FORTUNA 125JAHRE - VERLAG DIE WERKSTATT

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FORTUNA 125JAHRE - VERLAG DIE WERKSTATT
MICHAEL
BOLTEN

125Jahre
    FortunaFUSS BA LL IN
           DÜSSE LDORF
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125 Jahre Fortuna
 Inhaltsverzeichnis
Vorwort     ... und Dank                                                     8

1979        „Jungens, wir sind bei euch!“ –                                  13

            Fortunas Jahr der Endspiele

1895–1927   Turnen, wilder Fußball und erste Ligaerfahrungen                 31

            EINWURF O Fortuna, oder die Suche nach dem Ursprung              35

            EINWURF Alles Asche                                             44

1927–1940   Spitzenfußball in Düsseldorf –                                   55

            in Demokratie und Diktatur
            EINWURF Flinger Broich                                           61

            EINWURF Das deutsche Amateurideal                               63

            EINWURF Feier im Wandel der Zeit                                 71

            EINWURF Fortuna unterm Hakenkreuz                               86

1940–1947   Fußball im Bombenhagel                                           91

            und unter alliierter Besatzung
            EINWURF „Soldatenklau“ in Düsseldorf                             93

1947–1963   Die Oberligajahre                                               107

            EINWURF Oberliga West                                           109

            EINWURF Fortunen auf großer Reise Von Stephan Vogel             121

            EINWURF Düsseldorf – Köln: Rivalen am Rhein                     136

1963–1971   Der holprige Weg in die Bundesliga                              145

            EINWURF Corporate Identity und Merchandising damals und heute   153

            EINWURF Rheinstadion                                            159

            EINWURF Bundesligaskandal                                       164
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1971–1987   Licht und Schatten in 16 Jahren Bundesliga                          165

            EINWURF Internationale Freundschaftsspiele                          169

            EINWURF Carl-Riegel-Pokal statt Viktoria                            179

            EINWURF Internationaler Pokal                                       188

1987–1999   Sportlicher und finanzieller Abstieg auf Raten                      203

            EINWURF Paul-Janes-Stadion                                          211

            EINWURF Come Back – Ein Sprachrohr für Fortunafans                  217
                       Interview mit Stefan Diener

1999–2009   Über die Dörfer zurück in den bezahlten Fußball                     233

            EINWURF Ein Vertrag für die Ewigkeit                                235

            EINWURF Die Arena                                                   239

            EINWURF Das Klassentreffen – Der Mythos lebt                        243

            EINWURF Im Dschungel der Fortuna-Songs Von Henning Heske            248

            EINWURF Hallenzauber – Vom Wintercup zum Telekom Cup                253
                    Von Henning Heske

2009–2019   Rückkehr in den turbokapitalistischen Fußball                       261

            EINWURF Lena-Arena                                                  265

            EINWURF Die „Schande von Düsseldorf“ Von Henning Heske              269

            EINWURF Über Frauen bei Fortuna und den großen Vorteil,             282
                       eine Zeitmaschine zu besitzen. Von Ursula Kohlert

            EINWURF Rot-weiße Doppelhelix: die Fortuna-DNA                      287
                    Von Henning Heske

            EINWURF Fortuna Düsseldorf: von Flingern in den Turbokapitalismus   295

Statistik   125 Jahre Vereinsleben in Zahlen                                    297
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VOR
WORT

D
            er größte Fortunamoment war das Europapokalspiel             125 Jahre Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna
            gegen Barcelona in Basel.“ Benno Beiroth, der über        1895. Eine Geschichte, die im Düsseldorfer Stadtteil Flingern,
            viele Jahre die Geschicke der Fortuna mitbestimmte,       damals ein Arbeiterbezirk, begann. In den 1920er und 1930er
            legte sich im Film „Fortunas Legenden“ von Lars           Jahren gehörte die Fortuna zu den deutschen Spitzenteams.
Pape und Holger Schürmann eindeutig fest. Und Opa, Fortunas           Den sportlichen Höhepunkt erreichte sie am 11. Juni 1933 mit
langjähriger Musikbeauftragter, muss sich heute noch rechtfer-        dem souveränen Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Einen
tigen, dass er nicht in Basel war: „Ich gehörte zu den acht Düs-      ähnlichen Höhenflug erlebte der Klub erst wieder Ende der
seldorfern, die nicht in Basel gewesen sind. Der Rest war ja da.“     1970er Jahre, als er dreimal hintereinander im DFB-Pokalend-
    Basel, 16. Mai 1979, St. Jakob-Stadion, Endspiel im Europa-       spiel (zweimal davon siegreich) stand und eben das Europa-
pokal der Pokalsieger: Fortuna Düsseldorf – FC Barcelona 3:4          pokalfinale erreichte. Es folgte ein schleichender und durch-
n.V. Nicht der Meistertitel 1933, nicht der allererste Pokalsieg      aus selbstverschuldeter Niedergang, der den Verein 2002 in
am 23. Juni 1979 (nach fünf vergeblichen Anläufen) gilt noch          die Viertklassigkeit fallen ließ. Am Ende der ersten Saison in
heute als größter Moment der 125-jährigen Fortunageschichte.          der Amateuroberliga Nordrhein (zu den Gegnern zählten unter
Nein, es ist ein Spiel, das mit einer Niederlage endete. Ein Spiel,   anderem Ratinger Spielvereinigung Germania 04/19, Borussia
das symptomatisch ist für den Verein Fortuna Düsseldorf.              Freialdenhoven und Adler Osterfeld) belegten die Fortunen
Große (TV-)Bühne, großes Publikum, großer Gegner, großer              einen kläglichen achten Platz. Doch in einem gemeinsamen
Kampf, doch am Ende stand die Elf von Trainer Tippenhauer             Kraftakt von Fans, Funktionären und Fußballern gelang die
mit leeren Händen da. Fortuna holte an jenem Abend keinen             Wende. Ein neuer Mythos wurde geboren. Mühsam, doch
Pokal, aber sie eroberte die Herzen.                                  kontinuierlich marschierte die Fortuna über die Dörfer und

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durch die Ligen, dieses Mal Richtung 1. Bundesliga. Das war          Am 5. Mai 2020 feiert Fortuna Düsseldorf den 125. Geburts-
nicht immer hübsch anzuschauen, einige Krisen mussten be-         tag, und es wäre ihr zu wünschen, dass spätestens zum vorletz-
wältigt werden, doch 2012 gelang die Rückkehr ins Oberhaus        ten Spieltag, am 9. Mai zu Hause gegen den FC Augsburg, der
des deutschen Fußballs. Aber da es sich bei der Jubilarin um      Klassenerhalt zelebriert werden kann.
die Fortuna handelte, ging das nicht glatt vonstatten. Sport-
lich setzten sich die Fortunen in der Relegation gegen Hertha                                 Michael Bolten, im November 2019
BSC durch. Doch der verfrühte Platzsturm beim Rückspiel in
Düsseldorf sorgte für große Aufgeregtheit, eine abgeblasene       Dank
Aufstiegsfeier, niveaulose (TV-)Diskussionen und ein langes ju-   An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich
ristisches Hickhack. Erst spät folgte die Aufstiegsbestätigung,   bei diesem Buch unterstützt haben. Dies gilt insbesondere für
doch kaum in der Bundesliga angekommen hieß es schon wie-         Bernd Bremer, Mathias Brühl, Stefan Diener, Henning Heske,
der, Abschied zu nehmen.                                          Horstmüller Pressebilderdienst, Ursula Kohlert, Ingo Krausen,
    Glücklicherweise erfolgte nach 2013 kein freier Fall in die   Norbert Nußbaum, Gernot Speck, Christoph Symann, Martin
Niederungen des Fußballs. Schon 2018 ging es wieder zurück        Tätzner, Stephan Vogel, Oliver Vorderstemann, Mark Wellner,
in die Beletage, und zwar unumstritten als Meister der 2. Bun-    Christof Wolff sowie Carsten, Thea, Thomas und Ulrike.
desliga. Gegen alle Prognosen gelang dem „Abstiegskandidat
Nummer 1“ der Saison 2018/19 der Klassenerhalt. Ganz locker
als Zehnter und mit lange nicht mehr gesehenen spielerischen
Glanzpunkten.

