anteil                  schäftsmodelle und -prozesse des Einzelhandels
dieser Assetklasse im Jahresvergleich wieder                     und bewirken Änderungen der Anforderungen
normalisieren dürfte.                                            an die genutzten Immobilien. Im Folgenden soll
                                                                 zunächst der Begriff „Digitalisierung“ erklärt
Die anhaltend gute Entwicklung schlägt sich                      werden, bevor auf die Auswirkungen auf den
in den Nettoanfangsrenditen nieder, die weiter                   Einzelhandel und die von ihm genutzten Im-
gesunken sind (vgl. Schaubild 9). Vor allem das                  mobilien eingegangen wird.

12
                                                     Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

2.1 Digitalisierung                                     Damit sind die Voraussetzungen dafür geschaf-
                                                        fen, dass die Digitalisierung letztlich in alle
In der engen und zugleich ältesten Abgrenzung           Lebensbereiche vordringt. In der Folge wird
wird unter Digitalisierung die Umwandlung               von der „Digitalen Revolution“ gesprochen,
analoger Informationen in digitale Daten ver-           was wiederum eine erweiterte Definition von
standen, die dann mit Hilfe von Computern               Digitalisierung impliziert. Die zunehmende
gespeichert und weiter bearbeitet werden kön-           Vernetzung und damit Verzahnung verschie-
nen (vgl. Schaubild 10). Dies ist beispielsweise        denster Lebensbereiche (Arbeitswelt, Freizeit,
die Grundlage der Idee des „papierlosen Büros“          Gesellschaft) basiert auf der immer weiter vo-
gegen Anfang der 1980er-Jahre. Statt in raum-           ranschreitenden Durchdringung der Gesell-
beanspruchenden Aktenordnern sollten Doku-              schaft mit moderner Informations- und Kom-
mente elektronisch auf Festplatten gespeichert          munikationstechnologie. Neben der realen
werden und den Mitarbeitern mit Hilfe von               Welt wird damit ein virtueller Bereich geschaf-
PCs für ihre tägliche Arbeit zur Verfügung              fen, wodurch sich die Gesellschaft nachhaltig
stehen.                                                 verändert. Im Falle des industriellen Sektors
                                                        hat sich für diesen Prozess die Bezeichnung
Mit der weiteren technologischen Entwicklung            „Industrie 4.0“ etabliert.
erfuhr der Begriff der Digitalisierung eine um-
fassendere Auslegung. Vor allem das Internet            Die erweiterte Definition begreift Digitalisie-
und die mit ihm einhergehenden neuen Mög-               rung damit nicht mehr nur als einen rein tech-
lichkeiten für die Gestaltung von Prozessen             nologisch geprägten Begriff. Die zunehmende
und die dezentrale Verfügbarkeit von Daten              Adaption der Technologie verändert das ge-
erforderten dies. Mobile Computing und die              sellschaftliche Miteinander und kann in der
Speicherung von Daten in der „Cloud“ erwei-             Folge zu disruptiven Entwicklungen führen.
tern die Möglichkeiten der Nutzung erfasster            Durch das Entstehen neuer Geschäftsmodelle
Daten und machen sie vor allem jederzeit und            und -prozesse verlieren traditionelle Vorge-
ortsunabhängig verfügbar. Damit verlässt die            hensweisen an Bedeutung. Die Integration der
Digitalisierung das unmittelbare Umfeld und             Innovationen der Digitalisierung wird für Un-
vernetzt verschiedenste Anwender und An-                ternehmen so zu einem wesentlichen Erfolgs-
wendungen miteinander.                                  faktor. Da dies branchenübergreifend gilt, ist
                                                        der Einzelhandel ebenfalls betroffen. Bereits

Definitionen der Digitalisierung

                                    enge

                                                     Um-
                                                  wandlung
                                                 analoger in
                                           digitale Informationen

                    weite

                                        Permanente ortsunabhängige
                                          Verfügbarkeit der Daten

     erweiterte

                                           Digitale Revolution
                                   Veränderung aller Gesellschaftsbereiche
                                        Megatrend Digitalisierung

                                                                                                      Schaubild 10
                                                                             Quelle: in Anlehnung an Vornholz 2017

