Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich - Bundesagentur für ...

Die Seite wird erstellt Karl-Stefan Schröder
 
WEITER LESEN
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich - Bundesagentur für ...
Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt Mai 2022

Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich
Arbeitsmarktsituation schwerbehinderter Menschen 2021

Impressum
Produktlinie/Reihe:          Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt

Titel:                       Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Veröffentlichung:            Mai 2022

Herausgeberin:               Bundesagentur für Arbeit
                             Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung

Rückfragen an:               Kirsten Singer
                             Nicole Fleischer
                             Regensburger Straße 104
                             90478 Nürnberg

E-Mail:                      arbeitsmarktberichterstattung@arbeitsagentur.de

Telefon:                     0911 179-1080

Fax:                         0911 179-3632

Internet:                    http://statistik.arbeitsagentur.de

Zitierhinweis:               Statistik der Bundesagentur für Arbeit
                             Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich, Nürnberg,
                             Mai 2022

Nutzungsbedingungen:         © Statistik der Bundesagentur für Arbeit

                             Sie können Informationen speichern, (auch auszugsweise) mit Quellenangabe weiter-
                             geben, vervielfältigen und verbreiten. Die Inhalte dürfen nicht verändert oder ver-
                             fälscht werden. Eigene Berechnungen sind erlaubt, jedoch als solche kenntlich zu ma-
                             chen.

                             Im Falle einer Zugänglichmachung im Internet soll dies in Form einer Verlinkung auf
                             die Homepage der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfolgen.

                             Die Nutzung der Inhalte für gewerbliche Zwecke, ausgenommen Presse, Rundfunk
                             und Fernsehen und wissenschaftliche Publikationen, bedarf der Genehmigung durch
                             die Statistik der Bundesagentur für Arbeit.

2
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze .................................................................................................................................................................. 4
1         Einleitung ............................................................................................................................................................................... 5
2         Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ........................................................................................ 7
    2.1       Erwerbstätigkeit ................................................................................................................................................................. 7
    2.2       Geringfügige Beschäftigung .............................................................................................................................................. 7
    2.3       Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ..................................................................................................................... 7
    2.4       Entgelte ............................................................................................................................................................................. 9
    2.5       Strukturmerkmale ............................................................................................................................................................ 10
3         Arbeitslosigkeit ..................................................................................................................................................................... 13
    3.1       Entwicklung ..................................................................................................................................................................... 13
    3.2       Dynamik und Dauer ......................................................................................................................................................... 14
    3.3       Strukturmerkmale ............................................................................................................................................................ 15
4         Arbeitskräftenachfrage ......................................................................................................................................................... 17
    4.1       Gemeldete Stellen ........................................................................................................................................................... 17
    4.2       Arbeitslosen-Stellen-Relation .......................................................................................................................................... 17
5         Fachkräfteengpässe............................................................................................................................................................. 19
6         Förderung der beruflichen Weiterbildung zu Pflegefachkräften ........................................................................................... 21

                                                                                                                                                                                                    3
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Das Wichtigste in Kürze
    •   2021 waren in Deutschland knapp 1,7 Millionen Pflegekräfte sozialversicherungspflichtig beschäftigt. So-
        wohl langfristig als auch während der Corona-Pandemie ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
        in der Pflege stärker gewachsen als die Beschäftigung insgesamt.

    •   Pflegeberufe sind weiterhin eine Frauendomäne: Ein Großteil der Beschäftigten ist weiblich – allerdings
        steigt der Anteil männlicher Pflegekräfte beständig. Teilzeitbeschäftigung ist weit verbreitet. Auch die Zeit-
        arbeit hat sich – auf unauffälligem Niveau – etabliert.

    •   Nachdem die Arbeitslosigkeit in der Pflege über Jahre hinweg rückläufig war, ist sie 2020 coronabedingt
        angestiegen. Der Anstieg lag jedoch unter dem der Arbeitslosigkeit insgesamt. Im Jahr 2021 hat es keine
        merkliche Veränderung der Arbeitslosenzahl gegeben.

    •   Die Zahl der gemeldeten Stellen für Fachkräfte in Pflegeberufen übersteigt die der Arbeitslosen deutlich.
        Bei Pflegehelfern stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Ihre Situation hat sich im Zuge der Corona-
        Pandemie noch einmal verschlechtert.

    •   Nahezu alle Indikatoren der weiterentwickelten Engpassanalyse weisen auf deutliche bestehende Fach-
        kräfteengpässe hin.

    •   In der Risikobetrachtung lässt insbesondere das geringe Substituierbarkeitspotenzial in der Pflege keine
        nennenswerte Entspannung dieser Engpässe erkennen.

    •   Erfolgreiche geförderte Aus- und Weiterbildungen von Pflegekräften bieten beste Chancen für eine Arbeits-
        aufnahme am ersten Arbeitsmarkt.

4
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

1 Einleitung
Die demografische Entwicklung, aber auch der medizinische                  noch nicht abgelesen werden. Erkennbare unmittelbare Aus-
Fortschritt haben bereits in der Vergangenheit dazu geführt,               wirkungen werden bei den einzelnen Kapiteln dargestellt.
dass der Bedarf an Pflegepersonal in der Kranken- und Al-
tenpflege gestiegen ist. Diese Entwicklung wird sich fortset-              Insgesamt sind die Auswirkungen am Arbeitsmarkt im Be-
zen. So hat sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in                reich der Pflege geringer als im Durchschnitt über alle Be-
Deutschland in den letzten Jahren deutlich erhöht. Das Sta-                rufe. Das Beschäftigungswachstum dürfte nur etwas schwä-
tistische Bundesamt weist in seiner Pflegestatistik für 2019               cher gewesen sein, als es ohne die Pandemie gewesen
eine Zahl von bundesweit 4,1 Millionen pflegebedürftigen                   wäre, und im Gegensatz zur Gesamtbeschäftigung blieb die
Menschen aus (aktuellere Daten werden für Juli erwartet)1.                 Veränderung zum Vorjahr durchweg deutlich positiv. Die
Im Vergleich zum letzten Erhebungszeitpunkt 2017 waren                     Zahl der arbeitslosen Pflegekräfte ist zwar gestiegen, betrof-
das rund 713.000 bzw. 21 Prozent Pflegebedürftige mehr.                    fen sind allerdings in erster Linie Personen, die eine Helfertä-
Neben der wachsenden Zahl an Pflegebedürftigen ist ein Teil                tigkeit suchen. Gleichzeitig ist der Rückgang bei den bei der
dieses hohen Anstieges noch auf Effekte des seit dem 1. Ja-                Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Stellen für Pflegebe-
nuar 2017 weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu-                rufe im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 leicht unter-
rückzuführen. Für die Zahl der Leistungsbezieher der sozia-                durchschnittlich. Das Vorkrisenniveau wurde jedoch noch
len Pflegeversicherung, die sich in etwa parallel zur Zahl der             nicht wieder erreicht. Hierfür dürfte die Corona-Pandemie al-
Pflegebedürftigen insgesamt entwickelt, weisen die Pflege-                 lerdings nur einer der Gründe sein.
kassen für das Jahr 2021 einen weiteren Anstieg um gut
acht Prozent2 aus.                                                         In der Förderung der Beruflichen Weiterbildung zeigten sich
                                                                           – wie bei den übrigen Aus- und Weiterbildungszielen – deut-
Im Jahr 2019 stellten Pflegekräfte 29 Prozent der 5,7 Millio-              liche Rückgänge, denn die Ausbildungsträger im Bereich der
nen Beschäftigten des gesamten Gesundheitspersonals2.                      Pflege waren durch die Kontaktbeschränkungen ebenfalls
                                                                           massiv eingeschränkt. Auch im Laufe des Jahres 2021
Die Zahl der Pflegebedürftigen dürfte in Folge der Alterung                zeigte sich hier keine positive Wendung.
der Gesellschaft und bei weitgehend konstanten Pflegefall-
wahrscheinlichkeiten auch weiter zunehmen. Das Gesund-                     PFLEGEBERUFEREFORMGESETZ
heitsministerium rechnete zuletzt für 2050 mit rund 6,5 Millio-
nen Pflegebedürftigen in der sozialen Pflegeversicherung3.                 Am 1. Januar 2020 trat das Pflegeberufereformgesetz4 in
                                                                           Kraft. Dieses hatte u.a. das Ziel, die Pflegeberufe attraktiver
Damit einher geht ein weiter steigender Bedarf an Pflege-                  zu machen und führte die Ausbildungen in der Gesundheits-
kräften. Auch wenn die Prognosen über die zu erwartende                    und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkranken-
Versorgungslücke unterschiedlich ausfallen, stellt dies eine               pflege sowie der Altenpflege zur Pflegefachkraft zusammen.
Herausforderung für die künftige Fachkräftesicherung dar.                  Der Wechsel zwischen den Berufen sollte so erleichtert und
Sie wird verschärft durch die Tatsache, dass bereits jetzt ein             den Pflegefachkräften ein breiteres Tätigkeitsfeld eröffnet
bundesweiter Fachkräftemangel bei examinierten Pflege-                     werden. Ebenfalls wurde geregelt, dass Auszubildende zur
fachleuten in nahezu allen Bereichen herrscht.                             Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann verpflichtend eine
                                                                           Ausbildungsvergütung erhalten.
Neben diesen immensen Herausforderungen spielen seit An-
fang 2020 zwei weitere Themen eine besondere Rolle in der                  Bis Ende 2025 soll überprüft werden, ob für die gesonderten
Pflege: die Corona-Pandemie und die neue gesetzliche Aus-                  Berufsabschlüsse in der Altenpflege oder Gesundheits- und
bildungsgrundlage für Pflegefachkräfte.                                    Kinderkrankenpflege weiterhin Bedarf besteht. Die ersten
                                                                           Ausbildungen nach den neuen Richtlinien begannen im
CORONA                                                                     Frühjahr 2020.

