"Wir müssen uns endlich um standardisierte Ab- läufe und eine skalierbare Infrastruktur kümmern!" - PONDUS
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sponsored: Datenstandards in der Medienbranche Serie: XXXX „Wir müssen uns endlich um standardisierte Ab- läufe und eine skalierbare Infrastruktur kümmern!“ Welche Vorteile entstehen aus dem Zusammen- wirken von Planungs- und Produktions- systemen in der Verlagswelt? 31 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche P ublizieren auf Knopfdruck, Ott: Wir machen die gleiche Be- granular, in Kleinstauflagen obachtung. Das Verständnis für – eine alte Vorstellung, die die Notwendigkeit von durch- in der Realität auf viele Hemm- gängigen Produktionsworkflows, nisse trifft, angefangen von der von Standardisierung und von konsistenten Einhaltung von Prozessoptimierung ist sicherlich Standards bis hin zu Technologie- in den letzten anderthalb Jahren Systemen, die sich nicht unter- gewachsen. einander austauschen können. Dominik Huber, Gesellschafter Die Investitionsbereitschaft, und Geschäftsführer der PONDUS vor allem bei den kleineren und Software GmbH und Tobias Ott, mittelständischen Verlagen, ist im Geschäftsführer und Gesellschaf- Dominik Huber ist Mitgründer Moment aber – so ist zumindest ter der pagina GmbH Publika- und seit 2013 geschäftsführender mein Eindruck – gering. Investi- tionstechnologien, wollen diese Gesellschafter der PONDUS Soft- tionsentscheidungen werden gern Lücken schließen und Publikati- ware GmbH. PONDUS unterhält bis ans Ende des Lockdowns oder onsworkflows von der Planung bis Standorte in Hannover und Mün- der Pandemie verschoben. Das zum fertigen Produkt aufbauen. chen. Nach Ausbildung im druck- hat zahlreiche Gründe – bis hin Hier ein Gespräch mit beiden zu grafischen Bereich und Studium zu dem Punkt, dass Investitions- Standards in der Verlagsbranche, Verlagswirtschaft an der HTWK entscheidungen auch emotionale Möglichkeiten eines Zusammen- war er viele Jahre bei Droemer Entscheidungen sind und viel mit spiels zwischen Prozess- und Pro- Knaur, zuletzt als Leiter der Inter- Vertrauen zu tun haben: Vertrauen duktionssystemen und möglichen netkommunikation und des On- in den passenden Dienstleister, in Anwendungsszenarien. linemarketings. die passende Software, aber auch in die Abstimmungen und Aus- Bevor wir uns dem Thema Standards tausch auf kollegialer Ebene, die zuwenden, kurz gefragt: Wie waren im Moment einfach nicht statt- Ihre Erfahrungen mit den Verlagen finden. zu Pandemie-Zeiten? Ein Digitalisie- rungsschock für die Haptik-Branche? Wir merken aktuell einen deutlichen Anstieg der Nachfra- Huber: Der Trend zur Digitalisie- gen rund um das Thema Digitales rung war tatsächlich vorher schon Lernen. Das hat tatsächlich für erkennbar, wurde durch Corona uns den stärksten Boost gebracht. aber massiv befördert. Und wir Durch den Lockdown, durch das merken das auch durch die stei- Homeschooling, kommt jetzt ein- gende Anzahl an Neukunden- fach mehr Druck aus der Öffent- anfragen, aber auch den Ausbau lichkeit. Hier verändert sich das bestimmter Funktionen und Mo- Tobias Ott ist seit 1996 Gesell- Mindset. Das führt dazu, dass dule, die jetzt bedingt durch mehr schafter-Geschäftsführer von Verlage, aber auch verlagsnahe Arbeiten im Homeoffice forciert pagina GmbH Publikationstech- Organisationen, für die wir arbei- werden. nologien, und erhielt 2020 eine ten, etwa Fernuniversitäten, jetzt Auszeichnung als „digital leader die Konzepte, die zum Teil schon Der Kostendruck ist eben- 2020“ im Rahmen des digital in der Schublade lagen, mit Hoch- falls zu spüren, im Moment na- publishing awards. Er war von druck umsetzen wollen. Alles, was türlich verstärkt und folgerichtig 1997-2006 Lehrbeauftragter für