                                                        13
                                                           Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

in den vergangenen Jahren hat die wachsen-                   jeder Zeit eine Verbindung zum Internet auf-
de Bedeutung des E-Commerce dies gezeigt,                    zubauen. Sie ermöglichen damit eine uneinge-
wobei das nur eine Facette der Digitalisierung               schränkte Kommunikation und Datenverfüg-
darstellt.                                                   barkeit, wobei sie ähnlich leistungsfähig wie
                                                             ein PC sind.
Für die Digitalisierung des Einzelhandels sind
unterschiedliche Technologien von grundle-                   Auf dieser Basis setzen insbesondere fünf für
gender Bedeutung (vgl. Schaubild 11). Als Ba-                den Einzelhandel bedeutende Technologien
sistechnologie ist die Informations- und Kom-                auf: Data Science, Artificial Intelligence, Platt-
munikationstechnologie anzusehen. Sie schafft                formen und Portale, Sensoren sowie Virtual
die Grundvoraussetzungen für die Digitalisie-                und Augmented Reality.
rung. Es müssen außerdem moderne Mittel wie
Cloud-Computing und Mobile Computing zur                     Unter Data Science wird die zielgerichtete Aus-
Verfügung stehen, um Prozesse erfolgreich di-                wertung großer Datenmengen („Big Data“)
gital zu transformieren.                                     verstanden, um einerseits spezifische Infor-
                                                             mationen beispielsweise über einzelne Kunden
Im Falle des Cloud-Computing werden nicht                    und deren Präferenzen zu erhalten sowie ande-
mehr alle Ressourcen zur Informationsver-                    rerseits auf Basis dieser Daten aussagekräftige
arbeitung auf einem lokalen Rechner bereit-                  Prognosemodelle zu entwickeln, z. B. für die
gestellt. Es wird vielmehr eine ortsungebun-                 Anpassung einer Unternehmensstrategie.
dene Verbindung zum Internet geschaffen, in
welchem in der Cloud alle Dienste und Daten                  Artificial Intelligence (Künstliche Intelligenz)
bereitgestellt werden. Daneben kann die Spei-                meint im Allgemeinen den Versuch, menschli-
cherung von Daten in der Cloud erfolgen. Bei-                che Intelligenz nachzubilden. Computer sollen
des ermöglicht sehr kleine und damit mobile                  in Lage versetzt werden, Probleme eigenständig
Endgeräte, die nicht mehr über große Speicher-               zu lösen. Wichtige Instrumente in diesem Be-
kapazität, sondern eher über gute Zugangs-                   reich sind wissensbasierte Systeme sowie Soft-
möglichkeiten zu unterschiedlichen Netzwerk-                 ware zur Mustererkennung und -vorhersage.
typen (mobiles Netz, WLAN, LAN) verfügen
müssen.                                                      Bei Plattformen und Portalen handelt es sich
                                                             um Zugangspunkte in ein Netzwerk. Ein
Die mobilen Endgeräte wie Smartphones oder                   Portal stellt dabei dem Nutzer personalisier-
Tablets ermöglichen das Mobile Computing.                    te Inhalte und Anwendungen für bestimmte
Sie sind in der Lage, ortsungebunden und zu                  Zwecke zur Verfügung. Eine Plattform bietet

Ausgewählte Technologien der Digitalisierung

                                           Digitalisierter Einzelhandel

                                                   Plattformen                           Virtual und
               Data          Artificial                und                               Augmented
              Science       Intelligence                                  Sensoren
                                                     Portale                               Reality

                                      Cloud Computing, Mobile Computing
                                 Informations- und Kommunikationstechnologien

                                                                                                              Schaubild 11
                                                                                     Quelle: in Anlehnung an Vornholz 2017

14
                                                           Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

dagegen unabhängig von der Basiskomponente                  2.2 E-Commerce
Anwendungen an. Vielfach werden beide Be-
griffe synonym verwendet.                                   Die Digitalisierung hat bereits zu grundlegen-
                                                            den Veränderungen im deutschen Einzelhandel
Mit Hilfe von Sensoren lassen sich Daten über               geführt. E-Commerce hat in den vergangenen
physikalische und chemische Eigenschaften                   Jahren kontinuierlich Umsatzanteile gewinnen
(Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sauerstoffge-                können (vgl. Schaubild 12). In der vergangenen
halt o. ä.) erheben. Dabei werden die Informa-              Dekade konnten die E-Commerce-Umsätze
tionen in elektrische Signale und damit digitale            um 270 v. H. zulegen, im Vergleich dazu stieg
Informationen umgewandelt, sodass beispiels-                der Gesamtumsatz im Einzelhandel lediglich
weise die Heizung/Lüftung in einem Laden­                   um 15,2 v. H.
lokal vollautomatisiert arbeiten kann.
                                                            Für das laufende Jahr erwartet der HDE für
Die Virtual Reality ist eine computergestützt               den Online-Handel ein weiteres Wachstum von
mit Hilfe von 3D-Bildern und zumeist auch                   gut 10 v. H., was absolut einem Betrag von rund
Ton erschaffene künstliche Wirklichkeit. Zur                5 Mrd. Euro entspricht. Damit setzt sich das
Übertragung werden Großbildleinwände oder                   dynamische Wachstum des Vorjahres fort. Der
spezielle VR-Brillen benutzt, wobei letztere                Gesamtumsatz im E-Commerce erreicht 2017
häufig das Smartphone nutzen. Bei Augmen-                   dann knapp 50 Mrd. Euro. Trotz dieses dy-
ted Reality wird die tatsächliche Wahrneh-                  namischen Bedeutungszuwachses kommt der
mung mit situationsbezogenen zusätzlichen                   Onlinehandel aber bei weitem nicht an die Um-
Informationen in Echtzeit erweitert. Dies kann              satze des stationären Einzelhandels heran, wel-
mit Hilfe von Datenbrillen geschehen, die bei-              cher 2017 rund 440 Mrd. Euro erreichen wird.
spielsweise bei der Ansicht eines Produktes                 Somit liegt sein Anteil an den Gesamtumsätzen
Informationen zu diesem Produkt einblenden.                 der Branche bei knapp 10 v. H.

