Dezentrales Grauwasser-Recycling - Synergien eines urbanen Metabolismus am Beispiel von Kigali, Ruanda - IFEU

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Dezentrales Grauwasser-Recycling
Synergien eines urbanen Metabolismus am Beispiel von Kigali, Ruanda
Grauwasser, Recycling, Stoffstromanalyse, Urbane Landwirtschaft, Urbaner Metabolismus, Abwasser

Christin Zeitz, Bernd Franke

Der Bedarf an Anbauflächen, Bewässerung und Dünger drängt städtische Bauern in Entwicklungsländern zum un-
hygienischen direkten Kontakt mit Abwasser. Das ifeu erhob und testete das Potenzial einer dezentralen Grauwasser-
aufbereitung angepasst an informelle Stadtteile in der ruandischen Hauptstadt Kigali. Der hohe Anteil von 60 bis 70 %
Grauwasser am Gesamtabwasseraufkommen, die vorherrschend getrennte Ableitung (Latrinen für Schwarzwasser) und
die hohe Reinigungseffizienz von Pilot-Pflanzenkläranlagen zeigen den Weg eines ressourcenschonenden Wassermanage-
ments mit vielfältigen Vorteilen für die urbane Landwirtschaft auf.

Grauwasser – eine weltweit vernachlässigte            zu mehr Ressourceneffizienz in der weltweiten Sied-
Ressource                                             lungswasserwirtschaft. Hier liegt auch eine große
Im Gegensatz zu Schwarzwasser (Abwässer aus Toi-      Chance für informelle, ungeplante Stadtteile, die
letten) und Küchenabwässern (fettreiche Abwässer      meist weder über hausintere Leitungssysteme noch
mit Lebensmittelresten) ist Grauwasser gering be-     über eine zentrale Abwasserableitung und -be-
lastetes, fäkalienfreies Abwasser aus Körperhygi-     handlung verfügen. Im Rahmen des vom BMBF ge-
ene, Wäscherei und Reinigung [1]. In Übereinstim-     förderten Projekts Rapid Planning untersuchte das
mung mit den UN Nachhaltigkeitszielen SDG 11:         ifeu das Potenzial einer dezentralen Grauwasser-
„Nachhaltige Städte und Gemeinden“ und SDG 6:         behandlung und deren Synergien mit der urbanen
„Sauberes Wasser und sanitäre Grundversorgung“        Landwirtschaft speziell für informelle Stadtteile der
ist das Recycling von Grauwasser eine Kernkom-        ruandischen Hauptstadt Kigali.
ponente in der nachhaltigen Wasserwirtschaft, um
Slums aufzuwerten und den Zugang zur Grundver-        Das Projekt Rapid Planning
sorgung für alle zu verbessern [2]. Die lokale Wie-   Das vom BMBF geförderte Rapid Planning Pro-
derverwendung von aufbereitetem Grauwasser zur        jekt – „Nachhaltiges Infrastruktur-, Umwelt- und
Lebensmittelproduktion oder für Toilettenspülun-      Ressourcenmanagement        für   hochdynamische
gen spart Ressourcen und Kosten und fördert die       Metropolen“ unterstützte die Entwicklung einer
Grundwasserneubildung durch lokale Versickerung       schnell umsetzbaren und sektorübergreifenden
(Sponge City Concept) oder gleicht über Wasser-       Stadtplanungsmethodik für die Ver- und Entsor-
flächen das Mikroklima insbesondere in Städten        gungssektoren Wasser, Abwasser, städtische Land-
und wasserarmen Regionen aus.                         wirtschaft, feste Abfälle und Energie. Ziel war die
   Technisch und ökonomisch ist eine dezentrale       Identifikation und Nutzung von Synergien, die
Grauwasseraufbereitung zu hygienisch einwand-         durch sektorübergreifende Infrastrukturplanung
freiem Betriebswasser sowohl für Einzelhaushalte      im Sinne eines urbanen Metabolismus geschaffen
als auch für Wohnblöcke durch angepasste Verfah-      werden können. Die integrierte sektorübergreifen-
ren möglich. Auch in Deutschland wäre die dezent-     de Planung erfordert, mehr noch als die sektorale
rale Grauwasseraufbereitung möglich, setzt jedoch     Planung, räumlich aufgelöste Daten zu den urba-
die getrennte Erfassung des Grauwassers voraus.       nen Verbrauchs- und Erzeugungsmustern, um die
Beispiele finden sich in ambitionierten Neubaupro-    Eignung zentraler oder dezentraler Infrastrukturlö-
jekten wie etwa beim Quartier Jenfelder Au in Ham-    sungen prüfen zu können. Der Zugang zu verlässli-
burg. Der hier realisierte HAMBURG WATER Cycle®       chen Planungsdaten stellt eine bedeutende Hürde
umfasst neben der Trennung und dezentralen Auf-       für politische Entscheidungsträger bei der Integ-
bereitung der Schwarz- und Grauwasserströme           ration des urbanen Metabolismus in der Stadtpla-
auch die Energiegewinnung aus Abwasser. Die ge-       nung dar. Dafür entwickelte das Projekt zusammen
trennte Erfassung der Abwasserströme als Schwarz-     mit den Verwaltungen der Millionenstädte Kigali/
und Grauwasser in den Haushalten ebnet den Weg        Ruanda und Da Nang/Vietnam eine Methodik, mit

