AQUARISTIK 1 Schweizer - WissenswerteszuSüsswasser-Aquarienfischen www.vaz.ch - Verein Aquarium Zürich
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Schweizer 1-2018 AQUARISTIK Wissenswertes zu Süsswasser-Aquarienfischen www.vaz.ch Fischauffangstation.ch Verein Aquarium Zürich, eine Sektion des Schweizer Tierschutzes STS
2 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 EDITORIAL Liebe Aquarianerinnen und Aquarianer Die vorliegende Ausgabe thematisiert das Tierwohl, zeigt auf, woher der Begriff entstammt und wo die Schwerpunkte bei der Aquaristik angelegt sein könnten. In diversen Artikeln wird das entsprechend dargelegt. Bei der Aquaristik liegen zudem Haltungsfragen, Artenschutz und Naturschutz sowie der Tierschutz ganz nahe beieinander. Das kann Kontroversen auslösen, die sich manchmal bei der Beurteilung von Sachfragen auswirken. Und obschon die Aquaristik gut erforscht erscheint, liegen gerade darin die grössten Hemmschwellen für ein fortschrittliches Handeln – so wird beispielsweise in gewissen Fachkreisen eine unsinnige Interaktion von «Räuber- und Beutefischen» als eine positive Stresssituation bewertet. Während viele Tiere in Gehegen leben, werden bei Zierfischen wenn möglich Lebensräume nachgebildet, was höchste Anforderungen an die Halter stellt. Natürlich lassen sich auch Fische in Gehegen, sprich Becken halten, dann wohl aber weit entfernt vom Tierwohl. Viel Spass beim Lesen Hans Gonella Buchempfehlung: Im Zusammenhang mit Wildfangfischen wird oft die nachhaltige Fischerei genannt. Es gibt nun das Buch «Wildtiermanagement». Wildtiere und Menschen leben in Mitteleuropa in en- ger Nachbarschaft. Die Autoren überzeugen mit grundsätzlichen Überlegungen, Erläuterungen zur Rechtslage und Fallbeispielen und fordern einen respektvollen Umgang mit Wildtieren. Die meisten Wildtiere benötigen kein Management. Ein bewusstes Eingreifen kann aber nötig werden, wenn eine Art in ihrem Bestand gefährdet ist oder wenn es aus Sicht des Menschen zu viele Tiere hat. Die Ziele des Wildtiermanagements sind denn auch die Erhaltung der Arten und ihrer Lebensräume. Entsprechend gibt es Überschneidungen in diversen Interessenslagen, wo Konflikte entstehen kön- nen. Das gilt übrigens auch in den Tropen! Literatur: Robin K., Graf R.F., Schnidrig R. (2017): Wildtiermanagement. Eine Einführung. Bern: Haupt. 335 S., Fr. 59. Inhaltsverzeichnis Schweizer AQUARISTIK 1/2018 Editorial 2 Zierfisch Aktuell 3 Tierschutz-News 4 Aus Forschung und Lehre 5 fischwissen.ch 6 Aquarium live 7 Handel und Industrie 10 Bildung Zoofachhandel Schweiz BZS 10 Fischwelten 11 Tierwohl in der Aquaristik 14 Meerwasser Aktuell 17 Verein Aquarium Zürich 18 Aquarienvereine 18 Aquatis – das Süsswasservivarium 19 Verein Entwicklung der Aquaristik VEdA 19 SDAT-Infos und Aquaristische Veranstaltungen 19 Impressum 20 Titelbilder: In kleinen Aquarien sind Buntbarsche schwierig zu haltende Fische. Fotos von Regula Süess
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 3 Zierfisch Aktuell Pilot: freiwilliger Sachkundekurs in Zürich Ein Tierarzt wird Kursleiter des Projektes, unterstützt von diversen Aquaristikreferenten. Der Verein Aquarium Zürich ist kundekurs für AquarianerInnen als eine Prüfung absolvieren und eine momentan mit einem namhaften Pilotprojekt starten zu lassen. Kursbestätigung erhalten. Branchenvertreter in Diskussion, Bereits bei einem allfälligen Test- gemeinsam einen freiwilligen Sach- lauf würden die Teilnehmenden Aquarienvereine haben das Tierwohl entdeckt Es braucht dringend Schulungskonzepte, die dem Tierwohl ausreichend Rechnung tragen. (goh) Während die einen noch en, die das Tierwohl in Aquarien wurden viele Arten unter abenteuer- über die Unterschiede zwischen verbessern könnten. lich anmutenden Umständen in der artgerechter Haltung oder artge- Natur gefangen und in die Aquarien mässer Pflege debattieren, haben Fische artgerecht zu halten, ist bei geholt. Dementsprechend wurden die Anderen das Tierwohl entdeckt. weitem nicht in neuerer Zeit popu- weniger Arten, wie auch geringere Allerdings hat bis anhin lediglich lär geworden, schon vor 50 Jahren Mengen an Fischen in die Aquari- ein Begriff in die Aquaristik Einzug wurden die Fische in vielen Heim- en eingebracht. Heute braucht es gehalten. Was sich die Aquarianer- aquarien sehr gut gehalten. Der mehr Langzeitbeobachtungen, um Innen so gemeinhin unter Tierwohl Grund dafür liegt auf der Hand. Da- Vergesellschaftungsmöglichkeiten vorstellen, ist noch weit entfernt mals gab es noch keine Billigfische beurteilen zu können. Dabei geht von tiergerechten Umsetzungskon- aus dem Baumarkt, die heute zu es nicht um Jahre sondern Jahr- zepten. Spontankäufen verleiten. Zudem zehnte – denn Fische werden alt. Mit Vorträgen und Workshops für Einsteiger und Fortgeschrittene Was ist Tierwohl? wird an Vereinsanlässen über die Die Bereiche der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung unterliegen in der Regel faszinierende Welt unter Wasser wirtschaftlichen Überlegungen. Bei Nutztieren bestehen die Fragen zur Tier- berichtet und eingehend erklärt, gerechtheit hauptsächlich in Verbindung damit, wie man Tiere – trotz Nutzung – tiergerecht behandeln und halten kann. wie man Aquarien einrichtet und Die Nutztierethologie ist ein Zweig der Verhaltensbiologie (Ethologie), zur Er- was man alles für eine tiergerech- forschung des Verhaltens von Nutz-, Haus-, Labor-, Versuchs- und Zootieren. te Haltung von Fischen benötigt. Dabei werden immer noch alther- Im Heimtierbereich gelten eigene Massstäbe, daher kann dem Tierwohl gröss- gebrachte Pflegemodelle vermit- tenteils mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, sofern der Besitzer bereit ist, telt, die schon vor mehr als einem diese Zeit auf sich zu nehmen. In der Aquaristik stehen wiederum eigene As- viertel Jahrhundert bekannt waren. pekte im Vordergrund oder verlangen nach spezifischen Einschätzungen. Für einen Laien mag dies eindrück- lich sein, ein Tierschützer allerdings Der Begriff der Tiergerechtheit (englisch: animal welfare) umfasst die Aspekte der Tiergesundheit (animal health), die Ausführbarkeit von natürlichen Verhal- fühlt sich dabei eher an einem tensweisen (natural behaviour) und das Wohlbefinden (positive emotional sta- Nutztiervortrag mit «Batteriehuhn- te) eines Tieres. Alternativ zur Tiergerechtigkeit wird heute oft der Begriff Tier- charakter» erinnert. wohl verwendet. Dieser wird im politisch-gesellschaftlichen Dialog verwendet, ist aber ein weitgehend undefinierter und unterschiedlich betrachteter Überbe- Tierwohlaspekte bei der Aquaristik griff – leider auch mit marketingorientiertem Effekt. haben viel mit Eigenverantwortung Bei der Beurteilung des Tierwohls spielen menschliche Wertvorstellungen eine zu tun. Und obschon manche Mar- wichtige Rolle – daraus resultieren voneinander abweichende Schlussfolgerun- ketingkonzepte der Branche dies gen über die Tiergerechtheit bei Haltungs- und Managementverfahren. vorgauckeln, so hat Industriefutter, Bewertung von Tiergerechtheit ein ausgeklügeltes Gesellschafts- Vom britischen Tiergesundheitsausschuss (Farm Animal Welfare Council, aquarium oder die Fortpflan- FAWC) wurde bereits in den 80er Jahren das Konzept der «5 Freiheiten» ent- zungsrate der Fische nichts mit wickelt. Dazu zählen: zufriedenen Fischen zu tun. Erste 1. Freiheit von Hunger und Durst (Wasser / Nahrung) Lösungsansätze zum Tierwohl las- 2. Freiheit von Schmerzen, Verletzungen oder Krankheiten (Vorbeugung / sen sich jedoch den gängigen Tier- Therapie / Behandlung) schutzdebatten entnehmen und mit 3. Freiheit von Diskomfort entsprechende Umweltgestaltung / Zuflucht / entsprechender Experimentierfreu- Rückzug / Ruhe de umsetzen. Übrigens: bei alldem 4. Freiheit das normale Verhalten auszuführen (Platz / adäquate Sozialbe- dingungen / Beschäftigung) sogenannten «Wissensmüll» in 5. Freiheit von Furcht, Angst und Disstress (Haltung, Management, den sozialen Medien finden sich Manipulationen ohne mentales Leiden) gerade dort gelegentlich gute Ide-