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3. November 2019: Choreo vorm
Derbysieg gegen den 1. FC Köln.
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„Jungens, wir sind bei euch!“
  Fortunas Jahr der Endspiele

  1979
1979

                       T
       Blick in den              rotz des verlorenen Pokalendspiels gegen      gann die Partie um 16 Uhr Ortszeit. Es fanden sich le-
      Düsseldorfer
 Fanblock während                den 1. FC Köln durfte die Fortuna zur Sai-    diglich 15.000 Zuschauer ein (erwartet wurden min-
  des Europapokal-               son 1978/79 im Europapokal der Pokal-         destens doppelt so viele), die ein kampfbetontes und
   Endspiels gegen               sieger antreten. Der FC als Gewinner des      torreiches Spiel zu sehen bekamen. Die Rumänen,
              Barça.
                       Doubles war für den Pokalwettbewerb der Meister         die mitunter sehr hart einstiegen, gingen zwar früh
                       qualifiziert und musste im Halbfinale gegen Notting-    in Führung, verschossen aber beim Stand von 2:3 aus
                       ham Forest die Segel streichen. Anders die Fortuna.     ihrer Sicht einen Elfmeter (Woyke hielt den Ball) und
                                                                               verloren letztendlich mit 3:4. Mann des Tages war
                       Das Europapokalfinale –                                 Reinhold Fanz, der für den verletzten Egon Köhnen
                       der Weg nach Basel                                      spielte, mit zwei Treffern. Das Rückspiel, es endete 1:1
                       Fortuna nahm erstmals an diesem Wettbewerb teil.        (Torschütze Rudi Bommer), war dann alles andere als
                       Es waren bekannte Namen dabei: FC Barcelona, Inter      ein Fußball-Leckerbissen. „Licht aus“, schallte es von
                       Mailand, Ipswich Town. Doch die Rot-Weißen star-        den Rängen des mit lediglich 7.000 Zuschauern ge-
                       teten in Rumänien, genauer gesagt bei Universitatea     füllten Rheinstadions. „Es war wirklich schlimm …“,
                       Craiova in den Wettbewerb. Craiova verfügte über ein    lautete das Fazit des Kicker-Reporters Dieter Über-
                       junges Team, das sich aus Studenten und Schülern        jahn. Aber: eine Runde weiter, immerhin.
                       zusammensetzte, aber einige Nationalspieler in den          Als nächsten Gegner bekam Fortuna den schot-
                       Reihen hatte und ein begeisterungsfähiges Publikum.     tischen Pokalsieger aus Aberdeen zugelost. Die Düs-
                       Da das Stadion nicht über ein Flutlicht verfügte, be-   seldorfer hatten zunächst Heimrecht, 10.000 Zu-

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1979

schauer kamen und fegten den Gast aus Schottland             Zu Hause gegen Servette Genf (9.000 Zuschauer) Oben links:
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mit 3:0 vom Platz. Dieses Mal erzielte Emanuel Gün-      enttäuschten die Rot-Weißen ihr Publikum (in der Auswärtsspiel in
ther zwei Tore. Gute Aussichten also für das Rück-       Liga lief es gerade auch nicht gut). Trotz klarer Feld- Rumänien.
spiel im Pittodrie Stadium. Aberdeens Manager Alex       überlegenheit schlichen die Spieler nach einem un- Oben rechts:
Ferguson setzte voll auf Offensive: „Wild, ungestüm,     ansehnlichen 0:0 (kurz vor Schluss schoss Gerd Zim- Rudi Bommer trifft
rannten die Schotten an“, berichtete der Kicker an-      mermann noch einen Elfmeter in den Düsseldorfer zum 1:0 gegen
                                                                                                                 Craiova vor 7.000
schließend. Von Kontern der Fortunen war nichts zu       Abendhimmel) begleitet von einem Pfeifkonzert in Zuschauern im
sehen. „Wir sind da (…) gar nicht über die Mittellinie   die Kabine. Das Rückspiel in Genf war beinahe eine Rheinstadion.
hinausgekommen“, erinnerte sich Dieter Brei Jahre        Kopie der Begegnung in Aberdeen. Rudi Bommer
später. Doch erst in der 54. Minute wurde der Offen-     brachte seine Fortuna zwar früh in Führung, doch es
sivgeist mit einem Treffer belohnt. Nur drei Minuten     folgte eine regelrechte „Abwehrschlacht“ (Kicker), mit
später fiel das zweite Tor. „Die Düsseldorfer verloren   Jörg Daniel, der mittlerweile Woyke im Tor abgelöst
völlig die Übersicht, hatten nur unheimlich viel Glück   hatte, als wahrscheinlich am meisten beschäftigter
und einen Torwart Woyke in Superform“, so dass die       Fortune im Mittelpunkt. Die Schweizer konnten nur
Schotten kein weiteres Tor mehr erzielten (Kicker).      noch den Ausgleichstreffer erzielen und Fortuna zog
Damit standen die Fortunen im Viertelfinale.             dank der Auswärtstore-Regelung ins Halbfinale ein.

                                                                                                                 Thomas Allofs
                                                                                                                 erzielt das 3:1
                                                                                                                 gegen Ostrava
                                                                                                                 im Europapokal-
                                                                                                                 halbfinale.

                                                                                                                               15
1979

 Dreckverschmiert,
     aber glücklich.
     Fortuna steht
     1979 nach der
  1:2-Niederlage in
 Ostrava im Finale
 des Europapokals
    der Pokalsieger.

                           Dort ging es gegen den tschechoslowakischen            quim Rifé für Lucien Müller) und sich im Halbfinale
                       Pokalsieger Baník Ostrava, der zur Ligaspitze ge-          zweimal mit 1:0 gegen SK Beveren aus Belgien durchge-
                       hörte und dessen Schmuckstück eine stabile Ab-             setzt. Dennoch galten die Spanier mit ihren Stars Hans
                       wehr war. Davon war beim Hinspiel im Rheinstadion          Krankl (mit 29 Treffern Spaniens Torschützenkönig),
                       jedoch nicht allzu viel zu sehen, obwohl die Gäste         Johan Neeskens (holländischer Nationalspieler) und
                       die erste Halbzeit dominierten und sogar durch Ne-         Juan Asensi (Spaniens „Fußballer des Jahres“ 1978) als
                       mec in Führung gingen. Nach der Pause drehten die          klarer Favorit. Krankls Einsatz stand zuletzt auf der
                       Rot-Weißen jedoch die Partie. Zwei Fernschüsse von         Kippe, da er zehn Tage vor dem Finale gemeinsam mit
                       Klaus Allofs und ein Abstaubertor von Thomas Allofs        seiner Frau einen Autounfall erlitt, bei der sich Frau
                       in der 90. Minute sorgten für eine gute Ausgangsposi-      Krankl lebensgefährlich verletzte und am Finaltag
                       tion für das Rückspiel. Es kamen übrigens 15.000 Zu-       noch im Krankenhaus lag. Doch der „Goleador“ spielte.
                       schauer, eine erneut enttäuschende Zahl. Nachdem               Fortuna hatte vor dem Finale keine Personalsor-
                       die stürmische Anfangsphase der Heimelf in Ost-            gen, reiste bequem mit dem „Rheingold“ bereits am
                       rava überstanden war, zappelte der Ball nach einer         Dienstag Richtung Basel und machte im Kurbad Sä-
                       halben Stunde zur Überraschung aller im Netz von           ckingen Halt. Zu den brisantesten Duellen zählten
                       Baník Ostrava. Ein Fernschuss von Gerd Zewe fand           vor dem Spiel: Zimmermann vs. Krankl, Klaus Allofs
                       sein Ziel. Die Fortuna steigerte sich, trotz der verlet-   vs. Migueli, Bommer vs. Neeskens. Tippenhauer, der
                       zungsbedingten Ausfälle von Heiner Baltes und Rudi         den Gegner intensiv studiert hatte, erwartete von sei-
                       Bommer vor der Pause, zu ihrer besten Auswärtsleis-        ner Elf ein „Riesenarbeitspensum“, um mithalten zu
                       tung im Europapokal. Ostrava gelangen zwar noch            können. Der Fortuna war es ganz recht, dem FC Bar-
                       zwei Tore, doch zu mehr reichte es nicht. Nach einem       celona die Favoritenrolle zu überlassen: „Das kann
                       Kraftakt erreichten die Fortunen den „größten Erfolg       für uns nur gut sein“, stellte Kapitän Gerd Zewe am
                       ihrer Laufbahn“ (RP), das Europapokalfinale.               Tag vor der Partie fest.