Die Corona-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, welche                        Absolventen gibt es folglich noch nicht. Gleichwohl wird in
enorme gesellschaftliche Bedeutung die Pflege hat. Struktu-                den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zu Beschäfti-
relle Auswirkungen können anhand der vorliegenden Daten                    gung, Arbeitslosigkeit und offenen Stellen die jeweils
1                                                                          4
  Statistisches Bundesamt Daten zu Gesundheit und Pflege                    Informationen zum Pflegeberufereformgesetz BGBl Jg. 2017 Teil I Nr. 49
2
  Statistisches Bundesamt Gesundheitspersonalrechnung                      vom 24. Juli 2017 Seite 2581 Gesetz über die Pflegeberufe (aktuelle Fassung)
3
  Bundesministerium für Gesundheit Zahlen und Fakten zur Pflegeversiche-
rung (April_2022)

                                                                                                                                                     5
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

ausgeübte oder angestrebte Tätigkeit erfasst, so auch die                           Die Identifikation von Einrichtungen, in denen Pflegekräfte
der Pflegefachkraft. Verschiebungen durch die Reform sind                           ganz überwiegend beschäftigt sind (Krankenhäuser oder Kli-
schon deutlich sichtbar, gleichzeitig gibt es noch Erfassungs-                      niken, stationäre Pflegeeinrichtungen sowie ambulante
unsicherheiten5. Da ihr Umfang tendenziell größer werden                            Pflege) erfolgt anhand der gemeldeten Haupttätigkeitsfelder
dürfte, sich aber in der Größenordnung nicht abschätzen                             der jeweiligen Betriebe, in denen die Pflegekräfte beschäftigt
lässt, wird im Folgenden über Pflegekräfte der unterschiedli-                       sind gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige7. Kran-
chen Fachrichtungen gesamthaft berichtet. Dazu werden die                           kenhäuser finden sich in der Wirtschaftsgruppe „861 Kran-
folgenden Tätigkeitsfelder der Klassifikation der Berufe (KldB                      kenhäuser“, für die stationäre Pflege werden die Wirtschafts-
2010)6 summiert:                                                                    gruppen „871 Pflegeheime“ und „873 Altenheime; Alten- u.
                                                                                    Behindertenwohnheime“ zusammengefasst und die ambu-
•    8130     Gesundheits-, Krankenpflege (o.S.)                                    lante Pflege ist unter der Wirtschaftsgruppe „881 Soziale Be-
•    8131     Fachkrankenpflege                                                     treuung älterer Menschen und Behinderter“ zu finden.
•    8132     Fachkinderkrankenpflege
•    8138     Gesundheits-, Krankenpflege (ssT)                                     Eine wichtige Rolle in der Diskussion um die Fachkräftesi-
•    8139     Aufsicht, Führung – Pflege, Rettungsdienst                            cherung in der Pflege spielt auch immer die Entlohnung.
•    821      Altenpflege (einschließlich Führung)                                  Zwei Themen sind hier aktuell von Bedeutung: Die Erhöhung
                                                                                    des Mindestlohns in der Altenpflege8 sowie die Zahl und die
Da zwischenzeitlich in allen Bereichen der Statistik der Bun-                       Höhe der Corona-Boni. Aussagen zu diesen beiden Themen
desagentur für Arbeit entsprechend differenziert berichtet                          können im Rahmen dieser Veröffentlichung allerdings nicht
werden kann, wurde die Abgrenzung präzisiert und anders                             getroffen werden, da ersterer sich in den Daten noch nicht
als in früheren Veröffentlichungen Berufe in der operations-                        auswirkt und Informationen zu Sonderzahlungen, wie bspw.
technischen Assistenz, im Rettungsdienst sowie in der Ge-                           Boni, in der Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit
burtshilfe nicht in die Betrachtung aufgenommen.                                    nicht separat erfasst werden.

5                                                                                   7
  Informationen zur statistischen Erfassung in der Arbeitsmarktstatistik: Hinter-    Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 08)
                                                                                    8
grundinfo Pflegeberufe in den Arbeitsmarktstatistiken                                Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Deutlich höhere Mindestlöhne in
6
  Klassifikation der Berufe 2021 (KldB 2010)                                        der Altenpflege (8. Februar 2022)
  o.S.: ohne Spezialisierung, s.s.T.:sonstige spezifische Tätigkeitsangaben

6
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

2 Erwerbstätigkeit und sozialversicherungs-
  pflichtige Beschäftigung
                                                                     2019 vorliegt.9 Sie zeigt, dass Teilzeitbeschäftigungsverhält-
2.1 Erwerbstätigkeit                                                 nisse weit verbreitet sind. Fast drei Fünftel der Erwerbstäti-
                                                                     gen in diesem Bereich arbeiten mit verringerter Arbeitszeit.
Gemäß der aktuell vorliegenden vorläufigen Daten aus dem
                                                                     Dabei arbeiten rund 62 Prozent der Frauen und 40 Prozent
Mikrozensus waren im Jahr 2021 gut 1,7 Millionen Pflege-
                                                                     der Männer in Teilzeit.
kräfte in Deutschland erwerbstätig. Ihre Zahl hat in den letz-
ten Jahren tendenziell zugenommen, allein gegenüber 2020
                                                                     Insbesondere bei Berufen mit einem hohen Teilzeitanteil ist
um 60.000 (+3,6 Prozent). Als Selbständige üben diesen Be-
                                                                     es in der Diskussion um Fachkräftemangel (siehe Kapitel 5)
ruf nur wenige Menschen aus, die meisten sind abhängig be-
                                                                     und Versorgungslücken hilfreich, neben der absoluten Zahl
schäftigt.
                                                                     der Erwerbstätigen auch die Zahl der sogenannten Vollzeit-
                                                                     äquivalente zu betrachten. Nach Angaben des Statistischen
GROßE MEHRHEIT DER ERWERBSTÄTIGEN IST
                                                                     Bundesamtes entsprachen 2019 die knapp 1,7 Millionen er-
WEIBLICH UND ARBEITET IN TEILZEIT
                                                                     werbstätigen Pflegekräfte 1,2 Millionen Vollzeitäquivalenten
                                                                     (Krankenpflege 0,7 Millionen, Altenpflege 0,5 Millionen)10.
Die große Mehrheit der Pflegekräfte ist weiblich: Etwas mehr
als vier von fünf Erwerbstätigen in der Pflege sind Frauen.
Unabhängig vom Geschlecht sind knapp drei Viertel der Er-            2.2 Geringfügige Beschäftigung
werbstätigen als Fachkräfte tätig.
                                                                     Minijobs haben in der Pflege eine eher geringe Bedeutung
Weitere Strukturdaten zur Erwerbtätigkeit in der Pflege liefert      insbesondere die ausschließlich geringfügige Beschäftigung
die Gesundheitspersonalrechnung, die derzeit für das Jahr            spielt im Bereich der Pflege eine eher untergeordnete Rolle.
Abbildung 1                                                          Über alle Berufe hinweg sind 11 Prozent der Beschäftigten
                                                                     Minijobber, in der Pflege sind es nur 4 Prozent. Zudem war
 Sozialversicherungspflichtig beschäftigte                           der Anteil der ausschließlich geringfügig Beschäftigten in der
 Pflegekräfte                                                        Pflege bis zum Jahr 2020 rückläufig, zuletzt stagnierte er.
Deutschland, jeweils Juni
                                                                     Anders sieht es bei im Nebenjob geringfügig Beschäftigten
                                             1,7 Mio                 aus. Die Zahl der in dieser Beschäftigungsform angestellten
                     1,6 Mio 1,6 Mio 1,6 Mio         Spezialist/
             1,5 Mio                           8%                    Pflegekräfte stieg in den letzten Jahren deutlich stärker als
     1,5 Mio                   8%      8%            Experte         die der Nebenjobber insgesamt. Dies gilt insbesondere für
               8%      8%
       9%                                                            Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in der Pflege.
                                                                     Im Juni 2021 waren elf Prozent aller Nebenjobber als Leihar-
                                                                     beitnehmer beschäftigt, über alle Berufe hinweg waren es
                                                                     nur knapp zwei Prozent. Je nach Lebenssituation kann eine
                                                             Fach-
                                              63%     63%            Kombination aus (reduzierter) Arbeitszeit in der Hauptbe-
                         64%       64%                       kraft
       65%     65%                                                   schäftigung und einem Nebenjob in der Zeitarbeit offenbar
                                                                     durchaus attraktiv sein.