4 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 Tierschutz-News Was sagt TIR zum obligatorischen SANA Seit 1996 setzt sich Tier im Recht (TIR) für einen starken rechtlichen Tierschutz ein. Die Stiftung für das Tier im Recht Die TIR steht jedoch jeglichen Ver- (TIR) aus Zürich nahm ausführlich besserungen der aktuellen Situa- Stellung zum dreiteiligen obligato- tion offen gegenüber. Eine qualifi- rischen Sachkundenachweis, wel- zierte Beratung nach festgesetzten ches der Verein Entwicklung der Standards sowie die Einführung Aquaristik VEdA in der vergange- einer Sperrfrist kann künftige Tier- nen Ausgabe vorgestellt hat. Die halter für die Bedürfnisse ihres Tie- Stellungnahme wird in der kom- res sensibilisieren und damit einen menden Ausgabe weiterführend be- erheblichen Beitrag zu deren Wohl arbeitet. An dieser Stelle soll schon leisten. In den Augen der TIR wäre mal die nachfolgende Gesamtbe- Salmler mit Schleierflossen. Werden es jedoch wichtig, weitere Zier- trachtung von TIR einen Überblick die Flossen zu lang, behindern sie beim fischarten dem SANA 3, d.h. einer verschaffen: Schwimmen. intensiveren Ausbildungspflicht, «Aufgrund der hohen Haltungsan- grosse Herausforderungen bei ih- zu unterstellen. Gewisse Arten mit forderungen steht die TIR der Hal- rer Haltung aufgrund oft unzurei- sehr hohen Haltungsanforderungen tung von Exoten – d.h. Reptilien, chender Kenntnis ihrer Bedürfnisse sollten zudem nicht an private Hal- Ziervögeln, Zierfischen etc. – sehr hinzu. Diese betreffen auch Nach- ter abgegeben werden.» kritisch gegenüber. Mit der steigen- zuchten. Letztere bergen überdies den Nachfrage nach exotischen gravierende Tierschutzprobleme Heimtieren hat ausserdem der in- hinsichtlich der Zucht (Qualzucht- ternationale Handel mit ihnen in problematik). den vergangenen Jahren stark zu- Nicht zuletzt sind Haltungsverstös- genommen. Nicht alle Tiere stam- se gerade bei Kleintieren in privaten men aus Schweizer Nachzuchten, Haushalten oft schwer zu erkennen vielmehr werden zahlreiche unter und zu kontrollieren, weshalb die ihnen der freien Natur entnommen. entsprechenden Tiere besonders Zur massiven Beeinträchtigung des in Gefahr stehen, Opfer erheblicher Wohlergehens entsprechender Tie- Tierwürdemissachtungen zu wer- re durch Fang und Transport treten den. Kugelfische sind schwer zu halten. Die Reise ins Aquarium endet meist tödlich Tierschutz bei Zierfischen war im vergangenen Mai ein Thema im Schweizer Radio. In der Schweiz werden Millionen von Zierfischen gehalten. Auf dem Weg in hiesige Aquarien sterben unzähli- ge Tiere. Die Schweizer Meeresbiologin Moni- ca Biondo erklärte im Radio SRF 2, bei Peter Jaeggi (Kultur) das Drama hinter dem Handel mit Meerwasser- aquarienfischen. Auf dem Transport in die Schweiz stirbt ein grosser Teil der Tiere. Das Fischen in der Natur führt dazu, dass zum Beispiel der Banggai-Kardinal- fisch stark bedroht ist. Meeresfische lassen sich schwer züchten. Und selbst Arten, die sich einfach züchten liessen, werden meist doch wild gefangen, weil die Zucht teurer ist und die Kundschaft günstige Fische einkauft. Banggai-Kardinalbarsch (Pterapogon kauderni)
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 5 Aus Forschung und Lehre Die Kleinsten schaffen Grosses im See Über die Bakterientätigkeiten im freien Wasser – im See oder Aquarien – ist sehr wenig bekannt. Einzellige Bakterien können in Seen ganze Wasserschichten mischen. Nicht etwa indem sie mit ihren Geisseln das Wasser Konsumenten umrühren, vielmehr indem sie sich lokal ansammeln und so die Produzenten Dichte des Wassers erhöhen. Destruenten Das Absinken des schwereren Wassers verursacht dann eine Verwirbelung. Erstmals haben Forschende diesen Prozess Bakterien übernehmen eine wichtige Funktion im ökologischen Kreislauf. nicht nur im Labor, sondern auch in der Natur, im Tessiner zwei Meter dicke Wasserschichten Originalartikel: Sommer, T., et Cadagno-See, nachgewiesen. vollständig zu durchmischen. Sie al. (2017), Bacteria induced mi- kommen vorwiegend in Seetiefen xing in natural waters, Geophys. Können Mikroorganismen das vor, wo das Wasser keinen Sau- Res. Lett., 44, https:\\dx.doi. Wasser in einem See durchmi- erstoff mehr enthält und bilden im org\10.1002/2017GL074868; schen? Nein, sagen alle bisherigen Cadagno-See eine dicke Schicht in Studien, denn die minimalen Wir- rund 12 Metern Tiefe. Darin haben An der Studie waren beteiligt: Ea- bel, welche Bakterien durch ihr He- die Wissenschaftlerinnen und Wis- wag, SUPSI Bellinzona, ETH Zü- rumschwimmen verursachen, sind senschaftler mit automatisierten rich, EPF Lausanne, MPI Bremen, viel zu schwach dazu. Sie schaf- Methoden aus der Trinkwassermi- University of Iowa (USA), Middle fen es nicht, die starke Schichtung krobiologie über Zehntausend der East Technical University Ankara in einem See, hervorgerufen zum geisselbewehrten Organismen pro (Turkey). Sie wurde finanziert von Beispiel durch Unterschiede in Milliliter Wasser gezählt; das sind der Eawag, dem ENAC Professors Temperatur oder Salzgehalt, durch- über 10 Milliarden pro Kubikmeter. Visiting Program an der EPFL und einanderzubringen. Die Bakterien schwimmen aufwärts dem SNF. Richtung Licht, aber nur bis an die Jetzt zeigt eine neue Studie, dass Grenze zum sauerstoffhaltigen Mikroorganismen sehr wohl grös- Wasser. Unterhalb dieser Grenze sere Wasserpakete bewegen sammeln sich die Zellen an und er- können, nicht direkt durch ihre höhen die Dichte des Wassers um Das Bakterienleben Schwimmbewegungen, sondern einige Promille. Das reicht aus, um Die Bakterien nehmen weit mehr indirekt: Sind die Mikroorganismen das schwerere Wasser absinken Einfluss in einem Aquarium, als nämlich schwerer als Wasser er- zu lassen und die Durchmischung angenommen wird. Sie können höhen sie dadurch die Dichte des in Gang zu setzen. Im See führt nicht nur Krankheiten hervorru- Wassers. Befinden sich lokal sehr dies dazu, dass mitten im Sommer fen, sondern auch viel zur Ver- viele dieser Organismen im Was- Messgrössen wie Temperatur oder besserung der Wasserqualität beitragen. Dies nicht nur im Filter ser, sinkt das nun schwerere Was- Salzgehalt in einer Seetiefe von sondern auch im freien Wasser. ser samt den Organismen ab. Dies rund 11 bis 13 Metern plötzlich ein- Je nach Sonneneinstrahlung und führt zu einer Durchmischung der heitlich bleiben, statt wie erwartet Trübstoffen gibt es in der obersten Wassermassen und zu einem che- mit der Tiefe weiter ab- oder zuzu- Wasserschicht eines Gewässers mischen und physikalischen Aus- nehmen. mehr oder weniger Bakterien, da tausch. Zur Aufrechterhaltung des sie durch die UV-Strahlung des Vorgangs müssen die Organismen Umweltforscher Tobias Sommer, Sonnenlichtes abgetötet werden. zusätzlich aktiv nach oben schwim- Erstautor der Studie, ist fasziniert Allerdings nimmt ihre Anzahl men. Biokonvektion nennen die von den Ergebnissen: «Nebst dem schon in geringer Wassertiefe wieder zu. Die Anzahl der im frei- Wissenschaftler das Phänomen. von uns untersuchten Bakterium en Wasser lebenden Bakterien ei- gibt es noch viele andere Organis- nes Sees ähneln jenen Grössen- Die international zusammengesetz- men, die Biokonvektion auslösen ordnungen, die in gut gepflegten te Forschergruppe unter Leitung können. Darum gehen wir davon Aquarien anzutreffen sind. Daher der Eawag hat die Biokonvektion aus, dass das bisher unterschätzte sind Erkenntnisse aus der Lim- erstmals nicht nur experimentell Phänomen weit verbreitet und für nologie auch für die Aquaristik im Labor nachgewiesen, sondern die Ökologie von Seen und Ozea- höchst interessant und helfen das auch im Tessiner Cadagno-See. nen eine Rolle spielt, zum Beispiel Bakterienleben besser verstehen Bakterien der Art Chromatium bei bestimmten Algenblüten.» zu können. okenii sind dort in der Lage bis zu