Aus dem Zusammenspiel der neuen technischen                 Die Online-Sparte gewinnt kontinuierlich
Möglichkeiten und einem deutlich wandelnden                 Um­satzanteile und erhöht damit den Wettbe-
Käuferverhalten ergeben sich nachdrückliche                 werbsdruck auf die stationären Händler. Die
Veränderungen für den Einzelhandel.                         dominierende Position des stationären Ein-

Entwicklung der B2C E-Commerce-Umsätze
(2004–2017)

50,0
          in Mrd. Euro

45,0

40,0

35,0

30,0

25,0

20,0

15,0

10,0

    5,0

    0,0
          2004   2005    2006   2007   2008   2009   2010     2011     2012     2013     2014   2015   2016       2017

                                                                     2017 Prognosewert                        Schaubild 12
                                                                                                              Quelle: HDE

                                                            15
                                                    Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Umsätze nach Vertriebswegen im Einzelhandel
(2001–2017)

460
      in Mrd. Euro

440

420

400

380

360

340

320

300
      2001           2003     2005     2007         2009      2011        2013            2015       2017

         stationärer Handel                                           2017 Prognosewert          Schaubild 13
                                                                                                 Quelle: HDE

zelhandels bei den Umsätzen wird langfristig          Die Nutzung digitaler Medien zur Verbreitung
aber nicht durch den E-Commerce gefährdet             von Informationen zum Sortiment oder zu
(vgl. Schaubild 13). Dies ist vor allem darin be-     einzelnen Produkten stellen einen Einstieg in
gründet, dass der stationäre Handel dem Kun-          die Digitalisierung dar. Auf der anderen Seite
den die Möglichkeit gibt, die Ware zu erfah-          eröffnen ehemals reine Internethändler zuneh-
ren. Das kann der Onlinehandel nicht leisten.         mend in den 1a-Lagen Ladengeschäfte, um den
Zudem legen Kunden vermehrt hohen Wert                Kunden die gewünschte Erlebnisqualität bieten
auf die Vermittlung eines Einkaufserlebnis-           zu können und die Ware „erfahrbar“ zu ma-
ses. Diese Erlebnisqualität kann E-Commerce           chen. Dabei ist die Bevorratung der Ware im
ebenfalls nicht bieten. Andererseits punkten          Ladenlokal nicht notwendig, da die Zustellung
Online-Shops mit jederzeitiger Verfügbarkeit,         der Ware auch mit der bereits vorhandenen Lo-
einer hohen Informationsdichte und einem Lie-         gistikkette erfolgen kann.
ferservice direkt zu den Kunden.
                                                      Die Digitalisierung löst im Einzelhandel aber
Die Verknüpfung der Vorteile der beiden Han-          nicht nur einen bloßen Strategiewechsel aus,
delsformate führt zu neuen Vertriebsstrategien,       es handelt sich vielmehr um einen Paradig-
die von immer mehr Marktteilnehmern adap-             menwechsel (vgl. Schaubild 14). Beginnend in
tiert werden: Multi-, Cross- und Omnichannel-         den 1970er-Jahren wurden Handelsformate
Vetrieb. Im Fall von Multichannel-Vertrieb            präferiert, die weniger personalintensiv wa-
werden mehrere ausgewählte Vertriebswege ge-          ren, dafür aber einen vergleichsweise hohen
nutzt. Diese bleiben aber kaufmännisch, orga-         Flächenbedarf aufwiesen. Fachpersonal wurde
nisatorisch und logistisch getrennt. Werden die       dabei durch Aushilfen ersetzt und die Selbst-
Vertriebskanäle auf dieser Ebene miteinander          bedienung des Kunden gehörte ebenfalls zum
verknüpft, wird aus dem Multi- der Crosschan-         Konzept. Der Kunde selbst erwartete keine
nel-Vertrieb. Von Omnichannel-Einzelhandel            fachliche Beratung mehr. Ein entsprechendes
wird gesprochen, wenn alle zur Verfügung ste-         Flächenwachstum im Einzelhandel war die
henden Informations- und Vertriebswege ge-            Folge, das zu einer entsprechend sinkenden
nutzt werden, um mit den Kunden in Kontakt            Flächenproduktivität führte.
zu treten.
                                                      Seit einigen Jahren ist das starke Flächenwachs-
Der stationäre Einzelhandel nutzt vermehrt            tum im deutschen Einzelhandel vorbei. Die
Multi- oder Crosschannel-Strategien, um sei-          Verkaufsflächen wachsen moderat, während
ne Wettbewerbsposition zu erhalten und an             die Umsätze überproportional zunehmen. Ein
der Entwicklung im E-Commerce teilzuhaben.            Anstieg der Flächenproduktivität war die Fol-