                       Basel, 16. Mai 1979, 19:15 Uhr.                            Die ersten 90 Minuten
                       Das Finale                                                 Fortuna spielte in folgender Aufstellung: Daniel – Bal-
                       Fortunas Gegner an diesem Mittwochabend, der FC            tes, Zewe, Zimmermann (81. Lund), Brei (25. Weikl) –
                       Barcelona, lag in der spanischen Liga abgeschlagen         Köhnen, Schmitz, Bommer – Klaus Allofs, Thomas
                       hinter Real Madrid, war aus dem Pokal bereits ausge-       Allofs, Seel. Schiedsrichter der Partie war der Ungar
                       schieden, hatte den Trainer vorzeitig gewechselt (Joa-     Károly Palotai, der bis zu diesem Spiel einen sehr

 16
1979

guten Ruf hatte. Das St. Jakob-Stadion war fest in
                                                                                                                  Reiseplan,
spanischer Hand. Von den 58.000 Zuschauern waren        überhart einsteigenden Bar-
                                                                                                                  Bahnticket,
mehr als die Hälfte aus Südeuropa angereist. 10.000     ça-Spieler. Und wie: Achte                                Programmheft und
bis 15.000 Fans hatte die Fortuna hinter sich.          Minute, Bommer schießt aufs Tor, Artola lässt nach        Eintrittskarte
                                                                                                                  (von links).
    Hans Krankl führt den Anstoß für Barcelona, die     vorne abprallen, die Gebrüder Allofs grätschen ge-
in klassischen rot-blauen Jerseys antreten, aus. For-   meinsam Richtung Ball und spitzeln ihn ins Tor. Aus-
tuna spielt ganz in Weiß, beide Teams noch ohne Tri-    gleich. Und der Torschütze? ARD-Reporter Ernst Hu-
kotsponsor auf der Brust. Die ersten Minuten gehö-      berty legt sich auf Klaus Allofs fest. Oder doch beide?
ren der Fortuna. Aber wirklich nur die ersten, denn     Thomas Allofs stellt rückblickend klar: „Statistisch
in der fünften Minute wird Sánchez klug von Rexach      werde ich geführt, also habe ich ein Tor geschossen
freigespielt, Hubert Schmitz ist einen Moment un-       im Europapokalendspiel.“ Egal wer, die Fortuna ist
aufmerksam, und der Katalane schiebt überlegt           zurück im Spiel.
zur Führung ein. Was für ein Rückschlag gleich zu           Nur kurz darauf verliert Zimmermann ein Duell
Beginn. Doch die Düsseldorfer fighten gegen die oft     an der Mittellinie gegen Krankl, der schickt Carrasco.

                                                                                                                  Die Mannschaft
                                                                                                                  vor der Partie.
                                                                                                                  Stehend von links:
                                                                                                                  Zimmermann, Brei,
                                                                                                                  Baltes, Köhnen,
                                                                                                                  K. Allofs, Seel.
                                                                                                                  Vorne: Bommer,
                                                                                                                  Zewe, Daniel,
                                                                                                                  Schmitz, T. Allofs.

                                                                                                                                  17
1979

    Wimpeltausch
   zwischen Juan
  Asensi und Gerd
            Zewe.

                      Der Spanier fällt im Strafraum, Elfmeter für Barce-      einen Traumpass auf Seel, der von der linken Fünf-
                      lona. Umstritten, doch Palotai zeigt auf den Punkt.      meterraumecke Torwart Artola verlädt. Ausgleich,
                      Rexach gegen Daniel lautet das Duell. Rexach läuft an,   die Fortuna ist wieder in der Partie. „Was will man
                      schießt, doch Daniel ist in der richtigen, der linken    mehr von einem Fußballspiel?“, lautet Ernst Huber-
                      Ecke und pariert den Strafstoß. „Es war leicht“, be-     tys Halbzeitfazit.
                      hauptete er Jahre später. 19. Minute: Nächste Hiobs-         Die zweite Hälfte verläuft torlos, aber kaum weni-
                      botschaft für Fortuna. Dieter Brei bleibt von Feind      ger spektakulär. Beide Teams haben kaum Chancen –
                      und Ball unberührt kurz vor dem eigenen 16er liegen.     und mit den raren Möglichkeiten gehen sie fahrlässig
                      Fünf Minuten später wird er durch Sepp Weikl er-         um. Viel Aufregung gibt es um Schiri Palotai, der we-
                      setzt. 35. Minute: Zewe verteidigt im eigenen Straf-     der dem überharten Migueli („Das war übelste Sorte“,
                      raum unglücklich gegen Carrasco, so dass der Spa-        meinte Dieter Brei zu dessen Einsteigen) noch Nees-
                      nier frei vor Daniel zum Schuss kommt. Fortunas          kens („Wenn ein Mann für solch ein Foul nicht vom
                      Keeper wehrt den Ball mit dem linken Fuß ab, doch        Platz geht, dann hat der Schiedsrichter bei diesem
                      Asensi ist vor Weikl am Ball und erzielt die erneute     Spiel wirklich keine Ahnung“, ereiferte sich Huberty
                      Führung für die Blau-Roten. Wenig später macht           am Mikrofon) die rote Karte zeigt. Ist Fortuna zu
                      Zimmermann seinen Fehler wieder gut und schlägt          Beginn der zweiten Halbzeit tonangebend, so über-

  Der 1:1-Ausgleich
          durch die
     Allofs-Brüder.

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                                                                                                                    Wolfgang Seel
                                                                                                                    überwindet Artola
                                                                                                                    zum 2:2.

nimmt gegen Ende zunehmend der FC Barcelona das          überhaupt noch nie“ (Huberty). 114. Minute: Lund
Kommando. Wenige Minuten vor Schluss die mögli-          flankt von rechts in den Strafraum, Allofs am Fünfer
cherweise spielentscheidende Szene: Bei einem Vor-       trifft den Ball nicht richtig, schießt quer zur Torlinie
stoß von Gerd Zimmermann Richtung Artolas Straf-         in die Mitte, Bommer scheitert, Seel rauscht von hin-
raum wird er gefoult und bleibt liegen (auch dieses      ten an den zweiten Pfosten und tippt den Ball ins Tor.
Foul ahndete Palotai nicht). Der bis dahin großartig     Nur noch 3:4. „Fortuna!“, schallt es von den Rängen.
agierende Krankl-Aufpasser versucht es zwar nach         Obwohl aus der spanischen Abwehr nur noch wilde
kurzer Behandlungspause noch einmal, muss dann           Befreiungsschläge kommen, gelingt der Ausgleich            Hubert Schmitz,
                                                                                                                    Sepp Weikl und Rudi
aber passen. Für ihn kommt Flemming Lund, und            nicht mehr. Schlusspfiff. Aus. Vorbei. Barcelona holt
                                                                                                                    Bommer leiden nach
Baltes übernimmt ab sofort die Bewachung des Ös-         den Cup und Fortuna erobert die Herzen.                    dem Schlusspfiff.
terreichers. Kurz vor Abpfiff schwimmt Fortunas
Abwehr noch einmal gewaltig, doch es bleibt beim
Remis.