6 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 fischwissen.ch Die Chemie muss stimmen Chemische Signale sind bei Fischen ein sehr wichtiger Teil der Kommunikation. Tiere verfügen über eine reiche vermuteten, dass die zuvor etablier- Palette an Möglichkeiten, um mit- te Rangordnung durch den Wasser- einander zu kommunizieren. Meist wechsel empfindlich gestört wurde nutzen sie eine Kombination aus und danach wieder aufgebaut wer- akustischen, visuellen, chemischen, den musste. Dies dauerte umso taktilen oder elektrischen Signalen, länger, je mehr Wasservolumen um ihre Botschaften zu übermitteln. ausgetauscht wurde. Es scheint Chemische Signale werden bei der also, dass ein Wasserwechsel das Futtersuche oder Feindabwehr ge- chemische Kommunikationssystem nutzt und in sozialen Interaktionen der Fische stören kann (Gauy et al., eingesetzt. So erkennen sich Fi- Feenbuntbarsche; Fotos: R. Süess 2017). Wasser ist Träger von vie- sche selber und ihre Artgenossen len wichtigen Informationen für die anhand des Geruchs (Madeira & den Beteiligten ihre gegenseitige Fische. Ein Fakt, der auch in der Oliveira, 2017), und auch soziale Stärke. Diese ritualisierten Verhal- Aquaristik berücksichtigt werden Rangordnungen und aggressive ten verhindern meist, dass es zu muss, da hier häufig in den Wasser- Begegnungen werden mittels Che- ernsthaften Kämpfen kommt. Ist die haushalt eingegriffen wird. mie geregelt. geruchliche Kommunikation jedoch unterbunden, reagieren die Kontra- Text: Claudia Kistler Wasser mit Geschmack henten mit gesteigert aggressivem Wasser ist für die Übertragung von Verhalten, was vor allem für die Geruchsstoffen ein sehr gutes Me- unterlegenen Tiere gefährlich sein dium. Daher erstaunt es nicht, dass kann (Bayani et al., 2017). diese in der Fischwelt für den Aus- tausch von Informationen eine be- Wasser als Informationsträger sonders wichtige Rolle spielen und Regelmässiges Wasserwechseln Fische einen sehr gut entwickelten gehört zum ABC der Aquaristik. Geruchs- und Geschmacksinn auf- Weil Fische in sehr engem Kontakt weisen. Fische besitzen meist zwei mit dem Wasser stehen, ist es sehr Nasenlöchern auf jeder Seite. Sie wichtig für das Wohlbefinden und dienen den Fischen ausschliesslich die Gesundheit der Fische, eine Skalare (Pterophyllum scalare) zum Riechen, die Atmung geschieht gute Wasserqualität zu erhalten. über Mund und Kiemen. Eine Be- Allerdings entfernt man durch ei- sonderheit im Tierreich und eine nen Wasserwechsel auch wichtige Anpassung ans Wasserleben sind Botenstoffe, die im Wasser gelöst die unzähligen Geschmacksknos- sind und den Fischen Informati- pen, die man bei Fischen findet. Sie onen liefern. So hat bei Skalaren sitzen nicht nur in der Mundhöhle, (Pterophyllum scalare) ein Wasser- auf Kiemen, Lippen, Barbeln oder wechsel von 50 % zu massiv mehr Flossen, sondern auf der ganzen Aggressionen zwischen den Tieren Körperoberfläche. geführt, als wenn lediglich 25 % des Wasservolumens ausgetauscht Urin als chemisches Signal wurde. Die Autoren dieser Studie Bei vielen Fischarten werden sozi- ale Auseinandersetzungen durch chemische Signale beeinflusst. Zitierte Literatur (deutsche Zusammenfassungen auf fischwissen.ch) Häufig geschieht dies, indem die Bayani, D.-M., M. Taborsky and J. G. Frommen (2017). «To pee or not to pee: Signalstoffe über den Urin und die urine signals mediate aggressive interactions in the cooperatively breeding Galle ins Wasser abgegeben wer- cichlid Neolamprologus pulcher.» Behavioral Ecology and Sociobiology 71(2): den. Beim Feenbuntbarsch (Neo- 37. (Deutsch: Urin als wichtiges Signal in Konflikten) lamprologus pulcher) hat man nachgewiesen, dass ein Zusam- Gauy, A. C. d. S., C. N. P. Boscolo and E. Gonçalves-de-Freitas (2017). «Less menspiel von visuellen und chemi- water renewal reduces effects on social aggression of the cichlid Pterophyl- lum scalare.» Applied Animal Behaviour Science. (Deutsch: schen Signalen die Begegnungen Wasserwechsel beeinflusst die Kommunikation) von Rivalen beeinflussen. So sig- nalisieren Drohgebärden wie aufge- Madeira, N. and R. F. Oliveira (2017). «Long-Term Social Recognition Memo- stellte Flossen oder Kiemendeckel ry in Zebrafish.» Zebrafish 14(4): 305-310. zusammen mit der Abgabe von Urin
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 7 Aquarium live Ein Fisch namens Knallrot Fische haben gefälligst schön bunt und niedlich auszusehen – sonst nichts. (goh) Einen Fisch nach Form und Wichtig ist jedoch, dass züchteri- Farbe für das Aquarium auszusu- sche Eingriffe weder die Vitalität chen ist per se nichts schlechtes. noch die Gesundheit nachteilig be- Daher ist es auch nicht falsch, neue einflussen. Letztendlich wäre auch Zuchtrassen oder besser gesagt das Tierwohl von körperlichen Be- Farbvarianten hervorzubringen. einträchtigungen betroffen. Goldfisch-Zuchformen können nicht gut schwimmen. Kreatur nichts. Letztendlich waren dem Züchter das niedliche Aus- sehen und die Farben wichtig und die Lebensfähigkeit ignorierte er vollends. Solch eine Grundhaltung sollte man nicht durch den Kauf von Tieren mit angezüchteten Gebre- chen unterstützen. Für viele heimische Züchter soll- te die Farbe und Zeichnung der Tiere ihrem natürlichen Aussehen entsprechen. Aufgrund dessen, Diskusfische: Werden den Fischen die Körperzeichnung (z.B. Bänderung) wegge- dass die meisten Fische schon seit züchtet sind sie in der Kommunikation eingeschränkt. Fotos: R. Süess Jahrzehnten z. B. in Asien nach- gezüchtet werden, hat sich auch Es wird immer Fachleute geben, die ihr Aussehen mehr oder weniger beispielweise den Papageienbunt- verändert. Gleichzeitig hat sich der barschen etwas Positives abgewin- Geschmack der Leute beinahe un- nen können und sogar behaupten, bemerkt an das Branchenangebot den Fischen gehe es vergleichswei- angepasst. Um dem entgegenzu- se gut. Vieles lässt sich schön den- wirken, gilt es wohl die Wildformen ken, doch nützt dies der betroffenen wieder vermehrt hervorzuheben. Die überlangen Flossen bei Guppys wachsen das ganze Leben lang, bis sie letztendlich bei den Fischen sozusagen zu Haltungsschäden führen. Bei den Lebendgebährenden wird «ar- tenübergreifend» in Form und Farbe gezüchtet, ohne Rücksicht auf die Be- dürfnisse der Fische. Papageienbuntbarsche: Behinderte Fische sind Qualzuchten.
