Struktur Subjektiver Theorien über Musikalität und Validierung eines Messinstruments

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Jahrbuch Musikpsychologie
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Forschungsberichte

Struktur Subjektiver Theorien über Musikalität und Validierung eines
Messinstruments
Structure of Theory of Musicality and Validation of a Measuring Instrument

Miriam Eisinger* 1

[1] Institut für Musik, Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg, Deutschland.

Zusammenfassung
Musiker*innen werden geboren, nicht gemacht. Diese Überzeugung findet sich häufig in der allgemeinen Bevölkerung, bei vielen
Musiker*innen und auch Musiklehrpersonen. Im Rahmen dieser Überzeugung wird Musikalität als angeboren und unveränderbar
angesehen. Solch eine stabile Subjektive Theorie über Musikalität steht im Gegensatz zu einer dynamischen Subjektiven Theorie über
Musikalität, bei der musikalische Fähigkeiten als veränderbar und erlernbar betrachtet werden. Eine dynamische Subjektive Theorie über
Musikalität ist jedoch ein entscheidender Faktor dafür, dass Personen ihr musikalisches Potential entfalten können. Um die Subjektiven
Theorien über Musikalität empirisch erfassen zu können, war das Ziel der vorliegenden Studie die Struktur der Subjektiven Theorien in der
Domäne Musik mithilfe eines englisch- und eines deutschsprachigen Messinstruments zu überprüfen. Dafür wurde ein für den
Musikbereich adaptiertes Selbstauskunftsinventar von englischen (n = 595, 71,6 % weiblich, M = 13,49, SD = 1,74) und deutschen (n =
385, 53,2 % weiblich, M = 10,51, SD = 0,71) Schüler*innen ausgefüllt. Die Ergebnisse der Reliabilitätsüberprüfungen und der
konfirmatorischen Faktorenanalyse sprechen für ein multidimensionales, hierarchisches Konstrukt, welches zwei Faktoren zweiter Ordnung
enthält (Entity und Incremental), und weiter differenziert zwischen der Ursache und der Veränderbarkeit von Musikalität mit vier Faktoren
erster Ordnung (Learning vs. Gift und Improvement vs. Stable). Durch das Messinstrument können bei zukünftigen (Langzeit-)
Untersuchungen individuelle Unterschiede in der Entwicklung musikalischer Subjektiver Theorien von Schüler*innen aufgedeckt und der
Einfluss der Subjektiven Theorien über Musikalität auf die allgemeine musikalische Entwicklung untersucht werden.

Schlüsselwörter: Subjektive Theorien, Musikalität, Schüler*innen, Fragebogen, Validierung, Motivation, Einstellung

Abstract
Musicians are born, not made. This belief is held by a majority of the general population, musicians and music teachers. In the framework
of this belief musicality is seen as stable and inherent. This entity view of the Implicit Theory of Musicality contrasts with the incremental
view in which musical abilities are seen as malleable and learnable. However, an incremental Implicit Theory of Musicality is an important
prerequisite for the development of individual musical potentials. In order to be able to asses these Implicit Theories of Musicality, the aim
of the present study was to validate the structure of Implicit Theories in the domain of music with an English and German version of a
standardised measurement instrument. Therefore English (n = 595, 71.6% female, M = 13.49, SD = 1.74) and German (n = 385, 53.2%
female, M = 10.51, SD = 0.71) students completed a self-report inventory, which was adapted for the music domain. The results of the
reliability analysis and the confirmatory factor analysis suggest a multidimensional, hierarchical construct, which contains two second-order-
factors (Entity and Incremental) and distinguishes between the origin and the stability of musicality with four first-order-factors (Learning vs.
Gift and Improvement vs. Stable). The new measurement instrument allows to quantify individual differences in the attitudes towards one
own’s musical ability and determine the importance of Implicit Theories of Musicality for the general development of musical abilities.

Keywords: implicit theories, musicality, students, questionnaire, validation, motivation, attitude

   Jahrbuch Musikpsychologie, 2021, Vol. 30: Musikpsychologie – Empirische Forschungen - Ästhetische Experimente, Artikel e93,
   https://doi.org/10.5964/jbdgm.93
   Eingereicht: 2021-01-27. Akzeptiert: 2021-07-14. Publiziert (VoR): 2021-08-17.
   Begutachtet von: Andreas Heye; Anna Wolf.
   *Korrespondenzanschrift: Institut für Musik, Pädagogische Hochschule Freiburg, Kunzenweg 21, 79117 Freiburg, Deutschland. E-Mail:
   miriam.eisinger@ph-freiburg.de
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Subjektive Theorien über Musikalität                                                                           2

                                   Einleitung und theoretischer Hintergrund
Von Musiklehrkräften, Musiker*innen, aber auch der allgemeinen Bevölkerung werden Musikalität oder auch
musikalische Begabung häufig als unveränderbar oder ausschließlich genetisch bedingt angesehen (Austin
et al., 2006; Sloboda et al., 1994). Dieses Alltagsverständnis steht im Gegensatz zu Ergebnissen wissen-
schaftlicher Untersuchungen, die zeigen, dass individuelle Unterschiede in der musikalischen Entwicklung
von Jugendlichen durch ein Zusammenspiel von Anlage- und Umweltfaktoren hervorgerufen werden. Solche
Umweltfaktoren können beispielsweise die Unterstützung durch die Eltern oder auch das Handeln von Lehrper-
sonen sein (Hallam, 2006; Howe et al., 1998; McPherson & Williamon, 2006; Sloboda et al., 1994).

Neben empirischen Untersuchungen zu dieser Anlage-Umwelt-Debatte hinsichtlich Musikalität sind die Über-
zeugungen über die Beschaffenheit von Musikalität selbst Gegenstand von Forschung. Die Forschungen hierzu
basieren vor allem auf den Untersuchungen von Dweck (1986, 2000) zu Implicit Theories, welche von ihr
definiert werden als „core assumptions about the malleability of personal qualities” (Yeager & Dweck, 2012, S.
303). Im Rahmen dieser Theorie unterscheiden sich Personen darin, ob sie persönliche Eigenschaften wie die
Intelligenz als unveränderbar bzw. stabil ansehen oder die Überzeugung haben, dass diese Eigenschaften sich
z. B. durch Anstrengungen entwickeln können und damit veränderbar, also dynamisch, sind (Dweck & Grant,
2008).

In bisherigen Studien fehlt jedoch die Validierung eines deutsch- und englischsprachigen Messinstruments zur
Erfassung dieser Implicit Theories in der Domäne Musik.