                                                                                                  4 · 2020
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                      Städtische Ressourcen

            Bild 1:   der Städte schnelleren Zugang zu ihren aktuellen        und (b) die Nutzung organischer Abfälle und von
       Stoffstrom-
                      und zukünftigen Daten in räumlicher Auflösung er-       Klärschlamm für die Düngerproduktion. Bild 1 und
       analyse des
      Wasser- und     halten können. Dies umfasst eine Kombination von        Bild 2 zeigen Ergebnisse der Stoffstromanalyse als
  Abwassersektors     kleinskaligen Datenerhebungen, Fernerkundungen          Sankey-Diagramm.
von Kigali/Ruanda
             2016.    und Stoffstromanalysen. Als Sankey-Diagramme               Die Frischwasserversorgung in Kigali erfolgt
      © Zeitz/ ifeu   dargestellt, bilden Stoffstromanalysen ein entschei-    überwiegend netzwerkgebunden und zentral durch
                      dungsunterstützendes Werkzeug und eine ideale           die Water and Sanitation Company (WASAC). Im Jahr
                      Grundlage für die Kommunikation und Planung von         2016 waren 95 % der Haushalte über Leitungen und
                      Infrastrukturen in hochdynamischen Städten [3].         5 % über Wasserkioske versorgt. Der Verbrauch der
                      Innerhalb des Forschungskonsortiums von 11 deut-        Haushalte Kigalis von 16 Mio. m3 entsprach 2016 bei
                      schen Institutionen und UNHABITAT arbeitete das         einer Bevölkerung von 1,3 Mio. Einwohnern einem
                      ifeu an der Stoffstromanalyse als Grundlage für ein     vergleichsweise geringen Pro-Kopf-Verbrauch von
                      nachhaltiges Ressourcenmanagement und an der            etwa 33 l pro Tag. In Deutschland liegt der Wert bei
                      praktischen Implementierung identifizierter Syner-      122 l pro Tag [4]. Im Jahr 2016 stammten 94 % der
                      gien in Agatare, einem informellen Stadtteil Kigalis.   gesamten Wasserversorgung von Kigali aus Ober-
                                                                              flächengewässern (30,5 Mio. m3) und 6 % aus Grund-
                      Stoffstromanalyse des Abwasser- und                     wasser (1,9 Mio. m3). Die Leitungsverluste waren mit
            Bild 2:
       Stoffstrom-    Lebensmittelsektors in Kigali                           35,5 % sehr hoch; rund 11 Mio. m3 Non-Revenue
           analyse    Das größte Potenzial sektorübergreifender Synergi-      Water versickerte oder wurde ohne Zahlung abge-
       des Lebens-    en wurde auf der Grundlage der Stoffstromanalysen       zweigt und führt somit zu wirtschaftlichen Verlus-
 mittelsektors von
   Kigali/Ruanda      für den Nahrungsmittelsektor durch Maßnahmen            ten von WASAC. Wasserknappheit insbesondere in
             2016.    im Abwasser- und Abfallsektor ermittelt: (a) die de-    den Trockenzeiten sowie steigende Kosten machen
    © ifeu‚ Urban
     Food Model /
                      zentrale Grauwasserbehandlung zur Sicherung der         Wasser in Kigali zu einer wertvollen und zunehmend
  Rapid Planning      Wasserqualität für die Nahrungsmittelproduktion         nachgefragten Ressource.

