Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich - Bundesagentur für ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Arbeitsmarktsituation schwerbehinderter Menschen 2021 Impressum Produktlinie/Reihe: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt Titel: Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Veröffentlichung: Mai 2022 Herausgeberin: Bundesagentur für Arbeit Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung Rückfragen an: Kirsten Singer Nicole Fleischer Regensburger Straße 104 90478 Nürnberg E-Mail: arbeitsmarktberichterstattung@arbeitsagentur.de Telefon: 0911 179-1080 Fax: 0911 179-3632 Internet: http://statistik.arbeitsagentur.de Zitierhinweis: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich, Nürnberg, Mai 2022 Nutzungsbedingungen: © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Sie können Informationen speichern, (auch auszugsweise) mit Quellenangabe weiter- geben, vervielfältigen und verbreiten. Die Inhalte dürfen nicht verändert oder ver- fälscht werden. Eigene Berechnungen sind erlaubt, jedoch als solche kenntlich zu ma- chen. Im Falle einer Zugänglichmachung im Internet soll dies in Form einer Verlinkung auf die Homepage der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfolgen. Die Nutzung der Inhalte für gewerbliche Zwecke, ausgenommen Presse, Rundfunk und Fernsehen und wissenschaftliche Publikationen, bedarf der Genehmigung durch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. 2
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze .................................................................................................................................................................. 4 1 Einleitung ............................................................................................................................................................................... 5 2 Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ........................................................................................ 7 2.1 Erwerbstätigkeit ................................................................................................................................................................. 7 2.2 Geringfügige Beschäftigung .............................................................................................................................................. 7 2.3 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ..................................................................................................................... 7 2.4 Entgelte ............................................................................................................................................................................. 9 2.5 Strukturmerkmale ............................................................................................................................................................ 10 3 Arbeitslosigkeit ..................................................................................................................................................................... 13 3.1 Entwicklung ..................................................................................................................................................................... 13 3.2 Dynamik und Dauer ......................................................................................................................................................... 14 3.3 Strukturmerkmale ............................................................................................................................................................ 15 4 Arbeitskräftenachfrage ......................................................................................................................................................... 17 4.1 Gemeldete Stellen ........................................................................................................................................................... 17 4.2 Arbeitslosen-Stellen-Relation .......................................................................................................................................... 17 5 Fachkräfteengpässe............................................................................................................................................................. 19 6 Förderung der beruflichen Weiterbildung zu Pflegefachkräften ........................................................................................... 21 3
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Das Wichtigste in Kürze • 2021 waren in Deutschland knapp 1,7 Millionen Pflegekräfte sozialversicherungspflichtig beschäftigt. So- wohl langfristig als auch während der Corona-Pandemie ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der Pflege stärker gewachsen als die Beschäftigung insgesamt. • Pflegeberufe sind weiterhin eine Frauendomäne: Ein Großteil der Beschäftigten ist weiblich – allerdings steigt der Anteil männlicher Pflegekräfte beständig. Teilzeitbeschäftigung ist weit verbreitet. Auch die Zeit- arbeit hat sich – auf unauffälligem Niveau – etabliert. • Nachdem die Arbeitslosigkeit in der Pflege über Jahre hinweg rückläufig war, ist sie 2020 coronabedingt angestiegen. Der Anstieg lag jedoch unter dem der Arbeitslosigkeit insgesamt. Im Jahr 2021 hat es keine merkliche Veränderung der Arbeitslosenzahl gegeben. • Die Zahl der gemeldeten Stellen für Fachkräfte in Pflegeberufen übersteigt die der Arbeitslosen deutlich. Bei Pflegehelfern stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Ihre Situation hat sich im Zuge der Corona- Pandemie noch einmal verschlechtert. • Nahezu alle Indikatoren der weiterentwickelten Engpassanalyse weisen auf deutliche bestehende Fach- kräfteengpässe hin. • In der Risikobetrachtung lässt insbesondere das geringe Substituierbarkeitspotenzial in der Pflege keine nennenswerte Entspannung dieser Engpässe erkennen. • Erfolgreiche geförderte Aus- und Weiterbildungen von Pflegekräften bieten beste Chancen für eine Arbeits- aufnahme am ersten Arbeitsmarkt. 4