Klärung der Begrifflichkeiten
Ein Überblick über den Diskurs zu den Implicit Theories zeigt allerdings, dass sowohl Dweck selbst als auch
weitere Autor*innen in ihren Veröffentlichungen jeweils unterschiedliche Begrifflichkeiten für dieses Konstrukt
verwenden. Dabei werden diese Begriffe häufig synonym verwendet und in ihren Definitionen nicht klar von-
einander abgegrenzt (Lüftenegger & Chen, 2017). In der englischsprachigen Literatur werden Begriffe wie
Implicit Theories (u. a. Dweck et al., 1995; Wang et al., 2018), Mindsets (u. a. Adams, 2019; Burnette et al.,
2013; Dweck, 2008), Self-Theories (u. a. Dweck, 2000; Müllensiefen et al., 2015; O’Neill, 2011) oder auch Lay
Theories (u. a. Biddle et al., 2003; Molden & Dweck, 2006) verwendet und in der deutschsprachigen Literatur
sind u. a. die Begriffe Selbstbild (u. a. Dweck, 2017), Subjektive Theorien (u. a. Rieche et al., 2018; Woolfolk,
2008), Subjektive Überzeugungen (u. a. Spinath & Schöne, 2003) und Implizite Theorien (u. a. Spinath, 2001)
zu finden. In der vorliegenden Studie wird der Begriff Subjektive Theorien verwendet, um hervorzuheben, dass
Subjektive Theorien analog zu wissenschaftlichen Theorien ein Bezugssystem für das eigene Denken und
Handeln bilden, sich jedoch im Gegensatz zu diesen aus alltäglichen, subjektiven Erfahrungen einer Person
zusammensetzen (Yeager & Dweck, 2012).

Obwohl es Uneinigkeit darüber gibt, wie kontextspezifisch Subjektive Theorien sind (Lüftenegger & Chen,
2017), zeigen Studien, dass Personen unterschiedliche Theorien für verschiedenen Eigenschaften besitzen
können (Dweck & Grant, 2008). Deshalb müssen Subjektiven Theorien in verschiedenen Domänen mit domä-
nenspezifischen Instrumenten gemessen werden (Dweck, 2000). Ausgehend von der Forschung von Dweck

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wurden die Theories of Intelligence auf viele weitere Domänen wie die Persönlichkeit, Führungsqualitäten oder
auch sportliche Fähigkeiten übertragen (Burnette et al., 2013).

Für die Domäne Musik wird in der vorliegenden Studie analog zu dem Begriff Intelligenz bei Dweck (2000)
von Musikalität gesprochen. Auch hier herrscht jedoch keine begriffliche Klarheit, denn in Veröffentlichungen
zu Subjektiven Theorien in der Domäne Musik werden nicht nur die Begriffe Musikalität (Rieche et al., 2018)
bzw. Musicality (Müllensiefen et al., 2015) verwendet, sondern z. B. auch Musical Ability (Austin et al., 2006;
O’Neill, 2011; Smith, 2005), und Beliefs in Music (Wang et al., 2018). In akademischen Kontexten herrscht kein
Konsens darüber, was mit dem Begriff Musikalität gemeint ist (Hallam, 2006). Unter Berücksichtigung dieser
Uneinigkeit schlägt Gembris (2018) folgende Arbeitsdefinition vor: „Musikalität ist die allgemeine, angeborene
und universelle menschliche Disposition zur Kommunikation mit gestalteten Tönen, Rhythmen und Klängen“
(Gembris, 2018, S. 236). Während Begriffe wie musikalische Begabung, Talent oder musikalische Fähigkeiten
jeweils einen Schwerpunkt auf Anlage- bzw. Umweltbedingungen implizieren und verschiedene Bedeutungen
in englischer und deutscher Sprache haben können, ist Musikalität in erster Hinsicht die neutralste Form
und ist die wörtliche Übersetzung zu Musicality (Hemming, 2002). Deshalb wird im Kontext dieser Studie die
Bezeichnung Subjektive Theorien über Musikalität verwendet und synonym zu den oben genannten Begriffen
verstanden.

Die Subjektiven Theorien über Musikalität als ein entscheidender Faktor in
Motivationsprozessen
Subjektive Theorien sind ein zentraler Bestandteil von pädagogischen und auch musikalischen Motivations-
modellen (Hargreaves & Lamont, 2017; Helmke, 2017). Basierend auf Connell (1990) entwickelten Austin
et al. (2006) ein solches theoretisches Motivationsmodell. In diesem beschreiben die Autor*innen, wie die
Dimensionen Self System, Social System, Outcomes und Actions sich wechselseitig beeinflussen und eine
optimale Motivation für das Lernen in musikalischen Kontexten entstehen kann (siehe Abbildung 1). Dieses
Motivationssystem entwickelt und verändert sich im Laufe der Zeit durch Lernprozesse und vor allem durch
die Herausforderungen, die den Lernenden begegnen. Den Subjektiven Theorien über Musikalität kommt
als Teil des Self System in diesem Modell eine wesentliche Rolle zu, da sie den Rahmen vorgeben, wie
Schüler*innen ihre musikalischen Erfahrungen interpretieren und wie diese ihre Aussichten auf zukünftige
musikalische Lernerfolge einschätzen (Austin et al., 2006). Weitere Aspekte des Self Systems sind u. a.
das Musikalische Selbstkonzept und die Attribution von musikalischen Misserfolgen. Im Gegensatz zu den
Subjektiven Theorien über Musikalität beschreibt das Konstrukt des Musikalischen Selbstkonzepts nicht das
Konzept einer Person hinsichtlich der Eigenschaften von Musikalität, sondern „Wer ich bin und was ich kann in
der Musik“ (Spychiger, 2013, S. 18). Zudem beschreiben die Subjektiven Theorien den übergeordneten Bedeu-
tungsrahmen, in welchem verschiedene Ursachenzuschreibungen und Erklärungsmöglichkeiten für Misserfolge
und Erfolge in Musik auftreten. Sie können z. B. erklären, wie Personen überhaupt in solche Situationen
gelangen (Dweck, 2000). Somit können die Subjektiven Theorien über Musikalität von diesen und anderen
Aspekten des Self Systems abgegrenzt werden.

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Abbildung 1

Modell der optimalen Motivation für Lernen in musikalischen Kontexten (Austin et al., 2006, S. 232)

Die theoretischen Annahmen zu der Wirkung von Subjektiven Theorien über Musikalität können von Studiener-
gebnissen gestützt werden, die u. a. einen positiven Zusammenhang zwischen einer dynamischen Subjektiven
Theorie über Musikalität und den allgemeinen schulischen Leistungen, der musikalischen Aktivität und spezi-
fischen musikbezogenen Wahrnehmungsfähigkeiten aufzeigen (Müllensiefen et al., 2015). Allgemein zeigen
viele Forschungen zu den Subjektiven Theorien, dass Personen vor allem angesichts von Herausforderungen
oder drohendem Misserfolg unterschiedliche Reaktionen zeigen, je nachdem, welche Subjektive Theorie sie
besitzen (Dweck, 2000). So zeigen auch Studien in musikbezogenen Kontexten, dass Kinder mit einer stabilen
Subjektiven Theorie über Musikalität dazu tendieren, sich hilflos angesichts von Misserfolgen beim musikali-
schen Lernen zu verhalten. Kinder mit einer dynamischen Subjektiven Theorie über Musikalität überlegen im
Gegensatz dazu in solchen Situationen möglichen Versagens beispielsweise, welche Strategien oder Anstren-
gungsveränderungen notwendig sind, um zukünftig Erfolg zu haben (O’Neill, 2011; O’Neill & Sloboda, 1997).