in Richtung digitale Lernkonzepte das Bedürfnis, zu standardisieren, „Elektronisches Publizieren“ an geht, sind natürlich langfristige wo es geht und sinnvoll ist. Etwa der HdM Stuttgart, von 2006- Projekte, die jetzt aber mit deut- bei optimierten Produktionspro- 2015 Vertretungsprofessor „Cross lich mehr Ernsthaftigkeit betrie- zessen, die aus Kostengesichts- Media Publishing“ und ist seit ben werden. punkten extrem wichtig gewor- 2017 Lehrbeauftragter für „Digital den sind. Publishing“. Huber: Investitionsbereitschaft merken wir vor allem bei Projek- 32 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche ten, mit denen man tatsächlich Prozesse“ irgendwie gleichgesetzt. auch nachweislich Kosten sparen Aber das sind zwei sehr unter- kann. So hat sich der Piper Ver- schiedliche Dinge. lag, bedingt durch die Corona-Si- tuation und eben auch die vielen Verlage haben es tatsäch- Verschiebungen im Programm, lich mit einer ganzen Reihe von dazu entschieden, die automati- Standards zu tun, und zwar jeden sierte Katalogproduktion vorzu- Tag und weit über ISBN und ONIX ziehen und hat auf einen vollauto- hinaus. PDF ist ein Standard, matisierten Produktionsprozess HTML ist ein Standard, ePUB ist aus PONDUS heraus gewechselt. „Mangels ein Standard. Und nicht zuletzt die Ein großer Teil unserer Kunden ist deutsche Rechtschreibung. diesem Beispiel gefolgt und stellt eigener gerade die Vorschauprozesse um. Was haben viele dieser Stan- Branchen- dards aber gemein? Sie kommen Wenden wir uns dem Thema Stan- nicht aus unserer Branche. Und dards zu. Ich werfe mal provokativ in standards für mich liegt das Fremdeln mit die Runde: nach der Einführung der bedienen Standards zu einem gewissen Teil eben daran, dass wir uns mangels ISBN im Jahre 1972 haben Verlage eigentlich nicht wirklich mit Stan- sich Verlage eigener Branchenstandards zahl- dards gearbeitet, und wenn, dann reicher Datenformate bedienen, nicht gerne. Und sie werden das zahlreicher die teilweise nicht gut auf die An- Fremdeln, um es einmal so auszudrü- forderungen der Verlage passen. cken, nicht los. Datenformate, Was wiederum an der Kleinteilig- keit unserer Branche liegt. Es ist Huber: Die fehlende Bereitschaft die teilweise fast unmöglich, den einen Produk- zur Standardisierung kann ich von nicht gut tionsprozess zu definieren, der für unserer Seite nicht bestätigen. die großen Wissenschaftsverlage ONIX ist ein durchaus erfolg- auf die An- genauso gilt wie für einen klei- reiches Beispiel für Standards in nen Kochbuchverlag. Von Daten- Verlagen. Dieser Standard wird forderungen standards für die Abbildung der allerdings durch unterschiedliche Inhalte ganz zu schweigen: Dafür ONIX-Mapper, durch unterschied- der Medien- ist unsere Branche zu vielfältig. liche Anforderungen verschiede- ner Empfänger oft aufgeweicht. unternehmen Und umgekehrt stellen wir fest: Eine gemeinsame Lobbyarbeit, Aber dieser Trend ist nicht von passen. Was das Schaffen eigener Standards, den Verlagen befeuert, sondern um die ganze Branche digital nach kommt eher von der Empfänger- wiederum an vorne bringen, wurde jahrelang seite, etwa den großen Shops. tatsächlich sträflich verschlafen. Aber auch die elektronischen Pro- der Kleinteilig- duktionsaufträge, die wir zusam- Aber ich glaube, dass der men mit Bonnier und jetzt auch keit unserer Wunsch nach Standardisierung mit dem Aufbau Verlag umgesetzt Branche liegt.