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich 1 Einleitung Die demografische Entwicklung, aber auch der medizinische noch nicht abgelesen werden. Erkennbare unmittelbare Aus- Fortschritt haben bereits in der Vergangenheit dazu geführt, wirkungen werden bei den einzelnen Kapiteln dargestellt. dass der Bedarf an Pflegepersonal in der Kranken- und Al- tenpflege gestiegen ist. Diese Entwicklung wird sich fortset- Insgesamt sind die Auswirkungen am Arbeitsmarkt im Be- zen. So hat sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in reich der Pflege geringer als im Durchschnitt über alle Be- Deutschland in den letzten Jahren deutlich erhöht. Das Sta- rufe. Das Beschäftigungswachstum dürfte nur etwas schwä- tistische Bundesamt weist in seiner Pflegestatistik für 2019 cher gewesen sein, als es ohne die Pandemie gewesen eine Zahl von bundesweit 4,1 Millionen pflegebedürftigen wäre, und im Gegensatz zur Gesamtbeschäftigung blieb die Menschen aus (aktuellere Daten werden für Juli erwartet)1. Veränderung zum Vorjahr durchweg deutlich positiv. Die Im Vergleich zum letzten Erhebungszeitpunkt 2017 waren Zahl der arbeitslosen Pflegekräfte ist zwar gestiegen, betrof- das rund 713.000 bzw. 21 Prozent Pflegebedürftige mehr. fen sind allerdings in erster Linie Personen, die eine Helfertä- Neben der wachsenden Zahl an Pflegebedürftigen ist ein Teil tigkeit suchen. Gleichzeitig ist der Rückgang bei den bei der dieses hohen Anstieges noch auf Effekte des seit dem 1. Ja- Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Stellen für Pflegebe- nuar 2017 weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu- rufe im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 leicht unter- rückzuführen. Für die Zahl der Leistungsbezieher der sozia- durchschnittlich. Das Vorkrisenniveau wurde jedoch noch len Pflegeversicherung, die sich in etwa parallel zur Zahl der nicht wieder erreicht. Hierfür dürfte die Corona-Pandemie al- Pflegebedürftigen insgesamt entwickelt, weisen die Pflege- lerdings nur einer der Gründe sein. kassen für das Jahr 2021 einen weiteren Anstieg um gut acht Prozent2 aus. In der Förderung der Beruflichen Weiterbildung zeigten sich – wie bei den übrigen Aus- und Weiterbildungszielen – deut- Im Jahr 2019 stellten Pflegekräfte 29 Prozent der 5,7 Millio- liche Rückgänge, denn die Ausbildungsträger im Bereich der nen Beschäftigten des gesamten Gesundheitspersonals2. Pflege waren durch die Kontaktbeschränkungen ebenfalls massiv eingeschränkt. Auch im Laufe des Jahres 2021 Die Zahl der Pflegebedürftigen dürfte in Folge der Alterung zeigte sich hier keine positive Wendung. der Gesellschaft und bei weitgehend konstanten Pflegefall- wahrscheinlichkeiten auch weiter zunehmen. Das Gesund- PFLEGEBERUFEREFORMGESETZ heitsministerium rechnete zuletzt für 2050 mit rund 6,5 Millio- nen Pflegebedürftigen in der sozialen Pflegeversicherung3. Am 1. Januar 2020 trat das Pflegeberufereformgesetz4 in Kraft. Dieses hatte u.a. das Ziel, die Pflegeberufe attraktiver Damit einher geht ein weiter steigender Bedarf an Pflege- zu machen und führte die Ausbildungen in der Gesundheits- kräften. Auch wenn die Prognosen über die zu erwartende und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkranken- Versorgungslücke unterschiedlich ausfallen, stellt dies eine pflege sowie der Altenpflege zur Pflegefachkraft zusammen. Herausforderung für die künftige Fachkräftesicherung dar. Der Wechsel zwischen den Berufen sollte so erleichtert und Sie wird verschärft durch die Tatsache, dass bereits jetzt ein den Pflegefachkräften ein breiteres Tätigkeitsfeld eröffnet bundesweiter Fachkräftemangel bei examinierten Pflege- werden. Ebenfalls wurde geregelt, dass Auszubildende zur fachleuten in nahezu allen Bereichen herrscht. Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann verpflichtend eine Ausbildungsvergütung erhalten. Neben diesen immensen Herausforderungen spielen seit An- fang 2020 zwei weitere Themen eine besondere Rolle in der Bis Ende 2025 soll überprüft werden, ob für die gesonderten Pflege: die Corona-Pandemie und die neue gesetzliche Aus- Berufsabschlüsse in der Altenpflege oder Gesundheits- und bildungsgrundlage für Pflegefachkräfte. Kinderkrankenpflege weiterhin Bedarf besteht. Die ersten Ausbildungen nach den neuen Richtlinien begannen im CORONA Frühjahr 2020. Die Corona-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, welche Absolventen gibt es folglich noch nicht. Gleichwohl wird in enorme gesellschaftliche Bedeutung die Pflege hat. Struktu- den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zu Beschäfti- relle Auswirkungen können anhand der vorliegenden Daten gung, Arbeitslosigkeit und offenen Stellen die jeweils 1 4 Statistisches Bundesamt Daten zu Gesundheit und Pflege Informationen zum Pflegeberufereformgesetz BGBl Jg. 2017 Teil I Nr. 49 2 Statistisches Bundesamt Gesundheitspersonalrechnung vom 24. Juli 2017 Seite 2581 Gesetz über die Pflegeberufe (aktuelle Fassung) 3 Bundesministerium für Gesundheit Zahlen und Fakten zur Pflegeversiche- rung (April_2022) 5
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich ausgeübte oder angestrebte Tätigkeit erfasst, so auch die Die Identifikation von Einrichtungen, in denen Pflegekräfte der Pflegefachkraft. Verschiebungen durch die Reform sind ganz überwiegend beschäftigt sind (Krankenhäuser oder Kli- schon deutlich sichtbar, gleichzeitig gibt es noch Erfassungs- niken, stationäre Pflegeeinrichtungen sowie ambulante unsicherheiten5. Da ihr Umfang tendenziell größer werden Pflege) erfolgt anhand der gemeldeten Haupttätigkeitsfelder dürfte, sich aber in der Größenordnung nicht abschätzen der jeweiligen Betriebe, in denen die Pflegekräfte beschäftigt lässt, wird im Folgenden über Pflegekräfte der unterschiedli- sind gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige7. Kran- chen Fachrichtungen gesamthaft berichtet. Dazu werden die kenhäuser finden sich in der Wirtschaftsgruppe „861 Kran- folgenden Tätigkeitsfelder der Klassifikation der Berufe (KldB kenhäuser“, für die stationäre Pflege werden die Wirtschafts- 2010)6 summiert: gruppen „871 Pflegeheime“ und „873 Altenheime; Alten- u. Behindertenwohnheime“ zusammengefasst und die ambu- • 8130 Gesundheits-, Krankenpflege (o.S.) lante Pflege ist unter der Wirtschaftsgruppe „881 Soziale Be- • 8131 Fachkrankenpflege treuung älterer Menschen und Behinderter“ zu finden. • 8132 Fachkinderkrankenpflege • 8138 Gesundheits-, Krankenpflege (ssT) Eine wichtige Rolle in der Diskussion um die Fachkräftesi- • 8139 Aufsicht, Führung – Pflege, Rettungsdienst cherung in der Pflege spielt auch immer die Entlohnung. • 821 Altenpflege (einschließlich Führung) Zwei Themen sind hier aktuell von Bedeutung: Die Erhöhung des Mindestlohns in der Altenpflege8 sowie die Zahl und die Da zwischenzeitlich in allen Bereichen der Statistik der Bun- Höhe der Corona-Boni. Aussagen zu diesen beiden Themen desagentur für Arbeit entsprechend differenziert berichtet können im Rahmen dieser Veröffentlichung allerdings nicht werden kann, wurde die Abgrenzung präzisiert und anders getroffen werden, da ersterer sich in den Daten noch nicht als in früheren Veröffentlichungen Berufe in der operations- auswirkt und Informationen zu Sonderzahlungen, wie bspw. technischen Assistenz, im Rettungsdienst sowie in der Ge- Boni, in der Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit burtshilfe nicht in die Betrachtung aufgenommen. nicht separat erfasst werden. 5 7 Informationen zur statistischen Erfassung in der Arbeitsmarktstatistik: Hinter- Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 08) 8 grundinfo Pflegeberufe in den Arbeitsmarktstatistiken Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Deutlich höhere Mindestlöhne in 6 Klassifikation der Berufe 2021 (KldB 2010) der Altenpflege (8. Februar 2022) o.S.: ohne Spezialisierung, s.s.T.:sonstige spezifische Tätigkeitsangaben 6