16
                                                   Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Paradigmenwechsel im Einzelhandel

                                                   Substitution Fläche durch Information

        1970                                       2010                       2020         Zeit

      Substitution Personal durch Fläche

                                                                                                Schaubild 14
                                                                                           Quelle: elaboratum

ge (vgl. Schaubild 5). Auf den Verkaufsflächen       und Ambiente an, was die Verweildauer und
findet eine zunehmend aufwendigere Waren-            Zufriedenheit der Kunden erhöht. Zudem wer-
präsentation statt. Vermehrt werden Produkt-         den so ideale Bedingungen für Spontankäufe
informationen dem Kunden online zur Ver-             geschaffen, die es in Online-Shops selten gibt.
fügung gestellt. An die Verkaufsflächen selbst
werden andere Anforderungen gestellt.                Der Strukturwandel im deutschen Einzelhan-
                                                     del schlägt sich in einem geänderten Anforde-
Neben der technologischen Entwicklung ist die        rungsprofil an Einzelhandelsimmobilien nie-
Veränderung der Kundenpräferenzen in Bezug           der, die im Folgenden näher betrachtet werden.
auf die Dienstleistung des Einzelhandels ein
wesentlicher Faktor für den Strukturwandel.
Der Kunde nutzt die neuen Technologien be-           2.3 Neue Anforderungen an
ruflich und privat und erkennt deren Nutzen.             Einzelhandelsimmobilien
Somit wird auch vom Einzelhandel erwartet,
jederzeit erreichbar zu sein. Zudem wünscht          Die neuen Anforderungen betreffen vor allem
der Kunde im Zuge der Individualisierung der         zwei Bereiche: Den Standort des Ladenlokals
Gesellschaft eine auf ihn und seine Bedürfnis-       und die Geschäftsfläche selbst.
se abgestimmte Ansprache und Informations-
aufbereitung. Dies kann der stationäre Handel        Der wesentliche Erfolgsfaktor für eine Einzel-
ohne den Einsatz von Informations- und Kom-          handelsimmobilie bleibt deren Lage. Da diese
munikationstechnologien nicht leisten. Durch         im Nachhinein nicht mehr verändert werden
mit dem Smartphone im Ladengeschäft abruf-           kann, ist diese sowohl für die Einzelhändler als
bare oder in Datenbrillen eingeblendete indi-        auch für Projektentwickler bei Neuentwick-
vidualisierte Produktinformationen kann der          lungen oder umfangreichen Refurbishments
Kunde direkt angesprochen werden. Aktuell            von herausragender Bedeutung. Eine gute
verursacht die hierfür erforderliche Technolo-       Lage zeichnet sich dabei durch eine hohe Kun-
gie allerdings noch so hohe Kosten, dass deren       defrequenz, eine hohe einzelhandelsrelevante
Verbreitung begrenzt ist.                            Kaufkraft, gute Zentralität und ein qualitativ
                                                     hochwertiges Ambiente für das Einkaufserleb-
Im Gegensatz dazu ist der stationäre Handel an       nis aus.
geeigneten Standorten in der Lage, die ebenfalls
gewünschte Erlebnisqualität des Einkaufs si-         Die Digitalisierung wird daher in den 1a-
cherzustellen. Klassische Innstadtlagen bieten       Lagen der Big-7-Städte sowie in Großstädten
neben dem Einzelhandel Gastronomie, Kultur           mit hoher Zentralität den Wettbewerb um die

