Schule wirksam unterstützen - Dr. Andreas Jantowski (Hrsg.) - Thüringer Schulportal

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Dr. Andreas Jantowski (Hrsg.)

Schule wirksam unterstützen
Inhaltsverzeichnis
Die Reihe »Diskurs« wird vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien verlegt, sie
stellt jedoch keine verbindliche, amtliche Verlautbarung des für Bildung zuständigen Ministeriums dar. Die verwen-
deten Personenbezeichnungen verstehen sich geschlechterneutral.

Dem Freistaat Thüringen, vertreten durch das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Me-
dien, sind alle Rechte der Veröffentlichung, Verbreitung, Übersetzung und auch die Einspeicherung und Ausgabe in
Datenbanken vorbehalten. Die Herstellung von Kopien und Auszügen zur Verwendung an Thüringer Bildungseinrich-
tungen, insbesondere für Unterrichtszwecke, ist gestattet.

Diese Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanent-     Vorwort des Herausgebers����������������������������������������������������������� 5
wicklung und Medien dar. Für die inhaltlichen Aussagen tragen die Autoren die Verantwortung.

                                                                                                                     Andrea Bethge
                                                                                                                     Neue Herausforderungen – neue Unterstützungen? –
                                                                                                                     Ein Unterstützungsprogramm des ThILLM zum Umgang mit Heterogenität ...................... 9

                                                                                                                     Heike Scheika
                                                                                                                     „Schuladoption“ – ein partnerschaftliches Seminar- und
                                                                                                                     Schulentwicklungsprojekt zur Förderung von Medienkompetenz.................................. 19

                                                                                                                     Sandra Tänzer, Gerd Mannhaupt, Marcus Berger, Marc Godau,
                                                                                                                     Mei-Ling Liu, Hendrikje Schulze und Cindy Winkelmann
                                                                                                                     Was wirkt wirklich? Wie das Lernen in der Hochschullernwerkstatt
                                                                                                                     zur Professionalisierung angehender Lehrkräfte beiträgt ............................................. 31

                                                                                                                     Simon Meyer, Ramona Obermeier, Doris Zauner, Stefan Zauner & Michaela Gläser-Zikuda
                                                                                                                     Zur Bedeutung von Trainingsprogrammen für die Förderung der
                                                                                                                     Selbstwirksamkeit von Lehrkräften – das Beispiel KlasseTeam .................................... 50

                                                                                                                     Jana Rauch
                                                                                                                     Wie kann die Entwicklung der Berufswahlkompetenz während der Schulzeit
                                                                                                                     nutzbringender gestaltet werden?................................................................................ 64

                                                                                                                     Friederike Heller, Anne Schrön
                                                                                                                     Schulabbruch verhindern – Schulerfolg sichern! Ein Bericht über die
                                                                                                                     Unterstützung von Thüringer Schulen in herausfordernden Lagen................................. 73

                                                                                                                     Katrin Zwolinski und Kathrin Köllner
ISSN 0944-8675
                                                                                                                     Auf den Anfang kommt es an. Von der Notwendigkeit und der Gestaltung
Bad Berka 2021                                                                                                       wirksamer Fortbildungen im Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung............ 83
1. Auflage
© Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM)                                  Katrin Nowaczyk
Heinrich-Heine-Allee 2–4, 99438 Bad Berka
E-Mail: institut@thillm.de
                                                                                                                     Deutsch als Zweitsprache und Sprachbildung: Beratung, Fortbildung
URL: www.thillm.de                                                                                                   und Begleitung zur Schul- und Unterrichtsentwicklung................................................. 92

                                                                                                                     Kerstin Baumgart
Redaktion: Rigobert Möllers
Herstellung: Faszination Media+Event GmbH
                                                                                                                     Thüringer Schulen wirksam unterstützen – das Unterstützungssystem (USYS) für
Titelbild: AdobeStock                                                                                                zentral regionalisierte und bedarfsorientierte Fach- und Schulentwicklungsberatung...... 98
Vorwort

Der vorliegende Band aus der Thillm-Publi-      den für Schulentwicklung angeboten wird.
kationsreihe „Diskurs“ geht der zentralen       Dabei muss die Unterstützung von Schulen
Frage nach, wie und vor allem durch welche      bereits mit der ersten Phase der Lehrerbil-
Faktoren es gelingen kann, die Institution      dung, der universitären Ausbildung, begin-
und Organisation Schule sowie die in ihr        nen, da hier der Grundstein für das profes-
Tätigen so zu unterstützen, dass das ge-        sionelle Handeln zukünftiger Pädagogen an
meinsame Anliegen, schulische Lehr-Lern-        den Schulen gelegt wird. Es muss sich in der
Prozesse noch besser zu gestalten, optimal      zweiten Phase der Lehrerbildung, an den
umgesetzt werden kann. Jede Intervention,       staatlichen Studienseminaren, fortsetzen,
zu der unterstützende Maßnahmen gehö-           um hier weitere innovative Professionalisie-
ren, verfolgt letztlich das Ziel, das Lernen    rungsprozesse zu initiieren und die beruf-
der Schüler*innen optimal zu ermöglichen        liche Ausbildung zunächst abzuschließen.
und zu begleiten, die schulischen Lernerfol-    Hervorragend qualifiziertes, innovatives
ge zu verbessern und Schulen auf den Um-        pädagogisches Personal kann dabei als ein
gang mit den alltäglichen, aber auch neuen      entscheidender Schlüssel für gute Schule
Herausforderungen vorzubereiten bzw. ih-        bezeichnet werden. Fortgesetzt werden die
nen bei ihrer Bewältigung Hilfestellungen       hier angelegten beruflichen Entwicklungs-
und Anregungen zu geben.                        prozesse durch die berufsbegleitende Fort-
Wenn hier von Unterstützung die Rede ist,       und Weiterbildung von Pädagog*innen, die
so wird dieser Begriff in einem sehr weiten     dann in der dritten Phase der Lehrerbildung
Sinne gebraucht. Klassisch werden Schulen       am ThILLM einsetzt und die gesamte Zeit im
in der Trias von Personal-, Organisations-      Beruf andauert.
und Unterrichtsentwicklung unterstützt.         Einer großen Auswahl der hier angesproche-
Dies vollzieht sich im Hinblick auf die Per-    nen Themenfelder will der vorliegende Band
sonalentwicklung z.B. durch Professionali-      nachgehen und sowohl die enge Verschrän-
sierung des pädagogischen Personals durch       kung aller drei Phasen der Lehrerbildung
Aus-, Fort- und Weiterbildungen. In Bezug       durch das Vorstellen geeigneter Projekte
auf die Organisationsentwicklung können         aufzeigen sowie vorstellen, wie Schulen in
Schulen durch Vernetzung und Strukturbe-        besonderen Situationen begleitet und un-
ratung unterstützt werden. Hinsichtlich der     terstützt werden können.
Unterrichtsentwicklung ist beispielsweise       Den Auftakt bildet der Beitrag von Andrea
an die Fachberatung durch das Unterstüt-        Bethge, die der aktuellen Frage nachgeht,
zungssystem in Thüringen, aber auch an          wie der Unterricht den zunehmenden Grad
vielfältige Begleitung von Unterrichtsprojek-   an Heterogenität in der Schule wirksam
ten zu denken, die häufig von den Beraten-      aufgreift und sich dadurch weiter ausdiffe-