8 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 Aquarium live Alte Aquarienfische werden ruhiger Beispielsweise lassen sich sehr alte Fadenfische gut in grösseren Aquarien gemeinsam pflegen. (goh) Wie alt Fische werden, lässt können mehr als 20 Jahre alt wer- sich nicht einfach beantworten. den. Zu viele Faktoren entscheiden in Aquarien über die Lebensspan- Alten Fischen geht es nicht immer ne. Fest steht jedoch: Optimale gut: Mit dem Alter werden sie krank Lebensbedingungen steigern die oder sie büssen ihr attraktives Aus- Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere sehen ein und die Besitzer verlie- ihr Maximalalter erreichen. ren dann nicht selten die Freude an den Tieren. Fische können alt werden Meist werden grössere Fische ei- Alter Buntbarsch niges älter als kleinere. Es gibt aber auch Ausnahmen: Zwerg- fadenfische und Schmetterlings- buntbarsche erreichen oft nur ein Lebensalter von 2-3 Jahren. Le- bendgebärende werden etwas älter – etwa 3-5 Jahre. Kleine Schwarm- fische (Neonsalmler u.a.) können 4-8 Jahre alt werden; Kongosalmler dagegen schon mehr als 10 Jahre. 5-16 Jahre werden die Panzerwel- se, grosse Schmerlen oder Welse Salmler: Alte Fische können aufgebläht sein, stark abmagern oder Wirbelsäulen- verkrümmungen aufweisen. Manche liegen nur noch am Boden und wieder ande- ren ist nichts anzusehen. Fotos: R. Süess Gut genährter Salmler Lebendgebärender Zahnkarpfen Buntbarsch: Zur Fortpflanzungszeit verteidigen viele Fische ihre Reviere. Buntbarsch mit eingefallenem Bauch.
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 9 Richtige Entscheide vermeiden Pflegefehler Sind Pflanzen oder Fische wichtig? Die Antwort entscheidet über das weitere Vorgehen. Die Marketingstrategen führen den oder diese im Tagesverlauf dau- In pflanzenreichen Aquarien mit ei- AquarianerInnen tolle Aquarienbil- ernd ausgraben. ner grossen Auswahl an Arten stö- der vor Augen – allem voran faszi- ren Fische eher. Einerseits ist es niert das Aquascaping, das man als bei unzureichenden Kenntnissen die modernste Form der Pflanzen- schwierig, auf alle Pflegeanforde- aquaristik bezeichnen kann. rungen zu achten; andererseits werden die Fische durch das Un- Vor dem Kauf und Einrichten ei- terwassergärtnern gestresst, was nes Aquariums sollte man sich sich auf ihre Gesundhaltung nega- entscheiden, ob im Aquarium die tiv auswirken kann. Pflanzen oder die Fische im Vor- dergrund stehen sollen. Und bei den Fischen gibt es Arten, die ohne Salmler mögen dichte Pflanzenbestän- Pflanzen gehalten werden, weil sie de, die sie als Verstecke nutzen. Grünkost zum fressen gern haben Fotos: R. Süess Fische sind sensible Zuhörer Gerade Fische, die unter schlechten Sichtverhältnissen leben, verfügen über gute Hörfähigkeiten. (goh) Bei der Suche nach Paarungs- Neben der Wahrnehmung von Art- wirkt die Schwimmblase wie ein partner oder für Auseinandersetzun- genossen sind Fische aber auch in akustischer Verstärker, der Schall- gen unter Rivalen spielt die Wahr- der Lage, akustische Informationen wellen aufnimmt und an das Innen- nehmung von Lauten eine Rolle. von anderen Arten – insbesondere ohr weiterleitet. von Räubern und Beutetieren – zu 1 1. Labyrinth (inneres Ohr) verarbeiten, um in der Folge ent- 2. «schlauchförmiger sprechend reagieren zu können. 2 Behälter» (Sinus impar) 3 3. «Webersche Nicht an die Scheibe klopfen Knöchelchen»: Das Klopfen an die Aquarienschei- - Riegel (Claustrum) 4 - Steigbügel (Stapes) be mögen die Fische nicht. Am bes- - Ambos (Incus) etc. ten steht das Aquarium an einem 4. Wirbelkörper ruhigen Ort, an dem nicht ständig 5 5. Schwimmblase jemand vorbeiläuft. Viele Fischarten reagieren auf laute Neonsalmler zählen zu den eher stress- Weberscher Apparat (Ohr) Geräusche empfindlich. Bei ihnen anfälligen Aquarienfischen. Lärm im Aquarium stört Ein überlautes Rauschen vom Fil- ter kann bereits störend wirken. Und plötzlicher, langanhaltender Lärm führt zu Stress und eine rela- tive Abnahme der Hörfähigkeit, die erst langsam zurückkehrt. Durch diese Hörbeeinflussung wird wo- möglich Stress abgebaut. Sicher ist jedoch, dass unzureichendes Hören zu Schwierigkeiten bei der Kommunikation, der Orientierung und auch der Partnerwahl führt. Lärmminimierung bei Pumpen, Luftpumpen oder ein ruhiger Standplatz können viel zum Tierwohl beitragen. Schlechte Haltung oder Stress kann bei Regenbogenfischen schnell mal Krankhei- ten auslösen.