“ eher wächst. Das hat durchaus auch etwas mit Corona, digita- haben, basieren auf Standardisie- rung. Der Impuls kam aus den Ver- Tobias Ott lem Arbeiten, digitalem Lesen lagen, insofern würde ich schon und anderen Veränderungen zu sagen, die Bereitschaft zu Verän- tun – eigentlich mit der gesam- derungen und zu Optimierungen ten digitalen Lebenswirklichkeit, ist durchaus gegeben. in der wir als Verlage aufwachen und feststellen: Wir gehören noch Ott: Ich glaube, wir müssen hier nicht richtig dazu. Und um in der differenzieren. In der Frage wer- digitalen Welt anzukommen, ist den „Standards“ und „Standard- es geradezu widersinnig, sich alles 33 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche selbst auszudenken. Ich muss Ott: Vielleicht müssen wir auch mich auf etablierte Verfahren ein- den Begriff Standards noch ein lassen und verlassen können. Und bisschen eingrenzen, dies ist ja dafür bedarf es tatsächlich noch ein unglaublich inflationär ge- des einen oder anderen Standards. brauchter Begriff. Dominik Huber hat jetzt vor allem über Standards Huber: Würde ich absolut unter- „Wir als gesprochen, die die Produktion streichen. Und das Problem ist unterstützen. Wir beschäftigen sicherlich auch die Kleinteiligkeit Anbieter uns mit einem anderen Bereich, der Branche. Wir sprechen ja auch nämlich mit Datenformaten, um von Verlagen, die vielleicht nur sehen, wie die eigentlichen Verlagsinhalte 15, 20, 30 Mitarbeiter haben, in viele Daten in digital abzubilden. denen häufig weder die personel- len noch finanziellen Kapazitäten der Zwischen- Und wieder kommt uns die vorhanden sind. Deswegen ist Vielfalt unserer Branche in die es umso wichtiger, dass wir Gre- zeit in unseren Quere: die verschiedenen Verlags- mien schaffen, in denen relevan- sparten lassen sich hinsichtlich te Themen verlagsübergreifend Systemen einer „Content Strategie“ nicht diskutiert werden. Diesen Prozess wollen wir auch forcieren, zumin- abgelegt gleichbehandeln. Ein Kochbuch- verlag hat einfach andere Anfor- dest in der Zusammenarbeit mit werden und derungen an die Abbildung seiner den PONDUS-Kunden. Wir haben Inhalte und plant andere digitale damit begonnen, die Experten wie wenig Geschäftsmodelle als beispiels- aus den Verlagen in User-Groups weise ein Belletristik-Verlag, ein zusammenzubringen und neue dann leider mit juristischer Loseblattverlag oder Funktionalitäten gemeinsam zu ein Ratgeberverlag. spezifizieren. diesen Daten Ein gutes Beispiel ist das gemacht wird. In allen anderen Branchen außerhalb der Verlagsbranche Aufgaben-Termin-Management, Wir sehen sind Datenstandards zur Über- das wir jetzt vollkommen frei mittlung, zum Austausch, über konfigurierbar implementiert ha- unsere Aufgabe Schnittstellen und so weiter ben. Die Funktionalität wurde mit eigentlich immer Mittel zum Experten aus vielen unterschiedli- auch darin, auf Zweck: Es geht nicht darum, chen Verlagen erarbeitet, und bil- diese Daten selbst zu vermarkten, det die teilweise sehr unterschied- Möglichkeiten sondern etwas Drittes zu ermög- lichen Verlagsprozesse flexibel ab. hinzuweisen, lichen, eine Dienstleistung oder Die verschiedenen Themenfelder ein Produkt zu vermarkten, in und Zielgruppen, welche unsere Prozesse zu einem Handbuch zu dokumentie- Verlagskunden bedienen, führen ren oder ähnliches. auch zu differierenden Anforde- optimieren rungen. Beispielsweise in einem Wir sind die einzige Bran- Taschenbuchverlag oder einem und zu stan- che, die tatsächlich ausschließ- Verlag, der primär im Textbereich unterwegs ist, oder etwa einem dardisieren. “ lich vom Content selbst lebt. Und diesen Content digital zu Ratgeberverlag, wie Frech, der Dominik Huber sichern in einer digitalen Zeit, in sehr kleinteilig granulare Produkte einer digitalen Gesellschaft, ist mit Anleitungen verschiedenster so elementar, dass ich glaube, das Autoren und vielen Bildern pro- sollte nicht jeder einzelne Verlag duziert. Dies führt zu unterschied- allein verantworten müssen. Hier lichen Entstehungsprozessen der müssen wir auf weithin akzeptier- Produkte, welche wir im System te Standards zurückgreifen. Zum