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich 2 Erwerbstätigkeit und sozialversicherungs- pflichtige Beschäftigung 2019 vorliegt.9 Sie zeigt, dass Teilzeitbeschäftigungsverhält- 2.1 Erwerbstätigkeit nisse weit verbreitet sind. Fast drei Fünftel der Erwerbstäti- gen in diesem Bereich arbeiten mit verringerter Arbeitszeit. Gemäß der aktuell vorliegenden vorläufigen Daten aus dem Dabei arbeiten rund 62 Prozent der Frauen und 40 Prozent Mikrozensus waren im Jahr 2021 gut 1,7 Millionen Pflege- der Männer in Teilzeit. kräfte in Deutschland erwerbstätig. Ihre Zahl hat in den letz- ten Jahren tendenziell zugenommen, allein gegenüber 2020 Insbesondere bei Berufen mit einem hohen Teilzeitanteil ist um 60.000 (+3,6 Prozent). Als Selbständige üben diesen Be- es in der Diskussion um Fachkräftemangel (siehe Kapitel 5) ruf nur wenige Menschen aus, die meisten sind abhängig be- und Versorgungslücken hilfreich, neben der absoluten Zahl schäftigt. der Erwerbstätigen auch die Zahl der sogenannten Vollzeit- äquivalente zu betrachten. Nach Angaben des Statistischen GROßE MEHRHEIT DER ERWERBSTÄTIGEN IST Bundesamtes entsprachen 2019 die knapp 1,7 Millionen er- WEIBLICH UND ARBEITET IN TEILZEIT werbstätigen Pflegekräfte 1,2 Millionen Vollzeitäquivalenten (Krankenpflege 0,7 Millionen, Altenpflege 0,5 Millionen)10. Die große Mehrheit der Pflegekräfte ist weiblich: Etwas mehr als vier von fünf Erwerbstätigen in der Pflege sind Frauen. Unabhängig vom Geschlecht sind knapp drei Viertel der Er- 2.2 Geringfügige Beschäftigung werbstätigen als Fachkräfte tätig. Minijobs haben in der Pflege eine eher geringe Bedeutung Weitere Strukturdaten zur Erwerbtätigkeit in der Pflege liefert insbesondere die ausschließlich geringfügige Beschäftigung die Gesundheitspersonalrechnung, die derzeit für das Jahr spielt im Bereich der Pflege eine eher untergeordnete Rolle. Abbildung 1 Über alle Berufe hinweg sind 11 Prozent der Beschäftigten Minijobber, in der Pflege sind es nur 4 Prozent. Zudem war Sozialversicherungspflichtig beschäftigte der Anteil der ausschließlich geringfügig Beschäftigten in der Pflegekräfte Pflege bis zum Jahr 2020 rückläufig, zuletzt stagnierte er. Deutschland, jeweils Juni Anders sieht es bei im Nebenjob geringfügig Beschäftigten 1,7 Mio aus. Die Zahl der in dieser Beschäftigungsform angestellten 1,6 Mio 1,6 Mio 1,6 Mio Spezialist/ 1,5 Mio 8% Pflegekräfte stieg in den letzten Jahren deutlich stärker als 1,5 Mio 8% 8% Experte die der Nebenjobber insgesamt. Dies gilt insbesondere für 8% 8% 9% Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in der Pflege. Im Juni 2021 waren elf Prozent aller Nebenjobber als Leihar- beitnehmer beschäftigt, über alle Berufe hinweg waren es nur knapp zwei Prozent. Je nach Lebenssituation kann eine Fach- 63% 63% Kombination aus (reduzierter) Arbeitszeit in der Hauptbe- 64% 64% kraft 65% 65% schäftigung und einem Nebenjob in der Zeitarbeit offenbar durchaus attraktiv sein. 2.3 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Im Juni 2021 belief sich die Zahl der sozialversicherungs- 27% 27% 28% 29% 29% 29% Helfer pflichtig Beschäftigten mit Pflegeberufen auf knapp 1,7 Millio- 2016 2017 2018 2019 2020 2021 nen. Im Vergleich zum Vorjahr war das eine Zunahme von 44.000 bzw. 2,7 Prozent. Sowohl langfristig als auch Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 9 Statistisches Bundesamt Gesundheitspersonalberechnung 10 Ebenda. 7
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich A bbildung 2 nur gut die Hälfte. Ob es sich bei den Pflegehelfern um sol- che mit einschlägiger oder mit fachfremder Ausbildung han- Sozialversicherungspflichtig beschäftigte delt, kann statistisch leider nicht ausgewiesen werden. Die Pflegekräfte nach dem Anforderungsniveau übrigen acht Prozent der sozialversicherungspflichtig Be- und ausgewählten Wirtschaftszweigen schäftigten waren als Spezialisten, wie bspw. Fachkranken- Deutschland, Juni 2021 pflegekräfte für Intensivpflege und Anästhesie, oder Exper- ten in Führungspositionen, tätig. Die Verteilung der Anforde- 686.000 rungsniveaus ist bei den sozialversicherungspflichtig Be- Spezialist/ schäftigten in der Pflege im längerfristigen Vergleich relativ 10% Experte stabil (Abbildung 1). Mit gut zwei Fünfteln war der Großteil 506.000 der Pflegekräfte in Kliniken und Krankenhäusern beschäftigt. 4% In der stationären Pflege arbeiten 30 Prozent und in der am- bulanten Pflege 17 Prozent der Beschäftigten. Fach- 49% 79% 280.000 Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung unterschei- kraft 6% det sich in den unterschiedlichen Einrichtungen insbeson- dere in Bezug auf das Anforderungsniveau. Zwar sind exa- 55% minierte Pflegefachkräfte in allen Bereichen die größte Gruppe, doch stellen sie in Krankenhäusern mit 79 Prozent aller dort Beschäftigten Pflegekräfte den mit Abstand größten Helfer 11% 47% 39% Anteil. Auf sie entfielen daher auch fast vier Fünftel des Be- schäftigungszuwachses der letzten fünf Jahre (+44.000 von Kranken- stationäre ambulante häuser Pflege- Pflege insgesamt +56.000). einrichtungen Helfertätigkeiten sind vor allem in stationären Pflegeeinrich- Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit tungen bzw. ambulanten Diensten von größerer Bedeutung. Sie spielen auch bei der Beschäftigungsentwicklung in statio- während der Corona-Pandemie ist die Beschäftigung von nären Pflegeeinrichtungen oder den ambulanten Pflege- Pflegekräften stärker gewachsen als die Beschäftigung ins- diensten nach wie vor eine wichtige Rolle: 74 bzw. gesamt. Die Beschäftigungsstruktur ändert sich hingegen nur langsam: Der Teilzeit- und Frauenanteil ist weiterhin über- Abbildung 3 durchschnittlich hoch. Die Anstrengungen zur Fachkräftesi- cherung und die Migration zeigen sich in spürbar wachsen- Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte den Ausländeranteilen. Insgesamt und in Pflegeberufen, Vorjahresveränderung in % September 2018 bis September 2021 POSITIVE BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNG IN DER PFLEGE Pflegeberufe Insgesamt In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der sozialversiche- +2,4 rungspflichtig Beschäftigten in der Pflege um 189.000 bzw. +1,6 +2,3 13 Prozent gewachsen. Jeweils rund die Hälfte dieses +2,1 +2,3 +1,5 Wachstums gehen auf Helfer und Fachkräfte zurück. Die so- +2,1 zialversicherungspflichtige Beschäftigung insgesamt wuchs im gleichen Zeitraum lediglich um acht Prozent. Von den fast 1,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten in Pflegeberufen waren knapp 1,1 Millionen Per- sonen als examinierte Fachkraft tätig (63 Prozent). 29 Pro- zent bzw. 488.000 Beschäftigte gingen einer Tätigkeit als Helfer nach (Abbildung 1), für die üblicherweise keine oder nur bis zu zwei Jahre Ausbildung erforderlich sind. Allerdings ist unter den beschäftigten Pflegehelfern der Anteil derer, die -0,4 eine Berufsausbildung absolviert haben, mit zwei Dritteln überdurchschnittlich hoch. Zum Vergleich: Bei den sozialver- Sep 18 Sep 19 Sep 20 Sep 21 sicherungspflichtig beschäftigten Helfern insgesamt ist es Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 8