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                       TRANSFORMING CITIES
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                                                                                    Städtische Ressourcen

Die Abwasserentsorgung Kigalis ist nicht zentral        20 % wurden von der urbanen Landwirtschaft inner-       Bild 3:
                                                                                                                Der Weg des
organisiert. Ein stadtweiter Kanalanschluss an eine     halb Kigalis produziert (0,21 Mio. t). Die städtische
                                                                                                                Grauwassers vom
zentrale Kläranlage ist aufgrund der geringen Abwas-    Agrarproduktion umfasst Gemüse und Obst (inkl.          Haushalt, über
sermenge, des niedrigen mittleren Einkommens der        stärkehaltige Wurzeln und Hülsenfrüchte) sowie Ge-      die Regenwasser-
                                                                                                                kanäle bis zu den
Bevölkerung und der hügeligen Topographie nicht         treide und hatte im Jahr 2013 einen Anteil von 21 %     landwirtschaftlich
wirtschaftlich [5]. Da in Kigali im Untersuchungs-      bzw. 41 % an der Gesamtnachfrage der Stadt. Ein         genutzten Feucht-
zeitraum rund 91 % aller Haushalte Sickergruben-        Vergleich der gesamten Pro-Kopf-Nahrungsmen-            gebieten in Kigali/
                                                                                                                Ruanda
Latrinen ohne Wasserspülung verwendeten [6], be-        ge der Bevölkerung von Kigali mit dem deutschen         © Joost/ Ost-
stehen 58 % des anfallenden häuslichen Abwassers        durchschnittlichen Nährstoffverbrauch [9] zeigt         falia, Zeitz und
                                                                                                                Dietzsch/ ifeu
aus Grauwasser. Im Jahr 2016 fielen rund 6,6 Mio.       eine geringere Energie- , Protein- und Fettaufnah-
m3 Grauwasser im privaten Sektor an und wurden          me. Die Verluste von frischen Lebensmitteln wurden
meist unbehandelt in die Regenwasserkanalisation        mit 0,15 Mio. t pro Jahr ermittelt, hauptsächlich auf
oder in Sickergruben ohne Filterbarriere eingeleitet.   Nachernte-, Verarbeitungs- und Verteilungsebene.
   Die Mengen von Urin und Fäkalien durch
menschliche Ausscheidungen lagen im Jahr 2016           Dezentrales Grauwasserrecycling in Kigali,
bei 0,8 Mio. m3 (0,68 Mio. m3 Gelbwasser und            Ruanda – eine Option zum Upgrading
0,12 Mio. m3 Braunwasser), davon landeten bis zu        Nach Angaben der Stadt Kigali [10] sind 78 % der
0,72 Mio. m3 unverdünnt in Grubenlatrinen, meist        Siedlungen in Kigali informell gebaut worden. Eine