10 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 Neues aus Handel und Industrie Deutscher Zierfischgrosshandel baut aus! Wohnzimmerozean: Die Meerwasseraquaristik wird immer beliebter – auch in der Schweiz. (goh) EFS ist ein Zierfischgrosshan- tenschutz e. V. (BNA) seinen neuen del mit 3‘500 Aquarien und hausei- Schulungsordner «Meerwasser- genem Labor in Deutschland. Das Aquaristik» vor. Mit diesem Schu- Angebot wurde um Meerwasserfi- lungsordner deckt der BNA alle sche mit weit über 2‘000 Meerwas- für den Zoofachhandel relevanten seraquarien erweitert – nicht aber Lebendtierbereiche ab und bietet ohne die Schulung der Mitarbeiten- in Zukunft auch bundesweit aner- den voranzutreiben. Auch dies ist kannte Sachkunde-Seminare nach eine weitere Brancheninnovation § 11 TierSchG für die Meerwasser- von Bernd Schmölzing. Aquaristik an. Einen Ausbildungsbedarf gibt es Schulungswerbung auch gerade auch bei der Meerwasser- über Facebook aquaristik Einzelne Kurse wurden bereits in Bereits an der EFS Hausmesse Zusammenarbeit mit dem BNA in 2016 stellte der Bundesverband für den Räumen bei EFS in Sonnefeld fachgerechten Natur-, Tier- und Ar- erfolgreich angeboten. Neue EFS-Meerwasserhalle in Sonnefeld (D). Foto: EFS Bildung Zoofachhandel Schweiz Aquascaping ist keine Hexerei! Für Zoofachhändler bietet Aquascaping eine Möglichkeit, die Kundschaft wirksam zu beraten. Im vergangenen Oktober zeigte Ro- plexes und arbeitsintensives Hob- Vorankündigung: ger Gründler, im Schulungszentrum by bezeichnet. Die Gestaltung von BZS, in Basel, wie Naturaquarien sogenannten Naturaquarien stellt WDZ (Haltung von Süsswasser-, eingerichtet werden, welche Pro- wesentlich weniger Anforderungen Warmwasser-Fischen) dukte dazu Verwendung finden und an die AquarianerInnen als man vor allem auch wie Naturaquarien meinen möchte. Einige wenige 2018 Mo 26. März 09:15 - 15:45 nachhaltig betrieben werden. Grundkenntnisse und etwas Finger- Güterstrasse 199, 4053 Basel. spitzengefühl und schon gelingen Für einmal standen nicht die Fi- traumhafte und pflegeleichte Unter- Mehr dazu: www.bzs-fzs.ch sche, sondern die Pflanzen im wasserlandschaften. Zentrum der Aufmerksamkeit. Zu Unrecht wird Aquascaping als kom-
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 11 Fischwelten Nachhaltig, aber richtig Fische in den Herkunftsländern züchten, ist nachhaltig und schafft Arbeitsplätze. (goh) Zum Schutz der natürlichen Bestände sollte der Bedarf an Aquarienfischen vorwiegend aus Nachzuchten gedeckt werden. Die- se müssten jedoch ausschliesslich in den Herkunftsländern der Zier- fische erzielt werden. Importe na- turentnommener Tiere sollten nur noch erfolgen, wenn eine nachhalti- ge Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen gegeben ist. Die Verbreitung gebietsfremder Arten ist auch in den Tropen zu stoppen Zuchtbetriebe mit Aquarienfischar- ten ausserhalb der Herkunftsländer sind abzulehnen – denn die Fau- nenverfälschung ist auch in den Tropen ein Thema. Die Betriebe Südamerikanische Salmler und Cichliden haben in südostasiatischen Zuchtbetrie- ben in Teichen und anderen offenen Gewässern nichts zu suchen. sollten baldmöglichst auf einheimi- Foto: R. Süess sche Arten umgestellt werden. Zierfische sind keine Modellorganismen Die Beobachtungen von Aquarienfische können zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. (goh) Bücher zum Fischverhalten gibt und 2002 als Symposiumsbände er- es wenige. Und die wenigen die es schienen Titel «Verhalten der Aquari- gibt, beschreiben sozusagen Labor- enfische» Band 1 und 2 (H. Greven bedingungen. / R. Riehl) im Birgitt Schmettkamp Berichte über Langzeitbeobachtun- Verlag veröffentlicht. Zu Wort kamen gen des Zierfischverhaltens in Ge- Wissenschaftler, die meist schon län- sellschaftsaquarien gibt es so gut gere Zeit Fortpflanzungsthemen von wie keine. Meist werden einzelne Aquarienfischen bearbeiten, aber Arten von Aquarianern beobachtet. auch Aquarianer, die ihre Fische Hin und wieder kommt es dann zu über Jahre hinweg beobachten und abenteuerlichen Schlussfolgerun- Die Keilfleckbarben sind Gruppenfi- züchten. So wird die ergänzende gen. Es kommt auch vor, dass Fische sche. Foto: R. Süess Zusammenarbeit zwischen Wissen- während der Versuche von Infekti- schaft und der Hobby-Aquaristik gut onskrankheiten dahingerafft werden. det. dargelegt. Für AquarianerInnen ist Bei wissenschaftlichen Betrachtun- Das Fischwissen heute jedoch fischwissen.ch, das gen kommt es vor, dass die Fische Natürlich gibt es Fischarten, deren Internetportal der Verhaltensbiologin während 18 Monaten analysiert wer- Verhalten über die Jahrzehnte an den Claudia Kistler, eine wahre Fundgru- den – oft weniger. Daraus werden Universitäten wissenschaftlich bear- be, um mehr über die Aquarienfische Schlussfolgerungen für ein ganzes beitet wird. Doch lässt sich daraus und ihre Bedürfnisse zu erfahren. Fischleben gezogen. einen Nutzen für AquarianerInnen ziehen? Manchmal erreichen diese Auf sich selbst vertrauen Im Auge des Betrachters liegt die Erkenntnisse nur eine spezialisierte Als einer der Grundsteine der erfolg- Wahrheit Fachwelt. Freilandbeobachtungen reiche Aquaristik ist es, dass eigene Vielleicht liegt beim bisherigen Vor- gibt es nur wenige, meist auch nur Verhaltensbeobachtungen gemacht gehen – das Fischverhalten zu wer- zur Fortpflanzungszeit. werden und darauf zu reagieren. Ide- ten – einer der Gründe, weswegen Als Zusammenfassung der Veran- alerweise ist es, wenn dabei alles in- in manchen Aquarien eine Vergesell- staltungen, die im Löbbecke Museum frage gestellt wird, um Raum für die schaftung funktioniert und in einem und Aquazoo der Stadt Düsseldorf spezifischen Beobachtungen im je- anderen Fall in einem Desaster en- stattfanden, wurden die beiden 1998 weiligen Heimaquarium zu schaffen.