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renziert. Ausgehend von der provokanten         werden kann, dass nachhaltige, innovative       in Deutschland und ihrer zentralen Befund-       Thematik der Sprachbildung, aber auch der
Frage, ob sich Schule wirklich verändert hat,   Entwicklungsprozesse angeregt und gelin-        lage, dass die Schule in der Bundesrepu-         Rolle von „Deutsch als Zweitsprache“ geht
werden Verunsicherungen seitens der Lehr-       gende Professionalisierungsprozesse ini-        blik noch immer stark selektiv wirkt zeigt       Katrin Nowaczyk in ihrem Beitrag auf der
personen aufgezeigt, die oftmals mit schu-      tiiert werden können. Eine zentrale Bedeu-      Möglichkeiten auf, erfolgreiches Lernen zu       Basis empirischer Befunde zur Rolle von
lischen Veränderungsprozessen einherge-         tung nimmt im Artikel die Rolle des Lernens     ermöglichen. Die Autorinnen stellen Maß-         Sprachkompetenz für das schulische Lernen
hen und wie man diesen Verunsicherungen         in Hochschullernwerkstätten ein. Durch die      nahmen an Schulen vor, die hinsichtlich          nach. Es gelingt der Autorin aufzuzeigen,
durch Professionalisierung begegnen kann.       kritische Diskussion der empirischen Daten,     zentraler Parameter besonderer Unterstüt-        wie Fortbildungen hier wirksam unterstützen
Von der These ausgehend, dass Professio-        die zu dieser Form hochschulischen Lernens      zung bedürfen und geben in der sich an-          können und welche thematischen Aspek-
nalisierung eine der besten Entlastungen        vorliegen, gelingt es den Autoren nicht nur     schließenden Reflexion Raum für Diskussio-       te hierbei von zentraler Bedeutung für die
im Lehrberuf ist, werden ausgewählte As-        zu zeigen, was wirklich wirkt, sondern auch     nen, etwa über die Bedeutung „Praktischen        Professionalisierung von Pädagog*innen in
pekte des entsprechenden Unterstützungs-        Anregungen zu geben für die weitere Ausge-      Lernens“ oder die Rolle des gemischten Be-       diesem Bereich sind.
programms des ThILLM zum Umgang mit             staltung der Professionalisierungsprozesse.     raterteams.                                      Der vorliegende Band wird geschlossen
Heterogenität in der Schule dargestellt und     Befunde und ein weiteres Projekt der ersten     Dass Bildungsprozesse nicht erst mit dem         durch einen Beitrag von Kerstin Baumgart,
empirisch diskutiert. Die These der Autorin,    Phase der Lehrerbildung stellt auch der sich    schulischen Lernen einsetzen, zeigen Katrin      der sich der Frage widmet, welche Struktu-
dass durch die Verstetigung von Lerngrup-       anschließende Beitrag von Simon Meyer           Zwolinski und Kathrin Köllner in ihrem Bei-      ren es braucht, um Schulen durch ein geeig-
pen auch über die eigentliche Fortbildung       und Kolleg*innen vor. Ausgehend von der         trag auf. Dabei ist es den Autorinnen ein be-    netes System von Fach- und Schulentwick-
hinaus neue Ressourcen der täglichen Ar-        alltäglichen Belastungssituation von Lehr-      sonderes Anliegen darzustellen, dass und         lungsberatung wirksam zu unterstützen.
beit entstehen können, lädt hinsichtlich ih-    personen, die anhand eines Überblicks           warum es besonders auf den frühkindlichen        Dabei werden sowohl das Thüringer Unter-
rer Realisierungsmöglichkeiten zur Diskussi-    zum gegenwärtigen Forschungsstand hierzu        Bildungsbereich ankommt, wenn Entwick-           stützungssystem als zentrale Beratungs-
on ein.                                         skizziert wird, gelingt es den Autoren hieran   lungsprozesse nachhaltig und langfristig         und Professionalisierungsstelle in der drit-
Das Thema Vernetzung zwischen den einzel-       anknüpfend zu zeigen, wie ein Trainingspro-     angelegt und angeregt werden sollen. Auf-        ten Phase der Lehrerbildung vorgestellt als
nen Phasen der Lehrerbildung, aber auch         gramm für Lehrpersonen „Klasse Team“ zur        bauend auf zentralen Aussagen des Thürin-        auch Maßnahmen der Qualitätssicherung
zwischen einzelnen Institutionen greift der     Förderung der Selbstwirksamkeit als Res-        ger Bildungsplans bis 18 Jahre entwickeln        und Professionalisierung der Beratenden
Beitrag von Heike Scheika am Beispiel eines     source fungieren und nachhaltig zur Bezie-      die Autorinnen ein Bildungsverständnis,          und Lehrerfortbildner*innen selbst aufge-
Projekts zur Schulentwicklung im Bereich        hungsbildung an Schule und im Unterricht        dass entsprechende Prozesse vom Kind her         zeigt und hinsichtlich ihrer Wirkungen zur
der Medienkompetenzentwicklung auf. Mit         beitragen kann.                                 denkt und zeigen auf, wie Fortbildungen          Diskussion gestellt.
der Idee einer „Schuladoption“ überrascht       Das am ThILLM angesiedelte Referat Agen-        hier ansetzen und wirken können. Die These
die Autorin und stellt mit ihrem Ansatz eines   tur für Bildungsgerechtigkeit und Berufso-      „Fort- und Weiterbildungen fungieren dabei       Wir hoffen, mit dem vorliegenden Band
als partnerschaftlich angelegtes Seminar-       rientierung (ABBO), das in Umsetzung der        als genau die Brücke zwischen Theorie und        nicht nur geeignete und notwendige Diskus-
und Schulentwicklungsprojekts eine Mög-         Schulförderichtlichinie des Europäischen        Praxis und stellen ein wichtiges Instrument      sionen in den Schulen, den Fort- und Ausbil-
lichkeit vor, von der sowohl die Schule als     Sozialfonds seit 2015 beratend tätig ist,       zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssi-        dungsinstitutionen der Lehrerbildung und
auch das Studienseminar in entsprechender       stellt in zwei Beiträgen ihre Erfahrungen       cherung (nicht nur) in den Institutionen früh-   im interessierten Leserkreis anzuregen, son-
Weise profitieren.                              mit Schulen und Trägern vor, die einen Zwi-     kindlicher Bildung dar.“ bietet abschließend     dern auch und vordergründig, dass es uns
Die erste, also die universitäre Phase der      schenstand bis ins Jahr 2019 spiegeln.          breiten Raum für Diskussionen darüber, wie       gelungen sein möge, Wege und Möglichkei-
Lehrerbildung, greift im dritten Artikel        Jana Rauch stellt im ersten der beiden Bei-     wirksam berufsbegleitende Professionali-         ten aufzuzeigen, wie Schulen wirkungsvoll
dieses Bandes die Frage auf, der bereits        träge eingesetzte Test- und Auswahlverfah-      sierungsprozesse auch für pädagogische           und wirksam in und durch alle Phasen der
John Hattie in seiner inzwischen wohlbe-        ren vor, damit die Maßnahmen ihren Nutzen       Fachkräfte im frühkindlichen Bereich und im      Lehrerbildung unterstützt werden können.
kannten großen Studie nachgegangen ist:         für Jugendliche im Berufswahlprozess noch       erzieherischen Themenfeld sind.                  Den Leserinnen wünsche ich anregende,
nämlich welche Interventionen an Schule         besser entfalten können.                        Im Hinblick auf die Entwicklung von Unter-       spannende und erkenntnisreiche Lektüreer-
wirklich wirksam sind. Sandra Tänzer und        Einer hoch relevanten Thematik geht auch        richt wird eine zentrale Forderung in jüngs-     lebnisse.
ihre Kolleg*innen gehen hierbei der Frage       der zweite der beiden Beiträge von Friede-      ten Publikationen immer wieder aufgestellt:
nach, wie die hochschulische Ausbildung         rike Heller und Anne Schrön nach. Vor dem       Wir brauchen dringend einen sprachsensib-
von zukünftigen Lehrpersonen so gestaltet       Hintergrund vorliegender Bildungsstudien        len Fachunterricht und Sprachbildung. Der

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Andrea Bethge
    Neue Herausforderungen – neue Unterstützungen? –
    Ein Unterstützungsprogramm des ThILLM zum Umgang mit
    Heterogenität
                                                                 „In Zeiten raschen Wandels
                                            können Erfahrungen dein schlimmster Feind sein.“
                                                                              Martin Luther King