ohne Filterbarriere [7]. Zusammen mit dem Abwas-        Untersuchung vom ifeu und der Hochschule Ostfa-
ser aus Toilettenspülungen lag die Schwarzwasser-       lia zeigte, dass der Anteil Grauwasser am gesamten
menge 2016 bei 3,4 Mio. m3. Spültoiletten sind meist    häuslichen Abwasser für informelle Stadtteile bis zu
an Klärgruben (Septic tanks) angeschlossen, aller-      70 % betragen kann. Das Grauwasser wird vor der
dings mit unbekannten Wartungsstandards.                Einleitung in die Umwelt weder behandelt noch recy-
   Die mangelnde Grauwasserbehandlung und Nie-          celt. Zwar regelt das Rwanda Standards Board (RSB)
derschlagsrückhaltung im Einzugsgebiet führt zu         die zulässigen Grenzwerte für die Einleitung von
Verschmutzung, Hygienerisiken und Überflutung           häuslichem Abwasser [11], duldet jedoch mangels
der landwirtschaftlich genutzten Feuchtgebiete in       Alternativen die illegale Einleitung von Grauwasser
Kigali. Wie in vielen schnell wachsenden Städten in     in Regenwasserkanäle, die in den landwirtschaftlich
Entwicklungsländern benötigen städtische Bauern         genutzten Feuchtgebieten münden (Bild 3).
außer Raum Wasser und Dünger, sie kommen des-               Ziel der Projektkomponente „Dezentrale Grau-
halb mitunter direkt mit Abwasser in Kontakt, das       wasserbehandlung“ war es, das Potenzial einer de-
aufgrund der fehlenden Abwasserinfrastruktur bei-       zentralen, kostengünstigen Technik zur Behandlung
des vermeintlich kostenlos zur Verfügung stellt [8].    und Wiederverwertung von Haushaltsgrauwasser
   Die urbane Landwirtschaft am Fuße der dicht          als Interims- oder Hybridtechnologie wissenschaft-
besiedelten teilweise steilen Hügelketten Kigalis       lich zu testen und bislang fehlende Daten über
spielt eine wichtige Rolle in der städtischen Versor-   Haushaltsgrauwasser (Menge, Eigenschaften, Wege
gung mit frischen Lebensmitteln und prägt gleich-       und Senken) zu sammeln.
zeitig als Nahholungsgebiet das Landschaftsbild             Eine 2016 vom ifeu durchgeführte Befragung
der Stadt. Der Mangel an Dünger, eine ineffiziente      von 293 Haushalten zum häuslichen Grauwasser-
Bewässerung, die Trockenzeiten und erratische Nie-      management im Stadtteil Agatare bestätigte, dass
derschläge schränken die Produktivität der urbanen      Grauwasser zumeist direkt oder indirekt in Re-
Landwirtschaft ein.                                     genwasserkanäle eingeleitet wird. Für die unter-
   Im Jahr 2013 wurden 75 % der Nahrungsmittel          suchten Pilotsysteme erfolgte die Anpassung des
für Kigali außerhalb von Kigali im Inland produziert    technischen Designs einer Vertikalen Pflanzenklär-
(0,8 Mio. t), 5 % wurden importiert (54 000 t) und      anlage (Vertical Flow Constructed Wetland) [12]