12 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 Goldfische verbieten: Ja oder nein! Die Listen der Neozoen werden immer länger und Goldfische breiten sich weiter aus. (goh) Neozoen («neue Tiere») sind die Aufgabe, die Einführung solcher Ausgesetzte Goldfische Tierarten, die beabsichtigt oder un- Arten zu verhindern und bereits Die Schweiz umfasst 41’285 km² beabsichtigt in neue Lebensräume eingeführte Arten zu kontrollieren und im Schweizer Mittelland, mit eingeschleppt wurden und sich ver- oder zu bekämpfen. seinen etwa 30 Prozent Flächen- breiten. anteil, dürfte somit vorsichtig ge- In den Gewässersystemen rund um Wohin mit all den Goldfischen? schätzt jährlich rund 30‘000 uner- den Bodensee leben rund 54 ge- In der Fischauffangstation, mit ei- wünschte Goldfische freigesetzt bietsfremde Fischarten. Ein Gross- nem Einzugsgebiet von rund 30 werden. teil davon hat sich zwar noch nicht km, mehren sich die Anfragen, was etabliert, was das Problem nicht mit unerwünschten Goldfischen Was tun? Ein Verzicht vom Gold- kleiner macht. aus Gartenteichen und Aquarien fischkauf liegt auf der Hand. Nicht Aus einem Flyer des AWEL Amt für geschehen soll. Das betrifft je nach mehr erwünschte Tiere sind auf Abfall, Wasser, Energie und Luft Jahr zwischen etwa 500 bis über keinen Fall auszusetzen, sondern (Sektion Biosicherheit) ist zu ent- tausend Exemplare. an Auffangstationen abzugeben. Die es aber für Goldfische gar nicht gibt. Eine Sichtung ist daher an die jeweilige kantonale Fischerei- und Jagdverwaltung zu melden. Goldfischverbot Genau genommen, sollte der Ver- kauf von Goldfischen verboten sein und man müsste in gleicher Art und Weise, wie mit dem Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus) verfahren. Wa- rum dies nicht schon lange gesche- hen ist, weiss man nicht. Allerdings wäre ein Goldfischverbot eine Tra- gödie für Zierfischliebhaber. Goldfische sind typische Karpfenfische und sind Generalisten, die sich in sämtliche Süsswasserbiotope ausserhalb der polaren Zonen einnischen können. Aus den verschiedensten Gründen durch Menschen ausgesetzt, ist der Goldfisch darum ein weltweit verbreitetes Neozoon, das mit der ursprünglichen Fischfauna erfolgreich konkurriert. Goldfische leben mit Ausnahme der Antarktis auf allen Kontinenten, sogar auf Inseln und haben sich aufgrund ihrer hohen Anpassungsfähigkeit und Salinitätstoleranz selbst Brackwasserbereiche erschlossen. Foto: R. Süess nehmen: Das Einschleppen von ge- bietsfremden, invasiven Pflanzen und Tierarten (invasiven Neobiota) ist zu einem globalen, ökologischen Problem ausgewachsen, das ne- ben dem Artensterben als bedeu- tendste Veränderung der Biodiver- sität angesehen werden muss. Mit der ständig wachsenden Mobilität steigt auch die Zahl eingeführter, invasiver Neozoen in der Schweiz. Diese bedrohen die einheimische Flora und Fauna durch: – Nahrungskonkurrenz – Lebensraumkonkurrenz – Jagen anderer Arten (Prädation) – Übertragung von Krankheiten Der Bund und die Kantone haben
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 13 Neues über Channas aus Bern Schlangenkopffische – neue Studie von Dr. Lukas Rüber bringt Ordnung ins Arten-Chaos. Text dem VET-MAGAZIN.ch ent- Unterschätzte Artenvielfalt bei nommen: 21.09.2017. Schlangenkopffischen Die Resultate dieser Untersuchung Die Identifikation der einzelnen zeigen darüberhinaus, dass die Ar- Arten in dieser Fischgruppe ge- tenzahl in der Familie der Schlan- staltete sich bisher als ausseror- genkopffische wohl deutlich höher dentlich schwierig. Ein Team von liegt als bisher angenommen. Wissenschaftlern um Dr. Lukas Die höhere Artenzahl ist vor allem Rüber vom Naturhistorischen darauf zurückzuführen, dass kürz- Museum Bern bringt nun Ord- lich mehrere unbeschriebene Arten nung ins Chaos. Schlangenkopffische sind Fischfresser. mit punktartigen Verbreitungsge- bieten aus dem osthimalayischen Anfang der 2000er führte das zufäl- Biodiversitäts-Hotspot bekannt wur- lige Aussetzen einiger Exemplare grenzungen haben zu Unsicherhei- den. des Argus-Schlangenkopffisches, ten geführt. Weiter hat die genaue Untersu- Channa argus, in Flüsse und Seen chung von weitverbreiteten Arten in den USA zu einer unerwarteten Artidentifizierung mithilfe von ergeben, dass diese in geogra- Medienhysterie. Das invasive und DNA Barcodes phisch klar definierte und genetisch gefrässige Verhalten dieser Art In den letzten Jahren wurden ver- unterschiedliche Gruppen zerfallen. schien die dortige lokale Fischfauna mehrt DNA-Barcodes, kurze DNA- Das hat dazu geführt, dass die An- zu gefährden. Sequenzen eines Gens aus dem Die amerikanische Filmindustrie Mitochondrium, bei der Identifizie- setzte die Schlangenkopffische, rung potentiell invasiver und bereits welche auch kurze Distanzen an etablierter Schlangenkopffischarten Land zurücklegen können, bereits benutzt. als blutige Hauptdarsteller in Hor- Dr. Lukas Rüber vom Naturhistori- ror-Filmen und in einem etwas reis- schen Museum Bern und ein inter- serisch angelegten Dokumentarfilm nationales Team von Wissenschaft- von National Geographic ein. lern, darunter einige der führenden Nach Piranhas und Haien scheinen Taxonomen von Schlangenkopffi- Drehbuchschreiber von Low-Bud- schen, haben umfangreiche gene- get-Horrorfilmen einen neuen Lieb- tische Untersuchungen an Schlan- Schlangenkopffisch; Fotos H. Gonella lingsfisch gefunden zu haben. genkopffischen durchgeführt. Wissenschaftlich gesehen sind Sie haben hunderte von neuen Schlangenkopffische eine kleine DNA-Barcodes produziert, denen zahl Schlangenkopffisch-Arten bis- Gruppe von 38 anerkannten Arten, Tieren zu Grunde lagen, die von her unterschätzt wurde. die in den Süssgewässern Afrikas Schlangenkopffisch-Experten be- und Asiens vorkommen. In ihren stimmt worden waren. Faszinierende Fische Herkunftsländern sind sie wichtige In einem zweiten Schritt verglichen Schlangenkopffische sind natürlich Speisefische. sie ihre DNA-Barcodes mit denen, keine menschenfressenden Hor- die von anderen Forscher-gruppen rorkreaturen, sondern farbenfrohe, Beliebte Speise- und in GenBank, einer DNA-Sequenz- faszinierende, hochspezialisierte Aquarienfische datenbank, hinterlegt worden wa- Süsswasserfische, die ausser- Einige Arten werden in der Aqua- ren. gewöhnliche Verhaltensweisen kultur eingesetzt. Immer wieder zeigen. Zum Beispiel können sie wurden diese Arten in unterschiedli- Korrekte Artenbestimmung ist in stundenlang ausserhalb des Was- chen Teilen der Welt eingeführt und Zukunft möglich sers überleben dank eines zusätz- haben sich dort etablieren können. In ihrer Studie in der Zeitschrift lichen Atmungsorgans. Sie zeigen Die korrekte Artidentifizierung von PLOS ONE, stellten Rüber und sein ein aufwändiges und kompliziertes Schlangenkopffischen hat sich oft Team fest, dass über 16 % der in Fortpflanzungs- und Führsorge- als schwierig herausgestellt und hat GenBank hinterlegten Schlangen- verhalten, etwa beim Bauen eines zu zahlreichen Fehlidentifikationen kopffisch DNA-Barcodes von falsch Nestes und dem Betreuen der Eier geführt – auch bei den wenigen in- identifizierten Arten stammen. und Jungfische. vasiven Arten. Natürlich führt eine falsche Artbe- Die Mehrzahl der Schlangen- Auffällige Veränderungen in der stimmung zu fehlerhaften Schluss- kopffischarten hat es gar bis zur Färbung zwischen Jungtieren, Hal- folgerungen. Mit der Hinterlegung Maulbrutpflege gebracht, der am berwachsenen und Erwachsenen der neuen DNA-Barcodes können weitesten entwickelten Form der und historisch bedingte Unterschie- die ständigen Fehlbestimmungen Brutfürsorge bei Fischen. de in der Interpretation der Artab- künftig verhindert werden.