    Abstract                                       auch keiner erklären, dass es vielleicht viel
    Schule hat sich verändert. Hat sie das         sinnvoller wäre, dass der [Schüler oder Leh-
    wirklich? „Die Schule ist inzwischen so ein    rer] jetzt mal in seiner Klasse bleibt“.
    verletzliches Konstrukt geworden, so hoch-     Diese Äußerung fasst aus Sicht der Auto-
    komplex“, sagte eine Fortbildungsteilneh-      rin zusammen, wie die vielfältigen, sehr
    merin, „wir müssen anders mit ihr und in       unterschiedlichen gesellschaftlichen Her-
    ihr umgehen.“                                  ausforderungen in der Schule kulminieren.
    In dem Beitrag werden die Kerngedanken         Die gemeinsame Unterrichtung von Kindern
    eines Qualifizierungskonzeptes dargestellt,    und Jugendlichen mit und ohne Behinde-
    das Sicherheit und den Ausbau der je eige-     rung bildet dabei nur eine Facette dieser
    nen Professionalität im Umgang mit Viel-       Herausforderungen ab, obgleich die damit
    falt und Heterogenität ermöglicht. Auf der     verbundene Zuweisung von Förderpädago-
    Grundlage der Daten aus der Begleitfor-        gen an die allgemeinen Schulen auch de-
    schung wird dargestellt, wie Lehrkräfte, die   ren Kollegien und deren schulinterne Kom-
    das Programm für sich genutzt haben oder       munikation tendenziell beeinflusst. Bspw.
    noch immer nutzen, dieses beurteilen und       sollen und wollen Lehrkräfte im Team ar-
    wie sie den Mehrwert für die eigene Tätig-     beiten, ohne dass auf evidenzbasierte Kon-
    keit einschätzen.                              zepte verwiesen werden kann.
    Abschließend werden Hypothesen für die         Eine andere Facette der zahlreichen He-
    Fortschreibung und weitere Umsetzung des       rausforderungen stellt die fortwährende
    Programms formuliert.                          Zuwanderung von schulpflichtigen Kindern
                                                   und Jugendlichen dar. Allein der Umstand,
                                                   dass jederzeit im Verlaufe des Schuljahres,
    1 Ausgangslage                                 Schüler*innen mit sehr unterschiedlichen
                                                   Lernvoraussetzungen und Vorkenntnissen,
    „Die Schule ist inzwischen so ein verletz-     insbesondere auch bezogen auf die deut-
    liches Konstrukt geworden, so hochkom-         sche Sprache, neu in eine Klasse kommen
    plex“, sagte eine Fortbildungsteilnehmerin.    können, perturbiert das System Schule.
    Sie sei „wie so ein Kartenhaus, das Gefahr     Aber auch innerhalb des Lehrerkollegiums
    läuft, jeder Zeit zusammenzustürzen [und]      sind Wechsel innerhalb des Schuljahres
    da rennt der von da nach dort [und] es kann    nichts Außergewöhnliches mehr. Krank-

8   9
heit, Lehrermangel, Seiteneinsteiger, ver-    drohlich wahrgenommen, weil man sich           kürzere Taktung von Veränderungen zu          Das Ziel einer wirklich unterstützenden
kürzte Anwärterzeiten tun ihr Übriges.        trotz vielfältiger Reformbestrebungen nicht    reagieren und zu hinterfragen, ob ein ad-     Lehrerfortbildung im Kontext von Hetero-
Darüber hinaus beeinflussen wechselnde        vorstellen kann, Schule und insbesondere       ditives und reaktives Vorgehen, bei dem       genität sollte aus Sicht der Autorin darin
bildungspolitische Schwerpunktsetzungen       die Rollenzuweisung im Unterricht, ganz        für eine neue Herausforderung möglichst       bestehen, die Lehrkräfte in ihrer professio-
das Schulleben, aber auch die Wahrneh-        grundsätzlich anders zu denken. Auch der       schnell ein passendes Fortbildungsange-       nellen Subjektposition (Knauer 2006) so zu
mung von Schule in der Bevölkerung.           sogenannte offene oder schülerzentrierte       bot kreiert wird, ausreichend ist, um die     stärken, dass sie bereit sind oder/und sich
Ferner scheint die Qualitätsoffensive Leh-    Unterricht impliziert keine grundsätzlich      Lehrkräfte bei der Bewältigung der vielfäl-   prinzipiell vorstellen können, die eigene
rerbildung eine Art Forschungsinvasion für    veränderte gegenseitige Rollenzuschrei-        tigen Anforderungen hinreichend zu unter-     professionelle Biografie anders zu erzäh-
den Bereich Schule ausgelöst zu haben.        bung (vgl. Bethge, 2015).                      stützen. Bedacht werden sollte bei der Kon-   len, denn nicht selten klingen Geschichten,
Auch das stellt eine Herausforderung für                                                     zeption von Lehrerfortbildungen darüber       die Lehrkräfte über ihren Alltag erzählen,
Schule dar.                                   Hinzu kommt aus Sicht der Autorin, dass        hinaus, dass Veränderungen stets Chancen      als fungierten sie selbst als Objekte in ei-
                                              die Vielfalt der unterschiedlichen Anforde-    und Risiken beinhalten und tendenziell        nem von ihnen wenig beeinflussbaren Sys-
Seltener in den Fokus geraten all die an-     rungen an Schule sich auch in der Kommu-       Ängste hervorbringen, insbesondere dann,      tem. Wir haben aber, wie Maturana (2002)
deren gesellschaftlichen und natürlichen      nikation im Kollegium widerspiegelt. Da,       wenn die Folgen der Veränderung nicht         schreibt, immer eine Wahl. Nur scheint uns
Herausforderungen, die Schule - also die      wo man früher annehmen konnte, einer           absehbar sind und tradierte Berufsbilder      die Konsequenz einer Option mitunter so
Lehrkräfte und Erzieher*innen – ebenso        Meinung zu sein, weil es klare und eindeu-     infrage stellen. Die Sorge, die Komplexität   wenig verlockend, dass wir meinen, keine
meistern muss und die sich bspw. in Akti-     tige Vorgehensweisen gab oder zu geben         der identifizierten Erwartungen und (Lern)    Wahl zu haben. Handeln bedeutet also im-
onen wie „Fridays for future“ und dem Um-     schien und man als Kollegium nicht dar-        Anforderungen nicht bewältigen zu kön-        mer auch zu wählen und sich zu entschei-
gang mit diesen zeigen. Auch die Tatsache,    über beraten musste, wie das Problem zu        nen, kann zu einem Bedrohungserleben          den.
dass in den öffentlich-rechtlichen Medien     lösen sei, treten plötzlich unterschiedliche   (Holzkamp, 1995) führen. Insofern wirft die
(bspw. mdr Aktuell Radio 3.5.2019) als        Auffassungen zutage, da nun Entschei-          Analyse der vielfältigen Herausforderungen    3 Unterstützungsprogramm des
Argument gegen ein Verbot von Diesel-         dungen zu treffen sind. Bspw.: Will ich den    die Frage auf, ob Themen, die an tradierten
kraftwagen, angeführt werden kann, dass       schwierigen Schüler behalten oder gebe         Berufsbildern und dem professionellen
                                                                                                                                           ThILLM im Kontext von Vielfalt
ausgebildete Fachkräfte mit hohem Spe-        ich ihn ab? Was ist besser für wen? Sind die   Selbstkonzept rütteln, in der Fortbildung     und Unterschiedlichkeit
zialwissen wie bspw. Krankenschwestern        Lernschwierigkeiten von X so gravierend,       überhaupt dauerhaft zu verankern sind.
sich von ihrem Gehalt weder ein neues         dass ich eine Anforderung für eine sonder-     Mit anderen Worten: Welchen Beitrag kann      Vor diesem Hintergrund wurde vom ThILLM
Auto noch eine Wohnung in der Stadt leis-     pädagogische Begutachtung stelle oder          Lehrerfortbildung leisten, um andere Bilder   ein Qualifizierungskonzept entwickelt,
ten können, hinterlässt implizite, wenig      irre ich mich und blamiere mich am Ende        von Unterricht zu entwerfen und in einem      dass die Teilnehmenden im Umgang mit
greifbare Spuren in der Schule. Dabei zei-    noch? Ist es für die Entwicklung des Neu-      zweiten Schritt zu verfestigen?               Heterogenität stärken und sie dabei un-
gen sich die verschiedenen und vielfältigen   ankömmlings aus Y günstiger, seine Leis-                                                     terstützen soll, sich die je eigenen profes-
Herausforderungen weder geordnet noch         tungen zu benoten oder eher nicht? Sollte      Blickt man aus der Draufsicht auf die sehr    sionellen Kompetenzen aus einer verän-
unbedingt klar erkennbar.                     Z Nachteilsausgleich erhalten oder nicht?      vielfältigen und sehr unterschiedlichen       derten Perspektive bewusst zu machen,
                                                                                             Herausforderungen, lässt sich eine Aufga-     zu reflektieren, weiter zu spezifizieren und
                                                                                                                                           auszubauen. Theoretische Grundlage des
Andererseits scheinen sich verallgemeiner-    2 Neue Herausforderungen für                   be von Lehrerfortbildung auch als eine auf
                                                                                                                                           Programms bilden – neben einer konse-
te Erfahrungen und Vorannahmen zu men-                                                       Ko-Konstruktion ausgerichtete Intervention
talen Modellen über Schule und Unterricht
                                              die Lehrer(fort)bildung                        fassen, die zwischen den neuesten wissen-     quent systemischen Herangehensweise
(vgl. Mehan 1979) so sehr verdichtet zu ha-                                                  schaftlichen Erkenntnissen, den bildungs-     – grundlegendes Wissen zur Wirksamkeit
                                              Die Vielfalt der Herausforderungen legt                                                      von Fortbildungen sowie der Lernbegriff der
ben, dass sie auch durch die veränderten                                                     politischen Zielstellungen und den Fortbil-
                                              nahe, dass auch Lehrer(fort)bildung ange-                                                    Subjektwissenschaft.
und vielfältigen Herausforderungen, vor                                                      dungs- und Unterstützungsbedarfen und
                                              halten ist, scheinbar Selbstverständliches
denen Schule heute steht, nicht ins Wan-                                                     –bedürfnissen der Lehrkräfte zu vermitteln
                                              auf konstruktive Weise in Frage zu stellen.
ken zu geraten scheinen.                                                                     sucht.
                                              Insbesondere steht sie ihrerseits vor der
Aus Sicht der Autorin werden die Heraus-
                                              Herausforderung auf die scheinbar immer
forderungen gerade deshalb als so be-