Die große Bedeutung von Subjektiven Theorien bei der Bewältigung von Herausforderungen bzw. Misserfolgen
zeigt die hohe Relevanz auf, die die Erforschung Subjektiver Theorien in musikalischen Kontexten hat. Denn
der Weg zu hoher musikalischer Leistung wird oft durch viele Hindernisse begleitet, für deren Bewältigung ent-
sprechende Motivation und Einstellungen vorhanden sein müssen (Hargreaves & Lamont, 2017; MacNamara
et al., 2006; O’Neill, 2011). Zudem entstehen in schulischen Kontexten im Fach Musik viele Gelegenheiten, bei

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denen die Unterschiede zwischen den Peers in den musikalischen Fähigkeiten offensichtlich werden. Die Per-
formanz bei Schulaufführungen oder auch beim Klassenvorspiel birgt immer auch die Gefahr von öffentlichem
Versagen (Austin et al., 2006). Somit ist es notwendig, sich mit den Subjektiven Theorien auch im Kontext von
Musiklernen bzw. Musikunterricht zu beschäftigen

Unklarheiten bei Struktur und Messung Subjektiver Theorien
In der Forschung über Subjektive Theorien herrscht jedoch über die verschiedenen Domänen hinweg Uneinig-
keit darüber, ob diese als ein- oder mehrdimensionales Konstrukt aufgefasst werden müssen (Lüftenegger &
Chen, 2017). Dweck (2000) nutzt zu Beginn ihrer Forschung einen Fragebogen, der nur Aussagen zu einer
stabilen Subjektiven Theorie über Intelligenz enthält. Aus den Antworten wird dann bei der Datenanalyse
eine Gruppe von stabilen Theoretiker*innen (hohe Zustimmungswerte) und dynamischen Theoretiker*innen
(niedrige Zustimmungswerte) gebildet, womit die beiden Subjektiven Theorien als gegensätzliche Pole einer
Skala angesehen werden (Dweck, 2000). Diese Version des Fragebogens wurde für verschiedenste weitere
Domänen adaptiert und eine eindimensionale bipolare Skala wird heute noch von der großen Mehrheit der
empirischen Forschung verwendet (Burnette et al., 2013).

Es scheint jedoch auch möglich, dass Personen beide Subjektive Theorien vertreten, und ein stark negativer
Zusammenhang zwischen der stabilen und der dynamischen Subjektiven Theorie kann nicht eindeutig von
Studien nachgewiesen werden (Lüftenegger & Chen, 2017). Zudem zeigt ein Modellvergleich von Tempelaar
et al. (2015) anhand der Theories of Intelligence Scale – Self Form for Adults (Dweck, 2000) und mithilfe
einer Stichprobe von Studierenden einen besseren Model Fit für ein 2-Faktoren-Modell im Vergleich zu einem
bipolaren 1-Faktor-Modell. Nach Lüftenegger und Chen (2017) sprechen deshalb viele Gründe gegen die
Vorstellung, dass eine stabile Theorie und eine dynamische Theorie buchstäblich das Gegenteil voneinander
sind. Es fehlen jedoch diesbezüglich empirische Studien, weshalb sie weitere Untersuchungen hinsichtlich der
Struktur der Subjektiven Theorien fordern (Lüftenegger & Chen, 2017). Auch in der Domäne Musik werden
die Subjektiven Theorien nicht einheitlich operationalisiert. So erfassen z. B. Müllensiefen et al. (2015) die
Subjektiven Theorien über Musikalität eindimensional, während Smith (2005) und Wang et al. (2018) in einem
englischsprachigen und Rieche et al. (2018) in einem deutschsprachigen Messinstrument die Subjektiven
Theorien auf zwei Dimensionen erfassen. Es werden demnach empirische Studien benötigt, die untersuchen,
inwiefern die Subjektiven Theorien über Musikalität als ein- oder mehrdimensionales Konstrukt aufgefasst
werden können.

Für die Domäne Sport überprüften Biddle et al. (2003) die Struktur der Subjektiven Theorien mithilfe eines Mo-
dellvergleichs, wobei die Autor*innen nicht nur zwischen den beiden Faktoren dynamische Subjektive Theorie
(Incremental) und stabile Subjektive Theorie (Entity) unterscheiden, sondern zusätzlich in den Überzeugungen
über die Ursache (Learning vs. Gift) und die Stabilität (Improvement vs. Stable) von sportlichen Fähigkeiten.
Die konfirmatorische Faktorenanalyse spricht für ein hierarchisches Modell 2. Ordnung, wobei der Faktor
Incremental von den untergeordneten Faktoren Learning und Improvement und der Faktor Entity von den
untergeordneten Faktoren Gift und Stable gebildet wird. Wang et al. (2018) adaptierten diesen Fragebogen
für die Bereiche Musik und Kunst, und konnten das angenommene hierarchische Modell, angelehnt an Biddle
et al. (2003), empirisch belegen. Dabei verglichen sie jedoch nur das angenommene hierarchische Modell
mit den empirischen Daten, statt die Ein- bzw. Mehrdimensionalität der Subjektiven Theorien über Musikalität
anhand von unterschiedlichen Modellen zu überprüfen. Die Autor*innen stellten zudem fest, dass eine Verallge-

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meinerung der Ergebnisse in z. B. europäische Kontexte limitiert sein könnte, da in der für diese Analysen
verwendeten Stichprobe die Teilnehmenden alle dem gleichen Lehrerausbildungsinstitut in Singapur zugehörig
waren. Für die Untersuchung wurde außerdem eine kleine Stichprobe von n = 103 Studierenden mit einem
Altersdurchschnitt von M = 26,98 Jahren (SD = 4,79) verwendet (Wang et al., 2018). Studien geben jedoch
Hinweise darauf, dass die Struktur der Subjektiven Theorien sich im Laufe des Heranwachsens einer Person
verändert und es gerade an der weiterführenden Schule zu solchen Strukturveränderungen kommen kann
(Dweck, 2000; Sarrazin et al., 1996).

Zusammenfassend fehlen deshalb bisher Studien, die einerseits mithilfe eines Modellvergleichs die Subjektiven
Theorien über Musikalität in einer englischsprachigen, europäischen Stichprobe mit Schüler*innen validieren
und andererseits die Struktur der Subjektiven Theorien über Musikalität in einem deutschsprachigen Fragebo-
gen untersuchen.

Zielsetzung und Fragestellungen
Das Ziel der vorliegenden Studie ist, eine deutsche und englische Version des Fragebogens zur Erfassung der
Subjektiven Theorien über Musikalität zu validieren und mithilfe dieses Messinstruments die Struktur dieses
Konstrukts zu überprüfen. Dabei soll die Trennung der beiden Dimensionen dynamische Subjektive Theorie
über Musikalität (Incremental) und stabile Subjektive Theorie über Musikalität (Entity) empirisch untersucht
werden.

Folgende Forschungsfragen werden formuliert:

• Zeigt das hierarchische Model der Subjektiven Theorien über Musikalität analog zu dem Messinstrument der
  Subjektiven Theorien über sportliche Fähigkeiten im Vergleich mit anderen Strukturmodellen den besten
  Modell Fit?

• Können für die latenten Variablen dieses Modells reliable Skalen gebildet werden?