                                                                     2.3 Sozialversicherungspflichtige
                                                                         Beschäftigung
                                                                     Im Juni 2021 belief sich die Zahl der sozialversicherungs-
       27%     27%       28%       29%        29%     29% Helfer
                                                                     pflichtig Beschäftigten mit Pflegeberufen auf knapp 1,7 Millio-
      2016     2017     2018       2019      2020     2021           nen. Im Vergleich zum Vorjahr war das eine Zunahme von
                                                                     44.000 bzw. 2,7 Prozent. Sowohl langfristig als auch
Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

9 Statistisches Bundesamt Gesundheitspersonalberechnung
10
     Ebenda.

                                                                                                                                    7
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

A bbildung 2                                                        nur gut die Hälfte. Ob es sich bei den Pflegehelfern um sol-
                                                                    che mit einschlägiger oder mit fachfremder Ausbildung han-
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte                           delt, kann statistisch leider nicht ausgewiesen werden. Die
Pflegekräfte nach dem Anforderungsniveau                            übrigen acht Prozent der sozialversicherungspflichtig Be-
und ausgewählten Wirtschaftszweigen                                 schäftigten waren als Spezialisten, wie bspw. Fachkranken-
Deutschland, Juni 2021                                              pflegekräfte für Intensivpflege und Anästhesie, oder Exper-
                                                                    ten in Führungspositionen, tätig. Die Verteilung der Anforde-
                    686.000                                         rungsniveaus ist bei den sozialversicherungspflichtig Be-
    Spezialist/                                                     schäftigten in der Pflege im längerfristigen Vergleich relativ
                       10%
    Experte
                                                                    stabil (Abbildung 1). Mit gut zwei Fünfteln war der Großteil
                                         506.000                    der Pflegekräfte in Kliniken und Krankenhäusern beschäftigt.
                                            4%                      In der stationären Pflege arbeiten 30 Prozent und in der am-
                                                                    bulanten Pflege 17 Prozent der Beschäftigten.

    Fach-                                  49%
                       79%                              280.000     Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung unterschei-
    kraft
                                                           6%       det sich in den unterschiedlichen Einrichtungen insbeson-
                                                                    dere in Bezug auf das Anforderungsniveau. Zwar sind exa-
                                                          55%       minierte Pflegefachkräfte in allen Bereichen die größte
                                                                    Gruppe, doch stellen sie in Krankenhäusern mit 79 Prozent
                                                                    aller dort Beschäftigten Pflegekräfte den mit Abstand größten
    Helfer             11%                 47%            39%       Anteil. Auf sie entfielen daher auch fast vier Fünftel des Be-
                                                                    schäftigungszuwachses der letzten fünf Jahre (+44.000 von
                   Kranken-            stationäre       ambulante
                    häuser              Pflege-          Pflege     insgesamt +56.000).
                                     einrichtungen
                                                                    Helfertätigkeiten sind vor allem in stationären Pflegeeinrich-
Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit
                                                                    tungen bzw. ambulanten Diensten von größerer Bedeutung.
                                                                    Sie spielen auch bei der Beschäftigungsentwicklung in statio-
während der Corona-Pandemie ist die Beschäftigung von               nären Pflegeeinrichtungen oder den ambulanten Pflege-
Pflegekräften stärker gewachsen als die Beschäftigung ins-          diensten nach wie vor eine wichtige Rolle: 74 bzw.
gesamt. Die Beschäftigungsstruktur ändert sich hingegen nur
langsam: Der Teilzeit- und Frauenanteil ist weiterhin über-         Abbildung 3

durchschnittlich hoch. Die Anstrengungen zur Fachkräftesi-
cherung und die Migration zeigen sich in spürbar wachsen-           Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
den Ausländeranteilen.                                              Insgesamt und in Pflegeberufen, Vorjahresveränderung in %
                                                                    September 2018 bis September 2021
POSITIVE BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNG IN
DER PFLEGE
                                                                         Pflegeberufe
                                                                        Insgesamt
In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der sozialversiche-
                                                                                                                             +2,4
rungspflichtig Beschäftigten in der Pflege um 189.000 bzw.                                                                  +1,6
                                                                                             +2,3
13 Prozent gewachsen. Jeweils rund die Hälfte dieses                  +2,1                                           +2,3
                                                                                            +1,5
Wachstums gehen auf Helfer und Fachkräfte zurück. Die so-             +2,1
zialversicherungspflichtige Beschäftigung insgesamt wuchs
im gleichen Zeitraum lediglich um acht Prozent.

Von den fast 1,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Be-
schäftigten in Pflegeberufen waren knapp 1,1 Millionen Per-
sonen als examinierte Fachkraft tätig (63 Prozent). 29 Pro-
zent bzw. 488.000 Beschäftigte gingen einer Tätigkeit als
Helfer nach (Abbildung 1), für die üblicherweise keine oder
nur bis zu zwei Jahre Ausbildung erforderlich sind. Allerdings
ist unter den beschäftigten Pflegehelfern der Anteil derer, die                                                     -0,4
eine Berufsausbildung absolviert haben, mit zwei Dritteln
überdurchschnittlich hoch. Zum Vergleich: Bei den sozialver-         Sep 18                 Sep 19                 Sep 20   Sep 21
sicherungspflichtig beschäftigten Helfern insgesamt ist es          Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

8
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

57 Prozent der Zuwächse gingen hier auf Helfertätigkeiten                             nennenswerten Teil allerdings auch die Auswirkungen der
zurück. Ihre Zahl ist im Vergleich zum Jahr 2016 um 40.000                            Corona-Krise sein: Während in vielen Branchen die Inan-
bzw. 33.000 gestiegen (Fachkräfte +13.000 bzw. +21.000).                              spruchnahme der Kurzarbeit sehr hoch war, wurde im Ge-
                                                                                      sundheitswesen coronabedingt häufig mehr gearbeitet. Dies
BESCHÄFTIGUNGSANSTIEG AUCH WÄHREND                                                    hatte entsprechend (gegenläufige) Auswirkungen auf die er-
DER CORONA-PANDEMIE                                                                   zielten Entgelte12.

Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pan-                                  Auch im längerfristigen Verlauf sind die Entgelte in der
demie hat das Beschäftigungswachstum in der Pflege etwas                              Pflege stärker gestiegen als im Durchschnitt. Während fünf
an Dynamik verloren. Anders als bei der Beschäftigung ins-                            Jahre zuvor das Entgelt in Pflegeberufen noch knapp vier
gesamt waren hier allerdings während der gesamten                                     Prozent unter dem durchschnittlichen Entgelt über alle Be-
Corona-Krise deutliche Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr                              rufe hinweg lag, verringerte sich der Abstand bis zum Jahr
zu verzeichnen. Diese lagen zuletzt etwa auf dem Vorkrisen-                           2020 deutlich und lag nur noch ein Prozent unter dem Durch-
niveau (Abbildung 3).                                                                 schnitt.

                                                                                      Beschäftigte Helfer bzw. Fachkräfte machen mit rund 90 Pro-
2.4 Entgelte                                                                          zent den Löwenanteil der Beschäftigten in der Pflege aus,
                                                                                      bei der Beschäftigung insgesamt sind gut 70 Prozent auf die-
Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt11 für vollzeitbe-
                                                                                      sen Anforderungsniveaus beschäftigt. Der Entgeltvergleich
schäftigte Pflegekräfte lag im Jahr 2020 (aktuell vorliegende
                                                                                      wird daher für diese beiden Anforderungsniveaus näher be-
Werte) bei 3.392 Euro, 97 Euro mehr als 2019. Der Anstieg
                                                                                      trachtet. Gerade Helfer konnten in den letzten Jahren aufho-
im Vergleich zum Vorjahr fiel mit knapp drei Prozent deutli-
                                                                                      len, hier waren die Entgelte in Pflege im Jahr 2020 höher als
cher aus als im Durchschnitt über alle Berufe. Ursache für
                                                                                      im Durchschnitt über alle als Helfer Beschäftigten. Fünf
diese unterschiedliche Entwicklung dürften zu einem
                                                                                      Jahre zuvor waren sie noch geringer (Abbildung 4).