dynamisch abbilden müssen. einen, um keine „Anfängerfehler“ 34 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche zu machen. Und zum zweiten, Huber: Ich denke, wir haben hier Nehmen wir mal ein Bei- weil wir in dem Moment, wo jeder auch schon einen ganz wesent- spiel aus einer anderen Branche: Verlag seine Inhalte in anderer lichen Unterschied identifiziert, Unternehmen wie zalando wä- Weise abspeichert, schon einen der das Zusammenspiel zwischen ren doch nie erfolgreich gewe- Webfehler auf dem Weg ins digi- Systemen, wie denen von PON- sen, wenn sie sich erstmal drum tale Zeitalter eingebaut haben: DUS auf der einen und Pagina hätten kümmern müssen, Mil- Die Daten sind untereinander auf der anderen Seite, beschreibt. lionen Haushalte mit Browsern nicht kompatibel. Wie soll da die PONDUS steuert die Prozesse auf auszustatten, oder sich um Ab- digitale Transformation einer der Meta-Ebene, stößt Produk- rechnungssysteme zu kümmern. ganzen Branche gelingen? tionsprozesse an und „managed“ Stattdessen konnte man auf eine die damit verbundenen Aufgaben digitale Infrastruktur aufsetzen. Die Erkenntnis, dass ein Da- und Termine, während Pagina die Das gilt für alle digitalen Ge- tenstandard nicht nur dazu dient, tatsächlichen Inhalte strukturiert schäftsmodelle. Und viele sol- Kosten zu reduzieren, sondern verwaltet. Wenn wir diese beiden cher digitaler Geschäftsmodelle möglicherweise eine Vitalfunkti- Ansätze verbinden, lässt sich für unsere Branche werden erst on ist, um in der digitalen Gesell- der Workflow von der Planung entstehen, wenn wir problemlos schaft überhaupt zu überleben, und Manuskriptabgabe bis zum auf den Content zugreifen kön- um teilzuhaben an den ganzen wirklich fertigen Produkt stärker nen – idealerweise sogar verlags- digitalen Vermarktungsprozessen automatisieren. Daraus ergeben übergreifend. Denken Sie an den etc. – diese Erkenntnis setzt sich sich sehr viele spannenden Mög- Schulbuchmarkt: Es ist dem ein- so langsam durch. lichkeiten, deswegen brauchen zelnen Lehrer doch nicht zu ver- wir aber auch eine weitgehendere mitteln, warum er zwischen zwei ONIX als Metadatenstan- Standardisierung von Prozessen. Unterrichtsstunden die komplette dard etwa ist bewusst so an- Infrastruktur wechseln muss, nur gelegt, dass er für alle Verlags- Solche Entwicklungen werden doch weil das eine Lehrwerk von Verlag sparten funktionieren kann. Bei eigentlich nur von den Technologie- A und das zweite von Verlag B den eigentlichen Inhalten ist das unternehmen in der Branche ange- kommt. Und das wäre auch mein schwieriger – und die Verlage re- stoßen, mit entsprechendem Know- Appell an die Gremien, hier an agieren hier auch empfindlicher, how im Hintergrund. Und natürlich der Schaffung von Standards mit- wenn ihre Inhalte nicht optimal auch mit dem Wissen über die aus zuwirken. Und auch gemeinsame abgebildet werden können. Hier der Zusammenführung von Systemen Visionen und Ziele zu definieren, bedarf es also eher Verlagsspar- und Prozessen entstehenden Syn- wofür solche Standards eigentlich ten-Standards. Für einige Dis- ergieeffekte. Und eigentlich nicht dienen sollen. ziplinen gibt es diese schon, für zwingend von den Verlagen. andere noch nicht. Huber: Wir als Anbieter sehen z. Ott: Ich hätte mir hier immer B., wie viele Daten in der Zwi- Wenn wir über die Verein- eine größere Beteiligung der schenzeit in unseren Systemen heitlichung von Verlagsprozessen Verlage an diesem Diskurs ge- zusammengefasst und abgelegt sprechen, geht es eher um einen wünscht. Es ist die Frage, wer werden. Und wie wenig dann „Prozess-Baukasten“. Dieser be- eine Lösung oder Bedarf triggert. leider mit diesen Daten wiederum steht aus sogenannten Sub-Pro- Und das ist die typische Henne- gemacht wird. Oder wo