Die Verlängerung
Fortuna beginnt stark. Lund, Allofs und Zewe mit Ab-
schlüssen, doch ohne Erfolg. Zwischenzeitlich ver-
dient sich Hubert Schmitz wegen Nachtretens einen
Platzverweis, doch Palotai bleibt bei seiner Linie.
103. Minute: Mitten in Fortunas stärkste Phase platzt
die erneute Führung Barcelonas. Neeskens flankt auf
Rexach in den Strafraum, drei Fortunen stehen um
ihn rum, Rexach nimmt den Ball an, dreht sich, Zewe
rutscht aus, Rexach schießt Zewe an und von dessen
Körper prallt die Kugel unhaltbar für Daniel ins Netz.
Fortuna gibt nicht auf, sie ist „zu bewundern“, so der
Livekommentar von Ernst Huberty. Nur acht Minu-
ten später: Schmitz verliert in Barcelonas Hälfte den
Ball, Barça kontert über Neeskens. Trotz Düsseldor-
fer Überzahl steht Krankl im Strafraum frei und voll-
endet zum 4:2. Das war’s, oder? Denn „Düsseldorf
spielt und kämpft, wie selten zuvor gesehen oder

                                                                                                                                  19
1979

   Egon Köhnen hält
   einfach mal drauf
und Fortuna steht im
        Viertelfinale.

                            „Hier hätt’ was gehen können“, lautete das Resü-     Das DFB-Pokalfinale –
                         mee des zweifachen Torschützen Wolfgang Seel, der       der Weg nach Hannover
                         noch heute auf dieses Spiel angesprochen wird. Es       Dass es sich um den Weg nach Hannover handeln
                         ging aber nicht. Woran lag’s? Ein wenig am Schieds-     würde, wusste natürlich vor dem Spiel der ersten
                         richter (Neeskens bereitete zwei Treffer vor, als er    DFB-Pokalrunde niemand, denn der Finalort stand
                         längst nicht mehr auf dem Platz hätte stehen dürfen),   noch nicht fest. Auf jeden Fall begann die Reise mit
                         ein wenig am nicht immer glücklichen Abwehrver-         einem Heimspiel im Düsseldorfer Rheinstadion. Zu
                         halten, ein wenig an fehlender Cleverness (die Kata-    Gast waren die Stuttgarter Kickers aus der 2. Bun-
                         lanen versorgten sich regelwidrig mit Getränken in      desliga Süd. Der hohe Sieg, 7:2 für den Erstligis-
                         der Pause der Nachspielzeit, die Düsseldorfer nicht).   ten, täuschte über „viel Sand im Getriebe“ hinweg,
                         Es fehlte nicht viel zum großen Erfolg, doch eben ein   schrieb der Kicker. Trainer Tippenhauer zeigte sich
                         Quäntchen von allem. Aber noch war die Saison ja        vor allem von der ersten Halbzeit (Pausenstand 2:1
 Klaus Allofs sieht im
                         nicht zu Ende, ein Finale stand schließlich noch auf    für Fortuna) sehr enttäuscht, doch nach vier Toren
  Viertelfinale gegen
      Leverkusen rot.    dem Kalender.                                           bis zur 63. Minute war das Ding durch.

  20
1979

                                                                                                                 Feiernde Fortunen
                                                                                                                 auf der Ehrenrunde
                                                                                                                 nach dem
                                                                                                                 Finaleinzug.

    Es folgte ein ähnlich glanzloser Sieg gegen den      doch noch eine recht farbige Angelegenheit“, urteilte
Viertligisten aus Heilbronn vor 3.000 Zuschauern am      die RP. Neben fünf gelben Karten verwies Waltert
Flinger Broich. Dieter Brei als zweifacher Torschütze    Klaus Allofs nach einer Linienrichterbeleidigung
und Wilfried Woyke, der einen Elfmeter hielt, sorg-      („Lass doch mal die Fahne unten, du Pflaume“) eine
ten letztendlich fürs Weiterkommen. Nächste Runde,       Viertelstunde vor Schluss des Feldes. Immerhin er-
nächstes Heimspiel, nächster Zweitligist. Dieses Mal     hielt Allofs vom DFB keine Sperre, sondern lediglich
kam Alemannia Aachen ins Rheinstadion. Der er-           eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 DM aufgebrummt.
satzgeschwächte Gast ging bei Eiseskälte sogar nach          Gegen den bereits als Absteiger feststehenden
zwölf Minuten in Führung, doch die Nationalspieler       Club aus Nürnberg hatte Fortuna im Halbfinale er-
Seel und letztendlich Klaus Allofs „rettete(n) noch      neut Heimrecht. Es war eine Begegnung, die noch
Fortunas Ehre“, so Wolfgang Niersbach für den Ki-        nicht einmal 20.000 Zuschauer ins Stadion locken
cker. „Besser mit Hängen und Würgen 2:1 gewonnen         konnte. Die Clubberer, die während der Saison nur
als 1:2 verloren“, stellte Gerd Zewe nach Spielschluss   einen Punkt gegen die Fortuna abgaben, hatten den
nüchtern fest.                                           besseren Start. Sie gingen nach einem Patzer von
    Damit stand Fortuna im Achtelfinale und musste       Sepp Weikl früh in Führung. Thomas Allofs sorgte
erstmals reisen. Allerdings nicht weit, es ging nach     noch vor der Pause für den Ausgleich. Trotz guter Ge-
Duisburg. Dort holte die Fortuna sieben Tage zuvor       legenheiten für die Rot-Weißen ging es nach 90 Mi-
einen 2:1-Erfolg im Ligaduell, und während der Wo-       nuten in die Verlängerung, die Egon Köhnen nach
che absolvierte sie ihre Begegnung in Ostrava. Kein      einer Kopfverletzung mit Turban bestritt. Fortuna
Wunder, dass die Rot-Weißen schwere Beine hatten.        blieb weiter am Drücker und kam letztendlich nach
Für die Entscheidung in einem insgesamt enttäu-          Toren von Seel, Bommer und Günther zu einem ver-
schenden Spiel sorgte Routinier Egon Köhnen in der       dienten 4:1-Erfolg. Dass Jörg Daniel in der Schluss-
83. Minute mit einem satten Fernschuss: „Als mich        minute einen Elfmeter hielt, hatte nur noch statis-
kein Duisburger angriff, hab’ ich einfach draufgehal-    tischen Wert. Unter dem Jubel ihrer Fans begaben
ten“, so der glückliche Torschütze. Im Viertelfinale     sich die Fortunen auf die Ehrenrunde und feierten
hatten die Fortunen erneut Heimrecht, dieses Mal         den erneuten Einzug ins Pokalfinale. Den sechsten
gegen Bayer Leverkusen. Immerhin fanden sich zu          mittlerweile, alle fünf vorherigen Endspiele wurden
diesem Westduell 22.500 Zuschauer im Rheinsta-           allerdings verloren.
dion ein (zu den bisherigen drei Heimspielen kamen
lediglich 13.500 – insgesamt). Aufgrund der in Basel     Hannover, 23. Juni 1979,
erlittenen Verletzungen traten die Düsseldorfer er-      16:00 Uhr, Das Finale
satzgeschwächt an. In einem erneut mäßigen Spiel,        Fortuna spielte in folgender Aufstellung: Daniel –
das Fortuna nach Toren von Hubert Schmitz und            Baltes, Zewe, Fanz, Weikl – Köhnen, Schmitz, Bom-
Gerd Zewe mit 2:1 gewann, sorgte lediglich Schieds-      mer – Klaus Allofs, Thomas Allofs (72. Dusend), Seel.
richter Rainer Waltert für Aufsehen. Mit seinem Kar-        Schiedsrichter der Begegnung vor 56.000 Zu-
tenspiel „machte er aus einer an sich farblosen Partie   schauern war Günter Linn.