Abbildung 4

Entgelt Sozialversicherungspflichtig Beschäftigter nach ausgewähltem Anforderungsniveau
Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten
Dezember 2015 und 202011                                                                                               Veränderung 2020 ggü. 2015
                                                                                                                     absolut                      in Prozent

                      2020                                                                3.427 €
     Insgesamt                                                                                                               +344 €                     +11%
                      2015                                                          3.083 €
                                                                 2.357 €
         Helfer                                                                                                           +239 €                        +11%
                                                             2.117 €
                                                                                     3.166 €
     Fachkraft                                                                                                              +323 €                      +11%
                                                                               2.843 €

                                                                                             3.392 €
 Pflegekräfte                                                                                                                  +420 €                     +14%
                                                                                   2.972 €
                                                                  2.442 €
         Helfer                                                                                                               +387 €                         +19%
                                                           2.055 €
                                                                                              3.503 €
     Fachkraft                                                                                                                  +464 €                     +15%
                                                                                    3.039 €

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

11                                                                                    12
   Das Bruttomonatsentgelt wird nur für sozialversicherungspflichtig Vollzeitbe-         Die unterschiedlich starke Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld, wirkte
schäftigte der Kerngruppe ausgewiesen. Dadurch können Vergleiche durchge-             sich erheblich auf die Entgelte 2020 aus: So stieg das mittlere Entgelt über
führt werden, die in ihrer Aussagekraft nicht durch bspw. unterschiedliche An-        alle Berufe und Anforderungsniveaus hinweg um rund 30 Euro, obwohl eine
teile von Teilzeitbeschäftigten oder Auszubildenden beeinträchtigt sind. Bei          Steigerung um rund 90 Euro erwartet wurde. Näheres hierzu in der Hinter-
den Pflegekräften ist der Ausschnitt, über den berichtet wird, aufgrund des ho-       grundinfo Auswirkungen der Corona-Krise auf die Entgeltstatistik 2020
hen Teilzeitanteils geringer als bei der Beschäftigung insgesamt.

                                                                                                                                                                     9
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Sichtbare Lohnunterschiede zeigten sich in den verschiede-                         der Teilzeitbeschäftigung – wenngleich im prozentual gerin-
nen beschäftigenden Einrichtungen: Das mittlere Bruttoent-                         geren Umfang als bei den Männern.
gelt aller vollzeitbeschäftigter Pflegefachkräfte lag 2020 bei
3.503 Euro. Beschäftigte Pflegefachkräfte in Krankenhäu-                           ANTEIL AUSLÄNDISCHER ARBEITSKRÄFTE
sern weisen dabei mit 3.771 Euro im Monat ein überdurch-                           STEIGT
schnittliches Entgelt auf. Im Vergleich dazu waren die Ent-
gelte von Pflegefachkräften in stationären Pflegeeirichtungen                      Zur Abmilderung des Fachkräftemangels setzt die Pflege-
und ambulanten Pflegediensten unterdurchschnittlich und la-                        branche zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte, auch
gen um mehr als 300 bzw. mehr als 600 Euro unter dem                               wenn die Sprachbarriere sowie die Berufsanerkennung zum
durchschnittlichen Entgelt aller Pflegefachkräfte. Damit wird                      Teil große Hürden darstellen. Zum einen sind Pflegetätigkei-
das geringste Entgelt unter den Pflegefachkräften in der am-                       ten in Deutschland für EU-Ausländer interessant. So hat sich
bulanten Pflege erzielt. Zwar stieg es im Vergleich zum Vor-                       in den letzten fünf Jahren die Zahl der im Zuge der europäi-
jahr am stärksten, mit 2.885 Euro haben die beschäftigten                          schen Freizügigkeit in Deutschland beschäftigten Pflege-
Fachkräfte hier allerdings noch Nachholbedarf.                                     kräfte um 29.000 auf 88.000 erhöht. Zum anderen wurden
                                                                                   als Reaktion auf den Fachkräftemangel in den letzten Jahren
Entsprechendes zeigt sich auch bei Pflegehelfern: Ihr mittle-                      verstärkt Altenpfleger aus dem außereuropäischen Ausland
res monatliches Bruttoentgelt in Krankenhäusern und Klini-                         angeworben15 . So wurden durch die Westbalkanregelung
ken betrug 2.997 Euro, in stationären Pflegeeinrichtungen                          die Schwellen für den Arbeitsmarktzugang, die durch Qualifi-
2.312 Euro und in der ambulanten Pflege 2.158 Euro. Im                             kationsanforderungen und den Nachweis der Gleichwertig-
Vergleich zum Entgelt von 2.442 Euro aller in Pflegeberufen                        keit von Hochschulabschlüssen und beruflichen Abschlüssen
beschäftigten Helfer erzielten Pflegehelfer in Krankenhäu-                         entstehen, erheblich gesenkt.
sern auch hier ein deutlich höheres Entgelt. Anders als bei
den Pflegefachkräften lagen die Entgelte nur für Pflegehelfer                      Diese Regelung war ursprünglich bis Ende 2020 befristet, ist
in Krankenhäusern über dem durchschnittlichen Entgelt aller                        jedoch inzwischen bis Ende 2023 verlängert worden16. Im
mit Helfertätigkeiten Beschäftigten. Darüber hinaus sind                           Zuge dessen verdreifachte sich die Zahl der sozialversiche-
auch regionale Entgeltunterschiede erheblich13 14.                                 rungspflichtig Beschäftigten in der Pflege aus den Westbal-
                                                                                   kanstaaten in den vergangenen fünf Jahren nahezu auf
                                                                                   38.000.
2.5 Strukturmerkmale
                                                                                   Darüber hinaus ist das Interesse von Geflüchteten an einer
PFLEGEBERUFE WEITERHIN FRAUENDOMÄNE
                                                                                   Tätigkeit in der Pflege groß. Im Juni 2021 waren 16.000 Pfle-
                                                                                   gekräfte aus einem der acht zuzugsstärksten Asylherkunfts-
Pflegeberufe sind Frauen- und Teilzeitdomänen (Abbil-
                                                                                   länder in der Pflege tätig, vor der starken Flüchtlingszuwan-
dung 5). Auch wenn der Frauenanteil leicht rückläufig ist, wa-
                                                                                   derung im Jahr 2015 waren es weniger als 2.000. Derzeit
ren 2021 mehr als vier von fünf Pflegekräften Frauen. Dar-
                                                                                   liegt ihr Anteil an allen in der Pflege beschäftigten Auslän-
über hinaus sind die Pflegeberufe von einem überdurch-
                                                                                   dern mit gut sieben Prozent nur leicht unter dem über alle
schnittlich hohen Anteil Teilzeitbeschäftigter geprägt: Im Jahr
                                                                                   Berufe hinweg.
2021 war knapp die Hälfte der Pflegekräfte in Teilzeit tätig.
Insgesamt lag der Teilzeitanteil bei 29 Prozent.
                                                                                   All das zeigt sich in einem wachsenden Anteil Beschäftigter
                                                                                   ohne deutsche Staatsangehörigkeit: Lag der Anteil der Aus-
Im Vergleich zum Vorjahr haben sich praktisch keine Ände-
                                                                                   länder an den beschäftigten Pflegekräften 2016 noch bei gut
rungen bei dieser Verteilung ergeben. Der überdurchschnittli-
                                                                                   sieben Prozent, so hat er sich bis 2021 auf gut 13 Prozent
che Teilzeitanteil ist dabei nicht nur auf die hohe Frauenbe-
                                                                                   erhöht (+108.000 Beschäftigte auf 218.000). Der Ausländer-
schäftigung in Pflegeberufen zurückzuführen. Mit einem An-
                                                                                   anteil in der Pflege insgesamt liegt damit etwa auf dem Ni-
teil von 29 Prozent üben auch Männer überdurchschnittlich
                                                                                   veau aller Beschäftigten.
oft eine Teilzeitbeschäftigung aus, über alle Berufe hinweg
betrug deren Teilzeitanteil 12 Prozent. Bei den männlichen
                                                                                   Die TOP 5 der Herkunftsländer der in Deutschland beschäf-
Pflegekräften steigt die Teilzeitbeschäftigung deutlich stärker
                                                                                   tigten ausländischen Pflegekräfte haben sich seit 2016 nicht
als die Vollzeitbeschäftigung. Bei den weiblichen Pflegekräf-
                                                                                   geändert. Wie fünf Jahre zuvor kamen im Jahr 2021 die
ten war dies bis 2018 ebenfalls der Fall, ab 2019 übersteigen
                                                                                   meisten ausländischen Pflegekräfte aus den Ländern Polen,
allerdings die Zuwächse bei der Vollzeitbeschäftigung die
13                                                                                 15
     Ausführlicher: IAB-Forum Entgelte von Pflegekräften (November 2020)              Näheres zum Projekt der Bundesagentur für Arbeit und der Gesellschaft für
14
     Weitere Informationen zu Entgelten: https://entgeltatlas.arbeitsagentur.de/   internationale Zusammenarbeit (GIZ) „Triple win“
                                                                                   16
                                                                                      Westbalkanregelung ab dem 1. Januar 2021