System- zessen, die zu einem Gesamtpro- Ei-Frage. Kommen zuerst die brüche entstehen. Wir sehen zess kombiniert werden können, digitalen Geschäftsmodelle und unsere Aufgabe auch darin, auf ohne dass man alle Subprozesse man sucht anschließend nach Möglichkeiten hinzuweisen, etwa anwenden muss. Einen elaborier- einem passenden Datenmodell um Prozesse zu optimieren und ten Prozess für die Bild-Beschaf- dafür, oder entsteht zunächst zu standardisieren. fung oder Bildrechteverwaltung ein Standard, aus dem, wenn er braucht nicht jeder Verlag, Pro- sich durchsetzt, neue Geschäfts- Nur ein Beispiel: Wir erzeu- zesse für die Lektoratsarbeit oder modelle entstehen? Solange der gen elektronische Produktions- die Übergabe der Daten an Dru- Standard noch nicht da ist, gibt aufträge aus dem System heraus, ckereien oder in einen E-Book- es nichts, an dem ein Verlag an- übergeben diese über Schnitt- Prozess hingegen schon. knüpfen kann. Das ist eine große stellen an die Druckereien, etwa Einstiegshürde. die Höhe der gedruckten Auflage. 35 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche Von den Druckereien bekommen herauskommt – über die Bedarfe zwischen Prozess- und Produktions- wir aktuell aber nur einen Status eines einzelnen Verlages hinaus. systemen. Welche konkreten An- und keine Termine oder Mengen wendungsszenarien wären denn hier zurückgespielt. Kommt dann Der Anlass für die Zusam- denkbar? irgendwann viel später der Lie- menarbeit zwischen pagina und ferschein von der Druckerei zum PONDUS war ein ganz konkreter. Ott: Ich denke da vor allem Verlag, muss der Hersteller die pagina ist Urheber von parsX, an neue Geschäftsmodelle und Zahl der tatsächlich gedruckten einem XML-Datenformat, das wir Produkte. Ich greife nochmal das Bücher manuell eingeben. Man vorletztes Jahr im Rahmen eines Beispiel digitales Lernen auf: weiß eigentlich viel später, wie Drittmittelprojekts Open Access Wir stellen im Moment fest, dass viele Bücher der Verlag überhaupt gestellt haben, um der Verlags- eigentlich alle großen Schulbuch- bekommen hat, und das löst zu- branche ein einheitliches Daten- verlage sich auf einen gemeinsa- dem einen manuellen Prozess format anzubieten. men XML-Standard eingelassen aus. Dafür gibt es unwahrschein- haben. Und das führt im Moment lich viele Beispiele, bei denen wir Wir haben parsX in enger dazu, dass nolens volens die ansetzen und uns überlegen, ob Abstimmung mit insgesamt 16 Verlagsinhalte aus unterschied- man das nicht optimieren kann. Verlagen, die mitgewirkt haben, lichen Häusern erstmalig in einem Im beschriebenen Beispiel lässt entwickelt – und hier stimme einheitlichen Format vorliegen. sich das Problem relativ ein- ich Dominik Huber absolut zu, Und das könnte die Grundlage fach durch eine Erweiterung der dass die Entwicklung nur zusam- für Verlage sein, in bestimmten Schnittstelle lösen. Der Vorschlag men mit Verlagen sinnvoll ist. Geschäftsbereichen zusammen- ist aus dem Dialog zwischen zwei parsX umfasst neben der kos- zuarbeiten ‑ im Sinne und zum Dienstleistern – in diesem Fall tenlosen XML-Grammatik auch Nutzen der SchülerInnen und CPI und PONDUS – entstanden. lizenzpflichtige Tools, um aus Lehrkräfte. Wir könnten in we- parsX-Daten sämtliche typische nigen Jahren erstmalig auf einen Ott: Das Spannende in der Zu- Verlagsmedien hochautomati- Content-Schatz zugreifen, der sammenarbeit unserer beiden siert zu produzieren. Und unser überhaupt erst neue Geschäfts- Firmen ist, dass wir zusammen Kunde Holtzbrinck setzt PONDUS modelle erlaubt. Ich denke hier die beiden wichtigsten Bereiche und parsX ein und bat uns, eine etwa an Lernplattformen, die den für den Eintritt eines Verlages in Schnittstelle zwischen den beiden einzelnen Schüler, die einzelne die digitale