                                                     17
                                                   Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

nur begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen        Auch eine Immobilie in guter Lage ist für den
auf hohem Niveau halten. Onlinehändler auf          Einzelhandel nur bedingt attraktiv, wenn sie
der Suche nach repräsentativen Ladenlokalen         die Anforderungen der Handelsunternehmen
präferieren neben Markenartiklern des geho-         an ihre Ladenlokale nicht erfüllen kann. Ge-
benen Segments und internationalen Filialisten      rade diese Anforderungen erfahren durch die
diese Standorte. Dabei werden sie bereit sein,      Digitalisierung einen erheblichen Wandel. Bei
die relativ hohen Mietkosten zu tragen. Der         Objekten in gleicher Lage wird damit die Ge-
wirtschaftliche Erfolg der einzelnen Immobi-        bäudebeschaffenheit ein wettbewerbskritischer
lie hängt aber auch an diesen Standorten davon      Faktor.
ab, ob die Verkaufsflächen den weiter unten
beschriebenen gewandelten Anforderungen ge-         An dritter Stelle folgt aber bereits die Flexibi-
nügen. Ist dies nicht der Fall, wird die zukünf-    lität der Verkaufsfläche, gefolgt von der Funk-
tige Vermarktung dieser Objekte schwierig.          tionalität der Immobilie. Beides Kriterien, die
Dies gilt ebenso für Objekte in den Randlagen       durch die Digitalisierung wesentlich beein-
der Top-Standorte. Daher wird sich der Ein-         flusst werden.
zelhandel in den Zentren konzentrieren, dies
gilt umso mehr, wenn die Zentren durch den          Gerade hinsichtlich des Flächenbedarfs bringt
Öffentlichen Personennahverkehr gut erreich-        die Digitalisierung Veränderungen mit sich. Da
bar sind.                                           nicht mehr alle Waren in einem an das Ladenlo-
                                                    kal angeschlossenen Lager vorgehalten werden
In den Großstädten können von der Digitalisie-      müssen, entfällt der Bedarf an diesen Flächen.
rung die Innenstadtlagen im Gegensatz zu den        Aus den weniger benötigten Lager- und Ne-
Randlagen profitieren. Entscheidend hierfür         benflächen, zumeist im hinteren Ladenbereich,
ist, dass sie eine hohe Zentralität aufweisen. In   lassen sich nur mit einigem Aufwand Verkaufs-
Kombination mit einer hohen Aufenthaltsqua-         flächen machen. Wie das Zoning-Modell zeigt,
lität kann der Einzelhandel an diesen Standor-      nehmen mit zunehmender Entfernung von der
ten Cross- oder Omnichannel-Strategien nut-         Straßenfront die Umsätze ab. Da dies zumeist
zen, um viele Kunden anzusprechen.                  auf die Nebenflächen zutrifft, lassen sich nur
                                                    geringe Umsatzzuwächse realisieren. Somit ist
Städte ohne diese Versorgungsfunktion oder          die Wirtschaftlichkeit der Umwandlung gege-
mit strukturschwachen Innenstädten werden           benenfalls nicht gegeben. In Zukunft werden
neben Kommunen in den sogenannten „Speck-           somit eher kleinere, flexible Ladenkonzepte
gürteln“ der Metropolen die Verlierer der Di-       gefragt sein.
gitalisierung des Einzelhandels sein. Hier liegt
der Fokus der Akteure eher auf Anpassungen          Neben dem Shop-Design wird die technische
an eine sinkende Nachfrage mit dem entspre-         Ausstattung der Immobilien im Zuge der Digi-
chenden Rückbau von Verkaufsflächen. Dieser         talisierung ein wichtiger Faktor. Ist die Kabel-
Prozess wird durch die Möglichkeiten der Di-        führung in vielen derzeitigen Ladengeschäften
gitalisierung noch beschleunigt werden.             in einer Zwischendecke, wird sie in Zukunft
                                                    mehr und mehr in die Böden integriert wer-
Nach dem Standort einer Immobilie ist für           den. In speziellen Kanalsystemen können vor
Einzelhändler das äußere Erscheinungsbild ein       allem Netzwerkkabel und Elektroinstallatio-
wesentliches Kriterium bei der Auswahl eines        nen flexibel an jeden Ort verlegt werden. Dies
Objektes. Die Anforderungen werden durch            ermöglicht beispielsweise die variable Positio-
die Digitalisierung kaum beeinflusst. Andere        nierung von Self-Service-Terminals, an denen
Einflussfaktoren auf das äußere Baudesign sind      die Kunden selbst ihre Waren einscannen und
maßgeblich, wie z. B. der Wunsch, durch die         bezahlen. Zudem können so im Verkaufsraum
Fassade und den Eingangsbereich die Marken-         verteilt Zugangspunkte gelegt werden, um ent-
botschaft zu transportieren.                        weder WLAN mit ausreichender Kapazität
                                                    verfügbar zu machen oder Infoterminals und
                                                    Barcodescanner ins Netzwerk zu integrieren.
                                                    Die WLAN-Versorgung spielt beim Einsatz
                                                    von Geräten für Virtual und Augmented Rea-
                                                    lity eine große Rolle, da diese mit Hilfe dieser
                                                    Technologie ihre Datenkommunikation abwi-
                                                    ckeln. Die Netzwerke müssen insgesamt in der
                                                    Lage sein, große Datenmengen schnell zu über-
                                                    tragen, ohne die eine Echtzeitversorgung der
                                                    Kunden mit Informationen nicht möglich ist.