                                       Methodisches Vorgehen

Stichprobe
Die Stichprobe wurde entnommen aus drei Erhebungswellen der Befragung der Schüler*innen im Rahmen ei-
ner Langzeitstudie (LongGold-Projekt) im Zeitraum von 2016 bis 2018. In dieser musikpsychologischen Studie
werden seit 2015 mithilfe eines Kohorten-Sequenz-Designs (Prinzie & Onghena, 2005) die Entwicklung von
musikalischen Kompetenzen im Zusammenhang mit kognitiven und sozialen Fähigkeiten, Überzeugungen und
musikbezogenen Aktivitäten bei Schüler*innen von der fünften bis zur zehnten Klasse der allgemeinbildenden
Schule in England und Deutschland untersucht. Für die Stichprobe der vorliegenden Studie wurden nur die
Schüler*innen miteinbezogen, die zu dem jeweiligen Erhebungszeitpunkt das erste Mal an der Langzeitstudie
teilnahmen, um eine Doppelung der Fälle im Datensatz zu vermeiden.

Der so gewonnene Datensatz der vorliegenden Studie umfasst die Daten von 595 englischsprachigen Schü-
ler*innen (71,6 % weiblich) im Alter von 10 bis 18 Jahren (M = 13,49, SD = 1,74) und 385 deutschsprachige
Schüler*innen (53,2 % weiblich) im Alter von 9 bis 13 Jahren (M = 10,51, SD = 0,71). Die ungleiche Geschlech-

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terverteilung in der englischen Stichprobe resultiert daraus, dass ein großer Teil der Teilnehmenden dieser
Stichprobe einer Mädchenschule in Südengland zugehörig war (n = 359). Insgesamt waren drei englische und
fünf deutsche Schulen an der vorliegenden Studie beteiligt. Da Studien (Dweck, 2000; Hallam, 2006; Sloboda
et al., 1994) Hinweise auf kulturelle Unterschiede sowohl hinsichtlich der Subjektiven Theorien, als auch im
Verständnis von Musikalität, geben, wurden die englische und deutsche Stichprobe getrennt voneinander
analysiert.

Erhebungsinstrumente
Um ein geeignetes englisches und deutsches Messinstrument zur Überprüfung der Struktur der Subjektiven
Theorien über Musikalität zur Verfügung zu haben, wurde ein neues Messinstrument entwickelt, welches
auf dem Fragebogen zu den Subjektiven Theorien über sportliche Fähigkeiten (Biddle et al., 2003) basiert
und seit 2016 bei den Erhebungen des LongGold-Projekts verwendet wurde. Die 12 Items des englischen
Fragebogens von Biddle et al. (2003) wurden für den musikalischen Kontext adaptiert, indem das Wort „sport“
durch „music“ ausgetauscht wurde, was dem Vorgehen von Wang et al. entspricht, wie diese Autoren es in
ihrer Veröffentlichung 2018 beschreiben. Zusätzlich wurde bei dem von Mitarbeitenden des LongGold-Projekts
entwickelten Fragebogens bei dem Item mit der Item-Kennung STM_2 der Zusatz „on your instrument“ ergänzt
(Items siehe Tabelle A1 im Anhang). Der Grad der Zustimmung zu den Aussagen wird auf einer fünfstufigen
Likert-Skala von 1 (strongly disagree) bis 5 (strongly agree) angegeben.

Die englischen Items des Fragebogens wurden dann von Mitarbeitenden des LongGold-Projekts in die deut-
sche Sprache übersetzt, um den Fragebogen auch in den deutschen Standorten des LongGold-Projekts
verwenden zu können. Hinsichtlich der Übersetzung bestand folgende Herausforderung: Dweck (2000) unter-
scheidet bei den Messinstrumenten zu den Subjektiven Theorien zwischen einer „Self“-Form und einer „Other“-
Form. Die „Self“-Form fragt die Personen nach deren Subjektiven Theorie zu ihren eigenen, persönlichen
Eigenschaften, wie z. B. in folgendem Item: „You have a certain amount of intelligence …“ (Dweck, 2000,
S. 177). Die „Other“-Form bezieht sich auf die Eigenschaft im Allgemein, wie z. B. „Everyone has a certain
amount of intelligence …“ (Dweck, 2000, S. 175). Jedoch kann das englische Wort „You“ nicht nur mit „Du“,
sondern auch mit „Man“ übersetzt werden (Oxford University Press, 2020). Das heißt durch die englischen
Items wird nicht deutlich, ob sich die Aussagen auf die Subjektive Theorie zu der eigenen Intelligenz oder
zu der Intelligenz im Allgemeinen beziehen. Bei Biddle et al. (2003) wird jedoch sowohl in der Beschreibung
des Messinstruments, als auch in dem Einleitungstext zu den Items des Fragebogens nicht dargestellt, dass
mit dem Fragebogen nur die Subjektiven Theorien in Bezug auf die eigenen sportlichen Fähigkeiten erfasst
werden sollen. Deshalb wurde bei der Übersetzung des adaptierten Fragebogens zu den Subjektiven Theorien
über Musikalität die Ansprache „You“, wie z. B. in dem Item „You have a certain level of musical ability and
you cannot really do much to change it“ (Item-Kennung STM_1) mit dem Wort „Man“ übersetzt, d. h. für das
Beispielitem: „Man hat ein gewisses Level an musikalischen Fähigkeiten und kann nicht viel tun, um das zu
ändern“ (siehe Tabelle A1 im Anhang).

Die Übersetzung des englischen Fragebogens in die deutsche Sprache wurde in einem iterativen Verfahren
von Mitarbeitenden des LongGold-Projekts überarbeitet und in einer kleinen Pilotstichprobe von deutschen
Schüler*innen der fünften Klasse (n = 20) überprüft. In die Überarbeitung der Items wurden zudem die Rück-
meldungen von Lehrpersonen hinsichtlich der Verständlichkeit der Aussagen für Schüler*innen mitaufgenom-
men. Um die Übersetzung des englischen Fragebogens in die deutsche Version zusätzlich zu validieren, wurde

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die englische und deutsche Fassung der Items drei unabhängigen bilingualen Personen von der Autorin dieses
Beitrags zur Überprüfung vorgelegt. Ziel des Vergleichs der Items war neben der allgemeinen Überprüfung der
Übersetzung vor allem die Übersetzung des Wortes „You“ mit „Man“ zu validieren. Dieses Anliegen war den
Expert*innen unbekannt. Da keine der Personen die Übersetzung des Wortes „You“ kritisierte und sich aus
den wenigen Kommentaren zu den Items keine einheitlichen, schwerwiegenden Änderungsnotwendigkeiten
ergaben, wurden die Items des Fragebogens nachträglich nicht mehr verändert. Eine Auflistung der Items des
englischsprachigen und des deutschsprachigen Fragebogens zur Erfassung der Subjektiven Theorien über
Musikalität ist im Anhang (Tabelle A1) zu finden.

Für die vorliegende Studie wurden bei der Datenerhebung zusätzlich das Alter, Geschlecht, die Nationalität und
Klassenstufe der Schüler*innen erhoben.