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich 57 Prozent der Zuwächse gingen hier auf Helfertätigkeiten nennenswerten Teil allerdings auch die Auswirkungen der zurück. Ihre Zahl ist im Vergleich zum Jahr 2016 um 40.000 Corona-Krise sein: Während in vielen Branchen die Inan- bzw. 33.000 gestiegen (Fachkräfte +13.000 bzw. +21.000). spruchnahme der Kurzarbeit sehr hoch war, wurde im Ge- sundheitswesen coronabedingt häufig mehr gearbeitet. Dies BESCHÄFTIGUNGSANSTIEG AUCH WÄHREND hatte entsprechend (gegenläufige) Auswirkungen auf die er- DER CORONA-PANDEMIE zielten Entgelte12. Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pan- Auch im längerfristigen Verlauf sind die Entgelte in der demie hat das Beschäftigungswachstum in der Pflege etwas Pflege stärker gestiegen als im Durchschnitt. Während fünf an Dynamik verloren. Anders als bei der Beschäftigung ins- Jahre zuvor das Entgelt in Pflegeberufen noch knapp vier gesamt waren hier allerdings während der gesamten Prozent unter dem durchschnittlichen Entgelt über alle Be- Corona-Krise deutliche Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr rufe hinweg lag, verringerte sich der Abstand bis zum Jahr zu verzeichnen. Diese lagen zuletzt etwa auf dem Vorkrisen- 2020 deutlich und lag nur noch ein Prozent unter dem Durch- niveau (Abbildung 3). schnitt. Beschäftigte Helfer bzw. Fachkräfte machen mit rund 90 Pro- 2.4 Entgelte zent den Löwenanteil der Beschäftigten in der Pflege aus, bei der Beschäftigung insgesamt sind gut 70 Prozent auf die- Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt11 für vollzeitbe- sen Anforderungsniveaus beschäftigt. Der Entgeltvergleich schäftigte Pflegekräfte lag im Jahr 2020 (aktuell vorliegende wird daher für diese beiden Anforderungsniveaus näher be- Werte) bei 3.392 Euro, 97 Euro mehr als 2019. Der Anstieg trachtet. Gerade Helfer konnten in den letzten Jahren aufho- im Vergleich zum Vorjahr fiel mit knapp drei Prozent deutli- len, hier waren die Entgelte in Pflege im Jahr 2020 höher als cher aus als im Durchschnitt über alle Berufe. Ursache für im Durchschnitt über alle als Helfer Beschäftigten. Fünf diese unterschiedliche Entwicklung dürften zu einem Jahre zuvor waren sie noch geringer (Abbildung 4). Abbildung 4 Entgelt Sozialversicherungspflichtig Beschäftigter nach ausgewähltem Anforderungsniveau Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Dezember 2015 und 202011 Veränderung 2020 ggü. 2015 absolut in Prozent 2020 3.427 € Insgesamt +344 € +11% 2015 3.083 € 2.357 € Helfer +239 € +11% 2.117 € 3.166 € Fachkraft +323 € +11% 2.843 € 3.392 € Pflegekräfte +420 € +14% 2.972 € 2.442 € Helfer +387 € +19% 2.055 € 3.503 € Fachkraft +464 € +15% 3.039 € Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11 12 Das Bruttomonatsentgelt wird nur für sozialversicherungspflichtig Vollzeitbe- Die unterschiedlich starke Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld, wirkte schäftigte der Kerngruppe ausgewiesen. Dadurch können Vergleiche durchge- sich erheblich auf die Entgelte 2020 aus: So stieg das mittlere Entgelt über führt werden, die in ihrer Aussagekraft nicht durch bspw. unterschiedliche An- alle Berufe und Anforderungsniveaus hinweg um rund 30 Euro, obwohl eine teile von Teilzeitbeschäftigten oder Auszubildenden beeinträchtigt sind. Bei Steigerung um rund 90 Euro erwartet wurde. Näheres hierzu in der Hinter- den Pflegekräften ist der Ausschnitt, über den berichtet wird, aufgrund des ho- grundinfo Auswirkungen der Corona-Krise auf die Entgeltstatistik 2020 hen Teilzeitanteils geringer als bei der Beschäftigung insgesamt. 9
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Sichtbare Lohnunterschiede zeigten sich in den verschiede- der Teilzeitbeschäftigung – wenngleich im prozentual gerin- nen beschäftigenden Einrichtungen: Das mittlere Bruttoent- geren Umfang als bei den Männern. gelt aller vollzeitbeschäftigter Pflegefachkräfte lag 2020 bei 3.503 Euro. Beschäftigte Pflegefachkräfte in Krankenhäu- ANTEIL AUSLÄNDISCHER ARBEITSKRÄFTE sern weisen dabei mit 3.771 Euro im Monat ein überdurch- STEIGT schnittliches Entgelt auf. Im Vergleich dazu waren die Ent- gelte von Pflegefachkräften in stationären Pflegeeirichtungen Zur Abmilderung des Fachkräftemangels setzt die Pflege- und ambulanten Pflegediensten unterdurchschnittlich und la- branche zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte, auch gen um mehr als 300 bzw. mehr als 600 Euro unter dem wenn die Sprachbarriere sowie die Berufsanerkennung zum durchschnittlichen Entgelt aller Pflegefachkräfte. Damit wird Teil große Hürden darstellen. Zum einen sind Pflegetätigkei- das geringste Entgelt unter den Pflegefachkräften in der am- ten in Deutschland für EU-Ausländer interessant. So hat sich bulanten Pflege erzielt. Zwar stieg es im Vergleich zum Vor- in den letzten fünf Jahren die Zahl der im Zuge der europäi- jahr am stärksten, mit 2.885 Euro haben die beschäftigten schen Freizügigkeit in Deutschland beschäftigten Pflege- Fachkräfte hier allerdings noch Nachholbedarf. kräfte um 29.000 auf 88.000 erhöht. Zum anderen wurden als Reaktion auf den Fachkräftemangel in den letzten Jahren Entsprechendes zeigt sich auch bei Pflegehelfern: Ihr mittle- verstärkt Altenpfleger aus dem außereuropäischen Ausland res monatliches Bruttoentgelt in Krankenhäusern und Klini- angeworben15 . So wurden durch die Westbalkanregelung ken betrug 2.997 Euro, in stationären Pflegeeinrichtungen die Schwellen für den Arbeitsmarktzugang, die durch Qualifi- 2.312 Euro und in der ambulanten Pflege 2.158 Euro. Im kationsanforderungen und den Nachweis der Gleichwertig- Vergleich zum Entgelt von 2.442 Euro aller in Pflegeberufen keit von Hochschulabschlüssen und beruflichen Abschlüssen beschäftigten Helfer erzielten Pflegehelfer in Krankenhäu- entstehen, erheblich gesenkt. sern auch hier ein deutlich höheres Entgelt. Anders als bei den Pflegefachkräften lagen die Entgelte nur für Pflegehelfer Diese Regelung war ursprünglich bis Ende 2020 befristet, ist in Krankenhäusern über dem durchschnittlichen Entgelt aller jedoch inzwischen bis Ende 2023 verlängert worden16. Im mit Helfertätigkeiten Beschäftigten. Darüber hinaus sind Zuge dessen verdreifachte sich die Zahl der sozialversiche- auch regionale Entgeltunterschiede erheblich13 14. rungspflichtig Beschäftigten in der Pflege aus den Westbal- kanstaaten in den vergangenen fünf Jahren nahezu auf 38.000. 2.5 Strukturmerkmale Darüber hinaus ist das Interesse von Geflüchteten an einer PFLEGEBERUFE WEITERHIN FRAUENDOMÄNE Tätigkeit in der Pflege groß. Im Juni 2021 waren 16.000 Pfle- gekräfte aus einem der acht zuzugsstärksten Asylherkunfts- Pflegeberufe sind Frauen- und Teilzeitdomänen (Abbil- länder in der Pflege tätig, vor der starken Flüchtlingszuwan- dung 5). Auch wenn der Frauenanteil leicht rückläufig ist, wa- derung im Jahr 2015 waren es weniger als 2.000. Derzeit ren 2021 mehr als vier von fünf Pflegekräften Frauen. Dar- liegt ihr Anteil an allen in der Pflege beschäftigten Auslän- über hinaus sind die Pflegeberufe von einem überdurch- dern mit gut sieben Prozent nur leicht unter dem über alle schnittlich hohen Anteil Teilzeitbeschäftigter geprägt: Im Jahr Berufe hinweg. 