18
                                                 Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Aus bautechnischer Sicht führt die Digitalisie-
rung zu keinen wesentlichen Änderungen. Die
Stützenfreiheit ist noch immer das wesentliche
Kriterium in diesem Bereich, wird doch hier-
mit wiederum die Flexibilität der Flächen gesi-
chert. Allerdings ist beim Baukörper darauf zu
achten, dass er Mobilfunkübertragungen nicht
behindert. Im Gebäude wäre es andernfalls
nicht möglich, die Kunden mit Information auf
ihren Smartphones zu versorgen.

Damit beeinflusst die Digitalisierung zum
einen die Standortanforderungen an Einzel-
handelsimmobilien und zum anderen deren
Ausstattungsprofil. Die richtige Immobilie am
richtigen Standort bleibt aber auch im digita-
len Zeitalter Grundvoraussetzung für deren
erfolgreiche Vermarktung.

                                                  19
                                                 Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Handelsimmobilien-Investmentmarkt:                  boomt die deutsche Wirtschaft – mit einem
Perspektiven im Lichte der zunehmenden              sich auf Höchstniveau bewegenden Ifo-Index
Online-Bedeutung                                    – und verbessert sich die Arbeitsmarktlage
                                                    Monat für Monat mit säkular deutlich steigen-
Olaf Petersen,                                      der Beschäftigung bzw. abnehmender Arbeits-
COMFORT Research & Consulting                       losigkeit.

                                                    In einem solchen spezifischen Umfeld ist es sehr
                                                    lohnend sich mit Anlagen in deutschen Gewer-
                                                    beimmobilien zu befassen und dies tun jenseits
                                                    der naheliegenden Investoren hierzulande und
                                                    im Euro-Raum immer stärker auch internatio-
                                                    nale Player mit globalem Hintergrund. Diese
I.	Hausse am Markt für                             Entwicklungen stimulieren kräftig Nachfra-
    Gewerbeimmobilien                               ge, Transaktionen und Kaufpreise. So ist das
                                                    Transaktionsvolumen für Gewerbeimmobi-
                                                    lien in Deutschland seit dem Krisenjahr 2009
Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt be-             sukzessive deutlich gewachsen. Bis auf einen
findet sich aktuell in einer außerordentlichen      Höchstwert von rd. 55 Mrd. Euro in 2015, der
Gemengelage. Mit Blick auf eine starke gesamt-      dann in 2016 nicht mehr ganz, aber weitgehend
wirtschaftliche Performance 8–9 Jahre nach          gehalten werden konnte. Im laufenden Jahr
der Finanzkrise müssten die Zinsen sich eigent-     könnte der Zyklus-Spitzenwert sogar durchaus
lich auf einem relativ hohen oder zumindest         wieder übertroffen bzw. sollte zumindest ein
Normal­niveau bewegen. Sie befinden sich aber –     Niveau von 50 Mrd. Euro plus erreicht werden.
EZB-Chef Draghi sei Dank – im Kontext der           Dies entscheidet sich primär an der Verfüg-
besonderen ‚Bekämpfung‘ einer vermeintli-           barkeit adäquater Assets, die Nachfrage stellt
chen Deflation und im Geleitzug der Eurozone        gegenwärtig keinerlei Engpassfaktor dar. Es
zur Stabilisierung südeuropäischer Länder auf       herrscht enormer Anlagedruck mit der Folge
einem historisch niedrigen Niveau. Klassische       dass jenseits der CORE-Assets als ‚Klassiker‘
Wertpapieranlagen fallen zur Wertsicherung          in diesen engen Märkten auch andere Produkte
hierzulande weitgehend aus. Demgegenüber            zunehmend in den Fokus kommen.

Transaktionsvolumen Gewerbeimmobilien 2008–2017
60
        Mrd. Euro
55

50

45

40

35

30

25

20

15

10

    5

    0
          2008      2009   2010   2011     2012        2013          2014          2015          2016          1. Hj.
                                                                                                               2017

                                                  Quelle: COMFORT Research & Consulting, diverse Immobilien-Marktberichte

20
                                                    Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Transaktionsvolumen Handelsimmobilien 2008–2017
    20
         Mrd. Euro

    18

    16

    14

    12

    10

     8

     6

     4

     2

     0
          2008       2009   2010    2011     2012        2013          2014          2015          2016        1.Halbj.
                                                                                                                 2017