Datenerhebung
Die Erhebung erfolgte im Rahmen der Langzeitstudie LongGold in den Jahren 2016 bis 2018 und wurde
unter Aufsicht von Mitarbeitenden des LongGold-Projekts und einer Lehrkraft in der Schule mithilfe eines
Online-Fragebogens an Tablets bzw. Computern durchgeführt. Den Schüler*innen standen dabei 90 Minuten
zur Bearbeitung der gesamten Testbatterie inklusive der Fragebögen für die vorliegende Studie zur Verfügung.
Für die Bearbeitung der 12 Items des Fragebogens zur Erfassung der Subjektiven Theorien über Musikalität
benötigten die Schüler*innen 3 - 6 Minuten. Die Studie wurde von den Ethikkommissionen des Goldsmiths Col-
lege, der Leibniz Universität Hannover und dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg
genehmigt und nach Einverständnis der beteiligten Schulen und der Erziehungsberechtigten durchgeführt. Die
Teilnahme an dem LongGold-Projekt ist für die Schüler*innen freiwillig und das Einverständnis kann zu jedem
Zeitpunkt widerrufen werden. Um individuelle Veränderungen der erhobenen psychometrischen Konstrukte bei
den Schüler*innen über den Untersuchungszeitraum der Langzeitstudie nachvollziehen zu können, werden die
Daten der Schüler*innen mithilfe einer 14-stelligen Identifikationsnummer pseudoanonymisiert. Die Zuordnung
von Identifikationsnummer und Klarnamen der Schüler*innen ist dabei nur den Verantwortlichen der Schule
möglich.

Datenanalyse
Um festzustellen, ob die empirischen Daten die angenommene Struktur der Subjektiven Theorien über Musika-
lität unterstützen (Fragestellung 1), wurde nach der Datenbereinigung eine konfirmatorische Faktorenanalyse
(KFA) berechnet. Da für diese Analysen formal die Voraussetzung von multivariat normalverteilten Indikatorva-
riablen besteht (Döring & Bortz, 2016, S. 957), wurde diese Normalverteilung mithilfe des Mardia‘s-Tests über-
prüft. Zur Analyse der Daten wurden das Lavaan Paket (Rosseel, 2012) und das MVN Paket (Korkmaz et al.,
2014) der Statistik Software R (R Core Team, 2020) verwendet. Zunächst wurde ein eindimensionales Modell
(M0) in die KFA miteinbezogen. Zudem wurden analog zu Biddle et al. (2003) folgende Modelle miteinander
verglichen: Modell 1 (M1) mit den beiden latenten Faktoren Incremental und Entity, Modell 2 (M2) testet vier
Faktoren erster Ordnung (Learning, Improvement, Gift, Stable) und Modell 3 (M3) testet ein hierarchisches
Modell, bei dem die beiden untergeordneten Faktoren Stable und Gift auf dem übergeordneten Faktor Entity
basieren und der Faktor Incremental die beiden untergeordneten Faktoren Learning und Improvement enthält.
Alle angenommenen Messmodelle sind in Abbildung 2, 3, 4 und 5 dargestellt.

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Abbildung 2

Struktur des eindimensionalen Modells (M0)

Anmerkung. STM_X = Item-Kennung.

Abbildung 3

Struktur des zweidimensionalen Modells (M1)

Anmerkung. STM_X = Item-Kennung.

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Abbildung 4

Struktur des vierdimensionalen Modells (M2)

Anmerkung. STM_X = Item-Kennung.

Abbildung 5

Struktur des hierarchischen Modells mit vier Faktoren erster Ordnung und zwei Faktoren zweiter Ordnung (M3)

Anmerkung. STM_X = Item-Kennung.

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Modell 0 (siehe Abbildung 2) wurde in die Analyse miteinbezogen, um zu überprüfen, ob die Subjektiven
Theorien über Musikalität basierend auf früheren Arbeiten von Dweck et al. (1995) zu Subjektiven Theorien im
Allgemeinen (Dweck, 2000) eindimensional erfasst werden können. Modell 1 (siehe Abbildung 3) basiert auf
Studien zu den Subjektiven Theorien, die zeigen, dass es möglich ist, dass Individuen sowohl eine dynamische
als auch stabile Theorie über eine menschliche Eigenschaft haben können, wobei diese beiden Theorien in
einem negativen Zusammenhang stehen (Sarrazin et al., 1996). Modell 2 (siehe Abbildung 4) gründet sich
auf Theorien, die differenzieren zwischen der Vorstellung über die Veränderbarkeit (Improvement vs. Stable)
und über die Ursache (Gift vs. Learning) menschlicher Eigenschaften. Diese Unterscheidung wurde in der
Fragebogenentwicklung zu den Subjektiven Theorien über sportliche Fähigkeiten u. a. mit unterschiedlichen
Vorstellungen begründet, die im Wissenschafts- und Alltagsverständnis über sportliche Fähigkeiten existieren
(Biddle et al., 2003; Sarrazin et al., 1996). Analog dazu finden sich auch in den Alltags- und Wissenschaftsvor-
stellungen von Musikalität Theorien, die einerseits grundsätzlich die Möglichkeit einer Veränderung überhaupt,
und andererseits die Ursache dieser möglichen Nicht-Veränderung bzw. Veränderung, wie z. B. ein bestimmtes
Übeverhalten, Zufallsfaktoren oder auch angeborene Eigenschaften, betreffen (Austin et al., 2006; Gembris,
2018; Hemming, 2002). Modell 3 (siehe Abbildung 5) beruht auf der Vermutung, dass die gemeinsame Varianz
zwischen Learning und Improvement bzw. zwischen Stable und Gift durch die beiden höher gestellten Faktoren
Incremental und Gift erklärt werden kann (Biddle et al. 2003).

Im Kontext von Modellüberprüfungen wird kritisiert, dass in der Forschung oft freie Faktorenmodelle geschätzt
werden, während in der Praxisverwendung die Skalenwerte mit einfachen Summen gebildet werden (McNeish
& Wolf, 2020). Deshalb wurde bei der Datenanalyse der vorliegenden Studie alle Messmodelle so einge-
schränkt, dass immer die identischen Gewichte innerhalb eines Faktors addiert werden. Die so theoretisch
angenommenen Messmodelle bieten damit eine interpretierbare Lösung für die Verwendung in der Praxis. Da
in der Praxis üblicherweise ungewichtete Summen-Scores für die einzelnen Faktoren berechnet werden, ist
zu erwarten, dass das in der Studie berechnete Modell durch die vorgenommenen Einschränkungen in der
Datenanalyse auch für die Verwendung des Fragebogens in der Praxis gültig ist.

Der Modell-Fit von allen vier Modellen wurde mit folgenden Indizes überprüft: Comparative Fit Index (CFI),
Tucker Lewis Index (TLI), Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA), Standardized Root Mean
Square Residual (SRMR), zusätzlich zu Informationen zum Chi-Quadrat-Test (χ2) und den Freiheitsgraden (df).
Für die ersten beiden Modell-Fit Indizes (CFI und TLI) zeigen Werte über ,90 einen guten Fit des Modells an,
während gute Modelle einen RMSEA unter ,06 und einen SRMR unter ,08 benötigen (Hu & Bentler, 1999). Um
die Modelle miteinander vergleichen zu können, wurde das Bayesian Information Criterion (BIC) verwendet.
Die standardisierten Fit-Werte der vier Messmodelle wurden anhand eines χ2-Differenztests miteinander vergli-
chen.