2021 war knapp die Hälfte der Pflegekräfte in Teilzeit tätig. Insgesamt lag der Teilzeitanteil bei 29 Prozent. All das zeigt sich in einem wachsenden Anteil Beschäftigter ohne deutsche Staatsangehörigkeit: Lag der Anteil der Aus- Im Vergleich zum Vorjahr haben sich praktisch keine Ände- länder an den beschäftigten Pflegekräften 2016 noch bei gut rungen bei dieser Verteilung ergeben. Der überdurchschnittli- sieben Prozent, so hat er sich bis 2021 auf gut 13 Prozent che Teilzeitanteil ist dabei nicht nur auf die hohe Frauenbe- erhöht (+108.000 Beschäftigte auf 218.000). Der Ausländer- schäftigung in Pflegeberufen zurückzuführen. Mit einem An- anteil in der Pflege insgesamt liegt damit etwa auf dem Ni- teil von 29 Prozent üben auch Männer überdurchschnittlich veau aller Beschäftigten. oft eine Teilzeitbeschäftigung aus, über alle Berufe hinweg betrug deren Teilzeitanteil 12 Prozent. Bei den männlichen Die TOP 5 der Herkunftsländer der in Deutschland beschäf- Pflegekräften steigt die Teilzeitbeschäftigung deutlich stärker tigten ausländischen Pflegekräfte haben sich seit 2016 nicht als die Vollzeitbeschäftigung. Bei den weiblichen Pflegekräf- geändert. Wie fünf Jahre zuvor kamen im Jahr 2021 die ten war dies bis 2018 ebenfalls der Fall, ab 2019 übersteigen meisten ausländischen Pflegekräfte aus den Ländern Polen, allerdings die Zuwächse bei der Vollzeitbeschäftigung die 13 15 Ausführlicher: IAB-Forum Entgelte von Pflegekräften (November 2020) Näheres zum Projekt der Bundesagentur für Arbeit und der Gesellschaft für 14 Weitere Informationen zu Entgelten: https://entgeltatlas.arbeitsagentur.de/ internationale Zusammenarbeit (GIZ) „Triple win“ 16 Westbalkanregelung ab dem 1. Januar 2021 10
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Bosnien und Herzegowina, Türkei, Rumänien sowie Kroa- weniger (64 Prozent). Auch jenseits der 50 unterscheidet tien. sich die Altersverteilung praktisch nicht. Zudem ist der Anteil Beschäftigter, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, in Das Anforderungsniveau der Beschäftigten in der Pflege un- den vergangenen fünf Jahren etwa gleich stark auf gut terscheidet sich zwischen Deutschen und Ausländern deut- neun Prozent gestiegen. Nur beim Anteil der unter 25-Jähri- lich: Während knapp zwei Drittel der beschäftigten Deut- gen Pflegekräfte gibt es einen merklichen Unterschied, er schen Pflegefachkräfte sind, sind es bei den ausländischen war in der Pflege im Jahr 2021 mit gut 13 Prozent merklich Beschäftigten die Hälfte. höher als über alle Berufe hinweg (10 Prozent). Dieser Un- terschied dürfte überwiegend in der Ausbildungsdauer be- Ab März 2020 sind im Rahmen des Fachkräfteeinwande- gründet sein. Der Anteil Beschäftigter mit dualer Berufsaus- rungsgesetzes17 neue Perspektiven für Fachkräfte aus Nicht- bildung ist in der Pflege überdurchschnittlich hoch, während EU-Ländern geschaffen worden. Der deutsche Arbeitsmarkt der der Hochschulabsolventen unterdurchschnittlich ist. ist damit nicht mehr nur für Hochqualifizierte vollständig ge- öffnet, sondern auch für Menschen mit anerkannter Berufs- ANTEIL DER LEIHARBEIT IN DER PFLEGE AUF ausbildung. Dadurch wird die Zuwanderung ausländischer VORJAHRESNIVEAU Arbeitnehmer auch im Bereich der Pflege erleichtert. Auf- grund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie Insbesondere als Reaktion auf die starke Nachfrage nach sind allerdings bislang keine Aussagen zur Wirkung des Ge- Pflegekräften hatte in den letzten Jahren die Zahl der sozial- setzes möglich. versicherungspflichtig Beschäftigten, die über ein Leihar- beitsunternehmen in der Pflege tätig sind, zugenommen. Im- ALTERSVERTEILUNG IN DER PFLEGE UNTER- mer mehr Pflegekräfte hatten sich also in den vergangenen SCHEIDET SICH KAUM VOM DURCHSCHNITT Jahren für eine Beschäftigung über ein Leiharbeitsunterneh- men entschieden, sicher auch, weil diese mit Flexibilität und Knapp zwei Drittel der sozialversicherungspflichtig beschäf- besseren Konditionen werben18. tigten Pflegerinnen und Pfleger ist jünger als 50 Jahre, im Durchschnitt über alle Beschäftigten sind es nur geringfügig Abbildung 5 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Insgesamt und in Pflegeberufen nach Strukturmerkmalen Juni 2021 Frauen Männer Deutsche Ausländer Insgesamt 46% 54% 87% 13% Pflegekräfte 83% 17% 87% 13% Vollzeit Teilzeit Helfer Fachkraft Spez./Exp. Insgesamt 71% 29% 16% 57% 27% Pflegekräfte 51% 49% 29% 63% 8% Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 17 18 Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz - Kurzinformation für Arbeitgeber Beispielhaft jeweils eine Gewerkschaftssicht: Verdi Themenseite Leiharbeit; eine gesetzliche Krankenversicherung: UKV Leiharbeit in der Pflege; ein spe- zialisierter Vermittler BlueShirtJobs 11
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Arbeitgeber schätzen die Flexibilität der Arbeitnehmerüber- Anteil der Arbeitnehmerüberlassung insgesamt ab dem Jahr lassung ebenfalls, auch wenn seit dem Jahr 2020 die Kosten 2018 konjunktur- und coronabedingt spürbar gesunken war, für Leiharbeit nur bis zum Tariflohn vergütet werden und blieb er im Bereich der Pflege stabil. Zum einen ist das Ge- auch Zahlungen von Vermittlungsentgelten nicht im Pflege- sundheitswesen kaum konjunktursensibel und zum anderen budget berücksichtigt werden können19. erhöhte sich die Nachfrage nach Pflegekräften in Folge der Corona-Pandemie noch einmal zusätzlich. Auch die Branche selbst hat reagiert und beispielsweise Qualitätsstandards für die Zeitarbeit in der Pflege mit ent- Wie auch bei der Gesamtbeschäftigung unterscheiden sich sprechenden Siegeln eingeführt20. die Frauenanteile in der Arbeitnehmerüberlassung deutlich: Während weniger als zwei Prozent aller weiblichen Beschäf- Insgesamt dürfte davon auszugehen sein, dass sich die Zeit- tigten in der Pflege in einem Leiharbeitsverhältnis beschäftigt arbeit im Bereich der Pflege – auf etwas geringerem Niveau sind, sind es bei den männlichen Pflegekräften mehr als als in der Gesamtbeschäftigung – etabliert hat. Zwei Prozent drei Prozent. aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Pfle- geberufen waren im Juni 2021 in einem Leiharbeitsverhältnis Der grundsätzliche Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und angestellt, in der Gesamtbeschäftigung waren es zum glei- Leiharbeitnehmern in der Pflege wird allerdings weiterhin chen Zeitpunkt etwas mehr als zwei Prozent. Während der kontrovers diskutiert. 19 20 Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz): Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister Qualitätsstandards gu- BGBl Jg. 2019 Teil I Nr. 51 vom 14. Dezember 2019 Seite 2789 aktuelle Fas- ter Zeitarbeit in der Pflege sung Krankenhausentgeltgesetz (§ 6a Abs. 2) 12