14 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 Tierwohl in der Aquaristik Schwerpunkte einer guten Zierfischpflege Die Grenzen zwischen artgerechter Haltung und den Tierwohlaspekten verlaufen fliessend. (goh) In der Aquaristik ist Tierwohl Ist es ängstlich, entspannt, freu- wuchs und lichtarmen Schwimm- mehr als artgerechtes Futter, tier- dig erregt oder deprimiert. Können zonen. Manche Fische mögen gerechtes Aquarium, viel Bewe- die Fische ihren Bewegungsdrang strömungsreiches Wasser; wieder gung und Fortpflanzung. ausleben oder können notwendige andere leben im stehenden Wasser Die artgemässe Haltung ist die Ruhephasen überhaupt wahrge- von Sumpfgebieten. Diese Beispie- Kunst, einem Lebewesen ein nommen werden? le zählen zu den Grundlagen einer Umfeld zu bieten, welches seine Fische sind fühlende Wesen, de- artgerechten Pflege. Grundbedürfnisse vollumfänglich ren Wohlergehen in vollem Um- Zur Pflege gehört ein zusätzliches abdeckt und darüber hinaus einen fang Rechnung zu tragen ist. Dabei gleich grosses, ähnlich eingerich- angemessenen Ausgleich für die spielt es gerade eine Rolle, wie die tetes Ausweichaquarium. Dies ist Lebensfreude beinhaltet – auf letz- physische und psychische Gesund- im Heimbereich meist nicht vorhan- terem basiert in der Aquaristik das heit angelegt ist und welche subjek- den. Tierwohl. tiven Erfahrungen und emotionalen Wichtige Tierwohlthemen in der Aquaristik sind: - unzureichende oder fehlende medizinische Versorgung - ein gleich grosses redundant eingerichtetes Ausweichaquarium - fehlende Möglichkeit zur Futter- suche - unzureichende Wasserwechsel - Jäger-Beute-Verhältnis (auch bei Allesfressern) - Platzmangel Das Einrichten eines Aquariums benötigt eine gewisse Zeitspan- ne, die oft unberücksichtigt bleibt. Warum? Das erzeugen eines bio- stabilen Aquarienmilieus lässt sich nur begrenzt beschleunigen, indem In Gesellschaftsaquarien leben unterschiedliche Fischarten aus unterschiedlichen z.B. gebrauchtes Filtermaterial ver- Herkunftsländern beisammen. Foto: R. Süess wendet wird. Die generelle Biofilm- bildung benötigt im Süsswasser jedoch so oder so 2-6 Monate und Die Grundbedürfnisse können ei- Bewertungen der Fische eine Si- im Salzwasser etwa 1 Jahr. Das nigermassen gut eingegrenzt wer- tuation beeinflussen. Dabei ist es heisst, in dieser Anfangszeit sind den. Der aber erwähnte Ausgleich zum Beispiel wichtig, dass bei Be- das Bakterienwachstum und die für Lebensfreude ist sehr schwierig darf eine medizinische Versorgung ideale bakterielle Artenverteilung zu bestimmen, da er in gewissen wahrgenommen wird. In der Aqua- gestört, was sich negativ auf die Fällen nicht nur artabhängig, son- ristik ist dies ein Aspekt des Tier- Wassergüte auswirken kann (Bei- dern sogar individuell unterschied- wohls der vielfach unberücksichtigt spiel Nitritspitzen). lich ist. Dementsprechend liegt hier bleibt. Zudem werden die Fische Die Lebensraumgestaltung muss vieles im Auge des Betrachters, oft mit ungeeigneten Desinfektions- der Ernährungsweise und der Nah- dessen Naturverständnis und vor mitteln behandelt, ohne die Krank- rungsaufnahme der Fische ange- allem Einfühlungsvermögen sowie heitsursache genau zu kennen. passt sein. Die Futtersuche ist ein seiner Beobachtungsgabe. wichtiges Element für das Tierwohl. Grundpfeiler der artgerechten Dem wird in der Heimaquaristik so Wie Fische fühlen Haltung gut wie nie Rechnung getragen. Das Anpassungsrepertoire und das Das Aquarium muss ausreichend Futterspezialisten sind einzeln zu Lernverhalten einer Art oder die gross sein. Bereits für Kleinstfische halten. Tag- und nachtaktive Fische Leistungsfähigkeiten der Einzeltie- wird ein Volumen ab 100 Liter be- können nicht problemlos in den- re beeinflussen die Bewältigung an nötigt. selben Aquarien leben, weil es zu Herausforderungen, die in der Hal- Fische benötigen Rückzugsmög- wenig Platz hat. Dies bleibt in der tung an die Tiere gestellt werden. lichkeiten in Form von Steinspalten Aquaristik unberücksichtigt. Wie bewertet das Tier die Umwelt? oder Höhlen, dichtem Pflanzenbe- Dem gegenseitigen Jagen und
Schweizer AQUARISTIK 1-2018 15 Auffressen ist im Aquarium kein Wissensdefizite nur oberflächlich über die Bedürf- Vorschub zu leisten. Ein Jäger- Missverstandene Lehrmeinungen nisse der Fischarten informieren. Beute-Verhältnis gibt es auch bei führen nicht selten zu Pflegefeh- Auch werden keine weiteren In- Allesfressern. In Gesellschafts- lern. Eine Empfehlung besagt: Nur formationsquellen genutzt. Schät- aquarien wird diesem Umstand kei- soviel füttern, wie in fünf Minuten zungsweise sind rund 50 % der ne Rechnung getragen. gefressen wird. So bleiben die Spontankäufer somit mit der Pflege Die Fischnamen, die Körperlänge Bodenbewohner oft mit Nahrung eines Aquariums überfordert. Ver- im fortgeschrittenen Alter und die unterversorgt. Den Welsen haftet mutlich sterben in diesen Fällen Lebensdauer der Fische müssen der Ruf an, sie seien Restenver- etwa 80 % der gekauften Fische in bekannt sein. Die meisten Aquari- werter. Doch aufgepasst! Es gibt den ersten drei Pflegemonaten. anerInnen haben hier Wissenslü- keine genügsame Putzerfische und 90 % der Aquarien in den Privat- cken. Algenfresser. Alle Fische müssen haushalten sind sogenannte Ge- Die Herkunft der Fische (Zuchtbe- artspezifisch gefüttert werden. Oft sellschaftsaquarien. Untersuchun- dingungen oder Wildfang) sind der wird den Aquarienfischen eine gute gen zeigen, dass über die Hälfte Käuferschaft meist unbekannt. In- Ernährung vorenthalten. Dies, weil der Aquarien überbesetzt sind und landnachzuchten wären z.B. nicht die Leute glauben, eine Fütterung in weit über 70 % der Aquarien der Stressfaktoren eine Flugreise mit Flockenfutter sei ausreichend. verschiedene Fischarten mit unter- ausgesetzt (langer Aufenthalt im In der Folge sind Mangelerschei- schiedlichen Milieuansprüchen zu- Beutel und Beigabe von Beruhi- nungen nicht auszuschliessen. Oft- sammenleben müssen. gungs- und Desinfektionsmitteln mals werden die verschiedensten u.a.). Lebensweisen der Fische nicht be- Verhaltensänderungen Das Gesellschaftsaquarium, wie es achtet. Weiter werden unterschied- Etliche Fischarten zeigen in den heute vielfach gepflegt wird, ist klar liche Futterspezialisten miteinan- unterschiedlichen Lebensphasen tierschutzwidrig. Oft wird bei der der vergesellschaftet. Eine gezielte ein spezielles Verhalten. Die zur Vergesellschaftung im Aquarium Fütterung ist somit unmöglich. Algenbekämpfung empfohlenen Si- sozusagen der natürliche Arten- amesischen Rüsselbarben neigen Wo entstehen Probleme? beispielsweise mit zunehmendem Viele Leute lassen sich beim Aqua- Alter dazu, die anderen Fische im Die Tierwohlkette: rienkauf von den Zoofachhändlern Aquarium zu