Bei dem durch die KFA identifizierten Modell wurde danach zur Bestimmung der internen Konsistenz der
einzelnen Teilskalen Reliabilitätsanalysen mittels Cronbachs Alpha durchgeführt (Fragestellung 2) und die
Korrelationen zwischen den Items eines Faktors berechnet. Nach Cronbach (1951) sollten die α-Werte über ,7
liegen. Des Weiteren wurde für beide Stichproben der Mittelwert, die Standardabweichung und die Schiefe
jeder latenten Variablen berechnet.

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Konfirmatorische Faktorenanalyse
Für die englische und deutsche Stichprobe zeigt der Mardia‘s-Test, dass die vorliegenden Daten keiner multiva-
riaten Normalverteilung folgen (GB: χ2skew = 1349,96, p < ,001, DE: χ2skew = 940,67, p < ,001). Demzufolge
wurde für die nachfolgenden Analysen die robuste Maximum-Likelihood-Schätzung mit Full Information Maxi-
mum Likelihood (FIML) für die fehlenden Daten verwendet, da diese stabiler gegenüber nicht normalverteilten
Daten ist (Hu et al., 1995).

Die umfassenden Fit Indizes aller untersuchter Modelle sind in Tabelle 1 dargestellt. Sowohl für den englisch-
als auch deutschsprachigen Fragebogen zeigt die KFA insgesamt keine zufriedenstellenden Ergebnisse für
M0, M1 und M2, während das hierarchische M3 eine akzeptable Übereinstimmung mit den empirischen Daten
aufzeigt (M3 [GB]: χ2/df = 2,87, CFI = ,919, TLI = ,909, RMSEA = ,062, SRMR = ,085, M3 [DE]: χ2/df = 1,78,
CFI = ,899, TLI = ,887, RMSEA = ,051, SRMR = ,066). Das Bayesian Information Criterion (BIC), welches
einen direkten Vergleich der Modelle ermöglicht, zeigt in der englischen und deutschen Stichprobe jeweils den
niedrigsten Wert für M3. Der Modellvergleich mittels eines χ2-Differenz-Tests zeigt, dass M3 sowohl in der
deutschen als auch englischen Stichprobe eine statistisch signifikant (p < ,001) bessere Anpassung als M0
(GB: χ2(6) = 707,29, p < ,001, DE: χ2(6) = 258,99, p < ,001), M1 (GB: χ2(4) = 128,73, p < ,001, DE: χ2(4)
= 65,64, p < ,001) und M2 (GB: χ2(3) = 233,31, p < ,001, DE: χ2(3) = 75,53, p < ,001) hat. Die Ergebnisse
sprechen demnach für das Modell 3, welches im Folgenden genauer beschrieben wird.

Tabelle 1

Fit Indices für die vier Modelle der KFA

                                      2            2             2
Stichprobe/Modell                    χ       df   χ /df       p(χ )       CFI        TLI      RMSEA         SRMR           BIC

Englisch
  M0                               1287,51   65   19,81      < ,001       ,087      ,073        ,196         ,220        19070
  M1                                340,38   63    5,40      < ,001       ,796      ,786        ,094         ,093        17922
  M2                                463,37   62    4,47      < ,001       ,711      ,693        ,113         ,168        18066
  M3                                169,16   59    2,87      < ,001       ,919      ,909        ,062         ,085        17744
Deutsch
   M0                      445,58         65        6,86      < ,001        ,234        ,222        ,135       ,139        13185
   M1                      179,35         63        2,85      < ,001        ,761        ,750        ,077       ,078        12878
   M2                      195,28         62        3,15      < ,001        ,729        ,712        ,082       ,108        12903
   M3                      104,98         59        1,78      < ,001        ,899        ,887        ,051       ,066        12815
Anmerkung. χ2 = Chi-Quadrat; df = Freiheitsgrade; CFI = Comparative Fit Index; TLI = Tucker Lewis Index; RMSEA = Root Mean Square
Error of Approximation; SRMR = Standardized Root Mean Square Residual; BIC = Bayesian Information Criterion.

Die standardisierten Faktorenladungen der Faktoren erster Ordnung liegen in der englischen Stichprobe
zwischen ,55 und ,79 (Abbildung 6) und in der deutschen Stichprobe zwischen ,51 und ,67 (Abbildung 7).
Für die Faktoren zweiter Ordnung konnten standardisierte Faktorenladungen zwischen ,72 und ,94 (englische
Stichprobe) und ,64 und ,85 (deutsche Stichprobe) berechnet werden. Die standardisierte Kovarianz zwischen
dem Faktor Incremental und dem Faktor Entity in dem hierarchischen Modell liegt in der englischen Stichprobe
bei r = -,57 (p < ,001) und in der deutschen Stichprobe bei r = -,21 (p < ,05). Die Faktorenladungen, Messfeh-
lervarianzen der Indikatorvariablen und Varianzen der Faktoren erster Ordnung finden sich zudem in Tabelle A2
und A3 im Anhang.

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Abbildung 6

Modell 3 mit den standardisierten Faktorenladungen und den standardisierten Messfehlervarianzen der Indikatorvariablen für die englische
Stichprobe

Abbildung 7

Modell 3 mit den standardisierten Faktorenladungen und den standardisierten Messfehlervarianzen der Indikatorvariablen für die deutsche
Stichprobe

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Reliabilitätsanalysen und deskriptive Kennwerte
Die Cronbachs Alpha Werte für die zwei Faktoren Incremental und Entity liegen in der englischen Stichprobe
bei α = ,79 und α = ,68 und in der deutschen Stichprobe bei α = ,66 und α = ,63. Bezogen auf eine fünfstufige
Likert-Skala von 1 = „strongly disagree“ bzw. „stimme überhaupt nicht zu“ bis 5 = „strongly agree“ bzw. „stimme
sehr zu“ hat der Faktor Incremental in der englischen bzw. deutschen Stichprobe ein arithmetisches Mittel (SD)
von M = 4,10 (0,52) bzw. M = 3,95 (0,56) und der Faktor Entity von M = 2,52 (0,71) bzw. M = 2,58 (0,65).
Die Items wurden dabei entsprechend der Modellannahmen bei der Berechnung nicht gewichtet miteinander
verrechnet.

Während die Cronbachs Alpha Werte für die Subfaktoren Learning und Improvement in beiden Stichproben
zwischen α = ,54 und α = ,62 liegen, haben die Subfaktoren Stable und Gift Cronbachs Alpha Werte zwischen
α = ,55 und α = ,79. Für die Subfaktoren Learning und Improvement konnten Mittelwerte zwischen M = 3,83
und M = 4,20 berechnet werden und für die Subfaktoren Stable und Gift zwischen M = 2,44 und M = 2,62.
Allgemein zeigten die Schüler*innen höhere Incremental Theorien als Entity Theorien. Der Cronbachs Alpha
Wert, Mittelwert, die Standardabweichung und Schiefe für jeden Faktor des hierarchischen Modells 3 können
der Tabelle 2 entnommen werden. Des Weiteren sind die Interkorrelationen der Faktoren Entity und Incremen-
tal für die englische und deutsche Stichprobe in Tabelle A4 bis A7 im Anhang dargestellt.