10
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Bosnien und Herzegowina, Türkei, Rumänien sowie Kroa-                           weniger (64 Prozent). Auch jenseits der 50 unterscheidet
tien.                                                                           sich die Altersverteilung praktisch nicht. Zudem ist der Anteil
                                                                                Beschäftigter, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, in
Das Anforderungsniveau der Beschäftigten in der Pflege un-                      den vergangenen fünf Jahren etwa gleich stark auf gut
terscheidet sich zwischen Deutschen und Ausländern deut-                        neun Prozent gestiegen. Nur beim Anteil der unter 25-Jähri-
lich: Während knapp zwei Drittel der beschäftigten Deut-                        gen Pflegekräfte gibt es einen merklichen Unterschied, er
schen Pflegefachkräfte sind, sind es bei den ausländischen                      war in der Pflege im Jahr 2021 mit gut 13 Prozent merklich
Beschäftigten die Hälfte.                                                       höher als über alle Berufe hinweg (10 Prozent). Dieser Un-
                                                                                terschied dürfte überwiegend in der Ausbildungsdauer be-
Ab März 2020 sind im Rahmen des Fachkräfteeinwande-                             gründet sein. Der Anteil Beschäftigter mit dualer Berufsaus-
rungsgesetzes17 neue Perspektiven für Fachkräfte aus Nicht-                     bildung ist in der Pflege überdurchschnittlich hoch, während
EU-Ländern geschaffen worden. Der deutsche Arbeitsmarkt                         der der Hochschulabsolventen unterdurchschnittlich ist.
ist damit nicht mehr nur für Hochqualifizierte vollständig ge-
öffnet, sondern auch für Menschen mit anerkannter Berufs-                       ANTEIL DER LEIHARBEIT IN DER PFLEGE AUF
ausbildung. Dadurch wird die Zuwanderung ausländischer                          VORJAHRESNIVEAU
Arbeitnehmer auch im Bereich der Pflege erleichtert. Auf-
grund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie                             Insbesondere als Reaktion auf die starke Nachfrage nach
sind allerdings bislang keine Aussagen zur Wirkung des Ge-                      Pflegekräften hatte in den letzten Jahren die Zahl der sozial-
setzes möglich.                                                                 versicherungspflichtig Beschäftigten, die über ein Leihar-
                                                                                beitsunternehmen in der Pflege tätig sind, zugenommen. Im-
ALTERSVERTEILUNG IN DER PFLEGE UNTER-                                           mer mehr Pflegekräfte hatten sich also in den vergangenen
SCHEIDET SICH KAUM VOM DURCHSCHNITT                                             Jahren für eine Beschäftigung über ein Leiharbeitsunterneh-
                                                                                men entschieden, sicher auch, weil diese mit Flexibilität und
Knapp zwei Drittel der sozialversicherungspflichtig beschäf-                    besseren Konditionen werben18.
tigten Pflegerinnen und Pfleger ist jünger als 50 Jahre, im
Durchschnitt über alle Beschäftigten sind es nur geringfügig

Abbildung 5

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Insgesamt und in Pflegeberufen nach Strukturmerkmalen
Juni 2021

                               Frauen                                      Männer              Deutsche                                      Ausländer

 Insgesamt                      46%                                         54%                  87%                                               13%

 Pflegekräfte                   83%                                         17%                  87%                                               13%

                               Vollzeit                                    Teilzeit            Helfer               Fachkraft               Spez./Exp.

     Insgesamt                   71%                                         29%                 16%                   57%                         27%

 Pflegekräfte                    51%                                         49%                 29%                             63%                 8%

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

17                                                                              18
     Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz - Kurzinformation für Arbeitgeber           Beispielhaft jeweils eine Gewerkschaftssicht: Verdi Themenseite Leiharbeit;
                                                                                eine gesetzliche Krankenversicherung: UKV Leiharbeit in der Pflege; ein spe-
                                                                                zialisierter Vermittler BlueShirtJobs

                                                                                                                                                           11
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Arbeitgeber schätzen die Flexibilität der Arbeitnehmerüber-                  Anteil der Arbeitnehmerüberlassung insgesamt ab dem Jahr
lassung ebenfalls, auch wenn seit dem Jahr 2020 die Kosten                   2018 konjunktur- und coronabedingt spürbar gesunken war,
für Leiharbeit nur bis zum Tariflohn vergütet werden und                     blieb er im Bereich der Pflege stabil. Zum einen ist das Ge-
auch Zahlungen von Vermittlungsentgelten nicht im Pflege-                    sundheitswesen kaum konjunktursensibel und zum anderen
budget berücksichtigt werden können19.                                       erhöhte sich die Nachfrage nach Pflegekräften in Folge der
                                                                             Corona-Pandemie noch einmal zusätzlich.
Auch die Branche selbst hat reagiert und beispielsweise
Qualitätsstandards für die Zeitarbeit in der Pflege mit ent-                 Wie auch bei der Gesamtbeschäftigung unterscheiden sich
sprechenden Siegeln eingeführt20.                                            die Frauenanteile in der Arbeitnehmerüberlassung deutlich:
                                                                             Während weniger als zwei Prozent aller weiblichen Beschäf-
Insgesamt dürfte davon auszugehen sein, dass sich die Zeit-                  tigten in der Pflege in einem Leiharbeitsverhältnis beschäftigt
arbeit im Bereich der Pflege – auf etwas geringerem Niveau                   sind, sind es bei den männlichen Pflegekräften mehr als
als in der Gesamtbeschäftigung – etabliert hat. Zwei Prozent                 drei Prozent.
aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Pfle-
geberufen waren im Juni 2021 in einem Leiharbeitsverhältnis                  Der grundsätzliche Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und
angestellt, in der Gesamtbeschäftigung waren es zum glei-                    Leiharbeitnehmern in der Pflege wird allerdings weiterhin
chen Zeitpunkt etwas mehr als zwei Prozent. Während der                      kontrovers diskutiert.

19                                                                           20
  Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz):            Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister Qualitätsstandards gu-
BGBl Jg. 2019 Teil I Nr. 51 vom 14. Dezember 2019 Seite 2789 aktuelle Fas-   ter Zeitarbeit in der Pflege
sung Krankenhausentgeltgesetz (§ 6a Abs. 2)

12
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

3 Arbeitslosigkeit
Die Zahl der arbeitslosen Pflegerinnen und Pfleger ist länger-                höheren Einfluss hatten zunächst fehlende Beschäftigungs-
fristig rückläufig und der coronabedingte Anstieg der Arbeits-                aufnahmen. Hinzukommt kommt, dass Personen als arbeits-
losigkeit unterdurchschnittlich. Die Arbeitslosenquote in Pfle-               los gezählt wurden, die sonst zwar auch von einer Ar-
geberufen liegt deutlich unter der Quote über alle Berufe hin-                beitsagentur oder einem Jobcenter betreut, aber aufgrund
weg. Auch werden Pflegekräfte seltener langzeitarbeitslos.                    der Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme
Von Arbeitslosigkeit betroffen sind insbesondere Pflege-                      nicht als arbeitslos erfasst wurden. Zudem wechseln in unsi-
kräfte, die eine Tätigkeit auf Helferniveau suchen. Der Frau-                 cheren Zeiten weniger Menschen ihren Arbeitsplatz und es
enanteil unter den Arbeitslosen ist – wie auch ihr Anteil an                  entsteht dadurch weniger kurzzeitige Sucharbeitslosigkeit.
der Beschäftigung – relativ hoch.
                                                                              Trotz des auch im Gesundheitswesen sichtbaren coronabe-
                                                                              dingten Anstieges befand sich die Arbeitslosigkeit in der
3.1 Entwicklung                                                               Pflege weiter auf niedrigem Niveau. Die berufsspezifische
                                                                              Arbeitslosenquote21 von Pflegekräften lag im Durchschnitt
Im Jahresdurchschnitt 2021 waren 46.000 Pflegekräfte in
                                                                              des Jahres 2021 bei 2,6 Prozent und somit etwa auf dem Ni-
Deutschland arbeitslos gemeldet, kaum weniger als 2020
                                                                              veau des Vorjahres und von 2019. Pflegefachkräfte haben
(Abbildung 6). Damit blieb die Arbeitslosigkeit, die im Jahr
                                                                              mit 0,8 Prozent eine erheblich niedrigere Quote als Pflege-
2020 im Zuge der Corona-Krise auf das Niveau von 2015 ge-
                                                                              hilfskräfte (7,1 Prozent). Allerdings weisen Helferinnen und
stiegen war, nahezu unverändert, nachdem sich bis zum
                                                                              Helfer üblicherweise eine höhere Arbeitslosigkeit auf: Ihre
Jahr 2019 im längerfristigen Trend noch ein deutlicher Rück-
                                                                              Quote lag unabhängig vom angestrebten Beruf 2021 bei
gang gezeigt hatte.
                                                                              16,9 Prozent, 0,2 Prozentpunkte mehr als 2020, allerdings
                                                                              3,7 Prozentpunkte über dem Jahr 201922.
Entlassungen waren jedoch nur für einen Teil des coronabe-
dingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit verantwortlich. Deutlich