10                                                                                           11
3.1 Ziele des Programms                        Jeder Kurs umfasst zwischen 120 und 200        Mittelpunkt jeder Tagung steht ein Quer-      Kurses blicken. Wenn es gelingt, diese
Splittet man das große Ziel, ko-konstruktive   Fortbildungsstunden zuzüglich dem reflek-      schnittsthema.                                verschiedenen Perspektiven wieder in den
Vermittlung zu unterstützen, ein wenig auf,    tieren Erproben neuer Handlungsweisen                                                        Kurs einzubringen, führt dies zu zahlrei-
ergeben sich für die Basiskurse folgende       und erstreckt sich über ca. zwei Jahre. In-    3.3 Kursinhalte, personelle                   chen Ko-Konstruktionsprozessen sowie
Teilziele oder Fortbildungsschwerpunkte:       folgedessen ist zwischen den einzelnen                                                       andererseits auch zur Schärfung der je ei-
                                               ein-oder mehrtägigen Veranstaltungen
                                                                                              Struktur und Ausgestaltung des                genen Argumentation.
Fortwährender Ausbau der professionellen
Kompetenzen in den Bereichen                   genügend Zeit, um die Erkenntnisse der         Kurses
  • professionellen pädagogischen             jeweiligen Einzelveranstaltung zu erproben                                                   Begleitet werden die Kurse von einem oder
                                               und für sich persönlich zu adaptieren. Die     Für jeden Kurs existiert ein transparentes    zwei festen Dozent*innen, die nur punktu-
     Handelns
                                               Struktur der Basiskurse gestaltet sich folg-   Rahmencurriculum, das im Verlauf des          ell weitere Expertisen als Gäste einladen.
  • der Kommunikation und Kooperation
                                               lich in einem periodisch wiederkehrenden       Kurses von Teilnehmenden und Dozenten         Auf diese Weise können die Bezugnahme
  • des Managements im Kontext von
                                               Dreischritt: Input –Erprobung –Möglichkeit     gemeinsam im Dialog (aus)gestaltet wird.      auf die vorherigen Themen sowie die Mög-
     Unterschiedlichkeit und Verschieden-
                                               zur Reflexion in der folgenden Sitzung.        Dieses geht in allen Kursen von der Per-      lichkeit zur Reflexion gewährleistet werden.
     heit sowie
                                                                                              spektive der Lehrkraft aus und sucht das
  • Schutz/Erhalt der eigenen körperli-
                                               Ferner bilden die Teilnehmenden jedes          zu nutzen, was dieser an Handlungs- und       Ferner wird im Rahmen der Kursgestaltung
     chen und seelischen Gesundheit und
                                               Kurses während der Kurslaufzeit eine fes-      Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung        die Vernetzung der Teilnehmenden unter-
  • Vernetzung (Kooperation & Ko-Konst-
                                               te Lerngruppe und es wird angeregt, dass       steht wie bspw. der Lerngegenstand. Auf       einander sowie die Bildung professioneller
     ruktion).
                                               zwei oder mehr Lehrkräfte eines Teams an       die gruppierende Kategorisierung von          Lerngemeinschaften unmittelbar angeregt
Auch soll durch die Kursgestaltung deutlich
                                               einem Kurs teilnehmen.                         Schüler*innen auf Grund unveränderbarer       und unterstützt, bspw. durch Aufforderun-
werden, dass die scheinbar einzelnen The-
                                               Die Absolvierung eines Basiskurses bildet      Merkmale wird hingegen verzichtet.            gen wie die folgenden:
men miteinander vernetzt sind und nicht
                                               die Grundlage für den Erwerb eines Zerti-      Die Teilnehmenden ihrerseits sind heraus-
ausschließlich additiv, sondern auch inte-
                                               fikats im Rahmen des Qualifizierungskon-       gefordert, ihre je eigenen Bezüge zu den        • Bitte wählen Sie mittels Blickkontakt
grativ bearbeitet werden können.
                                               zeptes zum Umgang mit Heterogenität. Um        Themenschwerpunkten und Methoden des               eine Person als Arbeits*partnerin, mit
3.2 Struktur des Programms                     dieses zu erwerben, ist von dem jeweiligen     Kurses zu finden und allgemeine Ideen für          der Sie bisher noch nicht so viel zu tun
Das Programm ruht auf drei Säulen, deren       Teilnehmenden zusätzlich noch eine Eigen-      sich selbst und ihren Kontext zu adaptie-          hatten oder noch nicht gearbeitet ha-
bedeutsamste die Basiskurse darstellen.        leistung zu erbringen.                         ren und auch wieder in die Kursgestaltung          ben.
In ihnen bearbeiten die Teilnehmenden                                                         einzubringen. Dies schließt ein, dass keine     • Bitte wählen Sie mittels Blickkontakt
umfangreichere Themen zum Umgang mit           Die zweite und die dritte Säule dienen der     Vorgabe von richtigen Lösungen, wohl aber          eine Person als Arbeits*partnerin, so-
Heterogenität, die eine längerfristige Aus-    Vernetzung sowie dem Blick über den Ba-        von gangbaren und möglichen Lösungen,              dass Sie zu für Sie befriedigenden Fort-
einandersetzung erfordern wie bspw. der        siskurs hinaus. Sie bilden spezielle Themen    erfolgt.                                           bildungsergebnissen kommen.
Umgang mit schwierigem Verhalten, die Zu-      und Themenreihen zu bildungspolitischen        Die Teilnehmenden bilden zwar eine feste
sammenarbeit im Team oder die Gestaltung       Querschnittsthemen wie bspw. Digitalisie-      Gruppe, jedoch ist bei der Gesamtzusam-       Anders als bei der Zuordnung zur Partner-
inklusionsorientierten     Fachunterrichts.    rung oder Demokratiepädagogik, ab und          mensetzung des Kurses die Teilnahme von       oder Gruppenarbeit über ein Losverfahren
Vermittelt werden neueste wissenschaftli-      bestehen aus frei wählbaren Angeboten          Tandems aus verschiedenen Schularten,         oder die vollkommen freie Wahl eines Ar-
che Erkenntnisse sowie grundlegende Wis-       und Arbeitsgruppen. Sie ermöglichen es,        mit unterschiedlichen Tätigkeitsschwer-       beitspartners wird immer wieder eine Ver-
sensbestände. Zugleich wird die Reflexion      relativ zeitnah auf konkrete Fortbildungs-     punkten und unterschiedlichem (Dienst)        netzung aus der Subjektposition heraus
der vorherigen als auch der neu gewonne-       bedürfnisse und -bedarfe zu reagieren.         Alter oder Geschlecht, ausdrücklich er-       angeregt. Mit diesem Vorgehen soll auch
nen Ansichten, Gewohnheiten und Über-                                                         wünscht, denn die verschiedenen Hetero-       die soziale Vernetzung in der Gruppe ge-
zeugungen angeregt und unterstützt. Bei        Höhepunkte stellen Tagungen dar, die an        genitätsaspekte, durch die sich die Teil-     stärkt werden.
der Konzipierung der Basiskurse wurden         wechselnden Orten halbjährlich den Start       nehmenden voneinander unterscheiden,
grundlegende Wissensbestände über die          neuer Basiskurse sowie die Ausreichung         führen dazu, dass sie von unterschiedli-
Wirksamkeit von Lehrkräftefortbildungen        der Zertifikate verbinden und zugleich         chen Standpunkten und aus unterschied-
berücksichtigt (Lipowski, 2017).               eine Möglichkeit zur Vernetzung bieten. Im     lichen Perspektiven auf die Themen des