                                                                                                                               21
1979

    Die Mannschaft
                                „Lieber im Finale schlecht spielen und gewin-      Die ersten 90 Minuten
    vor dem Anstoß,         nen als umgekehrt“, äußerte sich Fortunas Stürmer      Es wurde die allseits erwartete ausgeglichene und
     von links: Zewe,      Wolfgang Seel mit Bedacht vor der Partie. Die lange     zähe Partie. Fortuna mit Anstoß und sogleich einer
     Daniel, Bommer,
                            Saison mit 50 Pflichtspielen hatte viel Kraft gekos-   Ecke, doch die bringt wie alle anderen auch nichts
Fanz, Baltes, Köhnen,
   T. Allofs, Schmitz,      tet. Außerdem fehlten die beiden in Basel verletzten   ein. Standards waren überhaupt der Schwachpunkt
 Weikl, K. Allofs, Seel.    Dieter Brei und Gerd Zimmermann, die durch Sepp        der Fortunen. Ungefährliche Ecken, harmlose Frei-
                           Weikl und Reinhold Fanz ausgezeichnet ersetzt           stöße aus guter Distanz. Da wäre eindeutig mehr
                            wurden. Der Gegner, Hertha BSC, 14. der abgelaufe-     drin gewesen. Die erste Chance hat Herthas Jürgen
                            nen Bundesligasaison, spielte in Bestbesetzung und     Milewski, der nach schönem Doppelpass mit Brück
                            mit sieben Finalisten aus dem Jahr 1977, als sie dem   frei vor Daniel steht, doch verzieht. Das war das
                            1. FC Köln erst im Wiederholungsspiel unterlagen.      letzte Mal, dass er sich gegen Heiner Baltes durch-
                            Dazu gehörten Torwart Norbert Nigbur, Erich Beer       setzen konnte. Nur Minuten später reklamiert Klaus
                            und „Funkturm“ Uwe Kliemann. Zwischen dem              Allofs einen Elfmeter für sich. Nicht zum letzten Mal
                            letzten Pflichtspiel und dem Finale lagen zwei freie   während der 120 Minuten, immer ohne Erfolg. Allofs
                           Wochen, so dass die Fortuna zur endgültigen Vor-        hat es schwer, da er meist in eine Art Doppeldeckung
                            bereitung ein kurzes Trainingslager in Hameln ab-      genommen wird. Außerdem ist der Rasen in einem
                            solvierte. 25 Zimmer hatte Manager Faßbender im        Zustand, auf dem es die „Spieler irre schwer“ haben,
                            Dorint gebucht, die erste Nacht zur Einzelbelegung,    so Schiedsrichterbetreuer Rebels. Meistens irren die
                           „da erst zur zweiten Nacht die Ehefrauen der jewei-     20 Akteure zwischen den beiden 16ern umher, ohne
                            ligen Spieler nachreisen“, wie es in der Buchungsbe-   Torgefahr zu entwickeln. Viele Fehlpässe, viele kleine
                            stätigung hieß. Zur Vorsicht merkte sich das Dorint    Fouls prägen die Begegnung. Beide Teams wechseln
                            vor, dass „in den jeweiligen Zimmern der Crew alle     nach der 72. Minute: Bei Düsseldorf kommt Ralf Du-
                            Minibars total ausgeräumt sein müssen“. Für den        send für den schwachen Thomas Allofs, bei Hertha
                           Abend nach dem Spiel („wozu wir Ihnen toi, toi, toi     Henrik Agerbeck für den entnervten Milewski. In der
                            alle Daumen drücken“) war ein Tanzabend mit der        87. dann noch einmal eine Schrecksekunde für die
                            Dreipersonenband Eddy Mann in der Weserberg-           Fortunen. Erneut ist es ein Doppelpass, der für Ge-
                            landfesthalle geplant.                                 fahr sorgt. Hans Weiner steht allein vor Daniel, doch
                                 Der Kicker sah keinen ausgesprochenen Favo-       auch er schießt daneben.
                            riten vor dieser Begegnung: Fortuna mit Vorteilen
                            in den „spieltechnischen und individuellen“ Fähig-     Die Verlängerung
                            keiten, Hertha mit Vorteilen in der „Kampfkraft“.      Wieder die Fortuna mit Anstoß und mit einem sehr
                            Fest stand, dass der Verlierer am Ende mit leeren      guten Beginn: Schmitz auf Nigbur, Allofs drüber,
                            Händen dasteht. Auch die Spieler, denn denen           Köhnen vorbei und viele nach wie vor ungefährliche
                            wurden 50 Prozent der Nettoeinnahmen zuge-             Ecken. Die Berliner kommen zu keiner klaren Tor-
                            sagt – im Falle eines Sieges. Nachdem im Vorfeld       chance mehr. Schließlich die 116. Minute: Ein erneu-
                            alle Unstimmigkeiten zwischen den beiden Ver-          tes Foul an Klaus Allofs führt zum Freistoß. Rund 20
                            einen geklärt werden konnten (Hertha als Heim-         Meter Entfernung zentral zum Tor. Bommer läuft
                            mannschaft, Fortuna in Weiß, Hertha in Blau            über den Ball, Allofs schießt – in die Mauer. Den Ab-
                            und Schwarz, Zustimmung zur TV-Übertragung),           praller bekommt Kliemann an der linken Strafraum-
                            durfte es losgehen.                                    grenze. Er wird angegangen, wirkt einen Moment

  22
1979

                                                        Oben:
planlos. Schiedsrichter Linn steht ihm ebenfalls im     Das Tor zum
Wege. Der „Funkturm“ verliert vollends die Übersicht    Pokalsieg durch
                                                        Wolfgang Seel.
und entscheidet sich für einen Rückpass zu seinem
                                                        Links:
Torwart. „Ich sah, er wollte zurückspielen und bin
                                                        Der Pott ist mein:
dazwischengegangen, vor Nigbur drangekommen             Gerd Zewe.
und habe ihn reingemacht“, so Torschütze Wolfgang
Seel unmittelbar nach der Partie im Fernsehinter-
view. Was sich so einfach liest, kam einem Kunst-
schuss gleich. Denn nachdem er den Ball an Nigbur
vorbeigelegt hatte, lag der Ball nur noch knapp zwei
Meter vor der Torauslinie und rund einen Meter
links außerhalb des Fünfmeterraums. Von dort
schlenzte er den Ball mit dem linken Fuß an dem sich
hechtenden Nigbur vorbei in Herthas Tor und For-
tunas Glückseligkeit. Die Rot-Weißen ließen nichts
mehr anbrennen und sanken nach dem Schlusspfiff
überglücklich zu Boden. Es war Fortunas erster Titel
mit dem F95-Logo auf dem Trikot, denn im Meister-
schaftsfinale 1933 trugen die Fortunen weiße Jerseys
mit dem Logo des Westdeutschen Spiel-Verbands
(WSV). Beste Fortunen an diesem Nachmittag wa-
ren Egon Köhnen (Herthas Trainer Kuno Klötzer be-
hauptete, der „hat ja gegen Gott und die ganze Welt
gespielt“) und Heiner Baltes (der wiederum von Köh-
nen als Bester hervorgehoben wurde: „Erst hat er
den Milewski aufgefressen und dann hat er sich den
Agerbeck zur Brust genommen. Klasse!“).

Die Feier
Von den rund 12.000 Düsseldorfer Fans, die ihr Team
die ganze Partie über leidenschaftlich anfeuerten,
war aus der Kurve zu hören: „Und wir haben den
Pokal, hallelujah!“ Spielertraube mit Trainer Tip-
penhauer und Betreuer, Ehrenrunde, Schampus in
der Kabine und dann ab zum DFB-Bankett. Anschlie-
ßend ging es weiter in den Festsaal. Aufs Tanzen ver-

                                                                        23
1979

               Oben:
         Hans-Dieter
Tippenhauer mit Pott
   auf den Schultern
   von Reinhold Fanz
     und Jörg Daniel.
              Unten:
  Feiernde Fortunen
 auf der Ehrenrunde.