Abbildung 6

Arbeitslose Pflegekräfte und gemeldete Arbeitsstellen für Pflegekräfte
Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt

                                         Arbeitslose                                                      gemeldete Arbeitsstellen

                                                       46.000        46.000
                42.000
                              40.000         40.000
                                                                                                         38.000       38.000
                                                                                           36.000                                                36.000
                                                                                                                                   35.000

 darunter
 Helfer         34.000        32.000         32.000    37.000        37.000                10.000        10.000       10.000        9.000         9.000

                 2017           2018          2019      2020          2021                  2017          2018         2019         2020          2021

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

21                                                                            22
  Berufsspezifische Arbeitslosenquoten liegen nur bis zur Ebene der Berufs-        Nähere Informationen im Heft Berufsspezifische Arbeitslosenquoten
gruppen (KldB 2010) vor, sie sind hier für die Summe 813 + 821 ausgewiesen.

                                                                                                                                                          13
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Betroffen von Arbeitslosigkeit sind dabei vor allem Pflege-
kräfte, die nicht über eine geregelte Pflege-Ausbildung verfü-    Auch die Gründe, aus denen eine Arbeitslosmeldung er-
gen und ausschließlich für eine allgemeine Pflegehilfstätig-      folgt, können der Statistik der Bundesagentur für Arbeit
keit in Frage kommen. Pflegefachkräfte sowie Pflegehelferin-      nicht entnommen werden. Daher wurde auch hier mit
nen und -helfer, die über eine abgeschlossene Pflegehelfer-       dem entsprechenden Vorkrisenniveau verglichen.
ausbildung verfügen, sind dagegen in der Regel deutlich sel-
tener von Arbeitslosigkeit betroffen oder können diese inner-     Im April 2022 meldeten sich knapp 19.000 Personen ar-
halb kurzer Zeit wieder beenden.                                  beitslos, die zuvor im Gesundheits- und Sozialwesen tä-
                                                                  tig waren, das waren gut 3.000 (+22 Prozent) mehr als
                                                                  im April 2019. Darunter waren 5.000 Pflegekräfte, 900
 ARBEITSUCHE IM KONTEXT DER
                                                                  (+21 Prozent) mehr als im April 2019. Anders als bei
 EINRICHTUNGSBEZOGENEN IMPFPFLICHT
                                                                  den Arbeitsuchendmeldungen unterschieden sich die
                                                                  Veränderungen bei den Arbeitslosmeldungen zwischen
 Mitte Dezember 2021 trat die Änderung des Infektions-
                                                                  Pflegekräften und Beschäftigten im Gesundheits- und
 schutzgesetzes in Kraft, die für die Beschäftigten in Ein-
                                                                  Sozialwesen insgesamt nicht.
 richtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, wie
 beispielsweise Krankenhäuser oder Arztpraxen, ab dem
                                                                  Der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäf-
 15. März 2022 eine einrichtungsbezogene Impfpflicht
                                                                  tigung im Gesundheits- und Sozialwesen spielt sowohl
 vorsieht. Zwar gab es auch nach dem 15. März noch et-
                                                                  bei den Arbeitsuchend- als auch bei den Arbeitslosmel-
 liche offene Fragen zur Umsetzung des Gesetzes, die
                                                                  dungen eine Rolle und ein nennenswerter Teil des An-
 Befürchtungen, es könne vermehrt zu Kündigungen von
                                                                  stieges dürfte hierauf zurückzuführen sein. Im Verhältnis
 ungeimpftem Personal kommen, bestanden jedoch auch
                                                                  sind damit im April 2022 0,4 Prozent der Beschäftigten
 im April 2022 weiter.
                                                                  im Gesundheits- und Sozialwesen arbeitslos geworden.
 Da das sogenannte Betretungsverbot für ungeimpfte Be-
 schäftigte erst seit dem 15. März 2022 gilt, wurden bis
 März zunächst die Arbeitsuchendmeldungen aus dem                3.2 Dynamik und Dauer
 Gesundheits- und Sozialwesen betrachtet. In der Statis-
 tik der Bundesagentur für Arbeit liegen allerdings keine        Im Jahr 2021 waren 46.000 Pflegekräfte in Deutschland ar-
 Informationen darüber vor, aus welchen Gründen eine             beitslos gemeldet, etwa so viele wie im Vorjahr. Acht von
 Arbeitsuchendmeldung erfolgt. So wurde zur Abschät-             zehn dieser Arbeitslosen mit Zielberuf Pflegekraft suchten
 zung des Effektes die Zahl der Arbeitsuchendmeldun-             eine Tätigkeit auf Helferniveau (37.000 Personen). Dieser
 gen vom Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes bis          Anteil hat sich in den letzten zehn Jahren nicht verändert.
 zum März 2022 einschließlich mit dem entsprechenden             Hier ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich.
 Zeitraum vor der Corona-Pandemie verglichen.                    Zwei Drittel der arbeitslosen Helfer in der Pflege verfügen
                                                                 über keinerlei abgeschlossene Berufsausbildung (25.000),
 Lässt man die übliche Fluktuation außer Acht, gab es in         8.000 über eine fachfremde Ausbildung und nur 4.000 haben
 den Monaten Dezember 2021 bis März 2022 43.000 Ar-              die Ausbildung in der Pflege absolviert und sind damit – ähn-
 beitsuchendmeldungen mehr aus dem Gesundheits-                  lich wie examinierte Fachkräfte – seltener arbeitslos. 2021
 und Sozialwesen als sonst üblich (+58 Prozent), darun-          waren durchschnittlich 7.000 Fachkräfte in diesem Feld ar-
 ter 20.000 Personen mit Pflegeberufen (+98 Prozent).            beitslos gemeldet. Die Zahl der arbeitslosen Spezialisten und
 Insgesamt hatten sich in den vier Monaten vom Inkraft-          Experten lag bei etwas über 1.000.
 treten des Gesetzes bis zum Umsetzungstermin (De-
 zember 2021 bis März 2022) knapp 118.000 Arbeitsu-              Die Austauschprozesse am Arbeitsmarkt waren auch im Jahr
 chende aus dem Bereich Gesundheit und Soziales ar-              2021 noch eingeschränkt. Zum einen haben die Kontaktbe-
 beitsuchend gemeldet, darunter 41.000 Pflegerinnen              schränkungen direkt zur Verlangsamung von Stellenbeset-
 und Pfleger. Im vergleichbaren Zeitraum vor Ausbruch            zungsprozessen beigetragen, zum anderen sind in Krisen-
 der Pandemie (Dezember 2019 bis März 2020) waren                zeiten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zurückhal-
 es 74.000 und unter ihnen 21.000 Pflegekräfte.                  tender was Veränderungen angeht.

 Zwar können über einen kausalen Zusammenhang des                Die Zugänge in Arbeitslosigkeit sind im Vergleich zum Vor-
 oben dargestellten Plus mit der einrichtungsbezogenen           jahr geringer ausgefallen. Dennoch haben sich im Jahr 2021
 Impfpflicht nur Vermutungen angestellt werden, er liegt         insgesamt 125.000 Pflegekräfte arbeitslos gemeldet. Davon
 jedoch nahe.                                                    kamen 54.000 direkt aus einer Beschäftigung am ersten Ar-
                                                                 beitsmarkt oder auch einer (außer-) betrieblichen Ausbil-
                                                                 dung.