Tabelle 2

Ergebnisse der Reliabilitätsprüfung und deskriptive Statistik der englischen und deutschen Stichprobe für die latenten Faktoren erster und
zweiter Ordnung des hierarchischen Modells 3

                                                Englische Stichprobe                                 Deutsche Stichprobe

Faktor                   Item-anzahl   α          M             SD         Schiefe         α           M             SD         Schiefe

Incremental           6           ,79         4,10           0,52        -1,01         ,66           3,95        0,56             -0,79
Entity                6           ,68         2,52           0,71         0,62         ,63           2,58        0,65              0,11
Learning              3           ,62         4,01           0,64        -0,82         ,54           3,83        0,69             -0,73
Improvement           3           ,62         4,20           0,64        -0,90         ,60           4,07        0,66             -0,79
Stable                3           ,66         2,44           0,78         0,59         ,55           2,62        0,79              0,07
Gift                  3           ,79         2,60           0,86         0,40         ,64           2,53        0,84              0,23
Anmerkung. α = Cronbachs Alpha. Fünfstufige Likertskala (1 = „stimme überhaupt nicht zu“ bis 5 = „stimme sehr zu“).

                                            Diskussion und Ausblick
Auf der Grundlage ihres Überblicks über Studien zu der Definition und Messung von Subjektiven Theorien
fordern Lüftenegger und Chen (2017) weitere empirische Studien, die untersuchen, inwiefern die Subjektiven
Theorien als ein- oder mehrdimensionales Konstrukt aufgefasst werden können. Die vorliegende Studie be-
fasste sich mit diesem Bedarf und fokussierte dabei die Struktur der Subjektiven Theorien über Musikalität.

Die Ergebnisse der Analysen der angenommenen Modelle zeigen, dass der χ2-Test in beiden Stichproben
für jedes Modell eine signifikante Abweichung zwischen den empirischen Daten zu dem jeweiligen Modell be-
schreibt. Dies kann jedoch auf die Größe der Stichprobe und der starken Einschränkung der Modelle aufgrund
der gleichen Gewichtung der Faktorenladungen je Faktor zurückgeführt werden (Döring & Bortz, 2016, S.
965). Da in beiden Stichproben die absoluten und relativen deskriptiven Gütekriterien akzeptable Werte für

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das Modell 3 aufzeigen und auch der χ2-Differenz-Test für dieses Modell spricht, zeigen die Analysen dieser
Studie, dass die Subjektiven Theorien über Musikalität als ein multidimensionales, hierarchisches Konstrukt
beschrieben werden können. Diese Struktur zeigt, dass, anstatt die Subjektiven Theorien eindimensional zu
erfassen, ein differenzierter Blick auf das Konstrukt gelegt werden muss. Dieses Ergebnis entspricht den
Modellvergleichen des Inventars von Biddle et al. (2003) zu Subjektiven Theorien über sportliche Fähigkeiten,
das den Ausgangspunkt für die musikalische Adaption bildete.

Der Cronbachs Alpha Wert des Faktors Incremental der englischen Stichprobe liegt deutlich über dem Wert
von α = ,7, während der Faktor Entity in der englischen Stichprobe leicht unter diesem Wert liegt, genauso
wie die beiden Faktoren zweiter Ordnung der deutschen Stichprobe. Die Cronbachs Alpha Werte der vier
Subfaktoren liegen jedoch teilweise deutlich unter diesem Grenzwert von α = ,7. Allerdings kritisieren mehrere
Autor*innen (u. a. Cortina, 1993; Schmitt, 1996) die traditionellen Daumenwerte für die Interpretation von der
Cronbachs Alpha und verweisen u. a. darauf, dass die Cronbachs Alpha Werte von der Anzahl der Items
abhängig sind, d. h. Skalen mit nur wenigen Items generell niedrigere Alpha-Werte erreichen. Zudem fordert
Schmitt (1996) vor allem eine aussagekräftige, theoretisch fundierte inhaltliche Begründung für die gebildeten
Faktoren. Die Tatsache, dass die Subfaktoren des in dieser Studie verwendeten Fragebogens jeweils durch nur
drei Items gebildet werden, könnte die Cronbachs Werte dieser Skalen erklären. Zudem werden in Studien zu
dem Originalfragebogen zu den Subjektiven Theorien über sportliche Fähigkeiten gute Cronbachs Alpha Werte
für die beiden Faktoren zweiter Ordnung berichtet (Biddle et al., 2003; Wang et al., 2009). Im Gegensatz zu
der vorliegenden Studie testeten diese Autor*innen den Fragebogen jedoch mit Schüler*innen, die in Spanne
und Durchschnitt älter sind als die Teilnehmenden der vorliegenden Studie. Da Studienergebnisse zeigen, dass
die Struktur der Subjektiven Theorien sich im Laufe der weiterführenden Schule stark entwickelt und gerade
jüngere Kinder noch nicht zwischen unterschiedlichen Aspekten der Subjektiven Theorien differenzieren kön-
nen (Dweck, 2000), könnte auch die für die vorliegende Studie verwendete Stichprobe eine Ursache für die
schlechteren Reliabilitätswerte sein. Der vorliegende Fragebogen zu den Subjektiven Theorien über Musikalität
sollte demnach nochmals mit Schüler*innen validiert werden, die sich in der Mitte oder am Ende ihrer Schulzeit
befinden, und auch in einer Stichprobe mit erwachsenen Personen überprüft werden. Bei einer Verwendung
des Fragebogens sollten zudem die Messfehler anhand der hier ermittelten Reliabilitäten der jeweiligen Skalen
berücksichtigt und die vier kurzen Skalen erster Ordnung nur mit Vorsicht individuell verwendet werden.

Die deskriptiven Analysen der vorliegenden Studie zu den Faktoren des hierarchischen Modells (M3) zeigen,
dass die Faktoren, die eine stabile Subjektive Theorie beschreiben, eine rechtsschiefe Verteilung der Daten
haben, während die Faktoren, die eine dynamische Subjektive Theorie beschreiben, stark linksschief gestreut
sind. Diese hohen Zustimmungswerte zu den Skalen der dynamischen Subjektiven Theorie entsprechen vielen
Ergebnissen weiterer Studien zu den Subjektiven Theorien. Auch unter Verwendung verschiedener Fragebö-
gen sind die Daten gerade im Hinblick auf die dynamische Subjektive Theorie häufig sehr schief verteilt (Biddle
et al., 2003; Wang et al., 2018).