Welt abbilden: Bei Softwares zu entwickeln, also eine Schülerin in den Mittelpunkt stel- PONDUS alles rund um Metada- Verbindung der beiden System- len, was nur verlagsübergreifend ten und bei pagina alles rund um bereiche Metadaten und Content- funktionieren kann. Und das ist den eigentlichen Verlagscontent. Daten. auch ein Beispiel für meine feste Wir wollen diese Bereiche so weit Überzeugung: wenn Standards da wie möglich standardisieren und Wir haben über die Wichtigkeit von sind, dann entstehen auch neue Prozesse so verbinden, dass am Standards gesprochen, auch über Geschäftsmodelle. Ende etwas maximal Nützliches Möglichkeiten eines Zusammenspiels 36 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche Eine andere User Story, die sich die Mehrfachverwertung erst ich immer sehr gerne verwende richtig. und auch mit meinen Studenten von der HdM zusammen ausge- Das hängt entscheidend von arbeitet habe, ist folgende: Es soll zwei Faktoren ab: einmal das Er- möglich sein, dass mir der Buch- schließen von Umsatzpotenzialen. händler meines Vertrauens mir Und dann das möglichst schnelle mehrere Leseproben individuell und günstige Produzieren der zu einem Leseproben-E-Book Ausgabeformate. zusammenstellen kann. Er geht an den Rechner, sagt „Okay, Sie Die granulare Content-Ver- interessieren sich für Schweden- waltung drängt sich im Ratge- Krimis“ – dann gibt es vier Klicks berbereich natürlich besonders und ich bekomme ein E-Book, das auf. Da sind die Produkte schon besteht aus den Leseproben von deutlich kleinteiliger und haben vier verschiedenen Verlagen, in auch mehr Potenziale zur Ver- einem E-Book zusammengefasst, marktung. und hinten an jeder Leseprobe ist der Link auf den Shop des Buch- Die Metadaten spielen händlers dran. So könnten wir die natürlich auch hier wieder eine Wertschöpfungskette verlängern, große Rolle, also das Verwalten so könnten wir auch den statio- dieser Metadaten auf Content- nären Buchhandel wieder einbe- Ebene. Diese müssen aber deut- ziehen in digitale Verkäufe, weil lich umfangreicher und passender er seiner Aufgabe nachkommen sein als es heute oft noch der Fall kann, zu beraten, und das eben ist. Auch hier sind Automatismen auch modern in einem digitalen wichtig, etwa das automatische Format tun kann. Und ich kann Auslesen der Inhalte, Generie- mich als Kunde verlagsübergrei- ren von Schlagwortvorschlägen fend beraten lassen und muss beziehungsweise Ableiten von jetzt nicht vier einzelne Lesepro- Klassifikationen. Hier ist durch ben mit nach Hause nehmen. technische Unterstützung noch vieles möglich, das derzeit nicht Huber: Das Thema granulare ausgeschöpft wird. Content-Verwaltung ist auf jeden Fall zukünftig ganz wesentlich. Ein weiterer Aspekt, den wir Das ist auch eine Möglichkeit zu uns vorstellen, ist die Optimie- erkennen, welche Schätze in den rung und Automatisierung des Verlagsdatenbanken schlummern gesamten Produktlebenszyklus. und weitere Erlöspotentiale zu Und viele Dinge, die in der Ver- erschließen. Entscheidend ist, gangenheit schon entstanden dass diese Assets dann aber auch sind oder gerade entstehen, schnell und günstig verwertet greifen hier langsam, aber sicher werden können. Wenn der manu- ineinander, um diese Vision auch elle Aufwand, aus einem Kapitel zu verwirklichen. ein E-Book oder ein Download- Produkt erzeugen zu können, zu Um auch hier einmal ein groß ist, dann rechnet sich das konkretes Beispiel zu nennen, am Ende nicht. Aber wenn ich stellen wir uns die Frage: wie hier einen hohen Automatisie- findet eigentlich ein Nachdruck- rungsgrad habe und digitale Pro- prozess zukünftig statt? Im Rah- dukte sozusagen auf Knopfdruck men unserer KI-Aktivitäten sind erzeugen kann, dann rechnet wir gerade dabei, ein Forecasting 37 