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4 Begleitforschung                              4.1 Verwendete Methoden                         impulsgebend für meinen Lernprozess“            •Was sich in meinem Unterricht ver-
                                                Die Datenerhebung: erfolgt unter Nutzung        stimmten immerhin 75% vollkommen oder             ändert hat: Die Schüler*innen wirken
Die Begleitforschung sucht Antwortansätze       folgender Methoden:                             überwiegend zu, wobei die Nichtzustim-            motivierter. Sie fangen bereitwilliger an
auf folgende Forschungsfragen:                    • Dokumentation Beobachtungen (Ge-           mungen vorrangig damit begründet wur-             zu arbeiten, bleiben länger dran – aber
                                                     dächtnisprotokolle, Fallvignetten, Foto-   den, dass dies zu langen Fahrwegen führe          in den Leistungen hat sich das bisher
  • Wie verändert sich das professionelle           grafie, Skizzen, indirekte Rückmeldun-     und die Vernetzung erschwere.                     nicht niedergeschlagen“
     Selbstverständnis der Teilnehmenden             gen über Dritte)                           Alle Teilnehmenden stimmten der Aussa-          • Es wurde ein Perspektivwechsel vorge-
     im Verlauf des Kurses?                       •Sammlung freiwillig angebotener Da-         ge „Ich konnte mich mit meinen Stärken in          nommen und so Machbarkeit angeregt.
                                                    ten (E-Mail-Berichte, Fotos, entstande-     den Kurs einbringen“ zu und ergänzten die-         Bestärkt durch die Gruppe wurden ei-
  •
   Wie nehmen Teilnehmer*innen ihre                 ne Objekte, bspw. Unterrichtsplanung,       se Einschätzung u.a. durch Erklärungen wie         gene Erfahrungen gesammelt und mit
   Subjektposition wahr?                            Lernmaterialien, Filme)                     diese: „Wir sind alle verschieden und jeder        den Erfahrungen der anderen abgegli-
   Ausgewählte Teilfragen sind in diesem          • Gruppeninterview                            kann etwas Anderes zum Gelingen des Kur-           chen.
   Zusammenhang: Wie bringen sie sich             • Befragungen (Qualitative Erhebung;         ses beitragen“ oder „Es ist schade, dass in     • Wir kommunizieren konstruktiver.
   bspw. in die Ausgestaltung des Rah-               Leitfadengestützte Interviews, Frage-      diesem Kurs keine Männer dabei sind.“           • Die Schulkultur inklusionsorientierter
   mencurriculums ein? Inwiefern formu-              bögen)                                                                                        zu gestalten hat jedoch Grenzen. Das
   lieren sie eigene Ziele und Bedarfe?           • Art und Qualität der Eigenleistung          b) Wirksamkeitserleben der Teilnehmenden           ist sicher eher möglich, wenn ein Team
   Inwiefern nutzen sie die Chance des               Die Datenauswertung erfolgt unter Nut-                                                        einer Schule an der Fortbildung teil-
   Ausprobierens und Wieder-Einbringens              zung folgender Methoden:                   Bei den Aussagen über wahrgenommene                nimmt.
   in den Kurs?                                   • Qualitative Inhaltsanalyse                  Veränderungen im Unterricht handelt es        Bitte charakterisieren Sie den Kurs rückbli-
                                                  • Rekonstruktion                              sich um Selbstaussagen. Dennoch kann          ckend mit wenigen Aussagen:
  • Wie verändern sich Fortbildungsinhal-        • Fallvignetten und Fallstudie                es als beachtenswert angesehen werden,          • „Meine Argumentation in Bezug auf In-
     te, -methoden und ggf. sogar Ziele,          • Fragebögen mittels SPSS                     dass 95 % der Teilnehmenden der Aussage            klusion hat sich, insbesondere gegen-
     wenn die Ausgestaltung und Umset-                                                          „Mein Unterricht hat durch die Teilnahme           über den Kolleg*innen verändert.“
                                                                                                am Kurs an Qualität gewonnen“ überwie-             „Wir konnten unser Wissen erweitern
     zung des Curriculums im Dialog erfolgt?    4.2 Erste Daten
                                                                                                gend oder vollkommen zustimmten, denn              und haben eine andere Sicht auf das
                                                In die abschließenden Evaluationsbögen
  • Inwiefern erleben sie selbst einen ver-                                                    es bedeutet in der Retrospektive, dass aus         Thema Inklusion gewonnen.“
                                                wurden Aussagen aufgenommen, die von
     änderten Blick auf Heterogenität und                                                       der Sicht der Lehrkräfte sich die Qualität      • „Wir sind inklusionsgeblendet und
                                                einzelnen Kursteilnehmer*innen im Verlauf
     vermögen Vielfalt (noch) besser als bis-                                                   des Unterrichts noch steigern konnte.              schauen durch die Inklusionsbrille“;
                                                des Kurses getroffen wurden. Dabei wurden
     her als Ressource zu nutzen?                                                               Exemplarisch seien auch Antworten auf die       • „Ich erlebe mich selbst als empathi-
                                                u.a. folgende ausgewählte Themenberei-
                                                                                                offenen Fragen und Aussagen aus einem              scher.“
                                                che berücksichtigt:
  • Inwiefern vermag Lehrerfortbildung                                                         Gruppeninterview angeführt, die illustrie-      • „Stärkeres Wahrnehmen der Entwick-
     überhaupt so umfangreiche und auch                                                         ren sollen, welche unterschiedlichen Wir-          lung jedes einzelnen bzw. diese stärker
                                                a) Heterogenitätserleben
     tendenziell diffuse Themen wie bspw.                                                       kungen von den Lehrkräften genannt wer-            in den Blick zu nehmen und an jeden
     Inklusionsorientierung in Schule und                                                       den:                                               Forderungen zu stellen und für jeden
                                                Alle Teilnehmenden, die sich bisher an der
     Unterricht, die zudem die Selbstbilder                                                       • „Beziehung zu Schülern verbessert –           Förderung anzubieten mit dem Ziel,
                                                Befragung beteiligten stimmten der Aussa-
     und Haltungen der Teilnehmenden tan-                                                            hat funktioniert“                             die Schüler dabei zu unterstützen, ihre
                                                ge „Die schulartübergreifende Teilnehmer-
     gieren, zu bedienen?                                                                         • „Concept Map in Ansätzen beim Thema           Stärken zu stärken“
                                                gruppe war bereichernd und impulsgebend
                                                                                                     „Schottland“. Dabei habe ich gleich        • „Wir haben den eigenen Unterricht ver-
                                                für meinen Lernprozess“ mindestens über-
  •
   Inwiefern kann Lehrerfortbildung zu                                                               neue Vokabeln mit eingebaut. Eine             ändert.“
                                                wiegend, 81% sogar vollkommen zu.
   einem schützenden Raum werden, in                                                                 Schülerin sagte mir vor kurzem, dass       • „Meine Sicht auf Fortbildungen hat sich
   dem man Neues und bisher Unbekann-                                                                ihr diese Methode sehr geholfen habe,         verändert.“
                                                Der Aussage „Die schulamtsübergreifen-
   tes erproben kann?                                                                                diese Wörter zu behalten.“
                                                de Teilnehmergruppe war bereichernd und