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich 3 Arbeitslosigkeit Die Zahl der arbeitslosen Pflegerinnen und Pfleger ist länger- höheren Einfluss hatten zunächst fehlende Beschäftigungs- fristig rückläufig und der coronabedingte Anstieg der Arbeits- aufnahmen. Hinzukommt kommt, dass Personen als arbeits- losigkeit unterdurchschnittlich. Die Arbeitslosenquote in Pfle- los gezählt wurden, die sonst zwar auch von einer Ar- geberufen liegt deutlich unter der Quote über alle Berufe hin- beitsagentur oder einem Jobcenter betreut, aber aufgrund weg. Auch werden Pflegekräfte seltener langzeitarbeitslos. der Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme Von Arbeitslosigkeit betroffen sind insbesondere Pflege- nicht als arbeitslos erfasst wurden. Zudem wechseln in unsi- kräfte, die eine Tätigkeit auf Helferniveau suchen. Der Frau- cheren Zeiten weniger Menschen ihren Arbeitsplatz und es enanteil unter den Arbeitslosen ist – wie auch ihr Anteil an entsteht dadurch weniger kurzzeitige Sucharbeitslosigkeit. der Beschäftigung – relativ hoch. Trotz des auch im Gesundheitswesen sichtbaren coronabe- dingten Anstieges befand sich die Arbeitslosigkeit in der 3.1 Entwicklung Pflege weiter auf niedrigem Niveau. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote21 von Pflegekräften lag im Durchschnitt Im Jahresdurchschnitt 2021 waren 46.000 Pflegekräfte in des Jahres 2021 bei 2,6 Prozent und somit etwa auf dem Ni- Deutschland arbeitslos gemeldet, kaum weniger als 2020 veau des Vorjahres und von 2019. Pflegefachkräfte haben (Abbildung 6). Damit blieb die Arbeitslosigkeit, die im Jahr mit 0,8 Prozent eine erheblich niedrigere Quote als Pflege- 2020 im Zuge der Corona-Krise auf das Niveau von 2015 ge- hilfskräfte (7,1 Prozent). Allerdings weisen Helferinnen und stiegen war, nahezu unverändert, nachdem sich bis zum Helfer üblicherweise eine höhere Arbeitslosigkeit auf: Ihre Jahr 2019 im längerfristigen Trend noch ein deutlicher Rück- Quote lag unabhängig vom angestrebten Beruf 2021 bei gang gezeigt hatte. 16,9 Prozent, 0,2 Prozentpunkte mehr als 2020, allerdings 3,7 Prozentpunkte über dem Jahr 201922. Entlassungen waren jedoch nur für einen Teil des coronabe- dingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit verantwortlich. Deutlich Abbildung 6 Arbeitslose Pflegekräfte und gemeldete Arbeitsstellen für Pflegekräfte Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt Arbeitslose gemeldete Arbeitsstellen 46.000 46.000 42.000 40.000 40.000 38.000 38.000 36.000 36.000 35.000 darunter Helfer 34.000 32.000 32.000 37.000 37.000 10.000 10.000 10.000 9.000 9.000 2017 2018 2019 2020 2021 2017 2018 2019 2020 2021 Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 21 22 Berufsspezifische Arbeitslosenquoten liegen nur bis zur Ebene der Berufs- Nähere Informationen im Heft Berufsspezifische Arbeitslosenquoten gruppen (KldB 2010) vor, sie sind hier für die Summe 813 + 821 ausgewiesen. 13
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Betroffen von Arbeitslosigkeit sind dabei vor allem Pflege- kräfte, die nicht über eine geregelte Pflege-Ausbildung verfü- Auch die Gründe, aus denen eine Arbeitslosmeldung er- gen und ausschließlich für eine allgemeine Pflegehilfstätig- folgt, können der Statistik der Bundesagentur für Arbeit keit in Frage kommen. Pflegefachkräfte sowie Pflegehelferin- nicht entnommen werden. Daher wurde auch hier mit nen und -helfer, die über eine abgeschlossene Pflegehelfer- dem entsprechenden Vorkrisenniveau verglichen. ausbildung verfügen, sind dagegen in der Regel deutlich sel- tener von Arbeitslosigkeit betroffen oder können diese inner- Im April 2022 meldeten sich knapp 19.000 Personen ar- halb kurzer Zeit wieder beenden. beitslos, die zuvor im Gesundheits- und Sozialwesen tä- tig waren, das waren gut 3.000 (+22 Prozent) mehr als im April 2019. Darunter waren 5.000 Pflegekräfte, 900 ARBEITSUCHE IM KONTEXT DER (+21 Prozent) mehr als im April 2019. Anders als bei EINRICHTUNGSBEZOGENEN IMPFPFLICHT den Arbeitsuchendmeldungen unterschieden sich die Veränderungen bei den Arbeitslosmeldungen zwischen Mitte Dezember 2021 trat die Änderung des Infektions- Pflegekräften und Beschäftigten im Gesundheits- und schutzgesetzes in Kraft, die für die Beschäftigten in Ein- Sozialwesen insgesamt nicht. richtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, wie beispielsweise Krankenhäuser oder Arztpraxen, ab dem Der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäf- 15. März 2022 eine einrichtungsbezogene Impfpflicht tigung im Gesundheits- und Sozialwesen spielt sowohl vorsieht. Zwar gab es auch nach dem 15. März noch et- bei den Arbeitsuchend- als auch bei den Arbeitslosmel- liche offene Fragen zur Umsetzung des Gesetzes, die dungen eine Rolle und ein nennenswerter Teil des An- Befürchtungen, es könne vermehrt zu Kündigungen von stieges dürfte hierauf zurückzuführen sein. Im Verhältnis ungeimpftem Personal kommen, bestanden jedoch auch sind damit im April 2022 0,4 Prozent der Beschäftigten im April 2022 weiter. im Gesundheits- und Sozialwesen arbeitslos geworden. Da das sogenannte Betretungsverbot für ungeimpfte Be- schäftigte erst seit dem 15. März 2022 gilt, wurden bis März zunächst die Arbeitsuchendmeldungen aus dem 3.2 Dynamik und Dauer Gesundheits- und Sozialwesen betrachtet. In der Statis- tik der Bundesagentur für Arbeit liegen allerdings keine Im Jahr 2021 waren 46.000 Pflegekräfte in Deutschland ar- Informationen darüber vor, aus welchen Gründen eine beitslos gemeldet, etwa so viele wie im Vorjahr. Acht von Arbeitsuchendmeldung erfolgt. So wurde zur Abschät- zehn dieser Arbeitslosen mit Zielberuf Pflegekraft suchten zung des Effektes die Zahl der Arbeitsuchendmeldun- eine Tätigkeit auf Helferniveau (37.000 Personen). Dieser gen vom Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes bis Anteil hat sich in den letzten zehn Jahren nicht verändert. zum März 2022 einschließlich mit dem entsprechenden Hier ist jedoch eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Zeitraum vor der Corona-Pandemie verglichen. Zwei Drittel der arbeitslosen Helfer in der Pflege verfügen über keinerlei abgeschlossene Berufsausbildung (25.000), Lässt man die übliche Fluktuation außer Acht, gab es in 8.000 über eine fachfremde Ausbildung und nur 4.000 haben den Monaten Dezember 2021 bis März 2022 43.000 Ar- die Ausbildung in der Pflege absolviert und sind damit – ähn- beitsuchendmeldungen mehr aus dem Gesundheits- lich wie examinierte Fachkräfte – seltener arbeitslos. 2021 und Sozialwesen als sonst üblich (+58 Prozent), darun- waren durchschnittlich 7.000 Fachkräfte in diesem Feld ar- ter 20.000 Personen mit Pflegeberufen (+98 Prozent). beitslos gemeldet. Die Zahl der arbeitslosen Spezialisten und Insgesamt hatten sich in den vier Monaten vom Inkraft- Experten lag bei etwas über 1.000. treten des Gesetzes bis zum Umsetzungstermin (De- zember 2021 bis März 2022) knapp 118.000 Arbeitsu- Die Austauschprozesse am Arbeitsmarkt waren auch im Jahr chende aus dem Bereich Gesundheit und Soziales ar- 2021 noch eingeschränkt. Zum einen haben die Kontaktbe- beitsuchend gemeldet, darunter 41.000 Pflegerinnen schränkungen direkt zur Verlangsamung von Stellenbeset- und Pfleger. Im vergleichbaren Zeitraum vor Ausbruch zungsprozessen beigetragen, zum anderen sind in Krisen- der Pandemie (Dezember 2019 bis März 2020) waren zeiten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zurückhal- es 74.000 und unter ihnen 21.000 Pflegekräfte. tender was Veränderungen angeht. Zwar können über einen kausalen Zusammenhang des Die Zugänge in Arbeitslosigkeit sind im Vergleich zum Vor- oben dargestellten Plus mit der einrichtungsbezogenen jahr geringer ausgefallen. Dennoch haben sich im Jahr 2021 Impfpflicht nur Vermutungen angestellt werden, er liegt insgesamt 125.000 Pflegekräfte arbeitslos gemeldet. Davon jedoch nahe. kamen 54.000 direkt aus einer Beschäftigung am ersten Ar- beitsmarkt oder auch einer (außer-) betrieblichen Ausbil- dung. 14