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche auf Basis von Absatzprognosen und andere Mechanismen ein belie- wichtig – aber es ist nicht mehr als und Algorithmen zu entwickeln. biges von mir gewünschtes Produkt eine lebensverlängernde Maß- Wenn wir die Kassendaten der in einer Minimalauflage von einem nahme für Verlage. Und das reicht Buchhandlungen in den Prozess Stück. Oder, in kurz: Ich gebe vorne in meinen Augen nicht. Wenn wir der Nachauflagenplanung ein- meine Parameter ein und erhalte auf sagen, wir haben in einer sich ver- beziehen, wissen wir deutlich Knopfdruck hinten das fertige Pro- ändernden Gesellschaft mit gerin- früher, wann der berühmte Sta- dukt. Wieviel Traumvorstellung steckt geren Auflagen zu kämpfen und pel in der Buchhandlung kleiner in diesen Gedanken? wir reagieren darauf reflexartig wird. Also schon deutlich bevor mit dem Mittel der Kostenoptimie- bei der Auslieferung eine Bestel- Huber: Ich finde, das ist sehr rea- rung, dann fehlt der visionäre Teil. lung eingeht, und der Verlag ggf. listisch – bei PONDUS arbeiten wir Ja, ich kann mit PrintCSS meine eine Knappmeldung erhält. Und ja schon geraume Zeit an diesem Satzkosten radikal senken. Aber wenn wir nun noch die Wieder- Cockpit. Durch das Zusammen- der revolutionäre und visionäre beschaffungszeit über den auto- spiel mit anderen Systemen wie Aspekt dieser Technologie ist ein matisierten Produktionsprozess das von Pagina laufen automati- anderer: Endlich können Verlage einbeziehen, lässt sich das Risiko sierte Prozesse ab, die mit mög- individuelle Produkte vollauto- von Lieferengpässen deutlich lichst geringem oder idealerweise matisiert fertigen. Ich kann mit reduzieren. keinem manuellen Aufwand die PrintCSS also einem gesellschaft- gewünschten Produkte generiert. lichen Megatrend begegnen, der Denken wir uns doch einmal folgen- Individualisierung unserer Gesell- des Szenario: ich identifiziere über Ott: Alles, was wir jetzt gerade dis- schaft. Damit wird Auflage 1 nicht mein Verlags-Cockpit ein bestimm- kutieren, ist richtig und wichtig für zum mathematisch logischen Ende tes Thema, für das eine Zielgruppe die nächsten Jahre, damit die Ver- einer Auflagenreduktion, sondern existiert. Dann selektiere ich Content- lage gut durch den digitalen Wan- ein neues, innovatives Geschäfts- Einheiten, versehe diese automatisiert del kommen. Wir sprechen gerade modell mit neuen Produkten, die mit Metadaten, natürlich alles mit über das Thema Produktionsop- Wachstum versprechen. einer automatisierten Rechtever- timierung, um auf schrumpfende waltung hinterlegt, vielleicht sogar Märkte zu reagieren, also kleinere Noch weiter in die Zukunft einem Honorarabrechnungssystem. Auflagen kosteneffizient herstel- gedacht: in wenigen Jahren wird Dann produziere ich über Print CSS len zu können. Das ist richtig und PrintCSS wahrscheinlich in jedem 38 dpr # 05/2021
sponsored: Datenstandards in der Medienbranche Browser laufen. Wir werden also Wir müssen noch zwei Huber: Die Infrastruktur, die To- in Deutschland Hunderte Mil- andere Bereiche mit einbeziehen: bias Ott gerade angesprochen hat, lionen installierte Satzsysteme unseren Beschaffungsmarkt, näm- ist hier essenziell. Denn ansonsten haben, mit denen jedermann PDF lich die Autorinnen und Autoren kann ein Verlag seine Substanzen professionell ausgeben kann. Das und unsere Absatzmärkte, also die schlicht nicht verwerten. wird auch in Teilen das Verständ- Leserinnen und Leser. nis dafür verändern, welche Rolle Mit Sicherheit gibt es hier Verlage in Zukunft haben werden. Die Anbindung von Autorin- spannende Ansätze, zum Beispiel Und das wird nicht sein – um es nen und Autoren wird eine immer durch den Einsatz schwacher KI- provokativ zu formulieren – Bäu- wichtigere Aufgabe