14                                                                                              15
Aber auch Verunsicherung:                         • Ebene 3: Elemente der Fortbildung aber       Auch verdichtet sich die Idee, dass die                     Knauer, S. (2006): Zur (Wieder)Entdeckung der Lehrer
„Gerät mein Unterricht vollkommen aus                auch andere Methode werden auspro-           Lehrerfortbildung selbst zur Ressource für                      als Subjekte… Ein subjektv-wissenschaftliches
                                                                                                                                                                  Plädoyer für einen Tabubruch. In: Rihm, Thomas
den Fugen, wenn ich meine gewohnten Me-              biert & Produkte wie bspw. veränderte        die eigene Arbeit werden könnte, insbe-
                                                                                                                                                                  (Hrsg.): Schulentwicklung. Vom Subjektstandpunkt
thoden ersetze? Bin das immer noch ich?“             Unterrichtsplanung, angefertigtes Ma-        sondere dann, wenn sich professionelle                          ausgehen…, S. 241–256. Wiesbaden: Verlag für So-
                                                     terial etc. werden mitgebracht.              Lerngruppen verstetigen. So arbeitet bspw.                      zialwissenschaften
Wie eingangs dargestellt, bildet die Stär-           Auch zeigen einige Teilnehmer*innen          noch mindestens eine Gruppe des Basis-                      Lipowski, F. (2017): Fortbildungen für Lehrkräfte
kung und bewusstere Wahrnehmung der                  Eigeninitiative und gestalten selbst         kurses, der im Sommer 2016 abgeschlos-                          wirksam gestalten – Was sagt die Wissenschaft?
                                                                                                                                                                  Abrufbar unter: https://www.qualitaetsoffensive-
professionellen Subjektposition der Lehr-            schulinterne Fortbildungen zu Schwer-        sen wurde. Dies setzt aber voraus, dass
                                                                                                                                                                  lehrerbildung.de/files/Lipowsky_autorisiert.pdf
kräfte ein Ziel und auch ein Merkmal der             punkten des Kurses                           sich Lehrerbildung nicht nur an den Inhal-                      [5.5.2019]
Basiskurse ab. Die Lehrkräfte wurden des-         • Ebene 4: Entwicklung der Schülerinnen        ten messen lassen kann, sondern auch an                     Maturana, H.R. und Pörksen, B. (2002): Vom Sein zum
halb aufgefordert, einzuschätzen, ob die             und Schüler?                                 den vorhandenen Möglichkeiten, um Kraft                         Tun: Die Ursprünge der Biologie des Erkennens. Hei-
Aussage „Ich probiere neue Ideen/Hand-               Hier sind noch die meisten Fragezei-         zu schöpfen. Es gilt auch in der Lehrerbil-                     delberg: Carl Auer Systeme Verlag
                                                                                                                                                              ThILLM (2015): Qualifizierungskonzept „Inklusive Bil-
lungen aus“ auf sie persönlich zutrifft.             chen zu verzeichnen.                         dung „zu lernen, zusammen zu leben“ und
                                                                                                                                                                  dung“
Alle Teilnehmenden stimmten der Aussage                                                           „zu lernen zu sein“ (Delors 1997).                              Abrufbar unter: https://www.schulportal-thuerin-
mindestens teilweise zu, die Hälfte der Be-     Trotz des allgemein sehr positiven Feed-          Nicht zuletzt scheint die dialogische Ge-                       gen.de/gemeinsamer_unterricht/qualifizierungsof-
fragten sogar vollkommen. Dies kann als         backs verlassen immer auch Teilnehmende           staltung die Wahrnahme der je eigenen                           fensive [5.5.2019]
ein partieller Ansatz für einen Fortbildungs-   die Kurse aus unterschiedlichen Gründen.          Subjektposition zu unterstützen.
erfolg in puncto Wahrnehmen der eigenen
Subjektposition angesehen werden, da            5 Abschließende Gedanken                          Literatur
innerhalb des Kurses keine Handlungsan-
                                                                                                  Bethge, A. (2015): Die Lehrer-Schüler-Beziehung –
weisungen oder abarbeitbare Programme
                                                Auf die bereits abgeschlossenen Basis-                Ressource für das Lernen. Beschreibung der Leh-
angeboten werden, sondern eigene Adap-                                                                rer-Schüler-Beziehung in Bezug auf ihren Lernen
                                                kurse blickend sind noch längst nicht alle
tionen der Fortbildungsthemen der Erpro-                                                              herausfordernden oder nicht herausfordernden
                                                Fragen beantwortet. Vor allem die wohl be-
bung voraus gehen müssen (s. 3.3).                                                                    Charakter in heterogenen Lerngruppen, in denen
                                                deutsamste Frage: „Welche Gründe haben                Heranwachsende mit und ohne Beeinträchtigung
                                                Lehrkräfte dieses Angebot zu wählen?“                 lernen. Dissertation. Berlin: Kultur-, Sozial- und
c) Wirksamkeitserleben der Dozentinnen
                                                scheint momentan noch nicht einmal an-                Bildungswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-
                                                                                                      Universität zu Berlin.
                                                satzweise beantwortet zu sein. Hier scheint
Aus der Perspektive der Dozentinnen zeigt                                                         Booth, T. und Ainscow, M. (2017): Index für Inklusion.
                                                sich die Begriffsverwirrung, die im Kontext
sich die Wirksamkeit der Basiskurse u.a. in                                                           Ein Leitfaden für Schulentwicklung. Herausgegeben
                                                von Themen wie Vielfalt, Heterogenität,               und adaptiert für deutschsprachige Bildungssyste-
Beobachtungen wie den folgenden, den ein-
                                                Inklusion, Inklusionsorientierung und In-             me von B. Achermann, D. Amirpur, M.L. Braunstei-
zelnen Wirksamkeitsebenen zugeordneten:
                                                tegration spürbar ist, kontraproduktiv aus-           ner, H. Denno, E. Plate, A. Platte. Weinheim und
  • Ebene 1: Lehrpersonen bedanken sich,                                                             Basel: BELTZ
                                                zuwirken. Die akademische Diskussion, ob
     zeigen sich aufgeschlossen.                                                                  Delors, J. (1997): Lernfähigkeit: Unser verborgener
                                                bspw. Inklusionsorientierung weniger sei
  • Ebene 2: Lehrpersonen fragen nach,                                                               Reichtum. UNESCO-Bericht zur Bildung für das 21.
                                                als Inklusion, ist da wenig hilfreich. Hilfrei-       Jahrhundert. Neuwied u.a.: Luchterhand
     berichten von eigenen Erfahrungen
                                                cher hingegen könnte es sein, die Verwen-         Holzkamp, K. (1995): Lernen. Subjektwissenschaftliche
     & Umsetzungsbemühungen, erbitten
                                                dung des Inklusionsbegriffs weniger auf               Grundlegung. Frankfurt: Campus-Verlag.
     auch zwischen den Sitzungen Rückmel-                                                         Mehan, H. (1979): Learning Lessons. Social Organiza-
                                                den Status Quo als auf das Ziel, nämlich
     dungen von Seiten der Dozent*innen,,                                                             tion in the classroom. Cambridge, Massachusetts
                                                Partizipation, zu lenken. Denn nur darum
     haben Ordner angelegt                                                                            and London England: Harvard University Press
                                                kann es am Ende gehen: Den Lernenden zu           Jantowski, A. & Bethge, A. (2017): Professionalisierung
     Dass bereits vieles geschafft wurde,
                                                ermöglichen, Teil zu haben, teilnehmen zu             für den Umgang mit Vielfalt. Fortbildungsimpulse
     wird ganz besonders dann deutlich,
                                                können, Sich-Einbringen zu dürfen und zu              für Lehrkräfte und Erzieher/-innen. In: Gemeinsam
     wenn „Nachzügler“ noch in den Kurs                                                               Lernen. Zeitschrift für Schule, Pädagogik und Gesell-
                                                können. Dabei-Sein, Mitmachen.
     hineinwollen.                                                                                    schaft. 1/2017 3.Jahrgang, S. 32 -39

16                                                                                                17
Heike Scheika
     „Schuladoption“ – ein partnerschaftliches Seminar- und Schulent-
     wicklungsprojekt zur Förderung von Medienkompetenz

     In unserer heutigen Alltagswelt sind digita-    bildungsbezogenen Kommunikation sein,
     le Technologien ubiquitär. Alle Berufsfelder    damit Erfahrungen möglich werden (vgl.
     kommen unweigerlich damit in Berührung.         Krotz 2007, S. 58).
     Die rasante Entwicklung der digitalen Welt      Mit diesem Beitrag soll das Seminar- und
     verändert unseren Alltag nachhaltig. Die        Schulentwicklungsprojekt der „Schul-
     KMK beschreibt die Medienkompetenz „als         adoption“ vorgestellt werden, welches
     unverzichtbare Schlüsselkompetenz“ (KMK         zum einen das Ziel verfolgt, einen ver-
     2012). Mit der KMK-Strategie „Bildung in        antwortungsbewussten und reflektierten
     der digitalen Welt“ wurde in Deutschland        Umgang der Lehramtsanwärterinnen und
     2016 eine Initiative gestartet, die zu Verän-   Lehramtsanwärter mit Medien zu fördern
     derungen im Verständnis von schulischem         und erfahrungsbasiert den Erwerb von
     Lernen führen und sich auf die Gestaltung       Handlungskompetenzen zu ermöglichen.
     von Lernprozessen auch in der formellen         Zum anderen regt es in der „adoptierten“
     Bildung auswirken wird.                         Ausbildungsschule Schulentwicklungspro-
     Lehrende müssen in ihrer täglichen Berufs-      zesse an und trägt darüber hinaus im Rah-
     praxis vielfältige Lernprozesse initiieren,     men eines Seminarentwicklungsprozesses
     entwickeln und begleiten. Sie nutzen da-        zur Erweiterung der Medienkompetenz der
     für schon immer verschiedenste Medien.          Ausbildenden bei.
     Digitale Medien verfügen über ein großes
     Potenzial für die Gestaltung individueller      Die Herausforderung der
     Lehr- und Lernprozesse. Damit diese ge-
     nutzt werden können, sind medienpädago-
                                                     Entwicklung von Handlungs-
     gische und mediendidaktische Kenntnisse         kompetenzen
     aller Lehrenden, ein passfähiges Repertoire
     sowie professionelle Handlungskompe-            Digitale Technologien können verunsi-
     tenzen entsprechende Voraussetzungen.           chern, ggf. vorhandene Kenntnisse ent-
     Aus diesem Grund muss der Erwerb von            werten, aber sie stellen in jedem Fall eine
     Medienkompetenz        selbstverständlicher     neue Herausforderung für alle Lehrenden
     curricularer Schwerpunkt in der Aus- und        dar. Sie zwingen zum Lernen, können fas-
     Fortbildung von Lehrenden sein. „Kompe-         zinieren und verändern bspw. die Kommu-
     tenzentwicklung ist ein erfahrungsbasierter     nikation untereinander. Die Anforderungen
     Prozess, der durch Reflexion begleitet und      an Lehrende sind im Hinblick auf einen
     gestärkt wird.“ (Arnold und Gómez Tutor         funktionalen, effektiven und routinierten
     2007). Medien müssen in der Lehrerausbil-       Einsatz von Medien und Technologien in
     dung somit Inhalt als auch Mittel der aus-      Unterricht und Seminar vielfältig. Dabei