                        zichteten die müden Kicker, sie konzentrierten sich    nenen Pott vom Rathausbalkon den Fans entgegen-
                        aufs Biertrinken und Zigarrerauchen. Fortunas Prä-     halten. Das Freibier floss in Strömen. Einen etwas
                        sident Kurt Schneider schlief im Laufe der Feier ein   eigenwilligen Geschmack bewies Fortunas Oberbür-
                        und Benno Beiroth bestreute die rot-weißen Nelken,     germeister Klaus Bungert. Er überreichte Präsident
                        die Werner Faßbender zu vorgerückter Stunde aß,        Schneider und Trainer Tippenhauer ein Geschenk
                        vorher noch mit Pfeffer und Salz. Und vom Rest will    der besonderen Art. Sie erhielten „Spazierstöcke mit
                        eigentlich keiner mehr was wissen.                     eingebauter Schnapsflasche“, wusste der Express zu
                           Am Sonntag folgte noch ein von 10.000 Fans um-      berichten.
                        jubelter Empfang im Düsseldorfer Rathaus. Jeder
                        Spieler durfte, nein, musste den erstmals gewon-

 24
1979
                                                        Fortunas
                                                        Finalteilnehmer
                                                        von 1979
                                                        aber eher als Kompliment ansah. Abgesehen
                                                        von einem längeren Ausfall 1972 aufgrund eines
                                                        Beinbruchs, er stand gerade im Kader der A-Na-
                                                        tionalelf, ließ er kaum ein Spiel aus und gehörte
                                                        immer zur Startelf. Bis zu seinem verletzungsbe-
                                                        dingten Karriereende 1981 brachte er es auf 281
                                                        Ligaeinsätze. Zudem stand er unter anderem
                                                        in allen Finals von 1978 bis 1980 auf dem Feld.
                                                        Seinem Heimatviertel Unterbach blieb er immer
            JÖRG DANIEL                                 eng verbunden: Er spielte bei den Alten Herren
                                                        des SC Unterbach, war im Vereinsvorstand aktiv
Es war ein Geduldsspiel für Jörg Daniel, der zur        und 1995 sogar Prinz Karneval.
Saison 1976/77 zur Fortuna wechselte, bevor er
sein Können beweisen konnte. Erst warfen ihn
Verletzungen aus der Bahn, dann kam er an der
Nummer eins seines Vereins nicht vorbei. Erst
die Verletzung von Fortunas Stammkeeper Wil-
fried Woyke im September 1997 gab ihm die große
Chance – Daniel nutzte sie. So stand er in allen
vier Finals der Fortuna im Tor und machte seine
Sache gut. 1977/78 legte er einen bei der Fortuna
lange Zeit nicht übertroffenen Rekord hin und blieb
513 Minuten ohne Gegentor. Als man im Mai 1980
0:6 bei den Bayern verlor, wählte ihn der Kicker den-
noch in die „Elf des Tages“ – Fußball paradox. Weil
die Fortuna 1981 seinen Vertrag aufgrund von Spar-
zwängen nicht verlängern wollte und Daniel keinen
neuen Verein fand, beendete er seine Profikarriere.
Er hatte sich jedoch früh ein zweites Standbein mit
einem abgeschlossenen Hochschulstudium auf-
gebaut, erwarb die Fußballlehrerlizenz, schrieb ein
Grundlagenbuch über Fußball-Jugendtraining und
ging schließlich in den DFB-Trainerstab.
                                                            GERD ZIMMERMANN
                                                        Aufgrund seiner Schussstärke erhielt Gerd Zim-
                                                        mermann einen besonderen Spitznamen: Zimbo,
                                                        wie Zimmermann-Bomben. Später wurde nicht
                                                        nur ein Kurzzeitmaskottchen danach benannt,
                                                        sondern auch der aktuelle Spieler Matthias
                                                        Zimmermann wird gelegentlich so gerufen. Gerd
                                                        Zimmermann, den die Düsseldorfer 1974 von der
                                                        Kölner Fortuna verpflichteten, wurde schnell zum
                                                        Publikumsliebling. Gefürchtet waren seine Frei-
                                                        und Strafstöße, Flattermänner genannt. So kam
                                                        der Vorstopper auf immerhin 40 Tore in 166 Bun-
                                                        desligaspielen. Nicht umsonst zählt er damit zur
                                                        2009 gewählten Legendenelf.
                                                             Seine große Karriere endete ausgerechnet bei
                                                        Fortunas Spiel der Spiele, dem Europapokalfinale
                                                        in Basel. Von dieser während der Partie erlittenen
                                                        Knieverletzung erholte er sich nicht mehr. Meh-
                                                        rere Comeback-Versuche bei der Fortuna schei-
                                                        terten, er ging in die USA, später nach Solingen
           HEINER BALTES                                und zurück zur Kölner Fortuna. So erfüllten sich
                                                        seine beiden Träume nicht: ein Einsatz in der
Außenverteidiger Heiner Baltes war in den 1970er        A-Nationalelf (er stand dreimal im Aufgebot) und
Jahren eine Konstante bei der Fortuna. Der Unter-       ein Wechsel zum 1. FC Köln. Seine gute Laune hat
bacher Jung, der 1967 als A-Jugendlicher zur            sich Zimbo dennoch kaum nehmen lassen. Dies
Fortuna kam und erst 1972 einen Profivertrag            gilt auch für die Zeit nach seinem 2014 erlittenen
unterschrieb, galt als „Eisenfuß“, was Baltes           Schlaganfall.
                                                                                                              25
1979

                                                             absolvierte er alle 34 Begegnungen. Zunächst
                                                             agierte er im Mittelfeld, später auf der Liberoposi-
                                                             tion. 1979 rumpelte es gewaltig zwischen Zewe
                                                             und der Fortuna, als er nach gefühlt unendlichen
                                                             Vertragsverhandlungen den Klub erst unbedingt
                                                             Richtung HSV verlassen wollte, dann aber doch
                                                             einen neuen Vertrag in Düsseldorf unterschrieb.
                                                             Am 17. Juni 1987, dem Abstiegsjahr, endete für den
                                                             1950 geborenen Zewe seine Zeit am Rhein. Bei
                                                             den Würzburger Kickers ließ er seine lange Kar-
                                                             riere ausklingen und wurde Trainer. Mit der For-
                                                             tuna gab es als Co-Trainer neben Klaus Allofs ein
                                                             kurzes Wiedersehen, was bekanntlich 1999 mit
                                                             einer vorzeitigen Entlassung der beiden endete.
                                                             Auch Gerd Zewe schlug die Trainerlaufbahn ein,
                                                             vor allem bei unterklassigen Vereinen. Daneben
                                                             engagierte er sich immer wieder in der Jugend-
                     DIETER BREI                             arbeit. Zewe kritisierte in den 1980er Jahren häu-
                                                             figer Fortunas Personalpolitik. Doch wie so viele
       Ähnlich wie sein Mannschaftskollege Gerd Zim-         andere wurde er nicht gehört. Gerd Zewe, der
       mermann verletzte sich Dieter Brei im Finale gegen    das Rampenlicht eher scheute, besucht noch
       Barcelona schwer. Der Kicker, der vorher als „Mr.     heute die Spiele „seiner“ Fortuna.
       Unverletzt“ galt, kam anschließend über sporadi-
       sche Einsätze nicht mehr hinaus und musste die
       Fußballschuhe an den Nagel hängen. Am 27. Sep-
       tember 1980 absolvierte er sein letztes Spiel im
       Fortunadress. Dieter Brei kam 1972 aufgrund der
       Bestrafung von Arminia Bielefeld im Bundesliga-
       bestechungsskandal quasi als Schnäppchen zur
       Fortuna. Erst ein späterer Wechsel ins Mittelfeld
       offenbarte seine ganze spielerische Qualität, die
       er in 221 Bundesligaspielen unter Beweis stellte.
       Brei wechselte ins Trainerfach und kam in dieser
       Funktion zurück zur Fortuna. 1985 ersetzte er
       vorzeitig Willibert Kremer, wurde allerdings selbst
       zwei Jahre später vorzeitig entlassen. Anschlie-
       ßend coachte er unter anderem RW Essen und
       den SC Wiedenbrück.