verfolgen. Dies kann 1. Wohlergehen (Gesundheit) bei mehreren Rüsselbarben dann 2. Wohlbefinden (Tierempfinden) auch schon mal bei einem 250 l 3. Tierwohl (Prozessqualitäten bzw. kritische Kontrollpunkte) Aquarium zum Problem werden. Fische mit Handicaps Aus den Zuchtberieben werden vermehrt Qualzuchten angeboten. druck nachgeahmt – das tue den Dazu zählen Kugelformen oder Fischen gut, wird untermalt. Das ist Farbvarianten ohne Zeichnungs- natürlich ein Blödsinn, denn in der muster – diese Fische können nicht Natur gibt es Ausweichmöglichkei- mehr optimal schwimmen bzw. un- ten, die in Heimaquarien überhaupt Paradiese sind robuste Zierfische und tereinander kommunizieren. Dass nicht vorhandenen sind. dennoch kommen sie in einem Art- dadurch das Tierwohl stark beein- aquarium am besten zurecht. trächtig wird, sollte klar sein. Thema Technik Das Messen der Wasserwerte und die Steuerung durch einen Compu- ter garantieren noch keinen Erfolg der Fischhaltung. Die Kenntnis aller Faktoren wie physikalische, chemi- sche oder biologische Eigenschaf- ten, bzw. Gesetzmässigkeiten und möglichen Wechselwirkungen, bil- den die Grundlage einer erfolgver- sprechenden Aquarienpflege. Das Wissen um die Auswirkungen der Technik ist wichtig – ihre Funktiona- lität ist ebenso wichtig. Eine fehler- hafte Technik tötet Fische. Wasseraufbereitungsmittel und ähnliches nehmen Einfluss auf die Wasserqualität, haben jedoch in der Regel nicht den erhofften Ef- fekt. Die Grossen verfolgen die Kleinen. Foto: R. Süess
16 Schweizer AQUARISTIK 1-2018 Geplantes Kursangebot «Tierwohl im Aquarium» Mitglieder vom Verein Aquarium Zürich entwickelten das Bildungskonzept Aquaristikschulung. Ein Bildungskonzept bildet die Handlungen in diesem Sinne um- - Vorwissen KursteilnehmerInnen Grundlage für die geplanten Aqua- zusetzen. Dies setzt voraus, dass - Anknüpfung an Erfahrungen ristikkurse des Vereins Aquarium das Kursangebot nicht von Wis- - aktive Mitarbeit Zürich VAZ. Es baut auf aktuellem senszielen, sondern von konkreten - unterschiedliche Zugänge Fachwissen des éducation21, dem Handlungszielen geleitet wird, wel- - Es wird mit unterschiedlichen Me- nationalen Kompetenz- und Dienst- che an die Bildungsziele anknüp- thoden gearbeitet. Dabei erkennen leistungszentrum zur Bildung für fen. Ein Beispiel hierzu: die KursteilnehmerInnen den Lern- Nachhaltige Entwicklung (BNE) in Die KursteilnehmerInnen informie- gegenstand als sinnvoll. der Schweiz auf. ren sich selbständig vor dem Kauf Der Verein Aquarium Zürich be- von Aquarientieren zu deren artei- 7. Didaktische Prinzipien absichtigt mit seinen Kursen ein genen Bedürfnissen an Aquarien- Entsprechend den Bildungsinhal- Umdenken bei veralteten Haltungs- grösse, Einrichtung, Wasserwerte, ten und dem Lernverständnis folgt regeln. Konkrete Handlungen zu- Pflegeansprüche, Vergesellschaf- das VAZ Kursangebot nach didakti- gunsten des Tierwohls bei Aquari- tung, minimaler Tieranzahl und Ge- schen Prinzipien, u.a. wie: entieren werden mit nachhaltiger schlechterverhältnis. Wirkung in der Gesellschaft ausge- Handlungsorientierung löst. 4. Kompetenzmodell Die KursteilnehmerInnen entwi- Mit dem Bildungskonzept – welches Damit die KursteilnehmerInnen ckeln durch die aktive Auseinan- hier kurz vorgestellt wird – werden eine Handlung umsetzen können, dersetzung mit dem Kursthema die die Grundpfeiler des Kursange- brauchen sie die entsprechenden nötigen Kompetenzen, um die eige- bots gesetzt. Das Konzept im pdf- Kompetenzen, Erfahrungen, Fähig- nen Handlungsmöglichkeiten zu er- Format kann beim VAZ angefordert keiten, Fertigkeiten und Wissen. kennen und Handlungen ausführen werden. Kompetenz kann aber weder direkt zu können. vermittelt noch direkt gemessen 1. Wirkungsziele werden. Kompetenzen sind des- Zukunftsorientierung Die technischen Mittel und das halb als Bildungsziele zu verste- Die KursteilnehmerInnen setzen grosse Artenangebot an Aquari- hen. sich mit Beispielen der Vergesell- entieren aus Zuchtbetrieben bzw. schaftungen von Aquarientieren Wildfängen stellen die Aquaria- 5. Handlungsmodell auseinander und entwickeln ge- nerInnen vor Herausforderungen. Ein Handlungsmodell («Wollen- meinsame Machbarkeitsvorstellun- Zahlen belegen, dass es nicht Können-Tun») aus der Sozial- gen. Sie vergleichen bisherige Ver- gut um das Tierwohl in Schweizer psychologie beschreibt notwendi- gesellschaftungsmodelle mit dem Aquarien steht. Wer seine Aquari- ge Voraussetzungen, damit eine aktuellen Wissen. entiere erfolgreich hält, trägt nach- Handlung effektiv stattfinden kann. haltig auch zum Tierwohl in Aquari- Dazu zählt: Die Handlung muss Exemplarisches Lernen en bei. Der Verein Aquarium Zürich gemacht werden wollen. Und eine Durch dieses Prinzip lernen die VAZ will den AquarianerInnen Un- Handlung setzt entsprechendes KursteilnehmerInnen anhand von terstützung bieten, das Tierwohl in Können voraus. Und eine günstige thematischen Schwerpunkten Bei- ihren Aquarien herzustellen. Handlungssituation löst das Tun spiele kennen, die ihnen ein Ver- Folgendes, übergeordnetes Ziel aus (vorgesehen ist eine Handlung ständnis für grössere Zusammen- soll u.a. auf der gesellschaftlichen pro Kursmodul). hänge ermöglichen. Ebene Wirkung erzielen: Die KursteilnehmerInnen tragen als 6. Lernverständnis Vernetzendes Denken Multiplikatoren das Erlernte nach Der VAZ stützt sich beim Enga- Im Ansatz wird vernetzendes Den- aussen. gement bei den AquarianerInnen ken in den Kursinhalt einfliessen. mehrheitlich auf den konstruktivis- Es werden Fragestellungen aus 2. Bildungsziele tischen Ansatz. Bei diesem Ansatz verschiedenen Perspektiven be- Aus den Wirkungszielen hat der wird das Lernen als aktives Kons- trachtet (Branchenwissen, sozial VAZ unter anderem folgendes Bil- truieren von Wissen verstanden, und ökonomisch, lokal und global dungsziel abgeleitet: welches in neuen Situationen er- mit dem Tierwohl) mit Auswirkun- Die KursteilnehmerInnen erken- probt und erweitert wird. Lernen gen auf die Aquaristik. nen, dass sie nachhaltig einen Bei- basiert auf Erfahrung und wird als trag zum Tierwohl leisten können. eigenständiger, selbstgesteuerter, 8. Nachhaltige Entwicklung selbstorganisierter und autonomer Das Konzept Bildung für Nach- 3. Handlungsziele Prozess verstanden. Der VAZ lässt haltige Entwicklung (BNE) ist dem Der VAZ hat sich zum Ziel gesetzt, Grundsätze weiter Referenztheori- Kursthema angepasst. Für den mit dem Kursangebot die Kursteil- en das Lernverständnis einfliessen. Kurs wird als Konkretisierung des nehmerInnen für das Tierwohl zu Dabei gelten u.a. folgende kurz Bildungskonzepts ein didaktisches sensibilisieren und zu befähigen, dargestellte Kriterien: Unterrichtskonzept erarbeitet.
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