18   19
Erfahrung festhalten, 4. nach alternativen Verhaltensweisen suchen und 5. diese ausprobieren,
                                                                                              was zu neuen Erfahrungen führt, die wiederum Ausgangspunkt eines neuen Zyklus sind.“
                                                                                              (Korthagen 2002, S. 49).

bedeutet Medienkompetenz jedoch mehr           richt die Voraussetzungen, Fähigkeiten und                                          4
als Bedienkompetenz. Sie stellt eine di-       Erwartungen der Schülerinnen und Schüler                                            Finden alternativer
daktische und pädagogische Herausfor-          zu berücksichtigen.                                                                 Handlungsverfahren
derung für alle Lehrenden in Schule und        Korthagen (2002) weist auf die bedeu-
Ausbildung dar. „Lehrkräfte benötigen für      tungsvolle Rolle der Reflexionsfähigkeit                                                                       5
die Vermittlung von Medienbildung so-          von Lehrenden hin. „Situative Hand-                                   3
                                                                                                                                                         Ausprobieren
wohl eigene Medienkompetenz als auch           lungskompetenz“ wird aus reflektierter
                                                                                                             Bewusst machen
                                                                                                            wesentlicher Aspekte
medienpädagogische Kompetenzen. Das            Erfahrung erworben (Duxa 2001, S.66). In
bedeutet, Lehrkräfte müssen mit den Me-        seinem zyklischen Prozess der Reflexion                                                                    1
dien und Medientechnologien kompetent          unterscheidet Korthagen fünf Phasen (Abb.                                    2                            Handlung            Abbildung 1: Lernen aus Erfahrung als zykli-
und didaktisch reflektiert umgehen kön-        1): „1. Handeln, 2. auf diese Erfahrung zu-                               Rückblick auf die
                                                                                                                            Handlung
                                                                                                                                                                             scher Prozess der Reflexion (vgl. Korthagen
                                                                                                                                                                             2002)
nen, sie müssen gleichermaßen in der Lage      rückblicken und 3. wichtige Aspekte dieser
sein, Medienerfahrungen von Kindern und        Erfahrung festhalten, 4. nach alternativen
                                                                                                                                                                                           2
Jugendlichen im Unterricht zum Thema zu        Verhaltensweisen suchen und 5. diese aus-                 zum Erlernen von Handlungskompetenz ist                    nehmen für einen oder mehrere Tage den
machen, Medienangebote zu analysieren          probieren, was zu neuen Erfahrungen führt,                demnach die Bereitschaft von Lehrkräften                   gesamten Unterricht sowie die Schulorga-
und umfassend darüber zu reflektieren, ge-     die wiederum Ausgangspunkt eines neuen                    sowie die Fähigkeit, das eigene unterricht-                nisation. Am Ende eines jeden Unterrichts-
stalterische und kreative Prozesse mit Me-     Zyklus sind.“ (Korthagen 2002, S. 49).                    liche Handeln immer wieder zu reflektieren                 tages werden die erworbenen Erfahrungen
dien zu unterstützen und mit Schülerinnen      Dem in diesem Beitrag dargestellten Aus-                  und weiterzuentwickeln.                                    reflektiert und nächste Schritte entwickelt.
und Schülern über Medienwirkungen zu           bildungsprojekt liegt der in Abbildung 1                                                                             Mit dem Partnerschaftsmodell wird an der
sprechen“ (KMK 2012).                          dargestellte Reflexionszirkel zugrunde. Die-
                                               ser zyklische Prozess entspricht stark dem
                                                                                                         Die Idee einer „Schuladoption“                             NTNU Trondheim der Ansatz Korthagens
Für den Vorbereitungsdienst stellt sich                                                                                                                             umgesetzt. „Korthagen (2001) describes a
demnach die Frage, wie geeignete Lern-         Ansatz innovativer Lernumgebungen nach                                                                               teacher education model where theory and
                                                                                                         Ausgehend von Deweys Aussage „Ein
prozesse zur Förderung von Medienkom-          Wahl (vgl. Wahl 2006). Ausgangspunkt ist                                                                             teaching practice form a coherent entity as
                                                                                                         Gramm Erfahrung ist ... besser als eine Ton-
petenz und insbesondere zum Erwerb von         in beiden Modellen die konkrete Handlung                                                                             ‘realistic teacher education’ and believes
                                                                                                         ne Theorie“ (Gudjons 2008, S. 77) entstand
Handlungskompetenzen initiiert werden          (Phase 1). Diese wird reflektiert (Phase 2).                                                                         this will be characterized by taking as its
                                                                                                         die Idee, einen Teil der Ausbildung zum Er-
können. Mit Lehrkompetenz ist jenes Bün-       Methodisch gibt es hierbei verschiede-                                                                               starting point the student’s own practical
                                                                                                         werb von Medienkompetenz im Rahmen
del an Wissen, Kenntnissen, Fertigkeiten       ne Möglichkeiten, bspw. Selbstreflexion,                                                                             experience as a teacher in school, which
                                                                                                         einer Projektwoche zu organisieren, um
und Einstellungen gemeint, über welches        Videografie, Team-Teaching oder Erfah-                                                                               will further systematic reflection“ (Ramberg
                                                                                                         den Lehramtsanwärterinnen und Lehramts-
Lehrende verfügen müssen, um Lernpro-          rungsaustausch. „In Phase 3 kann das Be-                                                                             & Haugaløkken 2012, S. 3). Ziel dieses
                                                                                                         anwärtern zunächst eigene Erfahrungen im
zesse zu fördern und Unterricht gestalten      dürfnis nach theoretischen Elementen auf-                                                                            Lernformates ist es vor allem, durch eine
                                                                                                         Umgang mit (digitalen) Medien zu ermög-
zu können (vgl. Reinmann 2011). Dabei          kommen“ (Korthagen 2002, S. 49). Wahl                                                                                enge Theorie-Praxis-Verzahnung zur Ent-
                                                                                                         lichen. Damit orientiert sich das Konzept
geht es um eine Verbindung aus fachlichem      (2006) nutzt in Phase 3 und 4 die bei den                                                                            wicklung von Professionalität beizutragen.
                                                                                                         dieser Projektwoche am Ansatz der „Pro-
und fachdidaktischem Wissen, praktischen       (angehenden) Lehrenden vorhandenen                                                                                   Darüber hinaus erleben die Studierenden
                                                                                                         jektorganisation des Lernens“, welcher in
Erfahrungen mit Unterricht, erlernten und      subjektiven Theorien mittlerer und größe-                                                                            verschiedene      Zusammenarbeitsformen,
                                                                                                         den KMK-Standards für die Vermittlung bil-
trainierten Lehrfertigkeiten, Einsichten und   rer Reichweite, woraus Handlungsalternati-                                                                           bspw. Teamteaching, kollegiale Hospitati-
                                                                                                         dungswissenschaftlicher Inhalte empfoh-
Einstellungen vor allem im Hinblick auf die    ven entwickelt werden. Mit einem Training,                                                                           onen oder die Kooperation zwischen Leh-
                                                                                                         len wird (KMK 2014, S. 5).
Interaktion mit den Lernenden, die eigene      das in Phase 4 oder 5 angesiedelt sein                                                                               renden und Lernenden auf Augenhöhe.
                                                                                                         Ramberg, Lehrender an der Norwegian
Rolle sowie die Fähigkeit zur Auswahl ge-      kann, werden diese Alternativen in neues                                                                             Des Weiteren leistet dieses Partnerschafts-
                                                                                                         University of Since and Technology Trond-
eigneter Medien. In besonderem Maße ent-       Handeln überführt, das dann in die eigene                                                                            modell einen Beitrag zur Schulentwicklung
                                                                                                         heim, initiierte an seiner Universität das
scheidend sind dabei die Einstellungen,        Praxis übertragen wird. Die Wirksamkeit                                                                              der „adoptierten“ Schule. Während die Stu-
                                                                                                         Partnerschaftsmodell der Schuladoption.
mit denen eine Lehrkraft an das Unterrich-     dieses neuen Handelns wird wiederum                                                                                  dierenden und Dozierenden den Unterricht
                                                                                                         Hier „adoptieren“ Studierende gemeinsam
ten herangeht, ihre Haltung gegenüber den      durch Reflexion überprüft. Der Zyklus wie-                                                                           gestalten und die Schule leiten, nimmt das
                                                                                                         mit ihren Dozenten eine Schule und über-
Lernenden und die Bereitschaft, im Unter-      derholt sich. Eine wichtige Voraussetzung