                                                                     EGON KÖHNEN
                                                              Auch Egon Köhnen galt als Dauer(b)renner bei
                                                              der Fortuna. Im September 1979 gratulierte der
                                                              Kicker zu einem „bemerkenswerten Rekord“: Mit
                                                              seinem 325. Punktspiel für seinen Klub über-
                                                              holte er den bisher führenden Matthes Mauritz
                                                              in der Rangliste. Von 1966 bis 1981 brachte er
                                                              es sogar auf insgesamt 376 (Platz zwei in For-
                                                              tunas Rangliste) Ligaspiele und nahm an allen
                                                              sonstigen relevanten Partien in jenen Jahren
                                                              teil. Der „Eeegon“ animierte wiederholt Kultur-
                                                              schaffende, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
                                                              So bezeichnete ihn Autor Helmut Schümann als
                                                             „Held meiner Jugend“, und Kabarettist Dieter Nuhr
                                                              baute ihm ein akustisches Denkmal in seinem
                    GERD ZEWE                                 Beitrag am Fortuna-Verherrlichungsabend des
                                                             Jahres 1997. Nuhr beschreibt einen Zweikampf
       Gerd Zewe ist eine Fortuna-Legende. Rekord-            am Flinger Broich zwischen Bernd Hölzenbein
       spieler mit 440 Bundesligaeinsätzen und 42             und Egon Köhnen. Und er schildert, wie ein hinter
       Toren, jahrelang Mannschaftskapitän, Ehrenspiel-       ihm stehender Fortunafan ins Geschehen ein-
       führer seit 2016, vier A-Länderspiele. 1972 holte      greift und brüllt: „Egon, beiß ihm die Eier ab!“
       ihn Heinz Lucas aus Neunkirchen nach Düssel-           Nahezu selbstverständlich gehört auch Köhnen
       dorf. Bereits in seiner ersten Bundesligasaison       zur Fortunaelf der Legenden.

 26
1979

         HUBERT SCHMITZ                                          RUDI BOMMER
 Neben Sepp Weikl ist Hubert Schmitz der einzige       Mit gerade einmal 21 Jahren stand der in Aschaf-
 Fortune der Baselelf, der als Fortune Deutscher       fenburg geborene Rudi Bommer im Baseler End-
 Meister wurde. 1977 errang er die Amateurmeis-        spiel. Dort hatte er es ausgerechnet mit dem
 terschaft mit Fortuna Düsseldorf. In der ersten Elf   holländischen Routinier und Raubein Johan
 konnte sich der Amateurnationalspieler, der von       Neeskens zu tun. Eine undankbare Aufgabe. 1976
1976 und 1981 auf lediglich 74 Ligaeinsätze kam,       verpflichtete ihn die Fortuna von Kickers Offen-
 allerdings nie richtig durchsetzen. Das dürfte zum    bach und er blieb bis 1985 in Düsseldorf. Wäh-
 einen an dem im Jahr 1979 erlittenen Beinbruch,       rend dieser Zeit kam er auf sechs Länderspiele
zum anderen aber auch an seinen Trainingsleis-         und sogar einen Einsatz bei der EM 1984. Rudi
 tungen gelegen haben: „Ich bin kein Trainings-        Bommer war damit der letzte Fortune, der in
 spieler“, so Schmitz. Seine stärkste Saison war       der A-Mannschaft des DFB eingesetzt wurde.
 die Spielzeit 1978/79, in der er auch bei beiden      Sein Abschied aus Düsseldorf hatte finanzielle
 Finals zur Startelf gehörte. In den anderen beiden    Gründe, „sonst wäre ich wohl länger geblieben“,
 Endspielen kam er nicht zum Einsatz. Schmitz          vertraute er der NRZ an. Bis 1997 war er als
 galt als „Schlitzohr“, das gerne seinen Gegen-        Spieler aktiv (zuletzt bei Eintracht Frankfurt).
 spieler tunnelt. Seinen Abschied aus Düsseldorf       Bereits seit 1992 trainierte er zunächst nebenher,
 am 13. Juni 1981 gestaltete er spektakulär: Beim      später hauptberuflich und bis heute in beinahe
 2:2 gegen Eintracht Frankfurt erzielte er beide       ganz Deutschland die unterschiedlichsten Klubs.
Tore. Anschließend ging er zur Hertha in die           Dabei konnte er drei Aufstiege als Erfolg verbu-
 2. Bundesliga und beendete 1988 seine Profikar-       chen. An Düsseldorf denkt er sehr gerne zurück,
 riere. Den heikelsten Moment seiner Zeit in Düs-      weil er dort „geprägt“ wurde und „du immer wieder
 seldorf dürfte er im „Deutschen Herbst“ gehabt        hierherkommen kannst und mit offenen Armen
 haben. Ein Autofahrer meinte in dem am Steuer         empfangen wirst“, gesteht er im Film „Fortunas
 sitzenden Hubert Schmitz den steckbrieflich           Legenden“. Auch Rudi Bommer, der insgesamt
 gesuchten RAF-Terroristen Willy Peter Stoll (der      264 Ligaspiele für die Rot-Weißen absolvierte,
 sich tatsächlich zu der Zeit in Düsseldorf auf-       gehört zu Fortunas Legendenelf.
 hielt und dort am 6. September 1978 erschossen
 wurde) erkannt zu haben. Er alarmierte die Polizei,
 die Schmitz am Flinger Broich stellte. Schnell
 konnte die Verwechslung geklärt werden, doch
„ein Glück, dass sie nicht gleich geschossen
 haben“, so ein erleichterter Schmitz hinterher.