                                                                                                    4 · 2020
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                        Städtische Ressourcen

                        an die lokalen Bedingungen und mit verfügbaren          den ruandischen und internationalen Grenzwerten
                        Materialien und die anschließende Konstruktion          für die Einleitung [11, 13] und dem WHO-Grenzwert
                        und Installation in Zusammenarbeit mit lokalen          [14] der FC für die Wiederverwendung in der Bewäs-
                        Partnern (Bild 4 und Bild 5). Die Haushaltsmitglie-     serung in der Landwirtschaft.
                        der wurden in der Anwendung und Wartung des                Im Ergebnis steht den Haushalten Betriebswas-
                        Systems geschult. Das Low-Tech-System wird ohne         ser für die Bewässerung des angeschlossenen Ge-
                        elektrische Pumpen beschickt und ist modular auf-       müsegartens und für Putzzwecke zur Verfügung,
                        gebaut, um ein Upscaling auf verschiedene Haus-         was zu deutlichen Wassereinsparungen führt. Die
                        haltsgrößen zu ermöglichen. Der technische Auf-         hygienische Qualität des angebauten Gemüses
                        bau umfasst sieben Reinigungsstufen (Bild 4). Das       wurde im Jahr 2018 durch Analysen des Labors der
                        Grauwasser wird über einen Trichter mit Sieb, das       Universität Ruanda bestätigt und zeigt weder coli-
                        größere Partikel zurückhält, in das System eingefüllt   forme Bakterien noch Parasitenbefall. Das erste
                        (1). In einem Fettfangbehälter mit definiertem Volu-    dezentrale Grauwasseraufbereitungssystem wird
                        men verlangsamt sich das Grauwasser, so dass Fett       seither täglich genutzt und wird wegen der positiven
                        aufschwimmt (2) und sich feste Partikel absetzen (3).   Wassereinsparungen und der Bewässerung für den
                        Die Verweilzeit im Fettfang führt zur Umwandlung        häuslichen Nutzgarten vom Eigentümer auch über
                        von organischen Feststoffen in lösliche organische      die Projektlaufzeit hinaus kontinuierlich gewartet.
                        Säuren (4). Zur Bekämpfung der dabei entstehenden          Die Messungen in Haushalten und in Regenwas-
                        Gerüche wird Holzkohle eingesetzt. Durch regelmä-       serkanälen sowie die Daten zur Pilotanlage ermög-
                        ßige Beschickung des Systems wird das Grauwasser        lichten eine verlässliche Stoffstromanalyse und
                        in einen Sandfilter bestimmter Höhe und Korngrö-        Bewertung der Umweltwirkungen für den Stadtteil
                        ße und mit Vetivergras als Phytoremediationsmittel      Agatare. Dort werden derzeit jährlich rund 20 000 m3
                        geschoben: Nährstoffe und Wasser werden vom             Grauwasser (40 % des gesamten anfallenden Grau-
                        Vetivergras aufgenommen und in Biomasse umge-           wassers) mit etwa 35 t CSB, 280 × 1012 Cfu FC, 14 t
                        wandelt (5), überschüssige feine Schwebteilchen         TSS, 0,5 t TN und 0,1 t TP über Drainagen in die land-
                        herausgefiltert (6) und die löslichen organischen       wirtschaftlich genutzten Feuchtgebiete eingeleitet.
                        Säuren von Bakterien aufgenommen und verstoff-             Der hohe Anteil von 60 bis 70 % Grauwasser am
                        wechselt (7).                                           Gesamtabwasseraufkommen in Kigali, die vorherr-
      Bild 4 (links),
 Bild 5 (Mitte) und         Die wissenschaftliche Überwachung über einen        schend getrennte Ableitung und die hohe Reini-
    Bild 6 (rechts):    Zeitraum von sechs Monaten in den Jahren 2016 und       gungseffizienz in Pilot-Pflanzenkläranlagen, zeigen
 Schema und Foto        2017 erbrachte den Nachweis, dass eine signifikan-      den Weg eines ressourcenschonenden Wasser-
    der Pilotanlage
   zur dezentralen      te Reinigung des häuslichen Grauwassers erreicht        managements für Kigali mit vielfältigen Vorteilen
   Grauwasserbe-        wird. Monatliche chemische und mikrobiologische         für die urbane Landwirtschaft auf. Das dezentra-
     handlung und
                        Analysen im Zu- und Ablauf des Systems belegen          le Grauwasserrecycling zu hygienisch sauberem
     anschließende
        Nutzung in      die Reduzierung der Verschmutzungsindikatoren           einwandfreiem Bewässerungswassers für die urba-
Gemüsegärten so-        Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) um 96 %, Fä-          ne Landwirtschaft kann die Nahrungsmittelproduk-
 wie QR Code zum
   Rapid Planning       kalcoliforme (FC) um 99,88 %, Summe der suspen-         tion und somit den urbanen Selbstversorgungsgrad
   Kurzfilm Amazi       dierten Feststoffe (TSS) um 98 %, Gesamtstickstoff      mit Obst und Gemüse insbesondere während der
n’ubutaka – Water
                        (TN) um 85 % und Gesamtphosphor (TP) um 67 %.           Trockenzeit steigern und die Verschmutzung der
           and Soil
      © Zeitz/ ifeu     Die Wasserqualität nach der Behandlung entspricht       Feuchtgebiete und des Grundwassers aufhalten.

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Dezentrales Grauwasser-Recycling - Synergien eines urbanen Metabolismus am Beispiel von Kigali, Ruanda - IFEU
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                                                                                                                     Städtische Ressourcen