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Auf der anderen Seite konnten mehr Pflegekräfte die Arbeits- AUSLÄNDISCHE ARBEITSLOSE SUCHEN ET- losigkeit beenden, insgesamt 133.000; knapp 50.000, weil WAS HÄUFIGER AUF HELFERNIVEAU sie eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt oder eine (außer-)betriebliche Ausbildung aufgenommen haben. Dabei Die Zahl der arbeitslosen deutschen Pflegekräfte hatte bis gelingt die Beschäftigungsaufnahme vielfach relativ schnell: zum Jahr 2019 tendenziell abgenommen. Im ersten Corona- Pflegekräfte waren bei einer Arbeitsaufnahme mit durch- Jahr 2020 stieg die Arbeitslosigkeit allerdings deutlich an. schnittlich 202 Tagen 68 Tage weniger arbeitslos als alle Ar- Nach einem leichten Rückgang gab es im Jahr 2021 im Ver- beitslosen. Bei Fachkräften in der Pflege ist die Arbeitslosig- gleich zum Jahresdurchschnitt 2016 knapp 7 Prozent weni- keitsdauer mit durchschnittlich 128 Tagen etwa halb so lang ger arbeitslose Pflegekräfte mit deutscher Staatsangehörig- wie bei allen Fachkräften und auch Pflegehelfer haben mit keit (33.000). Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der 226 Tagen eine deutlich kürzere Arbeitslosigkeitsdauer als arbeitslosen ausländischen Pflegekräfte – wenngleich von alle Helfer (Altenpflegehelfer mit einschlägiger Berufsausbil- niedrigem Niveau – sehr stark. Die deutlichsten Vorjahresan- dung: 184 Tage). stiege wurden – abgesehen vom coronabedingten Anstieg 2020 – in den Jahren 2016 und 2017 verzeichnet, also nach Entsprechend lag die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in der großen Flüchtlingszuwanderung von 2015. Der Zuwachs eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt bzw. eine (au- seit 2015 geht zu knapp zwei Dritteln auf Arbeitslose mit ei- ßer-)betriebliche Ausbildung23 für Pflegekräfte 2021 bei ner Staatsangehörigkeit aus den acht Hauptherkunftsländern 9,1 Prozent. Damit liegt die Abgangsrate deutlich über derje- der Geflüchteten24 zurück. Es spricht somit viel dafür, dass nigen für alle Berufe (6,5 Prozent). arbeitslose Schutzsuchende ihre Integrationskurse und Fort- bildungen mittlerweile beendet haben und nun dem Arbeits- Differenziert nach der Berufsausbildung zeigt sich, dass die markt unter anderem mit dem Berufswunsch als Pflegekraft Abgangschancen der Arbeitslosen mit einer Ausbildung in zur Verfügung stehen. Von den 13.000 arbeitslosen Pflege- der Pflege deutlich besser sind. Während die Abgangsrate kräften mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit kam ein der Helfer ohne Berufsausbildung mit 6,2 Prozent knapp un- Drittel aus einem der acht Hauptherkunftsländer der Geflüch- terdurchschnittlich ist, ist die der ausgebildeten Altenpflege- teten. helfer mit 11,2 Prozent beinahe doppelt so hoch. Die Ab- gangsrate der Fachkräfte liegt mit 16,9 Prozent weiterhin bei- Im Jahresdurchschnitt 2021 besaß mehr als ein Viertel der nahe doppelt so hoch wie die Abgangsrate insgesamt arbeitslosen Altenpflegekräfte keine deutsche Staatsangehö- (8,8 Prozent). rigkeit. Von ihnen suchten knapp neun von zehn eine Tätig- keit auf Helferniveau. Bei arbeitslosen deutschen Pflegekräf- Nachdem im ersten Corona-Jahr die Abgangsraten sowohl ten liegt der Wert darunter, hier waren es sieben von zehn. insgesamt, als auch in der Pflege im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich gesunken waren, stiegen sie im Jahr 2021 wie- LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT IN DER PFLEGE der spürbar an. Das Vorkrisenniveau wurde jedoch noch SELTENER nicht wieder erreicht. Auch in Berufen mit (Fachkräfte-)Engpässen kann es vor- kommen, dass Angebot und Nachfrage nicht zusammenpas- 3.3 Strukturmerkmale sen und so Langzeitarbeitslosigkeit entsteht. Ursachen kön- nen beispielsweise unterschiedliche Arbeitszeitvorstellungen ANALOG ZUR BESCHÄFTIGUNG HOHER ANTEIL sowie regionale oder qualifikatorische Divergenzen sein. Die WEIBLICHER ARBEITSLOSER bis ins Jahr 2019 positive wirtschaftliche Situation führte dazu, dass auch Langzeitarbeitslose häufiger einen Weg aus Wie die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird der Arbeitslosigkeit fanden. Dies zeigte sich auch bei der Ar- auch die Arbeitslosigkeit von Pflegekräften von einem hohen beitslosigkeit von Pflegekräften. Innerhalb der fünf Jahre vor Frauenanteil dominiert. Dieser ist zwar in den letzten fünf Ausbruch der Corona-Pandemie sank der Anteil Langzeitar- Jahren tendenziell etwas gesunken, lag im Jahresdurch- beitsloser an allen arbeitslosen Pflegerinnen und Pflegern schnitt 2021 allerdings dennoch bei 78 Prozent (Abbil- um sechs Prozentpunkte auf 25 Prozent im Jahr 2020 (alle dung 7). Hinsichtlich des Anforderungsniveaus gibt es keine Arbeitslosen: 30 Prozent). Von den arbeitslosen Pflegefach- nennenswerten Unterschiede zwischen den Geschlechtern. kräften waren sogar nur 15 Prozent langzeitarbeitslos (zum Vergleich alle arbeitslosen Fachkräfte: 27 Prozent). 23 24 Die Abgangsrate setzt die Abgänge aus Arbeitslosigkeit ins Verhältnis zum Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien Arbeitslosenbestand des Vormonats. 15