                                                                                                             27
1979

                  KLAUS ALLOFS                                     THOMAS ALLOFS
       Eine ähnliche „Lichtgestalt“ und Legende wie         Der gegenüber seinem „großen Bruder“ Klaus
       Gerd Zewe war Klaus Allofs. Obwohl er wesent-        drei Jahre später geborene Thomas Allofs
       lich kürzer für die Fortuna dem Ball hinterher-      gehörte ab 1978 zu Fortunas Profikader. Nach
       jagte. Der gebürtige Düsseldorfer wechselte          113 Pflichtspielen mit immerhin 34 Toren wech-
       1972 als Jugendlicher von TuS Gerresheim an          selte „der kleine Allofs“ 1982 zunächst zum 1. FC
       den Flinger Broich. Am 13. Dezember 1975 kam         Kaiserlautern, bevor er sich auch den Kölnern
       er zu seinem ersten kurzen Profieinsatz im rot-      anschloss. Dort gingen die beiden Brüder eine
       weißen Dress. Sein Durchbruch gelang ihm in          Saison gemeinsam auf Torejagd. In dieser Zeit
       der darauffolgenden Saison mit 33 Einsätzen          kam Thomas Allofs auch zu zwei Einsätzen in der
       und sieben Toren. Mit 22 Treffern wurde er 1979      A-Nationalelf. 1989 wurde er ebenfalls Bundes-
       Bundesliga-Torschützenkönig, Fortunas einziger       liga-Torschützenkönig (gemeinsam mit Roland
       bis heute. 1981 wechselte Klaus Allofs für die       Wohlfahrt) und wechselte anschließend, noch
       damalige Rekordablösesumme von 2,25 Mio. DM          eine Parallele zu seinem Bruder Klaus, nach
       zum FC nach Köln. Geld, das die klamme Fortuna       Frankreich, zu Racing Straßburg. Im Winter 1990
       nur zu gut gebrauchen konnte, damit aber auch        kehrte er zur Fortuna zurück und setzte lange
       ihren langsamen sportlichen Abstieg einleitete.      nicht mehr gesehene spielerische Akzente. 1992
       Ähnlich wie Gerd Zewe verlangte Klaus Allofs         sorgte ein Kreuzbandriss für sein Karriereende.
       mehr Mut und Risikobereitschaft vom Vorstand,        Anfang der 2000er Jahre, der Fortuna ging es gar
       um einen drohenden Niedergang zu verhindern.         nicht gut, weder sportlich noch sonst irgendwie,
       Auch er stieß auf taube Ohren. Beim FC wurde         wurde er Vereinsfunktionär. Zunächst als ehren-
       er 1985 zum zweiten Mal Torschützenkönig und         amtlicher Teammanager, später als Vorstands-
       erneut Pokalsieger. Weiter ging es für ihn über      mitglied. Dank dieser Karriere zählt auch Thomas
       Marseille und Bordeaux zu Werder Bremen. Dort        Allofs zu den „wahren Legenden der Flingeraner“.
       gelang ihm endlich der ersehnte internationale       Übrigens hat niemand den Allofsbrüdern ernst-
       Titel mit einer Vereinsmannschaft. Im Finale des     haft einen Vorwurf daraus gemacht, dass sie
       Wettbewerbs der Pokalsieger siegte Werder 2:0        beim „Erzrivalen“ von der falschen Rheinseite
       gegen Monaco. Einen Treffer erzielte Klaus Allofs    kickten.
       selbst, den zweiten bereitete er vor. Da hatte er
       aber schon einen großen internationalen Titel
       in der Tasche, denn 1980 wurde er mit der deut-
       schen Nationalelf Europameister. Die drei Tore,
       die er dabei erzielte, reichten übrigens auch dort
       für die Torjägerkrone.
            Seine kurze Trainerkarriere führte ihn 1998
       zur Fortuna zurück und endete bekanntlich im
       Fiasko. Zur Fortuna-Legende reichte es aber
       allemal. Nach diesem Trainerintermezzo widmete
       er sich lieber Managementaufgaben in Bremen
       und Wolfsburg. Die wohl netteste Charakterisie-
       rung erhielt Klaus Allofs vom FC Aberdeen. Im
       Programmheft zur Europapokalbegegnung im
       Dezember 1978 hieß es zu seiner Person: „Cur-
       rent ‚pin-up‘ boy of the Fortuna side and their
       leading scorer this season.“

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den Fortunen nach fünf vergeblichen Anläufen
                                                                                                              1979
                                                      endlich den ersten Pokalsieg. 1973 kam der Saar-
                                                      länder aus Kaiserslautern an den Rhein und absol-
                                                      vierte in seinen ersten fünf Spielzeiten bei der
                                                      Fortuna jeweils alle 34 Partien. Vereinsübergrei-
                                                      fend kam er auf 200 ununterbrochene Einsätze in
                                                      der 1. Bundesliga. In dieser Phase kam der Außen-
                                                      stürmer auch zu insgesamt sechs Länderspielein-
                                                      sätzen. Inmitten der Saison 1981/82 trat er an den
                                                      Vorstand heran und bat aus „schwerwiegenden
                                                      persönlichen Gründen“ um eine vorzeitige Ver-
                                                      tragsauflösung (nach 274 Ligaspielen für die Rot-
                                                      Weißen), dem die Fortuna anstandslos zustimmte.
                                                      Seel ging zurück ins Saarland und kickte bis 1986
                                                      für den 1. FC Saarbrücken. Neben seinen Pokal-
                                                      treffern (das Tor gegen Hertha wurde zum „Tor des
                                                      Monats“ gewählt) erinnert er sich besonders gern
                                                      an die 1:7-Klatsche der Bayern im Dezember 1978 im
                                                      Rheinstadion: „Wir haben den Bayern die höchste
       WOLFGANG SEEL                                  Auswärtsniederlage aller Zeiten beigebracht.
                                                      Darauf sind wir schon ein bisschen stolz“, erinnerte
Er schoss zwei Tore in Basel, doch es reichte nicht   sich der immer zurückhaltend und bescheiden auf-
zum Sieg, noch nicht einmal zum Elfmeterschießen.     tretende Wolfgang Seel im Legendenfilm von Lars
Doch unsterblich machte sich Wolfgang Seel am         Pape und Holger Schürmann. Schon allein wegen
23. Juni 1979 in Hannover. Sein später Gedanken-      des Tors gegen die Hertha gebührt auch ihm die
blitz mit anschließendem Kunstschuss brachte          Aufnahme in Fortunas Elf der Legenden.

                                                                     SEPP WEIKL
                                                       Direkt hinter Gerd Zewe und Egon Köhnen hat sich
                                                       der aus Bodenmais kommende Abwehrspieler
                                                       Sepp Weikl eingereiht. Zwischen 1977 und 1988
                                                       kam er auf 339 Ligaeinsätze (26 Tore), davon 36 in
                                                       der 2. Liga, denn er verließ die Fortuna nach dem
                                                       Abstieg 1987 nicht. Weikl kam bereits 1976 nach
                                                       Düsseldorf, spielte zunächst bei den Amateuren
                                                       und holte gemeinsam mit Hubert Schmitz die
                                                       Amateurmeisterschaft. Im Baseler Finale wurde er
                                                       für den verletzten Dieter Brei eingewechselt. Bei
                                                       den DFB-Pokalendspielen 1978 und 1979 gehörte
                                                       er zur Startelf, 1980 setzte ihn Otto Rehhagel nicht
                                                       ein. Als Sepp Weikl 1988 seine Profikarriere bei
                                                       der Fortuna beendete (er kickte anschließend als
                                                       Spielertrainer bei TuRU Düsseldorf), ging der letzte
                                                       Europapokalfinalist von Bord. Weikl arbeitete
                                                       später als Trainer in Liechtenstein. Erst in Sachen
                                                       Fußball, dann in Sachen Tennis. In Düsseldorf,
                                                       vom Bayer Weikl gerne mit „oben“ bezeichnet,
                                                       verbrachte er „eine wunderschöne Zeit“. Er konnte
                                                      „sein Hobby zum Beruf machen“ und erlebte For-
                                                       tunas „vielleicht beste Zeit der Vereinsgeschichte“
                                                       mit, sagte er gegenüber Fortuna aktuell.

                                                              FLEMMING LUND
                                                      Ab 1977 verstärkte der „rasende Zwerg“, Lund ist
                                                      1,70 Meter groß, die Fortuna. Zwei Jahre gehörte
                                                      er zu Fortunas Stammpersonal, bevor auch
                                                      er ein Opfer der Sparwelle wurde. In Basel kam
                                                      der dänische Nationalkicker für den verletzten
                                                      Zimmermann aufs Feld und hatte zu Beginn der
                                                      Verlängerung die Führungschance auf dem Fuß.
                                                      Doch er schoss vorbei. Beim Pokalendspiel in
                                                      Hannover stand er nicht auf dem Platz. Seine
                                                      weitere Profikarriere führte zweimal nach Nord-
                                                      amerika, doch letztendlich immer wieder zurück
                                                      in seine Geburtsstadt Kopenhagen.
                                                                                                               29
Die spannende Geschichte
eines großen Traditionsvereins
Saison für Saison –
von der Gründung 1895 bis heute

               „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön,
             und wenn man in der Ferne an sie denkt,
                  und zufällig dort geboren ist,
                 wird einem wunderlich zumute.“
                         HEINRICH HEINE

                                ISBN 978-3-7307-0501-8
                                VERLAG DIE WERKSTATT
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