für Verlage. Marktimpulse abzufragen, auto- me bedrucken zu können. Wir müssen ihnen eine digitale matische Mappings zu erstellen, Heimat bieten, damit sie nicht ins und damit Entscheidungsprozes- Ganz ähnlich ist die Auf- Selfpublishing abwandern. Wir se in den Verlagen anzustoßen. gabenstellung hinsichtlich der brauchen eine Infrastruktur für Oder auch Impulse zu geben, über Barrierefreiheit. Ist diese ein eine kontinuierliche Zusammen- welche Themen zum Beispiel im notwendiges Übel, das ich mehr arbeit an permanent aktualisierten Internet gesprochen wird und wel- schlecht als recht an meine Pro- Inhalten. che Themen in den inhaltlichen zesse hinten anbinde, wird bar- Substanzen schlummern. rierefreies Publizieren immer ein Und für die Leserinnen und ungeliebtes, notwendiges Übel Leser müssen sich Verlage im- Ich bin hier ein großer sein. Gleichzeitig kommt der mer wieder fragen: haben wir das Freund eines iterativen Vorgehens European Accessibility Act jetzt ja richtige digitale Produkt bzw. wie und der Erschließung nahelie- so langsam in die Implementie- verändern sich diese Produkte? gender Quick Wins. Nehmen wir rungsphase, was vielen Verlagen Und daraus ergibt sich, ob wir die beispielsweise das automatische Magenschmerzen bereitet. Jetzt richtigen Prozesse haben, um agil Generieren von Titeleien. Alle drehen wir den Spieß einmal um: auf Marktveränderungen reagieren Daten, die dafür benötigt werden, In dem Moment, in dem ich mei- zu können. Wir haben es heute mit liegen zum Beispiel in unserem ne Prozesse und Daten im Griff einem sehr schnelllebigen Markt System. Genauso die Technologie, habe, sollte eine voll barrierefreie zu tun, während unsere Branche um das umzusetzen. Fakt ist aber, Produktion schlicht das normale aus einem Umfeld kommt, wo wir dass dies im Moment nur einer sein. Und genau das sollte es für 500 Jahre Zeit hatten, um unser unserer Kunden nutzt, dafür aber Verlage auch sein: nämlich unser Produkt – das Buch – immer mit viel Erfolg. Auch hier war der selbstverständlicher Beitrag zu weiter zu optimieren. Ich bin mir Verlag Impulsgeber. Und dabei einer bunten und inklusiven Ge- sicher, wir schöpfen das Potenzial lernen wir auch selbst. Im Rahmen sellschaft. Für mich ist Barriere- an möglichen neuen Verlagspro- dieses Lernens entstehen dann freiheit ein Aspekt der globalen dukten überhaupt nicht aus, auch auch wieder neue Impulse, das Nachhaltigkeitsziele der Vereinten nicht bei gedruckten Produkten. Ganze noch zu erweitern und aus- Nationen und ein künftiges Merk- Während man sich heute sogar zubauen. mal professioneller Verlagsarbeit, seine Turnschuhe individuell mit dem wir unsere gesellschaft- designen kann, gilt bei Büchern Deswegen bin ich immer ein liche Rolle neu definieren. immer noch das alte Prinzip der großer Fan davon, auf jeden Fall Auflagenproduktion. die langfristige Perspektive, die Ich würde mir wünschen, Vision zu haben, aber auch nicht dass die neuen Vorgaben zur Das heißt, Verlage sollten zu lang zu warten, sondern auch Barrierefreiheit von vielen Verla- sich um eine skalierbare Infra- einfach mal zu machen. gen als Chance begriffen werden, struktur kümmern, die sich pro- über ihre Prozesse systematisch blemlos erweitern lässt auf neue Vielen Dank für das Gespräch! nachzudenken und sich techno- Geschäftsmodelle. Und die gleich- logisch neu aufzustellen. Und zwar zeitig durch Prozessoptimierung nicht nur, um die verlagsinternen Einsparpotenziale freisetzt und Das Interview führte Steffen Meier Prozesse zu optimieren. Darüber den finanziellen Freiraum ver- haben wir jetzt ja schon ausführ- schafft, um auf diese neuen Märkte lich gesprochen. auch adäquat reagieren zu können. 39 dpr # 05/2021
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