14
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

Auf der anderen Seite konnten mehr Pflegekräfte die Arbeits-                  AUSLÄNDISCHE ARBEITSLOSE SUCHEN ET-
losigkeit beenden, insgesamt 133.000; knapp 50.000, weil                      WAS HÄUFIGER AUF HELFERNIVEAU
sie eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt oder eine
(außer-)betriebliche Ausbildung aufgenommen haben. Dabei                      Die Zahl der arbeitslosen deutschen Pflegekräfte hatte bis
gelingt die Beschäftigungsaufnahme vielfach relativ schnell:                  zum Jahr 2019 tendenziell abgenommen. Im ersten Corona-
Pflegekräfte waren bei einer Arbeitsaufnahme mit durch-                       Jahr 2020 stieg die Arbeitslosigkeit allerdings deutlich an.
schnittlich 202 Tagen 68 Tage weniger arbeitslos als alle Ar-                 Nach einem leichten Rückgang gab es im Jahr 2021 im Ver-
beitslosen. Bei Fachkräften in der Pflege ist die Arbeitslosig-               gleich zum Jahresdurchschnitt 2016 knapp 7 Prozent weni-
keitsdauer mit durchschnittlich 128 Tagen etwa halb so lang                   ger arbeitslose Pflegekräfte mit deutscher Staatsangehörig-
wie bei allen Fachkräften und auch Pflegehelfer haben mit                     keit (33.000). Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der
226 Tagen eine deutlich kürzere Arbeitslosigkeitsdauer als                    arbeitslosen ausländischen Pflegekräfte – wenngleich von
alle Helfer (Altenpflegehelfer mit einschlägiger Berufsausbil-                niedrigem Niveau – sehr stark. Die deutlichsten Vorjahresan-
dung: 184 Tage).                                                              stiege wurden – abgesehen vom coronabedingten Anstieg
                                                                              2020 – in den Jahren 2016 und 2017 verzeichnet, also nach
Entsprechend lag die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in                      der großen Flüchtlingszuwanderung von 2015. Der Zuwachs
eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt bzw. eine (au-                      seit 2015 geht zu knapp zwei Dritteln auf Arbeitslose mit ei-
ßer-)betriebliche Ausbildung23 für Pflegekräfte 2021 bei                      ner Staatsangehörigkeit aus den acht Hauptherkunftsländern
9,1 Prozent. Damit liegt die Abgangsrate deutlich über derje-                 der Geflüchteten24 zurück. Es spricht somit viel dafür, dass
nigen für alle Berufe (6,5 Prozent).                                          arbeitslose Schutzsuchende ihre Integrationskurse und Fort-
                                                                              bildungen mittlerweile beendet haben und nun dem Arbeits-
Differenziert nach der Berufsausbildung zeigt sich, dass die                  markt unter anderem mit dem Berufswunsch als Pflegekraft
Abgangschancen der Arbeitslosen mit einer Ausbildung in                       zur Verfügung stehen. Von den 13.000 arbeitslosen Pflege-
der Pflege deutlich besser sind. Während die Abgangsrate                      kräften mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit kam ein
der Helfer ohne Berufsausbildung mit 6,2 Prozent knapp un-                    Drittel aus einem der acht Hauptherkunftsländer der Geflüch-
terdurchschnittlich ist, ist die der ausgebildeten Altenpflege-               teten.
helfer mit 11,2 Prozent beinahe doppelt so hoch. Die Ab-
gangsrate der Fachkräfte liegt mit 16,9 Prozent weiterhin bei-                Im Jahresdurchschnitt 2021 besaß mehr als ein Viertel der
nahe doppelt so hoch wie die Abgangsrate insgesamt                            arbeitslosen Altenpflegekräfte keine deutsche Staatsangehö-
(8,8 Prozent).                                                                rigkeit. Von ihnen suchten knapp neun von zehn eine Tätig-
                                                                              keit auf Helferniveau. Bei arbeitslosen deutschen Pflegekräf-
Nachdem im ersten Corona-Jahr die Abgangsraten sowohl                         ten liegt der Wert darunter, hier waren es sieben von zehn.
insgesamt, als auch in der Pflege im Vergleich zum Jahr
2019 deutlich gesunken waren, stiegen sie im Jahr 2021 wie-                   LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT IN DER PFLEGE
der spürbar an. Das Vorkrisenniveau wurde jedoch noch                         SELTENER
nicht wieder erreicht.
                                                                              Auch in Berufen mit (Fachkräfte-)Engpässen kann es vor-
                                                                              kommen, dass Angebot und Nachfrage nicht zusammenpas-
3.3 Strukturmerkmale                                                          sen und so Langzeitarbeitslosigkeit entsteht. Ursachen kön-
                                                                              nen beispielsweise unterschiedliche Arbeitszeitvorstellungen
ANALOG ZUR BESCHÄFTIGUNG HOHER ANTEIL
                                                                              sowie regionale oder qualifikatorische Divergenzen sein. Die
WEIBLICHER ARBEITSLOSER
                                                                              bis ins Jahr 2019 positive wirtschaftliche Situation führte
                                                                              dazu, dass auch Langzeitarbeitslose häufiger einen Weg aus
Wie die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird
                                                                              der Arbeitslosigkeit fanden. Dies zeigte sich auch bei der Ar-
auch die Arbeitslosigkeit von Pflegekräften von einem hohen
                                                                              beitslosigkeit von Pflegekräften. Innerhalb der fünf Jahre vor
Frauenanteil dominiert. Dieser ist zwar in den letzten fünf
                                                                              Ausbruch der Corona-Pandemie sank der Anteil Langzeitar-
Jahren tendenziell etwas gesunken, lag im Jahresdurch-
                                                                              beitsloser an allen arbeitslosen Pflegerinnen und Pflegern
schnitt 2021 allerdings dennoch bei 78 Prozent (Abbil-
                                                                              um sechs Prozentpunkte auf 25 Prozent im Jahr 2020 (alle
dung 7). Hinsichtlich des Anforderungsniveaus gibt es keine
                                                                              Arbeitslosen: 30 Prozent). Von den arbeitslosen Pflegefach-
nennenswerten Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
                                                                              kräften waren sogar nur 15 Prozent langzeitarbeitslos (zum
                                                                              Vergleich alle arbeitslosen Fachkräfte: 27 Prozent).

23                                                                            24
  Die Abgangsrate setzt die Abgänge aus Arbeitslosigkeit ins Verhältnis zum        Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien
Arbeitslosenbestand des Vormonats.

                                                                                                                                                             15
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

A bbildung 7

Arbeitslose nach ausgewählten Strukturmerkmalen
Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt, Anteile am Insgesamt

                                         Insgesamt                                                                Pflegekräfte

                           44%                               2021                                  2021                                                      78%
                                                                             Frauen
                          45%                                2016                                  2016                                                        80%

                                   30%                       2021                                  2021                         28%
                                                                           Ausländer
                                       24%                   2016                                  2016                    20%

                              39%                            2021                                  2021                           32%
                                                                     Langzeitarbeitslose
                               37%                           2016                                  2016                          30%

                davon ohne Berufsausbildung:                                                                   davon ohne Berufsausbildung:
                      52%                           73%      2021                                  2021        67%                                             81%
                                                                              Helfer
                                                        *)   2016                                  2016        59%                                             81%

Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit               * A ufgrund vo n Umgruppierungen ist ein Vergleich mit den Vo rjahren für alle Helfer nicht sinnvo ll 25