                                                    Quelle: COMFORT Research & Consulting, diverse Immobilien-Marktberichte

II.	Handelsimmobilien                                gewordenen Kreis von Städten jenseits der
                                                      A-Städte. Auch kommen verstärkt CORE+
     mischen vorne mit, andere                        und Value Add-Produkte in den Ankauf und
                                                      die Prüfung und im Zuge dieser Entwicklun-
     aber zunehmend auch                              gen werden auch Projektentwicklungen immer
                                                      interessanter. Diese Trends sind Ausdruck der
Die Entwicklung im Handelsimmobiliensektor            geringen Opportunitäten wie auch Renditen,
der letzten Jahre und jüngeren Vergangenheit          denn die Investoren versuchen auf diese Weise
folgt in großen Zügen den allgemeinen Ge-             die gegebenen Markt-Friktionen zu überwin-
werbeimmobilientrends, weist allerdings auch          den. Auf der anderen Seite nehmen seitens der
diverse Spezifika auf. Nach dem Krisenjahr            Verkäufer die Aktivitäten deutlich zu, Immobi-
2009 ist das Transaktionsvolumen für Han-             len-Portfolios ‚zu schnüren‘ und zu veräußern.
delsimmobilien über die Jahre ganz erheblich
angestiegen. Waren es seinerzeit lediglich gut        Angesichts der außerordentlichen Überschuss­
3 Mrd. Euro p.a. wurde mit steigender Tendenz         nachfrage befinden sich die Handelsimmobi-
zwischen 2010 – 2014 jeweils ein Niveau von           lien-Renditen auf den Märkten assetklassen-
zwischen 5 und gut 10 Mrd. Euro p.a. erzielt. In      übergreifend aktuell auf einem Alltime-Low.
2015 gab es dann einen regelrechten Sprung auf        Die klassischen Core-Assets der 1A-Geschäfts-
gut 18 Mrd. Euro mit einem Rückgang auf rund          häuser und gute Shopping-Center markieren
13 Mrd. Euro in 2016, der wie allgemein im Ge-        dabei weiterhin das untere Ende im Renditen-
werbesektor auch hier klar auf einen ‚Mangel‘         gefüge, als Ausdruck der in der Vergangenheit
an verfügbaren Produkten zurückzuführen               erwiesenen Nachhaltigkeit dieser Lagen und
war. Die Nachfrage drängt breit gefächert von         Objekte. Während in den TOP-Städten die
verschiedensten Investorengruppen (Fonds,             Renditen jüngst noch weiter ‚abgebröckelt‘
Pensionskassen, Versicherungen, Family Of-            sind, war dies in den Mittelstädten nicht mehr
fices u. a.) in den Markt und übersteigt bei wei-     weiter feszustellen.
tem das Angebot, was entsprechenden Druck
Richtung steigender Kaufpreise bzw. sinkender         Mit dem Blick ‚nach vorne‘ ist aber zu be-
Renditen ausübt.                                      rücksichtigen, dass die Phase der andauernden
                                                      Yield-Compression nunmehr langsam dem
In diesem Szenario erweitern viele Investoren         Ende zuzugehen scheint; in jedem Fall rückt
ihren Anlagefokus auf einen deutlich größer           am Horizont die ‚Zinswende‘ immer näher.

                                                      21
                                                                             Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Fachmarkt / Supermarkt
                 7,0 7,0 7,0 7,5 8,0 8,0 8,0 7,5 7,5 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 7,0 6,8 6,5 6,5 6,5 6,5 6,5 6,4 6,3 6,3 6,2 6,1 5,9 5,8
Entwicklung der Spitzenrenditen von Handelsimmobilien
       9

       8

       7
in %
       6

       5

       4

       3
           Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2
               2008        2009          2010           2011           2012           2013            2014            2015           2016       2017

             Kauf- / Geschäftshäuser*          Shopping-Center (A-Standorte)              Fachmarktzentrum
                                               Shopping-Center (B-Standorte)              Fachmarkt / Supermarkt

           * Durchschnittliche Nettoanfangsrendite in den TOP 7

                                                                              Quelle: COMFORT Research & Consulting, diverse Immobilien-Marktberichte

Bezogen auf die absoluten Volumina nach                                        lung der Transaktionen durchaus eine Rolle
großen Retail-Assetklassen stellt sich das Bild                                (siehe unten).
über die vergangenen Jahre recht uneinheit-
lich dar. In den letzten Jahren haben jenseits                                 Ganz generell nehmen die Handelsimmobili-
der o.g. ‚Klassiker‘ die übrigen Retailobjekte                                 en unter den Gewerbeimmobiliensektoren1 in
in den Bereichen Fachmärkte, Fachmarktzen-                                     der Regel den Rang 2 ein. Investor’s Darling
tren, Supermärkte und Discounter tendenzi-                                     und traditionelle Nr. 1 ist die Büroimmobilie,
ell an Bedeutung gewonnen. Dies ist auch im                                    die seit 2012 immer vor den Handelsimmobili-
Zusammenhang mit der zunehmenden Anzahl                                        en gelegen hatte. Die anderen Spezial-Gewer-
von Portfolio-Deals zu sehen, denn gerade in                                   beimmobilienarten oder auch Entwicklungs-
diesen kleinteiligeren Segmenten sind derarti-                                 grundstücke spielten dagegen in der Regel eine
ge Aktivitäten typischerweise sehr ausgeprägt.
Aber auch das Thema E-Commerce und Miet-                                       1	
                                                                                 Der   gewerbliche Wohn-Immobiliensektor ist hier ge-
entwicklung spielt bei der Strukturentwick-                                        mäß gängiger Praxis komplett unberücksichtigt.