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich A bbildung 7 Arbeitslose nach ausgewählten Strukturmerkmalen Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt, Anteile am Insgesamt Insgesamt Pflegekräfte 44% 2021 2021 78% Frauen 45% 2016 2016 80% 30% 2021 2021 28% Ausländer 24% 2016 2016 20% 39% 2021 2021 32% Langzeitarbeitslose 37% 2016 2016 30% davon ohne Berufsausbildung: davon ohne Berufsausbildung: 52% 73% 2021 2021 67% 81% Helfer *) 2016 2016 59% 81% Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit * A ufgrund vo n Umgruppierungen ist ein Vergleich mit den Vo rjahren für alle Helfer nicht sinnvo ll 25 Im Verlauf der Corona-Pandemie war – wie über alle Berufe damit deutlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt haben hinweg – jedoch ein deutlicher Anstieg der Langzeitarbeitslo- (siehe Abschnitt 3.2). sigkeit zu beobachten. Nach einem Plus von sieben Prozent- punkten lag der Anteil der langzeitarbeitslosen Pflegerinnen ARBEITSLOSE PFLEGEKRÄFTE SIND IM und Pfleger im Jahresdurchschnitt 2021 bei 32 Prozent und SCHNITT TENDENZIELL JÜNGER damit nach wie vor sieben Prozentpunkte niedrigerer als über alle Berufe hinweg. Ursache dürften die coronabedingt Arbeitslose Pflegekräfte sind im Durchschnitt jünger als die eingeschränkten Stellenbesetzungsprozesse, aber auch das Arbeitslosen insgesamt. Im Jahr 2021 lag der Anteil der ar- deutlich geringere Angebot an arbeitsmarktpolitischen Instru- beitslosen Pflegerinnen und Pfleger, die jünger als 50 Jahre menten sein. waren bei 78 Prozent, über alle Berufe hinweg waren es nur 66 Prozent. Im Jahr 2011 war der Unterschied noch deutlich HOHER ANTEIL ARBEITSLOSER HELFER kleiner. Ein Grund dürfte die gestiegene Arbeitslosigkeit bei ausländischen Menschen – vor allem jüngeren und mittleren Acht von zehn arbeitslosen Pflegkräften suchten eine Be- Alters – die eine Helfertätigkeit in der Pflege suchen, sein. schäftigung auf Helferniveau, bei den Arbeitslosen über alle Zugewanderte, wie beispielweise die Geflüchteten, die ab Berufe hinweg waren es fünf von zehn. Die beiden Gruppen 2015 nach Deutschland kamen, steigen aufgrund der forma- unterscheiden sich jedoch im Ausbildungsniveau. Während len Rahmenbedingungen im Bereich der Pflege zunächst als zwei Drittel der Arbeitslosen, die als Helfer in der Pflege tätig Helfer in den Beruf ein (siehe Abschnitt 3.3). Auch die Tatsa- sein möchten, im Jahresdurchschnitt 2021 keine Berufsaus- che, dass ältere Pflegekräfte nach einer Phase der Arbeitslo- bildung aufzuweisen hatten, waren es bei den Helfern insge- sigkeit eher als Jüngere einen anderen Beruf anstreben, samt25 mit drei Vierteln spürbar mehr. Hinzu kommt, dass könnte eine Rolle spielen. Allerdings ist die Tendenz zur be- zwölf Prozent der arbeitslosen Pflegehelferinnen und Pflege- ruflichen Umorientierung nach einer Phase der Arbeitslosig- helfer über eine einschlägige Berufsausbildung verfügen und keit bei Pflegerinnen und Pflegern insgesamt unterdurch- schnittlich ausgeprägt. 25 Hintergrundinfo Geänderte Zuordnungen von Berufen in der Klassifikation der Berufe – Auswirkungen auf die Arbeitsmarktstatistiken, Juli 2021 16
Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich 4 Arbeitskräftenachfrage Pflegekräfte im 5-Jahres-Vergleich mit gut neun Prozent et- 4.1 Gemeldete Stellen was stärker als die der Stellen insgesamt. Vor dem Hintergrund des wachsenden Personalbedarfs in STRUKTUR DER NACHFRAGE der Pflege in den letzten Jahren ist die Zahl der gemeldeten Stellen coronabedingt zwar zurückgegangen, aber nicht so Die Nachfragestruktur unterscheidet sich teilweise deutlich deutlich eingebrochen wie über alle Berufe hinweg. Im Jah- von der Struktur der Arbeitslosen. Insbesondere hinsichtlich resdurchschnitt 2021 waren 36.000 Stellen für Arbeitskräfte des Qualifikationsniveaus gibt es große Disparitäten (siehe im Bereich der Pflege bei der Bundesagentur für Arbeit ge- Abbildung 8). meldet (siehe Abbildung 6). Nach den starken Anstiegen der Nachfrage bis 2017 hatte die Dynamik auch schon vor der Die deutliche Mehrheit der Stellenangebote richtet sich an Corona-Krise etwas nachgelassen. Im Jahr 2021 lag die Zahl examinierte Pflegefachkräfte (24.000 bzw. 68 Prozent). der gemeldeten Stellen für Pflegekräfte immer noch um Gleichzeitig verfügen aber nur 7.000 bzw. 16 Prozent der Ar- sechs Prozent bzw. 2.000 Stellen unter der des Jahres 2019. beitslosen über eine Qualifikation als Pflegefachkraft. Für Zum Vergleich: Über alle Berufe hinweg ging der Stellenbe- Helfer stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Ledig- stand im gleichen Zeitraum um neun Prozent zurück. Ge- lich ein gutes Viertel der Stellenangebote richtet sich an Ar- sucht werden nach wie vor überwiegend examinierte Fach- beitslose mit Helferqualifikation (9.000). Zahl und auch Anteil kräfte, sie machen gut zwei Drittel des Stellenbestandes aus. der Arbeitslosen für Tätigkeiten in diesem Bereich überstei- Von den Rückgängen sind jedoch auch sie betroffen. gen das Angebot an gemeldeten Stellen erheblich (37.000 bzw. 81 Prozent). Insbesondere das Ausbleiben von Stellenneumeldungen schlug bei dem Rückgang der Arbeitskräftenachfrage im Zu- In Bezug auf die Arbeitszeit passen Angebot und Nachfrage sammenhang mit der Corona-Pandemie zu Buche: Im ersten auf den ersten Blick recht gut zusammen. Knapp drei von Corona-Jahr wurden knapp 62.000 Stellen für Pflegeberufe vier arbeitslosen Pflegekräften suchen eine Vollzeitstelle. neu gemeldet, damit fiel der Rückgang gegenüber dem Vor- Dem gegenüber ist zwar nur jede vierte gemeldete Arbeits- jahr 2019 beinahe so stark aus wie über alle Berufe hinweg stelle in der Pflege als reine Vollzeitstelle ausgeschrieben, (Pflege: -21 Prozent; insgesamt: 25 Prozent). Im Jahr 2021 allerdings kommen bei mehr als der Hälfte der gemeldeten stieg die Zahl der neu gemeldeten Stellen für Pflegeberufe – Arbeitsstellen für Pflegekräfte sowohl eine Teilzeit- als auch anders als die Stellenmeldungen insgesamt (+21 Prozent) – eine Vollzeitbeschäftigung infrage. In der Praxis erschweren jedoch lediglich um knapp zehn Prozent. indes häufig unterschiedliche Vorstellungen über die Lage und Verteilung der Arbeitszeit eine zügige Stellenbesetzung. Rückläufige Stellenzugänge sind aber nicht 1:1 auf eine sin- Eine Aussage hierzu ist auf Basis der Statistik jedoch nicht kende Nachfrage nach Arbeitskräften zurückzuführen. In der möglich. derzeit wirtschaftlich angespannten Lage wechseln weniger Menschen ihren Arbeitsplatz. Diese niedrigere Fluktuation Die Hälfte der im Jahresdurchschnitt 2021 bei der Bunde- trägt dazu bei, dass weniger Stellen zu besetzen sind (siehe sagentur für Arbeit gemeldeten Arbeitsstellen für Pflegekräfte auch Kapitel 3). Darüber hinaus können sie auch Ausdruck wurde von stationären Pflegeeinrichtungen bzw. der ambu- des Fachkräftemangels sein. Wenn etwa Betriebe in der lanten Pflege angeboten (jeweils rund ein Viertel). In Kran- Folge erlebter vergeblicher Suche auf Stellenanzeigen bei kenhäusern waren zwölf Prozent aller der bei der Bunde- der Bundesagentur für Arbeit verzichten. sagentur für Arbeit gemeldeten Stellen für Pflegeberufe zu besetzen. Ähnlich wie über alle Berufe hinweg war der Anteil WEITERHIN HOHES NIVEAU – TROTZ NACHLAS- der von Zeitarbeitsunternehmen gemeldeten Stellen mit SENDER DYNAMIK 24 Prozent im Vergleich zu ihrem Beschäftigtenanteil von knapp zwei Prozent überdurchschnittlich hoch. Auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise und der zuvor nachlassenden Dynamik befindet sich die Kräftenachfrage in den Pflegeberufen insgesamt weiterhin auf relativ hohem Ni- 4.2 Arbeitslosen-Stellen-Relation veau. Dies wird auch in der mittelfristigen Betrachtung deut- lich. Trotz des vergleichsweise moderaten Anstiegs im zwei- Bei der Gegenüberstellung von Arbeitslosen und gemeldeten ten Corona-Jahr stieg die Zahl der gemeldeten Stellen für Stellen nach Qualifikation für den Pflegebereich zeigt sich, dass Angebot und Nachfrage hier oft nicht 17
Sie können auch lesen