Im Verlauf der Corona-Pandemie war – wie über alle Berufe                             damit deutlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt haben
hinweg – jedoch ein deutlicher Anstieg der Langzeitarbeitslo-                         (siehe Abschnitt 3.2).
sigkeit zu beobachten. Nach einem Plus von sieben Prozent-
punkten lag der Anteil der langzeitarbeitslosen Pflegerinnen                          ARBEITSLOSE PFLEGEKRÄFTE SIND IM
und Pfleger im Jahresdurchschnitt 2021 bei 32 Prozent und                             SCHNITT TENDENZIELL JÜNGER
damit nach wie vor sieben Prozentpunkte niedrigerer als
über alle Berufe hinweg. Ursache dürften die coronabedingt                            Arbeitslose Pflegekräfte sind im Durchschnitt jünger als die
eingeschränkten Stellenbesetzungsprozesse, aber auch das                              Arbeitslosen insgesamt. Im Jahr 2021 lag der Anteil der ar-
deutlich geringere Angebot an arbeitsmarktpolitischen Instru-                         beitslosen Pflegerinnen und Pfleger, die jünger als 50 Jahre
menten sein.                                                                          waren bei 78 Prozent, über alle Berufe hinweg waren es nur
                                                                                      66 Prozent. Im Jahr 2011 war der Unterschied noch deutlich
HOHER ANTEIL ARBEITSLOSER HELFER                                                      kleiner. Ein Grund dürfte die gestiegene Arbeitslosigkeit bei
                                                                                      ausländischen Menschen – vor allem jüngeren und mittleren
Acht von zehn arbeitslosen Pflegkräften suchten eine Be-                              Alters – die eine Helfertätigkeit in der Pflege suchen, sein.
schäftigung auf Helferniveau, bei den Arbeitslosen über alle                          Zugewanderte, wie beispielweise die Geflüchteten, die ab
Berufe hinweg waren es fünf von zehn. Die beiden Gruppen                              2015 nach Deutschland kamen, steigen aufgrund der forma-
unterscheiden sich jedoch im Ausbildungsniveau. Während                               len Rahmenbedingungen im Bereich der Pflege zunächst als
zwei Drittel der Arbeitslosen, die als Helfer in der Pflege tätig                     Helfer in den Beruf ein (siehe Abschnitt 3.3). Auch die Tatsa-
sein möchten, im Jahresdurchschnitt 2021 keine Berufsaus-                             che, dass ältere Pflegekräfte nach einer Phase der Arbeitslo-
bildung aufzuweisen hatten, waren es bei den Helfern insge-                           sigkeit eher als Jüngere einen anderen Beruf anstreben,
samt25 mit drei Vierteln spürbar mehr. Hinzu kommt, dass                              könnte eine Rolle spielen. Allerdings ist die Tendenz zur be-
zwölf Prozent der arbeitslosen Pflegehelferinnen und Pflege-                          ruflichen Umorientierung nach einer Phase der Arbeitslosig-
helfer über eine einschlägige Berufsausbildung verfügen und                           keit bei Pflegerinnen und Pflegern insgesamt unterdurch-
                                                                                      schnittlich ausgeprägt.

25
  Hintergrundinfo Geänderte Zuordnungen von Berufen in der Klassifikation
der Berufe – Auswirkungen auf die Arbeitsmarktstatistiken, Juli 2021

16
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich

4 Arbeitskräftenachfrage
                                                                Pflegekräfte im 5-Jahres-Vergleich mit gut neun Prozent et-
4.1 Gemeldete Stellen                                           was stärker als die der Stellen insgesamt.

Vor dem Hintergrund des wachsenden Personalbedarfs in
                                                                STRUKTUR DER NACHFRAGE
der Pflege in den letzten Jahren ist die Zahl der gemeldeten
Stellen coronabedingt zwar zurückgegangen, aber nicht so
                                                                Die Nachfragestruktur unterscheidet sich teilweise deutlich
deutlich eingebrochen wie über alle Berufe hinweg. Im Jah-
                                                                von der Struktur der Arbeitslosen. Insbesondere hinsichtlich
resdurchschnitt 2021 waren 36.000 Stellen für Arbeitskräfte
                                                                des Qualifikationsniveaus gibt es große Disparitäten (siehe
im Bereich der Pflege bei der Bundesagentur für Arbeit ge-
                                                                Abbildung 8).
meldet (siehe Abbildung 6). Nach den starken Anstiegen der
Nachfrage bis 2017 hatte die Dynamik auch schon vor der
                                                                Die deutliche Mehrheit der Stellenangebote richtet sich an
Corona-Krise etwas nachgelassen. Im Jahr 2021 lag die Zahl
                                                                examinierte Pflegefachkräfte (24.000 bzw. 68 Prozent).
der gemeldeten Stellen für Pflegekräfte immer noch um
                                                                Gleichzeitig verfügen aber nur 7.000 bzw. 16 Prozent der Ar-
sechs Prozent bzw. 2.000 Stellen unter der des Jahres 2019.
                                                                beitslosen über eine Qualifikation als Pflegefachkraft. Für
Zum Vergleich: Über alle Berufe hinweg ging der Stellenbe-
                                                                Helfer stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Ledig-
stand im gleichen Zeitraum um neun Prozent zurück. Ge-
                                                                lich ein gutes Viertel der Stellenangebote richtet sich an Ar-
sucht werden nach wie vor überwiegend examinierte Fach-
                                                                beitslose mit Helferqualifikation (9.000). Zahl und auch Anteil
kräfte, sie machen gut zwei Drittel des Stellenbestandes aus.
                                                                der Arbeitslosen für Tätigkeiten in diesem Bereich überstei-
Von den Rückgängen sind jedoch auch sie betroffen.
                                                                gen das Angebot an gemeldeten Stellen erheblich (37.000
                                                                bzw. 81 Prozent).
Insbesondere das Ausbleiben von Stellenneumeldungen
schlug bei dem Rückgang der Arbeitskräftenachfrage im Zu-
                                                                In Bezug auf die Arbeitszeit passen Angebot und Nachfrage
sammenhang mit der Corona-Pandemie zu Buche: Im ersten
                                                                auf den ersten Blick recht gut zusammen. Knapp drei von
Corona-Jahr wurden knapp 62.000 Stellen für Pflegeberufe
                                                                vier arbeitslosen Pflegekräften suchen eine Vollzeitstelle.
neu gemeldet, damit fiel der Rückgang gegenüber dem Vor-
                                                                Dem gegenüber ist zwar nur jede vierte gemeldete Arbeits-
jahr 2019 beinahe so stark aus wie über alle Berufe hinweg
                                                                stelle in der Pflege als reine Vollzeitstelle ausgeschrieben,
(Pflege: -21 Prozent; insgesamt: 25 Prozent). Im Jahr 2021
                                                                allerdings kommen bei mehr als der Hälfte der gemeldeten
stieg die Zahl der neu gemeldeten Stellen für Pflegeberufe –
                                                                Arbeitsstellen für Pflegekräfte sowohl eine Teilzeit- als auch
anders als die Stellenmeldungen insgesamt (+21 Prozent) –
                                                                eine Vollzeitbeschäftigung infrage. In der Praxis erschweren
jedoch lediglich um knapp zehn Prozent.
                                                                indes häufig unterschiedliche Vorstellungen über die Lage
                                                                und Verteilung der Arbeitszeit eine zügige Stellenbesetzung.
Rückläufige Stellenzugänge sind aber nicht 1:1 auf eine sin-
                                                                Eine Aussage hierzu ist auf Basis der Statistik jedoch nicht
kende Nachfrage nach Arbeitskräften zurückzuführen. In der
                                                                möglich.
derzeit wirtschaftlich angespannten Lage wechseln weniger
Menschen ihren Arbeitsplatz. Diese niedrigere Fluktuation
                                                                Die Hälfte der im Jahresdurchschnitt 2021 bei der Bunde-
trägt dazu bei, dass weniger Stellen zu besetzen sind (siehe
                                                                sagentur für Arbeit gemeldeten Arbeitsstellen für Pflegekräfte
auch Kapitel 3). Darüber hinaus können sie auch Ausdruck
                                                                wurde von stationären Pflegeeinrichtungen bzw. der ambu-
des Fachkräftemangels sein. Wenn etwa Betriebe in der
                                                                lanten Pflege angeboten (jeweils rund ein Viertel). In Kran-
Folge erlebter vergeblicher Suche auf Stellenanzeigen bei
                                                                kenhäusern waren zwölf Prozent aller der bei der Bunde-
der Bundesagentur für Arbeit verzichten.
                                                                sagentur für Arbeit gemeldeten Stellen für Pflegeberufe zu
                                                                besetzen. Ähnlich wie über alle Berufe hinweg war der Anteil
WEITERHIN HOHES NIVEAU – TROTZ NACHLAS-
                                                                der von Zeitarbeitsunternehmen gemeldeten Stellen mit
SENDER DYNAMIK
                                                                24 Prozent im Vergleich zu ihrem Beschäftigtenanteil von
                                                                knapp zwei Prozent überdurchschnittlich hoch.
Auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise und der zuvor
nachlassenden Dynamik befindet sich die Kräftenachfrage in
den Pflegeberufen insgesamt weiterhin auf relativ hohem Ni-     4.2 Arbeitslosen-Stellen-Relation
veau. Dies wird auch in der mittelfristigen Betrachtung deut-
lich. Trotz des vergleichsweise moderaten Anstiegs im zwei-     Bei der Gegenüberstellung von Arbeitslosen und gemeldeten
ten Corona-Jahr stieg die Zahl der gemeldeten Stellen für       Stellen nach Qualifikation für den Pflegebereich zeigt sich,
                                                                dass Angebot und Nachfrage hier oft nicht

                                                                                                                            17
Sie können auch lesen