Transaktionsvolumen innerhalb der Asset-Klasse Handelsimmobilien 2008–2017
 8,00
             Mrd. Euro
 7,00

 6,00

 5,00

 4,00

 3,00

 2,00

 1,00

 0,00
              2008         2009         2010          2011          2012          2013           2014          2015           2016       1. Hj. 2017

              Kauf- / Geschäftshäuser              Shopping Center                   Fachmärkte, Fachmarktzentren, Discounter, Supermärkte

                                                                              Quelle: COMFORT Research & Consulting, diverse Immobilien-Marktberichte

22
                                                                 Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte

Transaktionsvolumen Einzelhandel, Büro und Logistik im Vergleich
25
        Mrd. EUR

        2008       2009    2010     2011          2012     2013        2014        2015        2016 1. Hj. 2017
        4,30       1,00    2,74     3,48          3,31     4,22        2,87        7,37        4,13        2,00
        1,20       1,10    3,44     4,67          2,60     1,92        2,40        5,34        2,21        1,50
20

15

10

    5

    0
        2008        2009     2010          2011          2012         2013          2014           2015           2016        1.Halbj.
                                                                                                                               2017
         Einzelhandel                  Büro                             Logistik

                                                                  Quelle: COMFORT Research & Consulting, diverse Immobilien-Marktberichte

klar untergeordnete Rolle. Jedoch erscheint                        schwung, der zunehmend auch vom privaten
in dieser Form, die Marktaufteilung zuneh-                         Konsum getragen wird. Hiervon profitiert
mend der Vergangenheit anzugehören: andere                         auch der deutsche Einzelhandel signifikant.
Spezial-Immobilien gewinnen an Bedeutung                           Bezüglich der strukturellen Entwicklung ist
bzw. legen an Volumen zu. Nach einem Jah-                          aber zu berücksichtigen, dass sich ein Groß-
resergebnis von rd. 4,5 Mrd. Euro in 2016 er-                      teil des Umsatzwachstums allerdings nicht
reichten die Transaktionen für Logistikobjekte                     mehr im klassischen stationären Einzelhandel,
im 1. Halbjahr 2017 rund 5,5 Mrd. Euro und                         sondern im Online-Einzelhandel abspielt. Für
bewegten sich damit aktuell ‚auf Augenhöhe‘                        2016 ermittelte der HDE einen Gesamtumsatz
mit den Handelsimmobilien. Und auch die Ho-                        des deutschen E-Commerces in einer Größen-
telimmobilien legen säkular an Bedeutung zu.                       ordnung von rd. 44 Mrd. Euro (+ rd. 11 %)
So wurde in 2016 ein absolutes Rekord-Trans-                       und erwartet das gleiche prozentuale Wachs-
aktionsergebnis von rd. 5 Mrd. Euro erreicht,                      tum auch für 2017. Dessen ungeachtet sind aber
und auch für 2017 – nach einem etwas schwä-                        auch die stationären Einzelhandelsumsätze in
cheren ersten Halbjahr – erscheint ein Ergebnis                    2016 weiter gewachsen bzw. sollen auch in 2017
in dieser Größenordnung wieder ‚drin‘ zu sein.                     weiter steigen.

                                                                   Um die aktuellen Größenverhältnisse aber
                                                                   einmal zurecht zu rücken: Trotz des stürmi-
                                                                   schen Wachstums des E-Commerces beträgt
III.	Wie wirken der Online-Handel                                 sein Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz
      & Co. auf das Segment der                                    immer noch aktuell erst rd. 10 %. Mit anderen
                                                                   Worten: der stationäre Einzelhandel steht noch
      Handelsimmobilien?                                           immer für 9 von 10 Umsatz-Euro im Einzel-
                                                                   handel. Hierbei ist allerdings zu berücksichti-
Auf den ersten Blick scheinen die Rahmenbe-                        gen, dass mit diesen Gesamtzahlen ja alle Sor-
dingungen überaus günstig: seit 2009 befindet                      timente abgebildet werden. Nimmt man allein
sich die deutsche Wirtschaft in einem Auf-                         den schwergewichtigen periodischen Bedarfs-

                                                                   23
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