Für die vorliegende Studie gelten weitere Einschränkungen, die Anlässe für zukünftige Forschung geben. Zum
einen könnte die Validität des Konstrukts mithilfe von Berechnungen zur konvergenten und diskriminanten Vali-
dität stärker untersucht werden. Des Weiteren herrscht keine eindeutige Klarheit darüber, ob die Schüler*innen
der englischen Stichprobe das Wort „You“ in den Items des Fragebogens dieser Studie tatsächlich als „Man“
oder als „Du“ verstehen. Zur Klärung könnten Kognitive Interviews mit Schüler*innen durchgeführt werden,
um einen größeren Einblick in die kognitiven Prozesse der Teilnehmenden beim Beantworten des englischen

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Subjektive Theorien über Musikalität                                                                          16

Fragebogens zu bekommen (Prüfer & Rexroth, 2005). Daran anschließend könnte in zukünftiger Forschung
außerdem mit einem weiteren, neu entwickelten Fragebogen zu den Subjektiven Theorien über die eigene
Musikalität die Annahme überprüft werden, dass die Subjektiven Theorien von Personen sich unterscheiden,
je nachdem, ob es um die Veränderbarkeit der eigenen, persönlichen Eigenschaft oder der Eigenschaft im
Allgemeinen geht (Dweck, 2000).

Eine weitere mögliche Weiterentwicklung des Fragebogens betrifft das verwendete Konzept von Musikalität.
Die Musikpädagogik orientiert sich in ihrer Forschung zu Musikalität bzw. musikalischer Begabung stark an den
Theorien und Modellen der Intelligenzforschung (Gembris, 2018). Deshalb liegt nahe, die Forschungen zu den
Subjektiven Theorien über Intelligenz von Dweck (2000) auch auf Musikalität zu übertragen. Jedoch sind die
Vorstellungen zur Struktur der Musikalität sehr unterschiedlich. Während manche von einem übergreifenden
Generalfaktor ausgehen (u. a. Wing, 1981), nehmen andere an, dass es verschiedene Begabungsdimensio-
nen gibt, die sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können, aber in Wechselwirkung miteinander stehen (u.
a. Seashore et al., 1956). In den Items des Fragebogens der vorliegenden Studie wird nicht differenziert
zwischen verschiedenen Begabungsdimensionen, sondern eine Vorstellung zu Musikalität als Generalfaktor
erfragt. Musik wird außerdem in vielen verschiedenen Kontexten, wie z. B. außerhalb und innerhalb der Schule
oder auch solistisch oder in Ensembles, gemacht. Obwohl es erste Arbeiten gibt, die Subjektive Theorien
zu verschiedenen Dimensionen von Musikalität erfragen, z. B. zu einem Mindset of Singing Ability (Cogdill,
2013) oder auf theoretischer Ebene zu dem Growth Mindset in Choral Ensembles (Morrison, 2019), fehlen
umfassende empirische Studien zu Subjektiven Theorien in verschiedenen musikalischen Kontexten oder
Begabungsdimensionen.

Die vorliegende Studie stellt für solche zukünftige Forschung einen wichtigen Beitrag, da mit dem Messinstru-
ment zur Erfassung der Subjektiven Theorien über Musikalität mit einer Unterscheidung nicht nur in eine stabile
und dynamische Theorie, sondern durch die vier Faktoren erster Ordnung auch in den Ursprung und die Stabi-
lität von Musikalität differenziert werden kann. Im Vergleich zu einem vierdimensionalen Modell (M2) ist das
hierarchische Modell zudem immer noch sparsam und für die Verwendung des Messinstruments mit anderen
Konstrukten gut geeignet. Das in dieser Studie validierte Testinstrument ermöglicht, individuelle Unterschiede in
der dynamischen und stabilen Subjektiven Theorie über Musikalität von Schüler*innen zu identifizieren. Neben
diesen individuellen Unterschieden können außerdem die Effekte von Interventionen auf die Subjektiven Theo-
rien nachgewiesen werden. Gerade in der Forschung zu den Subjektiven Theorien über Intelligenz wurden in
den letzten Jahren Interventionen entwickelt, die in großen empirischen Studien überprüft wurden und die eine
positive Wirkung von einer hohen dynamischen Subjektiven Theorie auf schulische Leistungen nachweisen
konnten (Yeager et al., 2019). In dem zu Beginn des Beitrags beschriebenen Modell der optimalen Motivation
für Lernen in musikalischen Kontexten (Austin et al., 2006, S. 232) wird deutlich, dass neben den Self System,
zu dem die Subjektiven Theorien über Musikalität gehören, das Social System einen großen Einfluss z. B.
auf die musikalischen Aktivitäten und Leistungen von Schüler*innen hat. Dabei spielen gerade Lehrpersonen
z. B. durch ihre Rückmeldungen im Musikunterricht eine große Rolle für die Ausbildung einer dynamischen
Subjektiven Theorie bei Schüler*innen, wobei das Handeln und Denken der Lehrpersonen wiederum von deren
eigenen Subjektiven Theorien über Musikalität gelenkt wird (Adams, 2019; O’Neill, 2011). Der in dieser Studie
validierte Fragebogen kann auch dazu eingesetzt werden, um dieses Social System des Motivationsmodells
besser zu verstehen. So könnte z. B. die Rolle von Lehrkräften als Vermittler*innen von einer dynamischen
Subjektiven Theorien über Musikalität in Interventionsstudien untersucht werden.

Jahrbuch Musikpsychologie
2021, Vol. 30, Artikel e93
https://doi.org/10.5964/jbdgm.93
Eisinger                                                                                                                      17

Das Motivationsmodell von Austin et al. (2006) ist ein Prozessmodell, d. h. dass die Beziehungen zwischen den
vier beschriebenen Dimensionen dynamisch sind. Beispielsweise tendieren jüngere Kinder dazu, musikalische
Fähigkeiten als etwas Veränderbares zu sehen, während sie diese mit der Zeit eher als etwas Stabiles und
Unkontrollierbares wahrnehmen (Austin et al., 2006). In dem LongGold-Projekt, in dem die Studie dieses
Beitrags eingebunden ist, soll diese Entwicklung der Subjektiven Theorien über Musikalität im Zusammenhang
mit musikalischer und akademischer Leistung und musikalischer Aktivität über einen längeren Zeitraum un-
tersucht werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bilden somit die Grundlage für die systematische
Untersuchung der Bedingungsfaktoren von Subjektiven Theorien über Musikalität und deren Bedeutung für die
individuelle Entfaltung musikalischen Potentials.

Finanzierung
Das Forschungsprojekt wird durch die Mittel der Alexander von Humboldt-Stiftung unterstützt.

Interessenkonflikte
Die Autorin erklärt, dass keine konkurrierenden Interessen bestehen.

Danksagung
Die Autorin ist für die Unterstützung dieser Veröffentlichung durch das LongGold-Projektteam dankbar.

Ethikerklärung
Die vorliegende Arbeit wurde in Übereinstimmung mit ethischen Prinzipien und Standards durchgeführt. Sie wurde von den
Ethikkommissionen des Goldsmiths College, der Leibniz Universität Hannover und dem Ministerium für Kultus, Jugend und
Sport Baden-Württemberg geprüft und genehmigt.

Datenverfügbarkeit
Alle erhobenen Forschungsdaten zu diesem Beitrag können aufgrund der Ethikvorgaben und aus datenschutzrechtlichen
Gründen nicht öffentlich gemacht werden.

                                                         Literatur

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Subjektive Theorien über Musikalität                                                                                                18

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