20                                                                                                       21
Kollegium der Schule an einer Lehrerfortbil-   Die Projektwoche Medien                             Workshop           Medien
dung teil.
                                                                                                   Dokumentation      Verwendung tertiärer und quartärer Medien:
Von dieser Idee inspiriert, wurde am Staat-    Die Projektwoche als erster Teil des Aus-                              Tablet und PC (Filmbearbeitungs- bzw. Schnittprogramm, Blog, Programm zur Erstel-
lichen Studienseminar für Lehrerausbil-        bildungsprojektes findet an einem außer-                               lung von e-books)
dung Gera, Lehramt an Grundschulen,            schulischen Lernort, in einem Schulland-            Film               Verwendung tertiärer und quartärer Medien:
das Medienschulprojekt „Schuladoption“,        heim statt, in welchem die erforderlichen                              digitaler Schnittplatz, digitale Kameratechnik und weiteres technisches Equipment
                                                                                                                      zum Filmen (in Kooperation mit der TLM)
entwickelt. Die Lehramtsanwärterinnen          Rahmenbedingungen für die Arbeit mit Me-
                                               dien gegeben sind. Als Kooperationspart-            Hörspiel           Verwendung tertiärer Medien:
und Lehramtsanwärter für das Lehramt an
                                                                                                                      digitaler Schnittplatz im Tonstudio des Schullandheimes Heubach, digitales Aufnah-
Grundschulen sowie die für das Lehramt         ner konnte die Thüringer Landesmedienan-                               megerät
Förderpädagogik bereiten sich im Rahmen        stalt gewonnen werden.
                                                                                                   Puppenspiel        Verwendung primärer, sekundärer und tertiärer Medien:
einer Medienprojektwoche gemeinsam mit         Strukturelle Elemente dieser Projektwo-                                Gestik, Sprache, CD-Player, MP3-Player, Speichermedien zum Abspielen von Musik
den Fachleiterinnen und Fachleitern beider     che sind Reflexionsschleifen, Vorträge mit                             am PC
Schularten auf die „Schuladoption“ vor         Interaktionsphasen, Workshops, tägliche             Schattenspiel      Verwendung primärer, sekundärer und tertiärer Medien:
und übernehmen an einem Tag in Koope-          Interaktionen für einen gemeinsamen Ta-                                Sprache, Gestik, (Schatten-)Bildmaterial, CD-Player, MP3-Player, Speichermedien
                                                                                                                      zum Abspielen von Musik am PC, Overheadprojektor
ration mit ihren Ausbildenden die Organi-      gesbeginn und -ausklang, Zwischenpräsen-
                                                                                                   TrickboXX          Verwendung sekundärer, tertiärer und quartärer Medien:
sation, Durchführung, Präsentation sowie       tationen sowie die Abschlusspräsentation.
                                                                                                                      Sprache, Bildmaterial, TrickboXX1, digitale Kamera, Filmaufnahmeprogramm, Stop
Reflexion des Medienschulprojekttages an       Ausgangspunkt dieser Medienprojekttage                                 Motion Studio
einer Grundschule, während das gesamte         bilden die eigenen Erfahrungen der Lehr-            Erklärvideo        Verwendung tertiärer und quartärer Medien:
Kollegium der jeweiligen Grundschule an        amtsanwärterinnen und Lehramtsanwär-                                   Tablet, Tools zur Erstellung von Erklärvideos
einer schulinternen Fortbildung teilnimmt.     ter im Umgang mit Medien. Damit wird                Calliope           Verwendung tertiärer und quartärer Medien:
Damit wird die Idee des Trondheimer Part-      der biographisch-reflexive Ansatz aus den                              Micro-Controller: Calliope mini, iPad (App: Callioe min), PC (Calliope Editor: open
                                               KMK-Standards für die Lehrerbildung auf-                               Roberta lab)
nerschaftsmodells am Staatlichen Studi-
enseminar Gera auf den Kontext Medien          gegriffen (KMK 2014, S. 2), der sich in der     Abbildung 2: In den Workshops verwendete Medien
übertragen. „One of the most important         Dimension 1 nach Buschhaus (vgl. Albrecht
activities in the partnership model is the     und Reverman 2016, S. 176) wiederfindet,
arrangement of regular seminars attended       aufgegriffen. Die auszubildenden Lehrkräfte     Abbildung 3 zeigt in Spalte 1 die für die                 auf die Ebene der Lehramtsanwärterinnen
by the students and the staff members of       setzen sich reflexiv mit eigenen Mediener-      Arbeit in den Workshops formulierten Zie-                 und Lehramtsanwärter, zum anderen auf
the partnership. At these seminars an att-     fahrungen auseinander. Sie wählen sich in       le. Den Zielstellungen werden Bezüge zu                   die Ebene der Schülerinnen und Schüler
empt is made to link theory and teaching       einen der angebotenen Workshops ein und         den Dimensionen medienpädagogischer                       bezogen werden.
practice“ (Ramberg & Haugaløkken 2012,         entscheiden sich damit für die individuelle     Grundbildung nach Buschhaus (Spalte 2)                    Die von den zukünftigen Lehrkräften im ei-
S. 15). In den Seminarveranstaltungen und      Auseinandersetzung mit einem der folgen-        sowie Bezüge zur Umsetzung der Dimensi-                   genen Tun und Erproben in den Workshops
Workshops der Projektwoche „Medien“            den Medien: Film, TrickboXX, Hör-, Schat-       onen von Medienkompetenz nach Baacke                      gesammelten Erfahrungen werden reflek-
sammeln die auszubildenden Lehrkräfte          ten- oder Puppenspiel, Erklärvideo, Calliope    (Spalte 3) zugeordnet Diese Dimensionen                   tiert und für die Planung der Aktivitäten
zunächst eigene Erfahrungen im Umgang          bzw. Dokumentation. Nicht alle Workshops        der Medienkompetenz können zum einen                      am Schulmedientag transferiert und mo-
mit Medien, die reflektiert werden. Darüber    nutzen digitale bzw. quartäre Medien. Dies                                                                difiziert. Dieses Vorgehen entspricht aus
hinaus erfolgt eine theoretische Grundle-      ist in der besonderen Spezifik der Schulart                                                               didaktischer Sicht Korthagens zyklischem
                                                                                               1
                                                                                                 „Die TRICKBOXX ist ein mobiles Trickfilmstudio. Mit
gung, die wiederum in Handlungsalternati-      Grundschule begründet und findet seine          ihr entstehen schnell und eindrucksvoll Trickfilme. Vor   Prozess des Lernens aus Erfahrungen (vgl.
ven umgesetzt wird. Ausgehend von den ei-      Widerspiegelung im Thüringer Kursplan Me-       allem für Kindergruppen ist die TRICKBOXX ideal. Die      Abb. 1).
                                                                                               Arbeit mit der TRICKBOXX bietet Kindern Einblicke in
genen praktischen Erfahrungen übertragen       dienkunde für die Grundschule (vgl. TMBJS       die Mediennutzung und Medienproduktion, fördert sie
die Lehramtsanwärterinnen und Lehramts-        2017). Abbildung 2 zeigt in einer Übersicht     in der aktiven Auseinandersetzung mit Medien in ihrer
anwärter ihre Ideen in eine Projektplanung     die in den Workshops verwendeten Medi-          Medienkompetenz und bietet kreative Gestaltungsmög-
                                                                                               lichkeiten ohne technischen Aufwand“ (http://www.lfk.
für den Tag der „Schuladoption“.               en in der Klassifikation nach Pross (vgl. Hi-   de/medienkompetenz-fortbildung/arbeitsmaterialien/
                                               ckethier 2007) und Faßler (vgl. Faßler 1997).   materialien-medienkompetenz001.html).

22                                                                                             23
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