Das ifeu und die Projektpartner der TU Berlin und
Hochschule Ostfalia empfehlen dezentrale, einzugs-
gebietsbezogene Grauwasserbehandlungsanlagen
an den Hangfüßen gemäß der erfolgreich geteste-
ten Technik der Vertikalen Pflanzenkläranlage mit
Vorbehandlung und Speicherbecken. Dies stellt eine
integrierte, kostengünstige Option dar, um infor-
melle Stadtteile aufzuwerten und die urbane Land-
wirtschaft zu stärken (Bild 7). Im Gegensatz zu einer
kosten- und ressourcenintensiven zentralen Abwas-
sersammlung und -behandlung, bietet die dezentra-
le Grauwasseraufbereitung eine angepasste Lösung
für die Stadt Kigali mit ihren vielen Hügeln. Neben
der Elektromobilität, ist dies ein weiteres gutes Bei-
spiel von Leapfrogging, welches das Überspringen
von Entwicklungsstufen in Ruanda möglich machen
könnte.
   Der Kurzfilm Amazi n‘ubutaka – Water and Soil do-
kumentiert die praktische Arbeit des Rapid Planning                               [11] RSB: RSB RS 110:2009 Water Quality – Tolerance li-              Bild 7:
Projekts in Kigali/Ruanda, siehe QR-Code (Bild 6).                                     mits of discharged domestic wastewater, 2009.                   Dezentrales
                                                                                  [12] Tilley, E., Ulrich, L., Luthi, C., Reymond, P., Zurbrügg, C.:   Grauwasser-
                                                                                       Compendium of Sanitation Systems and Technolo-                  management
                                                                                       gies, 2014.                                                     am Hangfuß für
LITERATUR                                                                                                                                              Agatare/Kigali.
                                                                                  [13] BGBl: Verordnung über Anforderungen an das Ein-                 © TU Berlin mo-
[1]   DIN: EN 12056-1: Gravity drainage systems inside                                 leiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverord-
      buildings – Part 1: General and performance, 2000.                                                                                               dif. von M. Olbertz
                                                                                       nung – AbwV) BGBl. I S. 1108, 2625, 2016. http://               2018, ifeu 2017
[2]   UN: The 17 Sustainable Development Goals. 2016,                                  www.gesetze-im-internet.de/abwv/ (Zugegriffen am
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[3]   Brunner, P. H., Rechberger, H.: Practical handbook of ma-                   [14] WHO (Hrsg.): Guidelines for the microbiological qua-
      terial flow analysis. Boca Raton, FL: CRC/Lewis, 2004.                           lity of treated wastewater used in agriculture: recom-
[4]   bdew, Bundesverband der Energie und Wasserwirt-                                  mendations for revising WHO guidelines, 2000, (zu-
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      Wassergebrauches 1990 – 2018, 2019. (Zugegriffen                                 www.who.int/iris/handle/10665/57600.
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      2017, 2017.
[6]   NISR und MINECOFIN: Rwanda Fourth Population
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                                                                                    AUTOR*INNEN
[7]   NISR: Thematic report – Environment and natural
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      ming in an East-African town, 223, 2006. https://                                            Dipl. Geoökologin
      o p e n a cce s s . l e i d e n u n i v. n l / h a n d l e /18 8 7/1474 2                    Projektleiterin
      (Zugegriffen am 6. Feb. 2017).
                                                                                    ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung
[9]   MRI und BMEL: Nationale Verzehrsstudie II – Lebens-                           Heidelberg gGmbH
      mittelverzehr und Nährstoffzufuhr auf Basis von                               Kontakt: christin.zeitz@ifeu.de
      24h-Recalls“, 2013. https://www.mri.bund.de/de/in-
      stitute/ernaehrungsverhalten/forschungsprojekte/
      nvsii/ (Zugegriffen am 28. Juli 2020).
[10] City of Kigali (CoK): An 8-in-1 affordable urban
                                                                                                   Bernd Franke
     Housing Block inaugurated in Kimisagara, 2018.
                                                                                                   Biologe
     ht tps: //kigalicit y.gov.r w/index.php?id=131&t x _
                                                                                                   Themen- und Projektleiter
     n e w s _ p i1% 5B n e w s % 5D = 42 &t x _ n e w s _
     pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bactio                                   ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung
     n%5D=detail&cHash=c0f4418727324d3adeb68272b                                    Heidelberg gGmbH
     8cf3562 (Zugegriffen am 25. Okt. 2020).                                        Kontakt: bernd.franke@ifeu.de

                                                                                                                                      4 · 2020
                                                                                                                           TRANSFORMING CITIES         77
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